Das Mysterium Magnum

(Text von Jacob Böhme 1623, deutsche Überarbeitung 2022)

39. Kapitel - Der Bund Gottes mit Abraham

Wie Gott in der Sicht Abrahams erschienen war und den Bund mit ihm in seinem Samen bestätigte, und wie Abrahams Glaube den Bund ergriffen hatte, welches ihm zur Gerechtigkeit zugerechnet worden war, und wie ihn Gott opfern hieß, und was darunter zu verstehen ist. (1.Mose 15)

39.1. Moses spricht: »Nach dieser Geschichte begab es sich, daß zu Abraham das Wort des Herrn in einer Erscheinung kam und sprach: „Fürchte dich nicht, Abraham, ich bin dein Schild und sehr großer Lohn.“ Aber Abraham antwortete: „Herr, Herr, was willst du mir geben? Ich gehe ohne Kinder dahin, aber mein Knecht, der Elieser von Damaskus, hat einen Sohn.“ Und Abraham sprach weiter: „Mir hast du keinen Samen für Nachkommen gegeben, und siehe, dieser Sohn meines Knechtes soll mein Erbe sein.“ Und siehe, der Herr sprach zu ihm: „Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leib kommen wird, der soll dein Erbe sein.“ Und er hieß ihn hinausgehen und sprach: „Siehe zum Himmel auf und zähle die Sterne! Kannst du sie zählen?“ Und er sprach zu ihm: „So zahlreich sollen die Nachkommen aus deinem Samen werden.“ Abraham glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.«

39.2. In diesem Stück liegt die Wurzel des christlichen Glaubens, denn Gott sagte zu Abraham: »Er wäre sein Schild und Lohn, und er wollte ihm Nachkommen aus seinem Leib geben.« Gott selbst wollte Abrahams Lohn sein und ihm einen Sohn aus sich geben, dessen Nachkommen wie die Sterne am Himmel sein sollten, die unzählig sind. Und nicht der Sohn seines Knechtes sollte der Erbe sein, also nicht der tierische Menschensamen voller Schlangenwesen, sondern Gottes Lohn, Gottes Wesen selbst. Er wollte ihm seinen Lohn in seinen Samen als in die Kraft seiner Lenden geben, und das sollte ein Samen werden wie die Sterne am Himmel. Damit sah er auf den Samen im Bund, als auf das ewige Reich, das wie die Sterne am Himmel sein sollte, so lauter, rein und unzählig. »Und dies glaubte Abraham, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit zugerechnet.«

39.3. Glauben bedeutet hier so viel wie: Er faßte das Wort, er nahm es in seine Begierde, als in das menschliche Sein herein. Und das Ziel im Bund nahm im geformten verdichteten Wort, nämlich in Abrahams Natur und Eigenschaft, das sprechende Wort Gottes als die Verheißung an. Und diese beiden formten sich in eines, und in diesem Einen war Abrahams Glauben gerecht, denn Gott rechnete Abraham das Wort, das er in seiner Glaubensbegierde einnahm, zur Gerechtigkeit, zum Eigentum und zur Rechtfertigung.

39.4. Denn dieses eingenommene Wort rechtfertigte das kreatürliche Wort, als das ausgesprochene und geschaffene, das heißt, was sich in menschlicher Eigenschaft geformt und in eine Kreatur begeben hat, nämlich aus den drei Prinzipien in ein Bild, in welchem Bild sich der eigene Wille durch die Begierde und Lust mit der finsteren Welt Eigenschaft, als im Feuer und Zorn Gottes, emporgeschwungen und in eine irdische Grobheit hineingeführt hat. Und in dieses grobe Bild hatte auch der Teufel durch die Schlange sein Sein, seinen Willen und seine Begierde hineingeführt.

39.5. Diesem Dasein, verdichtetem Wort und geschaffenem Bild kam das lebendige, ewigsprechende und heilige Wort aus der Eigenschaft des Lichtes und der göttlichen Liebe zu Hilfe und wurde sein Lohn. Denn dieses nahm Abrahams natürliches Wort und Kraft in sich ein, und dieses eingenommene und in der Begierde gefaßte Wort Gottes rechtfertigte Abrahams verdorbenes Wort. Es wurde seine Gerechtigkeit, zerbrach den Zorn und zerstörte die Begierde und den Willen des Teufels. Das heißt, dies geschah im Menschen-Wesen als im geformten Wort (der „Information“ bzw. des „Bewußtseins“).

39.6. Denn es gibt keinen Glauben ohne Gottes Wort und Kraft. Und so nahm nun Abraham Gottes Wort, Kraft und Verheißung in sich in sein Sein und faßte es in eine Substanz seines Geistes, und das war der Glaube der Rechtfertigung, so daß Gottes Wort und der menschliche Wille mit der Begierde in eine geistige Substanz eingingen. So rechnete Gott Abraham das eingenommene oder eingesprochene gefaßte Wort zur Gerechtigkeit, und zwar zum Eigentum. Und dieses ist des Glaubens Grund und Wurzel, daß er Gottes Verheißung als sein Eigentum in seine Begierde faßt, und diese nicht im Zweifel von sich fahrenläßt. Wie es auch Jakob tat, der das Wort der Verheißung in sich faßte und sagte: »Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn! (1.Mose 32.27)« Denn er rang die ganze Nacht mit dem Wort der Kraft, bis er siegte, so daß sich ihm das verheißene Wort zum Eigentum gab, als zu einem Segen oder großen Lohn, wie hier bei Abraham.

39.7. So versteht uns genau: Das einverleibte Wort des Bundes im Paradies, das Gott Adam vom Schlangentreter verhieß, rang durch das geformte Wort Jakobs in menschlicher Eigenschaft mit dem jetzt neu verheißenen Wort, als mit dem lebendigen Wort, und wollte, daß das verdorbene menschliche Dasein mit Gottes Liebe gesegnet würde, um den Schaden zu heilen, und ächzte nach der Erfüllung des Bundes, daß Gott doch bald sein heiliges Sein himmlischer Wesenheit in des Menschen Wesen einführen wollte, damit Christus aus Gottes und des Menschen Wesen geboren würde. Darum soll die Christenheit wissen, daß der Glaube nicht nur eine Historie oder Wissenschaft ist.

39.8. Glauben ist nichts anderes, als seinen Willen mit Gott zu vereinigen und Gottes Wort und Kraft in seinen Willen einzunehmen, so daß diese beiden, Gottes Wille und des Menschen Wille, eine Substanz und ein Wesen werden, damit der menschliche Wille Gottes Wille ist. Dann ist ihm Christus in seinem Leiden, Sterben, Tod und Auferstehung in seine eigene Menschheit zur Gerechtigkeit gerechnet, so daß der Mensch Christus wird, das heißt, nach dem geistigen Menschen. Und so ziehen wir Christus in Abrahams Glauben an und werden Zweige und Reben in seinem Weinstock und Tempel Gottes. Wer anders lehrt und will, der ist noch in der verdichteten und unzerschellten Zunge des Unglaubens, in der Hurerei zu Babel.

39.9. Dieses ist der rechte wahre Grund unseres christlichen Glaubens, daß wir Christus (den Abraham im Glauben anzog) jetzt in seiner Menschheit nach dem Wesen der himmlischen Welt im selben Fleisch und Blut, das Abraham von Melchisedek im himmlischen Brot und Wein als ein Vorbild vorgetragen wurde, auch in unseren himmlischen Teil der Menschheit einnehmen und anziehen, ja ganz in unser Sein von der himmlischen Welt Wesen, das in Adam abstarb, einnehmen und darin lebendig werden, in Christus vom Tod auferstehen und ganz essentiell mit unserem geistigen Menschen in ihm wohnen. So ist er dann unsere eigene Gerechtigkeit, wir in ihm, und er in uns, nur Ein Christus, Ein Gott, Ein Glaube und Ein Baum im Paradies Gottes, im Stamm, welcher Gott ist, und in der Kraft, welche Christus ist, und in den Zweigen des Baumes, welche wir Christen sind, ganz Ein Baum, nicht zwei. Aber darunter verstehen wir nicht den grobirdischen Menschen voller Schlangenwesen, der das Reich Gottes nicht erben soll, sondern den wahren Menschen, den Gott in seinem Bild erschuf.

39.10. Meister Vielmalklug von Babel soll uns hier richtig in die Augen sehen, wessen Geistes Kind wir sind: Nicht das Tier verstehen wir, sondern den Menschen Christus, der in Adam starb, der aus Abrahams Samen wieder geboren wurde und dem Tod die Macht nahm, die Hölle im Menschen zerstörte, in uns den Tod erwürgte, vom Tod auferstand und ewig lebt. Den meinen wir mit einem wahren Christen, und nicht Kälber, Ochsen, Hunde, Nattern, Kröten und dergleichen, die mit ihrem Tierwesen der Eitelkeit von außen angenommene unwiedergeborene Kinder Gottes sein wollen. Kein solches Tier kommt in den Himmel, nur einzig und allein ein Kind Christi, das aus Christi Fleisch und Blut geboren ist. Die Hunde bleiben draußen.

39.11. Darum laß es dir gesagt sein, Babel: Du reitest auf dem Drachen der gefaßten halbteuflischen und halbtierischen Zunge in deinem eigenen Wort und Willen, und hast nicht den Glauben Abrahams, nämlich im ergriffenen gefaßten Wort, das Mensch geworden ist, sondern du heulst mit den Hunden und willst mit deinem Hundewillen in einem fremden Kind Abrahams Erbe sein.

39.12. Aber Gott sprach zu Abraham: »Der Sohn deines Knechtes soll nicht dein Erbe sein, sondern der aus deinem Samen gezeugt und aus dem Glauben der Gerechtigkeit geboren wird, der soll Gottes Erbe sein.« Und auch nicht der Sohn der Magd, als das fremde eingeführte grobirdische Schlangenwesen.

39.13. »Und Gott sprach zu Abraham: „Ich bin der Herr, der dich von Ur aus Chaldäa geführt hat, so daß ich dir dieses Land zum Besitz gebe.“ Abraham aber sprach: „Herr, Herr, woran soll ich erkennen, daß ich es besitzen werde?“ Und er sprach zu ihm: „Bringe mir eine dreijährige Kuh, eine dreijährige Ziege, einen dreijährigen Widder, eine Turteltaube und eine junge Taube.“ Und er brachte ihm all dieses, und zerteilte es in der Mitte und legte ein Teil gegenüber das andere, aber die Vögel zerteilte er nicht. Und die Raubvögel fielen über das Aas her, aber Abraham scheuchte sie davon. Als dann die Sonne am Untergehen war, fiel ein tiefer Schlaf auf Abraham, und siehe, Schrecken und große Finsternis überfielen ihn. Da sprach er zu Abraham: Das sollst du wissen, daß dein Samen in einem Land fremd sein wird, das nicht das ihre ist. Und da wird man sie 400 Jahre zum Dienen zwingen und plagen. Aber ich will das Volk richten, dem sie dienen müssen. Danach sollen sie ausziehen mit großem Gut. Und du sollst mit Frieden zu deinen Vätern fahren und in gutem Alter begraben werden. Sie aber sollen nach vier Mannesaltern wieder hierherkommen, denn die Missetat der Amoriter ist noch nicht voll. Als nun die Sonne untergegangen und es finster geworden war, siehe, da rauchte ein Ofen und eine Feuerflamme fuhr zwischen den Stücken (des Opfers) hin.«

39.14. Hier ist die wahre Bildung von Christi Opfer für die Menschheit und auch sein Leiden, Tod und Verfolgung, wie auch seine Überwindung vorgezeichnet, sowie auch der Mensch der Sünde und Eitelkeit, wie er sein Maß vollmachen müsse, und wozu ein jedes sein soll. Gott gab Abraham das Zeichen seines Samens, wie es damit ergehen würde. Als Abraham fragte: »Herr, Herr, woran soll ich erkennen, daß ich es besitzen werde?« Da stellte ihm Gott die Bildung des Samens vor (den er in seinem Glauben gefaßt hatte, der seine Gerechtigkeit geworden war) und zeigte es ihm in einer Bildung. Denn das Opfer deutet das Opfer Christi an, und die dreierlei dreijährigen Tiere von Kuh, Ziege und Widder deuten den Teil der äußeren Menschheit in der Zeit an, nämlich aus dem Stoff der Erde.

39.15. Daß sie aber dreijährig sein mußten, deutet den ganzen äußeren dreifachen Menschen an, vom Sulphur, Mercurius und Salz, als die drei Eigenschaften der drei Prinzipien, die in der Erde in einem (ganzheitlichen) Wesen liegen.

39.16. Daß Abraham aber diese drei Tiere in der Mitte zerteilte und eines gegenüber das andere legte, deutet den zweifachen Stoff der Erde an, nämlich die grobe Eigenschaft aus der finsteren Welt, und dann zum anderen den Stoff aus der himmlischen Welt Eigenschaft, der in der Erde in einer Verdichtung liegt, daraus der Mensch nach dem Leib geschaffen wurde.

39.17. Daß es aber Abraham zerteilte, deutet an, daß die Feinheit und die Grobheit der Menschheit, welche Adams Begierde einführte, durch das Sterben wieder zerteilt werden muß und eines gegenüber dem anderen liegen und voneinander geteilt sein soll, ein jedes in seine Eigenschaft, wie Licht und Finsternis geteilt sind, und doch nebeneinander sind.

39.18. Die Turteltaube deutet die arme, in dieser tierischen Eigenschaft gefangene Seele an, und die junge Taube deutet die innere verblichene Menschheit der armen Seele an, die im Opfer wieder jung werden soll, als eine neue Geburt.

39.19. Daß aber die zwei Tauben nicht zerteilt wurden, sondern ganz geopfert, deutet an, daß von der Seele und vom inneren Menschen, vom himmlischen Stoff, nichts weggenommen werden soll. Sie sollen in ihrem Wesen ganz bleiben, und ganz dem Zornfeuer Gottes in Christus geopfert werden, und im Zornfeuer durch den Tod hindurchgeführt werden, nämlich durch die große Finsternis und den Schrecken des Todes und der Hölle, wie dies dann die Bildung war.

39.20. Denn als Abraham dieses Opfer dargebracht hatte, fiel er in einen tiefen und festen Schlaf, und es umgaben ihn Schrecken und große Finsternis. Der Schlaf ist das Sterben Christi, und das Schrecken ist der Grimm Gottes, als der Abgrund der Hölle, und die Finsternis deutet die finstere Welt an, in die das Wort, das sich in Abrahams Glauben zu einem Samen der Kinder Gottes hineingegeben hatte, mit dem Opfer in der ganzen Menschheit mit Leib und Seele eingehen sollte, um sich dem Zorn des Vaters ganz zum Verschlingen hinzugeben.

39.21. Und des Feuers Anzündung, das zwischen den (Opfer-) Stücken hinfuhr, ist nun das heilige Feuer Gottes, welches aus dem heilig-feurigen wie auch aus dem liebe-feurigen Wort hinfuhr (das sich in Abrahams Glauben hineingab, in der Menschheit Christi, in Seele und Leib, als er in des Vaters Zorn im Tod und der Finsternis in der Hölle stand und die Menschheit in Seele und Leib in den Zorn warf, und den Zorn in ein Liebefeuer verwandelte). Denn der Grimm des Vaters nach der ewigen Natur der finsteren Welt, der in der Menschheit entzündet wurde, mußte in der Menschheit so ein heiliges Liebe-Sein empfangen, darin sich der Zorn in seinem Feuer in ein Licht- oder Liebefeuer wandeln konnte.

39.22. Dieses heilige Sein im Wort des Glaubens mußte in das große Schrecken des göttlichen Zorns eingehen, denn die Seele in ihrer Eigenschaft stand essentiell darin, weil sie aus des Vaters Feuer-Eigenschaft ist (aus seiner Stärke und Allmacht), nämlich aus dem ersten Prinzip. Hier kam ihr das zweite Prinzip (als das Liebefeuer) zu Hilfe, und darum mußte sie wieder in ihre eigene Wurzel eingehen, aus welcher sie zur Kreatur geworden war, und durch die Kraft des Liebefeuers im göttlichen Licht tingiert (gereinigt und geheilt) und in ein schönes göttliches Gold verwandelt werden. Dafür war dieses Opfer ein Vorbild.

39.23. Daß aber die Raubvögel über das Aas herfielen, welche Abraham davon verscheuchte, deutet die hungrige Essenz der grimmigen Eigenschaft des göttlichen Zorns im Menschen an, den es nach der Menschheit hungerte und der dieselbe in sich fressen wollte. Aber das Wort in Abrahams Glauben scheuchte den Fresser davon, denn es sollte nicht gefressen, sondern geopfert sein, so daß eine Essenz in die andere einginge und die andere überwältigte.

39.24. Das Opfer Christi (als die Menschheit Christi) gab sich wohl als ein Opfer in des Vaters Zorn, in seine Essenz des Feuers ganz hinein, aber der Liebegeist Gottes verwehrte die grimmige Essenz des Feuers, so daß das Feuer die Menschheit Christi nicht verschlingen konnte. Es nahm der Menschheit nur den eigenen Willen und führte ihn wieder in den ersten ganzheitlichen Willen hinein, aus welchem dem Menschen der Wille gegeben wurde, der ihn aber zur Ichheit gemacht und verdorben hat. Hier wurde er wieder in des Vaters Willen hineingeführt, als in die erste Wurzel. Denn so sprach auch Christus (als er am Ölberg in diesem Zustand Blut schwitzte): »Vater, dein Wille geschehe, und nicht mein Wille!«

39.25. Das zerteilte Wort menschlicher Eigenschaft, das sich vom Ganzen, als vom Einen, in eine Ichheit abgewandt hat, mußte wieder in das Ganze eingehen und durch das Feuer Gottes probiert und bewährt werden, und in dem Einen, als in des Vaters einigem Willen leben und wallen.

39.26. Die Darstellung von der Dienstbarkeit in Ägypten deutet an, daß Christus in seinen Gliedern in dieser Welt ein Fremdling sein würde, und daß der äußere Mensch vom Wesen dieser Welt dem Regiment dieser Welt unterworfen sein sollte, und geplagt und immerfort nur wie ein Zimmerbeil (mit dem man ein Haus baut) geachtet sein würde.

39.27. Denn ein Christenmensch ist eben wie ein Zimmerbeil (bzw. Werkzeug) Gottes, mit dem Gott sein Haus baut, den heiligen Kindern zu einer Wohnung, und auch den Gottlosen. So müssen sie beides bauen: Inwendig aus dem Geist bauen sie Gottes Tempel, und auswendig mit den Händen müssen sie (der Welt) dienstbar sein. Denn das äußere Reich (darin sie wohnen) ist nicht ihres, sondern der Heiden, die ihren Himmel darin haben und darin in Gottes Zorn wirken.

39.28. Wie dann trefflich zu Abraham gesagt wurde, daß er mit seinen Kindern dienstbar sein sollte, bis die Missetat der Amoriter vollendet sei. So sehen wir hierin klar, wie Gottes Kinder den Amoritern als den Heiden dienen müssen, bis sie dann auch ihre Erbschaft im Grimm Gottes erreichen und das Werk im Zorn Gottes ganz zu einem Gebäude der finsteren Welt ausbauen. Denn Gott sagte, sie sollen den Ägyptern dienen und nur Plage zum Lohn haben, bis sie ihr Maß vollmachten. So müssen die Gottlosen auch ihre Werke ganz machen (bzw. erfüllen), und darunter müssen ihnen noch die Kinder Gottes in Diensten behaftet (bzw. verpflichtet) sein.

39.29. Darum, ihr lieben Kinder Gottes, wenn ihr manchmal gottlosen Herren und Völkern dienen müßt und als Leibeigene betrachtet werdet, wie es jetzt noch so geht, dann bedenkt, daß ihr darin auch Gott dient. Denn wie ihr in eurem Herzen und Mund Gottes Reich zu euerem Besitz baut, so müßt ihr auch mit den Händen euren Herren ihren höllischen Sitz bauen helfen. Denn ihr seid Gottes Werkzeug, das zu jederlei Bau tüchtig genug ist. Doch nicht aus euerem eigenen Vorgang sollt ihr es tun, sondern aus Gebot sollt ihr es tun.

39.30. Denn daß der Gewaltige den Armen in seinen Dienst zwingt und leibeigen macht, das tut er aus seinem Gott, nämlich aus dem Reich der Natur, aus dem Gestirn und aus der Ichheit. Darin baut er dem Reich der Natur das Haus ihrer Wunder auf, und das ist sein Amt, dazu ihn sein Gott gebraucht, und ist auch ein großes Wunder vor der Ewigkeit. Aber es entsteht aus der zerteilten Zunge, darin die Eigenschaften in die Ichheit gingen, eine jede in sich, unter denen die Stärksten herrschen. Denen allen muß der irdische Mensch im Reich der Natur unterworfen sein, das heißt, der äußere Mensch, sonst widerstrebt er dem Reich der Natur als dem geformten Wort.

39.31. Nun aber gebührt den Kindern Gottes nicht zu widerstreben, sondern alles um Gottes Willen zu tun, wozu sie Gott auch gebrauchen will. Sie sollen denken, daß sie in dieser Welt und in Ewigkeit Gottes Knechte sind und ihm in seiner Ordnung dienen wollen.

39.32. Damit richten oder verdammen wir die weltliche Herrschaft und Ordnung nicht, sondern wir zeigen den Grund aller Geheimnisse auf: Die Herrschaft entsteht aus dem Reich der Natur und kann auch wohl in Gottes Reich eingehen, wenn sie ihre Gewalt als eine Dienerin im Reich der Natur führt und nicht als ein selbsteigener Gott, der da tut, was er will. Sie sollten sich als Gottes Amtsleute in seinem Reich der Natur erkennen und die Ordnung der Natur nicht überschreiten, um sich höher zu setzen, als sie das Amt der Natur setzt, und sich zu Übergöttern zu machen. Denn von diesen sagte Gott zu Abraham: »Dieses Volk, dem sie dienen müssen, will ich richten.«


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter