Theosophische Send-Briefe

(Deutsche Überarbeitung 2022)

Des von Gott in Gnade erleuchteten Mannes Gottes, Jacob Böhme, die allerhand gottselige Ermahnungen zu wahrer Buße und Besserung enthalten, wie auch einfältigen Bericht von hochwürdiger Erkenntnis göttlicher und natürlicher Weisheit, nebst Prüfung jetziger Zeit.

Geschrieben von Anno 1618 bis 1624.

Vorrede von Abraham von Franckenberg

Gott und Wahrheit liebender Leser! Wenn du gesonnen bis, die wahre Einfalt des seligen Glaubens und die klare Unschuld des heiligen Lebens Gottes in JESUS CHRISTUS nebst dem Geheimnis göttlicher und natürlicher Weisheit aus dem Licht der Gnade und Natur auf gar kindliche und gründliche Art zu zeitlicher und ewiger Wohlfahrt und Seligkeit fruchtbar zu erkennen, dann wirst du dazu in diesen, zwar bis heute der Welt noch unbekannten, jedoch sehr christlich und gottseligen Send-Schreiben unterschiedlichen Blick und Geschmack zu satter Genüge finden.

Welche wir unter anderen Ursachen auch deswegen (nicht ohne besondere Mühe und Unkosten) ans offene Tageslicht geben, damit die begierigen Nachforscher der göttlichen und natürlichen Wunder und Geheimmisse einen recht exemplarischen und nicht aus menschlichen Kunst-Büchern genommenen, sondern aus göttlicher Offenbarung und lebendiger Erfahrung empfangenen und hervorgebrachten Bericht haben, ein jeglicher nach seinem Maß, und sich in christlich-brüderlicher Einheit und Gemeinschaft ehrbar und erbaulich daran aufrichten und erquicken können. Wie solches der rechtmäßige Verstand und Gebrauch dieser Schriften vor allem mit bußwürdig wirkenden Früchten in aller Gottseligkeit schon selber und weithin eröffnen wird.

Bezüglich des Autors JACOB BÖHME, genannt Teutonicus, aus Alt-Seidenberg, wird in seinen anderen hierbei verzeichneten Wunderschriften von seiner Person und Gabe viel Weiteres gemeldet und aufgezeigt werden, wo es der begierige Sucher finden kann, und sich indessen mit diesen sehr christlichen Send-Schreiben gleichsam vorzubereiten, um das große Werk künftig desto achtsamer zu durchschauen. Welches wir auch (mit Gottes Hilfe) der jetzigen mehr spöttlich-verkehrten als göttlich-gelehrten Welt zu höherer Erkenntnis göttlicher und natürlicher Weisheit ohne Fleiß und Unkosten zu sparen besonders der hochdeutschen Nation zu Ehren und Wohlgefallen [unter dem Titel THEOSOPHIA TEUTONICA oder OFFENBARUNG göttlicher und natürlicher WEISHEIT] durch öffentlichen Druck (von Büchern) aufzulegen im Werk begonnen haben. - Abraham von Franckenberg

(In dieser Karte haben wir versucht, die damaligen Länder und wichtigsten Städte zu skizzieren, die in den Briefen erwähnt werden.)

1. Sendbrief an Karl von Ender, 18.1.1618

(Karl von Ender (Karl Ender von Sercha, 157?-1624) auf Schloß Leopoldshain, eine Wegstunde östlich von Görlitz, spielt im Leben Jakob Böhmes eine wichtige Rolle. Er gehört zur Schar jener Adeligen Schlesiens, die sich für das Werk des Görlitzers interessieren, und zwar von Anfang an. Er war nicht allein ein Mann von Bildung, sondern er brachte bereits eine entsprechende Aufgeschlossenheit mit, als er den Autor der Morgenröte und dessen Erstlingsschrift kennen- und schätzenlernte. Der Landedelmann zählte nämlich zu jenen Familien, die der Lehre ihres Landsmannes Kaspar Schwenckfeld (1489-1561) anhingen und bei denen, die die seit 1609 im Druck erschienenen Weigelschen bzw. Pseudo-Weigelschen Schriften lasen. Karl von Ender war es, der sich für die handschriftliche Verbreitung der Morgenröte (Aurora) einsetzte. - Quelle: Gerhard Wehr, Sendbriefe, 1979

Michael Ender von Sercha (1590 - 1637) wurde Carls Besitznachfolger in Leopoldshain. Er hielt sich viel in Hirschberg und Liegnitz auf und war ein ebenso treuer Anhänger Jacob Böhmes wie sein Bruder Karl. Michael schrieb Böhmes „De Signatura Rerum“ eigenhändig ab und verbreitete dessen Gedanken in Niederschlesien. Jacob Boehme weilte des öfteren bei den Brüdern Karl und Michael auf Gut Leopoldshain. - Quelle: Frank Ferstl, Jacob Boehme - der erste deutsche Philosoph, 2001)

1.1. Edler, gestrenger und wohlehrenfester Herr, nebst dem Wunsch vom heiligen und in allen Dingen gegenwärtigen Gott, der da die Fülle aller Dinge und die Kraft aller Wesen ist, für ein glückseliges, friedliches und freudenreiches Neues Jahr und dazu aller heilsamen Wohlfahrt vorangestellt.

1.2. Obwohl ich als ein einfältiger Mann mir in der Zeit meiner Tage niemals vorgenommen habe, mit meiner Gabe, die mir von Gott aus seiner Liebe und Gnade gegeben wurde, mit so hohen Leuten zu korrespondieren oder damit bei ihnen bekannt zu werden, sondern, nachdem in mir das hohe Licht angezündet wurde und der feurige Trieb mich überfiel, war es allein mein Wille zu schreiben, was ich eigentlich sah und im Geist erkannte, aber meine Schriften bei mir zu behalten.

1.3. Ich sah wohl, was künftig werden sollte, aber daß ich mich achten sollte, als würden meine Schriften bekannt werden, ist mir niemals ins Gemüt gekommen, weil ich mich auch viel zu einfältig erachtete und nur vermeinte, das schöne Perlenkränzlein für mich aufzuschreiben und in mein Herz zu drücken.

1.4. Weil ich es aber als ein sehr einfältiger Mensch nicht verstanden habe und nun mit Augen sehe, daß es Gott ganz anders damit meint, als ich es je gedacht hatte, so lernte ich mich erst (erkennen und) bedenken, daß vor Gott kein Ansehen der Person gilt, sondern wer ihm anhängt, der ist ihm lieb, und Er treibt sein Wesen in ihm. Denn er allein ist hoch und will sich im Schwachen offenbaren, damit es erkannt werde, wie das Reich und die Kraft allein sein ist und es nicht an Forschung oder Verstand liege, oder an den Himmeln und ihrer Kraft. Denn diese begreifen Ihn doch nicht, sondern daß es Ihm wohlgefalle, sich zu offenbaren in dem Niedrigen, damit Er in allen Dingen erkannt werde.

1.5. Denn auch die Kräfte der Himmel arbeiten stets in Bildnissen, Gewächsen und Farben, um den heiligen Gott zu offenbaren, damit er in allen Dingen erkannt werde. Und noch viel höher und heller kann die Offenbarung Gottes in einem Menschen geschehen, weil dieser nicht allein ein Wesen aus der geschaffenen Welt ist, sondern seine Kraft, Materie und eigenes Wesen, das er selber ist, mit allen drei Prinzipien des göttlichen Wesens besteht und inqualiert (bzw. wechselwirkt).

1.6. Und so ist dem Menschen durch seinen (Sünden-) Fall an der göttlichen Kreatur nichts genommen als allein das göttliche Licht, darin er in vollkommener Liebe, Demut, Sanftmut und Heiligkeit in Gott leben, wollen und sein sollte und damit das Himmelsbrot vom Wort und der göttlichen Kraft essen und in Vollkommenheit gleich den Engeln leben sollte.

1.7. Dieses Licht, welches im anderen (zweiten) Prinzip in Gott ewiglich scheint und die ewige Ursache der Freude, Liebe, Demut, Sanftmut und Barmherzigkeit ist, ist dem Menschen in seinem Fall entwichen und verborgen, indem der erste Mensch, als er in seiner Mutter der großen Welt gebildet wurde, seine Imagination, Lust und Sehnsucht in die Mutter der Natur gesetzt hat und die Speisen (bzw. Früchte) des ersten Prinzips begehrte, darin der Ursprung (Urkund) und die Geburt der Natur steht, darin der Zornquell steht und die allerängstlichste Geburt, daraus alle begreiflichen Dinge dieser Welt geworden sind. Und so ist es ihm auch geworden, weil er auf derselben Wurzel stand.

1.8. So ist er nach dem Leib sowie auch nach dem Geist ein Kind dieser erschaffenen Welt geworden, die ihn nun regiert, treibt und führt, auch speist und tränkt, und er hat in sich die Zerbrechlichkeit und Schmerzlichkeit empfangen, und hat einen tierischen Leib bekommen, der in seiner Mutter wieder verwesen muß. Denn diese monströse Gestalt sollte er nicht haben. Das Gestirn der großen Welt sollte nicht über ihn herrschen, sondern er hat sein Gestirn in sich selbst, das mit dem heiligen Himmel des anderen (zweiten) Prinzips des göttlichen Wesens inqualiert, das heißt, mit dem Aufgang und der Geburt göttlicher (ganzheitlicher) Natur.

1.9. Nun ist aber der Mensch nicht so zerbrochen, daß er nicht mehr dieser erste Mensch ist, den Gott erschuf. Nur die monströse Gestalt hat er bekommen, die zerbrechlich ist und ihren Anfang nur vom äußerlichsten dritten Prinzip hat. Und diese hat die Pforte des ersten Prinzips, welches der ernstliche Qual-Quell ist, in ihm erweckt (eröffnet und entzündet), welche sonst nur in der großen geschaffenen Welt brennt und in den Verdammten ganz entzündet wird.

1.10. Aber der rechte (wahre) Mensch, den Gott erschuf, der allein der rechte Mensch ist, der ist noch in diesem verdorbenen Menschen verborgen. Und wenn er sich in seiner tierischen Gestalt selbst verleugnet und nicht nach deren Trieb und Willen lebt, sondern sich mit Sinnen und Gedanken Gott ergibt, dann lebt dieser Mensch in Gott, und Gott wirkt in ihm das Wollen und Tun, denn dann ist alles in Gott. So ist der wahrhaft heilige Mensch, der im monströsen verborgen ist, im Himmel wie Gott, und der Himmel ist in ihm, und das Herz oder Licht Gottes wird in ihm geboren. Damit ist Gott in ihm, und er ist in Gott. Gott ist ihm also näher als der tierische Leib, denn der tierische Leib ist nicht sein Vaterland, wo er daheim ist, sondern damit ist er außerhalb des Paradieses.

1.11. Aber der rechte (wahre) Mensch, der in Christus neugeboren ist, ist nicht in dieser Welt, sondern im Paradies Gottes. Und wenn er auch im Leib ist, so ist er doch in Gott. Obwohl der tierische Leib stirbt, so geschieht doch dem neuen Menschen nichts, sondern er kommt erst recht aus dem Widerwillen und Qual-Haus in sein Vaterland. Dazu bedarf es keines weiten Abscheidens, wohin er zu fahren vermeint und was ihm besser wäre, sondern Gott wird in ihm offenbar.

1.12. Die Seele des Menschen ist aus Gottes erstem Prinzip, aber in dem ist sie kein heiliges (ganzheitliches) Wesen. Doch im zweiten Prinzip wird sie in Gott offenbar und ist eine göttliche Kreatur, denn hier wird das göttliche Licht geboren. Darum, wenn das Licht in ihr nicht geboren wird, dann ist Gott nicht in ihr, sondern sie lebt im ursprünglichen ernsthaften Qual-Quell (der Gegensätze), wo ein ewiger Widerwille in sich selber ist. Wenn aber das Licht geboren wird, dann ist in der Kreatur Freude, Liebe und Wonne, und das ist der neue Mensch, der die Seele in Gott ist. Wie könnte da keine Erkenntnis sein, wenn Gott in der Kreatur ist?

1.13. Nun liegt es aber nicht am Wollen, Rennen und Laufen der Kreatur, um die Tiefe der Gottheit zu erkennen, denn das göttliche Zentrum, wo das göttliche Wesen geboren wird, ist der Seele unbewußt. Sondern es liegt am Willen Gottes, wie sich dieser offenbaren will. Wenn sich aber Gott in der Seele offenbart, was hat die Seele dazu getan? Nichts! Sie hat nur die Sehnsucht zur (göttlichen) Geburt und sieht auf Gott, in dem sie lebt und mit dem das göttliche Licht in ihr scheinend wird, wenn das erste ernste Prinzip, darin der Ursprung der Beweglichkeit (bzw. Lebendigkeit) ist, in triumphierende Freude verwandelt wird.

1.14. Darum ist es ein Unrechtes, daß die Welt so wütet, tobt, schändet und schmäht, wenn sich die Gaben Gottes in den Menschen ungleich zeigen und nicht alle einerlei Erkenntnis haben. Was kann sich ein Mensch nehmen, wenn es in ihm nicht geboren wird, da es doch nicht in menschlicher Wahl steht, wie er es begehrt. Sondern wie sein Himmel in ihm ist, so wird auch Gott in ihm offenbar. Denn Gott ist kein Gott der Zerstörung in der Geburt (bzgl. einer Vorherbestimmung), sondern ein Erleuchter und Anzünder, und damit hat eine jede Kreatur ihr Zentrum in sich, so daß sie in Gottes Heiligkeit oder in Gottes Zorn leben kann. Denn Gott will in allen Kreaturen offenbar sein.

1.15. Wenn doch die Welt nicht so blind wäre, dann würde sie Gottes wunderbares Wesen an allen Kreaturen erkennen. Wenn sie aber nun so wütet und tobt, dann tut sie das alles gegen sich selbst und gegen den Heiligen Geist Gottes, vor welchem Licht sie dann erschrecken werden. Denn sie werden den Sohn nicht aufhalten, den die sehnliche Mutter in ihrem Alter gebären wird. Das zeigt der Himmel an: Gott wird ihn erleuchten, auch gegen alles Wüten und Toben des Teufels, und wird Seinen Glanz vom Aufgang bis zum Niedergang erstrecken.

1.16. Nicht schreibe ich von mir, denn ich zeige nur an, daß es vorhanden sei (bzw. bevorsteht) und kommen wird.

1.17. Ich will damit dem Herrn gern willfahren (seinem Willen folgen) und das Verheißene übersenden, darin alles, was hier gerügt (kritisiert und erwähnt) wird, erklärt werden kann, sowie auch das, was der gute und wohlbekannte Herr Balthasar Walther (ein mit Böhme befreundeter Arzt) über des Menschen und seiner Seele Ursprung, Wesen, Leben und Trieb sowie letztendlichen Ausgang begehrt hat. Nur ist es noch nicht ganz fertigt. Doch die Gaben, die mir einmal von Gott gegeben worden sind, sind nicht ganz abgestorben, auch wenn sie eine Zeit vom Teufel und der Welt verdeckt worden sind. So zeigen sie sich doch jetzt manchmal viel höher und wunderbarer. Und so soll dem Herrn, will‘s Gott, in kurzem etwas davon in die Hände kommen, denn es ist ein hoher Anfang dazu gemacht worden, besonders von den drei Prinzipien des göttlichen Wesens und dann so fort von allen Dingen, die in meinem Buch (Aurora) verheißen wurden. Leider werde ich mit fast zu vielen weltlichen Geschäften beladen, sonst könnte schon ein Großteil verfertigt sein. Ich will mich aber durch göttliche und sehnliche Übung befleißen. Was Gott will, das soll geschehen. Ich empfehle den Herrn hiermit in den Schutz des Höchsten! In Eile geschrieben. J. B.

2. Sendbrief an Karl von Ender, 22.10.1619

(Böhme hat schwere und entsagungsreiche Jahre hinter sich. Denn das Bekanntwerden der Aurora hat seinem Autor Verleumdungen, öffentliche Maßregelung und die entschädigungslose Wegnahme des Manuskripts eingebracht. Der „Treiber“ ist der fanatisch-orthodoxe Oberpfarrer von Görlitz, Gregor Richter, der ihm hart zusetzte. Um so mehr weiß Böhme die Treue des Edelmanns Karl Ender von Sercha zu schätzen… - Quelle: Gerhard Wehr, Sendbriefe, 1979)

2.1. Edler, gestrenger und wohlehrenfester Herr, demselben meine demütigen, beflissenen und willigen Dienste gehören, nebst dem Wunsch von Gott, seiner Liebe und Gnade einer neuen Kreatur im neuen Menschen, im Leib Jesu Christi, und auch aller zeitlichen Wohlfahrt des irdischen Leibes vorangestellt.

2.2. Ich habe Euer adeliges Herz und Gemüt in Betracht genommen, welches nicht allein für Gott, sondern auch für seine Kinder in der Liebe entzündet und entbrannt ist, welches mich in Christus hoch erfreut hat. Und mir ist insonderheit der rechte Ernst und Eifer zu betrachten, welchen ich erkenne, wie ihn der gestrenge Herr auf meine wenigen Schriften des ersten Teils (der Aurora) gewendet hat, ohne auf des Treibers Morden zu achten, sondern danach trachtete, selbst zu lesen und sogar mit eigener Hand abzuschreiben.

2.3. Daran mir wohl erkenntlich ist, daß Euch Gott ein Pförtlein eröffnet hat, welches dem Treiber fest verschlossen stand. Weil er es in der Kunst und im Stolz (der Hoffart) suchte, wurde es ihm vorbehalten, denn er ärgerte sich an der Hand der Feder und sah nicht auf das, was geschrieben steht: »Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. (2.Kor. 12.9)« Und auch wie Christus seinem Vater dankt, daß »er es den Klugen und Weisen verborgen und den Unmündigen offenbart hat«, und ferner sagte: »Ja, Vater, denn so hat es dir wohlgefallen. (Matth. 11.25-26)«

2.4. So ist mir wohl bedenklich und in meinem Geist erkenntlich, daß solches von Euch aus keiner stolzen Gelehrtheit geschehen ist, sondern wie es den Kindern Gottes geziemt, welche die edle Perle suchen und nach ihr begierig sind, welche, wenn sie gefunden wird, das alleredelste Kleinod ist, das der Mensch mehr liebt als sein irdisches Leben, denn sie ist größer als die Welt und schöner als die Sonne. Sie erfreut den Menschen in Trübsal und gebiert ihn aus der Finsternis zum Licht. Sie gibt ihm einen gewissen Geist der Hoffnung in Gott und führt ihn auf rechter Straße. Sie geht mit ihm in den Tod und gebiert ihn zum Leben aus dem Tod. Sie erstickt die Angst der Hölle und ist überall sein Licht. Sie ist Gottes Freundin in seiner Liebe und gibt ihm Vernunft, um den irdischen Leib zu regieren. Sie leitet ihn vom falschen Weg, und wer sie bekommt und bewahrt, den krönt sie mit ihrem Kränzlein.

2.5. Darum, oh edler Herr, habe ich keine andere Ursache, Euch zu schreiben, als nur aus Begierde der wahren Liebe zu den Kindern Gottes, so daß ich mich einst mit ihnen erfreuen könne. Es geht mir weder um zeitliches Gut noch Gaben, daß sich der gestrenge Herr mir als einem Fremden gegenüber gar freundlich in Liebe-Dienste erbiete, sondern um die Hoffnung Israels und daß ich mich in jenem Leben mit den Kindern Gottes hoch erfreuen werde und mir dann meine Arbeit, die ich hier in Liebe für sie mache, wohl belohnt werden wird, so daß ich mich also mit meinen Brüdern erfreue und einem jeden seine Werke nachfolgen.

2.6. Darum ist es mir ernst, nachdem mir auch ein Funke von der edlen Perle gegeben wurde und Christus uns treulich gewarnt hat, sie nicht unter die Bank zu stecken oder in die Erde zu vergraben. Und darum sollen wir uns auch nicht zu sehr vor den Menschen fürchten, die den Leib töten und nicht mehr tun können, sondern vor dem, der Leib und Seele verderben und in die Hölle werfen kann. (Matth. 10.28)

2.7. Auch wenn ich in meiner Zeit keinen großen Dank von etlichen erlangen werde, denen ihr Bauch lieber ist als das Himmelreich, so haben doch meine Schriften ihre Gaben und stehen zu seiner Zeit, denn sie haben eine sehr teure ernstliche Geburt und Herkunft. Und wenn ich mich in meiner geringen, niedrigen, ungelehrten und einfältigen Person darin besinne, dann verwundere ich mich wohl noch höher als eben mein Gegensatz (bzw. Gegenspieler).

2.8. Weil ich aber in Kraft und Licht erkenne, daß es eine lautbare Gabe von Gott ist, der mir auch noch einen treibenden Willen dazu gibt, daß ich schreiben muß, was ich sehe und erkenne, so soll ich Gott mehr gehorsam sein als den Menschen, damit mein Bistum nicht wieder von mir genommen und einem anderen gegeben werde, welches mich wohl ewig reuen würde.

2.9. Weil nun der gestrenge Herr eine Lust gewonnen, dasselbe zu lesen, und wie ich auch gewiß hoffe, aus Gottes Schickung, so will ich es Euch nicht verbergen, zumal Gott der höchste Herr Euch bereits zum ersten Werk (der Aurora) berufen hat, um dieses durch seinen wunderlichen Rat zu publizieren. Obwohl ich dachte, der Treiber hätte es verschlungen, so grünte es als ein grünes Zweiglein, mir ganz unbewußt. Und weil ich doch nichts von mir selber weiß, was Gott letztendlich tun wird, und mir sein Rat verborgen ist, wie auch sein Weg, den er gehen will, und ich auch von mir nichts sagen kann, so möchte es mir doch der Treiber für einen unzeitigen Hochmut zumessen, daß ich so mit meiner wenigen Gabe, die ich doch aus Gnade hätte, stolzieren und so meines Herzen Gedanken mir zum Ruhm sehen lassen wollte.

2.10. So sage ich doch vor Gott und bezeuge es vor seinem Gericht, vor dem alles erscheinen wird und ein jeder von seinem Tun Rechenschaft geben soll, daß ich selber nicht weiß, wie mir damit geschieht, außer daß ich den treibenden Willen habe, und auch nicht weiß, was ich schreiben soll. Denn wenn ich schreibe, dann diktiert es mir der Geist in großer wunderlicher Erkenntnis, so daß ich oft nicht weiß, ob ich nach meinem Geist in dieser Welt bin, und mich dessen hoch erfreue, wenn mir damit die stetige und gewisse Erkenntnis gegeben wird. Und je mehr ich suche, desto mehr finde ich, und immer tiefer, so daß ich oft meine sündige Person zu gering und unwürdig erachte, solches Geheimnis anzutasten, wenn mir dann der Geist mein Banner aufschlägt und sagt: „Siehe, du sollst ewig darin leben und damit gekrönt werden! Warum entsetzt du dich?“

2.11. Darum, oh edler Herr, erkläre ich Euch mit wenigen Worten den Grund und die Ursache des Willens und Suchens meiner Schriften. Beliebt Euch nun, etwas darin zu lesen, das stelle ich zu euerem Wohlgefallen. Ich übersende Euch hiermit, was in früherer Zeit, als ich bei Euch war, gemacht worden ist, nämlich vom Anfang des 22. Kapitels bis zum Ende (des Buches „Von den drei Prinzipien“), darin nun wahrhaftig der edle Perlenbaum offensteht. Und mein Gemüt zeigt mir, daß es Euch wohlgefallen wird und Ihr auch ein Perlein darin erlangen werdet, sofern der gestrenge Herr sein Gemüt in Gott setzen wird. Das andere, als etliche dreißig Bögen, hat unser guter bewußter Freund, und der wird es zustellen. Es sind gar hohe tiefgründige Dinge darin und wären wohl wert, daß sie nicht umkämen. Es soll Euch auch zukommen, wenn es Euch gefällig wäre, etwas zu lesen.

2.12. Und obwohl ich auch pflege, etwas Stille damit zu halten, so ist es doch offenbar und kommt mir zu Ohren, wie es von stolzen Leuten begehrt wird, bei denen der Feind als ein Verwüster mit zum Ende eilen möchte. Denn ich weiß, was ich für einen Feind als Teufel gegen mich zu einem Gegensatz habe. Darum bitte ich, weislich damit zu verfahren. Ich will es schon, wenn ich es bedarf, abfordern, und es wird auch noch, will‘s Gott, etwas mehr und höheres gemacht werden, nämlich über Moses und die Propheten und dann schließlich über den ganzen Baum des Lebens im Wesen aller Wesen, wie alles anfängt und endet und zu welchem Wesen ein jedes in dieser Welt erscheint und an den Tag kommt.

2.13. Damit ich dann hoffe, daß die schöne von Gott verheißene Lilie im Perlenbaum grünen kann, in seinem eigenen Geist in den Kindern Gottes der Liebe in Christus. Denn wir finden noch immer ein edles Perlein grünend, mir jetzt im Leib nicht erkenntlich, aber im Gemüt grünend. Ich empfehle Euch der holdseligen Liebe Gottes. J. B.

3. Sendbrief, 24.10.1619

3.1. Meinen Gruß durch Gott mit dem Wunsch des Lichtes des göttlichen Freudenreichs in unserem Emanuel (Christus) vorangestellt!

3.2. Euer an mich gerichtetes Schreiben samt meinen Schriften habe ich vom Boten richtig empfangen und alsobald versiegelt Herrn Karl von Ender mit Herrn Fabian geschickt, welcher eben bei mir war. Ich wollte ihm dies schicken, weil es schon versiegelt und mit meinem Schreiben, welches innen liegt, versehen war. Nun verstehe ich in meinem Gemüt, weil es sich eben so zuträgt, daß Ihr danach geschickt habt, daß es also eine Schickung Gottes sein kann. So übersende ich es Euch hiermit zur Erwägung. Es ist gar ein edles Kleinod darin, welches Gott seit eurem Abschied gegeben hat, und berichte Euch dies, daß eine gar liebliche Pforte aufgegangen ist, in die wir eingehen wollen, so Gott will, wie es nun hoch erscheint, so daß ich doch nichts davon sagen kann, denn es gehört nicht meinem äußerlichen Menschen. Aber wie sich alle Gewächse der Erde erfreuen, wenn die Sonne aufgeht und sie mit ihrer Kraft anblickt, so erfreut sich auch meine Seele in den schönen Wunderblumen, indem der Herr so süß und freundlich ist, und ich hoffe mich dessen wohl zu ergötzen, welches Ihr im letzten Teil dieses Buches wohl bemerken werdet, wenn Euch Gott die Pforten in seinem Geist eröffnet.

3.3. Ich kann Euch jetzt nicht (ausführlicher) schreiben, denn es ist wunderlich. Ich hoffe, Gott will Euch euer Herz auftun, daß Ihr auch etwas davon schmecken könnt. Ihr begehrt zu wissen, ob ich etwas mit dem bewußten Herrn besprochen hätte. So gebe ich Euch zu wissen, daß ich nicht zu ihm kommen konnte, denn ich habe in einem anderen Land, wo ich zwar mit meinem äußeren Menschen nicht daheim bin, viel zu tun gehabt, und bin auch diesmal mit einer Reise nach Prag für sieben Tage verhindert. Dann soll geschehen, was Gott will, wiewohl mir bis jetzt eine tiefe Pforte offensteht, und ich werde deswegen tun, was Gott will.

3.4. Ich übersende Euch die Vollendung dieses Buches versiegelt („Die drei Prinzipien“) und (bitte,) wenn Ihr Gelegenheit habt, es entweder Herrn N.* oder mir mit der Schrift zu schicken. Denn es war schon auf der Bahn zu Herrn N., weil aber der Bote kam, hielt ich es für gut, es so zugepackt (zu Euch) zu schicken, und gebe Euch hoch und wohl zu bemerken, daß ein sehr hochlöbliches Werk im Geist erkannt worden ist. Ich hoffe, Gott wird es uns gönnen, dann mögt Ihr weiter danach forschen. In kurzem soll es Euch geschickt werden. Damit empfehle ich Euch dem göttlichen Freudenreich des ewigen Quellbrunnes. J. B.

(*Herr „Nichtgenannt“: Die meisten Namen wurden zum Druck entfernt und erst in späteren Ausgaben, soweit es noch möglich war, wieder eingefügt.)

4. Sendbrief an Christian Bernhard, 14.11.1619

(Auch Christian Bernhard, der Zolleinnehmer von Sagan, gehört zu den engsten Freunden Böhmes. Mit einem gewissen Recht nennt ihn Hans Grunsky „Generalsekretär und Botschafter Böhmes“, weil er Böhmes Schriften kopierte und unter Hintanstellen seines Berufes so die Verbreitung der Böhmeschen Theosophie ermöglichen half. Dazu kommt das enge persönliche Verhältnis zwischen beiden Männern, das sich in den Briefen niedergeschlagen hat. - Quelle: Gerhard Wehr, Sendbriefe, 1979)

4.1. Gottes Heil und Licht im Leben Jesu Christi erleuchte Euch und gebe Euch ferner seinen Willen zu erkennen!

4.2. Mein freundlicher, gar guter Herr und Freund! Daß Ihr euer Leben zu einem Gewächs Gottes gegeben habt und so im Leib Jesu Christi des Sohns Gottes grünt, der uns zu einer lebendigen Kreatur in sich selbst wiedergeboren hat und seinem Vater als ein liebliches Gewächs in seinem paradiesischen Lustgarten zu seiner Freude und Wundertat dargestellt, dessen erfreue ich mich neben Euch und befinde auch, wenn ich mich recht entsinne, daß Ihr nicht nur ein Gewächs Gottes für Euch selber allein seid, sondern wie ein liebliches Kraut mit Blüte seine Kraft nicht nur in sich behält, sondern für alle lebendigen Nahrungssucher zu einem Geschmack von sich ausgehen läßt und sich freiwillig allen Kreaturen darbietet, wie es ihm auch darüber ergehen möchte, weil es sich selber gar nicht schont, sondern ohne Unterlaß seine Kraft mit dem Geruch gebiert.

4.3. So finde ich, sei auch die Seele des Menschen, die ohne Unterlaß grünt und ihre Kraft von sich freiwillig zu einem Geschmack dem gibt, der diesen Geschmack begehrt und dieser Kraft fähig ist. Es sei zu Liebe oder Zorn, zum Leben Gottes in Christus oder zum Leben des überheblichen Stolzes in das letztendliche Treiben des Elends, das am Ende denen erfolgt, die hier nicht in Gott gewachsen sind.

4.4. Aber Lob, Preis und Ehre sei denen, die in Christus wiedergeboren werden! Auch wenn sie hier ihr Leben verlieren und vor den Stacheln des Dorngewächses wie ein gewöhnliches Kraut erscheinen, das mit Füßen getreten wird, oder wie ein Kraut, welches abgehauen wird, davon man nichts mehr sieht und der Verstand spricht „Es ist aus!“, aber seine Wurzel ist in der Erde und grünt wieder hervor. So ist auch die Seele der Heiligen in das heilige Leben Jesu Christi eingepfropft und steht in Gott seinem Vater und grünt wieder durch den Tod.

4.5. Dessen wir, weil wir solches erkannt haben, uns hoch erfreuen, und achten deswegen das Leben dieser Welt, das in der Qual der Sterne und Elemente steht, als das wenigste, und freuen uns dessen, daß wir Gottes Kinder sind.

4.6. Weil wir nun wissen, daß Gott wahrhaftig in uns ist und doch unserem irdischen Leben verborgen, so wissen wir auch, daß unsere Seele in Gott ist und in Gott grünt und nur der Leib im Regiment der Sterne und Elemente nach dem Qual-Quell dieser Welt ist.

4.7. So sind wir Gottes Bild und Gleichnis, der selbst Alles ist. Sollen wir uns dann nicht freuen? Wer will uns von Gott scheiden, wenn die Seele in Gott steht, in dem kein Tod noch Zerbrechen ist?

4.8. Darum, mein lieber treuer Freund und Bruder in Christus, achte ich es als eine große Freude, daß ich an Euch ein so edles Gewächs Gottes gefunden habe, an dem auch meine Seele gerochen hat, und davon sie wieder stark wurde, als sie der Treiber aus dem Land der Lebendigen reißen wollte, wo sie unter den Treibern lag und sie der Antichrist im Dornengewächs verschlingen wollte.

4.9. Aber wie Gott seinen Zweiglein, die in ihm stehen, mit seiner Kraft zu Hilfe kommt, damit sie nicht verderben, auch wenn der Teufel und Tod einmal darüber herrauscht, so müssen sie auch wieder durch den Tod und Grimm des Zorns und Stachel des Todes grünen. Und sollte Gott alle seine edelsten Kräuter seines Gewächses daransetzen (und opfern), so muß sein Wille bestehen: Was in ihm gesät wird, muß in ihm wachsen.

4.10. Welches uns erkenntlich ist, indem er sein Herz als sein edelstes Gewächs in sich einen Menschen werden ließ, uns zu einem starken Geruch der Wiedergeburt in ihm, damit wir, wenn wir im Tod stünden, wieder mit und durch ihn aus dem Tod in Gott seinem Vater grünten und Früchte des Paradieses brächten.

4.11. Wenn wir nun solches wissen, daß wir Gewächse Gottes sind, dann sollen wir uns vor nichts fürchten, sondern ohne Unterlaß im Leben Gottes grünen und Früchte zu Gottes Ehre und Wundertat bringen, die wir ewig genießen werden.

4.12. Und wenn wir dann auch wissen, wie unser edles Leben in dieser Lebenszeit in so großer Gefahr zwischen Himmel- und Höllenreich steht und von beiden gefangen ist, dann sollen wir vorsichtig wandeln, damit unsere Perle (des göttlichen Samens) nicht zerbrochen werde. Und wir sollen den Geruch des Grimms nicht in uns lassen, damit er uns verderbe, dadurch die edle Frucht im Gewächs verhindert wird und Gott über uns klagen muß: Man sei wie ein Weingärtner, der da nachliest und doch auch gern die edlen Trauben genießen wollte.

4.13. So laßt uns munter (und wachsam) sein, dem Fürsten des Grimms zu widerstreben, damit die edlen Trauben und Gottes Früchte in uns wachsen, daran Gott einen guten Geschmack und Geruch hat, wenn wir ihm ein lieblicher Geruch in Christus sind. (Eph. 5.2)

4.14. Wir werden dessen wohl genießen. Wenn wir die Eitelkeit des Lebens loswerden, dann werden wir in Gott leben und grünen und vom reinen Leben Gottes ohne Makel essen. Und er wird unsere Speise sein, und wir seine, so daß es ein liebliches Gewächs ineinander ist: Wir in Gott, und Gott in uns, ein ewiger Quell des Heiligen Lebens im Gewächs Gottes, darin reine Vollkommenheit in der Liebe besteht.

4.15. Dafür wir jetzt so arbeiten und uns von der Welt narren und verachten lassen, damit, wenn unser irdisches Leben im Tod grünt, unser himmlisches Leben durch den Tod ausgrüne, so daß das irdische Leben wie ein Spott vor dem himmlischen erscheine, welches gegenüber dem himmlischen nicht wert ist, daß es ein Leben genannt wird.

4.16. Darum leiden wir geduldig im irdischen Leben, und freuen uns im himmlischen auf die Hoffnung, daß wir die Eitelkeit loswerden. Dann wollen wir uns wohl erfreuen, denn was wir hier in Trübsal säen mußten, wollen wir dann in großer Freude ernten.

4.17. Darum, mein guter lieber Bruder, im Leben Gottes, in welchem Ihr steht, sollt Ihr mir desto lieber sein, weil Ihr mich aus dem Schlaf erweckt habt, damit ich künftig Frucht im Leben Gottes bringen kann und mich hernach mit den Kindern Gottes derselben erfreue.

4.18. So berichte ich Euch, daß mir ein sehr starker Geruch im Leben Gottes gegeben worden ist, nachdem ich wieder erwacht bin. Und ich hoffe, darin Frucht zu bringen und auch die Schlafenden zu erwecken, wie mich mein Gott wieder aus dem Schlaf erweckt hat, in dem ich lag.

4.19. Und ich bitte Euch um des Heiligen Lebens Gottes in Christus willen, Ihr wollt ferner nicht lässig sein, sondern euer Leben in Christus ermuntern, damit unsere Geister untereinander ergriffen und verstanden werden können, welches ohne göttliche Kraft nicht sein kann.

4.20. Denn ein jeder redet aus seinen Essenzen in den Wundern Gottes, wie sein Leben in Gott entzündet ist. Und so kann uns niemand zum (gegenseitigen) Verständnis bringen, als der einige Geist aus Gott, der am Pfingsttag die Zungen aller Völker im Mund der Apostel in Eine verwandelte, so daß die Sprachen aller Völker der Apostel Zungen verstanden, weil sie doch nur aus einer Zunge redeten, aber den Zuhörern ihr Herz und Geist in Gott eröffnet wurde, so daß sie alle dieselbe Sprache verstanden, ein jeder in seiner, als redeten die Apostel mit deren Zungen.

4.21. So ist es allein in Gott möglich, daß ein Geist den anderen versteht und begreift. Denn ich fürchte wohl, ich werde an vielen Enden meiner Schriften schwer (verständlich) sein. Aber in Gott bin ich dem Leser gar leicht, wenn seine Seele nur in Gott gegründet ist, aus welcher Erkenntnis ich allein schreibe.

4.22. Denn aus der historischen Kunst dieser Welt habe ich wenig, und schreibe auch nicht für den Stolz ihrer Kunst, denn ich bin nicht von ihrer Kunst geboren, sondern aus dem Leben Gottes, damit ich Frucht bringe im paradiesischen Rosengarten Gottes.

4.23. Und nicht allein für mich, sondern auch für meine Brüder und Schwestern, damit wir ein heiliger Leib in Christus und Gott unserem Vater werden, der uns geliebt und in Christus erwählt hat, noch bevor der Welt Grund gelegt wurde.

4.24. Wie Christus und seine Jünger ihr Leben nicht geschont haben, sondern frei das Reich Gottes verkündigten, auch wenn sie in dieser Welt Spott und Tod dadurch erlitten, nur um des Himmlischen willen, so sollen auch wir uns vor dem zeitlichen Spott und Tod nicht zu sehr entsetzen, um des himmlischen Lebens willen, und dafür beten, daß uns Gott von allem Übel erlösen und uns Einträchtigkeit in Einem Sinn geben wolle.

4.25. Daß ich Euch aber in etlichen Punkten in meinen Schriften schwer verständlich bin, ist mir leid, und ich wünschte, ich könnte meine Seele mit Euch teilen, daß Ihr meinen Sinn ergreifen könntet.

4.26. Denn ich verstehe, es betrifft die tiefsten Punkte, daran am meisten liegt, dazu ich etliche lateinische Wörter gebrauche. Aber mein Sinn ruht in Wahrheit nicht in der lateinischen Zunge, sondern vielmehr in der Natursprache.

4.27. Denn auch mir ist etwas aufgeschlossen worden, um die Geister der Buchstaben in ihrem Ursprung zu ergründen, und ich wollte Euch herzlich gern diese Wörter erklären, die ich gebraucht habe und an denen Ihr einen Mißverstand habt. Weil aber ein Raum dazu gehört und es jetzt in Eile nicht sein kann, biete ich an, Euch solches in gar kurzer Frist ganz klar zu verständigen.

4.28. Weil ich so mit Reisen und anderen Geschäften beladen gewesen bin, so daß ich Euch damit nicht dienen konnte, bitte ich, noch etwas zu warten.

4.29. Denn ich habe noch wegen des hinterlassenen Töchterleins meines verstorbenen Bruders so viel zu tun, daß ich alle Wochen zum Dorf laufen muß. Auch habe ich zwei schwere Reisen verbringen müssen, mit denen die Zeit hingeflossen ist.

4.30. Wollte Gott, ich könnte dieser Mühe mit dem Reisen enthoben sein! Doch ich hoffte, es sollte mancher armen Seele in ihrem Hunger wohl dienen. Jedoch geschieht, was Gott will. Wie es ist, daß manches Gräslein verdirbt, wenn der Himmel keinen Regen gibt, so könnten wohl auch die weltlichen Geschäfte das Reich Gottes verhindern.

4.31. Ich weiß aber auch diesmal keinen anderen Rat, den irdischen Leib mit Frau und Kind zu ernähren, und will mich deswegen befleißigen und das Himmlische vor alles setzen, soviel mir möglich ist, und so soll es auch Euch, wenn Ihr Lust habt, etwas mit mir in meinen einfältigen Schriften zu lesen, treulich mitgeteilt werden. Wiewohl es ist, daß ich auch gern von den Kindern Gottes lernen und mich ihrer Schriften erfreuen wollte.

4.32. Denn ich erachte mich als Einfältigsten unter ihnen, und habe nur ein wenig für mich zu einer Erinnerung und steter Übung Gottes aufgeschrieben. Weil es Euch aber wohlgefällt zu lesen, verberge ich es Euch natürlich nicht.

4.33. Denn ich erkenne eure große Mühe daran, die Ihr darauf verwendet, und danke meinem Gott, der mir doch einen Menschen in dieser Welt zugeschickt hat, mit welchem ich von Gottes Reich reden darf, dieweil sonst fast alle blind und toll sein wollen, so daß ich nicht einmal meinen Mund auftun darf.

4.34. Ich höre Spötter, welche mit darunter laufen, nach denen ich wohl wenig frage, denn ich weiß, wessen Geistes Kinder sie sind, und wünschte ihnen meine Erkenntnis, dann würden sie das Spotten bleibenlassen.

4.35. Bezüglich des Herrn N. und seiner Abschriften meiner künftigen Schriften, weiß ich mich nicht zum besten mit ihm geschützt, denn er schweigt nicht. Und ich höre oft von liederlichen Leuten von meinen jetzigen Schriften deuten, welches meines Erachtens von ihm kommt, denn ich habe sie sonst keinem gegeben. Wenn er sehr weltlich und nur von der Schule dieser Welt geboren ist, könnten wir schlecht geschützt sein.

4.36. Man soll auch die Perlen, weil diese doch teuer sind, vorerst nicht auf den Weg streuen, sondern eine andere Zeit abwarten, bis sie allgemein werden, damit sie der Treiber nicht verschlucke.

4.37. Es möchte ihm wohl zur Abschrift gegeben werden, aber nicht die erste, sondern nachdem es einmal abgeschrieben wäre, damit es der Treiber nicht zerstören kann.

4.38. Bezüglich euerem Begehren wegen der Prager Sachen, da ich eben zum Einzug des neuen Königs (Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz) dort gewesen war, werdet Ihr den Einzug in Sagan wohl erfahren haben, daß er geschehen ist. Er ist hinten zum Schloß auf Retschin (Hradschin) von Schlan hineinkommen und mit großer Zierde aller drei Stände angenommen worden, wie vormals auch bei allen Königen gebräuchlich war.

4.39. Ich erinnere Euch, daß Ihr achthaben wollt, was der Prophet Ezechiel im 38. und 39. Kapitel geschrieben hat, ob nicht die Zeit des großen Zugs auf die Berge Israels in Babel bevorsteht, besonders wegen der Siebenbürger, welche die Hilfe der Türken erlangen und leichthin bis an den Rheinstrom kommen werden.

4.40. Wo dann die große Niederlage der Kinder in Babel geschehen kann, weil zwei große Ruten von Gott erscheinen werden, eine durch Krieg und die andere durch (das allgemeine) Sterben, darin Babel zerbrochen werden soll. Das zeigt der Geist des Herrn in den Alten, die vor uns gedeutet haben.

4.41. Wiewohl ich erachte, daß die Wahl mit einem gerechten deutschen Kaiser noch ein wenig verzögert werden wird und unterdessen großer Krieg und Streit, auch Zerbrechung vieler Städte, Schlösser und mächtiger Länder erfolgen wird, sofern jetzt die Zeit ist, davon der Geist deutet, welches wir nicht so genau verstehen.

4.42. Denn vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag. Der Geist sieht alles nah, und so vermeint der siderische (irdische) Mensch, es sei bald, aber es ist im Rat Gottes.

4.43. Außer, daß wir gewiß erkennen, wie nahe die Zerbrechung der Stadt Babel ist und vor uns erscheint, als sei die Zeit bald gekommen. Obwohl wir doch den Rat Gottes nicht genug begreifen können. Sondern wie ein Gast, der einen Tag in einem Land ist, nicht alles erlernen kann, so geht es auch uns.

4.44. Denn Gott behält sich Tag und Stunde vor, aber deutet durch seinen Geist die Wunder an, welche künftig sind.

4.45. Ansonsten berichte ich Euch, daß Herr N. Herrn N. gebeten hat, ihm meine beiden Bücher abzuschreiben, und trachtet jetzt danach, daß er auch das rechte Original des ersten Buches (der Aurora) in die Hände bekommen könne, welches, wie ich vernehme, geschehen werde. Es kann am allerfüglichsten durch Herrn Karl von Ender herausgebracht werden.

4.46. Wiewohl es ist, daß der neue Antichrist im Gewächs des Alten jetzt trefflich triumphiert und wie ein Feuer im Wacholder brennt und vermeint, es sei Freude, obwohl es doch im Leid ist und Babel angebrannt steht, so könnte doch Verhinderung geschehen. Aber Gott der Höchste tut, was er will.

4.47. Ich habe auch jetzt in der Eile keine Zeit, daß ich Euch noch mehr schreiben kann, denn es ist noch nichts Weiteres angefangen (keine neuen Schriften). Doch ich hoffe, alsobald nahend anzufangen, wie mir mein Gemüt im treibenden Willen immer zeigt, und will es Euch treulich an benannten Ort schicken.

4.48. Ich empfehle Euch treulich der Sanftmut Jesu Christi. J. B.

5. Sendbrief an Karl von Ender, 1.12.1619

5.1. Die Liebe im Herzen Gottes des Vaters und das Licht seiner Kraft im Leben Jesu Christi sei unsere Erquickung! Erleuchte uns und helfe uns zur neuen Wiedergeburt, damit das wahre Bildnis zu Gottes Ehre und Wundertat erscheine, und lasse in uns das schöne Zweiglein seiner Lilie im Paradiesgärtlein Jesu Christi wachsen.

5.2. Edler, gestrenger, ehrenfester und hochbenamter Herr, Euch seien meine demütigen, ganz willigen Dienste nebst dem Wunsch aller zeitlichen und ewigen Wohlfahrt vorangestellt. Ich habe von Boten eurer Diener einen Scheffel Korn (ca. 30 Kg) empfangen, den mir der wohlwollende Herr geschickt hat, und möchte mich dessen zum Freundlichsten bedanken und bitte Gott den Höchsten, der es Euch vielfältig erstatten wird.

5.3. Weil Ihr so ein demütiger Herr seid und nicht auf das seht, worauf die Welt sieht, auch nicht die Klugheit der Hohen achtet, sondern danach trachtet, was der Herr vom Himmel baut, obwohl es in dieser Welt närrisch erscheint, aber ihm so wohlgefällt, seine Werke in geringen, kindischen und einfältigen Leuten zu treiben, damit er allein hoch sei und sich niemand rühmen darf, so sollt Ihr auch gewiß derselben Erkenntnis erhoffen, welche schöner als alle Pracht und Reichtümer der Welt ist. Denn alles Zeitliche verläßt den Menschen, aber das Ehrenkränzlein Christi verläßt den Menschen auch im Tod nicht, sondern bringt ihn zur himmlischen Freudenschar in sein wahres ewiges Vaterland.

5.4. Weil wir nun wissen und gar hoch erkennen, daß wir in dieser Welt nur Gäste sind und in einer fremden Herberge in großer Gefahr in schwerer Gefangenschaft liegen und immer den Tod befürchten müssen, so tut der gestrenge Herr sehr wohl und handelt weislicher als die Klugen dieser Welt, weil Sie sich umsehen und nach dem ewigen Vaterland trachten und nicht nach Macht und Pracht wie die Welt und sonst insgemein die so hohen Leute tun. Ich zweifle nicht, daß der gestrenge Herr wohl noch ein schönes Kränzlein von der Jungfrau der ewigen Weisheit Gottes dafür erlangen wird, welches, wenn es geschieht, Euch lieber sein wird als alles zeitliche Gut und diese ganze Welt mit ihrem ganzen Wesen und Glanz, davon ich, wenn ich dessen keine Erkenntnis hätte, nicht schreiben würde.

5.5. Daran ich doch sonst bei den Weisen dieser Welt, die sich Erkenntnis und Wissenschaft nur aus eigenem Stolz ohne Gottes Geist zumessen, schlechten Dank, ja nur Spott habe, dessen ich mich doch nur hoch erfreue, die Schmach um des Namens und der Erkenntnis Gottes willens ertragen zu dürfen. Denn wäre meine Erkenntnis aus ihren Schulen geboren, dann würden sie das Ihre lieben. Weil sie aber aus einer anderen Schule ist, so kennen sie es nicht und verachten es deswegen, wie sie allen Propheten und auch Christus und seinen Aposteln taten. Ich will mich davon nicht beirren lassen, sondern wie ich angefangen habe, an meinem Gott und Schöpfer nur mit desto größerem Ernst hängen und mich diesem ergeben: Er mache in mir, was er will.

5.6. Ich schreibe mir keine Klugheit zu, und verlasse mich auch auf keinen Vorsatz des Verstandes, denn ich sehe und finde sehr hell und klar, daß Gott sehr oft eine andere Bahn geht.

5.7. Darum, wenn wir kindlich leben und nicht in unserem Verstand, sondern nur Ihm mit Begierde und rechtem Ernst anhängen und all unser Vertrauen in Ihn setzen, dann erlangen wir die edle Jungfrau seiner Weisheit eher als mit unserem scharfsinnigen Dichten. Denn wenn diese kommt, dann bringt sie wahre Weisheit und himmlische Vernunft, und ohne diese weiß ich nichts.

5.8. Weil der gestrenge Herr aber Lust habe, solche und dergleichen Schriften vom höchsten Wesen zu lesen, so daß es dann, wie ich hoffe, Gottes Schickung ist, will ich Euch dasjenige, was mir vom höchsten Gut anvertraut wurde, nicht verbergen, sondern in Kurzem etwas Reicheres und Mehreres schicken.

5.9. Denn es ist ein sehr wunderschönes Büchlein „Vom dreifachen Leben des Menschen“ angefangen worden, welches, wenn der Herr will und seine Hand über mich hält, klar eröffnen wird, was der Mensch sei und was ihm zu tun sei, um das höchste Gut zu erreichen. Denn es geht ganz klar durch die drei Prinzipien und zeigt allen Grund, so daß ein Mensch, wenn er nicht selber blind sein will, Gott und Himmelreich sowie sich selbst erkennen kann, auch unseren elenden Fall sowie die Wiederbringung im Leben Jesu Christi. Und es wird besonders von der schönen Lilie handeln, die Gott der letzten Welt gönnen will, welches sehr anmutig zu lesen sein wird.

5.10. Und wenn ich auch noch nicht allen Grund, was sein wird, genugsam erkenne, so sehe ich es doch in einer großen Tiefe, und hoffe fest, Gott verleiht nur Gnade. So will ich davon nicht lassen, bis es vollendet ist, und auch künftig die verheißenen Schriften, die wegen des Treibers aufgehalten wurden, noch vollbringen, auch über Moses, darin dann die großen Wunder Gottes klar im Tageslicht erscheinen werden. Welches Gott der letzten Welt gönnen will, weil jetzt fast alles in Babel (verwirrender Konstrukte) ist und ein großer Riß geschehen wird. Aber dennoch soll niemand verzagen. Gleichwie Gott dem Volk Israel im babylonischen Gefängnis mit Trost zu Hilfe kam und ihnen Propheten schickte, so werden auch jetzt Lilien mitten unter den Dornen wachsen, und das ist wunderlich.

5.11. Auch darf niemand denken, daß jetzt die Zeit der ganzen Zerbrechung der Stadt Babel ergehen werde. Es wird wohl ein sehr großer Riß entstehen, welches man jetzt nicht glaubt, denn der Antichrist ist noch nicht ganz offenbar, aber schon etwas. Man wird auch meinen, man habe ihn nun ausgerottet. Und so wird erst nach etlicher Trübsal große Freude folgen. So werden sie auch Gesetze und Bündnisse mit schweren und scharfen Artikeln der Religion machen, aber meistenteils zum Aufsteigen ihrer eigenen Ehre und Macht. Und man wird meinen, der Heilige Geist rede vom Himmel und es sei nun eine goldene Welt, aber sie steckt voll Gottes Zorn und ist noch in Babel, und das wahre Wesen des rechten Lebens in Christus ist noch nicht darin. Auch wird der Reiter auf dem fahlen Pferd (»Und der darauf saß, dessen Name hieß Tod, und die Hölle folgte ihm nach. Und ihnen wurde Macht gegeben, zu töten…« Offb. 6.8) hernach kommen und mit seiner Sense viel abhauen. (Zu jener Zeit entwickelte sich der Dreißigjährige Krieg in Europa von 1618 bis 1648, der als katholisch-protestantischer Religionskrieg begann.)

5.12. Aber unterdessen grünt die Lilie im Wunder, gegen die der letzte Antichrist Verfolgung erregt, weil dann sein Ende kommt. Denn die Erscheinung des Herrn erstickt ihn, weil dann Babel im Eifer und Zorn Gottes verbrennt. Und das ist sehr wunderlich, dazu ich (jetzt) keine Macht habe, noch deutlicher zu schreiben. Doch werden meine Schriften zu dieser Zeit wohl dienen. Denn es kommt eine Zeit vom Herrn, die nicht aus dem Himmel der Sterne ist.

5.13. Wohl dem, der den Herrn mit ganzem Ernst sucht, denn in der Historie wird er sich nicht finden lassen, sondern im rechten Vertrauen und in der rechten Hinwendung in das Leben und in die Lehre Christi. Darin wird der Heilige Geist mit Wundern und Kräften erscheinen, welches Babel in ihren Dichtungen jetzt nicht glaubt, aber gewiß kommt und schon auf der Bahn ist, doch der Welt verborgen.

5.14. Ich habe Ihnen und Herrn Fabian kürzlich das ganze Werk des zweiten Buches („Die drei Prinzipien“) zugeschickt, und weiß nicht, ob Sie es (über Herrn Fabian) empfangen haben, denn seit der Zeit habe ich wegen meiner verbrachten Reise nicht mit Herrn Fabian gesprochen. Wenn nicht, dann wäre es bei ihm anzufordern. Ich empfehle Euch der sanften Liebe im Leben Jesu Christi des Sohns Gottes.

Gegeben in Eile, Görlitz, Freitag vor dem Advent. J. B.

»Der Name des Herrn ist eine feste Burg: Der Gerechte läuft dahin und wird erhöht.«

6. Sendbrief an Karl von Ender, 4.5.1620

Licht, Heil und ewige Kraft aus dem Brunnquell des Herzens Jesu Christi sei unsere Erquickung!

6.1. Edler, gestrenger, ehrenfester und hochbenamter Herr! Neben Wünschung göttlichen Heils und darin aller heilsamen Wohlfahrt kann ich es nicht unterlassen, Euch mit diesem Brieflein zu ersuchen, nachdem euer mildes Herz mich mit einem Scheffel Korn geehrt hat, den ich willig empfangen habe, und ich möchte mich dessen höchlich bedanken. Und ich will auch Gott den Schöpfer und Erhalter aller Dinge bitten, in dessen Kraft alle Dinge sind, daß er Euch viel und reichen Segen dafür gebe.

6.2. Und obwohl ich es nicht von Euch verdient habe und auch wie ein Fremder vor Euch bin, so erkenne ich hierin euer mildes Herz zu den Kindern Gottes. Weil Ihr aber so demütig und das alles um Gottes und seines Reiches willen seid und eure Gunst und Liebe dieser Welt aus eurer Hoheit mitten in die einfältige Demut der Kinder Gottes gebt, so erkenne ich solches als eine Gottesfurcht und Begierde nach der Gemeinschaft der Kinder Gottes, in welcher wir in Christus in Gott alle ein Leib in vielen Gliedern und Berufen sind. So sollen wir uns dessen nicht allein hoch erfreuen, sondern auch zu Gott beten und uns ihm in Einer Liebe ergeben, damit seine Kraft in uns vollkommen und sein Reich in uns geboren werde und wir in Einer Erkenntnis seines (ganzheitlichen) Wesens teilhaftig werden.

6.3. Und es ist uns nicht allein in der Heiligen Schrift, sondern auch im Licht der Natur hoch erkenntlich: Wenn ein Mensch dem anderen etwas Gutes tut, besonders, wenn es aus zugeneigtem Herzen und gutem Willen geschieht, dann neigt sich dessen Herz, Geist und Gemüt, der Gutes empfangen hat, wiederum zu seinem zugeneigten Freund mit Gunst und Liebe und wünscht ihm alles Gute. Und indem er sein eigenes Anliegen vor Gott trägt, bringt er auch das seines treuen Freundes in seinem Willen und Gemüt zugleich in seiner Liebe vor und in Gott, welches dann dem milden Herzen in Gottes Kraft viel und reichen Segen schafft, nicht allein zum irdischen Leben, sondern es wird ihm hiermit auch zugleich eine Bahn und ein Weg in Gottes Reich gemacht, daß, wenn er sich zu Gott wendet und seine Liebe und Gnade begehrt, auch zugleich seines Freundes Liebe, welche ihn schon zuvor in Gott gebracht hat, mithilft, auch diesmal vor Gott zu dringen. So hilft er uns, mit der verdorbenen Sucht zu ringen, in welcher uns der Teufel mit der Verwirrung gefangenhält, und das Ziel oder den Behälter des Zorns zu zerbrechen, welches ich meinerseits nicht allein schuldig, sondern auch ganz begierig und willig zu tun bin.

6.4. Weil mir nun Gott aus seiner milden Gnade auch eine tiefe und hohe Erkenntnis seines Willens und Wesens gegeben hat, so bin ich neben meinem Gebet für Euch zu Gott auch mit derselben erbötig, soweit es in Schriften gefaßt werden kann, um wiederum ganz willig zu dienen. Sofern Ihr erkennen könnt, daß solches von Gott sei, wie mir auch anders nicht bewußt ist, und eine Lust habt, diese zu lesen, dann will ich Euch diese nicht verbergen, auch mich des mündlichen Gesprächs nicht entäußern, und wenn Ihr etwa einen Mißverstand darin fändet, dessen genug Bericht zu geben, oder wenn etliche Dinge zu schwer sein wollten, sie gern in einen leichteren Verstand zu bringen.

6.5. Auch wenn Euch beliebt, etwas Hohes hierin zu fragen, hoffe ich zu Gott, es werde mir zu offenbaren verliehen, dessen Willen ich alles anheimstelle. Und ich will mich auf allen Wegen befleißigen und Gott darum bitten, daß ich Euch wiederum in Liebe-Diensten, die Euch annehmlich wären, erscheinen könnte und möchte, welches ich von Gott erhoffe, daß er es mir nicht versagen wird. Wie dann mein Herz sich ganz dahinein ergebe und nur dahin arbeite, daß es einen treuen Arbeiter im Weinberg Gottes ergebe und so in Gott erkannt werden und eine Frucht in Gottes Reich wachsen kann. Wie auch ein jeder Baum dahin arbeitet und seinen Saft seinen Zweigen und Ästen gibt, daß er schließlich an seiner Frucht, die auf seinen Zweigen wächst, erkannt wird, welches wir alle zu tun schuldig sind und ich auch dazu sehr begierig bin. Ich empfehle Euch der sanften Liebe Gottes.

Datum Görlitz, ut supra (siehe oben). Euch dienstwillig allezeit, J. B.

7. Sendbrief an Dr. Balthasar Walther, 7.6.1620

(Auch Balthasar Walther, der weitgereiste paracelsische Arzt, spielt in Böhmes Leben eine wichtige Rolle. Der etwa zehn Jahre Ältere wird dem Autor der Aurora um das Jahr 1617 begegnet sein. Welchen starken Eindruck er von dem schlichten Schuster empfing, darf daran abgelesen werden, daß Dr. Walther es war, der Böhme den honorigen Titel „Philosophus teutonicus“, deutscher Philosoph, beilegte und ihm jene vierzig Fragen von der menschlichen Seele unterbreitete. Von ihrer Beantwortung durch Böhme versprach sich Walther viel. In der Tat ließ er sich zu einer gleichnamigen Schrift anregen. Den ihm zugedachten Titel nahm er gleichfalls an, wie die Unterschriften der Briefe 23, 37, 38, 61 und 63 belegen. Durch Balthasar Walther mag Böhme tiefer in die Kabbala sowie in die Alchemie und die Naturphilosophie eingeführt worden sein. Die gelegentliche Mitteilung Abraham von Frankenbergs, der kundige Arzt habe „drei Monate lang viel geheime und vertraute Gespräche mit ihm gepflogen“, macht dies noch wahrscheinlicher. Auch mancher lateinische Terminus bei Böhme dürfte auf Walthers Vorschlag zurückgehen, denn Böhme war des Lateinischen nicht mächtig. - Quelle: Gerhard Wehr, Sendbriefe, 1979)

7.1. Mein Schreiben geht an Euch, um Euch aus hohem Bedenken christlicher guter Meinung zu erinnern, daß Ihr doch meine Schriften nicht einem jeden in die Hände geben wollt, denn sie sind nicht jedermanns Speise.

7.2. Auch sollte man die Perle nicht auf den Weg werfen, wo sie mit Füßen zertreten wird, dadurch dem würdigen Namen Gottes gelästert werden könnte. Denn ich erkenne sehr wohl, was der Satan im Sinn hat. Aber mir ist gezeigt, wie sein Vorhaben scheitern muß.

7.3. Daß nämlich eine schwere Finsternis zu befürchten ist, in welcher Zeit das Licht im Herzen der Menschen erst recht grünen wird, wenn sie in großer Trübsal und Verlassenheit stehen. Dann werden sie den Herrn suchen, und er wird sich finden lassen.

7.4. Meine Schriften dienen nicht für den vollen Bauch, sondern für den hungrigen Magen. Sie gehören den Kindern des Geheimnisses, zumal in diesen viele edle Perlen verschlossen und auch offenbar liegen.

7.5. Ich habe diese auch nicht für die Idioten oder für die Klugen geschrieben, sondern für mich selbst und für denjenigen, dem Gott diese zum Verständnis geben wird.

7.6. Dieses Gewächs steht in Gottes Macht. Darum erkenne ich es auch nicht als ein Werk meines Verstandes, sondern als eine Offenbarung Gottes, und so muß mir hierin ganz und gar nichts zugeschrieben werden. Deswegen braucht auch niemand nach meiner Person zu trachten, um ein Wunder daran zu sehen. Er wird nichts anderes sehen als einen ganz schlichten und einfältigen Mann, denn meine Wissenschaft steht in Gott verborgen.

7.7. Und wenn ich viel weiß und mir eine große Offenbarung gegeben ist, so weiß ich doch auch wohl, daß ich allen stumm bin, die nicht aus Gott geboren sind. Darum bitte ich, mit meinen Schriften weislich zu handeln, auch meinen Namen zu verschweigen, bis schließlich die finstere Nacht kommt, wie mir gezeigt ist. Dann soll das Perlein gefunden werden. Denn solange mein Geliebter satt ist, schlummert er und liegt im Schlaf dieser Welt. Aber wenn ihn der Herr mit dem Sturmwind aufwecken wird, so daß sie in Ängsten stehen, dann schreien sie ängstlich zum Herrn und erwachen vom Schlaf. Dann sollen diese Schriften bereitstehen, um darin die Perle zu suchen.

7.8. Ich bitte und begehre auch, daß sich wegen des Druckens ohne meinem Willen niemand bemühe, denn dasselbige geschieht erst nach dem schrecklichen Gewitter.

7.9. So möget Ihr solches allein den Herzen der Weisen offenbaren, die Ihr erkennt, daß sie Gott liebhaben. Für die anderen hat es jetzt noch keinen Nutzen. Denn mancher sucht nichts anderes als Bosheit und überheblichen Stolz, dazu falsche Klugheit, daß er sich sehen lassen kann. Darum bitte ich weislich zu handeln. Mancher nimmt solches wohl mit Freude an, aber hat eine böse Wurzel. Er vermeint fromm zu werden, aber er läßt sich vom Teufel halten und wird danach ein Spötter solcher Offenbarungen. Solches sage ich Euch wohlmeinend, nicht aus eigenem Wahn, sondern aus gegenwärtig wahrer Erkenntnis.

7.10. Es hat wohl etwas sehr Hohes mit einem neuen Buch begonnen („Vom dreifachen Leben des Menschen“), doch mir ist gewaltig vom Fürsten des Grimms Widerstand getan. So ist dasselbige bis auf heute verhindert. Ich hoffe, daß es nun innerhalb kurzer Zeit geschrieben werden kann, denn es ist ein Kraut, das dem Teufel nicht schmecken wird. Doch des Herrn Wille muß bestehen.

7.11. Ich hoffe, daß Ihr selbst zu mir kommen werdet, dann wollen wir uns daran erfreuen. Die Gnade Jesu Christi sei unser Gruß und stete Erquickung! J. B.

8. Sendbrief an Paul Kaym, 14.8.1620

An Herrn Paul Kaym, kaiserlicher Zolleinnehmer zu Liegnitz, vom 14. August 1620.

(Dieser Sendbrief ist auch der 1. Teil des Traktats „Unterricht von den letzten Zeiten (Informatorium Novissimorum)“.)

Licht, Heil und ewige Kraft aus dem Brunnquell des Herzens Jesu Christi sei unsere Erquickung!

8.1. Ehrenfester, wohlgeachteter Herr und guter Freund, in Erleuchtung des Heiligen Geistes und in der Liebe unseres Herrn Jesu Christi geliebter Bruder! Euer Schreiben vom 20. Juli an mich samt der Beilage der zwei Büchlein habe ich von Herrn Karl von Ender empfangen und darin vernommen, wie Ihr etlicher meiner geschriebenen Büchlein von der Weisheit Gottes empfangen und gelesen habt und wie Ihr berichtet, Euch derselben erfreut, gleichsam auch große Begierde und Lust dazu tragt und in der gleichen Übung der Weisheit Gottes seid.

8.2. Welches mich meinerseits auch erfreut, daß nunmehr die Zeit kommt, daß die wahrhaft göttliche Vernunft in Zion wieder grünt und damit das zerbrochene Jerusalem wieder erbaut werden soll und sich das wahre Menschenbild, das in Adam verblich, in Zion wieder mit rechter menschlicher Stimme erkennen läßt, und daß Gott seinen Geist in uns ausgießt, damit die edle Perle in Kraft und Licht des Heiligen Geistes wieder erkannt, gesucht und gefunden wird.

8.3. Darin wir dann klar sehen und erkennen, in welcher Blindheit wir so lange Zeit in Babel (der verwirrendenden Gedankenkonstrukte) auf fleischlich bösartigen Wegen irregegangen sind, so daß wir das wahre Jerusalem verlassen und das Erbe unseres Vaters schändlich verpraßt haben, auch unser schönes englisches Ehrenkränzlein des schönen Bildnisses leicht geachtet, uns im Teufels-Schlamm gesuhlt und unter dem Schein göttlichen Gehorsams mit der Schlange gespielt haben, um damit nur auf Irrwegen zu wandeln.

8.4. Welches uns jetzt das göttliche Licht unter die Augen stellt und uns ermahnt, mit dem verlorenen Sohn wieder umzukehren und in das wahre Zion einzugehen, aber nicht im Wähnen der Historie, als hätten wir es ergriffen und verstünden es wohl. Das ist nicht Zion, sondern Babel, die mit dem Mund Gott bekennt, aber im Herzen an der großen babylonischen Hure, am Drachen von eigenem Stolz, Geiz und Wollust hängt, aber sich sehen lassen will, als wäre sie eine Jungfrau.

8.5. Nein, dies ist nicht die Jungfrauenschaft in Zion. Es muß Ernst sein. Wir müssen in Zion aus Gott geboren werden und seinen Willen erkennen und auch tun. Gottes Geist muß unserem Geist Zeugnis geben, daß wir Gottes Kinder sind, nicht allein im Mund der Wissenschaft, sondern im Herzen und im Tun, und nicht auf scheinheiligem Weg ohne Kraft, darüber der Teufel spottet. Sondern wir müssen den Helm der Gerechtigkeit und der Liebe sowie der Keuschheit und Reinheit anziehen, wenn wir gegen den Fürsten dieser Welt in den Kampf ziehen wollen. Hier hilft kein äußerlicher Glanz. Die Kraft muß ihn überwinden, und so soll auch die Kraft in der Wohltätigkeit leuchten. Nur so können wir um das Ritterkränzlein kämpfen, denn wir haben einen gewaltigen Kriegsmann gegen uns. Er greift uns in Leib und Seele an und schlägt uns schnell zu Boden, und kann nicht anders überwunden werden als mit der Kraft in Demut. Die kann ihm sein giftiges Feuer löschen, mit welchem er gegen uns und in uns gegen das edle Bild streitet.

8.6. Darum, mein geliebter Herr und Bruder in Christus, weil ihr Euch zur göttlichen Weisheit bekennt und in Arbeit derselben steht, so ist es recht und billig, daß wir uns untereinander ermahnen, damit wir wacker werden, um dem Teufel zu widerstehen, und uns den Weg, den wir wandeln sollen, stets vor Augen stellen und auch darauf gehen, denn anders richten wir nichts aus. Haben wir die Erkenntnis, daß die Welt in Babel blind sei und irregeht, dann sollen wir die ersten sein, die mit der Tat aus Babel ausgehen, damit die Welt sehe, daß es Ernst sei.

8.7. Es ist nicht genug, daß wir Babel entlarven und trotzdem das machen, was Babel tut. Damit bezeugen wir, wenn wir so handeln, daß uns Gott zwar sein Licht leuchten läßt, darin wir sehen, aber wir wollen nur die Werke der Finsternis tun. Und dann wird dieses Licht, das uns in der Vernunft leuchtet, ein Zeugnis über uns sein, daß uns zwar der Herr gerufen und uns den Weg gezeigt hat, aber wir wollten ihn nicht wandeln.

8.8. Es ist wohl gut, daß wir Babel offenbaren, aber wir sollen auch sehen, mit welchem Geist und Gemüt und in welcher Erkenntnis das geschieht. Es ist wohl gut zu eifern, aber das Herz muß in Gott gerichtet sein, und die Erkenntnis muß aus Gott kommen. Gottes Geist muß uns Zeugnis geben und unsere Gewißheit sein, sonst laufen wir ungesandt und sind doch von Gott in unserem Laufen nicht erkannt worden. Dann verspottet uns der Teufel nur und führt uns in Irrwege. Das beweist auch die Schrift, daß uns unsere Werke und Worte nachfolgen sollen (Offb. 14.13).

8.9. Darum ist uns ernstlich zu betrachten, in welchem Geist und welcher Erkenntnis wir die hohen Geheimnisse angreifen. Denn wer ein Böses zerbrechen will, muß ein Besseres an diese Stelle setzen, sonst ist er kein Baumeister Gottes und arbeitet auch nicht in Christi Weinberg. Denn es ist kein gutes Zerbrechen, wenn man nicht weiß, wie das Gebäude wieder in eine bessere Form zu bauen ist. Gott allein ist der Baumeister der Welt, und wir sind nur Knechte. So müssen wir eben zusehen, wie wir arbeiten, wenn wir Lohn empfangen wollen, und auch, daß wir sein Werk in seiner Schule gelernt haben und nicht ungesandt laufen, wenn wir seines Werkes noch nicht fähig sind, sonst werden wir als unnütze Knechte befunden. So rede ich gutherzig und in ganzer Treue, um uns zu ermahnen, was wir tun sollen, damit unsere Arbeit Gott angenehm sei.

8.10. Denn die dunklen Geheimnisse sind uns gar nicht anders zu erkennen als im Heiligen Geist. Wir können keine Schlüsse über Verborgenes machen, es sei denn, wir haben dies in wahrer Erkenntnis und finden in der Erleuchtung Gottes, daß es die Wahrheit und Gottes Wille sei, auch daß es seinem Wort ähnlich und im Licht der Natur gegründet ist.

8.11. Denn ohne das Licht der Natur gibt es kein Verständnis von göttlichen Geheimnissen. Der große Bau Gottes steht im Licht der Natur offenbar. Darum, wem Gottes Licht scheint, der kann alle Dinge erkennen, obwohl die Erkenntnis nicht einerlei (bei allen gleich bzw. absolut) ist, denn Gottes Wunder und Werke sind ohne Ziel, auch ungemessen, und werden einem jeglichen nach seinen Gaben offenbart. Doch wem das Licht scheint, der hat reine Freude an Gottes Werken.

8.12. So ist auch das Alte vor tausend Jahren im Licht so nah und leicht zu erkennen, als das, was heute geschieht. Denn vor Gott sind tausend Jahre kaum anders als für uns eine Minute oder ein Augenblick. Darum ist seinem Geist alles nah und offenbar, sowohl das Geschehene als auch das Zukünftige.

8.13. Und wenn wir dann in seinem Licht sehen, dann sollen wir seine Wunder verkünden und seinen herrlichen Namen offenbaren und preisen, und nicht unser Pfund in die Erde vergraben, denn wir sollen es unserem Herrn mit Gewinn darstellen (Luk. 19.11). Er will Rechenschaft von uns fordern, wie wir damit umgegangen sind. Und ohne Erkenntnis soll keiner im großen Mysterium richten, denn es ist ihnen nicht befohlen, sondern er soll dahin arbeiten, daß er das wahre Licht erreiche, dann arbeitet er recht in Gottes Schule.

8.14. Denn es finden sich viele Richter, die da im Mysterium richten wollen, aber von Gott nicht anerkannt sind. Darum heißt ihre Schule Babel, eine Mutter der Hurerei auf Erden, die mit Gott und auch dem Teufel buhlen, und nennen sich doch Christi Hirten, doch sind nicht gesandt, viel weniger von Gott erkannt, sondern tun es um des Bauches und der Ehren willen, und erlangten sie das nicht in ihrem Hurenlauf, dann liefen sie nicht. Das rechte und hochteure Mysterium Gottes haben sie zu einem Ministerium ihrer Hurerei und Wollust gemacht. Darum nennt es der Geist Babel, eine Verwirrung, darin man einen heuchlerischen Gottesdienst treibt und Gott mit der Zunge bekennt, aber mit der Kraft verleugnet, weil man mit dem Mund Gott heuchelt, aber im Herzen mit dem Drachen in der Offenbarung Jesu Christi buhlt.

8.15. Solche sollten wir nicht sein, wenn wir das göttliche Mysterium erreichen und des Lichtes fähig sein wollen, sondern unseren Weg gänzlich in Gott richten und uns ihm ergeben, damit Gottes Licht in uns leuchte, so daß er unser Wissen, Erkennen, Wollen und auch Tun sei. Wir müssen seine Kinder sein, wenn wir von seinem Wesen reden und darin arbeiten wollen. Denn keinem Fremden, der sein Werk nicht lernt, gibt er sein Werk zu treiben.

8.16. Euer Büchlein habe ich gelesen und darin euren großen Fleiß mit viel Arbeit gefunden, indem Ihr die Sprüche der Heiligen Schrift in großer Menge zusammengetragen habt. Ich verstehe auch, daß es Euch ein großer Ernst ist und ihr damit auch die dunklen Andeutungen (Terminos) und Erörterungen von der letzten Zeit, auch von der ersten Auferstehung der Toten und dann den tausendjährigen Sabbat bewähren und darstellen wollt, wie auch die Zerbrechung Babels und das neue Gebäude in Zion, davon die Schrift an vielen Stellen spricht, offenbaren und an den Tag stellen. (Paul Kaym (†1633) schrieb eine Auslegung der Johannes-Offenbarung. Der Text ist heute vermutlich nicht mehr erhalten.)

8.17. Was Babel anbelangt, wie sie gewachsen und wieder zerbrechen soll, kommt nun immer mehr an den Tag und der Zerbrecher ist schon lange auf der Bahn. Er hat schon lange angefangen, ohne daß man es sehen will. Man schreit „Mordio!“, und es ist doch kein fremder Feind, sondern nur die Verwirrung, die mitten in Babel in ihren Lastern und Ungerechtigkeiten gewachsen ist. Diese hat nun das Ziel gefunden, und zerbricht nur das, was lange nichts getaugt hat, was man zu allen Zeiten hätte verwerfen sollen.

8.18. Denn wo man Gott hätte lieben und ehren sollen und seinen Nächsten wie sich selbst, da hat man den schändlichen Geiz, List und falschen Trug unter einem gleißenden Schein an Gottes Stelle gesetzt und die Falschheit für Gott geliebt und aus dem Mysterium eine schändliche Laster-Babel gemacht, darin man uns mit süßem Geschwätz und geblendeten Augen gefangenführt. Alles nur im Trug zur Herrlichkeit der großen Hure, so daß sie damit ihren Hurenbalg gemästet und über unseren Leib und Seele, auch Hab und Gut geherrscht hat.

8.19. Dieses Hurenkind ist nun über den großen Raub und die Ausbeute mit sich selber uneins geworden und entblößt selber seine Laster und die große Schande, so daß wir doch sehen können, wieviel Gutes in ihr jemals gewesen ist, denn die großen Laster plagen sie, die sie selber getrieben hat, und nichts Fremdes. Da sieht man jetzt, wie vielerlei ihre Hurerei gewesen war und wie uns der Teufel mit vielerlei Netzen nachgestellt hat, und wie eine Hurerei gegen die andere läuft und sich anfeindet, beißt und tötet. Denn das große Weh ist gekommen und soll jetzt das große Übel gebären, dessen sie in sich schwanger wurde. Darum schreit sie, denn die Wehen sind ihr angekommen, und damit spricht sie vom Kind, das sie gebären soll, nämlich von Mord, Geiz und Tyrannei. Jetzt entblößet sie ihre schöne Gestalt, wie sie im Herzen ist. Wer sie nun nicht erkennen will, dem ist kein Rat.

8.20. Die Offenbarung sagt: »Geht aus ihr heraus, mein Volk, daß ihr ihrer Plage nicht teilhaftig werdet, denn sie hat in ihren Becher die Greuel ihrer Hurerei in Gottes Zorn eingeschenkt. Den soll sie austrinken, und davon muß sie selber zerbersten. (Offb. 18.4)« Und das ist es, was ich von Babel sage, daß sie eine Hure ist und bald zerbrechen soll. Sie soll sich selber zerbrechen, und kein Fremder soll es tun. Der Geist ihres eigenen Lügenmundes erstickt sie, und ihre eigene Verwirrung zerbricht sie. Sie schreit Rache und Mordio über die Ketzerei, und es geht ihr doch nicht um Gott, sondern um ihren Hurenbalg.

8.21. Gänge es ihr um Gott, dann träte sie in sein Gebot und seinen Willen von der Liebe, dazu Christus sagt: »Liebet einander! Daran wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid. (Joh. 13.35)« Denn nicht in Krieg und Lästern steht Gottes Reich oder in äußerlichem Glanz in guten Tagen. Gottes Kinder finden sich darin nicht, sondern in Liebe, Geduld, Hoffnung und im Glauben unter dem Kreuz Christi. Hier wächst der Kirche Gottes in der heiligen Dreifaltigkeit (Ternarium Sanctum) ein neuer englischer Mensch im alten verborgen. Das ist kurzgefaßt meine Erkenntnis von diesem Artikel, und auch in meinen Schriften werdet Ihr es sehen.

8.22. Zum anderen sage ich auch von Zion nach meiner Erkenntnis, wie es mir der (sehende) Geist zeigt, daß eine Änderung des Trugs kommen und Zion gefunden werden soll. Doch nur von den Kindern des Glaubens, nicht allgemein, damit kein Gottloser bleiben sollte, denn der Treiber wird eine Ursache werden müssen, daß Zion geboren wird. Wenn man sehen wird, wie Babel eine Hure ist, dann werden sich viele Kinder in Zion finden und den Herrn suchen. Aber der Treiber wird hinter ihnen her sein und sie als Ketzer verschreien, auch verfolgen und töten, und damit ihren Glauben üben. Und wo einer getötet wird, da werden ihrer zehn, ja hundert an dessen Statt nachkommen.

8.23. Aber das allgemeine Zion erscheint erst im größten Elend. Wenn Babel zerbricht, dann wird es verwüstet und elend stehen. So sagen dann die Kinder Zions: „Wie hat uns der Herr verlassen! Kommt doch und laßt uns sein Antlitz suchen. Laßt uns doch vom Streit abgehen! Wir haben doch nur unser Land verwüstet, und aller Vorrat ist dahin. Wir sind doch Brüder, warum streiten wir? Wir wollen in eine Liebe treten und den Herrn suchen und nicht mehr streiten und uns verderben. Wir wollen uns genügen lassen, denn wir sind doch hier nur fremde Gäste und suchen unser wahres Vaterland.“

8.24. In dieser Zeit wird zwar ein Zion gefunden und der Himmel wird seinen Tau und die Erde ihre Fettigkeit geben, aber nicht dergestalt, als würde die Bosheit ganz weg sein. Denn es soll triefen bis ans Ende, davon Christus sagt: »Meinst du, daß Glauben auf Erden sein werde, wenn der Menschensohn kommen wird? (Luk. 18.8)« Und wenn den Kindern Zions auch eine feurige Rettung geschieht, so daß sie gegen des Teufels Willen bleiben werden, auch daß Gott große Dinge wie zur Zeit der Apostel wirken wird, dann währt es doch nicht bis ans Ende. »Denn wie es zur Zeit Noahs war, als er in die Arche ging, so soll auch die Zukunft des Menschensohns sein, wie geschrieben steht. (Luk. 17.26)«

8.25. Daß aber der Heilige Geist im Herzen der Gläubigen in Zion sein werde, das erkenne ich und weiß es, denn Zion wird nicht äußerlich sein, sondern im neuen Menschen. Es ist schon geboren, und wer es suchen möchte, der suche sich nur selbst und gehe vom alten Adam ab in ein neues Leben, dann wird er es finden, (und auch) ob Jesus in ihm geboren ist. Findet er es nicht, dann gehe er nur in sich, dann wird er Babel und ihre Wirkung in sich erkennen. Die muß er zerbrechen und in Gottes Bund treten. Dann wird Zion in ihm offenbar und mit Christus im finsteren Stall geboren werden, nicht in Jerusalem, wie der Verstand gern wollte, daß Christus im alten Esel geboren würde. Dieser soll Knecht werden und dem neuen Menschen in Zion dienen.

8.26. Daß aber in den vierhundert Jahren* nur goldenes Wesen sein werde, davon weiß ich nichts. Es ist mir nicht offenbart. So ist mir auch das Ziel zum Ende der Welt nicht offenbart, und ich kann von keinen vierhundert Jahren sprechen, denn der Herr hat es mir nicht befohlen zu lehren. Ich stelle es seiner Macht anheim und überlasse es jenen, denen es Gott offenbaren möchte. Dieweil ich solches noch nicht begriffen habe, so lasse ich mir an meiner Gabe genügen, verachte aber keinen, wenn jemand eine Erkenntnis oder Befehl hätte, so zu lehren.

(Nach den Angaben in „Die drei Prinzipien“ unter §18.35 berechnete man den Anfang der Schöpfung 3970 Jahre vor Christi Geburt. Zu Böhmes Zeiten wären es also um 1630 noch 400 Jahre gewesen, bis dann im Jahr 2030 die 6000 Jahre der sechs Schöpfungstage vollendet würden. Siehe auch „Vierzig Fragen von der Seele“ unter $1.82. Böhme sieht natürlich klar und deutlich, daß die Zeit nichts Absolutes ist, sondern eine Wahrnehmung relativ zur Bewußtseinsebene: „8.12. So ist auch das Alte vor tausend Jahren im Licht so nah und leicht zu erkennen, als das, was heute geschieht. Denn vor Gott sind tausend Jahre kaum anders als für uns eine Minute oder ein Augenblick…“ So pflegte er angeblich auch, guten Freunden ins Stammbuch zu schreiben: „Wem Zeit wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit, der ist befreit von allem Streit.“ Spätestens seit Einstein und Heisenberg sollte das auch unserer modernen Welt bewußt sein, was früher schon lange intuitiv bekannt gewesen war, wie z.B. die alten indischen Überlieferungen im Vayu Purana Kapitel 1.57 berichten.)

8.27. Denn das vierte Buch Esras* ist mir vor meinen Augen hiermit nicht genug, um es zu begreifen. Ich erwarte einfach nur meinen Heiland und freue mich dessen, daß ich meinen Herrn finden kann. Wenn ich den habe, dann hoffe ich, mich nach dem Absterben meines alten Adams in der stillen Ruhe Zions wohl zu erfreuen und in meinem Gott zu harren, was der in seinem und meinem Zion mit mir tun will. Denn wenn ich nur den habe, dann bin ich mit und in ihm im ewigen Sabbat, darin kein Streit der Gottlosen mehr in meinen neuen Menschen gegen mich ergehen kann. Dessen erfreue ich mich unterdessen in diesem elenden Hüttental.

(*In Kapitel 7 werden die letzten 400 Jahre erwähnt:

Das Weltgericht.
(26) Denn siehe, Tage kommen, wann die Zeichen, die ich dir früher gesagt, eintreffen, da wird die ’unsichtbare‘ Stadt erscheinen und das verborgene Land sich zeigen; (27) und jeder, der aus den Plagen, die ich dir vorausgesagt, gerettet ist, der wird meine Wunder schauen. (28) Denn mein Sohn, ’der Christus‘, wird sich offenbaren samt allen bei ihm und wird den Übergebliebenen Freude geben, 400 Jahre lang. (29) Nach diesen Jahren wird mein Sohn, der Christus, sterben und alle, die Menschenodem haben. (30) Dann wird sich die Welt zum Schweigen der Urzeit wandeln, sieben Tage lang, wie im Uranfang, so daß niemand überbleibt. (31) Nach sieben Tagen aber wird der Äon, der jetzt schläft, erwachen und die Vergänglichkeit selber vergehen…

Und dieses vierte Buch Esra endet im 14. Kapitel mit:
(48) So tat ich, im siebenten Jahr der sechsten Woche, 5000 Jahre 3 Monate 12 Tage nach der Schöpfung der Welt.)

8.28. Die erste Auferstehung der Toten zum tausendjährigen Sabbat, davon in der Apokalypse steht (Offb. 20.5), ist mir auch nicht genug erkannt, wie es damit bewandt sein soll, weil die Schrift sonst nichts davon meldet und es Christus sowie seine Apostel auf anderem Weg nicht bedacht haben als nur Johannes in seiner Offenbarung, ob es tausend Sonnenjahre sein werden, oder wie es damit bewandt sei. Weil ich es aber nicht begriffen habe, so lasse ich es meinem Gott und jenen, denen Gott solches zu erkennen geben möchte, bis mir die Augen dieses Wesens, wenn es Gott gefiele, eröffnet werden. Denn es sind Geheimnisse, und es steht dem Menschen ohne Gottes Befehl und Licht nicht zu, darüber zu beschließen. Wenn aber jemand von Gott Erkenntnis und Erleuchtung darüber hätte, möchte ich mich wohl belehren lassen, wenn ich dazu im Licht der Natur einen Grund haben (bzw. sehen) kann.

8.29. Weil mir aber gebührt, meine Erkenntnis, so viel ich im Licht der Natur begriffen habe, nicht zu verbergen, so will ich etliche Meinungen, die mir bedenklich sind, darstellen, nicht beschließen, sondern zu erwägen geben. Weil solches auch schöne Lehre gibt und dieses Forschen dem Menschen nützlich ist, will ich es in guter Meinung tun, so daß man etwas näherkommen könnte und dadurch vielleicht irgendein Mensch erweckt werde, dem Gott die Gabe gegeben hat, klarer zu schreiben.

8.30. Nämlich erstlich, ob es auch gewiß sei, daß die Welt siebentausend Jahre bestehen müsse und (davon) tausend Jahre nur ein Sabbat (Ruhetag) sind, nachdem Gott in sechs Tagen alles geschaffen und am sechsten Tag gegen Abend die Ruhe begonnen hat, davon die Juden ihren Sabbat am Freitag zu Abend beginnen und auch Elias sagt, daß die Welt nur sechstausend Jahre bestehen sollte. Aber Christus sagt, daß »die Tage um der Auserwählten willen verkürzt werden sollen, sonst würde kein Mensch selig (Matth. 24.22, welches Ihr zwar auf den Fall Babels und die Zeit Zions bezieht.

8.31. Es läßt sich aber auch betrachten, als rede Christus vom Fall der Juden und vom Ende der Welt und zeige ein böses Ende an. Dazu sagt Christus, es soll zur Zeit seiner Zukunft zum Gericht sein wie zur Zeit Noahs, da man freien werde und sich freien lassen. So wissen wir ja wohl, wie es die Schrift bezeugt, was zur Zeit Noahs für eine bösartige Welt gewesen war, so daß auch die Sündflut kommen und sie verderben mußte. Dies würde nun einen schlechten Sabbat anzeigen. Wenn man aber die Worte Christi von seiner Zukunft anders deuten wollte, dann würde es doch nicht genug zu bewähren (bzw. beweisen) sein, nachdem uns auch die Jünger Christi nur immer das nahe Ende aufzeigen und Paulus sagt, daß das Ende kommen soll, nachdem der Antichrist offenbart werden würde (2.Thess. 2.1-3).

8.32. Daß aber die Auferstehung der Toten und das Jüngste Gericht zweifach verstanden werden sollte, nämlich daß die Gerechten zum tausendjährigen Sabbat auferstehen sollten und darunter auch etliche Gottlose, und daß Gog und Magog (Offb. 20.8) erst am Ende des tausendjährigen Sabbats gegen die Heiligen kämpfen sollten, scheint mir sehr gegen das Licht der Natur (des sehenden Geistes) zu laufen.

8.33. Denn erstlich wüßte ich nicht, wie die erste Auferstehung geschehen könnte, wenn den Heiligen ihre Werke vermöge der Worte Christi nachfolgen sollen. So wissen wir ja gar wohl, daß alle unsere Werke in das große Mysterium (wie in ein „Meer der Ursachen“) eingesät sind, daß sie erstlich in die vier Elemente gehen und dann in das Mysterium und zum Gericht Gottes behalten werden, darin alles durch das Feuer bewährt und was falsch ist im Feuer verzehrt werden soll, damit diese Bildung dem Zentrum der Natur als der finsteren Ewigkeit anheimfällt.

8.34. Sollen aber den Menschen ihre Werke in der ersten Auferstehung nachfolgen, wie Ihr berichtet, dann müßte auch Gott das Mysterium bewegen. Das heißt, er müßte sich selbst bewegen, welches das Jüngste Gericht andeutet, denn Gott hat sich seit Ewigkeit nicht mehr als zweimal bewegt: Einmal in der Schöpfung dieser Welt, und zum anderen in der Menschwerdung Christi nach seinem Herzen. So steht die erste Bewegung dem Vater aller Wesen zu, und die andere dem Sohn nach Gottes Herzen. (Vermutlich unterscheidet Böhme hier zwischen einer ganzheitlichen Bewegung Gottes und individueller Bewegungen der Wesen innerhalb von Gott.)

8.35. Dann steht (nur) noch die dritte Bewegung des Heiligen Geistes offen, sowohl in Liebe als auch Zorn nach allen drei Prinzipien, wenn in der Bewegung des Heiligen Geistes alles wiedergebracht werden soll, was je verdorben wurde, und einem jeden sein Behälter gegeben wird. Wie können dann die Toten in ihren Werken auferstehen ohne Bewegung des Heiligen Geistes entweder in Liebe oder in Zorn, wenn doch des Lebens Wiederkunft allein in ihm besteht?

8.36. Dazu wüßte ich auch nicht, wie die erste Auferstehung geschehen sollte. Wenn sie im zweifachen Menschen, welches doch die Vernunft nicht anders dulden kann, geschehen sollte als im Bösen und Guten, was könnten wir dann in diesem für einen vollkommenen Sabbat halten? Konnte doch Adam nicht so bestehen. Sollte dann der neue Mensch allein auferstehen, dann wäre er nicht in den vier Elementen in dieser Welt. Auch bedarf der neue Leib in Christus keiner Auferstehung. Er lebt ja ewig ohne Not und Tod in Christus und wartet nur, wann Gott das Mysterium bewegen wird, da er dann die Krone seiner Wunder und Werke anziehen soll.

8.37. Die Auferstehung ist (doch) so getan, daß das Mysterium wiedergeben soll, was es verschlungen hat. Die Werke sollen den Menschen angetan werden, und er soll damit durch das Feuer gehen und bewährt werden, was im Feuer bestehe oder nicht.

8.38. Dann wüßte ich nicht, wie das mit der Wohnung auf Erden zugehen sollte: Sollte es auf paradiesische Art geschehen, daß der Mensch mit den Wundern auferstehen sollte, dann könnte es ohne Bewegung des großen Mysteriums nicht geschehen. Denn euer Schreiben lautet, daß auch etliche Gottlose mit auferstehen sollten. Das deutet an, daß das Mysterium (ganzheitlich) bewegt werden müßte, denn in der Bewegung ist ja die Entzündung.

8.39. Wenn nun das Mysterium so bewegt wird, dann wird es nicht nur etliche bewegen, auch nicht nur in einer Qualität, zumal auch etliche Gottlose mit auferstehen sollten.

8.40. Daneben zeigt Ihr an, sie sollen am Ende des sechstausensten Jahres alle sterben. Dann müßte eine Wohnung auf Erden sein, wo sich die gottlosen Auferstandenen wieder erfreuten und erbauten, deren nicht nur etliche nach eurer Meinung, sondern nach der Schrift soviel wie Sand am Meer sein sollen. Wo wollten sonst Gog und Magog herkommen, oder wie wollten sie dann gegen die Paradieskinder streiten? Denn in den Paradieskindern ist kein Streit, auch wäre es so nicht not, daß sie am Ende des sechstausensten Jahres stürben, wenn sie im zweifachen Leib auferstehen sollen, wie wir jetzt sind.

8.41. Sollen sie dann im neuen Leib auferstehen, dann kann kein Gottloser denselben weder sehen noch ergreifen, gleichwie wir jetzt das Paradies nicht sehen. So ist auch der neue Leib, gegen den kein Gottloser streiten kann. Und um was wollen sie denn streiten? Sind die Heiligen im Paradies, dann brauchen sie die äußeren Elemente nicht, sondern nur das innere (heilige) Element, darin alle vier in einem liegen. So haben sie um nichts zu kämpfen, sondern sind in der Qualität geschieden.

8.42. Sollen dann die Gottlosen sterben und auch wieder in den vier Elementen auferstehen, das erscheint noch viel wunderlicher. Sollen sie aber im geistigen Leib auferstehen, dann kann dieser nicht die vier Elemente ergreifen, sondern den Abgrund, und dann wären sie geschieden wie Licht und Finsternis. Und was hätte Gott für einen Gefallen daran, daß er die Allerheiligsten wieder in den Streit und in die Qual der vier Elemente hineinführen wollte, deren sie doch abgestorben sind, und sollten erst mit den Gottlosen in den Streit ziehen? Vielmehr geschähe es den anderen recht, die hier auf Erden um Christi willen nichts gelitten haben, als die hier auf Erden um Christi willen ihr Leben verloren haben.

8.43. Und wenn man sagen wollte, sie werden nicht streiten, sondern der Herr für sie. Was hätte aber Gott für einen Gefallen daran, daß er die Heiligsten auferweckte und den Gottlosen wieder unter die Augen stellte? Oder könnte die Freude in Abrahams Schoß nicht größer sein als diese in den vier Elementen, darin von Natur aus Streit ist? Sollen sie ohne den vier Elementen im Paradies wohnen, dann kann sie doch kein Streit berühren, und auch kein Gottloser.

8.44. Dazu, was wären die Gottlosen auf Erden nützlich, wenn hier ein Sabbat sein soll? Ist doch ihre Qualität nicht in den vier Elementen, sondern im Abgrund, wo ihre Seele hingeht, wenn der Leib stirbt. Dazu sollten nur diese im Sabbat wohnen, die um Christi willen gestorben wären, deren doch keine solche Zahl sein kann, wie in der Apokalypse steht, daß sie die Erde bewohnten. Und sollten die Gottlosen auch auf Erden wohnen und sollten den höllischen Sabbat halten, welches alles gegen das Licht der Natur läuft.

8.45. Dazu sagt Christus: »Sie werden freien und sich freien lassen wie zu Noahs Zeit, auch sollen ihrer zwei in einer Mühle mahlen und ihrer zwei in einem Bett schlafen, und es soll einer angenommen und der andere verlassen werden, wenn der Jüngste Tag kommt. (Matth. 24.39)« Dazu sagt auch Christus, daß, wenn er kommen werde, die Welt zu richten, werden ihn alle Geschlechter sehen und vor ihm erschrecken, und »die Gottlosen werden weinen und heulen und zu den klugen Jungfrauen sagen, gebt uns von eurem Öl. (Matth. 25.8)«

8.46. Dieses alles zeigt ein allgemeines Erwarten des Jüngsten Gerichtes an. Dann sollen zur letzten Posaune ihrer zwei in einem Bett liegen, also ein Heiliger und ein Gottloser, und das zeigt einen Unterschied an. Sollen sich die Heiligen mit den Gottlosen vermengen, dann wird es wohl ein schlechter Sabbat sein. Und wenn man die Worte Christi und seiner Apostel ansieht, dann wollen sie sich nun gar nicht dazu schicken, auch wenn ein tausendjähriger Sabbat in der Apokalypse steht. Der ist uns aber verborgen, und wir wissen nicht, wann er beginnen soll oder begonnen hat.

8.47. Ist die erste Auferstehung aber paradiesisch, dann könnte es bereits ohne unser Bewußtsein geschehen sein. Denn sie würden nicht unter uns wohnen, sich auch nicht freien lassen, denn wir sterben ein für allemal dem Mann und der Frau ab. Wir werden nicht wieder als Mann oder Frau auferstehen, sondern in Engelsgestalt sollen wir im Paradies leben. (Matth. 13.43, Matth. 22.30)

8.48. Dazu sollen die Gottlosen die Weisen um das Öl des Glaubens in der Erscheinung seiner Zukunft bitten. Und Ihr schreibt, das Feuer Gottes, als Zorn und höllische Qual, soll in ihnen sein, und sie sollen im Zorn Gottes auf Erden in den vier Elementen gequält werden, obwohl doch der Zorn Gottes in den vier Elementen nicht mehr offenbar ist, denn es ist Böses und Gutes (ausgeglichen) untereinander.

8.49. Wie wird aber der, der dem Guten einmal abgestorben ist und keine guten Gedanken haben kann, noch den Heiligen um Glauben und Trost bitten? Das zeigt vielmehr an, daß, wenn Christus kommen wird, um die Welt zu richten, sie alle noch im Fleisch in den vier Elementen untereinander wohnen werden, so daß einer angenommen und der andere verlassen wird, und dem Gottlosen werden in der Erscheinung des ernsten Angesichts Gottes im Feuereifer des ersten Prinzips seine Sünden vor die Augen treten, so daß er erschrecken wird, und dann erst fromm werden will.

8.50. Und wenn Ihr auch schreibt, sie sollen nur aufwachen und nicht auferstehen, dann müßte man (darunter) die Unverwesenen verstehen. So schreibt Ihr doch, sie sollen auf Erden in den Elementen wohnen, und die Heiligen im Paradies. Wenn das so ist, dann geschieht kein Streit mehr, sondern sie sind ewig geschieden.

8.51. Sollen aber die Heiligen auf Erden im Paradies wohnen wie Adam vor dem Fall, und sollen die Gottlosen gegen sie stehen, dann ist die Gefahr bei ihnen wie bei Adam, daß sie wieder von irdischer Frucht essen könnten, davon sie noch einmal stürben.

8.52. Sollen sie aber den Gottlosen tausend Jahre verborgen sein und auch den vier Elementen, warum sollen sie dann erst am Ende in den vier Elementen offenbart werden, damit dann Gog und Magog mit den Paradieskindern streiten sollten? Das macht weder mit der Heiligen Schrift noch mit dem Verstand Sinn.

8.53. Die erste Epistel an die Korinther lehrt zwar im 15. Kapitel von Christi und unserer Auferstehung, aber nicht von dreien, sondern von Christi und dann von unserer, denn er sagt: »Der Erstling ist Christus, und danach wir, die wir Christus angehören.« Das ist die allgemeine Auferstehung. Und wenn er auch sagt »danach (kommt) das Ende«, so kündigt er doch keine Auferstehung mit Ende an, sondern das Ende ist unsere Auferstehung. Das ist vielmehr zu verstehen, als daß er mit dem Ende eine andere Auferstehung oder Zeit meinte, denn nach unserer Auferstehung kommt das Ende dieser Welt. (1.Kor. 15.23)

8.54. Die Toten sollen zuerst vor das Gericht treten, bevor das Ende dieser Welt und der vier Elemente kommt, denn das Ende ist die Anzündung des Feuers und das Letzte.

8.55. Auch haben uns Christi Apostel und alle Lehrer von Gott immer das nahe Ende vorgezeichnet. Denn Johannes selbst sagt in seiner Epistel (1.Joh. 2.18), daß wir am Ende sind. Er spricht sogar von der letzten Stunde. Aber dem Gottlosen sollte gewiß sein, daß er noch vierhundert Jahre bis zum Ende hätte!? Wie sollte er auf seine Kinder und seinen Reichtum trachten!

8.56. Auch ist uns wohl über das Ende nachzudenken: Denn diese Welt ist eingeschlossen in den Anfang der Schöpfung bis zum Ende, wenn die Schöpfung aufgehört hat, und das sei alles im sechsten Tag vollendet worden. Und in einer solchen Zeit soll das Geheimnis des göttlichen Reiches vollendet werden. Und vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag.

8.57. Was aber den siebenten Ruhetag anbelangt, ob die Welt noch tausend Jahre zur Ruhe bestehen solle, ist uns Menschen verborgen. Wir können nicht gewiß schließen, und wir müssen es in seiner Macht stehenlassen. Ich habe auch dessen keine Erkenntnis, weil es die Schrift nicht klar angibt, wann die tausend Jahre beginnen oder was es für Jahre sind oder wie es damit bewandt sei. So lasse ich es in seinem Wert, will aber niemanden verwehren, wenn er dessen eine gewisse Erkenntnis oder Befehl hätte, damit zu handeln. Das gebe ich Euch zum Nachsinnen in guter Meinung.

8.58. Was aber noch mehr darauf zu antworten wäre, findet Ihr in meinen Schriften genug. Auch wenn ich eine ausführliche Antwort geben möchte, so deucht es mich doch nicht genug zu sein, weil mir diese Erkenntnis nicht gegeben worden ist. Ich lasse es deswegen so stehen, denn ich weiß, daß ich von meinen Dingen Rechenschaft geben soll. Und übersende Euch mit Boten eure zwei Bücher wieder und bedanke mich dessen.

8.59. Auch bezüglich des Endes von Babel, daß Babel nach eurer Rechnung während des Jahres 1630 ganz zerbrechen sollte, dergleichen auch andere schreiben, ist mir nicht genug erkenntlich. Mir ist zwar zu erkennen gegeben worden, daß die Zeit nahe sei und nunmehr bevorsteht, aber Jahr und Tag weiß ich nicht, und überlasse es deswegen dem Rat Gottes und denen es Gott offenbaren will. Ich kann ohne ein gewisses Erkennen nichts schließen, sonst würde ich vor Gott als ein Lügner befunden.

8.60. Denn ich diene meinem Heiland, was er tun will. Will er, daß ich es wissen soll, dann will ich es wissen, wenn nicht, dann will ich es auch nicht wissen. Ich habe mein Wollen, Erkennen und Wissen in ihn gestellt. Ohne ihn will ich nichts wissen. Er soll mein Erkennen, Wissen, Wollen und Tun sein, denn ohne ihn ist nur Gefährlichkeit. Der Mensch trifft (bzw. erkennt) schon das schwerlich, was er vor Augen hat, viel weniger das Verborgene, es sei denn, daß Gott sein Licht ist. Das gebe ich Euch als wohlmeinende Antwort zu erwägen, obwohl ich ein schlichter einfältiger Mann bin und von keiner Kunst dieser Welt geboren. Was ich aber habe, das ist Gottes Gabe. Ich habe es nicht von Kunst oder Studieren, sondern vom Licht der Gnade, welches ich allein gesucht habe. Und wenn mein Anfang wegen meines kindischen Verstandes auch einfältig gewesen war, so hat doch Gott seit dieser Zeit in seinem Licht etwas in mir bewirkt und mir meine kindischen Augen geöffnet.

8.61. Bezüglich des Buches „Morgenröte“, welches das erste ist, wäre es an manchen Stellen nötig, besser zu erklären, denn zu jener Zeit war in mir der ganze Begriff noch nicht geboren. Denn wie ein Platzregen vorübergeht, und was dieser trifft, das trifft er, so erging es mir auch mit dem feurigen Trieb, obwohl mein Vorhaben gar nicht war, daß es jemand lesen sollte. Ich schrieb allein die Wunder Gottes, die mir gezeigt wurden, für mich zu einer Erinnerung auf. Und es ist auch ohne meinen Willen ausgegangen und wurde mir gewaltsam entzogen und ist ohne mein Bewußtsein publiziert worden. Denn ich gedachte es mein Leben lang bei mir zu behalten, und hatte keinen Vorsatz damit, unter so hohen Leuten bekannt zu werden, wie geschehen ist. Aber der Höchste, in dessen Händen und Gewalt alles steht, hatte ein anderes Vorhaben damit, wie es jetzt am Tag ist, daß es, wie mir berichtet wurde, in vielen Städten und Ländern bekannt sein soll, welches mich zwar wundert und doch auch nicht wundert, denn der Herr richtet sein Werk wunderlich und spielend über allen Verstand aus. Und sollte er einen (einfältigen) Hirten dazu gebrauchen, weil ihm die Kunst und der äußere Verstand nicht Statt und Raum geben will, dann muß sein Vorsatz auch gegen alles Wüten des Teufels bestehen.

8.62. Und obwohl ich mir damit nicht viele gute Tage geschöpft habe, so soll ich doch auch seinem Willen nicht widerstehen. Ich habe allein nach der Form geschrieben, wie es mir gegeben worden ist, nicht nach anderen Meistern oder Schriften. Und dazu war ja mein Vorhaben nur für mich gewesen. Wenn es mir auch der Geist gezeigt hat, wie es ergehen werde, so hat doch mein Herz nichts gewollt, sondern Ihm anheimgestellt, was Er wollte. Deshalb bin ich auch nicht ohne Ruf gelaufen, denn mich hat jemand bekannt gemacht. Obwohl ich auch mit Wahrheit sage, daß es meine (nahen) Bekannten am wenigsten wissen. Was ich aber jemanden gewiesen (bzw. gelehrt) habe, das ist auf seine Bitte und emsiges Begehren geschehen.

8.63. Und ferner möchte ich Euch sagen, dieweil Ihr meine Schriften zum Lesen in den Händen habt, daß Ihr sie nicht als eines großen Meisters Kunst ansehen sollt, denn Kunst ist darin nicht zu sehen, sondern großer Ernst eines eifrigen Gemüts, das nach Gott dürstet, und darin der Durst große Dinge empfangen hat, wie der Erleuchtete wohl sehen kann, denn ohne dieses Licht wird es keinem richtig erkenntlich oder begreiflich sein. In der Tat wird es der Leser so empfinden, und es konnte doch auch nicht leichter oder verständlicher geschrieben werden. Obwohl ich meine, Sie sind helle und einfältig genug für eine solche Tiefe. Wenn aber etwas wäre, das zu schwer sein wollte, könnte ich es wohl etwas einfältiger vorbilden, wenn es mir berichtet würde.

8.64. Es wurden auch noch andere Büchlein mehr von der Weisheit Gottes geschrieben, mit sehr scharfem Sinn von der großen Tiefe der Wunder Gottes, welche ich jetzt nicht zur Hand habe.

8.65. Daß ich Euch aber keine ausführliche Antwort meines Bedenkens wegen eurer Büchlein über den tausendjährigen Sabbat und auch die vierhundertjährige Zeit in Zion gebe, welches Ihr mit vielen Zeugnissen der Heiligen Schrift zu beweisen vermeint, liegt an meinem Bedenken, daß ich nicht gründlich weiß, ob sich diese Sprüche auch wirklich darauf beziehen. Denn es gibt auch viele Sprüche der Heiligen Schrift, die erscheinen, als wollten sie nicht mehr als eine allgemeine Auferstehung der Toten andeuten, und sind sehr hell, besonders in den Worten Christi in den vier Evangelien, welche ich für die gewissesten halte.

8.66. Desgleichen verhält es sich auch mit Zion, denn die Bosheit soll triefen bis ans Ende (Dan. 9.26). Und obwohl ein Zion sein wird, so ist es doch nicht allgemein. Nur Babel wird zerbrechen und eine andere Gestalt bekommen. Aber es werden nicht alle Kinder Gottes sein, welche sich Kinder in Zion nennen.

8.67. So habe ich auch zum tausendjährigen Sabbat keine Erkenntnis, und weiß es auch mit der Heiligen Schrift nicht genug zu gründen, denn man findet allezeit das Widerspiel (gegenteiliger Aussagen). Man kann die Schrift deuten, wie man will. Weil ich nun dazu keinen Befehl von Gott habe, lasse ich es stehen und lasse einem jeden seine Meinung auf sein Verantworten. Das sage ich Euch treuherzig und wohlmeinend und bin Euch sonst in der Liebe Christi in Treue verwandt.

8.68. Auf dem 42. und 43. Blatt, wo Ihr vom Mysterium der abgeschiedenen Seelen usw. schreibt, zieht Ihr die Meinung von Theophrasti (Paracelsus) und anderen in Verdacht, als hätten sie nicht recht vom Mysterium geschrieben. Das wäre besser übergangen worden, dieweil Ihr deren Meinung nicht verstanden habt, wie Ihr berichtet, und auch fast so lautet. Ihr werdet in meinem Büchlein der „Vierzig Fragen“ zum Jüngsten Gericht und auch in anderen Fragen genugsam Ausführung finden. Wenn diese gelesen und recht verstanden würden, bedürfte es fast keines tiefen Suchens mehr. Es ist darin hell genug, was das Mysterium ist, das Leib und Seele begreift, und wie es mit den abgeschiedenen Seelen eine Bewandtnis habe, sowohl mit ihrem Erwarten des letztendlichen Gerichtes als auch ihrer Wohnung unterdessen sowie ihrer Qualität und Unterscheidung. Ich hätte vermeint, es wäre so tief und hoch begründet, daß des Menschen Gemüt ruhen könne. Und wenn Ihr kein Gründlicheres habt noch darstellen könnt, dann bliebe es zu Recht an seinem Ort. Der tausendjährige Sabbat und auch die vierhundertjährige Zeit, wer will es meistern oder in Verdacht ziehen?

8.69. Mir könnten viele Einwände einfallen, mit welchem mir aber nicht gedient ist. Auch ist der Welt an der Offenbarung des tausendjährigen Sabbats nicht viel gelegen. Weil wir dessen nicht genug Grund haben, so ruhe es zu Recht in göttlicher Allmacht, denn wir haben genug am Sabbat der neuen Wiedergeburt. Denn welche Seele diesen Sabbat erlangt, die wird nach dem Absterben des irdischen Leibes des Sabbats genug im Paradies haben. So können wird das andere wohl göttlicher Allmacht anbefehlen, was Er mit uns tun will, wenn wir in Ihm und Er in uns sein wird. Denn ich meine, es sollte in Gott ein besserer Sabbat sein als in dieser Welt. Auch wenn die Menschen auf Erden im Paradies wohnen sollten, dann müßte Gott wieder hervorbringen, was in seinem Fluch in das göttliche Mysterium getreten ist, wie bei den „Vierzig Fragen“ zu sehen ist.

8.70. Daß Ihr aber vermeint, die Gerechten werden mit ihren Werken nicht vor das Gericht gestellt, das läuft gegen die Worte Christi, der da sagte, es soll alles durch das Feuer bewährt werden. Ich sage nicht, in das Gericht, denn das Gericht ist in den Gottlosen, das heißt, das Zorngericht, davon die Schrift spricht: Der Gerechte, oder wie Christus sagt, »wer an mich glaubt, kommt nicht in das Gericht. (Joh. 5.24)« Er versteht hiermit die Qualität des Gerichtes. Seine Worte lauten, daß sie alle vor das Gericht treten sollen und ein jeder seinen Richterspruch hört, also die Gottlosen „Geht hin!“, und die Frommen „Kommt her!“.

8.71. So soll auch ein jeder im Mysterium seiner eigenen Werke dastehen und nach den Werken gerichtet werden. So wißt Ihr ja wohl, daß unsere Werke in dieser Welt in Gut und Böse geschöpft worden sind und im Feuer Gottes bewährt und entschieden werden sollen. Wie können sie dann den Heiligen in der Auferstehung zum Sabbat ohne Entscheiden nachfolgen und sie darin Sabbat halten? Sollen sie ihnen wirklich nachfolgen, dann müssen sie im Feuer probiert und entschieden werden, und dann brauchen sie nicht mehr vor das Gericht. Sollen sie aber ohne ihre Werke Sabbat halten, dann wären sie nicht vollkommen.

8.72. Wenn wir vom Paradies reden und es begreifen wollen, dann müssen wir scharfe Augen haben, um es zu sehen, denn die innere Welt des Paradieses und die äußere Welt hängen aneinander. Wir haben uns nur aus der inneren in die äußere gewendet und wirken also in zwei Welten. Der Tod kann unsere Werke nicht entscheiden. Das kann nur das Feuer Gottes tun, denn sie bleiben in einem Mysterium bis zum Gericht Gottes.

8.73. Ein jeder Mensch soll zur Stunde der Auferstehung in seinem eigenen Mysterium dastehen und seine Werke im Mysterium vor sich sehen und in sich fühlen. Dann gilt es nicht, sich mit Worten zu verantworten, denn das Reich Gottes steht in der Kraft. Auch wenn der Gottlose über seine Greueltaten und seine Verführer jammern wird, so steht doch einem jedem sein Werk in der Kraft da, das ihn entsprechend erfreuen oder quälen wird.

8.74. Dann ist der alte Leib dieser Welt das Mysterium dieser Welt, der neue Leib ist das Mysterium der göttlichen Lichtwelt, und die Seele ist das Mysterium des göttlichen Vaters. Und auch die Erde mit den Elementen haben beide ein Mysterium, die durch das Prinzip des Vaters bewegt werden sollen. Dann werden alle Türen der Geheimnisse aufgehen und ein jedes Mysterium wird seine Bildung geben, die es verschlungen hat, und darstellen. Doch das Prinzip der Seele muß mit beiden Mysterien vor Gericht stehen.

8.75. Wohl dem, der dann Christi Leib im Mysterium der Grimmigkeit haben wird! Für ihn besteht das Seelenfeuer oder das Prinzip des Vaters mit der Lichtwelt als mit dem anderen (zweiten) Prinzip umgeben und von der Majestät durchleuchtet. Sie werden keine Qual noch Übel fühlen. Sie gehen ohne Fühlen durch das Feuer, darin dann das äußere oder dritte Prinzip probiert werden und alles Irdische oder Falsche im Feuer bleiben soll. Ihre Werke werden im Feuer gereinigt, so daß sie der irdischen Qual und Dunkelheit entledigt werden. Da bleibt das irdische Mysterium im Feuer und ist eine Speise des Feuers, daraus das Licht entsteht, und der Gerechte verliert nichts. Denn die Werke der Liebe, die im neuen Leib geboren worden sind, gehen mit dem Seelengeist durch das Feuer und bleiben im göttlichen Bildnis in der Licht-Qualität, und die vom dritten Prinzip als von dieser Welt bleiben in der Feuer-Qualität der Seele.

8.76. Was aber ganz böse im dritten Prinzip gemacht worden ist und in dieser Welt nicht durch ernste Buße und Vertragen mit seinem Bruder bereinigt wurde, das fällt dem Zentrum der Natur als der Wurzel oder der finsteren Welt anheim.

8.77. Aber die Werke der Gottlosen werden im Feuer gar nicht bleiben (bzw. bestehen) können, denn das Feuer verschlingt sie in sich in das finstere Zentrum als in den Ursprung der Natur, darin die Teufel wohnen. Und dahinein geht dann auch ihr Seelenfeuer als das Prinzip des Vaters, denn dieses Seelenfeuer wird keine Materie zum rechten (wahren) Feuerbrennen haben, sondern wird wie ein erloschenes, finsteres und ängstliches Qualfeuer sein, nur wie eine Angst zum Feuer, das heißt Gottes Grimm und kein Prinzip, also ein Sterben oder eine sterbende Qual.

8.78. Denn das Prinzip des Vaters, darin die wahre Seele steht, ist ein angezündetes Feuer, das damit Licht gibt, so daß im Licht das edle Bildnis Gottes steht. Denn dieses Licht besänftigt das brennende Feuer mit der Wesenheit der Liebe, so daß es nur ein Wohltun und Verursachen der Natur und des Lebens ist.

8.79. Darum sage ich Euch, daß ihr Euch nicht wundern oder es in einen Mißverstand ziehen sollt, wenn ich oder ein anderer, sei es Theophrastus (Paracelsus) oder wer auch immer, schreiben, daß der Mensch in seinem hier gehabten Leib vor Gericht stehen soll.

8.80. Ich merke gar wohl, daß Ihr meine Schriften noch nicht verstanden habt. Im Buch „Vom dreifachen Leben“ und dann im Buch „Von der Menschwerdung Jesu Christi“, das von Christi Leiden, Sterben und Auferstehen handelt und wie wir in Christi Tod eingehen und aus seinem Tode auferstehen müssen, in diesen Büchern werdet Ihr es scharf genug erklärt und ausgeführt haben. Wenn Ihr diese noch nicht in euren Händen habt, sollt ihr Euch gedulden, dann könnt Ihr sie vielleicht zu lesen bekommen. Dann werdet Ihr eures Kummers und tiefen Forschens auf solche Weise wohl ledig werden.

8.81. Denn sie gründen alle sehr viel tiefer, als euer Begriff in diesem ist. Lest sie nur recht, dann werdet Ihr wohl finden, was das Mysterium ist, was der magische Grund und Ungrund ist, und auch das Wesen aller Wesen. Es bedarf keines Ratschlags von einem oder dem anderen. Wer das große Mysterium erkennt, daraus alle Wesen gekommen sind und noch kommen, der bleibt um solche Erweiterung unbekümmert.

8.82. Ihr habt Euch eine überaus harte Arbeit vorgenommen, welche nur euer Leben bekümmert, zerfrißt und verzehrt. Das bedarf es gar nicht. Wer das Mysterium Magnum (das große ganzheitliche Geheimnis oder auch Meer der Ursachen) findet, der findet alles darin. Es bedarf keines Buchstabenbeweises. Denn darin liegen Gott, Christus und die Ewigkeit mit allen Wundern, und der Heilige Geist ist der Schlüssel dazu. Seid Ihr in der neuen Geburt, wie Ihr sagt, dann bedarf es keines so schweren Suchens mit solcher schweren Arbeit. Sucht nur Christus in der Krippe im finsteren Stall. Wenn Ihr den findet, dann werdet Ihr wohl finden, wo er zur Rechten Gottes sitzt.

8.83. Forschen allein bringt es nicht. Der Stein der Weisen (Lapis Philosophorum) ist ein gar schwarzer und unansehnlicher Stein mit grauer Farbe. Aber darin liegt die höchste Tinktur. Wollt Ihr das Mysterium Magnum erforschen, dann nehmt Euch nur die Erde mit ihren Metallen vor, dann werdet Ihr wohl den magischen Grund finden.

8.84. Denn die tiefen Zahlen der Verborgenheit, welche sonst kein Mensch ergründen kann, liegen alle im Mysterium. Aber wer es findet, forscht nicht nach Zahlen (wie für Jahresangaben oder Maße), er nimmt Gold wie Erde und handelt wie einer, der einen köstlichen Schatz an einem dunklen Ort liegen hat. Die Krippe und Windeln Christi sind ihm viel lieber als die ganze Welt mit ihrer Bildung. Er verbirgt sogar die Zahlen, denn das äußere Reich soll seine Wunder hervorbringen.

8.85. Warum soll das irdische Mysterium vor der Zeit von den Magiern (bzw. geistigen Sehern) bloßgestellt werden, welche die Magie himmlisch und irdisch erkannt haben? Warum haben sie die Tinktur verborgen gehalten und nicht offenbart? Es gibt keine andere Ursache, als daß es die Welt nicht wert ist. Und so ist sie auch der Zahlen des Mysteriums nicht wert. Darum hat es uns Gott verborgen, damit das irdische Mysterium alle seine Wunder in uns hervorbringe und daß alle Schalen des göttlichen Zorns in uns ausgegossen werden. Wie könnte es ein Mensch wagen, solche Geheimnisse zu offenbaren, ohne des Mysteriums Einwilligung? Wahrlich, er geht um das Mysterium von außen herum, kommt er aber hinein, dann hat er auch den Willen des Mysteriums.

8.86. Der äußerliche Trieb zum Offenbaren des Mysteriums kommt vom Gestirn, denn es will die Eitelkeit gern los sein und treibt in den magischen Kindern mächtig zur Offenbarung. Darum sollen wir den Trieb prüfen, ob er aus Gottes Licht von Gottes Geist kommt oder vom Sternenregiment.

8.87. Denn der Geist Gottes redet bloß von seinem Mysterium. Er zeigt nur die Verwirrung (und Verirrung) an und läßt die Zahlen stehen. Er hat das Mysterium mit der Macht des ersten Prinzips in den sieben Gestaltungen der Natur einmal zu den Wundern Gottes bezeichnet. Und das andere Mal hat er es in der Liebe in der Menschwerdung Christi mit den sieben goldenen Leuchtern und Fackeln bezeichnet. Und dabei bleibt es bis zum Gericht.

8.88. So offenbart sich eine jegliche Zahl selbst zu ihrer Zeit. Keine Kreatur hat die Macht darüber, sie zu offenbaren, denn auch der sie hat, darf es nicht, sonst tritt er aus der magischen Ordnung und wird dem Mysterium ein Ekel.

8.89. Darum haben die Propheten und auch Christus alle in Gleichnissen auf magische Art gesprochen, und so darf noch heute keiner, der des Mysteriums fähig ist, anders reden, es sei denn ein besonderer Vorsatz Gottes, daß die Zahl offenstehen muß, wie bei Daniel, der die Zeit Christi mit seiner Zahl klar deutet. Der hatte dazu Befehl.

8.90. Solches sage ich gutherzig und ganz vertraulich, auch in rechter christlicher Liebe zu Euch, nicht aus Verachtung, sondern aus meiner Erkenntnis und Gabe. Dieweil Ihr solches von mir begehrt, habe ich Euch eine kurze Andeutung gegeben, was hier zu tun sei, und bitte, Ihr wollt es brüderlich betrachten. Was ich Euch aber mit meinen wenigen Gaben dienen kann, wenn Ihr dies ferner begehren würdet, soll gern geschehen, wenn ich merke, daß Euch die Sache ernst sei und solches zu Gottes Ehren und menschlichem Heil dienen würde. Damit empfehle ich Euch in die Liebe Jesu Christi.

Görlitz, Datum, siehe oben. J. B.

9. Sendbrief an Christian Bernhard, 12.9.1620

Licht, Heil und ewige Kraft aus dem Brunnquell des Herzens Jesu Christi sei unsere Erquickung!

9.1. Ehrenfester und wohlbenamter Herr, in Christus geliebter Bruder! Euer an mich gerichtetes Schreiben samt dem darin liegenden Reichsthaler habe ich empfangen und bedanke mich dessen. Gott wird solches vermöge seines Wortes reichlich wiedererstatten. Obwohl die Gaben Gottes um kein Geld oder Gut zu kaufen sind, so finde ich doch bei Euch vermöge eures Schreibens einen ernsten Fleiß, indem Ihr der Studien göttlicher Weisheit begierig seid und dasjenige, was mir Gott aus Gnade gegeben hat, selbst nachzuschreiben einen Eifer bezeugt, und erkenne, daß es aus Dankbarkeit und Gehorsam für Gott geschieht, deswegen ich es auch willig angenommen habe.

9.2. Und ich ermahne Euch brüderlich in Christus, euren angefangenen Lauf zu beherzigen und nachzukommen und wie ein standhafter Ritter gegen den eigenwilligen äußerlichen Verstand in Fleisch und Blut sowie auch gegen den Teufel und die gleisnerisch böse Welt mit starkem Vertrauen in Gott im eifrigen Geist und Gemüt und in einem stillen Leben zu kämpfen, damit Ihr des edle Ritterkränzlein erlangen mögt, welches einem gottesfürchtigen jungen Gesellen wohl ansteht und vor Gott und seinen Engeln gar lieb ist. Denn wenn Euch das einmal aufgesetzt wird, dann werdet Ihr wohl inne, was Gott ist und vermag, und werdet auch danach nicht mehr viel von anderen lernen müssen, wenn der rechte Lehrer in Euch selbst ist, der alle Menschen belehrt und sie zu Gottes Kindern bestätigt, und der aus dem Menschen lehrt. Denn das Reich Gottes ist im Menschen, wenn er in Christus wiedergeboren ist.

9.3. Wie Ihr dann solches in meinen Schriften genugsam beschrieben findet, welche nicht aus Tand oder Meinung entsprungen oder hergekommen sind, sondern durch einen solchen Weg, wie Sie ihn selber aufzeigen und erläutern, nämlich vom ritterlichen Kampf. Und was ich damit erreicht und empfangen habe, das habe ich mir zur Erinnerung und zum Bedenken aufgeschrieben, auch um derer willen, die Gott damit heimsuchen und ebenfalls mit diesem Kränzlein krönen will. Wie mir dann auch solches zu erkennen gegeben wurde, um welches willen ich nach den hohen Gaben im Licht Gottes geschrieben und den äußeren Verstand als einen Narren niedergeschlagen habe. Dazu habe ich auch mein äußeres Leben und die Ehre nicht geschont, noch mich geschämt, wenn mir viel Spott und Verfolgung zum Lohn wurde, außer das, was mir noch zu Händen stehen kann (bzw. zur Verfügung steht).

9.4. Ich lasse mir es aber genügen. Wenn ich mein Kränzlein von dieser Welt in mein wahres Vaterland heimbringen kann, dann habe ich Ehre und auch Reichtum genug. Die Schlange muß doch des Weibes Samen in diesem Leben immer in die Ferse stechen, und unter Kreuz und Trübsal müssen wir neu geboren werden. Denn wenn wir mit Christus leben wollen, dann müssen wir auch mit ihm verfolgt, mit ihm sterben und in ihm begraben werden, auch in ihm auferstehen und ewig in ihm leben, seinem Bild ganz ähnlich werden und allein unter seinem Purpurmantel zu ihm kommen. Er muß uns überall bedecken, sonst sind wir im Netz des Teufels und Antichrists und stehen mit der babylonischen Hure ganz nackt und beschämt vor Gottes Angesicht.

9.5. Weil Euch nun Gott allbereit euer Herz geöffnet hat, damit Ihr mit anderen Augen seht, so ist es hoch vonnöten fortzufahren und beständig zu bleiben. Denn der Euch krönen will, ist schon auf dem Weg, aber Ihr müßt die Anfechtung erdulden und bestehen und dem fleischlichen Verstand keinen Raum geben, denn der Teufel setzt dem Senfkörnlein heftig zu, welches vom Heiligen Geist gesät wird, und will es immer wieder verderben.

9.6. Es geht mit einem neugeborenen Kind Christi wie mit einem jungen Baum, welcher leichtlich verdirbt. Wenn er aber wächst und stark wird, dann kann er bestehen. Und wenn ihm auch manchmal ein Ast vom Sturmwind abgebrochen wird, dann steht doch der Stamm und bringt andere Äste.

9.7. Es muß Ernst sein, mit dem Teufel zu kämpfen und den Zorn Gottes zu überwinden. Der eigene Verstand muß sich nur betäuben und abtöten und in Gott ergeben, damit Gott in der Vernunft des Menschen lebe, so daß er sein Wille und Tun sei. Anders ist kein Finden in göttlicher Weisheit: Der Geist Gottes muß sich selbst im Menschen finden, so daß das rechte (wahrhafte) Bildnis sein Werk und Wunder sei.

9.8. Denn alles, was von Gott ohne Gottes Geist lehrt oder redet, das ist nur Babel (verwirrendes Gedankenkonstrukt), es glänze wie es wolle. Gottes (ganzheitlicher) Geist muß aus uns reden, soll unsere Rede vor Gott tüchtig sein.

9.9. Denn er vertritt uns selbst vor Gott, das heißt, vor und in ihm selbst. Er führt unseren Willen-Geist mit und in sich selbst in Gott und vereinigt uns mit Gott und in Gott und bestätigt uns zu seinen Kindern in Christus. Er ist es, der uns findet. Wir können ihn nicht finden.

9.10. Denn sein Wille steht zu uns. Er hat in Christus beide Arme am Kreuz ausgebreitet, um uns zu empfangen. Wir sollen uns ihm nur hingeben und aus eigenem Verstand und Bosheit ausgehen. Wenn wir das tun, dann fallen wir in Christi Arme. Hier sucht und findet er uns in sich. Hier werden wir sein Eigentum und sein Wohnhaus.

9.11. Hier folgt er unserem Willen-Geist und ist uns untertan. Und alles, was wir dann machen und tun, das ist ihm lieb. Und alle diese Werke folgen uns nach und sind unser ewiger Ruhm und werden uns als ein Kleid zu Gottes Ehre und Wundertat angezogen. Denn dazu hat sich Gott zur Schöpfung des Menschen bewegt, und dazu wurde Gott Mensch, um uns vom Übel zu erlösen.

9.12. Weil Ihr nun meine Schriften in den Händen habt, so gebe ich Euch zu verstehen, daß Ihr diese nur kindlich und einfältig betrachten solltet. So könnt Ihr dann das Perlein darin finden, denn scharfes Suchen allein bringt es hier nicht, sondern Wohlwollen und Wohltun, denn das Perlein liegt nicht im Buchstaben, sondern wie oben gesagt.

9.13. In diesem mitgesandten Buch („Vom dreifachen Leben des Menschen“), welches auch aus dieser Schule von diesem Autor geboren wurde, werdet Ihr weiteren Grund finden. Wenn Euch aber etwas zu schwer zu verstehen ist, will ich es, wenn Ihr es mir aufzeichnet, erleichtern und erklären, obwohl ich hoffe, mich bald mit Euch selbst hierin zu besprechen, wenn es die Gelegenheit ergibt.

9.14. Wegen der zwei anderen Büchlein, nämlich das Neue Testament und den dritten Teil von „Gnothi seauton“ („Erkenne dich selbst!“, vermutlich ein Buch von Valentin Weigel, 1615), wollt ihr Euch ein wenig gedulden, denn man hat sie jetzt nicht bei uns, und bis nach der Leipziger Messe habe ich Vertröstung. Dann sollen sie Euch zugeschickt werden. Damit empfehle ich Euch in die brüderliche Liebe in Christus.

»Der Name des Herrn ist eine feste Burg. Der Gerechte läuft dahin und wird erhöht. (Spr. 18.10)« J. B.


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