De Signatura Rerum

(Text von Jacob Böhme 1622, deutsche Überarbeitung 2022)

10. Kapitel - Von der inneren und äußeren Kur des Menschen

10.1. Der Liebhaber Gottes verstehe uns nur recht, denn wir sehen nicht auf einen historischen oder heidnischen Wahn oder nur allein auf das Licht der äußeren Natur. Uns scheinen beide Sonnen. Versteht uns nur richtig und seht an, wie Gott den Menschen kuriert habe (als ihn das Gift der Schlange und des Teufels im Tod fing), und wie er noch heute die arme, im Zorn Gottes gefangene Seele kuriert. Eben solchen Prozeß soll auch der Medicus mit dem äußeren Körper halten.

10.2. In Adam verlosch das göttliche Licht und die Liebe, weil er in die Schlangeneigenschaft von Gut und Böse imaginierte. So begann im Mercurius das Todesgift zu qualifizieren (bzw. zu wirken), und so wurde der Zornquell im ewigen Mars brennend, und die finstere Verdichtung der Eigenschaft der ewigen Natur nahm ihn ein. Sein Leib wurde in der finsteren Verdichtung im Gift des entzündeten Mercurius zu Erde und eine Feindschaft gegen Gott. So war es um ihn geschehen, und kein Rat (bzw. keine Hilfe) war mehr bei irgendeiner Kreatur, weder im Himmel noch in dieser Welt, denn der grimmige Tod hatte ihn in Seele und Leib gefangen.

10.3. Nun, wie machte es Gott, daß er ihn kurierte und wieder tingierte (mit einer Tinktur heilte)? Nahm er etwas Fremdes dazu? Nein, er nahm die Gleichheit und kurierte ihn mit dem, was in ihm verdorben war, als mit dem göttlichen Mercurius (Merkur) und mit der göttlichen Venus sowie mit dem göttlichen Jupiter. Das heißt, im Menschen war das ausgesprochene Wort, das ich den ewigen Mercurius im Menschen nenne, denn er ist das wahre führende Leben, und er ist dem Menschenbild, das Gott aus seinem Wesen in ein Bild nach Gott erschuf, eingeblasen oder eingesprochen worden, nämlich in ein kreatürliches Bild, und das war die Seele mit der Eigenschaft aller drei Welten:

10.4. Nämlich (1.) mit der Welt des Lichtes und der Vernunft, was Gott ist, und (2.) mit der Feuerwelt, was die ewige Natur des Vaters aller Wesen ist, und (3.) mit der Liebewelt, was die himmlische Leiblichkeit ist, denn in der Liebebegierde wird (und entsteht) das Wesen als die Leiblichkeit. Die Begierde der (ganzheitlichen) Liebe ist Geist und das Herz Gottes, als die wahre göttliche Vernunft. Im Wesen der Liebe ist der Mercurius Gottes Wort, und in der feurigen Natur ist er der Grimm Gottes, der Ursprung aller Beweglichkeit und Feindlichkeit, aber auch der Stärke und Allmacht. Diese feurige Eigenschaft macht das Licht als die Freiheit Gottes begierig, damit das Nichts eine Begierde ist.

10.5. Diese Begierde ist die Liebe Gottes, die Adam in sich gelöscht hat, denn er imaginierte nach Gut und Böse, das heißt, nach Irdischkeit. Die Irdischkeit ist aus dem Wesen des Grimms und aus dem Wesen der Liebe in ein Wesen gegangen, und solches durch Gottes Bewegen, damit die Wunder des Abgrundes und Grundes offenbar würden, so daß Gut und Böse erkannt und offenbar werde. Aber das sollte Adam als das Bild Gottes nicht tun, denn Gott hat ihn in sein Bild geschaffen. Er sollte mit dem Wort der Liebe die Feuerwelt und äußere Welt tingieren (mit göttlicher Tinktur heilen), so daß keine von ihnen in ihm offenbar würde, gleichwie der Tag die Nacht in sich verschlungen hält.

10.6. Aber mit der falschen (bzw. illusorischen) Imagination hat er die finstere und giftige Mercurius-Feuerwelt in sich erweckt und offenbart. Damit ist sein leibliches Wesen der finsteren Verdichtung in der giftigen Mercurius-Eigenschaft dem bösartigen Teil anheimgefallen, und die Seele in der ewigen Natur ist in des Vaters Feuereigenschaft offenbar geworden, nämlich im giftig-feindlichen Mercurius, nach dem sich Gott einen zornigen und eifrigen Gott und ein verzehrendes Feuer nennt.

10.7. Um diesem wieder zu helfen, als dem Bild Gottes, mußte Gott die richtige Kur nehmen, und zwar dieselbe (Eigenschaft), dessen der Mensch in der Unschuld gewesen war. Nun, wie machte er das? Siehe, oh Mensch, öffne deinen Verstand, du wirst gerufen!

10.8. Er führte den heiligen Mercurius wieder in die Flammen der Liebe, nämlich in der feurigen Liebe mit der Begierde der göttlichen Wesenheit oder nach göttlicher Wesenheit (welche göttliche Leiblichkeit in sich macht) in das ausgesprochene Wort hinein, als in die Mercurius-Feuerseele (das heißt, in die seelische Essenz im Leib Marias), und wurde selbst dieses Bild Gottes. Er tingierte das Gift, als den Grimm des Vaters aller Wesen, mit dem Liebefeuer. Dazu nahm er eben nur denselben Mercurius, den er in Adam in ein Bild eingeblasen und in eine Kreatur formiert hatte. Nur dessen Eigenschaft nahm er, aber nicht im Feuer, sondern in der brennenden Liebe. So führte er mit der Liebe das Licht (des Bewußtseins) der ewigen Sonne wieder in die menschliche Eigenschaft, so daß er den Grimm des entzündeten Mercurius in der menschlichen Eigenschaft tingierte und mit der Liebe anzündete, damit der menschliche Jupiter als die göttliche Vernunft wieder hervorkäme.

10.9. Ihr Medicis, versteht ihr hier nichts, dann seid ihr im Gift des Teufels gefangen. Seht doch die rechte (wahre und richtige) Kur an, womit dem entzündeten Mercurius im Leben des Menschen zu helfen sei! Es muß wieder ein Mercurius sein, aber zuvor in Venus und Jupiter angezündet. Er muß durch Jupiter und Venus (bzw. Vernunft und Liebe) die Eigenschaft der Sonne erlangt haben. Wie Gott mit uns armen Menschen tut, so muß der äußere vergiftete und kranke Mercurius mit einer solchen äußerlichen Kur tingiert werden, nicht mit der finsteren Verdichtung des Saturns mit Kälte, sie werde denn zuvor mit Jupiter und Venus versöhnt, so daß die Sonne im Saturn scheint, besonders mit sanfter Liebe. Und das ist seine richtige Arznei, dadurch der Tod in das Leben verwandelt wird. Doch das ist nur eine allgemeine Handkur, die sich der Laie merken kann.

10.10. Dem Doktor, wenn er wirklich „Doktor“ genannt sein will, gebührt es, den ganzen Prozeß zu studieren, wie Gott das Universale im Menschen wieder hervorgebracht habe. Das ist an der Person Christi, von seiner Eingehung in die Menschheit bis zu seiner Himmelfahrt und Sendung des Heiligen Geistes, ganz klar und offenbar. Diesem einigen (ganzheitlichen) Prozeß soll er nachgehen, dann kann er das Universale finden, wenn er aus Gott wiedergeboren ist. Aber euch liegt die eigene Wollust mit weltlicher Herrlichkeit, Geiz und Stolz im Weg. Ihr lieben Doktoren, ich muß euch sagen, die Kohlen sind zu schwarz, ihr besudelt die weißen Hände damit, und so schmeckt euch auch nicht die wirklich wahre gelassene Demut vor Gott und Menschen, denn ihr hättet sonst kein größeres Ansehen als andere Menschen. Und darum seid ihr blind, und das sage nicht ich, sondern der (sehende) Geist der Wunder in seiner Offenbarung.

10.11. Dem begierigen Sucher aber, der dennoch gern sehen wollte, wenn er nur die Weise wüßte, sich dahinein zu schicken, wollen wir eine Anleitung geben. Denn die Zeit ist geboren, daß Moses von den Schafen zum Hirten des Herrn berufen wird, und das wird bald offenbar sein, auch gegen alle Wüterei des Teufels. Die werte Christenheit soll nicht denken, weil es jetzt das Ansehen hat, als sollte sie zugrunde gehen, daß es aus mit ihr sei. Nein, der Geist des Herrn hat einen neuen Zweig aus seiner Liebe in menschlicher Eigenschaft gepflanzt, der die Dornen des Teufels vertreiben wird und sein Kind Jesus allen Völkern, Zungen und Sprachen offenbar macht, und solches in der Morgenröte des ewigen Tages.

10.12. Seht doch die Kur richtig an, ihr lieben Brüder! Was tat Gott mit uns, als wir im Tod krank lagen? Warf er das geschaffene Bild, das heißt, den äußerlichen Teil als den äußeren verdorbenen Menschen ganz weg und machte einen völlig neuen und fremden Menschen? Nein, das tat er nicht. Auch wenn er göttliche Eigenschaft in unsere Menschheit hineinführte, so warf er unsere Menschheit darum nicht weg, sondern er führte sie in den Prozeß zur Wiedergeburt.

10.13. Und was tat er? Er ließ die äußere Menschheit, als das äußere Wasser, das heißt, der Venus Wesenheit, das im Grimm des Todes verschlossen lag, mit dem Wasser des ewigen Wesens und mit dem Heiligen Geist taufen, so daß der Zunder der im Tod verschlossenen äußeren Wesenheit wieder glimmend wurde, als ob ein Feuer (-Funke) in einen Zunder fällt. Danach entzog er dem äußeren Leib die äußere Speise und führte ihn in die Wüste und ließ ihn hungern. So mußte der angezündete Funke vom Feuer Gottes in Gott imaginieren und von göttlicher Wesenheit vierzig Tage lang Manna essen, dessen Israel in der Wüste Sinai mit ihrem Manna ein Vorbild war. Das Wesen der Ewigkeit mußte das Wesen der Zeit überwinden, und darum hieß es eine Versuchung des Teufels.

10.14. Und der Teufel als ein Fürst im Grimm Gottes, versuchte hier die äußerliche Menschheit und stellte ihr all das vor, daran Adam gefallen war und Gott ungehorsam wurde. Damit wurde versucht, ob nun das Bild Gottes bestehen konnte, weil im Inneren Gottes Liebefeuer und im Äußeren die Taufe mit dem Wasser des ewigen Lebens war. Hier wurde die Seele versucht, ob sie an Stelle der gefallenen Engel ein König und ein englischer Thron sein wollte und den auserwählten Sitz Gottes im königlichen Amt besitzen könne, von welchem Luzifer vertrieben und in die Finsternis als in den Sitz des Giftes und Todes gestoßen wurde. Weil er aber bestand, indem die Seele ihren Willen allein in Gottes Liebefeuer hineinergab und keine irdische Speise noch das irdische Reich von Gut und Böse zum äußeren Regiment begehrte, so ging der Prozeß zum Universalen voran, nämlich zur Wiederbringung all dessen, was Adam verlor, und er machte Wasser zu Wein.

10.15. Ihr Medicis, erkennt dies, denn es gilt euch in eurem Prozeß: Auch ihr müßt so gehen. Er machte die Kranken gesund, und auch ihr müßt die Gestaltung in eurem giftigen Mercurius durch die Macht der philosophischen Taufe gesund machen. Er machte die Toten lebendig, die Stummen redend, die Tauben hörend, die Blinden sehend und die Aussätzigen rein. Das alles muß vorhergehen, so daß alle Gestaltungen im Mercurius rein, gesund und lebendig werden, welches der Mercurius nach der Taufe und Versuchung alles selbst macht, gleichwie der lebendige und sprechende Mercurius solches in der Person Christi täte.

10.16. Der Künstler selber kann es nicht tun, nur der Glauben muß da sein. Denn auch Christus bezeugte, daß er zu Kapernaum wenig Wunder tun konnte, außer einige wenige Sieche gesund zu machen (Mark. 6.5), denn der Glaube der Kapernaiten wollte nicht in den göttlichen Mercurius Christi eingehen. So sehen wird hier, daß die Person Christi als Kreatur die Wunder nicht in eigener Macht wirken konnte, sondern der Mercurius, als das lebendig sprechende Wort in ihm. Denn die Person hat auch in Gott, als in das sprechende Wort, gerufen und seine Begierde dahinein gesetzt, wie am Ölberg zu sehen war, als er gebetet und blutigen Schweiß geschwitzt hatte, und auch bei Lazarus, als er ihn aufwecken wollte und sprach: »Vater, erhöre mich. Doch ich weiß, daß du mich allezeit erhörst, aber um der Umstehenden willen sage ich es, damit sie glauben, du wirkst durch mich. (Joh. 11.41)«

10.17. So soll der Künstler sich selber nichts zumessen, denn der Mercurius nach der philosophischen Taufe tut selbst diese Wunder, bevor er das Universale offenbart, denn es müssen alle sieben Gestaltungen der Natur kristallin (bzw. durchsichtig) und rein werden, wenn das Universale (Ganzheitliche) offenbar werden soll. Und eine jede Gestaltung führt einen besonderen Prozeß, wenn sie aus der Eigenschaft des Grimms in das reine klare Leben eintreten und sich in das kristallinische Meer verwandeln soll, das vor dem Thron des Alten in der Offenbarung steht, und dazu in das Paradies, denn das Universale ist paradiesisch. Und Christus kam auch nur darum in die Menschheit, um das Universale als das Paradies im Menschen wieder zu eröffnen und zu offenbaren. So hat das sprechende Wort in Christus durch alle sieben Eigenschaften oder Gestaltungen Wunder gewirkt, nämlich durch das ausgesprochene Wort in der Menschheit, bevor das ganze Universale im Leib der menschlichen Eigenschaft offenbar und der Leib verklärt wurde.

10.18. So geht es auch im philosophischen Werk zu: Wenn der im Tod verschlossene Mercurius die Taufe seiner Wiedererquickung in der Liebe in sich empfängt, dann offenbaren sich alle sieben Gestaltungen in solcher Eigenschaft, wie im Prozeß Christi in seinen Wunderwerken geschehen ist. Aber sie sind in der Wirkung der Offenbarung ihrer Eigenschaft noch nicht vollkommen, denn das Universale ist noch nicht da, bis sie alle sieben ihren Willen in Einen geben, ihre Eigenschaft im Grimm verlassen, aus ihrem Willen herausausgehen und die Eigenschaft der Liebe in sich nehmen. Sie müssen den Willen des Nichts in sich nehmen, so daß ihr Wille ein Nichts ist, dann besteht er im Grimm des Feuers und keine Verwirrung ist mehr darin.

10.19. Denn so lange die Begierde des Grimms in einer Gestaltung ist, ist sie der anderen Gestaltung widerwärtig und entzündet die andere Gestaltung mit ihrer grimmigen Eigenschaft, das heißt, sie bekämpft die Signatur der anderen, so daß die andere im Grimm erweckt wird. So entzündet sich dann der Hall der anderen im Mercurius der Eigenschaft der ersteren Gestaltung, und so kann keine Gestaltung zur Vollkommenheit kommen, so daß sie in die Liebe einginge.

10.20. Darum kann der Künstler nichts machen, er gebe denn den Gestaltungen eine Speise, die sie alle gern essen und in der keine Verwirrung ist. Doch die Eigenschaften können davon noch nichts essen, solange ihnen der Mund durch die Verdichtung des Saturns gefroren ist, und der Künstler muß ihnen zuvor den Mund öffnen und sie in ihrem Eifer lebendig machen, so daß alle Gestaltungen hungrig werden. Ist dann das Manna da, dann essen sie alle zugleich davon, und so wird das edle Senfkorn eingesät.

10.21. Wenn nun auf diese Weise der Mercurius vom Tod der Saturn-Verdichtung aufwacht und das Manna in den Mund seiner Eigenschaft der giftigen Todesqual bekommt, dann geht der Schreck des Freudenreichs auf, denn es ist gleichsam, wie sich ein Licht in der Finsternis anzündet, denn die Freude oder die Liebe geht mitten im Zorn auf. Wenn nun der Mercurius den Anblick der Liebe im Mars ergreift, dann erschrickt der Grimm vor der Liebe, und das ist wie eine Verwandlung, aber nicht fest und beständig. Doch sobald dies geschieht, zeigen sich die englischen Eigenschaften im Blick.

Der Prozeß in der Versuchung

10.22. Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt, und dort trat der Teufel zu ihm und versuchte ihn. (Matth. 4.1) Als die Seele Christi hungerte, sprach der Teufel zu Jesus: „Schließ das Zentrum im Stein auf, das heißt, den hineinverdichteten Mercurius, und mache dir Brot und iß die Wesenheit der Eigenschaft der Seele. Was willst du vom Nichts, als vom sprechenden Wort essen? Iß vom ausgesprochenen Wort, als von der Eigenschaft des Guten und Bösen, dann bist du ein Herr in beiden!“ Und das war auch Adams Biß, daran er den Tod aß. Darauf antwortete Jesus Christus: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jeglichem Wort, das durch den Mund Gottes geht. (Matth. 4.4)«

10.23. Siehe, woher kam der Wille der Person Christi, daß er mit dem Hunger der Seele nicht vom Brot essen wollte, das aus den Steinen werden konnte, was er doch hätte machen können? Oder wie wäre es gewesen, wenn der Hunger der menschlichen Eigenschaft nach der Salbung der Taufe hier in der Versuchung vom Mercurius in der Verdichtung des Todes gegessen hätte? Nämlich vom Sulphur des ausgesprochenen Wortes, in dem der Zorn saß und die Liebe davongeflogen war, wie es dann in irdischer Eigenschaft so ist.

10.24. Siehe, der Wille und die Begierde, vom sprechenden Wort zu essen, kam in der Seele Eigenschaft vom Bewegen der Gottheit. Als sie sich in der im Tod eingeschlossenen seelischen Essenz in seiner Mutter Maria in ihre Essenz oder Samen bewegt hatte und der toten seelischen Essenz den Blick des göttlichen Auges in der Liebe hineingeführt und die Liebe im Tod offenbart hatte, da begehrte nun eine göttliche Eigenschaft die andere, und die Begierde des leiblichen Hungers, von Gottes Brot oder Wesen zu essen, kam von der Taufe, nämlich als das Wasser des Körpers in der Verdichtung des im Tod eingeschlossenen Wesens das Wasser des ewigen Lebens im Heiligen Geist in der Taufe kostete, als des Heiligen Geistes Leiblichkeit oder Wesenheit. So ging der Zunder des göttlichen Hungers der brennenden Begierde nach Gottes Wesen im Fleisch auf, als ein göttlicher Hunger, ein glimmender Zunder göttlicher Eigenschaft.

10.25. Jetzt mußte der Mensch Christus in Leib und Seele darin versucht werden, von welchem er essen wollte: Zu einem Teil war das ausgesprochene Wort aus Liebe und Zorn vor Leib und Seele gestellt, darin der Teufel ein Herr sein und allmächtig herrschen wollte. Und zum anderen Teil wurde der Seele und dem Leib das sprechende Wort in der Eigenschaft der Liebe allein vorgestellt.

10.26. Hier begann nun der Streit, den Adam im Paradies bestehen sollte. Denn zu einem Teil setzte Gottes Liebebegierde, die sich in der Seele offenbart hatte, an die seelische und leibliche Eigenschaft hart an und führte ihre Begierde in die seelische Eigenschaft hinein, daß die Seele davon essen und dem Leib davon Manna geben sollte. Und zum anderen Teil setzte der Teufel in Gottes Grimm-Eigenschaft in der Seele Eigenschaft an und führte seine Imagination in die Eigenschaft des ersten Prinzips, als in das Zentrum der finsteren Welt, welches das Feuerleben der Seele ist.

10.27. Jetzt war der Streit um das Bildnis Gottes, ob es in Gottes Liebe oder Zorn leben wollte, im Licht oder im Feuer. Denn die Eigenschaft der Seele nach ihrem Feuerleben war des Vaters Eigenschaft nach der Feuerwelt. Und wie die Seele in Adam die Lichtwelt gelöscht hatte, so wurde jetzt mit dem Namen Jesus die Lichtwelt wieder hineingeleitet, welches in der Empfängnis Marias geschah.

10.28. Nun stand es hier in der Versuchung, von welcher Eigenschaft der Mensch leben wollte, vom Vater im Feuer oder vom Sohn im Licht der Liebe. Damit wurde die ganze Eigenschaft der Person Christi versucht, und der Teufel sprach, wie er auch zu Adam gesprochen hatte: „Iß von Gut und Böse! Hast du kein Brot, dann mache aus Steinen Brot. Was hungerst du lange in deiner Selbsteigenschaft?!“ Darauf antwortete die göttliche Begierde: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jeglichem Wort Gottes.« So ergab sich die Eigenschaft der feurigen Seele mit ihrer Begierde in die Liebe hinein, als in die Eigenschaft des sprechenden Wortes, und aß die Feuerbegierde im Manna der Liebebegierde.

10.29. Ihr Philosophen, erkennt dies wohl! Als dies geschah, da verwandelte die Liebe die feurige Eigenschaft in ihre Liebeeigenschaft. Hier gab der Vater die Feuerseele dem Sohn, das heißt, die feurige Eigenschaft des ausgesprochenen Mercurius dem sprechenden Mercurius im Licht. Denn auch Christus sprach danach: »Vater, die Menschen waren dein, und du hast sie mir gegeben, und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Joh. 17.6)« Hier hat Gottes Liebe der verdorbenen Menschheit das ewige Liebeleben gegeben, denn die Liebe hat sich in den Feuergrimm ganz hineinergeben und den Grimm der Seele in eine Liebe des Freudenreichs verwandelt.

10.30. Wenn aber die seelische und leibliche Eigenschaft dem Teufel in Gottes Grimm gefolgt wäre und aus dem verschlossenen Mercurius Brot gemacht und gegessen hätte, dann wäre der Wille wieder in seine Ichheit hineingegangen und hätte nicht verwandelt werden können. Weil er aber in die Gelassenheit einging, in das sprechende Wort Gottes und was das dann immer mit ihm machte, so entsank der Wille aus seiner Ichheit durch den grimmigen Tod des göttlichen Zorns, als aus dem ausgesprochenen Wort, das der Teufel mit seiner Imagination vergiftet hatte, durch die Eigenschaft des Grimms hindurch und grünte mit einer neuen Liebebegierde in Gott aus. Jetzt war der Wille ein Paradies, als ein göttliches Liebegrünen im Tode.

10.31. So war jetzt der Liebewille dem vergifteten Mercurius der seelischen Eigenschaft im Zorn Gottes entgegengesetzt, und so kam der Teufel und sprach: „Du bist der König, der überwunden hat! Komm und laß dich sehen in deiner Wundertat!“ Und führte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach: „Laß dich hinab, daß es die Leute sehen, denn es steht geschrieben: Er hat seinen Engeln über dir befohlen, sie sollen dich auf Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“ (Matth. 4.5) Damit wollte der Teufel, daß er wieder die Macht des Feuers als der Seele Ichheit in ihrer selbst-feurigen Eigenschaft gebrauchen sollte und aus der Gelassenheit in ein Eigenes ausgehe, in ihren eigenen Feuerwillen, wie er es selber tat und auch Adam, als er mit der Begierde eigener Macht in Gut und Bös hineinging und offene Augen in Gut und Böse haben wollte, wie Moses davon schreibt, daß sie die Schlange dazu überredet hatte.

10.32. Hier kam nun das schöne geschmückte Tierlein wieder und versuchte es auch mit dem anderen (zweiten) Adam, denn Gott ließ ihm das zu, weil er (der erste Adam) sagte, die Feuersmatrix habe ihn gezogen, und deshalb hätte er nicht bestehen können. Hier sollte es der Teufel wieder versuchen, denn er war doch in gleicher Weise ein Engel gewesen wie die menschliche Seele, die er verführt hatte. Aber die menschliche Eigenschaft in Leib und Seele in der Person Christi hatte sich nun einmal in der Gelassenheit aus ihrer Ichheit in Gottes Erbarmen hineingeworfen und stand in der Gelassenheit still, nämlich in göttlichem Willen, und wollte selber nicht fliegen und auch nichts tun, außer was Gott durch sie tat. Und sprach zum Teufel: »Es steht geschrieben: Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen!« Das heißt so viel wie, eine Kreatur Gottes soll nichts wollen noch tun, außer was Gott durch sie will und tut. Es soll kein anderer Gott mehr sein, der da regiere und wolle, als der Einige. Die Kreatur soll gehen und tun, wie sie Gottes Willengeist führt. Sie soll Gottes Werkzeug sein, mit dem er allein macht und tut, was er will.

10.33. In dieser Prüfung hatte Adam nicht bestanden, denn er ging aus der Gelassenheit in ein Eigenes, in einen eigenen Willen, und wollte Gut und Böse, Liebe und Zorn probieren, um von Gut und Böse zu essen. Hier, lieber Mensch, war der Stand vor dem Baum der Versuchung im Paradies gewesen, und hier ist erfüllt worden, was der erste Adam im Gehorsam Gottes in der Gelassenheit nicht tun konnte noch wollte.

10.34. Als dem Teufel auch dies nicht gelingen wollte, daß sich die Menschheit aus der Gelassenheit und aus Gottes Willen begeben wollte, da führte er die Menschheit auf einen hohen Berg und zeigte ihr allen Reichtum der Welt, alles was im ausgesprochenen Wort lebte und webte, alle Herrschaft und Macht in der äußeren Natur, über welche er sich einen Fürsten nennt, aber nur den einen Teil im Grimm des Todes im Besitz hat, und sprach zu ihr (d.h. zur menschlichen Eigenschaft): »Wenn du niederfällst und mich anbetest, dann will ich dir das alles geben.«

10.35. Die Menschheit sollte wieder aus der Gelassenheit in eine Begierde des Eigentums eingehen und in der verfluchten Eigenschaft von Gut und Böse ein Eigenes besitzen wollen. Das wäre dem Teufel ein gewünschtes Essen oder Spiel gewesen, denn so wäre er König geblieben und seine Lüge Wahrheit gewesen. In diesem hat es Adam auch verdorben, ist in das Eigentum eingegangen und hat weltliche Herrschaft begehrt sowie den Geiz, welches an Kain zu sehen ist, der das Herz des vergifteten Mercurius darstellt, als seine Begierde des Hungers, der sich ein Wesen entsprechend der Eigenschaft seines Hungers macht, nicht Manna, sondern Erde, wie an der wilden Erde zu sehen ist, was er in der Entzündung oder Bewegung des Vaters in seiner Feuereigenschaft gemacht hat. In dieser Entzündung, als im giftigen Grimm des ausgesprochenen Mercurius, vermeinte der Teufel, ein Fürst zu sein, und so ist es auch im Gottlosen in derselben Eigenschaft und auch im Regiment der Welt im Grimm. Aber Gott hält ihn mit dem Wasser und Licht des dritten Prinzips gefangen, so daß er kein Fürst im Regiment des ausgesprochenen Wortes ist, sondern ein Büttel (bzw. Diener) des Richters. Er muß hinterhersehen, und wo sich die große Verwirrung (Turba Magna) im Grimm entzündet, da ist er geschäftig, soweit die große Verwirrung im Grimm geht, aber weiter ist ihm der Pracht gelegt (bzw. seine Pracht begrenzt).

10.36. Dieses ganze Regiment, um in und über alles zu herrschen, in aller Essenz wie ein gewaltiger Gott, wollte er der Menschheit Christi geben, die er doch nur im Anteil der Verwirrung im Grimm Gottes besitzt und nicht ganz in der Beherrschung hat. Er sollte nur seine Begierde dahinein führen und seinen Willen in ihn führen, dann wollte er ihm seinen Mercurius der Kreatur in die größte Allmacht führen, so daß er ein Herr über Gut und Böse sei und alles in seiner Gewalt habe, um zu tun, wie er wolle. Denn so verscherzte es auch Adam:

10.37. Sein Mercurius ging mit der Begierde in die Verdichtung ein, wo Kälte und Hitze entstehen, und imaginierte darin. Und sogleich erhob sich die Eigenschaft des kalten und hitzigen Feuers im Mercurius der Kreatur, und so drang auch zugleich die äußere Hitze und Kälte in den entzündeten Mercurius menschlicher Eigenschaft ein, und so erleidet der Leib den Schmerz von Hitze und Kälte, welche Eigenschaften zuvor nicht offenbar waren, als er im freien Willen Gottes in der Gelassenheit stand. Und so herrschte in Adam Böses und Gutes.

10.38. Denn das Zentrum des Grimms, als Eigenschaft der finsteren Welt, wurde in ihm in einer giftigen Todeseigenschaft offenbar, wie dann der Mercurius im Menschen noch bis heute so giftig und ein Giftqual-Quell ist, auch wenn er im Lebenslicht in eine sonnige Eigenschaft verwandelt wird. Aber das Gift und die Todeseigenschaft hängen ihm an und sind seine Wurzel, wie man dann sieht: Denn sobald nur ein wenig auf seiner feurigen Mars-Eigenschaft, Signatur oder Gestaltung seines gestellten (bzw. gestimmten) Instruments geschlagen wird, kommt seine böse, giftige und feurige Eigenschaft hervor und zündet den Leib an, daß er vor giftigem Grimm zittert und immerfort die entzündete Giftqual in denselben, der sie erweckt und entzündet hat, hineinführen will, und in seiner Bosheit mit des Erweckers Bosheit inqualieren und im Recht der giftigen Eigenschaft ringen will. So muß dann der Leib als ein Knecht zugreifen und den Willen des Giftes vollbringen, und sich mit seinem Gegensatz raufen und schlagen, und sich auch schlagen lassen, es geschehe nun gleich mit Handgreiflichkeit oder mit Worten. So ist alles in solcher Eigenschaft und Begierde des giftigen Mercurius.

10.39. Daher entsteht aller Krieg und Streit, nämlich vom Regiment des göttlichen Zorns im verdorbenen und entzündeten Mercurius des ausgesprochenen Wortes. Und dieser hat so im Grimm des Giftes und der Eigenschaft der finsteren Welt sein Freudenspiel im Menschen. Darum ist der Streitende ein Knecht von Gottes Zorn: Er ist die Art, mit dem der zornige Bauer den Dornenbusch auf seinem Acker abhaut. Er ist das führende Werk des grimmigen Zorns Gottes. Und der Zorn Gottes will es nach seiner Feuereigenschaft haben, und nicht seine Liebe: Wer sich nun dazu gebrauchen läßt, der dient dem Zorn Gottes nach der Finster- und Feuerwelt Begierde und Eigenschaft, die sich im schweren Fall Adams in menschlicher Eigenschaft offenbart hat und den Menschen, als das Engelsbild, in eine halbteuflische Larve und Bildung hineinführte, in welcher Eigenschaft und Bildnis seines Willens im ausgesprochenen kreatürlichen Mercurius oder Lebenswort er Gottes Reich nicht besitzen kann. Sondern er muß mit und in Christus in seinem Mercurius und Willen in Gottes Liebe als im heiligen sprechenden Mercurius und Wort des Lebens neu geboren werden, so daß ein neuer, gehorsamer und ganz in Gottes Liebe gelassener Wille aus seinem kreatürlichen Mercurius komme, der nichts wolle noch tue, außer was der Wille des sprechenden göttlichen Mercurius will, und der in seiner Ichheit und Selbheit im eigenen Willen wie tot ist, damit er ein Werkzeug des großen Gottes sei, mit dem er macht und tut, was und wie er will.

10.40. Dann ist Gott in ihm Alles in Allem, sein Wille und sein Tun. Und er ist ein Zweig am ganzheitlichen Baum, welcher vom Baum Gottes seinen Saft, seine Kraft und sein Leben holt und in ihm wächst, lebt und seine Frucht trägt. Dann ist der Mercurius des menschlichen Lebens eine ausgeborene oder ausgesprochene Frucht, die auf dem Paradiesbaum Gottes wächst, hallt und schallt und die Signatur im sprechenden Wort Gottes schlägt, als Gottes Harfen- und Saitenspiel zu seinem Lob. Mit diesem Ziel ist der Mensch geschaffen worden, und eben nicht, daß er das Instrument des Zorns und Todes nach dem Willen des Teufels schlagen soll. Denn der Teufel hatte sich zu diesem Lautenschlagen begeben, und er macht und hilft, das Spiel im Grimm als in der Finsternis zu treiben. Er ist das Werkzeug und der Lautenschläger im Grimm der ewigen Natur, welche so ihr Verbringen mit ihm und in ihm als ihr Werkzeug hat. Und das muß auch der gottlose Mensch tun, wie St. Paulus davon sagt: »Der Heilige ist Gott ein guter Geruch zum Leben, und der Gottlose ein guter Geruch zum Tod. (2.Kor. 2.15)«

10.41. Alles, was da lebt und webt, muß zu Gottes Herrlichkeit eingehen: Eines wirkt in seiner Liebe, das andere in seinem Zorn. So ist alles im unendlichen Wesen zur Offenbarung des unendlichen großen Gottes geboren und geschaffen worden, und aus allen Eigenschaften des Guten und Bösen sind durch den Willen des sprechenden Wortes Kreaturen hervorgegangen. Denn die Eigenschaft der Finsternis und des Feuers ist ebenso mit im Sprechen gewesen wie die Eigenschaft des Lichtes, und darum gibt es gutartige und bösartige Kreaturen.

10.42. Aber die Engel und Menschen sind in das Bild der Liebe Gottes gesprochen worden, und die sollten ihren Willen nicht in das Feuer- und Finstersprechen hineineignen, und ihre Begierde nicht dahinein führen, auch nicht ein Eigenes sein wollen, sondern in der Gelassenheit im sprechenden Willen Gottes als eine Form des sprechenden Willens stehenbleiben, und keine Neigung zu etwas führen, als nur allein in das Sprechen. In solcher Bildung stehen sie dann, nämlich als ein Bild des Aussprechens, als ein gesprochenes Wort, mit dem sich das sprechende Wort in seiner Gleichheit beschaut. Denn darin offenbart es die ewige Wissenschaft des ewigen Gemüts, und stellt den Willen des Geistes in sein Bild und spielt damit, wie sich ein Maler ein Bild nach sich malt und sich damit beschaut, was er ist und wie seine Gestaltung erscheint. Oder wie sich ein Musikant ein köstliches Saitenspiel oder Gesang zurichtet und so mit seinem Leben und Lebenswillen spielt, nämlich mit dem Hall des Mercurius seines eigenen Lebens im Ton des Gesangs oder Saitenspiels, wie es im Mercurius seines Lebens annehmlich ist, denn damit erfreut sich der Mercurius des Lebens (das lebendig-reflektierende Bewußtsein).

10.43. In gleicher Weise hat uns Gott zu seinem Liebespiel in seine Freude und Herrlichkeit geschaffen, darin er sein sprechendes ewiges Wort mit erhebt oder in demselben mit uns spielt, wie mit seinem Instrument.

10.44. Doch weil ihm dieses Saitenspiel in seinem Hall durch die grimmige Macht seines Zorns zerbrach, das heißt, als das Bild des Menschen in eigener Macht in Gut und Böse spielen wollte, in Liebe und Zorn zugleich, als in eigenem Willen, und sich nicht gebrauchen lassen wollte, zu dem es das sprechende Wort geschaffen hat, sondern aus der Gelassenheit in ein Eigenes ging und spielen wollte, wie es selber wollte, bald gut, bald bös, darum war (und wirkte) dieses Instrument gegen die Liebe Gottes, in der kein Hall des Zorns offenbar wird noch werden kann, gleichwie im Licht des Feuers kein Schmerz des Feuers offenbar ist. Denn der Wille des menschlichen Mercurius ging aus dem Willen des göttlich sprechenden Wortes heraus in einen eigenen Willen, und so fiel er in das Zentrum der Gebärerin aller Wesen, als in Angst, Gift und Tod. Dort nahm ihn Gottes Zorn als das Sprechen im Grimm ein, und hier war Not und grimmiger Tod, dazu großer Spott, und wenn nicht Gott wieder geholfen hätte, dann lägen wir noch immer im Tod.

10.45. Mein lieber Leser, so wird es dir klar vorgestellt, worin Christus versucht worden ist, nämlich: Ob die Seele und der ganze Mensch als das Bild des sprechenden Wortes nun, nachdem Gott den Funken seiner Liebe wieder in die menschliche Eigenschaft hineingeführt hatte und sich wieder mit der Liebe in ihn hineinergab, wieder in ihr erstes Reich eintreten und Gottes Saitenspiel in seiner Liebe sein wollte oder nicht. Ob sie nochmals ein Eigenes in eigenem Willen sein wollte und tun, was sie in ihrem eigenen Sprechen im Entzünden des Mercurius ihres Lebens hervorbrächte. Ob sie auf ihrem Instrument die Signatur von Gottes Willen schlagen lassen wollte, oder vom Zorn Gottes, wie zuvor geschehen war. Hier wurde es versucht, und darum sprach der Teufel als der Lautenschläger im Zorn Gottes zu Christus, er sollte niederfallen und ihn anbeten, dann wollte er ihm alle Reiche, Macht und Herrlichkeit geben. Er sollte und könnte tun, was er wollte. Er sollte in eigenem Willen spielen und leben. Er müßte nur ihm (dem Teufel) seinen Willen geben und von der Gelassenheit aus Gottes Erbarmen und Liebewillen herausgehen: Wenn das geschehen wäre, dann wäre das schöne Instrument noch einmal zerbrochen, und dann wäre das menschliche Spiel in Gottes Liebe und Wundertat aus gewesen. Aber Christus sprach: »Hebe dich hinweg von mir, Satan! Denn es steht geschrieben: „Du sollst Gott, deinen Herrn, anbeten und ihm allein dienen!“ Da verließ ihn der Teufel, und die Engel traten zu ihm und dienten ihm. (Matth. 4.10)«

Der magische Prozeß

10.46. Hierin soll der Magier, wie oben ausführlich erklärt, sein Vorhaben wohl bedenken, und nicht mit dem Geiz des Teufels das irdische Reich besitzen wollen, auch nicht vom Tempel fliegen, viel weniger aus dem Stein sein Vorhaben machen wollen. Er soll denken, daß er Gottes Knecht und Gehilfe sei, nicht ein eigener Herr, aus dem ein Narr wird. Will er den armen Gefangenen und in Gottes Zorn Verschlossenen aus seinen Banden der Finsternis helfen, darin er im Fluch der Erde verschlungen liegt, und von Gottes Zorn erlösen, dann muß er bedenken, wie ihn Gott mit seiner Eingehung erlöst hat. Er muß die Versuchung Christi wahrhaft und ganz inniglich betrachten, und nicht mit äußeren Handgriffen nachtappen (im Dunkeln vorwärtstasten) und denken: „Ich habe einen toten Stein vor mir, der weiß und fühlt nichts. Ich muß mit Gewalt ansetzen, damit ich ihn bezwinge und ihm sein Kleinod nehme, das er in sich verborgen hat.“ Wer das tut, ist ein Narr und will selber in eigenem Willen eingehen, und ist ganz ungeschickt zu diesem Werk. So lasse er es besser bleiben, wir wollen ihn gewarnt haben.

10.47. Will er es versuchen, dann bilde er sich den Prozeß Christi ein, wie Gott das im Tod verschlossene Universale in menschlicher Eigenschaft wieder geboren habe. Denn Gott nahm nicht den Menschen, wie er im Tod verschlossen lag, und führte ihn in einen Schmelzofen hinein und zerschmolz ihn im Grimm, wie es der falsche Magier tut, sondern er gab ihm zuvor seine Liebe in seine menschliche Essenz und taufte die Menschheit, und danach führte er ihn in die Wüste und stellte den Teufel gegen ihn, nicht in ihn. Er ließ ihn zuvor vierzig Tage fasten und hungern und gab der Menschheit keine äußere Speise, denn er sollte vom Mercurius seines Lebens essen, damit Gott sehe, ob die Menschheit ihre Begierde in Gott hineinführen wollte. Und als die Menschheit ihre Begierde in die Gottheit hineinführte und das Manna annahm, da ließ er den Teufel über die Menschheit, und der führte alle seine Lust und Begierde in die Menschheit und versuchte ihn. Verstehst du hier nichts, was soll ich dir dann noch mehr sagen? Bist du ein Tier, dann gebe ich dir mein Perlein nicht, denn es gehört den Kindern Gottes.

10.48. Gott muß Mensch werden, und Mensch muß Gott werden, der Himmel muß mit der Erde Eins werden, und die Erde muß zum Himmel werden. Willst du aus der Erde Himmel machen, dann gib der Erde des Himmels Speise, damit die Erde den Willen des Himmels bekomme, und auch der im Tod verschlossene Mercurius in der Erde einen himmlischen Willen bekommt, so daß sich der Wille des grimmigen Mercurius in die Liebe des himmlischen Mercurius ergebe.

10.49. Aber was willst Du tun? Willst du den giftigen Mercurius, der nur einen toten Willen in sich hat, in die Versuchung hineinführen, wie es der falsche Magier tut? Willst du einen Teufel zum anderen schicken, um einen Engel daraus zu machen? Da müßte ich in aller Wahrheit lachen. Einen verdorbenen schwarzen Teufel wirst du behalten! Wie willst du die Erde durch den Teufel zum Himmel machen? Ist doch Gott der Schöpfer aller Wesen! Du mußt von Gottes Brot essen, wenn du deinen Leib aus der irdischen Eigenschaft in eine himmlische verwandeln willst.

10.50. Christus sprach: »Wer nicht das Fleisch des Menschensohns ißt, der hat keinen Anteil an ihm.« Und er sagt ferner: »Wer das Wasser trinken wird, das ich ihm geben werde, dem wird es in einen Quellbrunnen des ewigen Lebens quellen.« Hierin liegt das Perlein der Wiedergeburt. Es geht nicht um ein Sophistizieren, denn das Weizenkörnlein bringt keine Frucht, wenn es nicht in die Erde fällt. So muß alles wieder in seine Mutter eingehen, daraus es geworden ist, wenn es Frucht tragen soll.

10.51. Und die Mutter aller Wesen ist Sulphur (der „Seelenkörper“), Mercurius (als „reflektierendes Bewußtsein“) ist ihr Leben, der Mars (als „Geistfeuer“) ist ihre Fühlung, die Venus ist ihre Liebe, der Jupiter ihre Vernunft, der Mond ihr leibliches Wesen, und der Saturn (als „Verdichtung“) ist ihr Mann. Du mußt den Mann mit der Frau begütigen, denn der Mann ist zornig, und so gib ihm doch seine liebe Braut in die Arme. Aber sieh zu, daß die Braut eine Jungfrau sei, ganz züchtig und rein. Denn des Weibes Samen soll der Schlange (als den Zorn des Mannes) den Kopf zertreten. Deshalb muß die Jungfrau in wahrer Liebe ohne jegliche Falschheit sein, eine Jungfrau, die noch keinen Mann im Zorn noch in seiner Mannheit berührt hat, denn nur so vermählt sich die klare Gottheit in reiner Liebe mit der Menschheit. Und als Maria sagte „Mir geschehe, wie du gesagt hast, denn ich bin des Herrn Magd.“, da nahm die Menschheit die Gottheit ein, und desgleichen die Gottheit die Menschheit.

10.52. Die klare Gottheit bedeutet im philosophischen Werk die züchtige Jungfrau: Die Menschheit ist Sulphur, Mercurius und Sal, sowohl himmlisch als auch irdisch. Die himmlische ist verblichen und wie ein Nichts. Die tote ist im Grimm aufgewacht und lebt den Zorn, und in den Eigenschaften des Zorns wurde die Menschheit in Adam und auch in Christus versucht.

10.53. Nun fragst du: Womit? Mit einem gleichen (bzw. entsprechenden) Gegensatz im Grimm, mit einem solchen Teufel, der alle diese Eigenschaft in sich hatte, als mit einem Fürsten.

10.54. Die Eigenschaft im Sulphur wurde mit der Gleichheit des Sulphurs versucht. Im Sulphur oder aus sulphurischer Eigenschaft kam die Versuchung, und zwar in drei Arten: Die erste in der Verdichtung, die der Philosoph „Saturn“ nennt, und die sollte der menschliche Geist oder Wille in der Venus-Eigenschaft eröffnen und seinen Hunger, als das Feuer, damit stillen oder speisen.

10.55. Die zweite Eigenschaft (der Versuchung) war: Er sollte in seiner eigenen erweckten und eröffneten Venus aus der Saturn-Eigenschaft leben und in eigenem Willen fliegen.

10.56. Und die dritte Eigenschaft war: Er sollte seinen Willen durch die erweckte Liebebegierde in das Zentrum hineinführen, nämlich wieder in die Sulphur-Mutter, die in der Verdichtung in der Angst entsteht. Und das wollte er (Christus) nicht tun. Aber der erste Adam hatte es getan, und darum hat ihn Gott, als er ihm helfen wollte, im Sulphur versucht, als in der ersten Mutter zur Menschheit, und einen grimmigen Teufel, der im Sulphur entzündet war, mit seiner entzündeten Bosheit im Sulphur versuchen lassen. Verstehst du das nicht, was soll ich dir dann noch sagen? Sulphur ist der Leib der Mutter, und dahinein müssen wir gehen, wenn wir neugeboren werden wollen.

10.57. Auch Nikodemus fragte: »Wie kann einer wieder in den Mutterleib gehen und geboren werden, wenn er alt wird? (Joh. 3.4)« Aber Christus sagte: »Es sei denn, daß ihr umkehrt und werdet wie die Kinder, sonst könnt ihr das Himmelreich nicht schauen. (Matth. 18.3)«

10.58. Der eigene Wille muß wieder in die erste Mutter eingehen, die ihn geboren hat, als in den Sulphur. Und mit dem Willen versteht den Mercurius. Nun, wer will ihn aber dazu überreden, daß er es tut? Denn er ist ein Eigenes geworden, und soll nun wieder in seine Mutter eingehen und ein Nichts werden? Das deuchte Nikodemus wunderlich zu sein. Aber der Herr sprach zu ihm: »Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt oder wohin er fährt. So ist auch ein jeglicher, der aus Gott geboren ist. (Joh. 3.8)«

10.59. Siehe, wer überredete den Willen Christi in seiner Menschheit, daß er wieder mit dem Willen in die Kindheit gleichsam wie in den Mutterleib einging und vierzig Tage nichts aß und auch nichts wollte, sondern in der Mutter ganz gelassen stehenblieb? Tat es nicht die Gottheit, die hier in die Menschheit eingegangen war?

10.60. So geht es auch im philosophischen Werk zu, und darum soll uns der Künstler wohl erkennen und richtig verstehen: Er soll das bösartige entronnene Kind, das da von der Mutter entflohen ist und ins Zentrum ging, um ein Eignes zu sein, im Saturn suchen, denn der Grimm Gottes hat es mit seiner Verdichtung in die Kammer des Todes eingeschlossen. Er hat es nicht zum Saturn gemacht, sondern er hält es im saturnischen Tod verschlossen.

10.61. Das soll er nehmen und wieder in den Mutterleib hineinführen, und dort den Engel mit der Botschaft zu Maria senden und ihr ankündigen lassen, sie möge einen Sohn gebären, dessen Namen sie Jesus nennen soll. Und wenn die Mutter darin einwilligt und den Namen Jesus einnimmt, dann wird die neue Menschheit mit dem neuen Kind im alten abtrünnigen Kind, das im Zorn Gottes gefangen ist, in der Mutter anfangen. Und erstlich wird sich der Name Jesus in das gestorbene Kind, welches im Saturn gefangenlag, hineinergeben und den Willen des bösartigen toten Kindes zu sich reizen, denn das ist die schöne Braut, die ihrem abtrünnigen Bräutigam ihren Perlenkranz vorhält: Er soll sie nur wieder annehmen, dann will sie ihm wieder ihre Liebe geben.

10.62. Nimmt sie nun der abtrünnige, im Tod verschlossene Jüngling wieder an, dann ist der Künstler geschickt und von Gott zu seinem Vorhaben gewürdigt. Jetzt wird die Braut den Bräutigam lieben, und eine Jungfrau wird einen Sohn gebären, über den alle Welt verwundert wird. Das Weib (bzw. Weibliche) wird den Mann umgeben, aber er ist ein Mann und kein Weib, und hat das Herz der Jungfrau.

10.63. Nun muß er versucht werden, ob er in jungfräulicher Zucht und in Gott gelassenem Willen leben will, denn er soll ein Ritter werden und des Teufels Räuberburg, die er in seiner Mutter hat, in sieben Reichen zerstören: So laß den Teufel das Haus seiner Mutter mit seinem Grimm anzünden und ihn versuchen, er wird sich nun wohl mit Christus vor dem Teufel schützen.

10.64. Dies wird geschehen: Der Jüngling mitsamt dem jungfräulichen Herzen wird, wenn der Versucher kommt und ihn angreift, sich ganz in die Mutter ergeben, und die Mutter wird ihn durch des Teufels Grimm ganz in sich verschlingen. Er ergibt sich ganz aus seinem Willen in das Nichts. Dann denkt der Künstler: „Jetzt habe ich verloren.“ Denn er hat den Himmel verloren, weil er nichts sieht, und bedenkt dabei nicht, daß eine Jungfrau neu geboren hat. Aber er soll Geduld haben, was dem Künstler unmöglich ist, das ist der Natur möglich: Nach der Nacht wird es Tag. Wenn der Versucher alle seine Versuchungen vollendet hat, dann kommt das Zeichen der Engel, und dann muß der Teufel weichen, der ihn versuchte.

10.65. Das soll der Künstler wohl erkennen, den Teufel abschaffen und den Jüngling mit seinem jungfräulichen Herzen in sein Bett legen und von seiner vorherigen Speise essen lassen, denn er ist nun ein Arzt seiner Geschwister im Haus seiner Mutter. Er wird große Wunder tun in allen sieben Reichen seiner Mutter, und das sind die sieben Gestaltungen des Lebens, wie Christus getan hat.

10.66. Im Saturn wird er die Toten auferwecken, das heißt, in seinem vorherigen Gefängnis wird er das tote Wesen aufwecken, das ihn gefangenhielt, denn er soll die Erde zum Himmel machen. In gleicher Weise, wie ihm die Jungfrau seinen Willen aus dem Zorn in die Liebe aufgeweckt und zum Wundertäter gemacht hat, so soll er mit seinem Willen, der im Herz der Jungfrau vereinigt ist, die Gestaltung im Leib seiner Mutter aufwecken, daraus sie ihn und alle ihre Kinder geboren hat, und mit der Jungfrau und seiner Liebebegierde anzünden. Das geschieht im Sulphur des Saturns, des Jünglings eigener leiblicher Eigenschaft, und in seiner Mutter.

10.67. Denn vor der Vermählung der Jungfrau liegt das himmlische Wesen des Jünglings im Tod verschlossen. Denn als Gott die Erde verfluchte, da verblich der himmlische Paradiesleib, und so nahm ihn die Verdichtung durch den Saturn ein, bis zur Wiederbringung, wenn Gott das Verborgene wieder hervorbringen wird, so daß das Paradies im ausgesprochenen Wort wieder grünt oder der Künstler solches in einem Stückwerk durch Gottes Zulassen eröffnet.

10.68. Im zweiten Reich der Mutter, als im Mond (in Luna), soll er auch Wunder wirken, denn Jesus speiste mit fünf Broten fünftausend Mann, und das ist das Wirken in der Wesenheit oder Leiblichkeit. So machte er auch Wasser zu Wein. Dieses und dergleichen gehört alles in die Mond-Eigenschaft, darin der Ritter mit seiner Jungfrau das Paradies eröffnet und den Leib speist, wo nichts ist und wo der äußerliche Mercurius auch nichts gewirkt hat. So werden sich die Gestaltungen in der Mond-Eigenschaft eröffnen, als wären sie paradiesisch. Und so denkt dann der Künstler: „Ich bin nahe dran!“ Aber er hat es noch weit bis zum Ziel.

10.69. Im dritten Reich der Mutter, als im Jupiter, machte Christus die Unmündigen und Unvernünftigen, die Einfältigen und fast Unwissenden, wissend und vernünftig. Aus armen Fischern und Zimmerleuten machte er Apostel und die allervernünftigsten Menschen. Desgleichen macht er aus armen und unansehnlichen Leuten, aus Weibern und einfältigen Menschen rechtgläubige und gottförmige liebe Kinder, die das Universale (Ganzheitliche) ohne Kunst in sich ergriffen.

10.70. So geht es auch im philosophischen Werk zu: Die im Tod verblichene Wesenheit, darin der Mercurius ganz irdisch, kalt und kraftlos ist, die steigt in der Kraft auf, als wäre das ganze Wesen ein neues Leben, darüber sich der Künstler verwundert, was das doch sei oder wie es zugehe? Und sich zugleich auch hoch erfreut, daß er die göttliche Kraft in einem halbtoten Wesen vor sich grünen sieht, und solches im Fluch Gottes. Denn er sieht alle vier Elemente, jedes besonders, und sieht, wie sich die Weisheit Gottes darin wie im Freudenspiel spiegelt. Und er sieht im ausgesprochenen Mercurius alle Farben und den Regenbogen, darauf Christus zu Gericht sitzt.

10.71. Die Art dieses Scheins entsteht aus der Verdichtung durch den Saturn, und der gütige Jupiter läßt sich so auf eine Art sehen, gleichwie Gott die Welt verändern und wieder in das Paradies verwandeln wird. Denn das ist die Vernunft im ausgesprochenen Wort, wie auch Christus die einfältigen unverständigen Menschen in göttlicher, wahrhafter und himmlischer Jupiter-Vernunft verständig gemacht hat.

10.72. Im vierten Reich der Mutter aller Wesen, welches das Merkur-Reich am Rad der Natur des Lebens ist, hat Christus die Tauben hörend, die Stummen redend und die Aussätzigen vom Gift des Mercurius rein gemacht. Aller Gichtbruch, wie Franzosen und giftige Rauden, entstehen aus dem Saturn-Wasser im Mercurius, welches das Phlegma (der „Schleim“) heißt, und welches alles Christus in Gestalt des Jünglings und der Jungfrau heilte, denn die ewige Jungfrauenschaft hatte sich mit dem Jüngling, als mit der Menschheit, vermählt.

10.73. Dies geschieht auch im philosophischen Werk, und der Künstler wird sehen, wie sich der Himmel von der Erde scheidet, und wie sich der Himmel wieder in die Erde senkt und die Erde in eine Himmelsfarbe verwandelt, auch wie der Mercurius die Materie reinigt, wie die gereinigten Farben im Antimon in seiner Eigenschaft erscheinen werden, und wie das Wunder weitergeht.

10.74. Im fünften Reich der Mutter aller Wesen, als im Mars oder in der Eigenschaft des Grimms, trieb Christus die Teufel von den Besessenen aus und machte die Taubsüchtigen in dieser Gestalt und Eigenschaft gesund. Dies wird der Künstler auch im philosophischen Werk sehen, wie der Jupiter im Mercurius einen schwarzen schielichten (bzw. zwielichtigen) Feuerdunst (bzw. Rauch) aus der Materie über sich treiben wird, welcher sich wie ein Ruß anlegt, denn er ist ein Hunger des Giftes im Mercurius, und gleicht wohl zu Recht dem Teufel, denn er ist von seiner Eigenschaft.

10.75. Im sechsten Reich der Mutter aller Wesen, das am Rad des Lebens „Venus“ genannt wird, liebte Christus seine Brüder und Schwestern nach der Menschheit, wusch seinen Jüngern die Füße und liebte sie bis in die höchste Niedrigkeit, und gab sein Leben für sie in die Eigenschaft des Grimms und den Tod, und offenbarte sich unter ihnen, daß er Christus wäre. Und als sie dessen gewahr wurden, daß der König gekommen wäre, der dem eigenen Willen seine Macht nehmen und des Teufels Reich zerbrechen sollte, da schrieen sie und sagten: „Wir haben keinen anderen König als den Kaiser!“ Sie nahmen ihn in finsterer Nacht in ihre Gewalt, banden ihn und führten ihn vor ihren Rat, verspotteten ihn, geißelten ihn und schlugen ihn, zogen ihm seine Kleider aus und henkten ihn ans Kreuz. (Matth. 27.27)

10.76. Dies wird der Künstler im philosophischen Werk herrlich sehen, denn sobald der finstere Feuerdunst von der Materie ausfährt, als der Materie Teufel, so erscheint Frau Venus in ihrer Jungfrauenschaft ganz herrlich und schön. Denn das deutet auch Christi Liebe an, der sich so gedemütigt und seine Liebe in unserer Menschheit offenbart hatte. Dann denkt der Künstler, er habe das philosophische Kind, er habe den Braten, aber er tanzt mit den Juden, welche dachten, als sie Christus gefangen hatten: „Nun haben wir ihn, und wir wollen ihn wohl halten!“ So denkt auch er, es sei vollbracht, und nimmt das Kind, doch wenn er es in der Prüfung beschaut, dann hat er die Venus, ein Weib und nicht die Jungfrau mit der Feuer- und Lichttinktur, und hat sich vom Weib betrügen lassen.

10.77. Nun siehe recht: Was tun die Eigenschaften von Saturn, Mars und Merkur? Wenn sie das Kind als den Ritter in königlicher Farbe sehen und befinden, daß er kein äußerliches Reich mit Kraft und Gewalt führt, wie sie es tun, sondern nur so mit der Liebe in ihrer giftigen Feuersmacht herrschen will, dann wollen sie ihn nicht leiden: Denn Saturn bedeutet (hier) die weltliche Herrschaft, und Merkur die geistige Herrschaft als die Pharisäer, und Mars bedeutet den Teufel. Diese drei wollten Christus unter sich nicht leiden, denn er sagte, er wäre ein König der Liebe und Sohn Gottes, und er wäre gekommen, um sein Volk aus der Sünde zu erretten.

10.78. So dachte der Teufel: „Das klingt übel, und du wirst dein Reich verlieren!“ Und die weltliche Obrigkeit dachte: „Ist dieser ein König und Sohn Gottes, dann wird er unsere Macht aufheben, und das schmeckt uns nicht.“ Und die Merkur-Priester dachten: „Dieser ist uns viel zu wenig, wir wollen einen Messias haben, der uns in weltliche Herrlichkeit hineinführt, der uns in der Welt hoch und reich macht, so daß wir allein die Ehre der Welt besitzen. Wir wollen diesen nicht annehmen, denn er ist viel zu arm. Wir könnten die Gunst der weltlichen Obrigkeit verlieren und müßten seiner entgelten (bzw. ihm dienen und opfern). Wir wollen viel lieber in unseren Ehren und Gewalten bleiben und den Bettelkönig mit seinem Liebereich abschaffen.“ Wie sie auch heutzutage noch gesinnt sind und seine Boten so behandeln, die er sendet.

10.79. So geht es auch im philosophischen Werk zu: Wenn sich die Venus in den drei grimmigen Gestaltungen, als im Saturn, Mars und Merkur, mit der Liebe in ihrer eigenen Gestalt offenbart, dann können sie das nicht leiden, denn es ist ganz gegen ihre strenge und finstere Feuersmacht und auch gegen das Gift des Mercurius. So blitzen sie die Venus an und schießen ihre Strahlen auf sie, nämlich die Mercurius-Giftstrahlen, wie die Pharisäer auf Christus.

10.80. Indessen halten Jupiter und Mond zur Venus und geben ihre Kraft der Venus, denn in Jupiters Kraft steht nun die Venus da, und das verlachen die Pharisäer und denken: „Wir sind bereits weise, was soll uns die Vernunft? Wir wollen Macht und Ehre haben!“ Und der Mond bedeutet die Menge der Laien, die an Christus hingen, solange es ihm wohl ging. So hält auch der Mond im philosophischen Werk zur Venus in ihrem Glanz, solange sie von Saturn, Merkur und Mars nicht angegriffen wird. Wenn aber die Gewalt des Grimms kommt, dann wandelt der Mond seinen Willen, als die Farbe, und sieht zu, steht und schreit mit ihnen nach der Kreuzigung (das Crucifige). Das wird der Künstler sehen, wenn er von Gott zum Werk erkoren und es wert ist.


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