Vom dreifachen Leben des Menschen

(Text von Jacob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2021)

6. Kapitel - Die Welt und das Paradies

Die andere Pforte der Welt und auch des Paradieses, hoch zu betrachten.

6.1. Wir haben euch oben den Grund der Natursprache gezeigt, wie Adam allen Dingen Namen gegeben hat und woraus Gott zu Adam gesprochen hatte, nämlich aus dem Leben der Geburt, wie wir heute noch sprechen. Wenn wir uns nun dieser Sprache erinnern, dann finden wir allen Grund im Himmel und in dieser Welt, und wir sehen es auch mit irdischen leiblichen Augen genug, daß es wahr ist. Wir benötigen kein anderes Zeugnis als das große Buch des Himmels und der Erde, Sterne und Elemente mit der Sonne, darin wir das Gleichnis der Gottheit genug erkennen und noch viele hundertmal mehr in uns selbst, wenn wir uns selbst betrachten und erkennen.

6.2. Denn der Geist gibt jedem Ding einen Namen, je nachdem, wie es in der Geburt in sich selber steht und wie es sich im Anfang in der Schöpfung geformt hat, entsprechend formt es auch unser Mund. Wie es aus dem ewigen Wesen ausgeboren wird und zum Wesen kommt, so kommt auch das menschliche Wort aus dem Zentrum des Geistes in Form, Qualität und Gestalt hervor, und ist nichts anderes, als würde der Geist ein solches Wesen in der Schöpfung machen, wenn er die Gestaltungen der Schöpfung ausspricht.

6.3. Denn der Mensch formt das Wort des Namens eines Dinges im Mund, wie das Ding in der Schöpfung geworden ist, und daran erkennen wir, daß wir Gottes Kinder und aus Gott geboren sind.

6.4. Denn wie Gott seit Ewigkeit das Wesen dieser Welt in seinem Wort hatte, das er immer in die Weisheit gesprochen hat, so haben auch wir es in unserem Wort und sprechen es in die Wunder seiner Weisheit.

6.5. Denn Gott ist selbst das Wesen aller Wesen, und wir sind wie Götter in ihm, durch die er sich offenbart.

6.6. Wenn ihr seht, daß ein Tier (solche Worte) nicht aussprechen kann, dann liegt es daran, weil es nicht aus dem Ewigen ist, wie der Mensch. Es blökt und knurrt, wie die Gestaltung in der Ausgeburt der vier Elemente ist, und hat auch keinen höheren Geist als die Elemente sind, obwohl ihre fliegenden Sinne aus dem Gestirn kommen, welche aber stumm und ohne Begriff des Wesens sind.

6.7. So wollen wir nun den Grund des Himmels, der Sterne und Elemente im Grunde darstellen, damit ihr erkennt, was irdisch oder himmlisch, was vergänglich und sterblich oder ewig und bleibend ist. Mit diesem Ziel haben wir uns auch vorgenommen, dieses Buch zu schreiben, nicht zum eigenen Ruhm unserer hohen Erkenntnis, die in Gott ist und uns in dieser Welt nichts nützt (für irdische Ziele), sondern aus Liebe in Christus, als Knechte und Diener Christi, um das verlorene Schäflein Gottes vom Haus Israel zu suchen. Denn der Herr hat beides, das Wollen und das Tun, in seinen Händen. Wir vermögen nichts, auch versteht unser irdischer Verstand nichts. So sind wir dem Schoß der Mutter ergeben und tun, wie es uns die Mutter zeigt, denn von etwas anderem wissen wir nichts.

6.8. So sind wir nicht aus der Weisheit dieser Welt geboren und verstehen diese auch nicht. Sondern was uns gegeben wird, das geben wir weiter, und haben darüber hinaus keinen anderen geschöpften Willen, und wissen auch nicht genug, zu welchem Ziel, außer jenem, was uns der (sehende) Geist zeigt und wir hier auch darstellen. Damit arbeiten wir in unserem Weinberg, dahinein uns der Hausvater gesetzt hat, und hoffen dann auch, die lieblichen Trauben zu genießen, die wir schon oft aus dem Paradies Gottes empfangen.

6.9. So wollen wir nun so reden, wie vor Vielen, und erkennen doch, daß wir nur für uns selbst schreiben, was alles in Gott verborgen ist. Denn der feurige Trieb will es so haben, als würden wir von Vielen reden, und auch vor Vielen, davon ich aber nichts weiß.

6.10. Wenn es also geschieht, daß es wirklich gelesen würde, dann soll es niemand für ein Werk des äußeren Verstandes erachten, denn es ist aus dem inneren verborgenen Menschen geschaffen worden, und dementsprechend hat diese Hand geschrieben, ohne jemandes Ansehen.

6.11. So ermahnen wir den Leser, er möge in sich selbst gehen und sich im inwendigen Menschen beschauen, dann werden wir ihm gar süß und lieb sein. Das sagen wir ohne Scherz mit ganzer Aufrichtigkeit.

6.12. Wenn wir uns in dieser Erkenntnis wahrhaft entsinnen, dann sehen wir klar, daß wir bisher wie Eingesperrte geführt wurden, und vor allem von den Klugen dieser Welt, die uns in ihrer Verstandeskunst eingesperrt haben, so daß wir mit ihren Augen sehen mußten, sowohl in der Philosophie als auch in der Theologie. So kann dieser Geist, der uns so lange gefangen geführt hat, zu Recht der „Antichrist“ heißen. Ich finde im Licht der Natur keinen besseren Namen, mit dem ich ihn benennen könnte, als den „Antichrist in Babel“. Schaut nur fleißig hin, dann werdet ihr ihn reiten sehen! Er soll euch richtig gezeigt werden, und dazu bedürft ihr keine Brille und auch keine Akademie. Er reitet über die ganze Welt in allen Schlössern, Städten und Dörfern, über Leib und Seele. Darum fordert uns der Engel in der Offenbarung auf, von ihm wegzugehen. Er ist so überheblich stolz, daß er über Himmel und Erde reitet, ja über die Gottheit selbst, und will als ein König über das Prinzip dieser Welt und über die Hölle reiten (und herrschen).

6.13. Wohin willst du denn reiten, du stolze Frau? Wenn dieses Prinzip zerbricht, dann bist du ohne Gott bei allen Teufeln. Warum bleibst du nicht bei den Kindern in Gott?

6.14. Ach Adam, wärest du doch nicht auf das stolze Tier aufgesessen! Wärst du bei den Kindern Gottes im Paradies geblieben! Was hilft es dir, daß du in einem fremden Prinzip über Gott reitest? Wärst du nicht besser in Gott? Was nützt dir die Klugheit der Sterne, so daß du wie ein eigener Gott in überheblichem Stolz reitest? Du reitest doch nur in den Tod. Wer könnte dich herausführen, solange du nicht von deinem Tier absteigst? Da ist doch niemand, weder im Himmel noch in dieser Welt, der dich herausführen kann, als nur ein demütiges, einfältiges und erwürgtes Lamm, das nicht die Klugheit dieser Welt trägt. Wie willst du aber herauskommen, solange du auf einem Drachen reitest? Das Lamm flieht doch vor deinem Tier, und führt dich nicht heraus auf seine Weide.

6.15. Wenn du absteigst, deinen Glanz ausziehst und in Kindergestalt zu diesem Lamm gehst, dann würdest du es erkennen. Und dann geht es gern mit dir, wenn du mit ihm kindisch in reiner Einfalt spielst. Aber reiten kannst du auf ihm nicht. Wenn du es versuchst, dann flieht es vor dir, und du findest seine Weide nicht. Und du kannst auch nicht von deinem Tier absteigen, denn es läßt dich nicht, sondern hält dich fest. Es sei denn, du hörst den Ruf des Lammes, vor dem dein Tier erschrickt und zu Boden fällt. Dann kannst du fliehen. Verstehst du dies nicht, dann bist du wahrlich noch vom Tier gehalten und reitest in Babel, in der (gedanklichen) Verwirrung.

6.16. Mein liebes, suchendes und hungriges Gemüt, wenn du gern das Tier los wärst, dann betrachte, was wir dir hier zeigen werden. Wir wollen dir keine Hörner aufsetzen und dich mit dem Drachen in den Abgrund werfen. Steige nur ab, und neige deine Ohren zur Stimme des Lammes. Geh aus deinem äußerlichen Menschen in den innerlichen, dann kommst du in dein wahres Vaterland, ins Paradies.

6.17. Viele schwere Dinge haben die begierigen Sucher gefunden und hervorgebracht, und immer vermeint, das Perlein von der Schöpfung dieser Welt zu finden. Und es wäre wohl viel eher gefunden worden, aber die Zeit des siebenten Engels war noch nicht da. Denn zuerst mußten die sechs Engel posaunen und ihre Schalen ausgießen.

6.18. Darum soll niemand den anderen schmähen, denn man weiß nicht, unter welcher Stimme ein jeder gewesen ist: Es ist nur das geschehen, was geschehen sollte.

6.19. Es stand aber einem jeden frei, vom Siegel auszugehen. Denn vom Aufgang bis zum Niedergang hat die Sonne der Gerechtigkeit geschienen. Wenn sich jemand in die Finsternis vertieft hat, daran hatte Gott keine Schuld. Denn Gottes Gesetz (der Gerechtigkeit) ist in unsere Herzen geschrieben, und auch der Weg zum Leben.

6.20. Es liegt nicht am Wähnen oder Wissen von jemandem, auch an keiner historischen Meinung, sondern am Wohlwollen und am Wohltun.

6.21. Der Wille führt uns zu Gott, oder auch zum Teufel. Es liegt nicht daran, ob du einen Christennamen hast, denn darin steckt keine Seligkeit. Ein Heide und Türke ist Gott genauso nah, wie du unter Christi Namen. Wenn du aber einen falschen widergöttlichen Willen in der Tat führst, dann bist du so gottlos wie ein Heide, der Gott nicht begehrt und ihn nicht will. Wenn dagegen ein Türke Gott sucht, und das mit Ernst, auch wenn er in Blindheit wandelt, so ist er doch unter den Kindern, welche unverständig sind, und erreicht Gott mit den Kindern, die nicht wissen, was sie reden. Denn es liegt am Willen, und nicht am Wissen. Denn im (gedanklichen) Wissen sind wir alle blind an Gott.

6.22. Wenn wir aber unseren ernsthaften Willen in Gott setzen und ihn begehren, dann empfangen wir ihn in unserem Willen, so daß wir durch unseren Willen in Ihm geboren werden. Denn durch den Willen ist diese ganze Welt geschaffen worden, und im Willen steht unser Leben und auch all unser Tun.

6.23. Oder meinst du, wir reden ohne Erkenntnis, oder nur allein so? Nein, das Buch der Offenbarung Jesu Christi zeigt uns, daß der äußere Vorhof des Tempels hinausgeworfen und den Heiden gegeben werden soll, die den Namen Christi nicht kennen, aber mit Ernst in Gott eindringen, damit sie dann unwissentlich zu ihm kommen. (Offb. 11.2)

6.24. Und das ist es auch, was Jesaia sagt: »Ich bin gefunden worden von denen, die nach mir nicht fragten und mich nicht suchten usw. (Jes. 65.1)« »Denn mein Name „Herr“ ist ihnen nicht offenbar usw. (2.Mose 6.3)« Also sind sie nicht Kinder nach dem Namen, sondern nach dem Willen.

6.25. Und wenn der Treiber an seinen Ort dahingeht, dann leben wir als Kinder beieinander bei unserem Vater Adam in Christus, aus dessen Lenden, Leben und Geist wir alle gezeugt und durch Christus zum Leben geboren sind.

6.26. Oder rühmst du dich des Rufes, du seist ein Christ oder Jude? Ja, dann siehe und wandle auch darin, oder du bist im Willen und Wirken ein Heide. »Denn wer den Willen seines Herrn kennt, aber nicht danach handelt, muß viele Schläge erleiden. (Luk. 12.47

6.27. Oder weißt du nicht, was Christus von den zwei Söhnen spricht, als der Vater zu dem einen sagt, gehe hin und tue es, und er sprach „Ja“, aber der andere sprach „Nein“. Doch der erste ging hin und tat es nicht. Der andere aber, der „Nein“ sagte, ging hin und tat es: Der erfüllte ja des Vaters Willen, und der erste, der unter dem Versprechen des Gehorsams stand, tat es nicht. (Matth. 21.28)

6.28. So sind wir alle miteinander. Wir haben Christi Namen und sind in seinem Bund, denn wir haben zu ihm „Ja“ gesagt. Welche es aber nicht tun, die sind unnütze Knechte und leben gegen den Willen des Vaters. Wenn aber die Türken den Willen des Vaters tun, die zu Christus „Nein“ sagen, weil sie ihn nicht kennen, desgleichen auch die Juden: Wer ist dann der Richter, der sie aus dem Willen des Vaters reißt? Ist nicht der Sohn das Herz des Vaters? Wenn sie also den Vater ehren, dann ergreifen sie auch sein Herz, denn ohne sein Herz ist kein Gott.

6.29. Oder meinst du, ich bestätige ihre Blindheit, daß sie so leben sollen? Nein, ich zeige dir deine Blindheit, der du Christi Namen führst und andere richtest, aber gerade das tust, was du an ihnen richtest, und das Urteil Gottes wissentlich über dich führst, der da sprach: »Liebt eure Feinde und tut denen wohl, die euch verfolgen.« Er lehrt euch nicht zu richten oder zu schmähen, sondern den sanftmütigen Weg. Ihr sollt ein Licht der Welt sein, so daß die Heiden an euren Werken sehen, daß ihr Gottes Kinder seid.

6.30. Wenn wir uns also an den wahren Menschen erinnern, der das wahre Gleichnis und Bildnis Gottes ist, dann finden wir Gott in uns, aber uns selber ohne Gott. Also liegt es nur an dem, daß wir in uns selbst wieder in Gott eingehen, in unseren verborgenen Menschen.

6.31. Und wenn wir dann unseren Willen in wahrhaft ernster Einfalt in Gott setzen, dann gehen wir mit Christus aus dieser Welt, aus den Sternen und Elementen, in Gott ein.

6.32. Denn im Willen des Verstandes sind wir die Kinder der Sterne und Elemente, und der Geist dieser Welt herrscht über uns. Wenn wir aber aus dem Willen dieser Welt aus- und in den Willen zu Gott eingehen, dann herrscht der Geist Gottes in uns und bestätigt uns zu seinen Kindern. So wird der Seele auch das paradiesische Kränzlein aufgesetzt, weil sie dann ein unverständiges Kind in dieser Welt wird, denn sie verliert den Meister dieser Welt, der sie zuvor im Verstand führte.

6.33. Oh Mensch, bedenke, wer dich leitet und führt! Denn ewig ohne Ende ist lang. Zeitliche Ehre und Gut ist vor Gott nur Kot, denn es fällt alles mit dir ins Grab und wird zu Nichts. Aber in Gottes Willen zu sein, ist ewiger Reichtum und Ehre, denn da sind keine Sorgen mehr, weil unsere Mutter für uns sorgt, in deren Schoß wir wie Kinder leben.

6.34. Deine zeitliche Ehre ist dein Fallstrick, aber deine Armut in göttlicher Hoffnung ist dein Rosengarten, und Geduld ist ein edles Kraut. Oh, wie wirst du so schön gekrönt! Was wäre schöner als die Sonne? Und du wirst schöner sein, denn du bekommst ein Kränzlein in der Heiligen Dreifaltigkeit.

6.35. Oder meinst du abermals, wir reden nur historisch? Nein, wir reden lebendig in eigener Erkenntnis, nicht im Wähnen aus anderem Mund, sondern aus unserem. Wir sehen mit eigenen Augen, aber rühmen uns dessen nicht, denn die Gewalt gehört der Mutter.

6.36. Wir ermahnen euch nur, damit ihr in den Schoß der Mutter eingeht und auch lernt, mit euren Augen zu sehen. Solange ihr euch (in den weltlichen Schlaf) wiegen läßt und fremde (äußerliche) Augen begehrt, solange seid ihr blind. Wenn ihr aber von der Wiege aufsteht und zur Mutter geht, dann seht ihr die Mutter und alle ihre Kinder. Oh wie gut ist es, mit seinen (wahren) Augen zu sehen!

6.37. Ein Blinder, der das Licht der Welt nicht sieht, wird wie ein Schlafender betrachtet, der da träumt. Denn er hört wohl vom Schmuck der Welt, aber erkennt es nicht. Er hat es aus dem Gehör und denkt dann oft, ein Ding sei besser oder schlechter. Denn weil er es nicht (unvermittelt) sieht, bildet er sich alles nach dem Hören und Sagen ein. Wer aber selbst das Licht sieht, der spricht von der Wahrheit, denn er begreift das Wesen.

6.38. So sage ich, sind wir im äußeren Menschen alle schlafend, liegen in der Wiege, lassen uns den Verstand einwiegen und sehen mit den Augen der Scheinheiligkeit unserer Heuchler, welche uns Schellen und Klingeln vor die Ohren hängen, so daß wir nur schlafen oder mit ihren Klingeln spielen, damit sie Herr im Haus bleiben.

6.39. Oh blinder Verstand! Stehe auf von der Wiege, du bist doch ein Kind der Mutter und ein Erbe der Güter, dazu das Kind und (zukünftiger) Herr im Haus. Warum läßt du deine Knechte so mit dir umgehen?

6.40. Christus spricht: »Ich bin das Licht der Welt, und wer mir nachfolgt, der wird das Licht des ewigen Lebens haben. (Joh. 8.12)« Er verweist uns nicht zu den Heuchlern, Mördern und Zänkern, sondern nur zu sich selbst: In seinem Licht sollen wir mit innerlichen Augen sehen. Dann sehen wir ihn, denn er ist das Licht. Und wenn wir ihn dann sehen, dann gehen wir im Licht. Er ist der Morgenstern und wird in uns geboren, er geht in uns auf und scheint in der Finsternis unseres Leibes.

6.41. Oh, ein großer Triumph der Seele! Wenn er aufgeht, dann sieht der Mensch mit seinen eigenen Augen und erkennt, daß er in einer fremden Herberge ist.

6.42. Und davon wollen wir hier schreiben, was wir im Licht sehen und erkennen.

6.43. Wir sind Kinder der Ewigkeit, aber diese Welt ist eine Ausgeburt aus dem Ewigen, und ihre Begreiflichkeit entsteht aus dem Zorn. Ihre Wurzel ist zwar die ewige Natur, aber das Ausgeborene ist eine Vergänglichkeit, weil es nicht seit Ewigkeit so gewesen ist, und deshalb muß alles wieder ins ewige Wesen vergehen.

6.44. Sogar die Sterne sind aus dem Zentrum der Natur (geboren) und sind die Essenzen der sieben Gestaltungen der Natur, daraus dann aus jeder Gestaltung wieder eine andere ausgeht, alles aufgrund des ringenden Rades der Natur. Darum sind derer so viele ohne berechenbare Zahl. Weil es aber trotzdem eine gewisse Zahl ist, so erkennen wir daraus, daß sie wieder in den Äther vergehen müssen, denn im ewigen Zentrum ist keine Zahl, sondern die Allmacht im Aufgang ohne Zahl. Denn was sich zählen und ergreifen läßt, das ist nicht ewig, sondern hat Anfang und Ende. Also erkennen wir, daß des Menschen Geist und Seele keinen Anfang und kein Ende hat und sich nicht zählen läßt, welches wir an unserem Gestirn des Gemüts verstehen, daraus die zahllosen Gedanken kommen. Denn aus jedem Gedanken können mit der Zeit immer mehr Gedanken ausgehen, wie die Sterne am Firmament, darin wir unsere Ewigkeit hoch erkennen und uns hoch erfreuen, daß wir solches wissen.

6.45. So versteht uns recht, wie diese Welt im Grunde ist. Das ewige Zentrum der Geburt des Lebens und der Wesenheit ist überall. Wenn du einen kleinen Kreis umschließt wie ein kleines Körnchen, dann ist darin die ganze Geburt der ewigen Natur und auch die Dreizahl in der Heiligen Dreifaltigkeit. Du umschließt aber nicht die ewige Natur, und begreifst sie auch nicht, viel weniger die Dreizahl, sondern du erfaßt nur die Ausgeburt aus dem Zentrum, denn die ewige Natur ist uns unfaßbar, wie auch Gott.

6.46. Wenn ich etwas aufhebe und forttrage, dann trage ich nicht die Ewigkeit fort, viel weniger Gott, und doch ist die Ewigkeit in diesem Ding, aber das Ding ist ausgeboren und regt (bewegt) die Ewigkeit. Und das Ausgeborene begreift die Ewigkeit nicht, aber die Ewigkeit begreift das Ausgeborene durch und durch, doch ohne Bewegung. Denn die Ewigkeit mitsamt der Gottheit ist an einem Ort wie am anderen, denn darin ist kein Ort, sondern die Ausgeburt macht Ort und Stätte (und damit die Bewegung). Darum spricht Gott: »Ich bin das A und O, Anfang und Ende.«

6.47. Diese Welt macht einen Anfang, und Gott in der Dreizahl ist der Anfang. Entsprechend macht sie auch ein Ende, und das ist die Ewigkeit und auch Gott. Denn vor dieser Welt war allein Gott seit Ewigkeit, und nach dieser Welt wird auch allein Gott in Ewigkeit sein. Daß wir aber solches nicht begreifen, das liegt daran, weil in Gott kein (begreifbarer) Begriff ist, denn wo ein Begriff ist, da ist ein Anfang und ein Ende. Darum sind wir in die Finsternis geschlossen, damit wir arbeiten und Gott offenbaren, wie wir euch von den sieben Gestaltungen der Natur gezeigt haben, daß eine ewige Arbeit darin sei, so daß eine Gestalt die andere gebäre, bis sie alle zum Licht gebracht werden und das Ewige in einer dreifachen Gestaltung (der Heiligen Dreifaltigkeit) offenbar steht, die sonst nicht erkannt würde.

6.48. So zeigen wir euch dies, daß das ewige Wesen einem Menschen gleich ist, und auch diese Welt einem Menschen gleicht. Die Ewigkeit gebiert auch sonst nichts als ihresgleichen, denn es ist sonst nichts darin, und sie ist unwandelbar, sonst verginge sie, oder es würde etwas anderes aus ihr, was aber nicht sein kann (sonst wäre es keine Ewigkeit).

6.49. Wie ihr nun seht und empfindet, daß der Mensch ist, so ist auch die Ewigkeit. Betrachtet ihn in Leib und Seele, in Gut und Böse, in Freude und Leid, in Licht und Finsternis, in Macht und Ohnmacht, in Leben und Tod! Himmel, Erde, Sterne und Elemente, es ist alles im Menschen und dazu die Dreizahl der Gottheit, und nichts kann genannt werden, was nicht im Menschen wäre. Alle Kreaturen sind im Menschen, sowohl in dieser Welt als auch in der englischen Welt. Denn wir sind mit dem ganzen Wesen aller Wesen überall nur Ein Leib in vielen Gliedern, von dem ein jedes Glied wieder ein Ganzes ist, und ein jedes Glied hat nur ein besonderes Geschäft.

6.50. Oh Mensch, suche dich, dann findest du dich! Siehe, dein ganzer Mensch sind drei Prinzipien, von denen keines ohne das andere ist, und sie stehen nicht nebeneinander oder übereinander, sondern ineinander wie eins, und sie sind auch nur eins, aber nach der Schöpfung drei. Fragst du: „Wie kommt das?“ Adams Seele war aus dem ewigen Willen und aus dem Zentrum der Natur auf dem Kreuz der Dreizahl (gekommen), darin sich Licht und Finsternis scheiden (bzw. entscheiden). Das heißt, es war nicht ein abgetrennter Funke wie ein Stück vom Ganzen, denn es gibt kein Stück, sondern alles ist ganz, wie dann auch in einem jeden Punkt ein Ganzes ist. Entsprechend bewirkt das ewige Zentrum die ewige Wesenheit als ein Sinken und Aufsteigen, durch die das Bewegen des (ganzheitlichen) Elements entsteht, sowie das Durchdringen und Vervielfältigen, obwohl doch nichts ist, als nur ein solcher Geist. So wird die Wesenheit ein Leib und eine Ohnmacht, denn es ist ein Sinken, und das Aufsteigen ist der Geist.

6.51. Auf diese Weise hat nun der Geist die Wesenheit in einer Bildung geschaffen, gleich dem Kreuz der Dreizahl, und den Geist der Dreizahl eingeblasen, nämlich sich selbst. Damit ist die Bildung entstanden, und aus der Wesenheit der Bildung hat sogleich die Blume der Essenzen gegrünt, welche Paradies heißt. Und so stand die Bildung in der englischen Welt.

6.52. Nun war in dieser Bildung nichts anderes gewesen als im Zentrum der Natur, nämlich der Ursprung der Herbigkeit, Grimmigkeit und des Feuers, sowie alle Gestaltungen der Natur. Was seit Ewigkeit in der Weisheit gesehen worden war, das war alles in dieser Bildung, auch die Macht zum Licht und zur Finsternis. Und so stand die Weisheit im Licht dieser Bildung, darin alle ewigen Wunder standen, nämlich die Bildung aller Kreaturen im Sinken des Todes und im Aufquellen zum Paradiesleben, darunter wir die Matrix der Gebärerin in der Finsternis und im Licht verstehen, so daß daraus die Engel und Teufel geworden sind, wie oben beschrieben.

6.53. Dieser Qual-Quell war überall in der Bildung, denn sie war ein ganzheitliches Gleichnis des ewigen Wesens, wie Moses davon schreibt: »Gott habe den Menschen sich zum Bilde geschaffen.« Und als man den Menschen im Paradies stehen sah, konnte man sagen: „Hier ist die ganze Ewigkeit in einer Bildung offenbar.“ Das ist zwar kreatürlich geredet und doch im Verstand richtig.

6.54. Aber wie Luzifer imaginierte (und begehrte) er im Feuer-Qual-Quell nach dem Auffliegen über die stille sanfte Dreizahl und über das Kreuz in der Majestät der Ewigkeit, und erweckte sich so die feurige Matrix in sich selber, und entzündete die Matrix der Natur, so daß dieses Entzünden bald körperlich vom Schöpfungswort zusammen geschaffen wurde. Darin wurde dann auch zugleich die andere Gestaltung in der Matrix mit entzündet, nämlich die Sanftmut der Wesenheit, daraus das Wasser wurde, welches zu einem Himmel geschaffen war, um das Feuer gefangenzuhalten, daraus dann die Sterne geboren sind. So kann man verstehen, wie die Bildung Gottes nach dem erweckten Leben imaginierte, nämlich nach dem erweckten Geist der Luft, und wurde auch sogleich von der Ausgeburt der Luft gefangen, so daß dann die Sterne und Elemente, sowie Himmel, Hölle, Tod und Leben, alle in ihm gewirkt haben. (Die Luft wurde ihm wohl (als Lebensatem) mit eingeblasen, aber der Geist des Zentrums sollte über sie herrschen, wie der Heilige Geist über diese Welt. Denn der Mensch sollte in der Kraft Gottes leben und ein Herr über die vier Elemente sein. Doch durch den Fall sind sie sein Herr geworden. Will er nun in Gott leben, so muß er wieder in sich eingehen und gleichsam den alten Leib der vier Elemente lassen und innerlich in Gott wiedergeboren werden.)

6.55. Weil aber eine Feste (bzw. Festung) zwischen Gott und dem Regiment dieser Welt vom Geist Gottes geschaffen wurde, nämlich das Firmament, so wurde der Mensch in drei Teile gesetzt, wie in drei Prinzipien. Eines ist die verborgene Gottheit, die in der Feste des Himmels wie ein eigenes Prinzip in sich selbst steht. Das zweite ist das Regiment dieser Welt als die Sterne und Elemente. Und das dritte ist der Abgrund der Bildung und auch der Abgrund dieser Welt als der Grimm oder die Matrix der Natur, aus der alle Wesen gekommen sind.

6.56. So steht nun diese Bildung als Mensch in der Mitte zwischen dem Reich Gottes und dem Reich der Hölle, wie zwischen Liebe und Zorn. Und in welchen Geist er sich nun hineineignet, dem gehört er. Doch auch wenn sich der Mensch in den Zorn stürzt, so verliert die Gottheit nichts, denn das erste Einblasen durch den Geist Gottes hat sein eigenes Prinzip für sich und wird vom Zorn nicht ergriffen. Wie auch die Dreizahl (der Heiligen Dreifaltigkeit) mitten im Zorn wohnt, aber der Zorn erregt sie nicht und kennt sie auch nicht, weil da kein Fühlen oder Sehen ist. Denn die Bildung selber erregt sich den Zorn-Qual-Quell, und so quillt der erste eingeblasene Geist in der Bildung im Grimm des überheblichen Stolzes auf, alles entsprechend, wie er sich in dieser Zeit aufgebaut hat. Und doch verliert die erste eingeblasene Gestaltung nichts, denn dieser Quell ist nicht in der Bildung, sondern tritt in sein Prinzip mit der schönen Jungfrau der Weisheit zurück. Und so wird aus der Menschenbildung eine Schlangenbildung (ein „Ich-Wille“), denn wie der Geist ist, so ist auch der Leib, und in welchem Willen der Geist fliegt, mit solcher Form und Qualität bildet er auch seinen Leib.

6.57. So wissen wir nun, daß alles aus einem Brunnen herkommen ist. Daraus hat das begreifliche Wesen dieser Welt einen Anfang genommen, und darum hat es auch einen Tod, denn was nicht von Ewigkeit ist, das ist sterblich.

6.58. Damit aber die Menschenbildung (ewig) bestünde, die nach dem Leib auch einen Anfang hat, dafür ist Gott Mensch geworden und wohnt wieder in der Seele. Und so hat die Seele wieder die erste Bildung jenseits dieser Welt erlangt, aber nur die, welche sich in Gott mit dem Seelengeist hineineignet. Und hier heißt es, neugeboren zu werden, oder ewig in der Hölle aus Gott verloren zu gehen.

6.59. So sagen wir mit Grund, daß der gestirnte Himmel als das dritte Prinzip dieser Welt auch wie ein ganzer Körper geschaffen worden ist, der einen Umfang hat und aufrecht steht, wie ein Zentrum der Natur. Und was du in diesem großen Umfang siehst, das ist auch im kleinsten Kreis, und so ist das ganze Prinzip dieser Welt im Äußeren nichts anderes als eine Offenbarung und Entdeckung der Ewigkeit in Gott.

6.60. Es hat seinen Aufgang, sein Bestehen und seine Gebärung wie die ewige Natur. Und wie sich die ewige Natur von Ewigkeit zu Ewigkeit immer wieder gebiert und verkörpert, so ist auch das sichtbare Regiment dieser Welt geboren und geschaffen worden.

6.61. Denn es hat einen hohen runden Umfang wie ein Kreis, und daran steht das Gestirn (der Sterne und Planeten). Dahinter ist die große Tiefe (des Raumes), und diese bedeutet die ewige Freiheit Gottes. So sind auch die sieben Planeten in der Tiefe, welche die sieben Geister der Natur bedeuten, und die Sterne sind die Essenzen aus den Geistern der Natur, und die Sonne steht in der Mitte aller Planeten und macht die vier Himmelsrichtungen der Welt. Denn sie steht im Mittelpunkt wie auf einem Kreuz und bedeutet das Herz Gottes. Ihr Glanz in der Tiefe bedeutet die Majestät Gottes, in der Gott in sich selbst wohnt und von nichts ergriffen wird. Und so wird auch von Gott nichts anderes gesehen als die Majestät, während das Zentrum der Natur an all den himmlischen Bildungen aus dem Ewigen erkannt wird.

6.62. Die Erde bedeutet das Sinken des ewigen Todes in der finsteren Matrix, worin doch kein Tod ist, sondern ein Grünen der grimmen Essenzen. So bedeutet sie eine Gestaltung im Zentrum und ein eigenes Reich, und ist eine Bildung der Hölle als ein verborgenes Regiment in der Finsternis. Und wie die Erde im Vergleich zum oberen Regiment (des Himmels) wie ein Tod erscheint, so erscheint auch die grimmige Matrix des Zorns wie ein Tod im Vergleich zu Gott, obwohl doch in keinem ein Tod ist, sondern das ewige Leben in zweierlei Qualität.

6.63. Nun sehen wir, daß die Sonne die große Tiefe über der Erde lieblich, freundlich, sanft und wonniglich macht, sonst wäre kein anderes Regiment in der Tiefe als in der Erde. Denn wenn die Sonne erlösche, dann wäre dort eine ewige Finsternis und die strenge Herbigkeit würde alles hart, rauh und derb machen, und es wäre eine ewige Kälte, und wenn auch alles ineinander führe wie ein Rad, so würde doch nichts mehr gesehen als ein Feuerblitz.

6.64. So geben wir euch den Abgrund der Hölle zu verstehen, der in dieser Welt ist, und daß die Sonne allein eine Ursache des Wassers ist (um das Feuer zu besänftigen), so daß in der Tiefe der Himmel besteht. Damit versteht ihr an der Sonne auch das Herz Gottes, aus dem das Licht der Majestät scheint, denn sonst wäre das ganze Zentrum in Ewigkeit finster, wenn nicht das Licht aus dem Herzen Gottes schiene.

6.65. Doch das Herz Gottes hat nicht so eine Gestaltung wie die Sonne, so daß es eine Kugel wäre, die nur an einem Ort steht. Nein, denn es hat keinen Umfang oder Ort, auch keinen Anfang, und erscheint doch wie eine runde Kugel, aber nicht wie ein geschlossener Kreis, sondern wie zerteilt oder offen. So gleicht es einem Kreuz in einem runden Kreis, oder wie ein ganzer Regenbogen, welcher doch zerteilt erscheint, denn das ganze Kreuz ist seine Teilung, aber ist doch ganz. Denn das Zentrum der Natur als das Wort des Vaters ist dort auf dem Kreuz das Zentrum (das Kreuz bedeutet überall die Dreifaltigkeit). Wo dann von unten ein Blau erscheint, das die Wesenheit (bzgl. dem weltlichen Wasser) bedeutet, in mitten (bzw. oben) ein Rot, das den Vater im Feuerglanz bedeutet, darunter ein Gelb, das das Licht und den Glanz der Majestät des göttlichen Sohnes bedeutet, und dann ein Dunkelbraun mit der Vermischung aller Gestaltungen, welches das andere Reich der Finsternis im Feuer bedeutet, in dem Luzifer über Gott ausfährt, aber die Majestät und das Herz nicht ergreift. Und auf einem solchen Bogen wird Christus, des Menschen Sohn, mit dem letzten Gericht erscheinen. Denn so sitzt er in der Majestät der Dreizahl in der Heiligen Dreifaltigkeit (Ternario Sancto), und das bedeutet die englische Welt und das Paradies.

6.66. So erkennt, daß all dieses nicht zerteilt ist und nur an einem Orte wäre, sondern diese Gestaltung erscheint überall in seinem Prinzip. Auch wenn du einen kleinen Kreis wie ein Senfkörnchen umschließt, dann wäre doch das Herz Gottes ganz und vollkommen darin. Und wenn du in Gott geboren wirst, dann ist das ganze Herz Gottes auch unzerteilt in dir selbst, in deinem Lebenskreis. Dann sitzt Christus als Menschensohn in deinem Lebenskreis auf dem Regenbogen in der Heiligen Dreifaltigkeit zur Rechten Gottes. Und so bist du sein Kind, das er in sich wiedergeboren hat, wie auch sein Körperglied und sein Leib, darin er wohnt, sein Bruder, sein Fleisch, sein Geist und des göttlichen Vaters Kind in ihm. Denn Gott ist in dir, und du bist in Gott mit Kraft, Macht, Majestät, Himmel, Paradies, Element, Sterne und Erde. Alles ist dein, und du bist in Christus über der Hölle und dem Teufel. Dagegen bist du in dieser Welt mit dem irdischen Leben unter dem Himmel, den Sternen und Elementen, wie auch unter der Hölle und dem Teufel, und alles herrscht in dir und über dich.

6.67. Darum besinne dich und gehe aus, es ist kein Scherz, denn wir reden was wir erkennen und was wir sollen, denn anders geziemt es uns nicht, von der Ewigkeit zu reden, sonst würden wir von Anfängen reden, von denen doch in der Ewigkeit keiner ist.

6.68. Denkt auch nicht, daß das menschliche Geschlecht so einen Anfang habe, wie wir von uns bezüglich der Schöpfung reden müssen. Nein, diese Bildung ist in der Jungfrau der Weisheit in Gott in Ewigkeit erschienen, aber nicht im Wesen, sondern wie diese Welt, die Gott zum Wesen erschuf, damit er in Bildungen offenbar wäre. Diese Bildung ist in Gott eine ewige Jungfrau in der Weisheit Gottes gewesen, nicht eine Frau, auch kein Mann, denn sie ist beides gewesen, wie auch Adam beides vor seiner Eva war, die den irdischen Menschen bedeutet und dazu auch den tierischen. Denn nichts besteht in der Ewigkeit, was nicht ewig gewesen ist.

6.69. Ihr Kinder Gottes, öffnet eure Augen des innerlichen Menschen und seht wahrhaft!

6.70. Wenn ihr in Gott wiedergeboren werdet, dann zieht ihr diese ewige Bildung an. Und in dieser Bildung ist der Mensch Christus in der ewigen Jungfrau Mensch geworden, und er wurde in einer reinen Jungfrau vom Heiligen Geist empfangen, wie auch in der sterblichen Jungfrau, wegen unserer Seele, damit er diese an sich nähme. Denn Maria hatte alle drei Prinzipien in sich, denn die Bildung der ewigen Jungfrau stand in dem Göttlichen und in der ewigen Wesenheit, zwar ohne Wesen, aber im Menschen Christus kam sie zum Wesen.

6.71. Wir sagen von der äußeren Jungfrau Maria nicht, daß sie nicht Joachims und Annas Tochter gewesen war, wie die Alten so geirrt haben, denen das göttliche Licht verdunkelt war, weil sie ihren Eigennutz darin suchten.

6.72. Maria wurde von Joachims Samen gezeugt und von Anna geboren, wie alle Menschen. Aber sie wurde gesegnet unter den Frauen, denn in ihr eröffnete sich die ewige Jungfrau in der Heiligen Dreifaltigkeit, die seit Ewigkeit gewesen ist. Sie ist nicht von außen in sie eingefahren. Nein, oh Mensch, es ist anders. Hier wurden Gott und Mensch wieder eins, und was Adam verlor, das tat sich wieder auf.

6.73. Verstehe es recht: Das Wort des Vaters kam auf dem Kreuz in Maria, das heißt, in die irdische Maria. Und wo nun das Wort ist, da ist die ewige Jungfrau, denn das Wort ist in der Weisheit, und auch die Jungfrau der Ewigkeit ist in der Weisheit, und so ist keines ohne das andere, sonst wäre die Ewigkeit zerteilt.

6.74. Weil nun das Wort in Maria in ihr Fleisch und Blut in ihre Matrix (der Gebärmutter) einging, so stand die Schöpfung in der Matrix und schuf nicht augenblicklich einen ganzen irdischen Menschen, auch nicht einen himmlischen, sondern es begann die Menschwerdung. Denn der göttlichen Natur geht nichts zu oder ab, sondern sie ist immer ganz.

6.75. Aber dies erkennt: Die ewige Jungfrau, die ohne Wesen war, gab sich mit in die Menschwerdung, und so wurde die wahre Seele Christi aus Marias Essenzen in der ewigen Jungfrau empfangen, und in der ewigen Jungfrau wurde Gott Mensch, und so kam die ewige Jungfrau zur Wesenheit, denn sie bekam die menschliche Seele in sich.

6.76. So stand die menschliche Seele in Christus in den irdischen Essenzen und in der Jungfrau der ewigen Weisheit, in der Heiligen Dreifaltigkeit, in der Dreizahl Gottes, denn das Wort des Vaters war in ihr, und so wurden Gott und Mensch eine Person.

6.77. In dieser Person waren alle drei Prinzipien offen, und keines getrennt. Die Jungfrau der Heiligen Dreifaltigkeit gab den himmlischen Leib, und Maria den irdischen, und das Wort war im Zentrum auf dem Kreuz in der Dreizahl, denn wir sagen „Das Wort ist Fleisch geworden“, und das ist wahr.

6.78. Siehe, die Jungfrau der Ewigkeit hatte kein Fleisch, auch seit Ewigkeit nie gehabt, ausgenommen in Adam vor dem Fall, welches danach irdisch wurde, da nahm sie menschliches Fleisch an sich.

6.79. So verstehe: Das Wort war mit der ganzen Gottheit in der Jungfrau, denn ohne das Wort wäre keine Vernunft in der ewigen Jungfrau, denn der Geist Gottes war im Wort, und der war die Vernunft. Sie aber war wie eine himmlische Bildung, eine Bildung der Dreizahl, aber nicht im Wirken, wie auch das Fleisch nicht wirkt, sondern der Geist im Fleisch. Und das lebendige Wort, das in dieser ewigen Jungfrau wohnte, zog sich das Fleisch Marias an, das heißt, das Wort zog das Fleisch als die Essenzen aus Marias Leib an die ewige Jungfrau, und so wurde in neun Monaten ein vollkommener Mensch mit Seele, Geist und Fleisch.

6.80. So wurde die verdorbene Seele Adams im Leib Marias wieder in die ewige Menschheit gesetzt, denn das Wort wohnte im Fleisch Christi und hatte die Seele in sich genommen.

6.81. Aber die Seele und das Wort sind nicht eins oder ein Wesen. Nein, die Seele ist aus dem Zentrum der Natur, aus den Essenzen geboren und gehört dem Leib, denn sie kommt aus den Essenzen des Leibes und zieht den Leib an sich. Aber das Wort ist aus dem Zentrum der Majestät und zieht die Majestät an sich.

6.82. Das Wort ist ohne Wesen, aber die Seele ist (bzw. kommt) aus dem Wesen, denn sie ist der Geist der Wesenheit aus dem Zentrum des Vaters, sonst hätte sie in Adam nicht aus dem Wort (der Schöpfung) kommen können.

6.83. Aber das Wort und die Seele stehen auch nicht wie zwei Personen nebeneinander. Nein, das Wort durchdringt die Seele, und aus dem Wort scheint die Majestät als das Licht des Lebens, und die Seele ist (nur) für sich frei, denn sie ist eine Kreatur.

6.84. Ich gebe dafür ein irdisches Gleichnis: Siehe ein glühendes Eisen an, das in sich selber finster und schwarz ist. Aber wenn das Feuer das Eisen durchdringt, dann leuchtet alles.

6.85. Nun geschieht doch dem Eisen nichts, denn es bleibt Eisen, und die Qualität des Feuers behält ihr eigenes Recht, sie nimmt das Eisen nicht in sich, sondern sie durchdringt das Eisen. Und so ist das Eisen das eine wie das andere Mal in sich frei, und auch die Qualität des Feuers, keines ist das andere.

6.86. So ist auch die Seele in das Feuer der Gottheit gesetzt, und die Gottheit durchscheint die Seele und wohnt in der Seele, aber die Seele begreift die Gottheit nicht. Aber die Gottheit begreift die Seele, doch verwandelt diese nicht, sondern gibt ihr nur die göttliche Qualität der Majestät.

6.87. Wenn sich nun die Seele in die göttliche Qualität hineineignet, dann bleibt sie in der Majestät Gottes. Denn die Qualität bedeutet das Wort, und der Glanz die Majestät, und der Ausgang aus der Qualität, wie die Hitze aus dem Eisen, bedeutet den Heiligen Geist.

6.88. Wenn aber nun das glühende Eisen in ein Wasser fällt, dann erlöschen des Feuers Qualität, Glanz und Ausgang der Hitze alle zugleich.

6.89. So ist es auch Adam ergangen. Er fiel durch seinen eigenen Willen aus der Majestät Gottes in den Geist dieser Welt, und so ging er aus Gott heraus. Doch Gott verlosch nicht (völlig) in ihm, wie die (sichtbare) Glut des Eisens. Nein, das kann nicht sein, denn er scheint ewig (aber kann durch unsere Augen verdunkelt werden).

6.90. Gott blieb in seinem Prinzip, aber Adam ging heraus. Wäre Adams Wille in Gott geblieben, dann wäre er sein Kind gewesen und Gott wäre im Willen geblieben, und so hätte die Majestät den Willen durchleuchtet.

6.91. Doch er ging aus dem Willen Gottes in diese Welt, und so fing ihn diese Welt mit Tod, Teufel und Hölle, und sie wohnten nun in Adam (so daß es in ihm dunkel wurde).

6.92. Adam war in dieser Welt, wohnte in den Elementen, und Gott blies ihm auch die Luft in seine Nase. Aber er sollte nicht seinen Willen dahinein setzen und von irdischer Frucht essen, die irdisches Fleisch macht. Aber das war sein Fall, weil er von irdischer Frucht aß. So wurden auch seine Essenzen irdisch, und die Seele wurde vom irdischen Reich gefangen.

6.93. Da sprach das Wort des Vaters zur Seele: „Adam wo bist du?“ Und sein Leib versteckte sich, denn so sehr schämte sich die arme Seele. Und Adam sprach: „Ich bin nackt und fürchte mich.“ Ja, wahrlich nackt, denn die teure himmlische Jungfrau (der ewigen Weisheit) war verloren, die sein Kleid war, und auch das Licht der Majestät (des reinen Bewußtseins) war verloren und Adam stand nicht mehr im Wort. (1.Mose 3.9)

6.94. Oh schrecklich ist es dem, der es erkennt. Die Seele erzittert darüber und fürchtet sich zu Recht vor diesem Gefängnis, wenn die arme Seele vom Teufel gefangen sein soll und in Gottes Zorn baden muß. Und das war die Ursache, warum Gott Mensch wurde, damit er uns wieder in die Heilige Dreifaltigkeit hineinführe, in die englische Welt.

6.95. Und wie wir alle mit Adam aus Gott gegangen sind (denn wir haben alle Adams Seele und Fleisch), so hat uns Gott in Christus alle wiedergeboren, und so steht das göttliche Reich in Christus offen, und es kann hineingehen, wer da will.

6.96. Denn wer seinen Willen aus sich selber in Christus setzt und allen Verstand dieser Welt fahrenläßt, sie glänze wie sie wolle, der wird in Christus wiedergeboren, und seine Seele bekommt das ewige Fleisch wieder, in dem Gott Mensch wurde, ein unbegreifliches Fleisch der ewigen Wesenheit.

6.97. Dabei wird das alte adamische Fleisch des Todes nicht zu himmlischem Fleisch. Nein, das gehört in die Erde und in den Tod. Sondern im alten irdischen Menschen ist das ewige Fleisch verborgen, und es erstrahlt in dem alten Menschen wie das Feuer in einem Eisen oder wie das Gold im Stein.

6.98. Das ist der edle und hochteure Stein der Weisen, Lapis Philosophorum, den die Magier finden, der die Natur tingiert (die Quintessenz herauszieht) und einen neuen Sohn im alten gebiert. Wer ihn findet, achtet ihn höher als diese Welt, denn der Sohn ist (bzw. erstrahlt) viele tausendmal größer als der Vater.

6.99. Ach, du schöne Perlenkrone, du bist doch schöner als die Sonne, denn dir ist nichts gleich. Und du bist so offenbar und auch so heimlich, daß du unter vielen tausenden Menschen in dieser Welt nicht von einem wahrhaft erkannt wirst, und wirst doch in vielen getragen, die dich nicht kennen.

6.100. Christus spricht: »Suchet, so werdet ihr finden! (Matth. 7.7)« Ja, er will gesucht sein, und kein Faulenzer findet ihn, und wenn er ihn auch bei sich trägt, so erkennt er ihn nicht. Wem er sich aber offenbart, der allein hat seine Freude daran, denn seine Tugend ist endlos. Wer ihn hat, gibt ihn nicht weg, und wenn er ihn gäbe, so wäre er doch dem Faulen nichts nütze, denn er erlernt nicht seine Tugend.

6.101. Aber der Sucher findet mit dem Stein der Weisen die Tugend, und wenn er ihn findet und erkennt, daß er es gewiß ist, dann größere Freude in ihm als die Welt (zu geben) vermag, was keine Feder schreiben und auch keine Zunge auf adamische Art reden kann.

6.102. Denn vor adamischen (weltlichen) Augen wird er von allen Steinen als der allerschlechteste betrachtet und mit Füßen getreten, weil er diesen Augen keinen Glanz gibt. Wenn man auf ihn stößt, wird er weggeworfen, wie etwas Unnützes und niemand fragt danach. Aber er wird trotzdem so sehr in der Welt gesucht, und es ist kein Mensch auf Erden, der ihn nicht begehrte. Auch alle Hohen und Gelehrten suchen ihn. Sie finden wohl auch einen und vermeinen, er sei es, aber sie irren darin, denn sie legen ihm (gedanklich) Kraft und Tugend zu und vermeinen ihn erhalten zu haben, aber er ist es nicht, denn er bedarf keiner Tugend, denn alle Tugenden liegen in ihm verborgen.

6.103. Wer ihn hat und ihn erkennt, wenn er sucht, der kann alles finden, was im Himmel und auf der Erde ist, denn genau das findet er.

6.104. Das ist der Stein, der von den Bauleuten verworfen wurde, aber der große Eckstein ist. Auf wen er fällt, den zerschellt er und zündet ein Feuer in ihm an. (Matth. 21.42-44) Alle hohen Schulen suchen ihn, aber mit ihrem Suchen finden sie ihn nicht. Nur manchmal findet ihn einer, der ihn wahrhaft sucht, aber die anderen verachten ihn und werfen ihn weg. So bleibt er (der Welt) verborgen.


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