Vom dreifachen Leben des Menschen

(Text von Jacob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2021)

11. Kapitel - Die wahre Erkenntnis des Menschen

Von wahrhafter Erkenntnis des Menschen.

11.1. Wir haben euch gezeigt, was das Wesen aller Wesen ist, was sein Geist und Leben ist und was die Matrix der Gebärerin ist, nämlich daß sie im ewigen Willen steht und in diesem ewigen Willen das Zentrum der Natur ist, und darin die Dreizahl, die das Herz ist und die Ewigkeit in den Kreaturen, Bildnissen und Gleichnissen offenbart, besonders mit drei Reichen, dem himmlischen und englischen, dem höllischen, feurigen und teuflischen, und zum Dritten dem wesentlichen Reich der Ausgeburt in Form dieser Welt.

11.2. Nun wißt ihr gar wohl, was der teure Mann Moses in seinem ersten Buch sagt, nämlich daß Gott am fünften Tag alle lebendigen Kreaturen auf einmal geschaffen hat. Das heißt, mit einer Umdrehung der Erde hat Gott aus dem großen irdischen Geheimnis, aus der Matrix des Geistes der irdischen Eigenschaft, alle lebendigen Kreaturen als eine Ausgeburt aus der ewigen Eigenschaft geschaffen, damit sie Bildnisse und Gleichnisse des ewigen Wesens sein sollen.

11.3. So sind sie aus dem großen irdischen Geheimnis geschaffen worden. Obwohl dieser Geist noch nicht ganz irdisch ist, denn er ist noch wie der Mond, wie wir auch die Erde nach und unter dem Mond stehen sehen (im Bild zu §9.59). Und wie ein jeder Kreis ist, so ist auch sein Geist in seiner eigenen Selbst-Neigung und des Rades Eigenschaft in diesem Umgang.

11.4. So ist der Kreis zwischen dem Mond und der Erde irdisch und auch lunar, denn der Mond hat die Eigenschaft aller Sterne und ist wie ein Sack oder Behälter der Eigenschaften der Sterne, die er in seinem Kreis immerfort ausschüttet. Denn die Erde sehnt sich trefflich nach dem Mond, und darum zieht sie den Mondenschein und Glanz an sich, wie auch den Sonnenschein, denn es sehnt sich auch alles nach dem Herzen und begehrt die Freiheit, um von der Eitelkeit frei zu sein.

11.5. So hat die Erde in ihrer Sucht den Geist des siebenfachen Rades an sich gezogen, hält ihn in sich wie eine eigene Matrix der Natur und wollte in sich selbst immer gern das Rad des Lebens erwecken. Darum dreht sie sich herum, denn sie hat beide Feuer, das hitzige und auch das kalte, und das Unterste will immer hinauf zur Sonne, denn von der Sonne empfängt sie Kraft und Geist. Darum wird sie so gedreht, denn das Feuer dreht sie. Es wollte gern entzündet sein, damit es ein eigenes Leben hätte. Weil es aber im Tod bleiben muß, so hat es doch trotzdem die Sucht nach dem oberen Leben, und es zieht das Oberleben an sich und sperrt auch sein Zentrum immerfort nach der Tinktur und dem Feuer der Sonne auf.

11.6. So kommt aus der Sucht nach der Sonne das Auskeimen und Wachsen aus der irdischen Matrix. Denn durch das gefangene Leben aus dem oberen Zentrum steigen die Essenzen der Erde immer über sich aus der Erde heraus und dehnen sich bis zu einem Halm oder großen Baum. Und so seht ihr ganz richtig, wie auf dem Halm und Baum eine vermengte Frucht wächst, halb irdisch und halb nach dem oberen Zentrum. Und so geht auch die Frucht nicht eher in die Fäule, bis sie vom Oberen satt ist und genug hat, denn dann ist sie reif und hat den (fruchtbaren) Leib der Venus erlangt. Aber wie der Venus Leib unbeständig ist und bald verginge, wenn ihn die Sonne nicht mit der Kraft das Saturns erhielte, so ist auch die Frucht unbeständig und wird bald ein Ekel in sich selber, denn sie kann nicht erhalten werden, weil das Paradies herausgegangen ist.

11.7. Damit geben wir euch zu erkennen, daß alle Kreaturen aus dem unteren und oberen Leben geschaffen worden sind. Die Matrix der Erde gab den Leib, und das Gestirn den Geist, aber ihr Leben reicht nicht bis in die Sonne, denn die Erde hat der Sonne Kraft in ihre Matrix gezogen. Doch so haben alle Kreaturen, die auf der Erde wohnen, die Kraft der Sonne und der Sterne bekommen.

11.8. Nur der Leib der Vögel stammt (mehr) aus der Tiefe (dem Luftraum) über der Erde, und darum fliegen sie auch am liebsten in ihrer eigenen Matrix. Und so seht ihr, wie alle Tiere ihr Angesicht und den Kopf vor sich und unter sich wenden und nach ihrer Matrix sehen und auch nur derselben Speise begehren, denn ein jedes Leben begehrt nach seiner Mutter. Und ihr werdet auch an den Vögeln erkennen können, die der irischen Matrix nah verwandt sind, daß sie auch Fleisch fressen und räuberisch sind, denn sie sind aus zwei Müttern in der Schöpfung geworden, nämlich aus der Oberen und aus der Sucht der Erde.

11.9. Die Erde ist ein eigenes Zentrum, und darum wurde sie auch am ersten Tag besonders geschaffen und ist eine Ausgeburt aus der ewigen Wesenheit, aber wurde eine verdorbene Matrix. Bereits in der Ewigkeit wurde die Erde durch die Jungfrau der Weisheit Gottes erkannt, in der alle Wunder Gottes gesehen werden. Und in der Schöpfung und auch danach bis zum Fall Adams grünte das Paradies durch die Erde, und so zog das obere Zentrum der Natur als das Herz der Sonne paradiesische Frucht aus der Erde, die wohl von keiner Kreatur auf englische Art genossen wurde, als nur vom Menschen. Obwohl er nicht (lange) davon gegessen hat, denn die Sucht des zweifachen Lebens fing ihn bald, und so stand er bis zu seinem Schlaf in der Prüfung, ob es sein könnte, daß sein Wille in Gott bliebe und er auf englische Weise äße. Aber der Ausgang zeigt, wie er bestanden hat, daran wir viel zu kauen haben und darum wir Erde essen und schließlich der Erde Speise werden müssen.

11.10. So seht ihr, wenn ihr euch entsinnt, die Schöpfung Gottes, und wie Gott die Kreaturen vor dem Menschen erschaffen hat. Und ihr seht, wie das Leben aller Kreaturen nur in der Matrix steht, aus der sie erschaffen worden sind.

11.11. Nun versteht ihr, was Moses sagt: »Gott habe in sich betrachtet, ein Gleichnis nach seinem Wesen zu schaffen, ein Bild nach ihm, das da herrsche über alle Kreaturen dieser Welt, über Tiere, Fische und Vögel und alles, was lebt und webt. Und Gott habe gesprochen: „Laßt uns Menschen machen, ein Bild nach uns!“ Und Gott schuf den Menschen sich zum Bilde, ja zum Bilde Gottes schuf er ihn.« Da fragt der Verstand: „Aber woraus?“ Dazu sagt Moses: »Vom Erdenkloß machte er den Leib des Menschen. (1.Mose 1.26)«

11.12. Siehe, du liebe Verstand, öffne beide Augen und siehe nicht einäugig, wie bisher lange Zeit in der Verborgenheit der Menschheit geschehen ist. Hörst du, was Moses sagt? Er faßte den Menschen in den Garten Eden, den er gemacht hatte, damit er ihn bebaute und bewahrte, und darin war das Paradies. (1.Mose 2.8-16) Verstehst du nun des Menschen Geheimnis? Er ist in der Schöpfung im Paradies gewesen, und ist in diesem Paradies geschaffen worden, denn es grünte durch die Erde. Und von dieser Paradieserde, in der die himmlische Qualität war, wurde Adams Leib geschaffen. Denn so sollte es sein: Er sollte ein Herr der Erde sein und über alles, was irdisch war, und sollte der Erde Wunder eröffnen. Sonst hätte ihm Gott wohl gleich einen englischen Leib gegeben, aber dann wäre das begreifliche Wesen mit seinen Wundern nicht eröffnet worden. So gab er ihm einen begreiflichen Leib, aber nicht so finster und derb-tierisch, wie wir jetzt sind, sondern paradiesisch.

11.13. Du kannst es so verstehen: Die ewige Jungfrau der Weisheit stand im Paradies wie eine Bildung, in der alle Wunder Gottes erkannt wurden. Und sie war in ihrer Bildung ein Bildnis in sich selber, aber ohne Wesen, wie die Menschen. Und aus dieser Jungfrau schuf Gott die Matrix der Erde, damit es ein sichtbares und begreifbares Bild im Wesen wäre, darin Himmel, Erde, Sterne und Elemente im Wesen stünden. Und alles, was lebt und webt, war in diesem einigen (ganzheitlichen) Bild.

11.14. Die Matrix der Erde konnte ihn nicht bändigen, viel weniger die äußeren Elemente, denn er war einen Grad höher als sie alle. Er hatte die unverwesliche Wesenheit mit der Jungfrau empfangen. Nicht war die Jungfrau in das Bild gebracht, sondern die Matrix der Erde war in das jungfräuliche Bild gebracht.

11.15. Denn die Jungfrau ist ewig, ungeschaffen und ungeboren. Sie ist Gottes Weisheit und ein Ebenbild der Gottheit in der Heiligen Dreifaltigkeit nach der Dreizahl und aller ewigen Wunder des ewigen Zentrums der Natur. Und sie wird in der Majestät in den Wundern Gottes erkannt, denn sie ist es, die hier das Verborgene der Tiefe der Gottheit im Licht darstellt. So seht, ihr lieben Menschen, was ihr seid!

11.16. Nun sagt Moses: »Und Gott blies ihm den lebendigen Odem in seine Nase ein. Da wurde der Mensch eine lebendige Seele. (1.Mose 2.7)« Das ist der Grund, da tanzt herum, ihr lieben hohen Schulen! Könnt ihr was? Hier seid Doktor, Magister und Bachelors! Seid ihr das, wie ihr euch selber so rühmt, warum seid ihr dann hier blind? Warum laßt ihr euch „Doktor“ nennen, wenn ihr doch im Grunde noch nie Schüler geworden seid? Was versteht ihr unter dem Einblasen? Sagt euch nicht Moses »Gott habe dem Menschen den lebendigen Odem eingeblasen.«? Was versteht ihr hier? Versteht ihr nur die Luft? Das ist nicht allein Gottes Odem, denn die Luft hat er ihm zur Nase eingeblasen, wie Moses sagt. Aber Gottes Odem läßt sich nicht von außen hineinblasen, denn Gott ist selbst die Fülle aller Dinge, und ist schon da, wenn das Äußerliche entsteht.

11.17. Nun, damit ihr aber richtig und gründlich und dazu auch wahrhaft verständigt werdet, so seht, was wir vorn erklärt haben, wie sich Gott nach dem sichtbaren Wesen seines gleichen Bildnisses gesehnt habe. Und die Bildung der Jungfrau, darin seine Wunder standen, hat es so verursacht, daß entsprechend eine Imagination die andere empfing. Obwohl Gott ohne Wesen und Lust ist, denn seine Lust ist nur Majestät und Freiheit. Aber das Zentrum der Natur auf dem Kreuz der Wunder hat nach der Bildung gelüstet, die in der Jungfrau gesehen wurde, wo der Geist Gottes in die Weisheit ausgeht und wo die Weisheit Wesenheit verursacht.

11.18. Seht, so war Gottes Einblasen. Der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser und fuhr auf den Schwingen des Windes, wie die Schrift sagt (Psalm 104.3). Und dieser hatte den Geist als das Regiment dieser Welt mit dem Schöpfungswort gefaßt und blies ihn in Adams Nase. So blies der Geist die Luft von außen hinein und sich selbst von innen heraus ins Zentrum des Herzens. Denn er wohnt nicht im Äußeren, sondern im Zentrum der Natur, und geht von innen aus der Gottheit in das Äußere heraus und eröffnet ein Bild nach sich selbst, das heißt, nach dem Zentrum der Natur.

11.19. Wir haben euch vorn beschrieben, wie sich das Rad der äußeren Natur bis zur Sonne hineinwindet und weiter durch das Feuer in die Freiheit Gottes, darin es dann auch seinen Bestand erhält. Und die innere Lust des ewigen Zentrums dringt mit dem Geist Gottes heraus in das Herz der Sonne, welches das große Leben und Feuer ist, das sogar Steine und Erde zerschmilzt, und hinein in die Tinktur, darin die ewige Tinktur in der neunten Zahl erkannt wird.

11.20. So versteht auch das Einblasen: Das äußere Regiment des Geistes dieser Welt, der bis in die Sonne reicht, wurde ihm von außen als ein äußeres Leben eingeblasen, und das innere Regiment aus dem inneren Feuer in der achten Zahl wurde ihm von innen heraus in das Herz geblasen. Denn dasselbe war aus dem ewigen Feuer, das zum Kreuz hin in die neunte Zahl nach seiner eigenen Tinktur greift, die zur Dreizahl geht, nämlich in die ewige Freiheit. Da wurde der Mensch eine lebendige Seele mit Geist und Seele, denn die Seele entsteht einen Grad tiefer als die Sonne, aus dem ewigen Feuer, das im ewigen Willen brennt. Und dieser Wille ist, das Herz Gottes zu gebären und den Glanz der Majestät in die Wunder zu erhöhen.

11.21. So versteht uns richtig! Der Heilige Geist Gottes hat die lebendige Seele vom Zentrum der ewigen Natur auf dem Kreuz als ein eigenes Zentrum erweckt, nicht aus der Dreizahl, sondern aus der ewigen Natur, aus dem Feuer des Zentrums der Natur in der fünften Gestaltung des Zentrums, darin sich die zwei Reiche scheiden, als Gottes Liebe und Zorn. Hier hat der Geist Gottes die Seele erweckt und von innen heraus in die Tinktur des äußeren Geistes, in das Geblüt des Herzens, durch sich selbst hineingeführt, und das ist die Seele.

11.22. Mein Herr Doktor, versteht es recht, und geht nicht so überheblich stolz damit spazieren, denn sie ist Gottes Kind. Ihr Wille sollte stets in Gottes Willen in die zehnte Zahl gesetzt sein, dann ist sie ein Engel und lebt in Gott und ernährt sich von Gottes Wort, von Gottes Kraft und Leben. Sie sollte sich nicht zurück in den Geist dieser Welt wenden, in das (weltlich-gegensätzliche) Feuer der Ausgeburt, sondern in das (göttlich-ganzheitliche) Feuer der Dreizahl, in die Heilige Dreifaltigkeit.

11.23. So verstehst du nun, was du bist und was du vor dem Fall gewesen warst, denn du konntest über Sonne und Sterne regieren. Es war alles in deiner Gewalt, das Feuer, die Luft und das Wasser mitsamt der Erde konnten dich nicht zähmen. Kein äußeres Feuer verbrannte dich, kein Wasser ertränkte dich, keine Luft erstickte dich, und auch alles Lebendige respektierte dich. Dem äußeren Leben gabst du deine eigene Speise an paradiesischer Frucht, und dem inneren Seelenleben das Wort des Vaters (Verbum Domini). So hättest du ewig ohne Leid oder Erfahrung irgendwelcher Krankheit in reiner Freude und Lust gelebt, dazu ohne Mühe und Kummer. Dein Gemüt glich dem eines Kindes, das mit den Wundern seines Vaters spielt, und keine Erkenntnis des bösartigen Willens wäre in dir gewesen, kein (egoistischer) Geiz, kein überheblicher Stolz, kein (persönlicher) Neid und kein (feindlicher) Zorn, sondern alles ein Liebesspiel.

11.24. Nun siehe zu, daß du auch das erfaßt: Gott nahm sich ein besonderes Tagewerk mit dem Menschen vor. Denn wenn er gewollt hätte, daß er irdisch, tierisch und sterblich sein sollte, dann hätte er ihn wohl am fünften Tag mit den anderen Tieren geschaffen. Und daß du das auch wohl verinnerlichst: Er schuf nur einen Menschen mit dem ganzen Kreuz in der Hirnschale, das die Dreizahl bedeutet. Er war ein Mann und auch ein Weib, aber nicht wie ein Weib zu verstehen, sondern wie eine Jungfrau, ganz rein und züchtig, denn er hatte den Tinktur-Geist des Feuers und auch den Tinktur-Geist des Wassers als Venus in sich selbst. Er liebte sich selbst, und durch sich selbst Gott. So konnte er jungfräulich aus seinem Willen einen solchen Menschen gebären, wie er selbst war, nämlich aus seinen Essenzen, ohne Leiden und ohne Zertrennung, denn er hatte alle drei Zentren in sich. Gleichwie das Zentrum der ewigen Natur nicht zertrennt wurde, als der Geist Gottes seine Seele auf dem Kreuz faßte und in die Weisheit führte, und auch der Geist dieser Welt nicht zertrennt wurde, als der Geist Gottes ihm den Geist dieser Welt als ein äußerliches Leben einblies, so wäre er auch nicht zertrennt worden, denn er hatte einen Leib, der durch Bäume und Steine gehen konnte. So wäre er also immer im Willen Gottes geblieben, und er hätte ihn mit sich in die großen Wunder geführt.

11.25. Der edle Stein der Weisen wäre ihm so leicht zu finden gewesen, wie ein Mauerstein. Damit hätte er das äußere Leben mit Gold, Silber und Perlen schmücken können, alles zu seiner Freude und zu Gottes Wundertat. Er hätte die tierischen Kleider nicht benötigt, denn er ging nackt mit der Himmels-Tinktur bekleidet. Und er hatte keine solche Glieder (bzw. Organe), derer er sich schämte, wie es sein Fall zeigt.

11.26. Und sein Fall war, daß seine Seele nach dem äußeren Feuer der Ausgeburt imaginierte, nach dem Geist dieser Welt, und sich von Gott abwandte und in seiner eigenen Qualität leben wollte, um ein Herr zu sein. So wandte sich sein Wille aus Gottes Willen und wurde Gott ungehorsam, begehrte die irdischen Früchte aus irdischen Essenzen und verursachte Gott, daß er den Baum der Versuchung wachsen ließ, damit er sähe, was sein Bild tun würde, und verbot ihm den Baum.

11.27. Aber seine Lust war in die irdischen Essenzen von Gut und Böse gegangen, und dazu half der Teufel, wie er es immer noch tut, bis Adam überwunden wurde, von Gottes Willen abging und sich ganz vom Geist dieser Welt fangen ließ. Da war es geschehen. Das himmlische Bild wurde irdisch, die Seele wurde im Feuer des göttlichen Zorns gefangen und hatte keine himmlische Tinktur mehr und konnte nicht mehr vom Wort des Herrn essen. Sie hatte sich in den Geist dieser Welt umgewandt und war aus Gottes Willen in die Luft dieser Welt ausgegangen.

11.28. Entsprechend machte auch der Geist dieser Welt zur Stunde des Falls den Leib ganz irdisch. Das Paradies mit allem himmlischen Wissen entwich in sich selbst, und so blieb die teure Jungfrau der Weisheit in Trauer stehen, bis das Wort des Vaters wiederkam und sie mit der Verheißung vom Weibes-Samen wieder anblickte. Da trat sie ins Lebenslicht und warnt nun den Menschen vor widergöttlichen Wegen, wie wir in unseren vorherigen Schriften ausführlich erklärt haben, und auch von seinem Weib. So lassen wir es hier bleiben, und zeigen euch nun ferner unsere Fortpflanzung mit Leib und Seele auf.

11.29. Wir haben bereits erklärt, wie die Lust zwischen den beiden Geschlechtern von Mann und Weib nach der Vereinigung entsteht, nämlich aus zwei Regimentern eines Wesens. Denn als Adam nicht bestehen konnte, da ließ Gott einen Schlaf auf ihn fallen und nahm das eine Regiment als die Tinktur des (körperlichen) Geistes von ihm, ließ ihm die Tinktur der Seele und baute ein Weib aus ihm. Damit sie aber auch eine Seele habe, nahm er eine Ribbe von seinem Leib mit seinem Fleisch und Blut, darin die Seele eingefaßt war, aber ohne die Macht weiterer (eigener) Fortpflanzung. Denn ihre Seele blieb in der Venus nach des Mannes Seele begehrend, gleichwie das untere Regiment der drei unteren Planeten unter der Sonne (die Geist und Fleisch machen) nach den drei Oberen zu ihrem Leben begehren, wie vorn erklärt.

11.30. So ist auch das Regiment im Mann und Weib. Der Mann hat die Tinktur des Feuers, darin die Seele steht, in seinem Samen, und das Weib hat die Tinktur des Geistes dieser Welt in sich (wie die Venus, so natürlich benannt), nämlich in ihrem Samen und ihrer Matrix (im Mutterleib). Wenn es der Spötter (in mir?) nicht täte, wollte ich euch das fein an den Gliedern ihrer Vereinigung darstellen, und ihr würdet euch zu Recht verwundern, warum ein jedes so ist. Doch das soll auf einem eigenen Papier entworfen werden, denn nichts geschieht ohne Ursache.

11.31. Die Natur hat ihren eigenen Mund. Wenn sie etwas begehrt, macht sie sich einen Mund dazu und gibt dem Ding eine Form, das sie begehrt, damit es sich in den Mund schicke, wie es der Natur am liebsten ist. Das erkennt! Wenn nun der Same gesät wird, dann sät nicht allein der Sämann, sondern auch der Acker, der seine Essenzen dazu gibt. Der Mann sät die Seele, das Weib sät den (verkörpernden) Geist, und alle beide ergeben den (beseelten) Leib, denn keines wäre ohne das andere. Die Tinktur des Feuers hat auch einen Leib, aber er wäre in dieser Verderbnis überaus grimmig. Also muß ihm die Wassersnatur der Venus einen besänftigenden Geist dahinein geben, denn der Mann und das Weib sind ein Leib.

11.32. Und Paulus sagt: »Wenn du, oh Mann, ein ungläubiges Weib hast, oder du, oh Weib, einen ungläubigen Mann, dann scheide sich einer nicht vom anderen! … Denn du, oh Mann, weißt nicht, ob du das Weib (noch) selig machen wirst, oder du, oh Weib, den Mann. (1.Kor. 7.12)« Gleichwie Adam seine Eva, die den ersten Biß tat, selig machte, denn sie war ein Teil des Lebens aus seinem Fleisch und Blut. Und derselbe Geist und dieselbe Seele, die Adam hatte und seine Eva von Adam bekam, ist immer noch so in uns beiden Geschlechtern.

11.33. Darum habt dazu den Bericht: Wenn ein Mann seinen Samen sät, dann sät er Fleisch, Blut und die edle Tinktur der Seele, und das Weib nimmt das in ihre Matrix an, und die Matrix gibt zur gleichen Stunde zum Samen des Mannes ihre Venus-Tinktur dazu, in welcher der elementische Geist steht. Das nimmt der Saturn an und führt es am Rad herum bis zur Sonne, wo das natürliche Leben mit dem Leben der Seele aufgeschlossen wird. Denn der Saturn gibt es dem Mond, und der brütet es aus, und macht in einem Umgang die Essenzen aller Sterne dahinein. Daraufhin entstehen die Essenzen und winden sich selbst herum bis zum Mars, der das Feuer entzündet. Dazu berechnet die Himmelszeichen, und wieviel Stunden ein jeder hat, und verdoppelt diese mit zwei Reichen, dann habt ihr den Grund der Menschwerdung, was alle Stunden mit dem Sulphur (dem brennbaren Schwefel der Kristallisation von Körper und Seele) geschieht.

11.34. Denn der Mensch hat sich dem Geist dieser Welt ergeben und ist ihm verfallen. Entsprechend macht er nun ein irdisches elementisches Kind nach den Sternen und ihrem Regiment.

11.35. Wenn Gott nicht Mensch geworden wäre, dann wären wir nach dem Leib ein Tier geblieben und nach der Seele ein Teufel. Und wenn wir nicht aus unserem Sündenhaus herausgehen, dann sind wir auch solche.

11.36. Darum hat Gott seinen Bund in Christus mit uns geschlossen, so daß wir in Christus wieder neugeboren werden sollen. Denn er hat sein Leben für uns in den Tod gegeben und unsere Seele wieder umgekehrt und durch das ewige Feuer hindurchgeführt, so daß wir wieder in die zehnte Zahl (der Heiligen Dreifaltigkeit) sehen können. So spricht auch Paulus: »Es soll alles durch das Feuer bewährt (bzw. geprüft) werden… Seht zu, daß jemandes Werke nicht verbrennen, er wird sonst Schaden daran haben. (1.Kor. 3.13)«

11.37. So erkennt auch: Am Ende, wenn diese Welt wieder in den Äther gehen wird, dann wird Gott das Feuer im Zentrum erwecken, welches das ewige ist, und wird diese Scheune fegen, und darunter verstehen wir das Feuer der Seele. Wenn dann die Seele in Gottes Willen gewandt sein wird, dann wird der Heilige Geist mit der göttlichen Tinktur aus der Seele brennen, und die Tinktur der Seele wird in der Majestät Gottes ergriffen sein, welche die Seele wieder in sich zieht, und das wird ihr Kühlung und Labsal bringen, so daß sie im Feuer bestehen kann. Welche Seele aber zurück in diese Welt gewandt ist, wenn das Wesen dieser Welt im Feuer stehen wird, diese Seele wird dann ohne Gott sein. Denn im Abgrund dieser Welt ist das höllische Feuer, und dahinein muß sie gehen und dort essen, was sie hier gekocht hat, denn einem jeden folgen seine Werke nach.

11.38. Dann werden sie zu den weisen Jungfrauen sagen: „Ach, gebt uns Öl von eurem Öl (bzw. Bewußtsein)!“ Aber die weisen antworten: „Nein, daß wir nicht mit euch darben und mangeln. Geht hin zu euren Krämern dieser Welt, zu den Sophisten, und kauft euch Öl!“ Aber bevor sie sich besinnen können, wie das Öl zu kaufen sei und wo es zu holen ist, wird die Tür des Himmels und der Hölle verschlossen sein. Denn darauf folgt die Ewigkeit, und dieses Wesen vergeht. Das erkennt, denn es ist dem Geist dieser Offenbarung kein Schimpf, sondern es geht um Leib und Seele. Wer sehen will, der sehe! Wer aber nicht will, der sei gewarnt.

Die Pforte des großen Jammers und Elends

Wie das Bildnis im Mutterleib, solange es noch ein Sulphur (eine Körperseele) ist, verdorben wird, so daß aus manchem Bildnis nach dem Geist ein Tier, sogar eine Kröte oder Schlange wird, welches sich an seinem Wesen, Wandel und Willen danach genügend erweist, so daß er wohl in Ewigkeit in seiner Bildung so bleibt, wenn ihm nicht von Gott in Christus geholfen würde, so daß er wieder neugeboren wird.

11.39. Ihr lieben Kinder in Christus, wir haben uns dieses nicht vorgenommen zu offenbaren, um das menschliche Geschlecht damit zu schmähen. Es ist die ganze Wahrheit, die wir hoch erkannt haben. Dazu spricht solches auch der Mund der Wahrheit, Christus selbst, und nennt Herodes einen Fuchs (Luk. 13.32) und die Pharisäer Nattern- und Schlangengezücht (Matth. 23.33). Auch sonst nennt die Schrift hin und wieder die Tyrannen Löwen, Bären, Wölfe und greuliche Tiere, wie auch die Offenbarung des Johannes, sowie Daniel und die anderen Propheten die gewaltigen Reiche dieser Welt nur mit bösartigen grimmigen Tieren darstellen. Wahrlich, sie haben nicht das Bildnis Gottes damit gemeint, denn das wäre ja unrecht, wenn das Bild Gottes, das englisch ist, einem solchen greulichen Tier verglichen würde, da er doch die Wahrheit selbst ist und aus seinem Mund weder Trügerisches noch Falsches kommt, auch keine Unwahrheit.

11.40. Wenn er nun die Reiche dieser Welt so genannt hat, dann gilt es ja denjenigen, die sie regieren, die Krieg, Mord und alles Unglück in den Reichen anstiften. Und so sind sie diese reißenden Wölfe, Löwen, Bären, Füchse, Nattern und Schlangen, denn vor Gott erscheinen sie so. Auch wenn sie äußerlich menschliche Gestalt haben, so ist doch ihr Seelengeist ein solcher, und hierauf folgt auch die Wahl Gottes. Obwohl Gott will, daß allen Menschen geholfen werde, so erkennt er doch genau, wer sich helfen lassen will. Wir sperren damit nicht die Gnadentür Gottes für jene zu, die umkehren und neugeboren werden aus dieser tierischen Art. Denn darum ist Christus Mensch geworden, weil er uns helfen will, daß wir wieder zur Bildnis Gottes kommen. Darum hat er unsere menschliche Seele in das Feuer des göttlichen Zorns hineingeführt, in den Abgrund des Zentrums, in die Hölle und in den Tod, und aus dem Tod und der Hölle wieder in die zehnte Zahl, durch die ewige Tinktur Gottes auf das Kreuz, daraus die Seele seit Ewigkeit entsteht, die vor den Zeiten der Welt in seiner Weisheit erschien.

11.41. Und ihr sollt auch wissen, daß eine jede Seele, solange sie noch im Samen liegt, keine Kreatur ist. Sondern sie ist im Feuer oder ein Feuer der Tinktur, und ist ein Wille zur Kreatur. Und es steht noch in der Macht der Eltern, die Kreatur zu erwecken oder auch zu verderben, welches doch gegen die Ordnung der Schöpfung läuft und vor Gott ein Greuel ist. Damit wird euch auch angedeutet, daß wie der Baum ist, auch eine solche Frucht wächst. Doch nicht dergestalt, daß der Zwang ganz vollkommen sei, denn die zwei Reiche von Liebe und Zorn stehen auch im Samen gegeneinander im Ringen, denn Gott hat seine Liebe in Christus wieder in die Menschheit hineingeführt, und darum steht sie gegen den Zorn im Kampf.

11.42. Aber das wißt, daß ein falscher gottloser Samen auch wohl verlassen werden kann. Und wenn das (nicht) geschieht, dann bildet die Natur des Feuers oft eine greuliche Gestalt des Seelengeistes, die in der äußeren Gestalt nicht erkannt wird, sondern nur am Wandel und falschen Willen, wie man nun sieht, daß ein jeder aus seinem Abgrund wandelt (und handelt). So ist sein Seelengeist in der Bildung, denn das Innere kommt heraus. Was der Wille im Abgrund ist, das tut der Leib. Und darf er es wegen spöttischer Strafe nicht öffentlich, dann tut er es doch heimlich, denn er hat seinen Willen dazu und betrachtet es für sich auch nicht als Laster, denn er kennt sich selbst nicht, und so tut er das, was er selber richtet (und für richtig hält).

11.43. Und zum anderen geben wir euch auch zu erkennen, daß das äußere Regiment, als der Geist dieser Welt, auch mit im Samen ist, solange er noch ein Sulphur (eine Körperseele) ist. Und darin hat das Gestirn sein Regiment und zieht auch die Konstellation des Gestirns hinein, wie es einander anschaut und vergiftet oder auch lieblich macht, alles nach seiner Imagination zu den jeweiligen Zeiten. Denn ein jeder Stern ist eine Sucht und ein Begehren nach seiner Eigenschaft als ein Wunder, und ein jeder begehrt ein Leben, und der elementische Sulphur, welcher auch begehrend ist, vergafft sich am Begehren der Sterne, zieht oder läßt dieses in sich und wird dessen schwanger.

11.44. Nun sind doch in den Sternen alle Eigenschaften dieser Welt. Denn was alle Kreaturen sind, das sind auch die Sterne, und ein jeder hilft zum Leben und zur Offenbarung der Wunder Gottes, denn darum wurden sie ins Wesen gebracht, weil Gott alle Gestaltungen der Natur eröffnen wollte.

11.45. So verwirklicht mancher die Eigenschaft eines Hundes im äußeren Geist dieser Welt, mancher eines Wolfes, eines Bären, Löwen, Fuchses, Stieres, Pfaues, Hahnes, wie auch von Kröten, Schlangen und so fort nach allen Kreaturen. Und wenn dann ein solcher Stern fix ist, so daß er der Sonne Kraft durch die Einführung des Geistes empfangen hat, dann ist er mächtig und seine Imagination dringt mit in den Samen, davon eine Kreatur im elementischen Leben und Geist eine solche Eigenschaft bekommt, im Menschen, wie auch in den Tieren.

11.46. Eine solche bösartige Eigenschaft verdeckt dann oft die Seele und reißt sie von Gottes Willen weg, so daß sie von Gottes Willen abgeht. Denn es geschieht oft, daß zwar in der Seele das Bildnis Gottes ist, das nach Gott begehrt, aber von einem solchen äußerlichen Geist gefangen wurde, der sie plagt und martert.

11.47. Das seht und erkennt ihr an jenen, die öfters in grobe Untugend und Laster fallen, denn der äußere Geist stürzt sie dahinein, so daß sie bald in solche Reue und Leid darüber geraten, daß sie ächzen und umkehren und zur Entsagung laufen. Das ist ein gewaltiger Kampf der Seele gegen den Geist dieser Welt, denn es tut oft einer etwas, was er zuvor nicht ins Gemüt gefaßt hatte, viel weniger in den Willen zum Tun, und wird doch sogleich davon überwältigt.

11.48. Denn wenn sich der Mensch sicher fühlt und nicht immerfort in Furcht und Zittern vor Gottes Zorn steht, dann schlüpft der Teufel in den Geist und sieht eben, wenn eine bösartige Konstellation seiner Eigenschaft und des Gestirns in ihm ist. Und so stürzt er dann den Menschen unversehens in einen Fall, in Zorn, Mord, Hurerei, Diebstahl, Gift oder Tod, denn das ist seine Kunst, derer er sich am meisten befleißigt, denn das äußere Leben ist dem Gestirn ganz anheimgefallen.

11.49. Willst du dem widerstehen, dann mußt du in Gottes Willen eingehen. Dann ist es Sein Spiegelfechten an dir, und kann nicht mehr vollbringen, was es (das Gestirn) in der Macht hat. Und das begehrt es auch nicht, sondern nur der Teufel, denn die ganze Natur beugt sich vor Gottes Willen, denn das Bildnis Gottes im Menschen ist so mächtig und kräftig, daß, wenn er sich ganz in Gottes Willen wirft, er die Natur bändigt, so daß ihm das Gestirn gehorsam ist und sich hoch in dem Bildnis erfreut. Denn auch das Gestirn hat den Willen, von der Eitelkeit frei zu sein, und wird so durch das Bildnis in der Sanftmut entzündet, dessen sich der Himmel freut, und so wird der Zorn Gottes im Regiment dieser Welt gelöscht. Denn wenn dieser brennend wird, dann ist die Bosheit der Menschen daran schuld, weil sie sich darin im Geist dieser Welt entzünden.

11.50. Denn ein falscher bösartiger Mensch entzündet die Elemente, weil er seine bösartige Kraft und Falschheit dahinein wirft, die der Zorn des Abgrundes in sich schlingt und davon rege und (feurig) wirkend wird, den sonst Gottes Liebe im sanften Leben aufhält. Aber wenn er mächtig wird, dann überwältigt er diese Welt.

11.51. So spricht auch der Prophet aus Gottes Geist: »Ich will meinen Grimm kommen lassen, der euch verzehren und verderben soll!« Denn Gott ist nichts als gütig und will nicht das Böse, sondern warnt die Menschen zuvor, daß sie durch Umkehr und Herausgehen aus dem Zorn den Zorn stillen sollen. Wenn das aber nicht geschieht, dann läßt er kommen, was die Menschen erweckt haben, wie Krieg, Hunger und Pestilenz. Doch dieses tut nicht Gott, sondern der Mensch selber, der macht den Krieg, und der Himmel entzieht seine Fruchtbarkeit, und der Geist dieser Welt entzündet sich im höllischen Gift, im Grimm, so daß Krankheiten und Pestilenz kommen, daran Gott keine Schuld hat, sondern die Menschen haben solches erweckt, und das verzehrt sie auch. Denn so wird der Zorn geschärft und bekommt eine Lust zum Verzehren, weil ihn die Menschen in ihrer Bosheit erwecken und entzünden, während er sonst wohl ruhte.

11.52. So versteht uns auf diesem Weg, denn solches hat uns Adam vererbt. Wäre er in Gottes Willen geblieben, dann hätte ihn der Zorn in Ewigkeit nicht erregt, und so wäre der Teufel im Zorn verschlossen gewesen. Doch darum hat er mit dem Menschenbild gerungen und ihn in Sünde gestürzt, um den Zorn im Geist dieser Welt zu erwecken, in dem der Teufel Großfürst ist und sein Reich mit Menschenseelen vermehrt. Und so ist der Teufel ein Fürst dieser Welt geworden, sonst könnte er keine Mücke berühren oder ein Laubblättchen bewegen, wenn nicht der Mensch den Zornquell entzündete. So ist er dann auch in Zeiten, wenn die Menschen fromm sind, ganz ohnmächtig. Und darum treibt er mächtig zur Unzucht, denn er weiß wohl, was er damit erlangt und was das in der Menschwerdung vermag, nämlich was für ein schöner (überheblicher) Geist aus falschem (verkehrtem) Willen gezeugt wird, zu dem er einen großen Zutritt und Gewalt hat.

11.53. Und dann geben wir euch zum Dritten das größte Geheimnis des Zorns und des Teufels aus wahrem Grund zu erkennen, denn wir zeigen es euch so: Weil zwei Regimente im Menschen sind, sogar während er noch als Samen im Mutterleib verschlossen liegt, nämlich in zwei Tinkturen, eine aus der ewigen Matrix als Tinktur der Seele, und eine aus dem Zentrum dieser Welt als vom Geist und Leben dieser Welt, so daß öfters eine ganz verkehrte Seele nach des Teufels Willen gebildet wird, die der Zorn fängt und dann der Geist dieser Welt entsprechend bildet. Dann erscheint auch unter einer guten Konstellation während einer Zeit der geistigen Erweckung oft ein gar freundlicher und lieblicher äußerlicher Geist, der da gute Worte ohne Geld geben kann, aber seine Seele ist ein Teufel, denn er gibt gute schleichende Worte mit dem Mund, aber der Geist seines Herzens ist Gift und gedenkt nur Übles zu tun, und das mit dem Glanz der Gebärung eines Scheins zu verdecken. Der wohnt in zwei Reichen, nämlich in dieser Welt und beim Teufel. Er glaubt nicht an einen Gott, denn er hält sich selber für Gott. Und wenn er auch wie ein Scheinheiliger in der Historie lebt, als wäre er Gottes Kind, dann tut er das nur zum Schein. Und so kitzelt ihm der Teufel sein Herz, daß er meint, Gottes Reich stehe so in der historischen Wissenschaft, daß wenn er nur weiß, daß es einen Gott in drei Personen gibt und daß Gott Mensch geworden ist und seine Gnade uns zugewandt hat, dann sei er bereits Gottes Kind und ein Christ.

11.54. So schreiben etliche den Sophisten (den „Verkäufern von Wissenschaft“) die Macht zu, Sünde zu vergeben. Aber wer ein Sophist ist und sich diese Macht außerhalb von Gottes Willen zumißt, ohne Eingehung seines Willens in Gott, der ist ein Priester des Teufels und Antichrists, sowie auch der Heuchler, der an der Historie hängt und die Wissenschaft für (wahren) Glauben hält. Nein, Fritz, aus Glauben muß Gerechtigkeit und Wahrheit erfolgen, ein eifriges Herz zur Gerechtigkeit und Wohlwollen. Und wenn auch der Teufel im äußeren Geist, während er wegen seiner Konstellation bösartig ist, einem solchen Menschen zusetzt, so daß er sich oft vergreift, dann wünscht doch das Herz sogleich wieder Gerechtigkeit und Wahrheit, und bekämpft den Teufel wegen der begangenen Sünde.

11.55. Aber eine falsche Seele fragt nicht nach Gerechtigkeit. Wenn sie die Sünde nur verdecken kann, dann ist sie genesen. So sucht sie nur Betrug unter dem äußeren Glanz, den sie im scheinheiligen Geist dieser Welt trägt. Ihre Heiligkeit ist ein Schein und erkennt nimmer Gottes Willen, sondern denkt, daß das Reich Gottes in Zeremonien bestehe. Aber die Zeremonien sind in dieser Welt, und sind nur ein (symbolisches) Zeichen, damit der unwissende Laie darüber nachdenken soll, was Gott mit dem Menschen zu tun habe. Die Bünde der hochwürdigen Testamente, die sich der Scheinheilige zum Schein gebraucht, sind ihm kein Nutzen, sondern er erzürnt damit nur Gott, weil er Gott zu einem Scheinheiligen machen will, um seine Falschheit zu verdecken.

11.56. Oh du antichristliche Welt, was hast du mit deinen Zeremonien angerichtet, daß du sie an Gottes Statt gesetzt hast! Hättest du dem Sünder Gottes Zorn und Strafe und die falsche Lust des Teufels angekündigt, und wie er aus seinen Sünden in Gottes Willen ausgehen und mit wahrer Reue und Buße in rechter Zuversicht in Gott geboren werden müsse, und wie Gott allein des Herzens Grund als die Seele suche und haben wolle, so daß aller falscher Wille, Lust und Begehren aus dem Herzen geräumt werden müsse, wie wohl hättest du gelehrt! Aber die Konsilien sind nur dahin gerichtet, daß du über Silber und Gold, sowie über der Menschen Seele und Gewissen ein Herr seist! So bist du auch der Antichrist in deiner Scheinheiligkeit, denn du hast zwar Zeremonien gestiftet und glänzt in Aarons Gestalt, aber warum lebest du nicht in Aarons Gehorsam für Gott? Jedermann sieht auf das Werk der Scheinheiligkeit, und das Herz richtet sich nach der Scheinheiligkeit und meint, wenn es die Zeremonien hält, das sei die Versöhnung des göttlichen Zorns. Aber es ist eine Abgötterei, die das Herz fängt und in Scheinheiligkeit gefangen führt. So wären keine Zeremonien besser, sondern nur rein der Gebrauch des ernsten Befehls Gottes, was er uns in seinem Bund und Testament hinterlassen hat. Die Gemeinde Christi kann auch wohl von Christi Wundertat singen und klingen, aber am besten in der Muttersprache, so daß es ein jeder versteht und sein Herz und seine Seele dahinein erheben kann, weil sich dann die ganze Gemeinde Christi wie ein Leib in Gott erhebt und von den Wundern Gottes singt, welches doch Andacht erweckt, was in fremder Sprache nur Scheinheiligkeit und Pracht ist, damit der überhebliche Stolz gesehen sein will, denn er erscheint immer gern im göttlichen Schein der Scheinheiligkeit. Denn ein solcher Abgott ist der Teufel, denn er spottet damit über Gott, seinem Schöpfer, und malt so den Antichristen vor Gottes Angesicht, daß Gott sehen soll, wie er so ein gewaltiger Herr und Fürst sei, der auch glänzen könne. Weil Gottes Majestät glänzt, so macht er Gott zum Spott auch so eine Scheinheiligkeit und führt die Seelen der Menschen in diese Scheinheiligkeit.

11.57. Oh stolzer und geiziger Antichrist, was hast du getan, daß du dich und viele tausend Seelen von Gott weg in deinen eigenen Glanz geführt hast? Wie willst du bestehen, wenn das helle Angesicht Gottes erscheint? Wo wird deine arme Seele in deiner Scheinheiligkeit hingewandt stehen, wenn der Tag des Gerichts kommen wird? Wenn alles durch das Feuer gehen muß, wo wird deine eigene Scheinheiligkeit bleiben? Wird sie im Feuer bestehen? Denn keine Seele kann Gott erreichen, wenn sie nicht in Gottes Willen gewandt und in Gott wiedergeboren ist. Anders ist kein Bestehen im Feuer. Denn die Seele muß durch das Feuer bewährt werden, und muß sonst nirgendwohin gewandt sein, als mit großer Demut in Gottes Liebe und Barmherzigkeit, in die Menschheit Jesu Christi. Sie muß Christi Leib mitbringen und in Gottes Wesenheit stehen, der ihr Leib sein muß, sonst wird sie nicht als Gottes Kind erkannt, denn sie muß so rein sein, wie sie war, als sie auf dem Kreuz geschaffen wurde. So muß sie auf Christi Kreuz wiedergeboren werden und mit Christus in Christi Fleisch und Blut durch Christi Tod durch den Zorn Gottes hindurch in die neunte Zahl eingehen, nämlich in die Tinktur des ewigen göttlichen Feuers. Dort steht sie als eine (geistige) Kreatur vor der zehnten Zahl, vor der heiligen Dreizahl, und demütigt sich vor der Dreizahl, und die Majestät der Dreizahl empfängt sie wie ein liebes Kind. Denn die Demut ist der Majestät Speise und Stärke, daraus der Glanz von Ewigkeit zu Ewigkeit ausgeht. Wo willst du dann, oh Heuchler, mit deinem Glanz bleiben, der aus (egoistischem) Geiz und überheblichem Stolz geboren ist? Geht aus von dieser Hure, ihr Kinder Gottes, denn sie steht am Pranger des Teufels und wird vom Teufel schaugetragen, um über Gott zu spotten!

Die große offene Pforte des Antichrists

11.58. Höre und siehe, du arme Seele, wir wollen dir den Antichrist weisen, der über die ganze Welt herrscht, den Gott uns zu erkennen gegeben hat, damit auch du ihn siehst. Denn du hast ihn bisher für einen Gott gehalten, aber nun muß seine Schande an den Tag kommen, denn er ist so heimlich, daß ihn niemand erkennt, es sei denn, er ist in Gott wiedergeboren, so daß er Gottes Wesen und Willen ergreift, sonst bleibt er in allen Menschen verborgen. Denn es gibt keinen Menschen, der ihn nicht hat und in seinem Herzen trägt. Auch wenn er ein Kind Gottes ist, aber nicht die tiefe Erkenntnis von Gott hat, dann hängt er ihm noch an, denn der Teufel hat sich in Engelsgestalt in ihn verwickelt.

11.59. Darum erkennt, was nun folgt, denn es ist die Zahl des siebenten Siegels und verkündigt den ewigen Tag.

11.60. Erkennt, ihr Kinder Gottes! Denn ich habe ihn vor der Zeit meiner hohen Erkenntnis auch so geehrt und vermeinte, Gottes Wille wäre so, weil ich auch nicht anders belehrt war. Und die ganze Welt ist in diesem Wahn. Obwohl es den Ungelehrten nicht schadet, der wohl auch in seiner Einfalt selig werden kann. Aber dennoch will ihn Gott in der letzten Zeit offenbaren, denn damit wird der Teufel seinen Stachel in den Kindern Gottes verlieren, denen diese Erkenntnis recht ins Herz steigen wird. Denn es ist das wahre Feuereisen, das durch Gottes Liebefeuer entzündet wird, so daß die Seele Christi Leib empfängt und in Gott geboren wird, denn die Seele bedarf keiner anderen Geburt, sondern nur einer Umkehrung und Eingehung in Gott.

11.61. Siehe, du arme verwundete Seele, du stehst und betest: „Gott, vergib mir meine Sünde! Laß deinen Zorn sinken, und nimm auch mich in Gnade an!“ Das ist zwar richtig so, aber du verstehst nicht, wie Gott den armen Sünder annimmt. Du meinst vielleicht, es sei so, als wenn du vor deinen Landesfürsten kommst und dein Leben verwirkt hast, und ihn bittest, und er vergibt dir deine Missetat aus Gnade. Dann bist du zwar freigesprochen, aber deine Sünden schelten dich unter den Augen, und dein Herz verklagt dich selbst, weil du der Strafe noch schuldig bist. Siehe, so kommst du auch vor Gott, und damit werden so viele Heuchler geboren. Du denkst, Gott nehme in seinem Wesen und Geist deine Sünde von dir weg. Weißt du nicht, was die Schrift sagt, daß alle unsere Werke uns nachfolgen sollen? Wenn es so zuginge, dann müßte sich Gott wegen eines jeden Anrufenden bewegen und seine Sünde von ihm abwerfen. Dabei hat sich doch Gott seit Ewigkeit nicht mehr als zweimal bewegt, einmal mit der Schöpfung der Welt und allen Kreaturen, und dann zum anderen in der Menschwerdung Christi, als sich das Herz Gottes bewegte.

11.62. Siehe, wenn Gott deine Sünde vergibt, wenn du ihn anrufst, dann nimmt er nichts von dir, und er fährt auch nicht vom Himmel herab in dich, denn er ist seit Ewigkeit in deiner Seele gewesen, aber in seinem Prinzip. Deine Seele ist nur von ihm aus seinem Prinzip ausgegangen, das heißt, aus dem heiligen (ganzheitlichen) Willen der Majestät in den (feindlichen) Zorn. So wärst du nun in diesem Zorn im ewigen Tod, doch der Mensch Christus, der Gott und Mensch ist, hat eine Bahn durch den Tod und Zorn zur Majestät Gottes gemacht. Du mußt nur umkehren und durch diese Bahn durch den Tod Christi und den Zorn in die Majestät gehen, dann wirst du wie der liebste Engel empfangen, der niemals eine Sünde hatte. Es wird auch keine Sünde an dir erkannt, sondern nur Gottes Wundertat, die im Zorn eröffnet werden mußte, denn die Liebe vermochte das im Feuer nicht, denn sie mengt sich auch nicht ins Feuer, sondern flieht davor.

11.63. Wenn du nun so betest „Oh Gott, vergib mir!“, dann zweifelst du auch immer noch wegen deiner Sünde, ob dich Gott erhören wolle und in dein Herz komme. Siehe, tue das nicht, denn mit deinem Zweifel verachtest du die Majestät, und auch das ist Sünde. Sondern raffe alle deine Sünde ohne Zahl auf einen Haufen, und komme mit deiner begehrenden Seele nur getrost in Demut zu Gott, und gehe in Gott ein. Kehre nur deine Seele aus dem Willen dieser Welt in den Willen Gottes um, und wirf dich mit allem Verstand und allen Sinnen in Gottes Willen! Und wenn dein Herz und der Teufel auch lauter „Nein“ sprechen, dann töte deinen äußeren Verstand und gehe mit Gewalt ein, und bleib standhaft und siehe nicht zurück, wie Lots Weib, die wieder zu einem Sulphur und einer Salzsäule wurde. Sondern sei beständig, und laß den Teufel, den Geist dieser Welt und auch dein Herz mit Fleisch und Blut zappeln. Gib dem (gedanklich-gegensätzlichen) Verstand keinen Raum! Wenn er spricht, du bist außerhalb von Gott, dann antworte: „Nein, ich bin in Gott. Ich bin im Himmel in ihm, und will ewig nicht von ihm weichen. Der Teufel mag meine Sünde behalten, und die Welt den Leib, denn ich lebe in Gottes Willen. Sein Leben soll mein Leben sein, und sein Wille soll mein Wille sein. Ich will in meinem Verstand tot sein, so daß er in mir lebe. All mein Tun soll sein Tun sein.“ Ergib dich ihm in all deinen Vorhaben. Was du anfängst, das befiehl ihm in sein Regiment, so daß alles in seinem Willen geschehe.

11.64. Siehe, wenn du das tust, dann weichen alle bösartigen Gelüste von dir, denn du stehst beständig vor Gottes Angesicht, und die Jungfrau seiner Weisheit leitet dich und eröffnet dir den Weg zum ewigen Leben. Sie verwehrt dir die falschen Wege und treibt immerfort zur Entsagung und Hingabe.

11.65. Daß du aber auf diesem Weg solche großen Anstöße des Zweifels hast, das ist der Kampf der Seele mit dem Teufel, der sich in den Weg legt, wie eine besudelte Sau. Dem wirf deine Sünde auf seinen Hals (bzw. Rücken), und zweifle nicht. Und wenn du das nicht lassen kannst, dann greif nur mit der Seele in Gott, denn Gott ist in dir. Christus hat die Pforte zu seinem Vater aufgeschlossen, so gehe nur hinein und laß dich nicht abhalten. Und wenn auch Himmel und Erde und alle Kreaturen sprechen „Du kannst es nicht!“, dann glaube es nicht, sondern gehe voran, und so wirst du dessen bald innewerden. Sobald du hineinkommst, bekommst du einen neuen Leib an die Seele, und das ist Christi Leib, der da Gott und Mensch ist. Danach wirst du wohl Lösung und Linderung in deinem Herzen haben, denn du wirst einen bekommen, der dich zieht und dir das Falsche der Welt unter die Augen stellt, um dich davor zu warnen.

11.66. Dies merke dir! Denn es denkt mancher: „Ich will beten, damit Gott meine Sünde von mir nimmt, so daß ich der alten Sünde frei werde.“ Und wenn es dann geschieht, daß er Gottes Liebe erreicht, denkt er: „Das Alte ist alles weg und vergeben, und ich kann nun auf ein Neues sündigen. Danach will ich wieder einmal Buße tun und die Greuel von mir werfen.“ Ja, der Weg wäre wohl gut, denn der Vorsatz ist da. Aber höre: Sobald du aus Gottes Liebe ausgehst, hast du alle Sünden, die du dein Leben lang getan hast, wieder am Hals, denn du gehst wieder in das Sündenhaus ein und verläßt Gott. Du gehst aus Gott in das Reich des Teufels, und deine Werke folgen dir nach, wo auch immer du hingehst. So hilft dir kein Vorsatz. Du mußt in den Vorsatz eingehen! Oder sagen nur wir das? Auch Christus spricht: »Wenn der unreine Geist vom Menschen ausfährt, dann durchwandelt er dürre Stätte, sucht Ruhe und findet sie nicht. So spricht er: „Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin.“ Und wenn er kommt, dann findet er es gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind als er selbst. Und wenn sie hineinkommen, dann wohnen sie da, und danach wird es mit diesem Menschen ärger als zuvor. (Luk. 11.24)« Verstehst du dies? Du hast den Satan ausgetrieben und hast dein Herz gereinigt und dein Sündenhaus gekehrt und wohl geschmückt. Wenn du dich nun sicher fühlst, dann kommt der Teufel mit allen sieben Gestaltungen der Natur und schlüpft dahinein und bringt die alte weltliche Lust in dein Herz, aus der alle Laster geboren werden. Denn er wohnt in diesen sieben Geistern und kitzelt dir dein Herz damit, und er betrügt dich siebenfältig, damit du ihm nachgehst und aus einer Sünde in die andere fällst. Da bindet er dann die arme Seele an die Sünde fest an und läßt sie nicht zur Entsagung laufen, sondern führt sie in fleischliche Lust. Und wenn die Seele zappelt, dann spricht er „Morgen, morgen!“, so lange, bis er den Braten bekommt.

11.67. Darum heißt es: »Steh still (Seid nüchtern und wachsam!), denn der Teufel geht herum wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann. (1.Petr. 5.8)« Er kommt alle Stunden vor deines Herzens Tür und schaut, ob er wieder hineinkann, denn es ist seine liebe Herberge. In der Hölle hat er keine Ruhe, aber in des Menschen Seele hat er Freude und Lust. Hier kann er seine bösartigen Wunder eröffnen, damit er nach dieser Zeit auch ein Spiel habe, darin er sich belustige. Denn das begehrt die Hölle und Gottes Zorn.

11.68. Zum anderen siehst du, wie sich auch die große Hure zu Babel in dieses Spiel der Vergebung gesetzt hat. Sie rühmt sich, sie habe den Schlüssel zum Ablaß und könne Sünde vergeben, und rühmt sich des apostolischen Schlüssels und verkauft die Sünde für Geld. Und das nimmt sie aus den Worten von Christus: »Welchen ihr die Sünden erlaßt, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie erhaltet, denen sind sie erhalten. (Joh. 20.23)«

11.69. Nun wollte ich gern wissen, wie dem bußfertigen Sünder, der sich in Gottes Willen wirft und der aus dem Verstand dieser Welt herausgeht und in Gottes Barmherzigkeit eingeht, seine Sünden zu erhalten wären? Und noch viel lieber wollte ich gern wissen, wie ein sündiger Mensch den anderen aus der Hölle ins Himmelreich führen könnte, obwohl er doch selber nicht hineinkann und nur dasitzt, um dem Teufel zu dienen, nämlich für seinen (egoistischen) Geiz, indem er die Vergebung der Sünden für Geld verkauft. Zumal alle Sünden in dem neuen Leib Christi in Christi Fleisch und Blut ersäuft werden. Und auch Jesaias spricht in Christi Person: »Ich allein trete die Kelter und tilge alle eure Sünde, und niemand ist mit mir. (Jes. 63.3)« Wenn das wahr wäre, wie sich der Antichrist rühmt, dann müßte ein Teufel den anderen verjagen. Und wenn das auch geschähe, wo bliebe dann die Wiedergeburt aus Christi Fleisch und Blut, darin unsere Seelen in Gott hineingeführt werden? Wenn es möglich gewesen wäre, daß Gott Adam auf eine solche Weise seine Sünde hätte wegnehmen wollen, dann wäre Gott nicht Mensch geworden, um uns wieder in Gott hineinzuführen. Er hätte wohl Adam seine Sünde vergeben, wie ein Fürst einem Mörder das Leben schenkt. Nein, Fritz! Du mußt selber aus der Sünde herausgehen und in Gottes Willen eingehen, denn Gott steht nicht da wie ein König und vergibt Sünde mit Worten. Es muß eine Kraft sein, und du mußt aus dem Feuer in das Licht gehen. Denn Gott ist kein Bild, vor das wir treten und gute Worte geben, sondern er ist ein Geist und durchdringt Herz und Nieren, das heißt, Seele und Geist. Er ist das Liebefeuer, und sein Zentrum der Natur ist sein Zornfeuer. Du bist (immer) bei Gott, auch wenn du bei allen Teufeln in der Hölle bist. Denn auch der Zorn ist sein und ist sein Abgrund. Wenn du aber (aus dem Zornfeuer) herausgehst, dann gehst du in Gottes Liebe in die Freiheit von der Qual-Qualität.

11.70. Es ist kein anderes Sünde-Vergeben verständlich, als daß du aus dieser Welt und deinem Fleisch, sowie aus des Teufels Willen herausgehst in Gottes Willen. Dann empfängt dich Gottes Wille und du bist aller Sünden frei, denn sie bleiben im Feuer, und dein Wille in der Tinktur Gottes, welche die Majestät erleuchtet. Dann ist dir alles nah, auch deine Sünden sind dir nah, aber sie berühren dich nicht, denn wir haben dir vorn erklärt, daß die stille Ewigkeit eine Freiheit ist. So denke nur nicht, daß sie deine Sünde, deine Greuel and Laster, von dir in sich nehmen werde, sondern sie gehören in Gottes Zorn, da müssen sie baden und werden dem Teufel geschenkt. Aber sie stehen unter dir im Zentrum, und du bist wie ein schönes Gewächs, das durch den Zorn herausgewachsen zu Gottes Freude und Wundertat steht. Ist doch der Zorn auch in Gott, aber im Abgrund, und weil sich der Teufel über Gott erhob, fuhr er in den Abgrund und wurde Gottes Fußschemel.

11.71. Der Text im Matthäus Evangelium hat noch ein anderes Verständnis: Der Tempel Christi, als die Kinder Christi, sind Christi Braut, und ihr hat er seinen schönen Schmuck angehängt. Und wie er uns geliebt und durch sich in Gott seinem Vater hineingeführt hat, so sollen auch wir uns untereinander lieben. Und wenn ein reuiger, bußfertiger Sünder kommt, der Christus begehrt und sich in die Gemeinde Christi eingeben will, den soll die Gemeinde aufnehmen, denn auch Christus hat ihn aufgenommen, und so sind wir in Christus alle ein Leib. Und wie nun ein Glied das andere hält und liebt, so sollen wir uns aufnehmen und auch den armen bekehrten Sünder in unsere Gemeinde nehmen und ihm an Gottes statt Vergebung der Sünde ankündigen, unsere Hände auf ihn legen und ihn unseres Leibes und Gemeinschaft teilhaftig machen. Und so will auch unser Geist und unsere Kraft auf ihm ruhen, wie bei den Aposteln Christi zu sehen ist.

11.72. Wenn wir ihn in Christi Gemeinde nehmen, so ist er unser Bruder. Und wenn wir sagen, deine Sünden sind dir vergeben, so sind sie auch in Christi Tod und Blut ersäuft und er ist unser Glied. Wir nehmen sie nicht von ihm, sondern Christus in uns ersäuft sie durch unseren und seinen Glauben in seinem Blut. Wenn wir die Hände auf ihn legen und für ihn beten, dann dringen wir mit unserem Willen, der in Gott ist, in seinen Willen und führen ihn in unserem Willen wie in einem Leib in Christus zum Vater. Sein Wille wird unser Wille, denn er ergibt sich durch Christus in die Braut, nämlich in unseren Willen, der auch Gottes Wille ist, und wir nehmen ihn zu Recht in unsere Liebe und unseren Willen und versenken uns in ihm durch Christus in Gott. So vergeben wir ihm seine Sünde, denn wir sind die Gemeinde und die Braut Christi, die er liebt. Und was wir tun, das tut Christus in uns, und Gott in Christus. Es ist alles eins, Christus ist unser und Gott ist Christi, und der bekehrte Sünder ist auch unser, wie auch Christi und auch Gottes. Wir leben in einem Leib und haben einen Geist und sind ein Fleisch. Und wenn wir in Gottes Willen eingehen, dann nehmen wir auch den Bruder mit, und die Sünde werfen wir hinter uns ins Zornfeuer, aber wir leben und blühen in Gott.

11.73. So haben wir den Schlüssel zum Himmel und zur Hölle: Wenn wir dem Gottlosen seine Sünde ankündigen, aber er sich nicht bekehren will, dann binden wir ihn im Abgrund, denn wir gehen hindurch und schließen zu. So muß er in seinen Sünden baden, und da kratze ihn der Teufel. Wenn wir ihn mit unseren Worten nicht mehr ziehen, welche Kraft haben, dann zieht ihn der Teufel. Wenn er sich aber schließlich bekehrt, dann haben wir Macht, daß wir ihn dem Teufel wieder nehmen und mit uns in unserem Geist durch Christus in Gott hineinführen.

11.74. Siehe, eine solche Gewalt hat die Braut Christi, und keine andere. Und wenn es wäre, daß ein Mensch in einer Wildnis wäre, wo er nirgends einen Menschen sähe, und er bekehrte sich aus der Sünde in Christus und wünschte unsere Brüderschaft, obwohl er nicht bei uns sein kann, und wenn wir ihn auch nicht kennen würden, aber dennoch, weil er sich in unsere Brüderschaft befiehlt, so nehmen wir ihn mit durch Christus zum Vater und stoßen seine Sünde von ihm hinter ihn. Und so blühen wir mit ihm aus einem Acker, denn Christi Leib ist der Acker unserer Seele, darin sie wächst und in der Heiligen Dreifaltigkeit schöne Frucht trägt.

Die hochteure Pforte

11.75. Nun fragt der Verstand: „Wie kann Christi Leib unser Leib sein, der doch eine Kreatur ist? Wie können wir also in Christi Leib wohnen?“ Siehe, oh Mensch, Adam war unser Vater und auch unsere Mutter. So haben wir nun alle Adams Fleisch, Seele und Geist, denn wir sind alle aus einem Fleisch, Seele und Geist gezeugt und sind alle seine Glieder, gleichwie die Äste des Baumes Glieder sind. Und er führte uns in den Tod, denn er hatte die schöne Jungfrau der Weisheit Gottes an sich, welche über allen Dingen und die Fülle aller Dinge ist, wie Gott selbst, doch die verlor er. Er sollte sie uns vererben, aber er ging von ihr weg.

11.76. Doch der andere Adam, Christus, kam aus Gott und war Gottes Herz und hatte die schöne Jungfrau an sich. Der nahm unsere Seele und Fleisch in seine Jungfrau und wurde Fleisch, Seele und Geist, ein Fleisch aus unserem Fleisch, eine Seele aus unserer Seele, und blieb doch Gott. Unser Fleisch stand in Christus in der Heiligen Dreifaltigkeit. Er nahm aus uns das ewige Fleisch in die Jungfrau Gottes, und auch das irdische, aber nur die irdische Qualität, denn in Gott geht nichts Zerbrechliches.

11.77. Denn als das Wort in das Fleisch kam, wurde es himmlisch, wie es in Adam irdisch geworden war. Denn das Fleisch Christi wurde durch das Wort in den ewigen Willen hineingeführt, so daß das Fleisch und Wort eine unzertrennliche Person wurde. Dann ging es darum, den ewigen Willen zu tun, daraus Adam ausgegangen war, und Gott führte uns in Christi Seele wieder in diesen Willen. Also ist jetzt die Seele Christi unsere Seele, denn sie ist Adams Seele, und Christi Fleisch ist unser Fleisch, denn er nahm es aus unserer Menschheit an sich. Und die schöne Jungfrau Gottes ist in Christus unsere Jungfrau, denn Christus hat sie unserer Seele angezogen. Wenn wir uns nun ganz in Christus ergeben, dann lebt Christus in uns, und wir in ihm. Wenn uns auch der äußere sterbliche Leib noch anhängt, so lebt doch Christus in uns und wird uns am Ende der Welt ganz rein und ohne Makel in seinem Fleisch darstellen. Wir sind in ihm alle ein Leib, denn er ist unser Leib in Gott, und Adam ist unser Leib in dieser Welt.

11.78. In Gott ist kein so tölpischer Leib, sondern ein Leib in Kraft und himmlischem Fleisch und Blut. Wo unser Wille ist, da ist auch unser Herz. Gott ist in uns, und wenn wir in seinen Willen eingehen, dann ziehen wir seine Weisheit an, und in dieser Weisheit ist Christus ein Mensch. So gehen wir in seine Menschheit ein und werden ein neuer Mensch im Leben Christi, in der Seele Christi, im Fleisch Christi, in der Tinktur Christi und in der Majestät Christi. Und Christus ist in seinem Vater, und sein Vater ist die Ewigkeit und das Ende (bzw. Ziel) der Natur. Wo willst du nun weiter hin, du armer Mensch? Laß dich nicht vom Teufel und Antichrist narren!

11.79. Kein Mensch hat eine Gewalt in Gott, er sei denn in Gottes Willen, in Gottes Liebe in Christus, und habe Christi Seele und Fleisch. Hat er das aber, dann ist er kein Geizhals und kein Scheinheiliger, der das Himmelreich für Geld verkauft. Als Simon Magus St. Petrus Geld anbot, damit er ihm Macht dafür gebe, daß, wenn er jemandem die Hand auflegte, dieser auch den heiligen (und heilenden) Geist empfinge, da sagte Petrus: »Daß du verflucht werdest mit deinem Geld! Meinst du, die Gaben Gottes werden für Geld verkauft? (Apg. 8.18)« Woher habt ihr Sophisten solche Gewalt, daß ihr das Himmelreich verkauft und in eure Gewalt zieht? Ihr seid keine Jünger Christi, sondern des Antichrists, der Hure zu Babel! Kein Priester ist des Amtes fähig, er sei denn in Gottes Willen. Sonst ist sein Freisprechen kein Freisprechen, sondern die Gemeinde Christi spricht den frei, der sich ihr ergibt. Dieser Priester ist der Kirche eben so viel nütze, wie einem Wagen das fünfte Rad. Oh Sophist, wie willst du das große ganzheitliche Geheimnis mitteilen, das du nicht hast? Die (ganzheitliche) Gemeinde hat es, und der bußfertige Sünder, der zu dir kommt, der hat es. Aber du bist ein Sophist und wärst besser im Kuhstall, als in der Kirche. Wie kann der Teufel einen reuigen Menschen freisprechen? Du dienst doch nur deinem Abgott im Bauch.

11.80. Oh du blinde Welt, wie bist du geblendet! Du vermeinst, du dürftest das große ganzheitliche Geheimnis (Mysterium Magnum) nicht anrühren, denn du seist dessen nicht fähig, sondern nur der Pfaffe sei dessen fähig. Wenn du in Christus bist, dann hast du alles frei. Du hast seinen Bund mit Taufe und Sakrament und darin den Leib und das Blut Christi. Gehört doch der Bund den Gläubigen und nicht den Sophisten. Haben doch Christi Jünger und wiederum ihre Jünger und Nachkommenden getauft. Und die gläubige Gemeinde hat das Brot Christi in ihren Häusern oder wo immer sie konnten gebrochen und den Leib und das Blut Christi genossen. Der Tempel Gottes war überall, wo Christen beisammen waren.

11.81. Solches sagen wir nicht, um die Kirchen einzureißen, in denen man Christi Amt treibt. Sondern wir zeigen euch die Heuchler, die euch an sich binden, damit ihr von ihnen weg und zur Gemeinde Christi geht. Geht in die Gemeinde Christi, und geht in den Tempel Christi, und laßt euch nicht bloß an der Mauerkirche genügen, denn sie ist nur ein toter Steinhaufen, aber Christi Tempel ist lebendig. Ihr vertragt euch alle mit der Kirche und geht dahinein, aber in den Tempel Christi will niemand mehr gehen. Geht in den Tempel Christi, dann werdet ihr aus dem Tod wieder lebendig! Es gibt keinen anderen Rat, weder im Himmel noch in dieser Welt. Es muß so sein, oder ihr bleibt in der Finsternis.

11.82. Nicht wir richten so streng: Denn Gottes Wille steht allen Menschen offen, welchen Namen er auch folgt. So kann auch ein Heide selig werden, wenn er sich zum lebendigen Gott wendet und sich in wahrer Zuversicht in Gottes Willen ergibt. Auch mit unerkannter Wissenschaft vom Reich Christi kommt er in Gottes Willen, und in Gottes Willen ist das Herz Gottes, und Christus hat das Herz Gottes in sich, denn der Heide glaubt ja. Wird doch auch der Stumme und Taube selig, der von Gott nie etwas gehört hat, wenn er seine Imagination in den Gehorsam und Willen Gottes und seiner Gerechtigkeit setzt. Wer will diesen richten, oh Sophist, der du aus Meinungen einen Glauben machst? Was bedarfst du der Meinungen? Meinungen sind nicht der Geist Christi, der da lebendig macht. Sondern Christi Geist gibt unserem Geist Zeugnis, daß wir Gottes Kinder sind. (Röm. 8.16) Er ist in uns, was suchen wir dann lange nach Meinungen?

11.83. Wir sagen, daß in allen Meinungen Ketzereien sind und der Antichrist. Hast du aber Christus mit seinem Wort, dann hänge einfältig daran, nicht am Buchstaben allein, sondern am lebendigen Wort, das Gott und Mensch ist: Das ist die Schrift, die du lesen und aus Christi Geist predigen sollst, und nicht aus dem Wähnen. Bist du aber dessen nicht fähig, was lehrst du dann viel und erdenkst Meinungen? Meinst du, Gott sei wie du ein Lügner und halte deine erdichteten Meinungen für sein Wort, obwohl du doch an Gott tot bist? Wer da wähnt, ob ein Ding so sei, der zweifelt. Nun ist Zweifel aber kein Glaube, sondern ein Weg, der gefährlich zu gehen ist.

11.84. So zweifelt nun die betrübte Seele, die so in Babel von einem Wahn der Meinung zum anderen umgetrieben wird, wenn sie hört, wie ein jeder schreit „Hier ist Christus! Lauft mir nach, denn jener ist ein Ketzer!“, und fragt sich aus einem falschen Geist: „Zu welcher Partei soll ich mich nun wenden? Wo soll ich hingehen, damit ich das wahre Evangelium predigen höre? Wo soll ich Christus finden? Sie verfluchen sich doch alle und richten einander, aber ich höre doch, wie ein jeder aus der Bibel redet, das Seine begründet und den Weg Gottes lehrt. Was soll ich tun? Denn ich sehe auch, daß sie so giftig aufeinander sind, in der Fürsten Herzen reiten und Krieg und Verfolgung um des Glaubens willen anrichten, und einander dem Teufel übergeben, und ein jeder sagt, der Teufel redet aus dem anderen, der ein Ketzer ist, vor dem man fliehen soll.“

Die Pforte Immanuels

11.85. Siehe, du liebe Seele, wie uns Christus so treulich vor dieser Zeit warnt, in welcher wir jetzt blind geworden sind. Wenn die falschen selbergewachsenen Pfaffen rufen und sagen werden: „Christus ist in der Wüste!“ Und ein anderer sagt: „Er ist nicht in der Wüste, er ist in der Kammer, er ist auf dem Feld!“ Und wieder ein anderer „Nein, er ist hier oder dort!“ oder „Er ist im Abendmahl und in der Taufe!“, darauf der andere sagen wird: „Er ist nicht darin, es sind nur (symbolische) Zeichen!“ Dazu spricht Christus: »Glaubt ihnen nicht, geht nicht hinaus! Sondern wie der Blitz vom Aufgang bis zum Niedergang erscheint, so wird auch die Zukunft des Menschensohns sein. Denn wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier. (Matth. 24.24-28)«

11.86. Christus spricht: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben! Niemand kommt zum Vater, als durch mich! (Joh. 14.6) Ich bin die Tür zu den Schafen, und bin ein guter Hirte. Die anderen aber, die vor mir aus sich selber gekommen sind, in ihrem Namen, sind alles Diebe und Mörder, und suchen nur, wie sie rauben und stehlen können, denn sie suchen ihre eigene Ehre. Ich aber suche nicht meine Ehre, sondern mein Vater ehrt mich, und sie entehren mich. (Joh. 10.6-12) Ich bin das Licht der Welt, und wer mir nachfolgt, der wird das Licht des ewigen Lebens haben. (Joh. 8.12) Mein Vater will den Heiligen Geist denen geben, die ihn darum bitten. Wenn der kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten, denn von dem Meinen wird er es nehmen und euch verkündigen. (Joh. 16.13-15). Sorgt nicht für euer Leben, denn mein Vater sorgt für euch… Denn wo euer Herz ist, da ist auch euer Schatz. (Matth. 6.21-25)« Das heißt, lauft nicht den selbergewachsenen Lehrern nach, die aus Historien ohne Gottes Geist lehren! Wenn sie ein wenig fremde Sprachen können, dann wollen sie Lehrer sein und lehren aus Kunst und Stolz in ihrer Übung des Wohlredens. Und da hilft ein Scheinheiliger dem anderen, besonders, wo viel Geld und Ehre im Amt sind.

11.87. Christus sprach: »Ich suche nicht meine Ehre, denn mein Reich ist nicht von dieser Welt. (Joh. 8.50)« Sie aber lehren, Christi Reich sei in der Historie. Christus sprach zu seinen Jüngern: »Der Heilige Geist wird es von dem Meinen nehmen und euch verkündigen und euch an all dessen erinnern, was ich gesprochen habe. (Joh. 16.15, Joh. 14.26 Oh ihr lieben Kinder Christi, so laufe niemand dem Zank nach! Sie sagen einander die Wahrheit, denn sie sind alle aus einem Baum gewachsen, aber sind uneins über die Beute, über den Raub des Antichrists, dessen Ende nah ist.

11.88. Wendet euer Herz und Gemüt von allem Zank ab, und geht ganz einfältig und demütig zur Tür Christi in Christi Schafstall! Sucht ihn in euren Herzen, ihr müßt nicht viel diskutieren. Bittet Gott den Vater im Namen Jesu Christi entsprechend seiner Verheißung, damit er euch durch seinen Heiligen Geist eure Herzen aufschließe! Wendet euch mit ganzem Fleiß in ihn. Laßt alles fahren, was in dem Steinhaufen (der weltlichen Gebäude) glänzt und geht in den Tempel Christi. Dort begegnet euch der Heilige Geist, und dem ergebt euch in Demut, dann wird er euch eure Herzen aufschließen und euch an alle Wohltat Christi erinnern. Er wird euch das Verständnis auftun und euch an alles erinnern, was Christus gesprochen hat. Denn aus Christus wird er es nehmen und euch verkündigen. Sorgt euch auch nicht, wo die Stätte am besten sei, an der er euch aufschließen wolle. Denn gleichwie die Sonne aufgeht und bis zum Untergang scheint, so scheint Christus an allen Orten, von seiner Menschwerdung bis in die Ewigkeit. Suche keine besondere Stätte, denn er ist überall. Denn wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier. Doch Christus ist überall, und seine Kinder können überall zu ihm kommen. Und wenn wir in Christus eingehen, dann sind wir bei unserem „Aas“ und sättigen uns von seinem Fleisch und trinken von seinem Blut. Denn er sprach: »Mein Fleisch ist die rechte Speise, und mein Blut ist der rechte Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich in ihm. (Joh. 6.53)« Oder auch: »Vater, ich will, daß alle, die du mir gegeben hast, dort seien, wo ich bin. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und ich gebe ihnen das ewige Leben, und ich werde sie am Jüngsten Tag auferwecken. Wenn ihr in mir bleibt, dann bleiben meine Worte in euch. (Joh. 17.24)«

11.89. Wenn ihr nun seht, daß die Welt um Christi Kelch zankt, dann wißt, daß sie den Schlüssel des großen ganzheitlichen Geheimnisses (Mysterium Magnum) verloren hat und nicht in Christus ist, denn in Christus ist kein Zank, sondern Liebe, Demut und seines Nächsten begehren zur Gerechtigkeit.

11.90. Und wo wir sind, da sind wir in Christus. Wenn wir zusammenkommen, dann sollen wir alle einen Willen in die Gemeinde bringen, nämlich das Begehren Christi. Und wenn wir ihn begehren, dann empfangen wir ihn und sind in ihm ein (ganzheitlicher) Leib. Er speist uns mit seinem Leib und Blut. Wenn wir den Gebrauch seines Testamentes mit dem letzten Abendmahl halten, dann speist er uns mit seinem Fleisch und tränkt uns mit seinem Blut. Und mit der Taufe tauft er uns zu einem Leib in ihm. Was suchen oder erforschen wir lange? Gleichwie der Sonne Glanz die ganze Welt erfüllt, so ist auch Christi Leib und Blut. Sein Wesen ist die Ewigkeit, wo weder ein Ort noch eine Stelle ist. Er ist in nichts eingeschlossen, denn er ist im Vater, und der Vater ist in ihm, und der Heilige Geist geht vom Vater und Sohn aus. Nun sind alle Wesen aus dem Vater geschaffen, und der Vater ist in allen und hält alles. Er gibt Allem Leben und Wesen, und der Sohn ist im Vater, und gibt Allem Kraft und Licht. Er ist unser Licht (des Bewußtseins), und ohne ihn erkennen wir Gott nicht. Wie wollen wir dann von ihm wahrhaft reden? Wenn wir von ihm wahrhaft reden wollen, dann müssen wir aus seinem Geist reden, denn der zeugt von Gott. Wenn wir aber aus der Kunst und Historie reden, dann reden wir aus uns selber und nicht aus Gott, und sind wie Mörder und Diebe und nicht Christi Hirten. Ein Dieb kommt nur, weil er stehlen und rauben will. So kommen auch die Zänker in ihrem eigenen Namen, nur weil sie ein großes Ansehen haben wollen, sowie reiche Pfründe oder Präbende (Einkommen aus dem Kirchenamt), und sie rufen: „Hier ist Christus! Christus wird allein von uns durch sein Wort der Gemeinde vorgetragen! Und die anderen sind die Ketzer!“

11.91. Ihr lieben Kinder Christi, stopft eure Ohren zu vor diesen Lästerwölfen, denn sie schänden sich nicht allein untereinander, sondern die ganze Gemeinde Christi, die überall in allen Ländern ist, wo bußfertige Menschen sind. Denn alle, die ihre Sünde bereuen und davon abgehen und sich in die Barmherzigkeit Gottes wenden, die sind in Christus, auch wenn es Türken sind. Es ist kein Ansehen der Person oder des Namens und der Meinungen vor Gott, denn er betrachtet des Herzens Grund.

11.92. Der Antichrist ist Ursache dafür, daß die Türken in eine eigene Meinung geraten sind, denn des Zankens war kein Ende. Daran ärgerten sich die Asiaten, Syrer, Ägypter, Mohren, Griechen und Afrikaner. Sogar die Indianer führen ein besseres und göttlicheres Leben in einfacher Armut als der Antichrist. Wenn auch nicht alle, doch sind viele Sitten unter ihnen, die andächtiger sind als der überhebliche Stolz der Hure.

11.93. Diese Hure hält Christi Reich auf, so daß sich alle Völker an ihr ärgern und sagen: „Wie können sie Gottes Volk sein, die nur Tyrannen und stolze, geizige, störrige und blutgierige Leute sind, die nur nach dem Gut anderer Völker trachten und nach eigener Macht und Ehre? Sind doch die Heiden nicht so schlimm! Wir wollen mit ihnen nichts zu tun haben. Gott wohnt doch überall und ist sowohl bei uns als bei ihnen. Wir wollen ein ehrbares, züchtiges und andächtiges Leben führen und den Einigen wahren Gott anrufen, der alle Dinge geschaffen hat, und von ihrem Zank weggehen. Wir wollen in einer Meinung bleiben, dann bleiben auch unsere Länder im Frieden. Wenn wir alle an einen Gott glauben, dann ist kein Streit, sondern wir haben alle einen Willen, und so können wir auch in Liebe untereinander leben.“

11.94. Siehe, mein lieber Christ, das hat die Türken erhöht und in die größte Macht gebracht, so daß ihre Macht bis in die Tausendzahl (der Heiligen Dreifaltigkeit) gestiegen ist. Denn sie herrschen in einer Meinung und Liebe (in geistiger Einheit) über die ganze Welt, denn sie sind ein Baum der Natur, der auch vor Gott steht. Aber er wächst nicht höher als in die Tausendzahl, denn dann bekommt sein wildes Herz ein Angesicht mit Augen (um sich selbst in allen Wundern Gottes zu erkennen). Du Antichrist wirst ihn mit deinem Drachenmaul nicht fressen, wie in der Offenbarung zu sehen ist, und so besitzt er sein Reich bis ans Ende. Und wenn du in den Pfuhl gefahren bist, so daß dann Christus seine Schäflein selbst weidet, dann geht er unter den Schäflein, wenn dein Mordschwert zerbricht. Aber du zerbrichst nicht durch Spieße oder Stangen, oh Heuchler, sondern deine Lügen ersticken dich. Wer den Antichristen erschlagen will, der ist des Antichrists Tier, darauf er reitet, denn er wird nur mächtiger im Zank. Denn die Herzen werden von der Wahrheit abgewandt und gehen aus Gott heraus und in den Zank (der geistigen Uneinigkeit) hinein. Da vergafft sich jedermann an den Wundern des Zankes, und sie laufen den prächtigen Reden nach, und so kommen sie aus Christus in die Meinungen und suchen Wege in den Finsternissen, wo kein Licht ist. Damit herrscht der Teufel im Antichrist und führt die Kinder auf Menschenbahn in Menschentand, und eben nicht mehr in Christi Licht.

11.95. So ging es auch den mächtigen Ländern, über welche der Koran herrscht. Als sie von Christus in Meinungen ausgingen (und ihre geistige Einheit verloren), da wuchs jedem ein Baum aus der Natur in ihren Herzen, und sie gerieten in ihre Meinung und lebten so in diesem wilden Baum. Denn das antichristliche Reich lebt in vielen Bäumen, und sie laufen von einem zum anderen, und wissen nicht, welcher der Beste ist, denn sie sind aus dem (ganzheitlichen) Paradies Christi herausgegangen. Sie rühmen sich zwar Christi Lehre, aber mit ihrer Kraft verleugnen sie diese und bezeugen so, daß Christus nicht in ihnen ist. Sie wollen ihn auch nicht in sich haben und stoßen ihn mit seinem Leib und Blut und seiner Menschheit aus der Gemeinde. Sie wollen nur ein Zeichen von ihm haben, damit sie in ihrem überheblichen Stolz Christi Stelle besitzen und feine reiche und fette Bäuche sein können. Aber Christus war auf Erden in diesem äußeren Leben arm und hatte nichts, wo er sein Haupt hinlegte. Doch sie wollen an Christi statt fein reich und fett sein. Sie sagen: „Er ist im Himmel, und wir wollen ihm zu Ehren ein glitzerndes und prächtiges Reich herrichten, damit wir in seinem Amt gute Zeit und Ehre erlangen. Wir sind die Höchsten der Welt, denn wir sind Gottes Statthalter. Wir treiben Christi Amt und haben das große Geheimnis (Mysterium Magnum) trotz aller, die gegen uns reden. Wir wollen sie schon schweigen lassen!“

11.96. Ihr lieben Kinder Christi, öffnet eure Augen und seht! Lauft doch nicht so dem Teufel nach! Seht ihr nichts? Werdet doch sehend! Seht ihr nicht, wie alles um des Geldes willen geschieht? Wer ihnen viel Geld gibt, den loben sie als einen frommen Christen, der sich gegen die Kirche dankbar halte. Ist einer gestorben, auch wenn er sein Leben lang ein ungerechter und falscher Wucherer, Hurer, Mörder oder Dieb gewesen war und sie das auch wissen, gibt er oder die seinigen nur viel, oh wie preist man ihn herrlich und selig! Welche großen Denkzettel macht man doch, damit es ein anderer Ungerechter hört und entsprechend nachfolgt und denkt: »Harre! Steckt das Reich Gottes im Geld und in des Pfaffen Mund, das soll mich auch nicht dauern (das soll mir nicht leidtun).“ Ja, da gibt dann die Kelter viel Blut, wie in der Offenbarung des Johannes steht (Offb. 14.20). Und so wird der Unschuldige verführt: Denn wer nicht viel gibt oder zu geben hat, der ist bei ihnen kein ehrbarer Mann. Er ist auch nicht dankbar gegen die Kirchenämter. Und erkennt man einen kleinen Fehler an seinem guten Leben, oh wie poliert man diesen auf, und wie stößt man ihn hinunter und wünscht schließlich noch einen großartigen andächtigen Wunsch hinterher, daß es ihm Gott doch vergeben wolle.

11.97. Öffnet eure Augen, ihr Kinder Christi! Dies ist der Antichrist, hurt ihm nicht nach! Es ist mancher ein Sünder gewesen, aber hat sich umgewandt von seinen Sünden und ist in Christus eingegangen, und seine Seele ist in Christus ein Engel Gottes. Was darfst du, stolzer Antichrist, die Engel Gottes aus deinen Begierden scherzen (bzw. verspotten)? Du blinder Mensch, siehst du doch nicht! Wenn du wirklich Christi Hirte und Diener und Gottes Statthalter bist, wenn du wirklich das große Geheimnis hast und dein Amt Christi Amt ist, wie du dich rühmst, warum bist du dann ein Lügner? Du rühmst den Gottlosen um des Geldes willen. Haben das auch Christus und seine Apostel getan?

11.98. Höre, du Antichrist! Siehe die Apostelgeschichte an, als einer seine Güter verkaufte und einen Teil des Geldes zu der Apostel Füße legte, und ihn Petrus fragte: „Habt ihr den Acker so teuer verkauft?“ Und weil er „Ja“ sprach, aber ein falsches zweifelhaftes Gemüt hatte, sprach Petrus: „Du hast den Heiligen Geist belogen. Siehe, die Füße derer stehen vor der Tür, die dich aus der Gemeinde der Wahrheit wegtragen.“ (Apg. 5.1) Was denkst du nun von dir? Ist das diesem Laien und Zuhörer vor Petrus geschehen, was würde wohl bei St. Petrus geschehen sein, wenn er so (wie du) mit Lügen nach dem Geld getrachtet und dem Heiligen Geist gelästert hätte? Du aber tust so: Du rühmst einen Ungerechten, nur damit du Geld bekommst, und fragst nicht nach seiner Seele. Du fragst auch nicht danach, wenn du deine Lügen in die Gemeinde Christi schüttest, wie so mancher oft steht und über seine Falschheit und Betrügerei seufzt, weil er den Armen zu Unrecht beleidigt hat, wie auch über deine Scheinheiligkeit und Lügen!

11.99. Höre, wird hiermit nicht der Name Christi gelästert und die Gemeinde Christi geärgert, welche dann sagen: „Oh! Spricht doch der Pfaffe auf der Kanzel um des Geldes willen Lügen! Wäre das wirklich Sünde, dann täte er es nicht. Wenn du also auch lügst und die Leute um Geld, Gut und Ehre betrügst, dann sieh nur zu, daß du das mit einem Schein zudecken kannst! Denn wäre es wirklich so große Sünde, dann täte es der Pfaffe nicht. Irgendwann willst du wohl einmal Buße dafür tun, und dafür hat doch der Pfaffe Gnade genug.“

11.100. Siehe, du falscher Antichrist, so belügst du den Heiligen Geist im Amt Christi, der dein Herz prüft, und belügst auch die Gemeinde Christi und verärgerst sie noch damit. Es wäre vielmal besser, sie hätte deinen Lügen niemals zugehört, denn dann wäre ihr Herz nicht mit Lügen gefüllt worden. Wie kannst du sagen, du treibst Christi Amt, wenn du doch ein Lügner und Spötter Christi bist? Du bist nicht aus Christus geboren, sondern aus der Lüge. Und wenn du deine Lügen sprichst, dann sprichst du von deinem Tier, auf dem du in der Offenbarung reitest. Du sprichst von deinem Eigentum, von dem Geist, der in dir ist, und willst trotzdem Christi Schafe weiden. Du solltest sie auf grüner Aue im fetten (sättigendem) Essen von Jesus Christus weiden und ihnen die Wahrheit sagen. Doch so weidest du sie auf den Felsen des Teufels, auf den Bergen des Abgrundes in seinem fetten (unersättlichem) Gras.

11.101. Bist du Christi Diener, dann diene ihm im Geist und in der Wahrheit! Bestrafe die Sünde ohne jemandes Ansehen der Person. Verschone nicht, erhebe deine Stimme wie eine Posaune. Strafe insgemein alle Laster der Oberen und Unteren, und lehre den Weg Christi wahrhaftig. Lobe niemanden um des Geldes oder der Ehre willen. Denn auch Christus lobte nicht die Gewaltigen um eines Nutzens willen. Und er strafte sie auch nicht aus Mißgunst, um ihrer Gewalt und Ehre willen, denn er will Ordnung haben und sprach: »Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. (Mark. 12.13)« Er bestrafte aber die Heuchler, die Pharisäer, weil sie lange Gebete verwendeten und glänzend auf den Gassen standen, um vom Volk gesehen zu werden, aber nur ihren eigenen Ruhm suchten. Ein solcher ist auch der Antichrist.

11.102. Darum spricht der Geist: »Geht aus von ihr, mein Volk, damit ihr ihrer Sünden nicht teilhaftig werdet. (Offb. 18.4)« Denn wer sich zur Sünde bekennt, der ist ein Geist mit der Sünde. Wer einem Lügner seine Lügen aus Gunst bestätigt, der ist derselben Lügen und aller Laster schuldig. Gott der Vater hat uns in Christus aus der Wahrheit wiedergeboren, damit wir keine Knechte der Lüge werden sollen. Denn wenn wir in die Lügen eingehen, dann gehen wir aus Christus heraus und sind beim Teufel, der ein Vater der Lügen ist. Ein solcher ist auch der Antichrist und alle die ihm anhängen und dienen. Besser weit davon weg und Christus ins Herz hineingebildet, als im antichristlichen Amt Lügen hören.

11.103. Ich weiß, du bösartiges Tier wirst mich als einen Mißgönner verrufen, als ob ich dir nicht gönnen würde, was dir gute Leute geben. Nein, das ist nicht mein Grund, denn Christus spricht: »Wer dem Evangelium dient, der soll sich auch vom Evangelium ernähren. Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden, denn er muß essen. (1.Kor. 9.9)« Sie hängen auch nicht alle am Antichrist. Wir haben nur den falschen Antichrist dargestellt, der im Herzen der Menschen reitet. Damit schmähen wir niemanden in seinem guten Gewissen, nur der Antichrist soll zu einem Zeugnis aller Völker bloßstehen. Denn er reitet über den Erdenkreis in allen Ländern. Man meint jetzt zwar, man habe ihn ausgerottet, aber man ist im Streit um ihn und ein jeder will ihn totschlagen. Du blinde Unwissenheit, du erschlägst ihn niemals! Gehe nur von ihm weg, und gehe in den Tempel Christi hinein und laß den Antichrist draußen stehen, dann wird er selber fallen und sich zuletzt seiner Greuel und Hurerei schämen. Bete ihn nur nicht an und beuge deine Knie vor ihm, sondern bete Gott an und öffne nur die Augen. Ist doch die ganze Welt voll Gottes, und es hängt nur am äußeren Leben, denn im inneren wohnt Gott in sich selbst. Das äußere Leben ist zwar auch Gottes, aber der Abgrund ist darin als das Zentrum der Natur, in dem das ernste und strenge Leben ist. Davor sei diese Warnung.

11.104. Es gibt drei Prinzipien, drei Reiche, nämlich zwei ewige und ein anfängliches und vergängliches. Ein jedes begehrt den Menschen, denn der Mensch ist ein Bild aus allen dreien. Und das Wesen aller Wesen ist ein Suchen, Sehnen und Begehren, das aus dem ewigen Willen entsteht, und der Wille ist die Ewigkeit.

11.105. In Gott selbst ist kein Regiment, sondern in den drei Prinzipien und ihren Kreaturen. In Gott ist nicht mehr als ein Einiger Geist, der all seinen Wesen zu Hilfe kommt, im Wasser oder im Feuer, woraus ein jedes ist. Er ist kein Verderber, sondern ein Erhalter seines Wesens. Wenn etwas verdirbt, dann liegt die Schuld am Regiment der Natur. Was aber aus dem Ewigen ist, das kann nicht verderben, sondern es verändert sich nur in eine andere Qualität, davor wir euch warnen. Und das Lehren und Suchen dieser Welt ist nichts anderes, als daß wir euch alle vor der ernsten Qualität des Feuers warnen. Es ist zwar auch ein Leben darin, aber darin besteht keine Kreatur, die nicht dieses Leben hat. Doch wir Menschen sind nicht zu diesem Leben geschaffen worden. Und darum will Gott eine jede Kreatur in der Qualität haben, für die er sie geschaffen hat, damit sein ewiger Wille bestehe und nicht zerbrochen werde.

11.106. Ein jedes Ding hat seinen freien Willen, und darin seine Neigung nach seiner Eigenschaft. Und so ist das ganze Wesen dieser Welt, sowie auch der englischen Welt und der höllischen Welt nur ein Wunder vor Gott. Er hat einem jeden Licht und Finsternis vorgestellt, und man kann greifen, wozu man will, aber damit wirst du Gott in seinem Wesen nicht bewegen (oder verändern). Doch sein Geist geht von ihm aus und entgegnet all denen, die ihn suchen. So ist er das Suchen Gottes, darin Gott die Menschheit begehrt, denn sie ist sein Bild, das er nach all seinem Wesen geschaffen hat, in dem er sich selber sehen und erkennen will, und so wohnt er auch im Menschen. Was suchen wir denn so lange? Laßt uns nur uns selbst suchen und erkennen! Wenn wir uns finden, dann finden wir alles. Wir müssen nirgendwo hinlaufen, um Gott zu suchen, auch können wir ihm damit keinen Dienst tun. Wenn wir uns nur selbst suchen und lieben, dann lieben wir Gott. Und was wir uns dann selbst untereinander tun, das tun wir Gott. Wer seine Brüder und Schwestern sucht und findet, der hat Gott gesucht und gefunden. Wir sind in ihm alle ein einziger Leib in vielen Gliedern, von denen ein jedes sein Geschäft hat, sein Regiment und Tun, und das ist Gottes Wunder. Wir waren bereits vor den Zeiten dieser Welt in seiner Weisheit erkannt, und er schuf uns in das Wesen, damit ein Spiel in ihm sei.

11.107. Die Kinder sind unsere Lehrmeister, denn wir sind ihnen gegenüber wie Narren in unserem Wissen. Wenn sie geboren werden, dann ist es ihr erstes, daß sie mit sich selbst spielen lernen. Und wenn sie größer sind, dann spielen sie miteinander. So hat auch Gott seit Ewigkeit in seiner Weisheit in unserer kindischen Verborgenheit mit uns selbst gespielt. Als er uns aber in das Wissen erschuf, da sollten wir miteinander und untereinander spielen. Aber der Teufel mißgönnte es uns und machte uns in unserem Spiel uneins, und darum zanken wir immer noch. Wir haben sonst nichts, darin wir zanken könnten, als in unserem Spiel (des Wissens). Wenn das aus ist, dann legen wir uns zur Ruhe und gehen heim. Dann kommen andere zum Spiel und zanken sich auch bis zum Abend, bis sie wieder in ihr Land schlafen gehen, aus dem sie gekommen sind. Denn wir waren im Land des Friedens, aber der Teufel überredete uns, in sein unfriedliches Land zu gehen.

11.108. Liebe Kinder, was machen wir denn, daß wir dem Teufel gehorchen? Warum zanken wir um ein Hölzlein, das wir nicht gemacht haben? Dieses Land ist doch nicht unser, und auch dieses Kleid nicht. Es gehört unserer Mutter, und der Teufel hat es besudelt. Wir wollen es ausziehen und zur Mutter gehen, damit sie uns ein schöneres anziehe. So brauchen wir nicht um das besudelte Röcklein zanken. Wir zanken hier nur um einen Rock, weil ein Bruder einen schöneren hat als der andere. Zieht doch die Mutter einem jeden sein Röcklein an. Warum zanken wir mit der Mutter, die uns geboren hat? Sind wir doch alle ihre Kinder. So laßt uns nur fromm sein, dann wird sie uns allen einem jeden einen neuen Rock kaufen, und dann wollen wir uns freuen und vom besudelten alles vergessen.

11.109. Wir gehen im Rosengarten, wo Lilien und Blumen genug sind, und wollen unserer Schwester einen Kranz machen, dann wird sie sich vor uns freuen. Wir haben einen Reigentanz, und daran wollen wir alle hängen. Laßt uns doch fröhlich sein! Es ist doch keine Nacht mehr da, und unsere Mutter sorgt für uns. Wir gehen unter dem Feigenbaum. Wieviel Früchte er doch hat, und wie schön die Tannen im Libanon sind! Laßt uns freudig und fröhlich sein, damit unsere Mutter ihre Freude an uns hat.

11.110. Wir wollen ein Lied vom Treiber singen, der uns uneins machte: Wie ist er gefangen, wo ist seine Macht? Ist er doch nirgendwo. Dazu hat er auch das besudelte Röcklein nicht bekommen, um das wir uns zankten, denn die Mutter hat es für sich behalten. Wie arm ist er nun! Er herrschte über uns, aber nun ist er gebunden. Wie bist du, große Macht, so zum Spott geworden! Du schwebtest doch über den Zedern, aber liegst nun zu ihren Füßen und bist so ohnmächtig! Freut euch, ihr Himmel und ihr Kinder Gottes! Unser Treiber, der uns Tag und Nacht plagte, ist gefangen! Freut euch, ihr Engel Gottes, die Menschen sind erlöst, die Bosheit ist gefangen!


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