Aurora oder Morgenröte im Aufgang

(Text von Jacob Böhme von 1612, deutsche Überarbeitung 2021)

11. Kapitel - Die siebente Qualität des göttlichen Körpers

Vom siebenten Quellgeist in der göttlichen Kraft.

11.1. Der siebente Geist Gottes in der göttlichen Kraft ist der Körper, der aus den anderen sechs Geistern geboren wird, darin alle himmlischen Bildungen bestehen, darin sich alles bildet und formt, und darin alle Schönheit und Freude aufgeht. Das ist der wahre Geist der Natur, ja die Natur selbst, darin die Begreiflichkeit steht, und darin alle Kreaturen im Himmel und auf Erden formiert sind. Ja, der Himmel selbst ist darin formiert, und alle Natürlichkeit im ganzen Gott steht in diesem Geist. Wenn dieser Geist nicht wäre, dann wäre weder ein Engel noch ein Mensch, und Gott wäre ein unerforschliches Wesen, welches nur in unerforschlicher Kraft bestünde.

11.2. Nun fragt es sich: „Was ist diese Gestaltung?“ Bist du nun ein vernünftiger Mercurius-Geist, der (ganzheitlich) durch alle sieben Geister Gottes dringt und diese beurteil und schaut, wie sie sind, dann wirst du bei der Erklärung dieses siebenten Geistes die Wirkung und das Wesen der ganzen Gottheit verstehen und sinngemäß begreifen.

11.3. Verstehst du aber bei diesem Geist nichts, dann laß dieses Buch zufrieden und richte weder das Allgemeine noch das Besondere darin, denn du bist im Saturn (in Stolz und Sinnlichkeit) zu sehr befangen und bist kein Philosoph (der „die Wahrheit liebt“) in dieser Welt. Laß nur dein Richten bleiben oder du wirst bösen Lohn empfangen, davor ich dich treulich gewarnt haben will. Warte bis in jenes Leben, dann wird dir die Himmelspforte aufgetan werden, und dann wirst auch du es verstehen.

11.4. Nun erkenne die Tiefe: Hier muß ich den ganzen göttlichen Körper erklären, wie die Natur entsteht. Darin wirst du den höchsten Grund sehen, wie alle sieben Geister Gottes immer einer den anderen gebiert, und wie die Gottheit weder einen Anfang noch ein Ende hat. Darum siehe (und erkenne) die Lust deines Geistes und das ewige göttliche Freudenreich, die himmlische Wonne und körperliche Freude, die in Ewigkeit kein Ende hat.

11.5. So erkenne: Wenn der Blitz (des Bewußtseins) im Zentrum aufgeht, dann steht die göttliche Geburt in voller Wirkung. In Gott ist es immer und ewig so, aber in uns armen Fleischeskindern nicht. Denn in diesem Leben währt die triumphierende göttliche Geburt in uns Menschen nur solange, wie der Blitz währt. Darum ist unsere Erkenntnis nur stückweise, in Gott aber steht der Blitz unveränderlich immer und ewig so.

11.6. Siehe, es werden alle sieben Geister Gottes zugleich geboren. Keiner ist der erste, und keiner ist der letzte. Aber man muß auf den Kern (den ursächlichen Samen) sehen, wie die göttliche Geburt aufgeht, sonst versteht man es nicht. Denn die Kreaturen können nicht alle sieben Geister ineinander zugleich begreifen, sondern sie schauen es nur an. Wenn aber ein Geist erregt wird, dann erregt er die anderen alle, und dann steht die Geburt in voller Kraft. Darum hat es im Menschen einen Anfang, aber in Gott keinen. Und darum kann ich es auch nur auf kreatürliche Weise beschreiben, sonst verstehst du es nicht.

11.7. Siehe, alle sieben Quellgeister wären ohne den Blitz (des Bewußtseins) nur ein finsteres Tal. Wenn aber der Blitz zwischen der herben und bitteren Qualität in der Hitze aufgeht, dann wird er im süßen Wasser scheinend, in den Flammen der Hitze wird er bitter, triumphierend und lebendig, und in der herben Qualität wird er körperlich, trocken und hell.

11.8. So bewegen sich alle diese vier Geister im Blitz, denn sie werden alle vier darin lebendig. Dann steigt die Kraft dieser vier im Blitz auf, wie das Leben aufgeht, und die aufgestiegene Kraft im Blitz ist die Liebe, das ist der fünfte Geist. Diese Kraft wallt so lieblich im Blitz, als würde ein toter Geist lebendig und urplötzlich in große Klarheit gesetzt werden.

11.9. In diesem Wallen erregt nun eine Kraft die andere. Erstlich pocht die Herbe, und die Hitze bewirkt im Pochen einen hellen Klang, die bittere Kraft zerteilt den Klang, und das Wasser macht ihn sanft. Das ist der sechste Geist.

11.10. Darin geht der Ton in allen fünf Geistern auf, gleich einer lieblichen Musik, und bleibt bestehen, denn die herbe Qualität vertrocknet ihn. Nun ist in diesem ausgegangenen Schall, der nun trocken besteht, die Kraft aller sechs Quellgeister und gleicht dem Samen der anderen sechs Geister, den sie hier zusammen verkörpert und einen Geist daraus gemacht haben. Dieser hat die Qualität aller Geister, und das ist der siebente Geist Gottes in der göttlichen Kraft (der göttliche Körper).

11.11. Dieser Geist besteht nun in seiner Farbe gleich dem Himmelblau, denn er wurde aus allen sechs Geistern geboren. Wenn nun der Blitz, der inmitten der Hitze entsteht, in die anderen Geister leuchtet, so daß sie im Blitz aufsteigen und den siebenten Geist gebären, dann steigt in der Geburt der sechs Geister auch der Blitz im siebenten mit auf.

11.12. Weil aber der siebente Geist keine besondere Qualität in sich hat, so kann der Blitz (des Bewußtseins) im siebenten nicht heller werden, sondern empfängt vom siebenten das körperliche Wesen aller sieben Geister, und dieser Blitz (des Körperbewußtseins) steht in der Mitte zwischen diesen sieben Geistern und wird von allen sieben geboren.

11.13. Und die sieben Geister sind der Vater des Lichtes, und das Licht ist ihr Sohn, den sie von Ewigkeit zu Ewigkeit immer so gebären. Und das Licht erleuchtet und macht die sieben Geister immer und ewig lebendig und freudenreich. Denn in der Kraft des Lichtes sehen sie alle ihr Aufsteigen und Leben. Dazu gebären sie alle das Licht und sind alle zugleich des Lichtes Vater. Und das Licht gebiert keinen Geist, sondern macht sie alle lebendig und freudenreich, so daß sie immer in der Geburt stehen.

11.14. Siehe, ich will es dir noch einmal aufzeigen, damit du es vielleicht begreifen kannst und diese hohe Arbeit nicht vergebens geschehe, ohne Nutzen.

11.15. Die herbe Qualität ist der erste Geist, der zusammenzieht und alles trocken macht. Die süße Qualität ist der zweite Geist, der es besänftigt. Dann ist der dritte Geist der bittere Geist, der aus dem vierten und ersten entsteht. Wenn sich nun der dritte Geist mit seiner Wüterei im herben reibt, dann zündet er das Feuer an, und damit geht im Feuer die Grimmigkeit in der herben Qualität auf. In dieser Grimmigkeit wird der bittere Geist selbständig, und in der süßen wird er sanft, und in der harten körperlich. So besteht er nun, und auch der vierte Geist (als Hitze des Feuers).

11.16. Dann geht in der Hitze durch die Kraft dieser vier Geister der Blitz auf und steigt im süßen Quellwasser empor, und die bittere Qualität macht ihn triumphierend, und die herbe macht ihn scheinend, trocken und körperlich, und die süße macht ihn sanft und bekommt ihren ersten Schein in der süßen. Damit besteht nun der Blitz oder das Licht in der Mitte wie ein Herz. Wenn nun dieses Licht, das in der Mitte steht, in die vier Geister scheint, dann steigen die Kräfte der vier Geister im Licht auf und werden lebendig und lieben das Licht, das heißt, sie fassen es in sich und werden davon schwanger. Und dieser eingefaßte Geist ist die Liebe des Lebens, und das ist der fünfte Geist.

11.17. Wenn sie nun die Liebe in sich gefaßt haben, dann qualifizieren (und wechselwirken) sie vor großer Freude. Denn es sieht einer den anderen im Licht, und so erregt einer den anderen. Daraufhin entsteht der Ton, denn der harte Geist pocht, der süße macht das Pochen sanft, der bittere unterscheidet es nach der Art jeder Qualität, der vierte macht den Klang, und der fünfte macht das Freudenreich. Und dieses zusammenverkörperte Tönen ist der Ton oder der sechste Geist.

11.18. In diesem Tönen geht die Kraft aller sechs Geister auf, und es entsteht, nach der englischen Art zu reden, ein begreifbarer Körper, der in der Kraft der anderen sechs Geister im Licht (des Bewußtseins) besteht. Und das ist der Körper der Natur, darin alle himmlischen Kreaturen, Gestaltungen und Gewächse gebildet werden.

Die heilige Pforte

11.19. Das Licht aber, das inmitten aller sieben Geister besteht, und darin das Leben aller sieben Geister steht, und dadurch sie alle sieben triumphieren und freudenreich werden, und darin das himmlische Freudenreich aufgeht, das alle sieben Geister gebären, dieses Licht ist der Sohn aller sieben Geister, denn die sieben Geister sind sein Vater. Und das Licht gebiert ihnen das Leben, und so ist das Licht das Herz der sieben Geister. Dieses Licht ist der wahrhaftige Sohn Gottes, den wir Christen anbeten und als die zweite Person in der Heiligen Dreifaltigkeit verehren.

11.20. Und die sieben Geister Gottes sind alle zusammen Gott der Vater, denn es gibt keinen Geist ohne den anderen, sondern sie gebären alle sieben einer den anderen. Wenn einer nicht wäre, dann wäre auch der andere nicht. Das Licht aber ist eine andere Person, denn es wird aus den sieben Geistern immerfort geboren, und die sieben Geister steigen immer im Licht auf, und die Kräfte dieser sieben Geister gehen im Glanz des Lichtes immer aus dem siebenten Naturgeist heraus und formen und bilden im siebenten Geist alles, und dieser Ausgang im Licht ist der Heilige Geist.

11.21. Der Blitz, der in den Kräften geboren wird, bleibt in der Mitte wie ein Wurzelstock oder Herz stehen, und das ist der Sohn. Und der Glanz aller Kraft geht vom Vater und Sohn in allen Kräften des Vaters aus und formt und bildet im siebenten Naturgeist alles nach der Kraft und Wirkung der sieben Geister und nach ihrem Unterschied und Antrieb. Und das ist der wahrhaftige Heilige Geist, den wir Christen als dritte Person in der Gottheit verehren und anbeten.

11.22. So siehst du blinder Jude, Türke und Heide, daß drei Personen in der Gottheit sind. Du kannst es nicht leugnen, denn du lebst und bist in diesen drei Personen und hast dein Leben von ihnen und in ihnen. Und du wirst am Jüngsten Tag durch die Kraft dieser drei Personen von den Toten auferstehen und ewig leben.

11.23. Wirst du dann im Gesetz der Natur heilig und heilsam in dieser Welt gelebt haben, und wirst du den heiligen Blitz, der hier der Sohn ist und dir das Gesetz der Natur lehrt, in deinen sieben Quellgeistern durch deine grimmige (und überhebliche) Erhebung nicht ausgelöscht haben, die gegen die Wissenschaft der Natur läuft, dann wirst du mit allen Christen in ewiger Freude leben. (Das Gesetz der Natur ist die göttliche Ordnung im Wesen der Natur. Wer darin leben kann, benötigt keine anderen Gesetze, denn er erfüllt Gottes Willen.)

11.24. Denn es liegt nicht an deinem Unglauben. Dein Unglaube hebt Gottes Wahrheit nicht auf. Aber der Glaube facht den Geist der Hoffnung an und bezeugt, daß wir Gottes Kinder sind. Der Glaube wird im Blitz geboren und ringt mit Gott so lange, bis er überwindet und siegt.

11.25. Du willst uns richten, aber richtest dich nur selber, indem du den eifernden Geist im Zorn anfachst, der dein Licht auslöscht. Bist du aber auf dem süßen Baum gewachsen und bezwingst die bösen (unheilsamen) Einflüsse, dann lebst du heilig und wohl im Gesetz der Natur, das dir dann freundlicherweise zeigt, was Recht ist.

11.26. Bist du nicht aus dem grimmigen Zweig gewachsen und blind geblieben, wer will dich von der Liebe Gottes abscheiden, in der du geboren wurdest und in der du lebst, wenn du darin bis ans Ende verharrst? Wer will dich von Gott scheiden, in dem du hier gelebt hast?

11.27. Was du in den Acker gesät hast, das wird aufgehen, sei es Weizen, Korn, Gerste, Erbsen, Hülsen oder auch Dornen. Und über was das endliche Feuer keine Gewalt hat, das wird auch nicht brennen. Und Gott wird seinen guten Samen auch nicht selbst verderben, sondern erbauen, so daß er Früchte ins ewige Leben trage.

11.28. Weil nun aber alles in Gott lebt und ist, warum rühmt sich dann das Unkraut vor dem Weizen? Meinst du, daß Gott ein Heuchler sei und jemandes Person oder Namen ansehe? Wer war unser aller Vater? War es nicht Adam? Als sein Sohn Kain böse vor Gott lebte, warum half ihm sein Vater Adam nicht? Weil es hier heißt: »Wer sündigt, soll bestraft werden. (Hes. 18.20)« Hätte Kain nicht sein (göttliches) Licht ausgelöscht, wer hätte ihn von der Liebe Gottes scheiden können?

11.29. Also auch du, du rühmst dich einen Christen und kennst das Licht. Warum wandelst du nicht darin? Meinst du, dieser Name macht dich heilig? Dann warte, Fritz, bis dorthin (zum Jüngsten Tag), dann wirst du es erfahren und sehen, wie mancher Jude, Türke und Heide vor dir ins Himmelreich gehen wird, die ihre Lampen wohl geschmückt haben (bzw. ihr Bewußtsein gereinigt).

11.30. Was haben denn die Christen für einen Vorteil? Viel, denn sie kennen den Weg des Lebens und wissen, wie sie vom (Sünden-) Fall auferstehen sollen. Will aber einer liegenbleiben, dann wirft man ihn in die Grube, wo er mit allen gottlosen Heiden verderben muß. Darum schau zu, was du tust und wer du bist, denn du richtest andere und bist selber blind. Der (sehende) Geist sagt aber, du hast keinen Grund, den zu richten, der besser ist als du. Haben wir nicht alle ein Fleisch, und unser Leben besteht in Gott, sei es in Liebe oder in Zorn? Denn was du säst, das wirst du ernten.

11.31. Gott ist nicht der Grund dafür, daß du verlorengehst, denn das Gesetz, recht zu tun, ist in die Natur geschrieben, und dieses Buch hast du in deinem Herzen. Du weißt wohl, daß du heilsam und freundlich für deinen Nächsten handeln sollst. So weißt du auch wohl, daß du dein eigenes Leben, das heißt, deinen Leib und deine Seele, nicht entehren und beflecken sollst.

11.32. Wahrlich, darin besteht der Kern und die Liebe Gottes. Gott sieht nicht auf jemandes Namen oder Geburt. Wer aber in der Liebe Gottes wallt, der wallt im Licht. Denn das Licht ist das Herz Gottes. Wer nun Gott im Herzen besitzt, wer will ihn ausspeien? Niemand, denn er wird Gott geboren.

11.33. Oh du blinde und halbtote Welt, laß ab von deinem Richten! Oh du blinder Jude, Türke und Heide, laß ab von deiner Lästerung und ergib dich dem Gehorsam Gottes und wandle im Licht, dann siehst du, wie du aus deinem Fall auferstehen sollst, wie du dich in dieser Welt gegen die höllische Grimmigkeit wehren sollst und wie du überwinden und mit Gott ewig leben kannst.

11.34. Wahrlich, es ist nur ein Gott. Wenn die Decke von deinen Augen genommen wird, so daß du ihn siehst und erkennst, dann wirst du auch alle deine Brüder sehen und erkennen, seien es Christen, Juden, Türken oder Heiden. Oder meinst du, daß Gott nur der Gott der Christen sei? Die Heiden leben doch auch in Gott. Und wer recht tut, der ist ihm lieb und angenehm. (Apg. 10.35) Oder was dachtest du, der du ein Christ bist, wie dich Gott vom Bösen erlösen wollte? Was hattest du für Freundschaft mit ihm oder was hattest du für einen Bund mit ihm, als Gott seinen Sohn einen Menschen werden ließ, um das menschliche Geschlecht zu erlösen? Ist er nun dein König? Steht nicht geschrieben: »Er ist aller Heiden Trost. (Hag. 2.7)«

11.35. Höre, durch einen Menschen kam die Sünde in die Welt und drang durch den einen auf alle. (Röm. 5.18) Und durch einen kam die Erlösung in die Welt und drang durch den einen auf alle. Was nützt nun die eigene Wissenschaft? Du wußtest doch auch nicht, wie Gott mit dir verfahren wollte, als du in Sünden tot warst.

11.36. Nun, gleichwie die Sünde ohne Unterschied durch einen über alle herrscht, so herrscht auch die Barmherzigkeit und Erlösung durch einen über alle. Den Heiden, Juden und Türken aber ist Blindheit widerfahren. Sie stehen zwar gleichwohl in ängstlicher Geburt, suchen die Ruhe und begehren Gnade, aber suchen es nicht im richtigen Ziel. Doch Gott ist überall und sieht auf den Grund des Herzens. Wenn also in ihrer ängstlichen Geburt das Licht in ihnen geboren wird, wer bist du, wenn du sie richtest?

11.37. Siehe, du blinder Mensch, ich will es dir zeigen: Gehe auf eine Wiese, da siehst du mancherlei Kraut und Blumen. Du siehst bittere, du siehst herbe und süße, saure, weiße, gelbe, rote, blaue, grüne und mancherlei. Wachsen sie nicht alle aus der Erde? Stehen sie nicht nebeneinander? Mißgönnt hier auch eins dem anderen seine schöne Gestalt? Wenn sich aber eines unter ihnen mit seinem Gewächs zu hoch erhebt und verdorrt, weil es nicht mehr genug Saft hat, was kann die Erde dafür? Sie gibt ihm doch ihren Saft so gut wie den anderen. Wenn aber Dornen darunter wachsen und der Mäher zum Ernten kommt, dann haut er auch diese mit ab und wirft sie weg, und sie werden im Feuer verbrannt, aber die mancherlei Kräuter und Blumen sammelt er in seine Scheune.

11.38. So ist es auch mit den Menschen. Es gibt mancherlei Gaben und Geschicklichkeiten, und einer ist viel lichter in Gott als der andere. Solange sie aber nicht im Geist verdorren, sind sie nicht verwerflich. Wenn aber der Geist verdorrt, dann taugt er zu nichts mehr, als zum Feuerholz.

11.39. Sind aber die Türken von der herben Qualität und die Heiden von der bitteren, was geht es dich an? Wenn das Licht in der herben und bitteren Qualität scheinend wird, dann leuchtet es auch. Du aber bist in der Hitze geboren, wo das Licht im süßen Quellwasser aufgeht. Schau zu, daß dich die Hitze nicht verbrennt, denn du kannst sie wohl löschen.

11.40. Da fragst du nun: „Ist es dann recht, daß die Heiden, Juden und Türken in ihrer Blindheit verharren?“ Nein, aber ich frage: Wie kann jemand sehen, der keine Augen hat? Und was versteht der arme Laie davon, was die Pfaffen in ihrer Trunkenheit für einen Verwirrung (in ihren Köpfen) haben? Er geht in seiner Einfalt dahin und gebiert ängstlich (den göttlichen Sohn).

11.41. So fragst du dann: „Hat denn Gott die Türken, Juden und Heiden verblendet?“ Nein, sondern als Gott ihnen das Licht anzündete, da lebten sie in ihres Herzens Lust und wollten sich den Geist nicht weisen lassen, und so verlosch das äußerliche Licht. Darum ist es nicht so ganz verloschen, so daß es in einem Menschen nicht wieder geboren werden könnte, zumal der Mensch aus Gott ist und in Gott lebt, sei es in Liebe oder Zorn.

11.42. Wenn sich nun der Mensch sehnt, warum sollte er in seinem Sehnen nicht schwanger werden? Und wenn er schwanger ist, dann kann er auch gebären. Solange ihm aber das äußerliche Licht nicht scheint, solange kennt er seinen Sohn nicht, den er geboren hat. Wenn aber das Licht am Jüngsten Tag aufgehen wird, dann wird er ihn sehen.

11.43. Siehe, ich sage dir ein Geheimnis: Es ist schon die Zeit, daß der Bräutigam seine Braut krönt. Rate, oh Fritz, wo die Krone liegt? Gegen Mitternacht! Denn mitten in der herben Qualität wird das Licht hell. Woher kommt aber der Bräutigam? Aus der Mitte, wo die Hitze das Licht gebiert, und fährt gegen Mitternacht in die herbe Qualität, dann wird das Licht hell. Und was tun dann jene gegen Mittag? Sie sind in der Hitze entschlafen, aber ein Sturmwetter wird sie aufwecken, in dem sich viele zu Tode erschrecken werden.

11.44. Und was tun dann jene vom Abend? Ihre bittere Qualität will sich mit den anderen reiben. Aber wenn sie das süße Wasser kosten, dann wird ihr Geist sanft. Und was tun dann jene im Morgen? Du bist von Anfang an eine stolze Braut. Die Krone wurde dir von Anfang an immer dargeboten, aber du dachtest zuvor, selber noch schöner zu sein, wenn du mit den anderen leben würdest. (Die Symbolik von Mitternacht, Mittag, Abend und Morgen hat hier vermutlich eine Doppelbedeutung, einerseits für den weltlichen Tag, anderseits für die Völker der Himmelsrichtungen im Norden, Süden, Westen und Osten.)

Von der göttlichen und himmlischen Natur, Wirkung und Eigenschaft

11.45. Wenn du nun wissen willst, was im Himmel für eine Natur sei und was die heiligen Engel für eine Natur an sich haben, und was Adam vor dem Fall für eine Natur an sich hatte, und was eigentlich die heilige, himmlische und göttliche Natur sei, dann erkenne die wesentlichen Umstände für diesen siebenten Quellgeist Gottes wie folgt:

11.46. Der siebente Quellgeist Gottes ist der Quellgeist der Natur, denn die anderen sechs gebären den siebenten. Und wenn er geboren ist, dann gleicht er einer Mutter für die anderen sechs, denn er umschließt die anderen sechs und gebiert sie wiederum, weil das körperliche und natürliche Wesen im siebenten Quellgeist steht.

11.47. Hier erkenne den Sinn: Die sechs steigen in voller Geburt nach ihrer jeweiligen Kraft und Art auf, und wenn sie aufgestiegen sind, dann ist ihre Kraft ineinander vermengt, und die Härtigkeit vertrocknet es und ist gleichsam das ganze Wesen. Diese körperliche Vertrocknung nenne ich in diesem Buch den göttlichen Salpeter (die „Kristallisation“). Denn darin ist der Samen der ganzen Gottheit, und es ist gleich einer Mutter, die den Samen empfängt und entsprechend allen Qualitäten des Samens immer wieder Früchte gebiert.

11.48. In diesem Aufsteigen der sechs Geister steigt nun auch der Mercurius, Ton oder Schall aller sechs Geister mit auf. Im siebenten besteht er wie in einer Mutter, so daß dann der siebente Geist allerlei Früchte und Farben nach der Wirkung der sechs anderen gebiert.

11.49. Du mußt aber hier wissen, daß die Gottheit nicht stillsteht, sondern ohne Unterlaß wirkt und wie ein liebliches Ringen, Bewegen oder Kämpfen aufsteigt, gleichwie zwei Kreaturen, die in großer Liebe miteinander spielen und sich einander umarmen oder ringen. Bald liegt eines oben, bald das andere. Und wenn eines überwunden hat, dann gibt es nach und läßt das andere wieder auf die Füße.

11.50. Du kannst es im Gleichnis auch so verstehen, als wenn sieben Personen ein freundliches Freudenspiel beginnen, in dem je eine die andere besiegt, und die dritte käme der überwundenen zu Hilfe, und das wäre eine liebliche freundliche Kurzweil (spielerische Unterhaltung bzw. Zeitvertreib) unter ihnen, weil sie zwar alle einen Liebewillen untereinander hätten und doch eine gegen die andere in Kurzweil oder Liebe kämpfte.

11.51. So ähnlich ist auch die Wirkung der sechs Geister Gottes im siebenten. Bald hat einer ein starkes Aufsteigen, bald der andere, und so ringen sie in Liebe miteinander. Und wenn in diesem Kampf das Licht aufsteigt, dann wallt der Heilige Geist in der Kraft des Lichtes im Spiel der anderen sechs Geister. Und dann gehen im siebenten Geist allerlei Früchte des Lebens auf, dazu allerlei Farben und Gewächse.

11.52. Welche Qualität nun am stärksten ist, entsprechend bildet sich auch der Körper der Frucht sowie die Farben. In diesem Kämpfen oder Ringen formiert sich die Gottheit in unendlicher und unerforschlich vielfältiger Art, Weise und Bildung.

11.53. Denn die sieben Geister sind sieben Hauptquellen. Wenn der Mercurius (der Schall bzw. die lebendige Reflexion) darin aufsteigt, dann macht er alles rege (bzw. lebendig), und die bittere Qualität bewegt und unterscheidet es, und die herbe vertrocknet es.

11.54. Nun erkenne hier, wie die Bildung im siebenten Geist in der Natur geschieht. Das süße Wasser ist der Anfang der Natur, und die herbe Qualität zieht es zusammen, so daß es natürlich und begreiflich wird, um auf englische Art zu reden.

11.55. Und wenn es zusammengezogen ist, dann gleicht es dem Himmelblau. Wenn aber das Licht oder der Blitz darin aufgeht, dann gleicht es einem edlen Jaspis (bzw. Kristall), oder wie ich es in meiner Sprache nennen mag, einem gläsernen Meer, in das die Sonne scheint und das ganz rein und hell ist.

11.56. Wenn aber die bittere Qualität darin aufgeht, dann zerteilt es sich und formt sich, als würde es leben oder das Leben darin aufgehen, und es formt sich in eine grünliche Gestalt gleich einem grünen Blitz, oder um menschlich zu reden, davon einem das Sehen vergeht und man nicht mehr hinschauen kann.

11.57. Wenn aber die Hitze darin aufgeht, dann formt sich die grüne Gestalt in eine halb rötliche, gleich als würde ein Karfunkelstein aus dem grünen Blitz leuchten.

11.58. Wenn aber das Licht, das der Sohn Gottes ist, in dieses Naturmeer scheint, dann bekommt es seine gelbliche und weißliche Farbe, die ich mit nichts vergleichen kann. Mit diesem Anschauen mußt du bis in jenes Leben warten (um es selbst zu erfahren). Denn das ist nun der wahre Naturhimmel, der da aus Gott ist, in dem die heiligen Engel wohnen und aus dem sie im Anfang geschaffen wurden.

11.59. Siehe, wenn nun der Mercurius oder Ton in diesem Naturhimmel aufgeht, dann geht das göttliche und englische Freudenreich auf. Denn da entstehen englische Formen, Bildungen, Farben und Früchte, die da schön blühen, wachsen und in ihrer Vollkommenheit stehen, nämlich von allerlei Obstbäumen, Stauden und Gewächsen, holdselig anzuschauen und mit lieblichem Geruch und Geschmack.

11.60. Ich rede aber hier mit einer Engelszunge, und das solltest du nicht irdisch verstehen gleich dieser Welt.

11.61. Auch mit dem Mercurius hat es diese Gestalt: Du solltest nicht denken, daß ein hartes Pochen, Tönen, Schallen oder Pfeifen in der Gottheit sei, als wenn einer eine mächtige Posaune nähme und hineinbliese. Nein, oh Mensch, du halbtoter Engel, das ist es nicht, sondern es geht alles in der Kraft zu, denn das göttliche Wesen steht in der Kraft. Trotzdem singen, klingen, posaunen und schallen die heiligen Engel laut und hörbar, denn mit diesem Ziel hat sie Gott aus sich geschaffen, um die himmlische Freude zu vermehren.

11.62. Ein solches Bildnis war auch Adam, als ihn Gott erschuf, bevor seine Eva aus ihm gemacht wurde. Aber der verdorbene Salpeter hat in Adam mit dem Baum des Lebens gerungen, bis Adam überwunden war und matt wurde, davon er einschlief. Da war es um ihn geschehen. Und wenn ihm die Barmherzigkeit Gottes nicht zu Hilfe gekommen wäre und ihm ein Weib geschaffen hätte, dann würde er wohl immer noch schlafen, darüber wir an passender Stelle noch mehr erklären.

11.63. Dies, wie oben erzählt, ist nun der schöne und heilige Himmel, der in der ganzen Gottheit so ist, der weder Anfang noch Ende hat, und dahin keine Kreatur mit ihren Sinnen reicht.

11.64. Doch sollst du dies wissen, daß sich an verschiedenen Orten manche Qualität mächtiger zeigt als eine andere, denn bald siegt die zweite, bald die dritte, bald die vierte, bald die fünfte, bald die sechste und bald die siebente. Und so ist ein ewiges Ringen, Wirken und freundliches Liebe-Aufsteigen, so daß sich in diesem Aufsteigen die Gottheit immer wunderlicher, unbegreiflicher und unerforschlicher zeigt und die heiligen Engel kein Ende darin finden, sich zu erfreuen, in Liebe zu spazieren und das schöne »Te Deum Laudamus« (»Dich, oh Gott, loben wir!«) zu singen, nach jeder Qualität des großen Gottes und seiner wunderlichen Offenbarung, Weisheit und Schönheit aller Farben, Früchte und Gestalten. Denn die Qualitäten steigen immer und ewig so auf, und haben weder Anfang, Mitte noch Ende.

11.65. Denn wenn ich hier beschrieben habe, wie (im Himmel) alles entsteht, wie sich alles formt und bildet und wie die Gottheit aufgeht, so darfst du darum nicht denken, daß es etwa eine Ruhe oder Verlöschung habe und es danach wieder so aufgeht.

11.66. Oh nein, sondern ich muß wegen des Lesers Unverstand im Stückwerk schreiben, damit er etwas begreifen und zum Sinn kommen kann.

11.67. Du darfst auch nicht denken, daß ich in den Himmel gestiegen war und solches mit meinen fleischlichen Augen gesehen habe. Oh nein! Höre, du halberstorbener Engel, ich bin wie du und habe kein größeres Licht in meinem äußerlichen Wesen als du. Dazu bin ich auch so ein sündiger und sterblicher Mensch wie du und muß mich alle Tage und Stunden mit dem Teufel kratzen und schlagen, der mich in meiner verdorbenen Natur in der grimmigen Qualität, die in meinem Fleisch wie in allen Menschen ist, immer wieder angreift. Mal siege ich über ihn, mal siegt er. Er hat mich aber noch nicht überwunden, auch wenn er vor mir oft gesiegt hat, sondern unser Leben ist wie ein steter Krieg mit dem Teufel. Schlägt er mich, dann muß ich zurückweichen. Aber die göttliche Kraft hilft mir auf, und dann bekommt auch er seinen Schlag und verliert oft die Schlacht.

11.68. Wenn er aber überwunden ist, dann geht die Himmelspforte in meinem Geist auf. Dann sieht der Geist das göttliche und himmlische Wesen, aber nicht ohne den Leib, sondern im Quellbrunnen des Herzens geht der Blitz in die Sinnlichkeit des Gehirns auf, und darin spekuliert (bzw. denkt) der Geist.

11.69. Denn der Mensch ist aus allen Kräften Gottes gemacht, aus allen sieben Geistern Gottes, in gleicher Weise wie auch die Engel. Weil er nun aber verdorben wurde, so quillt nicht allezeit und auch nicht in allen die göttliche Geburt in ihm. Und wenn sie in ihm quillt, dann scheint darum noch nicht das hohe Licht in allen. Und wenn es auch scheint, dann bleibt es doch der verdorbenen Natur unbegreiflich. Denn der Heilige Geist läßt sich nicht im sündhaften Fleisch fassen und halten, sondern er geht wie ein Blitz auf, gleichwie das Feuer aus einem Feuerstein, wenn man draufschlägt.

11.70. Wenn dieser Blitz im Quellbrunnen des Herzens gefangen wird, dann geht er mit den sieben Quellgeistern im Gehirn auf, wie eine Morgenröte. Und darin steckt der Zweck und die Erkenntnis. Denn in diesem Licht sieht einer den anderen, fühlt den anderen, riecht den anderen, schmeckt den anderen und hört den anderen, und das ist gleichsam so, als wenn die ganze Gottheit darin aufginge.

11.71. Darin sieht nun der Geist bis in die Tiefe der Gottheit, denn in Gott ist Nähe und Weite eins. Und dieser Gott, von dem ich in diesem Buch schreibe, ist in seiner Dreiheit sowohl im Körper der heiligen Seele wie auch gleichzeitig im Himmel. Von diesem empfange ich meine Erkenntnis und von keinem anderen Wesen. Ich will auch nichts anderes erkennen als diesen Gott, und er bewirkt auch die Gewißheit meines Geistes, so daß ich es beständig glaube und ihm vertraue.

11.72. Und wenn mir es auch ein Engel vom Himmel sagen würde, dann würde ich es doch nicht glauben können, viel weniger fassen, denn ich würde immer zweifeln, ob es sich auch so verhielte. Aber so geht mir die Sonne selbst in meinem Geist auf. Darum bin ich dessen gewiß und sehe selbst die Herkunft und Geburt der heiligen Engel und aller Dinge im Himmel und in dieser Welt. Denn die heilige Seele ist ein Geist mit Gott. Auch wenn sie eine Kreatur ist, so ist sie doch den Engeln gleich. Und die Seele des Menschen kann sogar tiefer sehen als die Engel. Denn die Engel sehen allein bis in die himmlische Pracht, die Seele aber sieht die himmlische und höllische, denn sie lebt zwischen beiden.

11.73. Darum muß sie sich auch quetschen lassen und alle Tage und Stunden mit dem Teufel ringen, das heißt, mit der höllischen Qualität, und sie lebt in großer Gefährlichkeit in dieser Welt. Darum heißt dieses Leben zurecht ein Jammertal, voller Angst und stetigem Würgen, Bekriegen, Kämpfen und Streiten.

11.74. Aber der kalte und halbtote Leib versteht diesen Kampf der Seele nicht immer und überall. Er weiß nicht, wie ihm geschieht, sondern er ist schwermütig und ängstlich und geht von einem Gemach, ja von einem Ort zum anderen, um Abstinenz und Ruhe zu suchen. Und wenn er dann dorthin kommt, dann findet er nichts, so daß dann mitunter Zweifel und Unglauben kommen und ihm oft so ist, als wäre er ganz von Gott verstoßen. Denn er versteht den Kampf des Geistes nicht, wie dieser bald nach oben und bald nach unten geht. Was da für ein heftiges Bekriegen und Kämpfen mit der höllischen und himmlischen Qualität ist, welches Feuer die Teufel anfachen und die heiligen Engel löschen, gebe ich einer jeden heiligen Seele zu bedenken.

11.75. Du sollst also wissen, daß ich hier keine Geschichten schreibe, die mir von anderen erzählt wurden, sondern ich muß stets in dieser Schlacht stehen und erfahre diese mit großem Kampf, so daß mir dann oft ein Bein abgeschlagen wird, wie anderen Menschen (im Krieg).

11.76. Aber wegen dieses heftigen Streites und Kampfes und des Eifers, den wir miteinander haben, ist mir diese Offenbarung gegeben worden und der heftige Antrieb dazu, dies alles auf Papier zu bringen.

11.77. Was aber im Ganzen darunter oder danach folgen könnte, weiß ich nicht gänzlich, denn nur einige zukünftige Geheimnisse werden mir in der Tiefe gezeigt.

11.78. Denn wenn der Blitz im Zentrum aufgeht, dann sieht er zwar hindurch. Aber er kann es nicht ganz fassen, denn ihm geschieht es, als wenn es wetterleuchtet und sich der Blitz des Feuers auftut und bald wieder verschwindet.

11.79. So geht es auch in der Seele zu. Wenn sie in ihrem Kampf durchdringt, dann schaut sie die Gottheit wie ein Blitz, aber der Sündenquell deckt es bald wieder zu, denn der alte Adam gehört mit diesem Fleisch in die Erde und nicht in die Gottheit.

11.80. Dies schreibe ich mir nicht zum Lob, sondern darum, daß der Leser wisse, worin meine Wissenschaft steht, damit er nicht einen anderen bei mir sucht, der ich nicht bin. Sondern ich bin wie alle Menschen, die in unserem König Jesus Christus nach der Krone der ewigen Freude ringen und in der Hoffnung auf Vollkommenheit leben, die am Tag der Auferstehung beginnt, der nun kurz bevorsteht. Das ist im Kreis des Aufgangs im Blitz gar wohl zu sehen, in welchem sich die Natur zeigt, als wenn der Tag anbrechen wollte.

11.81. Darum schau zu, daß du in deinen Sünden nicht schlafend gefunden wirst! Wahrlich die Klugen werden es erkennen, aber die Gottlosen bleiben in ihren Sünden. Sie sagen: „Was geschieht diesem Narren? Wann hat er ausgeträumt?“ Das kommt daher, weil sie selber in den fleischlichen Gelüsten schlafen und träumen. Wohlan, siehe zu, was das für ein Traum sein wird!

11.82. Ich könnte auch wohl in meiner Sanftmut ruhen, wenn ich dies nicht tun müßte. Aber der Gott, der die Welt gemacht hat, ist mir viel zu stark. Ich bin seiner Hände Werk, und er kann mich setzen, wohin er will.

11.83. Und wenn ich auch der Welt und dem Teufel als Spektakel dienen muß, so steht doch meine Hoffnung in Gott auf das zukünftige Leben. Darin will ich es wagen und dem Geist nicht widerstreben. Amen.

(Zusammenfassung der sieben gestaltenden Qualitäten der göttlichen Natur:

 

Sieben Qualitäten / Quellgeister

Dreieck

1

Herb-Sauer (Zusammenziehung, Salpeter bzw. Kristallisation)

Wasser
weiblich

2

Süß (Besänftigung, süßes Wasser)

3

Bitter (Trennung der Glieder)

4

Hitze (lebendiger Geist, Feuer-Licht)

Feuer
männlich

5

Liebe (heiliger Geist, Licht-Feuer)

6

Ton / Schall (Mercurius, Quecksilber bzw. lebendige Reflexion)

7

Körper / Natur

 

Die ersten drei Qualitäten werden von Böhme auch als Hauptqualitäten bezeichnet, sind mit dem Wasser verbunden und können als ein nach unten gerichtetes Dreieck symbolisiert werden. Die drei weiteren sind mit dem Feuer verbunden, und dafür kann ein nach oben gerichtetes Dreieck stehen. Das entspricht auch der Symbolik der mittelalterlichen Alchemie. Darüber hinaus stehen die ersten drei Qualitäten für das Salpeter-Prinzip der Kristallisation bzw. Verkörperung, und die drei nachfolgenden für das Mercurius-Prinzips des Quecksilbers bzw. „lebendigen Silbers“ der Reflektion im Licht und Leben des Bewußtseins. Darin könnte man auch zwei gegenläufige Prozesse sehen, einen abwärts gerichteten Prozeß der körperlichen Entstehung und einen aufwärts gerichteten der geistigen Entwicklung, auf die Böhme leider noch nicht direkt eingeht, was hier aber manches vereinfachen würde. Die siebente Qualität müßte dann in der Mitte stehen, und weil alle Qualitäten ineinander sind und gegenseitig qualifizieren bzw. wechselwirken könnte man sich folgendes Bild vorstellen:)


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