De Signatura Rerum

(Text von Jacob Böhme 1622, deutsche Überarbeitung 2022)

15. Kapitel - Vom Willen des großen Mysteriums im Guten und Bösen

Vom Willen des großen Mysteriums im Guten und Bösen, woraus ein guter oder böser Wille entsteht, und wie sich einer in den anderen hineinführt.

15.1. Eine jede Eigenschaft nimmt ihren Ursprung von der ersten, als von der Verdichtung oder Begierde zur Natur, nämlich aus dem Mysterium Magnum (dem großen bzw. ganzheitlichen Geheimnis), und führt sich als ein Leben aus sich heraus, wie die Luft aus dem Feuer ausgeht. Und alles, was in einem Willen vor sich geht, das ist unaufhaltbar, denn es gibt sich in seine Eigenschaft hinein. Es wohnt vom ersten Ursprung an nur in sich selbst und geht in einem Willen aus.

15.2. Und das ist der wahre Weg der Ewigkeit, darin keine Zerbrechlichkeit ist, wenn ein Ding in seiner selbsteigenen Eigenschaft bleibt, denn das große Mysterium ist von Ewigkeit. Wenn nun die Gestaltung solcherart aus sich geht und sich aus sich offenbart, dann steht diese Gestaltung mit der Wurzel im Mysterium der Ewigkeit.

15.3. Aber wenn sich die Gestaltung aus sich in eine andere Lust hineinführt, so daß zwei Eigenschaften in einer wohnen sollen, dann entsteht daraus der Widerwille und Ekel. Denn seit Ewigkeit ist im Weben nur das Element gewesen und die freie Lust der Ewigkeit, welche mit ihrem Weben vom großen Mysterium der Ewigkeit als ein Geist ausging, der Gottes Geist ist.

15.4. Als sich aber das große Mysterium einmal bewegt und die freie Luft in die Begierde des Wesens hineingeführt hatte, da begann in der Begierde der Streit, denn damit sind in der Begierde aus dem Element, das nur Einen Willen führt, vier Elemente entstanden mit viererlei Begierden und Willen, welche in einem einigen Leib regieren. Da ist nun Widerwärtigkeit und Streit, die Hitze gegen die Kälte, Feuer gegen Wasser oder Luft gegen Erde, und ein jedes ist des anderen Tod und Zerbrechen.

15.5. So daß die Kreatur, die in diesem Regiment steht, nichts als ein immerwährendes Sterben und Streiten ist, denn sie ist eine Feindschaft in sich selber, und ihr kann nicht geraten (bzw. geholfen) werden, sie gehe denn wieder in Einen Willen ein. Welches auch nicht geschehen kann, es sei denn, die vielen Willen zerbrechen und sterben der Begierde gänzlich ab, daraus die vier Elemente entstehen, so daß der Wille wieder das werde, was er seit Ewigkeit gewesen ist.

15.6. Darin wir Menschen erkennen, was wir im Regiment der vier Elemente sind, nämlich nichts anderes als ein Streit und Widerwille, ein Selbstanfeinden, eine Begierde des Ekels und eine Lust des Todes, denn die Lust, die aus der Begierde entsteht, muß sterben: Soll der Wille (der aus dem großen Mysterium seit Ewigkeit ausgegangen ist und den der Geist Gottes in das Menschenbild als in die Gleichheit Gottes einblies) vom Ekel und Widerwillen frei werden, so muß die Begierde der vier Elemente sterben und der Wille wieder in das einige Element eingehen. Er muß das Recht der Ewigkeit wieder annehmen und in Einem Element wallen und ausgehen, wie ihn Gott auch so geschaffen hatte. Aber dem stellte er sich selber entgegen und ging in das Regiment der vier Elemente ein, darin er sich den Tod anerbte sowie den Streit in den Gestaltungen des Lebens, davon ihm Krankheit, Ekel und Widerwillen entstehen. Denn alles, was in Gottes Willen lebt, das ist entweder nicht in der eigenen Begierde entstanden, oder wenn es darin entstand, dann ist es der eigenen Begierde wieder abgestorben.

15.7. Aller Wille, der in seine Selbheit eingeht und den Grund eigener Lebensgestaltung sucht, der bricht sich vom großen (ganzheitlichen) Mysterium ab und tritt in ein Eigenes, denn er will ein eigenes Regiment sein. So ist es dann dem ersten Mysterium zuwider, denn das allein ist Alles, und das Kind wird als bösartig erkannt, denn es strebt im Ungehorsam gegen seine Mutter, die es geboren hat. Wenn aber das Kind seinen Willen und seine Begierde wieder in das hineinführt, daraus es geboren und entstanden ist, dann wird es mit demselben ganz eins und kann von nichts mehr verwirrt werden. Denn es geht in nichts ein, als nur in das Wesen, daraus es gekommen ist.

15.8. Oh Mensch, verstehe, was dir zu tun sei! Beschaue dich in dir selbst, was du bist, ob du in der Gelassenheit deiner Mutter stehst (daraus du im Anfang geboren und geschaffen wurdest) und ob du mit demselben Willen geneigt bist. Wenn nicht, dann wisse, daß du ein abtrünniges ungehorsames Kind bist und dich selber zum Feind gemacht hast, indem du in eigene Begierde und Willen hineingegangen bist und dich zum Eigentum gemacht hast. So kannst du auch nicht in der ersten Mutter wohnen, sondern nur in dir selber, denn dein Wille ist in die Selbheit eingegangen. Und alles, was dich kränkt und ängstigt, das ist deine Selbheit, denn du machst dich zum Selbstfeind und führst dich in das Selbststerben hinein.

15.9. Willst du nun aus dem Sterben wieder herauskommen, dann mußt du deine eigene Begierde, die sich in fremdes Wesen hineinführt, ganz verlassen und in der Selbheit und eigenen Begierde wie ein Nichts werden, damit du nicht mehr dich selber willst noch begehrst. Du mußt deine Begierde wieder gänzlich mit der Gelassenheit in den ewigen Willen hineinführen, als in Gottes Willen, damit dieser Wille dein Wille und Begehren sei. Ohne diesen ist nur Not und Tod, ein immerwährendes Sterben und Verderben.

15.10. Und darin besteht die Gnadenwahl, wenn der menschliche Wille aus der Einigkeit der Ewigkeit in ein Eigenes als eine eigene Lust und Begierde hineingegangen ist. Wenn sich nun dieser wieder von der Selbheit abbricht, in das Sterben des eigenen Willens eingeht und seine Begierde allein wieder in die erste Mutter hineinführt, dann erwählt ihn die erste Mutter wieder zum Kind und macht ihn mit dem einigen Willen der Ewigkeit einig. Wer aber in der Selbheit bleibt, der bleibt im ewigen Sterben, als in einer ewigen Selbstfeindschaft, und nur das wird auch Sünde genannt, weil es eine Feindschaft gegen Gott ist, indem die Kreatur ihr eigenes Regiment sein will.

15.11. So kann sie in ihrer Selbheit als in einem streitigen Regiment nichts Gutes wollen noch tun. Und wie sie sich selber nichts als nur Sterben und Tod antut, erweckt und qualifizierend macht, so kann sie auch ihren Mitwesen nichts anderes tun. Denn daher entsteht auch die Lüge, daß die Kreatur die Einigkeit Gottes mit dem Willen verleugnet und ihre Selbheit an die Stelle setzt, so daß sie aus der Einigkeit in die Begierde und eigene Lust ausgeht. Würde sie erkennen, daß alles Wesen der Mutter gehört, die sie geboren hat, und hielte nicht das Wesen der Mutter für ihr Eigentum, sondern für allgemein, dann entstünden nicht Geiz, Neid, Streit und Widerwille, aus denen der Zorn als das Feuer der Zerbrechung (bzw. Vergänglichkeit) kommt.

15.12. So entstehen alle Sünden aus der Selbheit, denn die Selbheit schwingt sich mit der Begierde in ihr Eigenes, sie macht sich zum Geiz und Neid, sie zieht in ihrer Selbstbegierde fremdes Wesen an sich und macht sich auch den Besitzer des fremden Wesens zum Feind, so daß Sünde mit Sünde und Ekel mit Ekel gewirkt wird und alles in- und untereinander läuft, wie ein Greuel für die ewige Mutter.

15.13. Desgleichen ist uns vom wiedergeborenen Willen zu erkennen, der aus seiner Ichheit oder Selbheit wieder in die Gelassenheit eingeht: Auch der wird der Selbheit zum Feind und zum Ekel, gleichwie die Krankheit ein Feind der Gesundheit und wiederum die Gesundheit ein Feind der Krankheit ist. So ist der gelassene Wille und auch der eigene Wille eine stetige Feindschaft, ein immerwährender Krieg und Streit.

15.14. Der eigene Wille sucht nur, was zu seiner Selbheit dient. Und der gelassene Wille sorgt sich um nichts, sondern führt seine Begierde nur einzig und allein in seine ewige Mutter, daß er mit ihr einig sei, denn er will nichts sein, damit allein die Mutter in ihm alles ist. Doch der eigene Wille sagt zum gelassenen Willen: „Du bist närrisch, daß du dich dem Tod ergibst, denn du könntest wohl herrlich in mir leben.“ Aber der gelassene Wille entgegnet: „Du bist mein Ekel, Schmerz und Widerwille und führst mich aus der Ewigkeit in eine Zeit nur in Jammer und Elend hinein. Du kränkst mich eine Zeit, und dann gibst du meinen Leib der Erde, und die Seele der Hölle.“

15.15. Die rechte wahre Gelassenheit ist das Sterben des Ekels gegenüber Gott: Wer seine Selbheit gänzlich verläßt und sich mit Gemüt und Begierde, Sinnen und Willen in Gottes Erbarmen hineinergibt, in das Sterben Jesu Christi, der ist der irdischen Welt mit dem Willen abgestorben und ist ein zweifacher Mensch, weil der Ekel nur noch in sich selber zum Sterben wirkt. Aber der gelassene Wille lebt in Christi Tod und steht immerzu in Christi Auferstehung in Gott auf. Und wenn auch die eigene Begierde sündigt, welche ja nichts anderes tun kann als sündigen, so lebt doch der gelassene Wille nicht in der Sünde. Denn er ist der Sündenbegierde abgestorben und lebt durch Christus in Gott, im Land der Lebendigen. Aber die Selbheit lebt im Land des Todes, als im immerwährenden Sterben und in der immerwährenden Feindschaft gegenüber Gott.

15.16. Der irdische Mensch ist im Fluch Gottes und ein Ekel vor Gottes Heiligkeit, denn er kann nichts anderes suchen als seine Selbheit und ist im Grimm Gottes. Und wenn er etwas Gutes tut, das tut er nicht aus seinem Selbstwillen, sondern der in Gott gelassene Wille zwingt ihn, daß er es tun muß, was er selber nicht gern will. Und wenn er es nun tut, dann tut er es nur als ein Werkzeug des gelassenen Willens, nicht aus seiner Begierde, sondern aus Gottes Willen, welcher den gelassenen Willen in seiner Begierde als ein Werkzeug führt.

15.17. Darum, wer nun Gottes Reich schauen und dahin gelangen will, der muß seine Seele aus der Selbheit und der irdischen Begierde herausführen, gleichwie der Arzt die Kur der Krankheit aus der schmerzlichen Begierde heraus und in eine Liebebegierde hineinführt. So führt dann die Kur die Krankheit im Leib auch aus der schmerzlichen Begierde heraus und in eine Liebebegierde hinein. Die Krankheit wird der Arznei Knecht, und so wird auch der irdische bösartige Wille, wenn der Seelenwille kuriert wird, des gelassenen Willens Knecht.

15.18. Der elementische und siderische Mensch soll nur das Werkzeug sein, mit dem der Seelenmensch im gelassenen Willen arbeitet, denn dazu hat ihn Gott auch geschaffen. Aber die Seele hat ihn in Adam zum Herrn gemacht und eingesetzt, und ist in sein Gefängnis eingegangen und hat ihren Willen dahinein gegeben. Wenn sie aber als Gottes Kind erkannt werden soll, dann muß sie dem wieder absterben und in Gottes Willen durch Christi Tod in der irdischen Selbheit und Begierde ganz sterben und in Gottes Willen ganz neu geboren werden, und sie muß dem irdischen Willen in der Selbheit die Gewalt nehmen und über ihn herrschen und ihn im Zwang führen, wie ein Meister sein Werkzeug. So verliert dann die Selbheit die Gewalt und gibt die Lust der Selbheit auf, als ein immerwährendes Sehnen, denn die Selbheit sehnt sich immerfort nach den Gestaltungen ihres eigenen Lebens, als nach eigenem Glanz und nach der irdischen Vielfalt, wie auch nach Neid und Zorn, ob sie nicht die Vielfalt erreichen kann, und nach Lügen der Falschheit, denn dieses sind die Lebensgestaltungen der irdischen Selbheit.

15.19. Aber der gelassene Wille tritt wie ein Ritter immer auf den Kopf dieser Schlange und sagt: „Du bist vom Teufel und Gottes Zorn entstanden. Ich will dich nicht, denn du bist ein Ekel vor Gott.“ Und wenn auch der gelassene Wille bisweilen von der falschen Lust gefangen wird, wenn sie sich mit des Teufels Begierde und Einführung ihrer Imagination überhäuft und überwältigt, dann ruft doch der gelassene Wille alsobald wieder in Gottes Hall, damit ihn Gottes Wille wieder aus dem Ekel des Todes herausführt.

15.20. So hat der gelassene Wille hier in dieser Hütte keine Ruhe. Er muß immer im Streit stehen, denn er steht in einem falschen (bzw. illusorischen) Haus zur Herberge. Er ist wohl in sich selbst in Gottes Hand, aber außerhalb von sich ist er im Rachen und Schlund des Abgrunds von Gottes Zorn im Reich der Teufel, welche stets neben ihm hergehen und die Seele als das Zentrum zu richten begehren. So stehen ihm aber auch die guten Engel im gelassenen Willen als in Gottes Begehren zugegen, beschützen ihn vor der giftigen Imagination des Teufels und fangen die feurigen Pfeile des Bösewichts auf, wie auch St. Paulus sagt. (Eph. 6.16)

15.21. Denn alles im Wirken und Begehren des Menschen ist Gottes Liebe und Zorn: Er steht in dieser Hütte während dieser Zeit in der Pforte von Aus und Ein. Beide ewigen Prinzipien sind in ihm rege (und offen), und wohin sich der Seelenwille begibt, dort wird er angenommen, und dazu wird er erwählt. Er wird von beiden gezogen, und wenn der Wille der Seele in der Selbheit bleibt, dann ist er am Band von Gottes Zorn. Wenn er aber aus der Selbheit ausgeht und sein eigenes Regiment verläßt und sich nur stets in Gottes Erbarmen als in Christi Leiden, Tod und in seine Auferstehung und Wiederbringung hineinwirft und selber nichts will, außer was Gott in und durch ihn will, dann ist der Wille dem Leben und der Begierde des göttlichen Zorns abgestorben, denn er hat kein eigenes Leben, sondern liegt im Tod der Selbheit. Dann kann ihn die Begierde des Teufels und des göttlichen Zorns nicht ergreifen, denn er ist wie ein Nichts und ist doch in Gott im göttlichen Wesen in Allem. Er lebt, aber nicht in sich selber, sondern in seiner ersten (ursprünglichen) Mutter der Ewigkeit. Er ist wieder am Ziel, wo er war, bevor er eine Kreatur wurde, und in dem Willen, dahinein ihn Gott erschuf, und ist ein Instrument im Hall Gottes, auf dem allein Gottes Willengeist zu seiner Ehre und Wundertat schlägt (und spielt).

15.22. Alles eigene Suchen und Forschen in der Selbheit ist vergeblich, denn der eigene Wille ergreift nichts von Gott, weil er nicht in Gott ist, sondern von Gott getrennt in seiner Selbheit. Aber der gelassene Wille ergreift es, denn nicht er tut es, sondern der Geist, in dem er stillsteht und dessen Werkzeug er ist, der offenbart sich im göttlichen Hall in ihm, so viel er will.

15.23. Und wenn er auch in der Selbheit durch Forschen und Lernen viel begreifen kann, welches nicht ohne (Sinn) ist, so ist aber doch sein Begriff nur äußerlich im ausgesprochenen Wort wie in einer Form des Buchstabens, und er versteht nichts von der (innerlichen) Form des ausgesprochenen Wortes, wie es in seinem Grund besteht. Denn er ist nur in der äußerlichen Form geboren und nicht in der Kraft der Allgebärerin, welcher Grund weder Anfang, Einfassung noch Ende hat.

15.24. Wer nun von innen aus dem sprechenden Hall Gottes im Willengeist Gottes geboren ist, der fährt im Grund und Ungrund überall frei und ist an keine Form gebunden, denn er fährt nicht in der Selbheit, sondern der ewige Wille führt ihn als sein Werkzeug, wie es Gott gefällt.

15.25. Wer aber nur im Buchstaben geboren ist, der ist in der Form des ausgesprochenen Wortes geboren, und der fährt in der Selbheit und ist eine eigene Stimme, denn er sucht, was er selber will, und streitet um die Form und verläßt den Geist, der die Form gemacht hat.

15.26. Ein solcher Doktor ist Babel, der um die Form des Wortes zankt und jammert, und immerfort den eigenen Geist und Verstand in der Form führt und ruft: „Hier ist die Kirche Christi!“ Doch es ist nur ein eigener Hall, der nichts vom Geist der Form versteht, welcher ungefaßt und ohne Ziel und Maß auf seinem zugerichteten Instrument schlägt, wie er selber will. Denn nicht der Wahn und eigene Gedanke, der im ausgesprochenen Hall entsteht, ist Gottes Wort, sondern der im ganz gelassenen Willen in göttlicher Kraft im ewigsprechenden Wort in Gottes Geist entsteht, der entsteht aus Gottes Hall und macht die Form im Herzen als eine göttliche Begierde, dadurch der Seelenwille in Gott gezogen wird.

15.27. Der ist der Hirte und Lehrer Christi, der durch Christi Tür eingeht, das heißt, durch Christi Geist hallt und lehrt. Außerhalb ist nur die Form, als die Historie, was einmal geschehen war, und daß man sich nur dessen annehmen und trösten soll. Aber dieser Wille bleibt draußen, denn er will ein gnadenangenommenes Kind sein und nicht seiner Selbheit in der Gnade absterben und im gelassenen Willen ein Kind der Gnade werden.

15.28. Alles, was sich mit der Genugtuung und dem Leiden Christi tröstet und solches lehrt, wenn es nicht auch den wahren Grund lehrt, wie man der Selbheit in Christi Tod absterben soll und sich im gelassenen Willen ganz in den Gehorsam Gottes als ein neues Kind eines neuen Willens hineinergibt, das ist draußen und nicht im sprechenden Hall Gottes, als in Christi Tür.

15.29. Hier hilft kein Heucheln oder Trösten, sondern dem falschen Willen und Begehren in Christi Tod absterben und in ihm im ganz gelassenen Willen in Christi Auferstehung auferstehen, und die irdische Selbheit immerfort töten und das Böse dämpfen, welches der irdische Wille in die Lust wie ein böses Feuer hineinführt, das immerzu brennen will.

15.30. Nicht das Trösten und das Leiden Christi an die Spitze zu stellen, ist der wahre Glaube. Nein, nein, der ist nur äußerlich und nicht innerlich. Sondern ein umgekehrter Wille, der in die Reue seiner irdischen Bosheit eingeht und diese nicht mehr will, aber befindet, daß er von der eigenen irdischen Lust gehalten wird, und der sich mit seinem umgekehrten Willen aus diesem Ekel und falschen Begehren ganz in Gottes Erbarmen mit großer ängstlicher Begierde in Christi Gehorsam, Leiden und Tod hineinwirft und der irdischen Lust im verkehrten Willen in Christi Tod ganz abstirbt, und der nicht wieder aus Christi Tod herauswill und immerzu ruft: „Vater, lieber Vater, nimm den Gehorsam deines Sohnes für mich in dich. Laß mich nur in seinem Gehorsam in dir in seinem Tod leben, und laß mich in ihm sterben, auf daß ich in mir nichts bin, sondern in seinem Willen und in seiner Menschheit in dir lebe und bin. Nimm mich nur in seiner Auferstehung an, und nicht mich selber in meiner Unwürdigkeit, sondern mich in ihm. Laß mich in mir tot sein, und gib mir sein Leben, damit ich dein gehorsamer Sohn in ihm sei, so daß sein Leiden und Tod mein sind, und ich derselbe Christus, der dem Tod seine Macht genommen hat, wie ein Zweiglein seines Lebens in ihm vor dir sei.“

15.31. So und gar nicht anders ist der wahre christliche Glaube. Er ist nicht nur ein Trösten, sondern eine immerwährende Begierde, und diese Begierde erreicht das Leiden Christi, welche immerzu gern gehorsam sein wollte, wüßte sie nur, wie sie sich vor ihm verhalten sollte, und welche stets vor ihm niederfällt und sich in die höchste Demut vor ihm versenkt, die alles gern erleidet und tut, nur daß sie Gnade empfangen könne, und welche willig ist, das Kreuz Christi auf sich zu nehmen und alle Welt im Spott ihrer Selbheit nicht beachtet, sondern immerfort in Christi Liebebegierde eindringt.

15.32. Allein diese Begierde wächst aus Christi Tod und aus seiner Auferstehung in Gott aus und bringt Früchte in Geduld, welche in Gott verborgen sind, davon der irdische Mensch nichts weiß, denn er befindet sich in seiner Selbheit.

15.33. Ein wahrer Christ ist ein steter Ritter und geht ganz im Willen und Begehren in Christi Person ein (wie er auf Erden dahingegangen war). Christus wollte, als er auf Erden ging, den Tod überwinden und die menschliche Selbheit in die wahre Gelassenheit im Gehorsam Gottes hineinführen. Das begehrt auch ein wahrer Christ zu tun. Er begehrt immerzu der Bosheit des Todes und Grimms abzusterben und sich in Gehorsam zu ergeben, um in Christus in seinem Gehorsam in Gott aufzuerstehen und zu leben.

15.34. Darum, ihr lieben Brüder, hütet euch vor Christi Purpurmantel und ihn umzuhängen, denn ohne einen gelassenen Willen, ohne Reue der Sünde und ohne Umkehrung des Willens wird er nur zum Spott Christus umgehängt. Hütet euch vor der Lehre, die vom eigenen Vermögen und von Werken der Rechtfertigung lehrt!

15.35. Ein wahrer Christ ist selbst das große und ängstliche Werk, das immer in Gottes Willenbegierde wirkt und gegen die eigene Lust der Selbheit treibt. Er will es immer gern tun, und wird doch vielfältig von der Selbheit gehalten. So zerbricht er die Selbheit wie ein Gefäß, darin er gefangenliegt, und grünt mit seiner in Gott gelassenen Begierde im Willengeist Gottes immer aus (wie eine schöne Blume aus der Erde ausgrünt) und wirkt mit und in Gott, was Gott gefällt.

15.36. Darum soll die wahre Christenheit wissen und sich jetzt hoch zu Gemüt führen, was ihr gesagt wird, daß sie vom falschen Wahn des Tröstens ohne Umkehr des Willens abgehen soll, denn das ist nur eine ausgesprochene Form der Wiedergeburt. Ein Christ muß Ein Geist mit Christus werden und in sich Christi Willen und Leben führen. Die Form macht ihn nicht neu, und es hilft weder Trösten noch gute Worte geben, sondern ein Sterben des bösartigen angeborenen Willens und eine Auferstehung eines neuen Willens, der ein Kind Gottes und aus Christi Tod ausgeboren ist. Kein anderer Wille erreicht Christi Erbschaft, und auch mein Vielwissen tut es nicht. Der Viehhirte auf dem Feld ist Gott so nahe wie ein Doktor. Dazu hilft keine Subtilität im Zank um den Weg Gottes, das ist nur eine Verhinderung und ein Aufhalten.

15.37. Der wahre Wille geht in die Liebe Gottes und seiner Kinder ein. Er sucht keine Form, sondern er fällt vor seinem Schöpfer zu Boden und begehrt des Todes der falschen Selbheit. Er sucht das Werk der Liebe für alle Menschen, und er will nicht im Spotten der Welt grünen, sondern in seinem Gott. Sein ganzes Leben ist eine reine Buße und eine immerwährende Reue des Übels, das ihm anhängt. Er sucht keinen Glanz, um sich damit sehen zu lassen, sondern lebt in Demut. Er erkennt sich stets für unwürdig und für einfältig, und sein wahres Christentum ist ihm in seiner Selbheit immer verborgen.

15.38. Er sagt: „Ich bin in meiner Selbheit ein unnützer Knecht und habe noch nie recht angefangen, Buße zu tun oder zu wirken.“ Denn er ist immerzu im Anfang des Bußwirkens und wollte die Pforte der süßen Gnade immer gern erreichen. Er geht dahin, wie sich eine ängstliche Frau zur Geburt müht, und weiß nicht, wie ihm geschieht, denn der Herr verbirgt sich vor ihm, damit sein Wirken für ihn groß werde. Er sät in Ängsten und Tränen, und kennt seine Frucht nicht, denn sie ist in Gott verborgen. Wie ein mühsamer Bote einen weiten Weg zum Ziel läuft, dahin er begehrt, so läuft auch er nach dem weiten Ziel seiner Ruhe, aber findet sie nicht, es erscheine ihm denn sein Perlein in ihrer Schönheit und fasse ihn in ihrer Liebe. Doch wenn sie durch seine Selbheit wieder weicht, dann fängt das Lechzen und Grämen mit steter Begierde wieder an. Und so ruft ein Tag den anderen, der Tag die Nacht, und die Nacht den Morgen, und da ist keine Stätte der Ruhe in der irdischen Selbheit, als nur im schönen Sonnenglanz seines edlen Perleins: Wenn ihm diese Sonne in der Finsternis aufgeht, dann weicht die Nacht und alles Ängstigen ist vergangen.

15.39. Darum, liebe Brüder, hütet euch vor dem Zank und Verachten, darin man um die buchstäbliche Form zankt. Ein wahrer Christ hat um nichts zu zanken, denn er stirbt seinem Verstandes-Begehren ab. Er begehrt nur Gottes Wissen (bzw. Weisheit) in Seiner Liebe und Gnade und läßt alles andere hinfahren, was um die Form zankt. Denn Christi Geist selbst muß die Form in ihm machen, die äußerliche Form ist nur eine Anleiterin. Gott muß Mensch werden, sonst wird der Mensch nicht Gott.

15.40. Darum ist ein Christ der einfältigste Mensch auf Erden, wie Jesaias sagt: »Wer ist so einfältig wie mein Knecht? (Jes. 42.19)« Alle Heiden begehren die Selbheit und reißen sich um die Gewalt und Ehre, aber ein wahrer Christ begehrt dieser abzusterben. Er sucht nicht seine, sondern Christi Ehre. Alles, was um die Selbheit als um eigene Ehre und Wollust dieses Lebens zankt, das ist heidnisch und viel mehr als heidnisch, ja teuflisch, welcher von Gott in ein Eigenes ausging. Es decke sich mit Christi Deckmantel zu, wie immer es wolle, so ist doch der Mann der falschen Selbheit darunter zur Herberge.

15.41. Will er ein Christ sein, so muß er der Selbheit absterben, so daß ihm diese nur noch von außen wie ein Kleid dieser Welt anhängt, darin er ein Gast und Pilger ist. Er muß immerzu denken, daß er nur ein Knecht in seinem hocherhabenen Amt ist, und darin Gott als ein Knecht diene und nicht als selbsteigener Herr. Alles, was sich ohne Gottes Ruf und Ordnung selber zum Herrn macht, das ist vom Teufel und dient dem Teufel in seiner eigenwilligen Gewalt und Gestalt. Schmücke dich, wie du willst, es gilt vor Gott nicht, denn dein eigenes Herz klagt dich an, daß du ein falsches Gewächs bist. Auch dein Adel und deine Hoheit helfen dir nichts vor Gott, wenn du damit nicht Gottes Ordnung treibst. Dein Amt ist nicht dein, sondern Gottes. Wenn du falsch darin einhergehst, dann ist es dein eigenes Gericht über dich und richtet dich zum Tod. Du bist ein Knecht, auch wenn du ein König bist, und so dienst du und mußt mit dem allerärmsten in die Wiedergeburt eingehen, oder du wirst Gott nicht schauen.

15.42. Alle eigenwillig genommenen Rechte und Gewalten, mit denen der Arme gequält wird, kommen alle von der Selbheit, und deren Ursprung ist in der ausgesprochenen Form, welche sich mit der Form in eine Selbheit hineingeführt und von Gott weggeführt haben. Was nicht in Knechtes Amt vor Gott dient, das ist alles falsch, sei es hoch oder niedrig, gelehrt oder ungelehrt. Denn wir sind allzumal nur Diener des großen Gottes. Nichts führt sich in Eigenes hinein, es werde denn in Gottes Zorn in der Verdichtung der Natur geboren.

15.43. Und wenn ein Christ auch ein Eigenes besitzt, welches nicht falsch ist, so ist er doch nur ein Knecht darin, wie ein Austeiler seines Herrn und ein Verwahrer des Herrn Werks. Denn er handelt darin für seinen Herrn und nicht nur für seine Selbheit. Alles, was er gedenkt, in die Selbheit hineinzuführen und hineinführt, das führt er in den ängstlichen Kasten des Geizes, Neides oder in eigene Wollust des Fleisches, als in ein von Gott abtrünniges Gefäß hinein, nämlich in die Verdichtung der Natur, und stiehlt es seinem Herrn, der ihn zum Verwalter eingesetzt hat. So ist er ein Dieb Gottes und seines Wesens, er beschönige es wie er wolle.

15.44. Ein wahrer Christ erkennt sich als einen Diener Gottes, dem befohlen ist, mit Gottes Werken recht (richtig bzw. wahrhaftig) umzugehen. Er ist nicht sein eigen, denn er ist auch in diesem irdischen Werk dieser Hütte nicht daheim. Er suche, pflanze und baue, werbe und tue, was er wolle, so soll er allezeit wissen, daß er es Gott tut und davon Rechenschaft geben soll, und daß er in diesem Werk ein fremder Gast und Diener sei und seinem Herrn dient, und gar nicht den Lauf seiner Vorfahren achtet, die darin in Wollust des irdischen Lebens wandelten. Denn wer dies tut, der ist noch fern vom Reich Gottes und kann sich mit keinem Gewissen und Grund einen wahren Christen nennen, denn er steht nur in der Form der Christenheit und nicht im Geist Christi. Die Form soll zerbrechen und mit der Zeit aufhören, aber der Geist bleibt ewig bestehen.

15.45. Ein wahrer Christ ist im Geist ein Christ und in stetiger Übung, seine Selbst-Form zu gebären, nicht allein mit Worten im Schall, sondern in der Kraft des Werkes als eine sichtbare und greifbare Form. Nicht Wähnen und gute Worte aus der eigenen Selbheit geben und in der Selbheit bleiben, sondern Sterben und im Willen Gottes in der Liebe-Selbheit als ein Diener Gottes in Gottes Wundertat ausgrünen, in Gottes Willen sein Instrument schlagen (bzw. spielen) helfen und eine klingende Saite in Gottes Saitenspiel sein, in Gottes Hall, als im Schöpfungswort, ein immer-machendes Wort, das in und mit Gott schafft und wirkt, was Gott macht, schafft und wirkt, als ein Werkzeug Gottes.

15.46. Darum, du werte Christenheit, beschaue dich, ob du jetzt im wirkenden Wort Gottes in seinem Willen wirkst, oder ob du nicht nur in der Form der Christenheit stehst und dein Eigenes in Falschheit wirkst! Du wirst dich finden, wie du ein Ekel (bzw. Übel) vor dem Höchsten geworden bist, und daß dein Ausspeien vom Höchsten aus dieser Form bald erfolgen wird, die du in deiner Selbheit in seine ausgesprochene Form hineingeführt hast, und solches darum, weil du dich mit der wahren Form nur zudeckst, aber ein falsches Kind darin bist. So bist du gesucht und in deiner eigenwilligen Form mit einer falschen Decke gefunden worden. Und so, wie du dich in eine falsche eigene Form unter die wahre Form hineingeführt hast, so sollst du dich auch selber zerbrechen, und dazu hilft dir der Himmel, dem du lange Zeit in Gehorsam gedient hast, und davor ist kein Aufhalten: Dein Werk ist in der Verwirrung befunden worden, die sich darin im Zerbrechen ergötzen soll, nämlich wie du dich in deiner abtrünnigen Falschheit in deiner eigenen Form unter dem Namen der wahren Form aufgezogen hast, und wie du vor Gott mit Scheinheuchelei geheuchelt und nur dem irdischen Menschen gedient hast.

15.47. Aber auch der (treue) Knecht des Herrn wird gesucht und gefunden werden, denn der Herr weidet seine Schäflein in seiner eigenen Form und führt sie in seine Weide. Das sollten alle Stolzen und Nimmersatten erfahren, was der Herr für ein Gericht über den Kreis der Erde führen wird, und alle gottlose Hoffnung soll zerbrechen, denn der Tag der Einernte naht sich. Ein Schrecken vom Herrn erschüttert das Erdreich und seine Stimme hallt bis zu den Enden der Erde, und der Stern seiner Wunder geht auf: Niemand verhindert das, denn es ist im Rat der Wächter in den Toren der Tiefe beschlossen worden.

15.48. Darum mag sich ein jeder suchen und finden, denn es ist die Zeit der Heimsuchung gekommen, daß er in seiner Liebe gefunden werde. Denn die Verwirrung hat alle falsche Lust in sich gefunden, und der höchste Wirker aller Wesen offenbart diese Verwirrung. Dann wird alle falsche Lust offenbar und ein jedes Ding geht in seinen ewigen Behalter ein. Denn es ist alles aus der Lust geboren worden, und so soll es auch in der Lust seine Beendigung nehmen, und eine jede Lust soll ihr gemachtes Werk einernten, denn dazu sind alle Dinge erschienen, damit die Ewigkeit in einer Zeit offenbar werde. Mit Wundertat hat es sich in die Form der Zeit herausgeführt, und mit Wundertat führt es sich wieder aus der Zeit in ihr erstes (ursprüngliches) Reich hinein. Alle Dinge gehen wieder in das ein, aus dem sie gekommen sind. Aber ihre eigene Form und ihr Modell, wie sie sich im ausgesprochenen Hall hineingeführt (und modelliert) haben, behalten sie, und so wird auch ein jedes Ding von seiner Gleichheit eingenommen werden, und das ist das Ende aller Zeit. Denn wie sich alle Dinge im ausgesprochenen Wort gebären, so signieren (bzw. prägen) sie sich auch in ihrer inneren Gestaltung, die wiederum das Äußere so signiert.

15.49. Der eigene Wille macht eine Form nach seiner innerlich bestehenden Natur. Aber im gelassenen Willen wird eine Form nach dem Modell der Ewigkeit gemacht, wie es vor den Zeiten der Welt in der ewigen Weisheit Gottes im Spiegel erkannt worden ist. So bildet es der ewige Wille in ein Modell seiner Gleichheit zu Gottes Ehre und Wundertat. Denn alles, was in seine Selbheit eingeht, das formt sich selber. Was sich aber freiläßt, das wird vom freien Willen geformt. Und so kann doch keine eigene Form mit eigenem Willen das Einige Wesen erben, denn wo zwei Willen in einem sind, da ist Widerwille.

15.50. Wenn nun Gott ein einiger (ganzheitlicher) Gott ist, so muß alles, was in ihm leben will, seinem Willen und Hall ähnlich sein. Gleichwie ein Saitenspiel in eine Harmonie gestimmt sein muß, obgleich vielerlei Saiten mit vielerlei Klang darin sind, so muß auch die wahre menschliche Harmonie mit allen Stimmen in ein Liebespiel gestimmt sein. Und welcher Willengeist nicht in das einige Saitenspiel im göttlichen Hall eingestimmt ist, der wird aus diesem Widerhall ausgestoßen und in seinen Hall als in seine wahre Mitstimme seiner Gleichheit eingeführt werden, denn eine jede Gleichheit soll das ihre einnehmen (was ihr „bestimmt“ ist).

15.51. Ist einer hierin ein bösartiger Geist geworden, dann wird er in die Wurzel seiner Gleichheit eingeführt werden, denn ein jeder Hunger nimmt Seinesgleichen in sich ein. So ist nun die ganze Offenbarung der Ewigkeit mit dieser Zeit nichts anderes als ein Hunger und Gebären: Wie der Hunger ist, so wird auch sein Wesen seiner Erfüllung, denn mit dem Hunger nimmt die Kreatur ihren Anfang, und mit diesem Hunger geht sie in ihr Ewiges ein. Im Hunger gebiert sich der Geist samt dem Körper, und im selben Hunger fährt der Geist in sein Ewiges ein, es sein denn, er zerbricht seinen ersten (anfänglichen) Hunger und führt sich durch das Sterben in einen anderen hinein. Sonst ist alles, sobald es geboren ist, an seinem Ende. Aber der Tod ist das einzige Mittel, dadurch der Geist in eine andere Qualität und Form eingehen kann. Wenn er seiner Selbheit abstirbt und seinen Willen im Tod zerbricht, dann wächst ein neuer Zweig aus diesem aus, aber nicht nach dem ersten (anfänglichen) Willen, sondern nach dem ewigen Willen. Denn wenn ein Ding in sein Nichts eingeht, dann ist es dem Schöpfer wieder anheimgefallen, der das Ding macht, wie es im ewigen Willen erkannt worden ist, ehe es zur Kreatur geschaffen wurde. Da ist es im rechten Ziel der Ewigkeit und hat keine Verwirrung, denn es ist am Ende der Natur.

15.52. Alles, was in der Natur läuft, das quält sich. Was aber der Natur Ende erreicht, das ist in Ruhe ohne Qual, und wirkt doch, aber nur in Einer Begierde. Denn alles, was in der Natur Angst und Streit macht, das macht in Gott reine Freude, denn das ganze Himmelsheer ist alles in eine Harmonie gerichtet, ein jedes Königreich der Engel in ein besonderes Instrument, aber alles ineinander in Eine Musik, alles in den einigen Liebehall Gottes. Eine jede Saite dieses Spiels erhebt und erfreut die andere, und so ist es ein reines Hören, Schmecken, Fühlen, Riechen und Sehen der Liebe. Alles, was Gott in sich selbst ist, das ist auch die Kreatur in ihrer Begierde in ihm, ein Gottengel und ein Gottmensch, Gott Alles in Allem, und außer ihm ist nichts mehr. Wie es vor den Zeiten dieser Welt in seinem ewigen Hall war, so bleibt es auch im kreatürlichen Hall in ihm in seiner Ewigkeit. Und das ist der Anfang und das Ende aller Dinge.


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