Das Mysterium Magnum

(Text von Jacob Böhme 1623, deutsche Überarbeitung 2022)

44. Kapitel - Der Untergang von Sodom und Gomorra

Wie Lot aus Sodom gegangen war, und vom schrecklichen Untergang dieser ganzen Gegend in Hams Geschlecht, und was sich dabei zugetragen hat und wie es geschehen war. (1.Mose 19.15-38)

44.1. »Als der Grimm des Gerichtes jetzt entbrannte und es am Morgen Tag wurde, daß die Sonne schien und jedermann dachte, es ist Frieden und hat keine Not, da drängten die Engel Lot zur Eile und sprachen: „Nimm deine Frau und die beiden Töchter, die hier sind, damit du nicht auch umkommst in der Missetat dieser Stadt!“ Und als Lot zögerte, ergriffen die Männer ihn und seine Frau und seine beiden Töchter bei der Hand, weil der Herr sie verschonen wollte, und führten sie hinaus und ließen sie erst draußen vor der Stadt wieder los.«

44.2. Die innerliche Bedeutung versteht so: Der Geist in Moses zeigt diese Bildung so klar, daß man sie greifen möchte, denn er sagt, als es jetzt am Morgen Tag wurde und die Sonne aufgegangen war, drängten die beiden Engel Lot zur Eile, und als er zögerte, nahmen sie ihn bei der Hand und führten ihn und seine Frau und die Töchter fort. Und wie nun die Darstellung äußerlich mit dem aufgegangenen Tages- und Sonnenlicht war, sowie mit der Mahnung zur Eile, so war sie auch innerlich in Gottes Wahrheit und Gericht.

44.3. Denn in der Wahrheit war in Lot und seinen beiden Töchtern das Licht der Vernunft des Messias in Gottes Wahrheit aufgegangen, welches Lots Töchter wohl erkannten, daß es sich in Gottes Wahrheit in ihrem Vater Lot bewegt hatte. Aus welcher Ursache sie danach, als sie von Sodom weggegangen waren und die Nacht gekommen war, ihren Vater voll süßen Weins tränkten und sich zu ihm legten, um seinen Samen, nämlich den heiligen Samen, von ihm zu empfangen. Denn der Geist sowohl in Lot als auch in seinen Töchtern hatte dies so in ihrem aufgegangenen Licht angedeutet und ihnen aufgezeigt.

44.4. Und wie nun äußerlich die Sonne aufgegangen war und sich ein lieblicher Tag sehen ließ, so war auch im Inneren in Gottes Wahrheit die Bundessonne nach der Prüfung in ihrer Essenz aufgegangen, als der heilige Sonnentag, denn sie waren jetzt durch das Gericht gegangen. Aber dagegen war nun in den Kindern zu Sodom die Sonne der finsteren Welt Eigenschaft als die Wirkung von Gottes Zorn aufgegangen und drang mächtig in Gottes Gerechtigkeit. Darum drängten die Engel Lot zur Eile, denn die Sonne des Zorns war schon aufgegangen und hatte die Kinder der Bosheit ergriffen.

44.5. Gleichwie die heilige Sonne in Gottes Wahrheit, welche Lot und seine Töchter in der Glaubensessenz ergriffen hatte, Lot und seine Töchter bei der Hand nahm und von ihnen wegführte, so hatte auch der Grimm schon die Kinder in Sodom bei der Hand ihrer Essenz genommen und führte sie in das Gericht der Vollstreckung. Und wir wollen dir, oh Babel, diese Darstellung für die Zeit deines Siegels deuten. Erkennt es wohl, ihr Töchter und Kinder von Lot, denn es gilt euch!

44.6. Wenn Gott ein Land strafen will, schickt er ihnen zuerst Boten und läßt sie zur Buße mahnen, und verkündigt ihnen seine Gnade. Danach schickt er auch bald den Engel der Gerechtigkeit, der sie sichtet (bzw. prüft), ob sie auch der angebotenen Gnade fähig sind, und stellt ihnen das Gericht mit der Drohung ihres Untergangs vor, auch mit der Andeutung großer Kriege und Plagen, wie er sie vertilgen und ausrotten will, wenn sie nicht umkehren und Buße tun. Und er zeigt ihnen durch seine Boten das Licht und den Weg der Gerechtigkeit, und läßt sie eine Weile in dem angebotenen Licht hinlaufen, bis sie dessen überdrüssig werden und es nur für ein gemeines Ding und Historie halten und wieder ein Sodom werden.

44.7. Danach schickt er die zwei Engel zugleich, nämlich den Engel des Gerichts und den Engel der Wahrheit, und läßt ihnen ernsthaft drohen und sie ermahnen, und stellt ihnen auch das Gericht vor. Wenn sie aber nur Sodom sind, dann läßt er von der äußeren Darstellung ab und läßt sie das Maß vollmachen. Und so läßt es sich dann ansehen, als wäre ihnen die Sonne in ihrem Sodom aufgegangen und es werde nun gut werden. Dann spricht der Engel der Wahrheit in seinen Kindern: „Eilt und geht aus, denn die Strafe und der Untergang ist da!“

44.8. So sagen wir dir, oh Babel, Gott hat dir schon lange Boten geschickt und mit der Andeutung des Evangeliums seine Gnade angeboten, dir dabei auch mächtig mit der Strafe deines Untergangs gedroht, aber du hast aus dem Licht des Evangeliums nur ein Zank-Babel gemacht, und bist nun das wohlgemästete Sodom.

44.9. Und wisse gewiß, daß dir der Herr jetzt die zwei Engel zum Letzten geschickt hat: Einer hat die Wahrheit in sich und gebietet Lot mit seinen Töchtern aus Sodom zu gehen, und der andere hat das strenge Gericht, und hat dich nun zum letztenmal gesichtet (und geprüft) und deine inwendige Signatur herausgedreht und vor den Herrn gestellt, und dein Mordgeschrei ist vor den Höchsten gekommen und ist sehr groß, und der hat seinen Engel gesandt, um dich zu verderben und die Stätte umzudrehen.

44.10. Deine Signatur, mit der du jetzt von außen gezeichnet bist, ist der große Geiz und Neid mit dem bösen Geld deiner Währung und deine große Grimmigkeit in deiner Drangsal der Armen, indem sich dein Geiz so hochgeschwungen hat, im Willen, alles in sich zu fressen, daraus deine große Steigerung aller menschlichen Notdurft entstanden ist.

44.11. Du aber sprichst: „Jetzt ist es doch gut, denn die Sonne ist mir aufgegangen und scheint in meinen Sack, so daß ich diesen füllen kann, wie ich will. Es ist eine gute Zeit für mich, und es wird nun gut werden. Ich will mich dessen wohl bedienen und mit der Macht des Stolzes aufsteigen und mich sehen lassen!“

44.12. So höre nun, was der Posaunenschall dazu sagt, denn er spricht: „Gehe weg von Sodom! Der Zorn des Herrn ist entbrannt, und die Sonne ist in Liebe und Zorn aufgegangen.“ Das wollen wir euch nicht verbergen. Der Engel der Wahrheit hat Lots Töchter samt dem Vater und seiner Frau jetzt schon bei der Hand gefaßt und gebietet ihnen zu gehen. Es ist Zeit, und das wirst du, Sodom, bald mit Jammer sehen.

44.13. Denn der Engel des Zorns hat auch dich ins Gericht gefaßt. Darum bist du so grimmig, geizig, mörderisch und falsch. Beschaue dich nur, ob wir dir die Wahrheit sagen! Du machst dir eine große Zehrung (Menge von Nahrung) in deiner Signatur, damit du im Abgrund einen Vorrat hast. Wer sehen kann, der sehe! In wem nur ein Fünklein Gehör des Posaunenschalls erschallt ist, der gehe aus Sodom. Es ist kein Harren (bzw. Warten) mehr.

44.14. Und Moses sagt weiter: »Und als er Lot hinausgebracht hatte, sprach, er: „Rette deine Seele und sieh nicht hinter dich, und bleibe auch nicht stehen in dieser ganzen Gegend. Auf den Berg rette dich, damit du nicht umkommst.“ Aber Lot sprach zu ihm: „Ach nein, Herr! Siehe, dein Knecht hat Gnade gefunden vor deinen Augen. So wolltest du deine Barmherzigkeit groß machen, die du an mir getan hast, als du meine Seele am Leben erhieltest. Ich kann mich nicht auf den Berge retten, denn es könnte mich ein Unheil ereilen, daß ich stürbe. Siehe da ist eine Stadt nahe, dahin ich fliehen kann, und sie ist klein. Dahin will ich mich retten, auch wenn sie klein ist, damit meine Seele lebendig bleibe.“ Da sprach er zu ihm: „Siehe, auch darin habe ich dich gesehen, so daß ich die Stadt nicht umkehre, von der du geredet hast. Eile und rette dich dahin, denn ich kann nichts tun, bis daß du hineinkommst!“ Daher wird die Stadt Zoar („klein“) genannt. Und die Sonne war auf Erden aufgegangen, als Lot nach Zoar kam.« Die innere Bedeutung versteht so:

44.15. Der Geist der Wahrheit hatte in Lot den Geist im Bund bewegt und an seine geistige Hand genommen und aus dem Gericht geführt, das heißt, die Seele Lots, in der sich das verheißene Wort im Bund nach geistiger Eigenschaft eröffnet hatte. Darin drang nun die gesandte Stimme der Wahrheit und des Gerichts ein und beschirmte Lot vor und im Gericht.

44.16. Denn mit dem Gericht wurde das erste Prinzip als das seelische Zentrum gesichtet und durch alle Eigenschaften der ewigen Natur geprüft. In dieses stellte sich des Herrn Hand als der Engel des Herrn mit der Gnade Christi des Bundes in Abraham hinein und zog Lot aus dem Gericht und von den Kindern Sodom. Darum sprach der Engel: „Rette dich, und siehe nicht hinter dich ins Gericht, als in den entzündeten Grimm, damit dich dieser nicht fange!“ Wie Lots Frau geschah, welche ihre Begierde wieder zurückwandte, um zu schauen, was denn der Grimm des Herrn wäre.

44.17. Wie es auch Adam und Luzifer getan haben, welche ebenfalls Gott als den Grimm der ewigen Natur essentiell schauen und probieren wollten, der doch ein verzehrendes Feuer ist und zugleich Geist und Leib probiert, und wenn er etwas erreicht, dessen er fähig ist, dann verschlingt er es in sich.

44.18. So stand jetzt die Seele Lots im Zittern vor dem Engel des Gerichts, als vor Gottes Gerechtigkeit, und bat seine Wahrheit, er wollte doch seine Barmherzigkeit im Bund über ihn groß machen, daß ihn nicht etwa die Verwirrung ergreifen könne. Und das ist ein schönes Beispiel, wie Gott seine Kinder in Zeit der Strafe in seine Liebe faßt, beschirmt und vom großen Verderben wegführt, wie er es mit Lot und den frommen Kindern im endlichen Untergang Jerusalems tat.

44.19. Auch sagte der Engel der Rache: »Ich kann nichts tun, bis du hinauskommst.« Ach, du wunderlicher Gott, wer kann dich abwehren? Und doch ist es hier so, daß sich der Geist seiner Liebe im Bund mit der Wahrheit in Lot gestellt hat und den Zorn aufhielt, so daß er nicht brennen konnte, bis Lot herauskam.

44.20. Und so sieht man, wie die Kinder Gottes öfters große Strafen Gottes aufhalten können, und welche Macht in ihnen ist, so daß auch Gottes Zorn nichts tun könne und wie ohnmächtig ist, wo sie noch vorhanden sind. So sind sie auch eine Macht gegen Hölle und Teufel, denn ein solches Wesen ist der wahre Glaube, daß er Gott in seinem Zorn aufhalten und bewältigen kann.

44.21. Darum sagte der Herr zu Lot: »Ich kann nichts tun, wenn du nicht hinausgehst.« Und verschonte auch das Städtlein, das Pella oder Zoar genannt wurde, als eine Abwendung des Zorns um Lots willen. Denn als er dahin kam, mußte die Verwirrung erlöschen, wie es der Name in der unverdichteten sinnlichen Zunge ausspricht.

44.22. »Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorra, und kehrte die Städte um, die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Land gewachsen war. Und seine Frau sah hinter sich und wurde zur Salzsäule.«

44.23. Dies ist nun die Darstellung des Reiches Christi, welcher sich Abraham in der Liebe eröffnet hatte, wie er das Gericht über die Welt halten wollte und wie ihm die Macht von Gott gegeben worden sei, mit welcher er das Reich des Teufels auf Erden zerstören und alle Gottlosen dem Zorn Gottes zum Verschlingen geben sollte. Denn als er sich Abraham offenbart und den Bund der Gerechtigkeit bestätigt hatte, da schickte er diese zwei Engel als Gottes Wahrheit und Gericht nach Sodom, um die Ham-Kinder als bösartige, abtrünnige und halb Teufelsmenschen zu vertilgen, damit des Teufels Reich geschmälert würde und nicht so groß auf Erden wachse, und sein Reich verhindere. Die innere Bedeutung versteht so:

44.24. »Der Herr regnete Schwefel und Feuer vom Himmel«, sagt Moses. Das war noch nicht das innere höllische Feuer gewesen, welches am Ende der Tage die Scheune fegen soll, sonst wären die vier Elemente verwandelt worden. Es war nur eine Vorbildung des Künftigen. Des Schwefels und Feuers Ursprung lag in der großen Verwirrung, wurde im dritten Prinzip geboren und war nur ein Racheschwert. Das innere Feuer verzehrt Erde und Steine und alle Elemente. Aber dieses war nur ein Feuer, wie es sich im Schauerschlag in der großen Verwirrung gebiert (wie aus einer Gewitterwolke). Es war ein Entstehen (Egest), das das Gestirn von sich stößt, welches eine Materie dazu ist. Und wenn es auch kein greifbares Wesen ist, so ist es doch ein geistiges Wesen, in dem sich Mercurius im Salpeter als im Feuerschreck anzündet, darin sich dann der Schreck in eine Substanz oder Wesen faßt, welches Schwefel ist.

44.25. Denn die drei von Sulphur, Mercurius und Salzschärfe sind im Ursprung, wenn sie noch ein Geist sind, nur Eines. Wenn sich aber Mercurius, als der Schall des geformten Wortes im Prinzip als in seinem ersten Ursprung durch einen Gegenblick bewegt, dann erschrickt er in sich selbst, das heißt, die Bewegung erregt den Ursprung der Hitze und Kälte als den Ursprung des ersten Prinzips nach dem kalten und hitzigen Feuer. Das ist der Anfang der Gegensätzlichkeit und des Erschreckens, davon der Feuerblick oder Salpeter-Schreck entsteht, darin sich die drei ersten, als Hitze, Kälte und Schall, ein jedes in ein eigenes Wesen im Schreck verdichten und hineinführen. Nämlich die Hitze in den Schwefel, die Kälte in die Salz-Art, und der Mercurius in die Wasser-Art. Obwohl sie doch nicht ganz geschieden werden und ein jedes des anderen Wesen hat, aber nach einer Eigenschaft fix (bzw. verkörpert) wird.

44.26. So ist uns hier vom Schwefelfeuer zu verstehen. Der Grimm des ersten Prinzips, als Gottes Zorn nach der ewigen Natur, erblickte die äußere Natur im dritten Prinzip mit einem Blick, der „große Verwirrung (Turba Magna)“ heißt, nämlich eine Verwirrung in der Seele der äußeren Welt im Geist der Natur, davon sich die äußere Natur entzündete und sich die drei ersten (Grundqualitäten) in ein Wesen faßten, als in Schwefel, in Salz und in ein Mercurius-Giftwasser, in dem sich der Schreck oder Blick des Feuers entzündete und verdichtete, und so angezündet über Sodom und Gomorra und über alle Gegend dieses Landes regnete und alles verdarb. Das heißt: »Der Herr ließ Schwefel und Feuer vom Himmel regnen.«

44.27. Diese Materie des Schwefels und Feuers ist nicht vom inneren Himmel gekommen, sondern der Grimm kam aus dem Inneren ins Äußere, so daß sich das Äußere in der Macht des Inneren aus den Eigenschaften des Inneren faßte und anzündete. Und so ist es ein wahrhaftiges Bild der inneren finsteren Welt. Wenn sich diese Natur bewegt, dann ist sie in geistlicher Eigenschaft so, welche Gott seinen Grimm und Zorn nennt, und ein verzehrendes Feuer. Denn wenn sich die innere, geistige und finstere Welt bewegen würde, dann würde die äußere Welt zugleich mit den vier Elementen im selben Geistfeuer verschlungen, das am Ende der Tage geschehen soll.

44.28. Und dessen haben wir hier eine Darstellung an Lots Frau, die zur Salzsäule wurde, daß sich die drei ersten (Grundqualitäten) bewegt hatten, denn sie wurde, nachdem sie zurück in die Verwirrung sah, im Salzgeist in seiner Verdichtung ergriffen. Das deutet an, daß sie am meisten von dieser Eigenschaft gewesen war, nämlich in der Begierde geizig, in welcher sie auch in der Engel Sichtung ergriffen worden war.

44.29. Und obwohl sie der Engel vor dem Feuergrimm beschirmt hatte, so wurde sie doch im Grimm der Natur von ihrer Selbsteigenschaft ergriffen, und die große Verwirrung ergriff den Leib, als das Wesen des dritten Prinzips, und verwandelte ihn in seine Selbsteigenschaft, als in die Macht des ersten Prinzips, das in ihrem Leib vorherrschend war und nach welcher Eigenschaft sie auch in der Verwirrung ergriffen wurde.

44.30. Und das sollen wir uns nicht als etwas Fremdartiges einbilden, denn wir haben dessen in der Schrift viel mehr. Sehen wir Usam an, der bei der Bundeslade, als er diese nur anrührte, ergriffen wurde, als der Grimm Gottes noch im Schall und beweglich war. Sehen wir an, wie er die Philister angriff, als sie die Bundeslade bei sich hatten. Oder auch Korach, Datan und Abiram bei Moses in der Wüste (4.Mose 16.28-33): Das alles hat einen Ursprung, aber ein jedes in sein eigenes, nachdem die Verwirrung unter den drei Ersten (Grundqualitäten) entzündet wurde.

44.31. Hätte aber Lots Frau das Wort der Wahrheit und Barmherzigkeit in der Botschaft des Engels begriffen, es hätte sie wohl beschirmt. Weil sie aber ungläubig an dem war, was die Engel sagten, und ihr vielleicht ihr zeitliches Gut beliebte, welches sie alles verlassen sollte, und wieder zurücksah und sich nach dem Zeitlichen sehnte, so ergriff sie auch die Verwirrung der Zeit, so daß sie nach dem Wesen des Leibes in der ersten Materie stehenbleiben mußte (daraus doch Gott den Stoff aus der Erde ausgezogen und in ein geistig lebendiges Bild formiert hatte), bis der Herr dieses (erstarrte materielle) Wesen wieder in ein geistiges Wesen verwandeln wird.

44.32. Und das geschah zu dem Zweck, daß doch der Mensch sehen sollte, was er nach dem äußeren Leib ist, wenn Gott seinen Geist daraus entzieht, und daß er des Herzens Grund fordere und nicht nur eine Mundheuchelei, so daß man sich der angebotenen Gnade nur tröste und dieselbe als ein Gnadengeschenk von außen annehmen solle, aber im Geist und Willen ein bösartiges Tier bleibt.

44.33. Wie die jetzige babylonische Christenheit, die auch wie Lots Frau die Gnade nur von außen annimmt und sich der Gnade tröstet, aber im Herzen in der Ichheit und Fleischeslust unbekehrt bleibt und ihre Augen nur nach Sodom gewendet hat. Sie ist zwar mit dem Mund aus Sodom herausgegangen, doch der Körper lebt noch in Sodom und sieht mit Lots Frau in den Geiz und die zeitliche Wollust, und will nicht mit dem Herzen aus Sodom herausgehen.

44.34. Darum sagt der Engel der Wunder: Du bist gesichtet und in der Verwirrung ergriffen worden. Du bist des Schwefelfeuers fähig. Deine Mundheuchelei, daß du nur sagst, du seist von Babel und Sodom herausgegangen, hilft dir nichts, denn du bist wie Lots Frau in den drei Ersten (Grundqualitäten) gefangen, weil du nur nach den drei Ersten hungerst, und den Geist Christi zu einem äußerlichen Deckmantel gebrauchst, aber nicht in dir hören willst, was jetzt der Herr spricht. Sondern du hörst nur, was der Antichrist in seinem überheblichen Stolz, Geiz, Neid und Zorn redet, wie du dem irdischen und sterblichen Gott Mäusim (der Ich-Festung) gefallen könntest, nämlich eigener Liebe, eigenem Wollen und eigenem Sinn.

44.35. Du suchst und ehrst nur den äußerlichen Abgott, wie Silber und Gold, Kupfer und Fülle des Bauches, zu deiner üppigen und sodomitischen Wollust. Und dieser Abgott ist auch um deinetwillen gesichtet (und geprüft) worden, und ist dir nahe und fern geworden, doch du erkennst es nicht, was es bedeute. Du sprichst „Es ist ungefähr so, und kann wohl gewendet werden.“, aber weißt nicht, was damit signiert (bezeichnet) ist. Denn die allerinnerlichste Bedeutung von Lots Frau, daß sie zur Salzsäule wurde, ist diese:

44.36. Als diese zwei Engel von Abraham, als von Geist Christi, nach Sodom zu Lot kamen und er sich vor dem Herrn zur Erde verneigte und diese Engel bat, bei ihm einzuziehen, da zogen sie nach göttlicher Eigenschaft essentiell bei ihm ein, auf Art, wie bei Abraham mit dem Glaubens-Wesen. So geschah es auch hier, denn es war ein Bund. Aber in Abraham wurde der Samen zur Person Christi genannt, und nicht in Lot, wie Moses gar vielmal sagt.

44.37. Lots Glaube fing das Sein vom Engel, der ihm dieses aus Abrahams Glaubens-Wesen brachte. Denn von Einem, als von dem, der sich in Abraham bewegte, sollen sie alle geheiligt werden. So war nun Lot durch der Engel Geschäfte, das heißt, geformte Engel aus göttlicher Eigenschaft aus Christi Wesen und Wort gesandt, als ein Sproß oder eine Rebe am Wesen Abrahams geheiligt.

44.38. Und weil Lots Töchter dieser Heiligung fähig waren, aber die Mutter nicht, so mußte die Mutter wieder in die erste Materie gehen, und Lot mußte sich mit seinen Töchtern in diesem gesegneten Samen mischen, denn sie waren dessen fähig, und sonst kein Mensch in der Welt. Denn es sollten zwei mächtige Geschlechter daraus entstehen, nämlich die Moabiter und Ammoniter, ein großes Volk. Wie auch der Geist in Moses ganz verdeckt von Lots Töchtern redet, daß eine zur anderen sagt: »Siehe, es ist kein Mann mehr, der uns nach menschlicher Weise beschlafe. So laßt uns unserem Vater süßen Wein geben, und dann wollen wir uns zu ihm legen, so daß er es nicht gewahr werde, damit wir Samen von unserem Vater erhalten.« Denn die Mutter wurde dieses heiligen Samens nicht fähig, weil sie in der Sichtung (bzw. Prüfung) von der Verwirrung ergriffen worden war.

44.39. Hier würde der Verstand fragen: „Warum haben sich die Töchter Lots nicht mit Abrahams Geschlecht vermischt, sondern gerade mit dem Vater gegen das Recht und Gesetz der Natur und aller Völker?“ Das konnte nicht sein, denn in Abraham war der Samen Christi genannt. Nun aber lagen noch zwei andere Linien als Sproß im Samen Christi, die aus Abrahams Glauben geboren werden sollten, als aus Christus. Gleichwie Abrahams Glauben aus JEHOVA im Namen JESU geboren worden war, so waren sie auch Sprossen im Baum der Wunder, die aus Gottes Wahrheit und Gerechtigkeit entsprießen sollten und in die Liebe Jesu eingeführt werden. Diese Eröffnung brachten die Engel zu und in Lot, welche Eröffnung in Lots Samen austrieb.

44.40. Weil aber seine beiden Töchter in diesem Gericht mit bestanden und in diesem Geist, der sich in Lot eröffnet, mit ergriffen worden waren, und eben auch diese Eigenschaften empfingen, wie ihr Vater, so sollte es auch so sein. Und es war von Gott so geschaffen, daß diese zwei Söhne Ammon und Moab von Einem Samen durch zwei Schwestern geboren werden mußten, denn sie sollten zwei Völker aus zwei Linien der Natur sein, aber aus Einer Wurzel.

44.41. Daß es aber der Geist in Moses so verdeckt und sagt »Die zwei Töchter haben den Vater voll süßen Wein getränkt, so daß er nicht gewußt habe, was er täte, und wären so in des Vaters Trunkenheit vom Vater schwanger geworden.«, welches doch wunderlich erschiene ohne Gottes Werk, das ist so zu verstehen: Nicht, daß es nicht so ergangen war, denn es ist so ergangen wie der Text von Moses sagt, aber es war ein Werk des göttlichen Geistes, der hiermit die äußerliche Scham zudeckt.

44.42. Denn dieses äußere Werk ist vor Gott eine Scham und auch vor allen Völkern, aber das innere Werk mußte so in seiner Bildung sein. Und die wahre Bildung ist, daß der Mensch Christus als Gottes Sohn auch durch eine Scham geboren werden sollte, welches vor Gott auch eine Scham war. Aber so nahm er unsere Scham und Schande auf sich und hängte sie wie einen Fluch an den Stamm des Kreuzes und opferte sie der Gerechtigkeit Gottes auf. So mußten auch diese zwei Linien mit einer Scham bedeckt sein, auf daß sie alle einzig und allein unter Christi Scham am Kreuz geheiligt würden, und sie nicht sagen dürften, sie wären rein vor Gott und der Natur. Denn die Schrift sagt: »Er hat sie alle unter die Sünde beschlossen, daß er sich aller erbarme.«

44.43. Und daß solches wahr und gewiß ein Werk Gottes gewesen war, das sieht man daran, daß gerade am selben Tag die Mutter zur Salzsäule geworden und Sodom untergangen war, ohne Zweifel mit ihrem Hab und Gut. Und daß sie gerade in dieser Nacht dieses Werk verrichteten, als sie doch nur auf einem Berg bei Zoar in einer Höhle über Nacht blieben, so daß sie wohl nicht der Kitzel gestochen haben wird.

44.44. Aber so mußte es sein, daß der Vater trunken würde, so daß es nicht menschlicher Verstand täte, sondern daß es Gottes Werk sei. Auch daß die Seele Lots in der Tinktur des Samens nicht mit der Scham der Töchter verstört würde, so mußte es wie in menschlicher Trunkenheit und Unverstand geschehen, damit die Völker kein Recht und keine Gewohnheit daraus machten. Denn auch die Töchter waren im Geist wie trunken, damit der Geist tun konnte, was er wollte, und sie nur ein Werkzeug wären.

44.45. Daß sie das aber erkannten, daß der Vater geheiligt worden war und sie gern den heiligen Samen empfangen hätten, sieht man an dem, daß sie sagten, es wäre kein Mann mehr, der sie nach Menschenweise beschlafen könnte. Und so wollten sie sich zum Vater legen, um den Samen zu gebären. Es waren wohl viele Menschen auf Erden, aber keiner war dieses Samens fähig, als eben seine Töchter. Und das gab ihnen der Geist in ihnen zu erkennen.

44.46. Darum sollen auch wir erkennen, was es bedeutet, wenn der Geist in Moses die Decke vor seine Augen zieht, daß es zwar vor Gott nicht ganz rein sei, aber es wegen der Unvermeidlichkeit nun so sein sollte.

44.47. Und wir sollen in den Taten Gottes nicht nach dem Verstand richten, denn der Verstand sieht nur auf das Äußere und erkennt nichts vom Inneren. Er weiß nichts von der Wurzel dieses Baumes und von seinen Zweigen und Ästen, woraus ein jeder Ast oder jedes Volk seinen unvermeidlichen Ursprung nehmen mußte.


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