Die drei Prinzipien Göttlichen Wesens

(Text von Jacob Böhme 1619, deutsche Überarbeitung 2021)

18. Kapitel - Vom Schlangentreter

Vom verheißenen Weibes-Samen und Schlangentreter, und vom Ausgang Adams und Evas aus dem Paradies, wie auch vom Fluch Gottes und wie er wegen der Sünde der Menschen die Erde verfluchte.

18.1. Wir sollten nicht den Brei im Munde kochen und mit den Geheimnissen spielen, das eine schreiben und ein anderes mit dem Mund bekennen, um den Ohren der Menschen zu gefallen wie jetzt überall geschieht, so daß man sich immer mit einem fremden Mantel bedeckt und Gleisnerei und Spiegelfechten herrschen. In einem solchen ist kein Geist Gottes, sondern er ist ein Dieb und Mörder und führt seine Feder nur für seinen Stolz. Hätte er Gewalt, dann risse er das alles um, was er gerade halbherzig unter einer fremden Decke bekennt. Sondern er soll ohne Decke frei aus dem Grund seines Herzens reden und schreiben. Denn Christus hat die Decke weggetan, und so erscheint sein freundliches Angesicht vor der ganzen Welt zu einem Zeugnis für alle Völker.

18.2. Darum sehe ein jeder und habe acht auf die Gleisner und Heuchler, denn sie sind die Diener des Antichrists und nicht von Christus. Denn der Antichrist hat seinen Fuß über die Breite der Erde gesetzt und reitet auf dem grausamen und gefräßigen Tier, das so groß ist, wie er selber und sogar noch größer. Es wird wahrlich Not sein, daß ein jeder in seinen Busen greife und sein Herz beschaue, auf was es gerichtet ist, damit er sich nicht selber betrüge und, ohne es zu merken, ein Diener des Antichrists wird und die Prophezeiung erfüllt. Denn er ist jetzt überall zu sehen, die Zeit seiner Heimsuchung ist gekommen, und er wird im Lebenslicht offenbar. So hüte dich vor dem Geiz, denn du wirst nichts davon genießen. Denn des Tieres Zorn zerbricht Berge und Hügel, und dein Geiz wird dem Grimm zuteil. Diese Zeit ist nahe!

18.3. Als nun die armen gefallenen Menschen Adam und Eva in so großen Ängsten, Schrecken und Zittern standen, am Band des Teufels und der Hölle fest angebunden in großem Spott und Schande vor dem Himmel und Paradies, da erschien ihnen Gott der Vater mit seinem zornigen Gemüt des Abgrundes, in den sie gefallen waren. Doch auch sein liebreiches Herz ging durch das Wort aus dem Vater in Adam und Eva und stellte sich vor den Zorn hoch in die Pforte des menschlichen Lebens, und die arme Seele erblickte es wieder. Aber sie konnten es in den Essenzen der Seele nicht ergreifen, sondern empfingen nur seine Strahlen der allmächtigen Kraft, davon Adam und Eva wieder fröhlich wurden, aber wegen des Grimms in ihnen noch zitternd standen. Denn sie hörten das Wort, das Gott zu ihnen sprach: »Weil du von dem Baum gegessen hast, davon ich dir sagte, du sollst nicht davon essen, sei der Acker um deinetwillen verflucht. Mit Kummer sollst du dich darauf dein Leben lang ernähren, Dornen und Disteln soll er dir tragen, und im Schweiße deines Angesichts sollst du das Kraut auf dem Feld und dein Brot essen, bis du wieder zur Erde wirst, von der du genommen wurdest. Denn du bist nun Erde und sollst wieder zu Erde werden. (1.Mose 3.17)«

18.4. Hier stehen nun die großen Geheimnisse, die wir mit unseren irdischen Augen nicht mehr sehen können, ganz bloß und offen. Und es ist keine Decke davor, als nur die, daß wir am Reich Gottes blind sind. Denn Gott verfluchte die Erde und sprach, sie soll nun Dornen und Disteln tragen, und der Mensch soll die Frucht der verfluchten Erde essen.

18.5. Das ist ja nun ein Neues: Im Paradies befahl er ihm, nicht das irdische Kraut zu essen, sondern von der lieblichen Frucht, und wenn er auch vom Kraut des Feldes gegessen hätte, dann war es doch himmlisch und das, was er essen sollte. Doch als der Herr die Erde verfluchte, da wurde alles irdisch, und so wurde ihm das heilige Element entzogen und die Frucht wuchs im Ausgang der vier Elemente und im Anzünden des Grimms, aus dem die Dornen und Disteln wachsen.

18.6. Wir können uns entsinnen, daß eine gar liebliche Wonne auf Erden gewesen war, denn alle Früchte haben aus dem verborgenen Element durch den Grimm der vier Elemente gegrünt. Und wenn auch die vier Elemente ihre Früchte getragen haben, so sollte doch der Mensch nicht davon essen, sondern die Tiere des Feldes.

18.7. Als aber nun der Herr die Erde verfluchte, da entwich das (heilige) Element von der Wurzel der Frucht, denn Gottes Fluchen ist nichts anderes als von einem Ding fliehen. So war die Heiligkeit Gottes von der Wurzel der Frucht geflohen, und die Wurzel ist in den vier Elementen geblieben, in der Ausgeburt, und auch Adam und Eva waren dahinein gefallen. So kam nun gleich und gleich zusammen, denn auch sein Leib war nun irdisch geworden und mußte wieder zu Erde werden.

18.8. Daß aber Gott sprach »Du sollst Erde werden, davon du genommen wurdest!«, das ist gar recht so. Aber der Verstand ist im Wort, die irdische Decke hängt davor, und man muß unter die Decke sehen. Denn Adam war von der Erde genommen als ein Auszug aus dem Element, das mit der Erde inqualiert, nicht aus den vier Ausgängen der Elemente. Als er aber in die vier Elemente fiel, da wurde er Erde, dazu Feuer, Luft und Wasser. Was soll nun dem tierischen Menschen die himmlische Paradiesfrucht? Er konnte sie doch nicht genießen. So wirft auch Gott sein Himmelreich nicht vor die Tiere und Säue, sondern es gehört den Engeln.

18.9. Nun ist es auch ganz klar, daß vor dem Fluch keine solchen giftigen Dornen und Disteln mit giftiger Frucht gewachsen waren, und es wäre auch kein Tier so grimmig und bösartig geworden, wenn Gott nicht die Erde vom Element verflucht hätte. Denn Gott sprach: »Um deinetwillen sei die Erde verflucht!« Darum entstand dann auch der Ungehorsam der Tiere und ihre Flucht vor den Menschen, und daß sie nun so grimmig und bösartig sind, daß sich der Mensch vor ihrem Grimm verbergen muß, obwohl ihm doch Gott in der Schöpfung alles in seine Gewalt gegeben hatte. Denn er sprach: »Alle Tiere auf dem Feld sollten ihm untertänig sein.« Was sich nun umgekehrt hat, denn der Mensch ist wie ihr Wolf geworden, und sie sind nun wie Löwen für ihn. Zwischen ihnen ist nur noch Anfeindung, und er kann die zahmen Tiere kaum bändigen, viel weniger die wilden.

18.10. Wir können auch erkennen, daß vor dem Fluch ein großer Unterschied in den Tieren gewesen war. Denn etliche, wie die zahmen, sind dem Element gar nah verwandt gewesen, mit denen der Mensch Freude und Spiel hatte. Dagegen waren auch etliche den vier Elementen verwandt, wie die wilden, die vor den Menschen fliehen. Denn die Wunder-Ursachen stecken ganz in den Essenzen und werden im Lebenslicht durch die Weisheit der Jungfrau wohl gesehen und erkannt. Es ist nichts so tief, daß es der Mensch nicht ergründen und ganz gewiß sehen könnte, wenn er nur die Decke wegnimmt und durch die beschriebene Tafel Josuas in das gelobte Land sieht.

18.11. Und Gott sprach: »Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zur Erde wirst. (1.Mose 3.19)« Hier ist nun alles klar und im Licht, denn der Mensch hatte die himmlische Frucht verloren, die ihm ohne Mühe wuchs, und so mußte er nun in der Erde graben, säen und pflanzen, um in den vier Elementen unter Kummer, Mühe und Not die Früchte anzubauen. Denn solange das Element oder die Kraft aus dem Element durch die Erde grünte, war es eine immerwährende Wurzel der Frucht. Als aber das Element durch den Fluch entwich, war der erstarrte Tod mit der Verwesung in der Wurzel, und so mußte immer wieder gepflanzt werden. Damit begann die Mühseligkeit der Menschen, in der wir nun baden müssen.

18.12. Ansonsten hätte ihm Gott schon Kreaturen geschaffen, welche die Tiere alle Zeit gepflegt hätten, und der Mensch hätte wohl im Paradies in Engelsgestalt bleiben können, denn es gibt doch sowieso in allen vier Elementen Kreaturen ohne Seele. Dann hätte Gott einem anderen Geschlecht die Arbeit und Pflege mit den Tieren auferlegt, das auch irdisch gewesen wäre. Aber er sah wohl, daß der Mensch nicht bestünde, und darum wurde ihm auch bald die Last zuerkannt, wie Moses darüber schreibt.

18.13. Denn hätte Gott tierische Menschen haben wollen, dann hätte er sie am Anfang auch so geschaffen und ihnen kein Gebot gegeben. Er hätte sie auch nicht versucht, so wie das Vieh, das kein Gebot hat.

18.14. Darum ist alles Einreden, das in den Verstand fällt, nichts anderes als des Teufels listiges Widerspiel, der ja gern (die Meinung) erhalten will, daß Gott den Fall des Menschen gewollt hätte. So gibt es auch Leute die da sagen dürfen: „Gott habe ihn gewollt, denn er habe der Schlange die Zunge gewappnet, um Eva zu verführen.“ Deren Urteil ist ganz recht über sie selbst, denn sie bestätigen das Wort der Lüge des Teufels und machen aus Gott einen Lügner.

18.15. Ja, nach dem ersten Prinzip des Abgrunds der Hölle hat er den Fall des Menschen gewollt. Dieses Reich heißt aber nicht Gott, und es ist noch ein anderes Prinzip mit festem Verschluß dazwischen. Denn im zweiten Prinzip, wo Gott erscheint, hat er ihn nicht gewollt. Es ist wohl alles Gottes, aber das erste Prinzip ist das Band der Ewigkeit, das sich selber macht. Daraus ist Gott der Vater von Ewigkeit in das zweite Prinzip ausgegangen, und darin gebiert er sein Herz und seinen Sohn, und da geht der Heilige Geist vom Vater und Sohn aus und nicht im ersten. So ist der Mensch zum zweiten Prinzip erschaffen.

18.16. Darum hat ihn auch das Herz des zweiten Prinzips aus dem Band des ersten Prinzips durch sich selbst wieder neugeboren und vom grimmigen Band erlöst. So soll ein jedes für sich in seiner Ewigkeit stehen, und es ist doch nur Gott der Herr, der allein allmächtig ist. Deshalb ist das ewige Band unzertrennlich, ansonsten würde auch die Gottheit zertrennt. So aber muß ihm alles zu seiner Freude und Ehre stehen. Und er ist allein der Schöpfer aller Dinge, und alles muß vor ihm stehen, wie auch geschrieben steht: »Du wirst sehen und dich freuen, wie es dem Gottlosen vergolten wird. (Psalm 91.8)« Obwohl doch im zweiten Prinzip keine Begierde zur Rache ist, sondern in der Schärfe der Durchbrechung aus dem ersten in das zweite, wenn die Seele aus der Quetsche in die paradiesische Wonne flieht. Dann freut sie sich, daß der Treiber gefangen ist, der sie quetschte, und daß sie nun vor ihm sicher ist. Wie es auch die Freude des Himmelreichs ist, daß der überheblich stolze Teufel im ersten Prinzip gefangenliegt, so daß er den Himmel nicht mehr betrübt, und sich die Wonne des heiligen und reinen Elements entzündet.

18.17. Darum ist auch im Himmel große Freude über diese Welt, daß hier ein Prinzip geboren wurde, so daß der Teufel den Grimm, den er während seiner Schöpfung ausgeschüttet und entzündet hat, nicht mehr gebrauchen kann. Sondern er ist zwischen zwei Reichen gefangen, die beide gut sind.

18.18. So kannst du verstehen, was es bedeutet, wenn die Schrift von der Rache gegen die Gottlosen spricht, so daß in den Heiligen darüber eine Freude sei. Denn der Hölle Grimm und Qual ist des Himmels Freude. Wenn keine Qual wäre, dann wäre kein Aufsteigen. Wenn jedoch das Licht in die grimmige Qual kommt, dann ist es reine Freude, aber in der Finsternis ist es eine Selbstanfeindung in sich, und darin wird der ewige Wurm geboren.

18.19. Darum sollst du erkennen, daß Gott Alles in Allem ist. Wo er nicht in der Liebe im Licht ist, da ist er im Finstern in der Grimmigkeit und Qual. Denn vor der Zeit der Schöpfung war nichts als die Qual und darüber die Gottheit. Und das bleibt in Ewigkeit, und es gibt keinen anderen Grund. Du findest nicht mehr, laß nur ab vom tieferen Forschen, denn das ist das Ende der Natur.

18.20. Eigentlich sind solche Offenbarungen von der Welt her verborgen. Wenn aber die Welt wieder in ihren Äther zerbrechen und vergehen soll, dann entblößt sich alles, was in der Natur verborgen ist, und gar große Dinge werden offenbar, die nie zuvor offenbar gewesen waren. Das ist das Mysterium der Morgenröte des Tages. Darum ist es Zeit aufzuwachen, denn die Auferstehung der Toten ist nahe.

18.21. Als nun Gott zu Adam gesprochen und ihm den Schlangentreter zum Trost und Beistand in seiner Mühseligkeit auf Erden zugeordnet hatte, da sprach er auch zu Eva, bestätigte sie vollends als Frau dieser Welt und sprach: »Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst. Du sollst mit Schmerzen Kinder gebären, und dein Wille soll deinem Mann unterworfen sein, denn er soll dein Herr sein. (1.Mose 3.16)«

18.22. So ist hier sonnenklar, daß für den Menschen nicht von Anfang an vorgesehen war, auf solche Weise zu gebären. Denn es sollte alles ohne Schmerzen zugehen, ohne tierische Schwängerung, ohne Weib und ohne Mann. Darum mußte der Schlangentreter ohne Mannessamen von einer Jungfrau geboren werden. Daß es auf eine so menschliche Weise geschah, hatte nur das Ziel, damit die Gottheit ins Fleisch eingehen konnte, um die fleischliche Seele aus dem finsteren Fleisch wieder aus dem Tod ins Leben zu gebären. Ansonsten ist der Held durchaus der Sohn der Jungfrau und eine Jungfrau im Gemüt, dem ersten Adam in der Schöpfung gleich.

18.23. Denn du mußt es ernstlich und klar verstehen, was Christus für eine Person ist. Er ist erstlich Gott, und ist im Vater der Ewigkeit geboren, aus dem Vater der Ewigkeit von Ewigkeit, ohne Anfang und Ende, aus der Tiefe der Allmacht und den zersprengten Toren der Schärfe Gottes in der Wonne, wo der Vater die liebliche Wonne in seinem ewigen Willen zeugt, so daß der Wille von der angezogenen Kraft des Lichtes ewig schwanger ist. Aus dieser Schwängerung faßt der Vater den zweiten Willen, um die Kraft zu gebären. Und das Fassen ist sein Wort, das der Vater aus dem Willen vor dem Willen spricht, und das Sprechen bleibt in des Vaters Mund als ein gefaßtes Wort mit dem zweiten Willen, und der Ausgang aus dem gesprochenen Wort, der aus dem Willen durch das Wort ausgeht, ist der Geist des Mundes Gottes, der Heilige Geist. Und das Ausgesprochene vor dem Willen ist die ewige Weisheit Gottes, die Jungfrau der Zucht.

18.24. Denn Gott gebiert allein sein Herz und seinen Sohn und will sonst nichts mehr aus sich gebären. Darum ist das Ausgesprochene vor dem Willen eine Jungfrau der Zucht, die auch nichts mehr gebiert, sondern sich im Heiligen Geist im Unendlichen in den tiefen Wundern der Allmacht erblickt und dieselben eröffnet. Sie hat das starke Schöpfungswort Gottes zum Werkzeug, mit dem sie alles schafft und im Anfang geschaffen hat, und sie erblickt sich in allen geschaffenen Dingen, damit durch sie die Wunder aller Dinge an den Tag gebracht werden.

Die starke Pforte der Menschwerdung von Jesus Christus, dem Sohn Gottes

18.25. Und aus demselben Herzen und Wort Gottes des Vaters mit und durch die züchtige Jungfrau Gottes, seiner ewigen Weisheit und Allwissenheit, ist der Schlangentreter ausgegangen, nämlich in und mit dem Wort der Verheißung Gottes des Vaters für Adam und Eva und ihre Kinder. Und er hat sich in Adams und Evas Gemüt eingebildet und in Ewigkeit vermählt, um der Seele die Tore zum Himmelreich zu eröffnen. Er hat sich mit der keuschen Jungfrau ins Zentrum des Lebenslichtes hineingesetzt, in die Pforte Gottes, und hat der Seele die Jungfrau zur stetigen Gesellin gegeben, von welcher der Mensch seine Weisheit und Vernunft hat, sonst hätte er diese nicht. Sie ist auch die Pforte der Sinne, jedoch überläßt sie den natürlichen Rat den Sternen. Denn weil die Seele in der Qual-Qualität der Sterne lebt und entsprechend rauh ist, kann sie sich (die Jungfrau) nicht in die Seele einbilden, sondern weist ihr den Weg Gottes. Wenn aber die Seele ein Höllenwurm wird, dann entweicht sie in ihre Tore und steht vor Gott, vor seinem Wort und Herzen.

18.26. Weil aber die Seele Adams und Evas und aller Menschenkinder so rauh und wild und vom ersten Prinzip so hart angesteckt war, daß sie die Qual der Hölle in sich hatte und zu allem Bösen geneigt war, so konnte sich das Wort und der Schlangentreter nicht mehr in die Seele Adams einbilden, sondern stand im Gemüt (der Vernunft) gegen das Reich des Teufels und der Hölle mit ihren giftigen Pfeilen und zertrat der Schlange des Teufels ihren Kopf im Gemüt der Menschen, die sich zum Schlangentreter neigten und sich ihm ergaben.

18.27. Da wurde nun eine lange Zeit versucht, ob es möglich wäre, daß der Mensch auf diese Weise noch genesen könnte und sich Gott ergäbe, so daß die Seele im Wort geboren werden könnte und schließlich vor Gott bestehen. Aber es war vergebens, die entzündete Seele konnte nicht bestehen, sondern es wurden Mörder und Totschläger, dazu Eigenwillige in eitler Brunst der tierischen Unzucht, auch Aufsteigende in überheblichem Stolz und Herrschaft nach dem Regiment der Sterne und Elemente. Diese trieben des Menschen Leib und Seele zu aller Zeit, und es gab nur noch wenige, die am Wort Gottes hingen.

18.28. Da schickte Gott die Sündflut über die ganze Welt und ersäufte alles Fleisch bis auf Noah, der am Wort Gottes hing, der wurde mit seinen Söhnen und Weibern verschont. (1.Mose 7.1) Und so wurde die Welt abermals versucht, ob sie einen Schrecken an der grauenhaften Strafe nehmen und am Wort bleiben wollte, aber es war alles vergebens. So erwählte sich Gott das Geschlecht Sems, der am Wort hing, um so ein Licht und Predigtamt zu erbauen, damit die Welt von ihnen lernen sollte. Aber es half alles nichts, die Sterne regierten die Menschen nach ihrer Qual-Qualität nur in Geiz, Unzucht und überheblichem Stolz, der dann so groß wurde, daß sie sich vornahmen, einen Turm zu erbauen, dessen Spitze in den Himmel reichen sollte. (1.Mose 11.1) So blind waren die Leute am Reich Gottes.

18.29. Da verwirrte Gott ihre Sprachen, damit sie erkennen sollten, welche verwirrten Sinne sie hatten, und sich wieder Gott widmen. Auch damit sie die Sprache der Heiligen aus Sems Stamm nicht mehr verstanden und sich in die ganze Welt zerstreuen mußten, damit doch wenigstens ein heiliger Samen erhalten werde und nicht alles verderben müßte. Aber es half nichts, sie blieben bösartig.

18.30. Da zündete Gott aus dem Grimm des ersten Prinzips Sodom und Gomorra an, die fünf Königreiche, um sie aufzuschrecken. (1.Mose 19.1) Aber es half nichts, die Sünde wuchs wie ein grüner Zweig. Da gab Gott dem erwählten Geschlecht eine Verheißung, sie sollten vor ihm wandeln, und er wollte sie segnen und ihre Zahl so groß wie die Sterne am Himmel machen. Aber auch unter ihnen waren Spitzbuben in der Haut. Da führte sie Gott in ein fremdes Land und tat ihnen wohl, damit sie seine Güte erkennen mögen und sich ihm widmen. Doch sie wurden nur böse.

18.31. Da erweckte ihnen Gott einen Propheten, nämlich Moses, der ihnen Gesetze und strenge Lehre gab, wie es die Natur erforderte. Diese wurden ihnen durch den Geist der großen Welt in Eifer und Feuer gegeben. Denn weil sie ja in der Rauhigkeit leben wollten, so wurde versucht, ob sie noch im Vater leben konnten. Und so gab ihnen Gott Brot vom Himmel und speiste sie vierzig Jahre, um zu sehen, was es für ein Volk werden wollte und ob sie auf irgendeinem Weg an Gott hängen konnten. Er gab ihnen Sitten und Ordnung in Speise und Trank, dazu eine priesterliche Ordnung mit schweren und strengen Strafgeboten, die er auch unter ihnen ergehen ließ. Aber es half alles nichts, sie waren nur böse und wandelten im Sternenregiment, oder noch viel schlimmer, sogar durch die Grimmigkeit der Hölle.

18.32. Ein Großes können wir auch im Unterschied der Speisen sehen, die ihnen Gott verbot, besonders das Schweinefleisch, dessen Qualität im Feuer nicht besteht, sondern nur einen Gestank gibt. So ist es auch im Feuer der Seele, die den Ursprung des ersten Prinzips berührt, davon das erste Prinzip einen Gestank in der Seele macht, der gegen das Wort und die edle Jungfrau ist und die Tore der Zersprengung vernebelt und finster macht. Denn die Seele ist auch ein brennendes Feuer, und wenn sie solche Qualität empfängt, dann verdunkelt sie sich noch mehr und brennt wie ein Blitz im Dunst (bzw. Qualm), wie auch am Schweinefett zu sehen ist, weswegen es ihnen Gott verbot.

18.33. Und das war auch der Nutzen, während sie Opfer darbrachten. Denn weil der Mensch irdisch war und das Wort neben der Seele in den Toren des Lebenslichtes stand, da erhörte er ihr Gebet durch die irdische Quelle ihres Räucherns, damit sie ein Zeichen am Feuer hätten, ob ihr Gebet Gott angenehm wäre. Das ist an vielen Stellen bei Moses zu sehen, was an seinem Ort noch erklärt werden soll.

18.34. Und wir können bei Moses wegen seines verklärten Angesichts ein wahrlich Großes sehen, wie dann versucht wurde, ob es möglich wäre, daß die Seelen durch des Vaters Klarheit im Feuer freigekauft werden könnten, wenn sie in seinem Gesetz lebten, welches verschärfte und verzehrte und der Seele eine große Schärfe war. Aber es war vergebens, es wollte nicht sein.

18.35. Damit deutete die edle Jungfrau im Geist der Propheten auf den Samen des Weibes, auf seine Menschwerdung und sein Leiden und Sterben für die arme Seele des Menschen, damit sie vom ewigen Tod erlöst werden könne und im Sohn der Jungfrau neugeboren werde. Welches nach 3970 Jahren geschehen ist (nach der Schöpfung entsprechend der Berechnung von Martin Luther), als das Wort der Verheißung Mensch geworden war (das Gott der Vater Adam und Eva im Paradies verhieß, im Garten Eden, als sie in Sünde fielen, und das sich ins Zentrum des Lebens einbildete, und durch das alle Menschen, die zu Gott kommen, gerechtfertigt werden).

18.36. Das war eine lange Zeit im Bund der Beschneidung im Leben und Licht des Vaters mit dem Schatten und der Vorbildung zur Menschwerdung des Sohnes. Aber er (dieser Bund) konnte den Ernst der Wiederkunft des Leibes aus dem Grab nicht erreichen, denn es mußte das Wort Mensch werden, wenn der Mensch aus dem Grab wieder auferstehen sollte. Er kaufte wohl die Seele frei, so daß sie vor dem Vater in den Toren der Zersprengung im Feuer der Schärfe bestehen konnte, aber nicht in der lieblichen Wonne vor dem Licht der Heiligen Dreifaltigkeit. Dazu konnte er auch nicht den neuen Leib aus dem Element hervorbringen, denn die Seele war zu sehr mit Sünden besudelt.

18.37. So kam im obengenannten Jahr der Engel Gabriel zu einer armen, aber züchtigen und keuschen Jungfrau, von Gott dem Vater nach Nazareth gesandt, die Maria genannt wurde. Ihr Name heißt auf deutsch in der Natursprache eine „Errettung aus dem Jammertal“. (Denn obwohl wir nicht aus der hohen Schule dieser Welt mit vielen Sprachen gebildet wurden, so haben wir doch die Sprache der Natur in der Schule unserer Wunder gelernt, welches Meister Hans unter seinem freien (Doktor-) Hütlein nicht glaubt.) Der Engel grüßte sie von Gott, überbrachte des ewigen Vaters Befehl aus seinem Willen und sprach zu ihr: »Gegrüßt seist du, oh Holdselige! Der Herr ist mit dir, du Gesegnete unter den Frauen. (Luk. 1.28)« Doch als sie ihn ansah, erschrak sie über seine Rede und dachte: „Welch ein Gruß ist das?“ Und der Engel sprach zu ihr: »Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst im Leib schwanger werden und einen Sohn gebären, den du Jesus nennen sollst. Er wird groß und ein Sohn des Höchsten genannt werden. Gott der Herr wird ihm den Stuhl seines Vaters David geben, und er wird ein König sein über das Haus Jacob ewiglich, und seines Königreichs wird kein Ende sein. (Luk. 1.30)«

18.38. »Da sprach Maria zu dem Engel: „Wie soll das zugehen, zumal ich von keinem Mann weiß?“ Und der Engel antwortete ihr und sprach: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das von dir geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.“ Darauf antwortete Maria: „Siehe, ich bin des Herrn Magd. Mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Und der Engel schied von ihr. (Luk. 1.35)«

18.39. Als nun dieser Befehl von Gott dem Vater kam, da entsetzte (bzw. beglückte) sich die Natur des Seelengeistes in Maria, wie der Text lautet. Denn es erregte ihn ein teurer Gast, und dieser ging in eine wunderliche Herberge ein.

18.40. Und hier soll der Leser recht verstehen: Das Wort zur Menschwerdung kam nicht zu diesem Zeitpunkt aus einem hohen Himmel über den Sternen herab und ist Mensch geworden, wie die Welt in Blindheit vernarrt annimmt. Nein! Sondern das Wort, das Gott zu Adam und Eva im Paradies vom Schlangentreter sprach, das sich in die Tore des Lebenslichtes einbildete, im Zentrum der Himmelspforte steht und im Gemüt des heiligen Menschen empfindlich auf diese Zeit wartete, dieses Wort ist Mensch geworden. Und so ist das göttliche Wort wieder in die Jungfrau der göttlichen Weisheit eingegangen, die Adams Seele neben dem Wort zu einem Licht und dem Wort zu einem Diener gegeben wurde.

18.41. So ist der väterliche Wille des Herzens Gottes aus dem Herzen in den Willen der Weisheit zur ewigen Vermählung für die Vaterschaft eingegangen. Und diese Jungfrau der Weisheit Gottes im Wort Gottes hat sich in den Schoß der Jungfrau Maria in ihre jungfräuliche Matrix hineingegeben. Sie wurde ganz eigentümlich einvermählt, unausweichlich in die Ewigkeit, das heißt, in die Essenzen und die Tinktur des Elements, das vor Gott rein und unbefleckt ist. Darin ist das Herz Gottes ein englischer Mensch geworden, wie Adam in der ursprünglichen Schöpfung war. Und der Ausgang aus dem Herzen Gottes mit ganzer Fülle der Gottheit, aus dem auch der Heilige Geist Gottes und aus dem Geist die Jungfrau ausgehen, macht dieses hohe englische Bildnis größer, als Adam oder irgendein Engel ist. Denn das ist die Gnade und Macht aller Dinge, welche ewig im Vater sind.

18.42. Denn das Wort wird mit seinem Eingehen in das Element und in die jungfräuliche Matrix vom Vater nicht abgetrennt, sondern bleibt ewig im Vater und ist überall im Himmel des Elements gegenwärtig, in das es eingegangen und im Menschen eine neue Kreatur geworden ist, die „Gott“ heißt. Und man soll hier gar hoch und klar erkennen, daß diese neue Kreatur im heiligen Element nicht vom Fleisch und Blut der Jungfrau geboren wurde, sondern von Gott aus dem Element in ganzheitlicher Fülle und Einigung der Heiligen Dreifaltigkeit, welche mit ganzer Fülle ohne Wanken ewig darin bleibt und überall alles in allen Thronen der Heiligkeit erfüllt, dessen Tiefe ohne Grund, Zahl und Namen ist.

18.43. Doch du sollst wissen, daß die Leiblichkeit des Elements dieser Kreatur unter der Gottheit ist, denn die Gottheit ist Geist, und das heilige Element wird seit Ewigkeit aus dem Wort geboren. So ist der Herr in den Knecht eingegangen, darüber sich alle Engel im Himmel wundern. Denn das ist das größte Wunder, das seit Ewigkeit geschehen ist, denn es ist gegen die Natur, und das kann nur Liebe sein!

18.44. Und nachdem diese hochfürstliche Engelskreatur augenblicklich im Wort und Heiligen Geist zu einer selbständigen Kreatur im heiligen Element gebildet worden war, mit vollem Leben und Licht im Wort, so hatte sie im selben Augenblick auch die vier Elemente mit dem Regiment der Sonne und Sterne in der Tinktur des Geblüts mitsamt dem Geblüt in allen menschlichen Essenzen angenommen, die im Leib der Jungfrau Maria in ihrer Matrix (Gebärmutter) waren, nämlich nach dem Rat Gottes an das Element der Kreatur, ganz eigentümlich als eine (ganzheitliche) Kreatur und nicht zwei.

18.45. Und das ist das heilige Element des Himmels, das die Gottheit beschließt und der Limbus oder männliche Samen zu dieser Kreatur gewesen war. Und der Heilige Geist mit dem heiligen Schöpfungswort in der Jungfrau der göttlichen Weisheit ist der Werkmeister gewesen, der Bildner und erste Anfänger. Und so hat auch ein jedes Regiment in seinem Zentrum das Seine darin erbaut.

18.46. Der Heilige Geist Gottes hat im Element in seinem Zentrum des Himmels die Bildung in der Weisheit der Jungfrau erbaut, nämlich die hochteure fürstliche und englische Bildung. Und das Regiment der Sterne und Elemente dieser Welt hat den äußerlichen Menschen ganz mit allen Essenzen unserer menschlichen Leiber mit einem natürlichen Leib und der Seele erbaut, uns ganz gleich in einer Person.

18.47. Und doch hat eine jede Gestaltung seine Hoheit, Sichtbarkeit, Qualität und Empfindung. Deshalb hat sich die göttliche nicht so vermischt, daß sie kleiner geworden wäre. Sondern was sie war, das blieb sie, und was sie nicht war, das wurde sie ohne Abtrennung des göttlichen Wesens. So ist das Wort im Vater geblieben, und die Kreatur des heiligen Elements vor dem Vater, und die natürliche Menschheit in dieser Welt im Schoß der Jungfrau Maria.

Von den drei Regionen der Menschwerdung, der Bildung des Herrn Jesus Christus

18.48. Die Bildung dieser hochteuren Person ist unterschiedlich: Erstlich ist das Wort oder die Göttlichkeit, die seine Bildung seit Ewigkeit im Vater gehabt hat und auch in der Menschwerdung keine andere an sich genommen hatte, sondern sie blieb im Vater, wie sie seit Ewigkeit in seinem Besitz war.

18.49. Die zweite Bildung war natürlich in der Stunde des Grußes des Engels Gabriel geschehen, als die Jungfrau Maria zum Engel sagte: »Mir geschehe, wie du gesagt hast.« Zur Vollendung dieses Wortes geschah die Bildung im Element, die dem ersten Adam vor dem Fall gleicht, der eine solche englische Kreatur aus sich gebären sollte, und war damit die vollkommene Fortpflanzung des englischen Menschen. Aber das konnte er (Adam) nicht vollbringen, weil er in den Geist dieser Welt einging. Darum mußte eine solche jungfräuliche Kreatur in der irdischen Jungfrau geboren werden, um die irdische Jungfrau mit ihren Brüdern und Schwestern aus der Irdischkeit durch sich selbst wieder in das (ewige) Element vor Gott einzuführen. Und diese Bildung ist augenblicklich geschehen, ganz vollkommen ohne einen einzigen Mangel, und im Laufe der Zeit ist nichts mehr dazugekommen.

18.50. Und im selben Augenblick begann auch die dritte Bildung zugleich mit der zweiten Bildung am Element, als würde ein irdischer Samen gesät, daraus ein ganzes Kind wächst, und hat seinen Anfang natürlich genommen. Und die neue Kreatur in der Vollkommenheit des Elements ist des irdischen Menschen männlicher Samen gewesen, den die irdische Matrix der Jungfrau im Schoß der Jungfrau Maria empfangen hat. Jedoch hat die Irdischkeit den Samen der neuen Kreatur im heiligen Element nicht verunreinigt, denn das Wort der Gottheit verwehrte das, welches das Scheideziel war.

18.51. So ist das äußerliche Bild durch den Samen des Elements natürlich zu Fleisch und Blut geworden, nämlich mit der Einsetzung und Bildung aller drei Prinzipien in allen natürlichen Regionen der menschlichen Glieder wie bei allen Menschenkindern. Und am Ende des dritten Monats bekam es auch seine natürliche Seele gleich allen Adamskindern, die ihren Grund im ersten Prinzip hat, aber ihren Stuhl und Sitz in das göttliche Element zur Wonne erhoben hatte, in der sie in der (ursprünglichen) Schöpfung in Adam saß. Hier hat sie ihren fürstlichen Stuhl im Himmelreich vor Gott wiederbekommen, aus dem sie mit der Sünde in Adam ausgegangen war.

18.52. Und hier hat sie der zweite Adam mit seiner Menschwerdung wieder hineingeführt und mit dem Wort Gottes in Liebe und Gerechtigkeit verbunden, als ein himmlisches Kind. Hier ist die neue Kreatur aus dem Element für die Seele ein Leib geworden. Denn in der neuen Kreatur des göttlichen Samens ist die Seele heilig, und die irdischen Essenzen aus Fleisch und Blut hängen ihr nur während des irdischen Leibes an, welche Christus als seine Seele mit der neuen Kreatur in den Tod gab und im Tod aufgab, so daß er mit dem neuen Leib in der natürlichen Seele aus dem Tod auferstand, um über den Tod zu triumphieren, wie du hernach im Wunder sehen sollst, vom Tod und der Auferstehung Christi.

18.53. Daß aber die Seele Christi zugleich in der neuen und auch in der irdischen Kreatur geboren werden konnte, das liegt daran, weil das Tor der Seele im ersten Prinzip in der Qualität der Ewigkeit steht und in die tiefen Tore der Ewigkeit reicht, in den ursprünglichsten Willen des Vaters, mit dem er die Tore der Tiefe zersprengt und im ewigen Licht erscheint.

18.54. Weil nun das Wort Gottes im Vater ist und aus dem Vater in das Element ausging, und weil dieses Wort dem Menschen in seinem Fall aus dem Element durch die Stimme des Vaters mit der Verheißung vom Schlangentreter wieder aus Gnade ins Zentrum des Lebenslichtes gegeben wurde, so empfing auch die natürliche Seele von Jesus Christus mit ihrer ersten Anzündung in ihrem Zentrum des Lebenslichtes, wo sich das Wort mit Bewilligung der Jungfrau Maria eingesetzt hatte, durch das Wort im Vater der Ewigkeit das Prinzip des göttlichen Vaters im Licht.

18.55. So wurde Christus nach dieser Gestaltung der natürliche und ewige Sohn des göttlichen Vaters, und die Seele von Jesus Christus wurde im Wort eine selbständige natürliche Person in der heiligen Dreifaltigkeit.

18.56. Und es gibt in der ganzen tiefen Gottheit keine so wunderliche Person mehr, als diesen Christus, den der Prophet Jesaias zutreffend im Geist hoch erkannte und Wunderbar, Rat, Kraft, Held, ewiger Vater und Friedensfürst nennt, dessen Herrschaft groß ist und auf seinen Schultern ruht, das heißt, auf den Kreaturen des (inneren) Elements. (Jes. 9.6)

18.57. Und die andere Geburt der Seele von Christus stand in der natürlichen Fortpflanzung, wie bei allen Menschenkindern. Denn er ist auch in sechs Monaten mit natürlichem Leib und Seele mit allen Pforten des Gemüts und der Sinne gänzlich gebildet worden, nämlich die Seele im ersten Prinzip, der Leib im dritten Prinzip, und Christus, der wahre Durchbrecher, blieb im zweiten Prinzip, im Reich Gottes stehen. Und nach neun Monaten wurde ein Mensch aus dem Leib der Jungfrau Maria geboren, und wir sahen seine Herrlichkeit als eingeborener Sohn von Gott dem Vater. (Joh. 1.14)

18.58. Und hier schien das Licht in der Finsternis des natürlichen äußerlichen Leibes, wie Johannes bezeugt: »Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht an, denn sie kannten ihn nicht. Die ihn aber annahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden. Sie wurden durch ihn zum Himmelreich geboren, denn sein ist das Reich, die Kraft, die Macht und die Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit. (Joh. 1.5/11)«

18.59. Dies betrachte hier, du liebes Gemüt, und du wirst hier den Zweck finden, durch den die Menschen vor Christi Geburt zur Seligkeit eingegangen sind. Verstehst du diese Schrift recht, wie sie vom Autor in der Gnade Gottes erkannt wurde, dann verstehst du alles, was Moses und die Propheten geschrieben haben, und auch alles, was der Mund Christi gelehrt und geredet hat. Du brauchst dafür keine Maske oder Brille, und die Erkenntnis muß nicht vom antichristlichen (Richter-) Stuhl bestätigt werden, der da behauptet: „Die göttliche Ordnung müsse von seinem Stuhl bestätigt werden, was der Mensch lehren und glauben solle, denn er könne nicht irren.“

18.60. Das Licht der Natur zeigt uns jetzt in Gottes Liebe einen ganz anderen Stuhl, den Gott der Vater mit seinem Sohn Jesus Christus bestätigt hat: Das ist der Einige Stuhl der Gnade, auf dem unsere Seelen neugeboren werden können. Aber nicht auf dem antichristlichen Stuhl, der nichts als ein Stuhl zu Babel und der Verwirrung ist, damit er mit seinem schönen Hütlein der Affe Christi auf Erden bleibe (der Christus nachäfft). Hier haben wir neulich einen Jüngling gesehen, der ihm die Perlen von seiner Schnur abpflückte und die Schnur zerriß, und da war er wie jeder andere irdische Mensch und niemand grüßte ihn.

Der Unterschied zwischen der Jungfrau Maria und ihrem Sohn Jesus Christus

Die ernste und gerechte Pforte der christlichen Religion und Glaubenssätze, ernstlich zu betrachten um des Menschen Seligkeit willen, auch um aller Ketzer und Schwätzer Fund und Meinung willen, wegen der verwirrten Babel des Antichristen. - Die hochtiefe Pforte der Morgenröte und das Tagesaufgangs in der Wurzel der Lilie.

18.61. Uns begegnet das Mysterium, das wir zuvor nicht gekannt haben, auch den Grund nicht gewußt, und uns auch niemals würdig zu solcher Offenbarung geachtet hatten. Weil sie uns aber aus Gnade durch die Barmherzigkeit des freundlichen Sohns Gottes erscheint, unseres Herrn Jesus Christus, so sollen wir nicht faul sein, sondern im Gärtlein der Lilie arbeiten, nämlich für die Liebe zu unseren Nächsten und für die Kinder der Hoffnung. Besonders für den armen kranken Lazarus, der zu Babel verwundet liegt und nach seiner schmerzlichen Krankheit im Geruch der Lilie heil werden wird, wenn er von Babel weggegangen ist (und die illusorischen Gedankengebäude verlassen hat, die den Himmel erreichen sollen, aber in Verwirrung enden). Dazu wollen wir ihm eine Wurzel in Hebron darstellen, aus der er Kraft bekomme und von Babel zu seiner Gesundheit weggehe.

18.62. Denn die Jungfrau hat uns mit einer Rose geehrt, von der wir mit solchen Worten schreiben wollen, wie wir im Wunder gesehen haben. Denn anders können wir nicht, sonst wird unsere Feder zerbrochen, die Rose von uns genommen und wir sind, wie wir vor dieser Zeit waren. Denn die Rose im Zentrum des Paradieses liegt in der Hand der Jungfrau, und sie überreicht sie uns am selben Ort, wo sie in den Toren der Tiefe zu uns kam und uns ihre Liebe anbot, wo wir am Berg gegen Mitternacht im Streit und Sturm vor Babel lagen, und welche unser irdischer Mensch nie gesehen und erkannt hat.

18.63. Darum schreiben wir aus einer anderen Schule, in welcher der irdische Leib mit seinen Sinnen nie studiert und auch nie das ABC gelernt hat. Denn in der Rose der Jungfrau lernten wir das ABC, mit dem wir glaubten, die Sinne des Gemüts belehren zu können. Aber das konnte nicht sein, denn sie waren viel zu rauh und finster, konnten es nicht erfassen, und deswegen mußte der irdische Leib in dieser Schule ungelehrt bleiben und konnte darin auch seine Zunge nicht erheben. Denn das Gemüt dieser Schule stand in den Toren der Tiefe im Zentrum verborgen, und wir dürfen uns deswegen auch dieser Schule nicht rühmen, denn sie ist nicht das Eigentum der Sinne und Gedanken des irdischen Menschen. Und wenn wir im Zentrum von der edlen Jungfrau weggehen, dann wissen wir so wenig aus dieser Schule als andere. Wie es auch Adam geschah, als er vom Schlaf überwältigt aus dem Paradies Gottes ging, denn dann wußte er in seinem Aufwachen in dieser Welt nichts mehr vom Paradies und kannte auch seine liebe Jungfrau nicht mehr.

18.64. Darum haben wir keine Gewalt, Macht oder Verstand, um von den Wundern Gottes nach unserem irdischen Willen zu lehren, denn wir verstehen nach unserer angeborenen Natur nichts davon. Und so sollte auch niemand etwas von unserem eigenen Willen fordern, denn wir besitzen nichts.

18.65. Überdies deutet der Geist: Werdet ihr von Babel in die Sanftmut von Jesus Christus ausgehen, dann wird euch der Geist in Hebron Lehrer mit großer Gewalt geben, von deren Macht die Elemente erzittern, und die Tore der Tiefe zerspringen werden. Und durch das Wort und die Wunder dieser Männer werden auch die Krankheiten des Lazarus vergehen. Denn die Zeit ist nahe, der Bräutigam kommt!

18.66. Wenn wir uns nun an unseren eigenen Verstand erinnern und in Betrachtung unserer hohen Erkenntnis dasjenige ansehen, was die Welt zu Babel in dieser Satzung eingeführt hat, die wir hier behandeln wollen, weil sich darin der Antichrist eingesetzt (und verwirklicht) hat und seine große Macht zeigt, dann möchte uns wohl unser Verstand wegen der großen Gefahr des Antichristen mit seinem Grimm zurückhalten, der uns begegnen könnte. Weil es uns aber ohne unser Wissen erscheint, so wollen wir der Stimme Gottes mehr gehorsam sein als der irdischen Furcht, in der Hoffnung zukünftiger Seligkeit. Denn wenn es auch geschähe, daß der Antichrist unseren irdischen Leib zerbräche (welches doch in der Bestimmung Gottes steht, der wir nicht widerstreben sollten), so wollen wir doch das Zukünftige höher achten als das Vergängliche, das wir dann erreichen können und unser wahres Vaterland ist, das wir in Adam verlassen haben. Und so lädt nun der Geist die Ohren aller Menschen vor diesen Spiegel.

18.67. Man hat bis jetzt die Ehre der Anrufung der heiligen Jungfrau Maria und anderer heiliger Menschen gepflegt, die hier lebten, obwohl doch im Grunde des Lichtes der Natur solche Gesetze (bzw. Satzungen) nicht erkennbar sind. So ist uns nun hoch zu erkennen, daß diese seinen Grund im verwirrten Babel genommen haben, als die Menschen des armen Christus überdrüssig waren, der in dieser Welt nichts hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte. So taten sie wie die Israelis bei Moses, die sich ein Kalb zum Gott machten und sagten: »Siehe, Israel, das sind deine Götter, die dich aus Ägypten geführt haben! Und sie machten einen Kälber-Gottesdienst zu ihrer Wollust des Lebens und fragten nicht nach Moses, sondern sagten: „Wir wissen nicht, was diesem Mann Moses widerfahren ist.“ Und zu Aaron sagten sie: „Mach du uns Götter, die vor uns hergehen!“ Und er machte ihnen das Kalb. Als aber Moses kam und es sah, da wurde er zornig, nahm die Tafel Gottes und zerbrach sie, warf sie von sich weg und sprach: „Herzu, die dem Herrn angehören! Es gürte ein jeder sein Schwert und ermorde seinen Bruder, den Kälberdiener, auf daß der Zorn Gottes versöhnt werde.“ (2.Mose 32.1)«

18.68. Eine ebensolche Gestaltung hat auch das verwirrte Babel im Reich Christi auf Erden in der blinden Irdischkeit des eigenen Verstandes im Menschen angenommen. Und als man (mit diesem Verstand) Christus im Reich dieser Welt suchte, da konnte man ihn nicht finden, wie Israel den Moses, während er auf dem Berg war. So haben sich die Menschen andere Götter gemacht und in ihrem Gottesdienst ein köstliches Wohlleben angerichtet, und haben ihren Gottesdienst mit dem Reichsten versehen und sagen immer: „Wir wissen nicht, was diesem Jesus geschah, so daß er von uns gegangen ist. Wir wollen ihm einen Gottesdienst in unserem Land anrichten, und wollen dabei fröhlich sein. Das soll nach unserem Willen geschehen, damit wir reich und fett seien und uns an Jesus wohl ergötzen.“

18.69. „Wir sind ja die Herren im Reich Christi, und weil wir in seinem Dienst sind, so sind wir die Allerheiligsten und Besten. Wer könnte uns gleichen? Christus ist zum Himmel aufgestiegen und hat uns sein Regiment auf Erden gegeben. Der Schlüssel von St. Petrus muß Statthalter sein, und den hat er uns gelassen zum Reich des Himmels und der Hölle. Wer will uns den nehmen? Und damit kommen wir ja in den Himmel. Auch wenn wir böse sind, so schadet es nicht viel, denn wir haben ja den Schlüssel, der aufschließen kann. So sind wir Priester voller Macht, und wir wollen einlassen, wer uns fett mästet und unserem Reich viel gibt. Damit wird die christliche Kirche in großen Ehren stehen, weil man seine Diener so hoch ehrt, und das wird unserem Herrn wohl gefallen! Wo gibt es noch ein solches Reich, wie wir es haben? Soll man das nicht mit der schönsten Krone dieser Welt krönen und sich vor ihm verneigen und verbeugen?“

18.70. Sie sagen: „Ja, wir selber sind bösartige (bzw. sündhafte) Menschen, aber dieser Orden macht uns heilig, denn unser Amt ist ja heilig und wir sind im Dienst Christi. Und wenn wir auch böse sind, so bleibt doch unser Amt heilig. Und so gehört uns auch die höchste Ehre wegen unseres Amtes, gleichwie Aaron mit dem Kälberdienst: Sein Amt mußte heilig sein, und wenn sie auch Moses vergaßen und vom Fressen und Saufen zum Tanzen und Spielen aufstanden, dennoch mußte Aaron wegen des Kälberdienstes hochgeehrt sein.“

18.71. „Damit aber das Reich Christi auf Erden zu Babel in großem Ernst stehe, wollen wir heilige Gottesdienste verordnen, die von der Welt abgesondert sind, und damit erreichen, daß dort unsere Gesetze getrieben werden. So wollen wir ihnen große Fasten und Feiern auferlegen, damit die Welt auch einen Spiegel zur Heiligkeit habe und uns hoch ehre und erkenne, daß unser Dienst, den wir vor Gott tun, heilig sei. Wir müssen ja die heiligen Priester Gottes sein, und wer anders richtet, den wollen wir verdammen. Und damit tun wir ja Recht und Gott einen Dienst. »Denn wenn auch ein Engel vom Himmel käme, aber anders predigte als wir, dann sei er verflucht (Gal. 1.8)«, wie Paulus sagt.“

18.72. „Was wir in der Versammlung der Obersten mit unser aller Willen im Konsilium festgesetzt haben, das ist heilig. Denn es steht ja geschrieben: »Du sollst dem Obersten deines Volkes nicht fluchen. (Apg. 23.5)« Wenn auch unsere Herzen vor dem (wahren) Licht der Natur wanken, so daß wir uns vor Gott schämen und für große Sünder bekennen müssen, dann wollen wir die heilige Mutter Christi mit seinen Jüngern anrufen, daß sie für uns bitten, damit unsere Sünde nicht erkannt werde. Denn wenn wir ihr zu Ehren Wallfahrten und Gottesdienste tun, dann wird sie uns bei ihrem Sohn wohl vertreten und für uns bitten, so daß wir in ihrem Dienst heilig sind, auch wenn wir stets in tierischer Brunst und Eigenehre sowie Wollust stecken. Was schadet es? Wir haben ja die Schlüssel von St. Petrus und die Mutter von Christus zum Beistand.“

18.73. „Gleichwie auch bei Moses die Meinung Israels vom Kalb nicht war, dieses als Gott anzuerkennen und für den wahren Gott zu halten, weil sie ja wußten, daß es Gold war und ihnen der wahre Gott sonst bekannt gemacht war, den sie an den Wundern vor dem Pharao gut erkannt hatten. Sondern sie wollten den abwesenden Gott damit ehren und sich ein Gedächtnis und einen Gottesdienst machen, wie König Jerobeam mit seinem Kälberdienst, da doch die Ehre dem rechten Gott gereichen sollte. (1.Kön. 12.28)

18.74. Und wie nun Jerobeams Kalb vor Gott ein Gräuel gewesen war (was er doch mit Ernst betrieb, um dem rechten Gott zu dienen, aber nur damit er sein weltliches Königreich behalten könne und das Volk nicht von ihm abfiele, wenn sie nach Jerusalem zum Opfer gehen würden), und Gott ihn und sein ganzes Haus darum verwarf, und wie auch Moses im Zorn zu ihrem Gottesdienst vor dem Kalb kam und die Tafel des göttlichen Gesetzes zerbrach und zum Schwert griff, so daß ein Bruder den anderen wegen ihres Gräuels und der Sünde des falschen Gottesdienstes ermorden mußte - so geht es auch dir, du blinde Welt zu Babel der Verwirrung. Weil du vom allgegenwärtigen, allwissenden, allsehenden, allhörenden, allriechenden und allfühlenden Herzen Jesu Christi auf deine erdichteten Wege abgefallen bist und das freundliche Angesicht von Jesus Christus nicht selbst sehen willst und deine Schande der Hurerei, Gleisnerei, Macht, Pracht und des eigensinnigen Hochmuts nicht ablegen willst, sondern in erdichtetem Heiligtum zu deiner Wollust in Geiz, Fressen und Saufen sowie in eitler Eigenehre lebst, so hat der zweite Moses, den der erste verhieß und den man hören sollte, die Tafel seines Gesetzes, darauf seine teure Menschwerdung, Leiden, Tod, Auferstehung und himmlische Einführung stand, vor deinen Ohren verstopft und zerbrochen und dir kräftigen Irrtum aus dem Geist deiner selbsterdichteten Gleisnerei gesendet, wie St. Paulus sagt (2.Thess. 2. 11), damit du dem Geist der Lügen glaubst, nach deines Fleisches Lust lebst und dich deine erdichtete Scheinheiligkeit mit deinem falschen Schlüssel betrügt, der nicht das Leiden und Sterben Jesu Christi in seinem Tod aufschließt.

18.75. Denn du kannst nicht durch die Fürbitte von Menschen zum Vater eingehen, sondern nur durch die teure Menschwerdung von Jesus Christus. Und wenn du nicht alsbald in der letzten Stimme Gottes und seiner Rufe, die dich doch schon oft gerufen haben, umkehrst und aus Babel ausgehst, dann steht Moses im Zorn auf und spricht: »So gürte ein jeder sein Schwert an sich und erwürge seinen Bruder zu Babel!« Und so vertilgst du dich selber. Denn der Geist deines eigenen Mundes wird dich ersticken, der dann nicht mehr Babel heißt, sondern ein grimmiges Zornschwert in sich selber wird, das dich auffrißt und nicht verschont. Und so tötest du dich selber, du großes Wunder der Welt.

18.76. Wie haben doch alle Propheten von dir geschrieben, doch du erkennst dich nicht und reitest weiter auf deinem fetten Tier, und das Reiten gefällt dir so sehr, daß du lieber zum Teufel in den Abgrund reiten würdest, als von dem Tier abzusteigen. Was ist denn aus dir zu machen, du blinde Babel? Steige doch herunter von dem großen, bösen und scheußlichen Tier deiner Macht, Pracht und Überheblichkeit! Siehe, dein Bräutigam kommt, reicht dir seine Hand und will dich aus Babel herausführen.

18.77. War er doch zu Fuß auf Erden gegangen und nicht so geritten. Und er hatte nichts, wo er sein Haupt niederlegte. Was baust du ihm denn für ein Reich? Wo ist die Stätte seiner Ruhe? Ruht er nicht in deinen Armen, warum faßt du ihn nicht? Ist er in dieser Welt so arm, dann ist er doch im Himmel reich. Willst du zu ihm senden, um dich zu versöhnen? Durch die Mutter von Jesus? Oh nein, Mensch, das gilt nicht! Er steht nicht dort und segnet deine Bosheit wegen deiner angeeigneten Falschheit. Er kennt deine Briefe nicht, die du ihm mit den Heiligen schickst, die in der stillen Ruhe im himmlischen Element vor ihm sind.

18.78. Denn ihr Geist der Seele ist in der Stille, in der stillen Wonne vor Gott. Er läßt deine rauhen Sünden nicht in sich, um sich damit abzuschleppen, sondern seine Imagination und sein ganzer Wille stehen im Herzen Gottes. Und der Geist des ersten Prinzips, seine ursprüngliche Qual-Qualität spricht: »Herr! Wann rächst du unser Blut?« Und die Sanftmut von Jesus Christus antwortet: »Ruht in der Stille, bis auch eure Brüder dazukommen, die zu Babel erwürgt werden, um des Zeugnisses Jesu willen. (Offb. 6.10)«

18.79. Sie tun keine Fürbitte für dich. Das gilt auch nicht, denn es ist anders. Du selbst mußt durch ernste Reue und Buße von neuem geboren werden. Du mußt von deinem Tier absitzen und mit Christus zu Fuß über den Bach Kidron in sein Leiden und seinen Tod gehen, um durch ihn aus seinem Grab aufzuerstehen. Du mußt selber dran, denn kein anderer kann dich erretten. Du mußt in die Geburt Jesu Christi eingehen und mit ihm vom Heiligen Geist empfangen werden. Deine Seele muß im Wort und neuen Menschen Christus im heiligen reinen Element aus den vier Elementen herausgeboren werden, nämlich im Wasser des Elements des ewigen Lebens. Deine antichristlich gedichteten Fabeln helfen dir nichts. Denn es heißt: »Was ein Volk für einen Glauben hat, so hat es auch einen Gott zum Segnen.«

18.80. Daß deine Vorfahren nach ihrem Tod in Wundertaten erschienen sind, darauf du baust, das bewirkt der Glaube der Lebendigen und ihre Einildung in ihre Tinktur, der so stark ist, daß er Berge versetzt. So kann sogar ein falscher Glaube, wenn er stark ist, im ersten Prinzip Wunder erwecken, wie bei Beschwörungen und auch bei den falschen Beschwörern der Zeichen vor dem Pharao. Wie sie glaubten, so geschah es ihnen.

18.81. Doch weil der Glaube der Lebendigen am Reich Gottes noch etwas gut und rein war, und sie nicht nur ihren Bauch und die Pracht suchten, so neigte sich ihr Glaube bis in den Himmel, ins Element zu den Heiligen, die solcherart auch den lebendigen Heiligen in ihrem Element im starken Glauben mit Wundertaten natürlich erschienen, welche doch nur im Glauben empfangen wurden, aber dem Gottlosen nicht zuteil werden.

18.82. Denn eine Tinktur empfing die andere, so daß auch die Heiligen im Element des starken Glaubens lüstern wurden, besonders jene, die auf Erden viele zur Gerechtigkeit bekehrt hatten. Wie einem jeden seine Werke des Glaubens nachfolgen, so folgte ihnen auch ihr Wille nach, gern mehr Menschen zu bekehren. Darum empfing ein Glaube in der Tinktur des heiligen Elements den anderen, und so geschahen Wunderwerke bei den Gedächtnissen der Heiligen.

18.83. Dies verhing Gott wegen der Heiden, damit sie sehen konnten, daß die Toten der Heiligen in Gott wären und daß es nach diesem Leben noch ein anderes gibt, damit sie sich bekehren sollten. Darum ließ er Wunderwerke geschehen.

18.84. Aber im Grund des Ursprungs geht es nicht, daß ein Verstorbener einem Lebendigen ins Himmelreich helfen kann, oder daß er sich unterstehen würde, die Not der Lebendigen vor Gott zu beklagen und für sie zu bitten. Denn das wäre dem Herzen Gottes eine große Schande, das auch ohne Bitten seine Barmherzigkeit über alle Menschen mit ausgebreiteten Armen ausschüttet, und seine Stimme nicht anders ist als nur: »Kommt alle zu mir, die ihr hungrig und durstig seid! Ich will euch erquicken. (Matth. 11.28)« Zu mir und allen spricht er: »Kommt! Ich will es gern tun! Es soll meine Lust sein, den Menschenkindern wohlzutun. (Jer. 32.41)«

18.85. Wer würde sich da unterstehen, vor den barmherzigen Brunnquell der Barmherzigkeit zu treten und für einen Betenden zu bitten, als wäre die Liebe im Herzen Gottes tot und wollte dem Betenden nicht helfen, obwohl doch seine Arme ohne Ende und Zeit immer ausgebreitet stehen, um allen zu helfen, die sich ihm mit ganzem Herzen zukehren.

18.86. Oh falscher Antichrist, du behauptest, nicht der Glaube allein rechtfertigt die Seele, sondern deine erdichteten Werke zu deinem Geiz würden das Beste tun. Worin willst du denn neugeboren werden? In deiner körperlichen Festung oder durch die Geburt Jesu Christi? Welches ist wohl der Gottheit am nächsten? Deine Werke vergehen und folgen dir im Schatten nach. Die Seele aber bedarf keines Schattens, sondern es muß ein Ernst sein. Sie muß durch die Tore der Tiefe und durch das Zentrum der Grimmigkeit des Todes, durch den Zorn des ewigen Bandes, in die sanfte Menschwerdung Jesu Christi eingehen und ein Glied am Leib Christi werden, von seiner Fülle nehmen und darin leben. Christi Tod muß dein Tod sein, Christi Essenzen müssen in dir quellen, und du mußt in seiner Quelle leben. So mußt du ganzheitlich in Christus neugeboren werden, willst du vor seinem Vater bestehen, nichts anderes hilft hier. Hätte etwas helfen können und wäre es in der Tiefe der ganzheitlichen Gottheit gewesen, dann hätte es Gott auf Adam angewandt und hätte sein Herz nicht Mensch werden lassen, gegen den Lauf der Natur. Aber es war kein anderer Rat weder im Himmel noch in dieser Welt, außer daß Gott ein Mensch wurde. Darum laß dir das ein Ernst sein und suche keine Irrwege zu Babel.

18.87. Gott hat ja vor Zeiten zur Bekehrung der Heiden viel verhangen. Aber den Antichristen hat er nicht so angeordnet, mit seinem Geiz, Gesetzen und Schwatzen der Konsilien (in theologische Debatten), wo man dem Geist Gottes seinen Mund gestopft hat, damit er nicht mehr reden soll. Sondern der Geist dieser Welt sollte reden und ein Himmelreich auf Erden bauen, mit Gesetzen und Schwatzen. Darum mußte auch das Himmelreich auf Erden mit teurem Eid (und vielen Gesetzen) verbunden sein, weil es nicht in der Freiheit des Heiligen Geistes stand, damit es fett, groß und geil werden könne und auch nimmer zerbräche. Aber daraus ist nur ein Babel der Verwirrung worden, das sich in der Verwirrung selber zerbricht.

18.88. Wenn du nun die Jungfrau Maria mit ihrem Sohn Jesus Christus ansehen willst, dann wirst du finden, wie sie durch ihren Sohn gerecht und selig geworden ist und in große Vollkommenheit gekommen war, gleich dem hellen Morgenstern vor allen anderen Sternen, weshalb sie dann auch „der Engel“ und „die Gesegnete“ unter den Frauen hieß und sprach: „Der Herr ist mit dir.“

18.89. Aber die göttliche Allmacht hatte sie nicht, denn das Wort, das Gott im Garten Eden verhieß, blühte (nur) im Licht ihres Lebens im Zentrum Gottes. Als es der Engel Gabriel auf des Vaters Befehl mit der Botschaft erregte, da ließ es sich in die züchtige Jungfrau ins Element ein, aber nicht ganz und gar in die Seele der Jungfrau oder ihren irdischen Leib, so daß sie vergöttert worden wäre. Nein, denn Christus spricht selbst: »Niemand fährt zum Himmel als des Menschen Sohn, der von Himmel gekommen ist und der im Himmel ist. (Joh. 3.13)« Alle anderen müssen durch Christus in den Himmel fahren, denn Christus ist ihr Himmel, und der Vater ist Christi Himmel. Christus war im Himmel und auch im Schoß der Jungfrau in dieser Welt, denn die Welt war durch ihn gemacht. Wie konnte sie ihn dann begreifen?

18.90. Die Jungfrau begriff ihn wie eine Mutter ihr Kind. Sie gab ihm die natürlichen Essenzen, die sie von ihren Eltern ererbt hatte. Diese nahm er an sich an die Kreatur, so daß er Mensch und Gott war. Die Essenzen seiner Mutter in ihrer jungfräulichen Matrix aus Fleisch und Blut nahm er an den Limbus (Samen) Gottes an, an das unverletzliche Element, und wurde in diesem eine lebendige Seele, und mitten im Inneren war das Wort. Der Seele Macht, Hoheit und Tiefe reichten bis zum Vater, und das äußere Reich dieser Welt hing am inneren, gleichwie die vier Elemente am heiligen reinen Element hängen, die sich am Ende wieder legen und durch das Feuer vergehen werden.

18.91. Und wie das Kind eine andere Person als die Mutter ist, und wie des Kindes Seele nicht der Mutter Seele ist, so war es auch hier an diesem Ort. Denn die äußerliche Jungfrau konnte es nicht begreifen, daß sie den Heiland der Welt trüge, sondern befahl es in ihrer jungfräulichen Zucht Gott, und was dieser mit ihr täte, das wollte sie still ertragen.

18.92. Aber das sollst du wissen, du grausames antichristliches Tier, das alle Heiligkeit von der Jungfrau Maria auffressen will, daß die Jungfrau Maria höher ist und eine größere Fülle des Glanzes hatte, als jedes andere Kind aus einem anderen Leib. Obwohl du böses Tier solches kaum wert bist, daß man es dir sage, weil du ein Fresser bist. Doch der Rat Gottes hat es beschlossen, und so soll es als ein Zeugnis über dich zu deinem Urteil stehen.

18.93. Siehe: Weißt du, wie ein Rind zu Fleisch und Blut und schließlich eine lebendige Seele wird? Weißt du nicht, daß die Tinktur der Mutter das Erste ist, wenn ein Kind empfangen werden soll, was dann in der Begierde des Willens zwischen Mann und Weib geschieht, wenn der Samen gesät wird und ihn die Tinktur in der Matrix mit Einmischung des Samens vom Mann annimmt? Und wenn auch die äußere Mutter nicht immer das Kind begehrt, sondern oft nur ihre Wollust pflegen will, so begehrt es doch die innere Mutter, welche sich auch zuerst in der Tinktur schwängert. Dann zieht das Schöpfungswort an sich, hält den Samen des Mannes und wird schwanger.

18.94. Nun aber inqualiert diese Tinktur mit dem ganzen Leib und auch mit der Seele. Denn wenn sie treu ist, dann erreicht sie die Jungfrau Gottes im Element, und das ist die wahre Wonne der heiligen Seele, in der ihr Gott beisteht.

18.95. So inqualiert nun das Kind mit der Mutter mit allen Essenzen, bis sich das Licht des Lebens anzündet. Dann lebt das Kind in seinem Geist, und die Mutter ist sein Wohnhaus. Wenn aber nun die Seele des Kindes aus dem Samen und aus der Mutter Essenzen geboren wird, dann gehört sie nur halb der Mutter, auch wenn sie nun ihr Eigentum (im Wohnhaus) geworden ist.

18.96. Also auch in Christus: Der Wille gehörte ja der Mutter, wie es ihr der Engel verkündigte, und auch die Tinktur gehörte der Mutter, die den Samen Gottes empfing und in den Willen brachte, so daß sie im Element schwanger wurde. Und so wurde die Gottheit in der Tinktur der Mutter und ihrem Willen empfangen, wie jedes andere natürliche Kind.

18.97. Wenn nun die Seele ihres Kindes in der heiligen Dreifaltigkeit war, die aus den Essenzen der Mutter ausgegangen ist, was meinst du hier, ob nicht die Heiligkeit des Kindes und besonders sein hohes Licht in der Mutter schon leuchten konnten? Und ob diese Mutter nicht schon selbstverständlich auf dem Mond steht und das Irdische verachtet, wie in der Offenbarung zu sehen ist?

18.98. Denn sie hat den Heiland aller Welt ohne irdische Vermischung (und Bindung) geboren und ist eine Jungfrau der Zucht, hochgesegnet von ihrem Sohn Jesus Christus im göttlichen Licht und der Klarheit über die Himmel, gleich den fürstlichen Thronen der Engel. Denn aus ihr ist der Leib ausgegangen, der alle Glieder an sich zieht, welche die Kinder Gottes in Christus sind. Darum steht ihr Glanz über dem Glanz des Himmels, und der Glanz ihrer Seele ist in der heiligen Dreifaltigkeit, in der auch alle anderen Adamskinder, die in Christus geboren wurden, Glieder in dem Einigen Jesus Christus sind.

18.99. Aber meinst du, ich mache einen Gott aus ihr? Nein, dieser Titel gebührt ihr nicht. Denn die Stärke, um zu helfen, kommt allein aus dem Vater durch den Sohn, weil der Quell der Allmacht, den er im Sohn ausspricht, nur im Vater ist. Denn die Macht der Stärke ist im ersten Prinzip, das der Vater selbst ist, und der Sohn ist seine Liebe und sein Licht.

18.100. So wohnt nun die Jungfrau Maria im Himmel im Licht und der Liebe des Vaters, und nicht in der strengen und scharfen Macht Gottes des Vaters, wie auch alle anderen Heiligen.

18.101. Wenn aber gedichtet wird, sie sei mit Leib und Seele lebendig in den Himmel aufgenommen worden, so daß sie sich mit unserer Not abschleppen und diese vor ihren Sohn tragen könne, dann möchte ich gern wissen, was dieser Autor, der das gedichtet hat, für einen Verstand vom Himmelreich hatte. Er hat gewiß schon das Reich dieser Welt zum Himmel besessen.

18.102. Ich lasse es gut sein, und es ist wohl wahr, daß sie mit Leib und Seele im Himmel sein könnte, aber nur mit einem solchen Leib, wie Moses und Elias auf dem Berg Tabor in der Erscheinung vor Christus hatten (Luk. 9.30), nämlich einen neuen Leib aus dem (ewigen) Element, denn das Vergängliche gehört zur Erde. Hätten wir in diesem Leib in Gott bestehen können, dann wäre Gott nicht Mensch geworden und für uns gestorben. So sind doch auch Christi Apostel alle gestorben, aber leben immer noch. Und so kann es auch sein, daß der Leib der Jungfrau in das Himmlische verwandelt wurde und das Irdische abgelegt hatte. Doch was hilft uns das? Sie ist keine Göttin.

18.103. So ist die Anrufung der Heiligen (Maria) ganz gegen die Natur des ersten Prinzips. Sie ist wohl bei Gott, darüber müssen wir nicht streiten. Wir sollten nur sehen, daß wir in ihrem Sohn Jesus Christus auch zu ihr kommen, dann werden wir ewige Freude mit ihr haben, weil sie aus Gottes Gnade die Gesegnete unter den Frauen geworden ist und wir den grünen Lilien-Zweig an ihr sehen, so daß sie die Mutter unseres Heils ist, aus der durch Gott das Heil geboren wurde.

Vom Fegefeuer

18.104. Das gedichtete und wohlgeschmiedete Fegefeuer hat wohl etwas Grund in der Natur, aber auf solchen Wegen, wie es gelehrt wird, ist es eine Lüge, und die unersättliche Bauchfülle des grimmigen Tiers steckt darin, denn es hat sich sein Himmelreich darauf aufgebaut und die Schlüssel von Petrus angeeignet, die es nie (wahrhaft) besessen hat, vor allem zum Fegefeuer.

18.105. Zwar gebe ich zu, daß es den Schlüssel zum Fegefeuer habe, um aufzuschließen, aber alle anderen Schlüssel, die es hat, schließen nicht den Himmel auf, sondern nur die reichen Geldkisten, aus denen man den jungen Frauen ihren Sold auszahlt und sie mit amtlichen Passierscheinen ins Fegefeuer schickt. So meint die Metze (Hure bzw. Geliebte eines Priesters), sie fahre in den Himmel zu St. Petrus, und so betrügt der falsche Gott die falsche Göttin.

18.106. Ach, du blinde Welt, mit deinen erdichteten Seelen-Wesen. Wie dein Segen ist, so bist auch du: Du tust es um des Geldes willen, und gäbe man dir das nicht, dann hieltest du kein Begängnis. Wenn du für deines Nächsten Seele bitten willst, dann tue es, weil sie im Leib dieser Welt zwischen Himmel und Hölle steht. Damit kannst du wohl etwas ausrichten. Und es ist Gott gar lieb, daß du einen Einigen Leib in Christus begehrst und hilfst, deine notleidenden Mitmenschen in Gott zu bringen. Denn es ist Gottes Gebot und Wille, daß einer des anderen Last tragen soll, um in einer brüderlichen Liebe und in einem Leib selig zu werden.

18.107. Doch wenn du, oh blinder Diener am Reich des Antichristen, für die Seele so die Messe hältst, wie zu Zeiten, wenn du eine freisprechen willst, die im Himmel ist und nicht im Abgrund beim Teufel: Meinst du dann nicht, der Teufel spottet deiner? Was wirst du der Seele helfen, die im Himmel ist? Du rufst „Sie ist in der Qual!“, und bist vor Gott ein Lügner. Wie wird dich dann die heilige Seele segnen und dir danken? Was soll das, wenn du selber im Abgrund bei allen Teufeln bist, aber aufstehst und andere aus dem Fegfeuer freisprechen willst, und dies nur um des Geldes willen tust, das du danach mit Huren verschlingst?

18.108. Oh pfui über dich, du große Hure! Wie hast du dir ein Himmelreich zu deiner Wollust auf Erden gemacht und betrügst die armen Seelen der Menschen! Du mußt dich bekehren, oder ins ewige Fegefeuer gehen.

18.109. So ist wohl auch etwas am Fegefeuer dran, aber nicht so tot, wie der Wolf für das Tier dichtet, damit er nur das Tier samt dem Weib, das darauf sitzt, verschlingen kann. Und er ist auch ein Wolf, dem ein Fuchs nachfolgt, und im Fuchs wächst wieder ein Antichrist, der nicht besser als der erste ist. Er geht nur schmeichelnd mit der Fuchshaut umher, aber darin steckt der Wolf, bis er das Reich bekommt. Würde er alt, wie würde er den armen Leuten die Hühner fressen! Aber ehe er reif wird, um im Grimm zu fressen, vertreibt ihn die Lilie im Wunder, die da gegen Mitternacht mitten im grimmigen Sturm wächst.

18.110. Weil nun die Welt so viel vom Fegefeuer dichtet, so wollen wir dazu auch den Grund im Licht der Natur darstellen und sehen, wie es sich verträgt und ob wir es ergründen können. Dazu müssen wir das Leben und den Tod ansehen sowie die Pforte, wo die Seele durch den Tod ins Leben geht, sowie alle Prinzipien. Was gilt‘s, darin steckt der Zweck.


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