Aurora oder Morgenröte im Aufgang

(Text von Jacob Böhme von 1612, deutsche Überarbeitung 2021)

26. Kapitel - Das Wesen aller Wesen

Vom Planeten Saturn

26.1. Saturn, der kalte, scharfe, strenge und herbe Regent, nimmt seinen Anfang und Herkommen nicht von der Sonne, denn er hat die Kammer des Todes in seiner Gewalt und ist ein Vertrockner aller Kräfte, davon die Leiblichkeit entsteht.

26.2. Gleichwie die Sonne das Herz des Lebens und ein Ursprung aller Geister im Leib dieser Welt ist, so ist der Saturn ein Anfänger aller Leiblichkeit und Begreiflichkeit. So steht der ganze Leib dieser Welt in der Gewalt dieser zwei Planeten (Sonne und Saturn, Leben und Körper), und keine Kreatur oder Bildung, sowie auch keine Beweglichkeit kann ohne die Gewalt dieser beiden im natürlichen Leib dieser Welt werden.

26.3. Sein Ursprung ist die ernstliche, herbe und strenge Ängstlichkeit des ganzen Leibes dieser Welt. Denn als zur Zeit der Anzündung des Zorns das Licht in der äußerlichen Geburt dieser Welt verlosch (welche Geburt die Natürlichkeit oder Begreiflichkeit oder das Aufsteigen der Geburt aller Quellgeister ist), da stand die herbe Qualität in ihrer schärfsten und strengsten Geburt und zog das Gewirke aller Quellgeister ganz herb und streng zusammen. Dadurch sind dann die Erde und die Steine geworden, und das war gleichsam das Haus des Todes oder die Einschließung des Lebens, darin dann König Luzifer gefangen wurde.

26.4. Als aber am ersten Tag das Licht durch das Wort oder Herz Gottes in der Wurzel der Natur des Leibes dieser Welt wieder etwas anbrach, gleichwie ein Erkennen des Tages oder ein Anfang der Beweglichkeit des Lebens, da bekam die strenge und herbe Geburt wieder einen Anblick oder Aufgang des Lebens in der Geburt.

26.5. Von diesem Tag an stand sie wie im ängstlichen Tod bis zum dritten Tag, als die Liebe Gottes durch den Himmel des Unterschieds gedrungen war und das Licht der Sonne angezündet hat.

26.6. Weil aber das Herz oder die Kraft der Sonne die ängstliche Geburt oder die Qualität des Grimms und Zorns nicht aufschließen und ausgleichen konnte, vor allem in der Höhe über dem Jupiter, so stand dieser ganze Umkreis in grausamer Ängstlichkeit wie ein Weib in der Geburt, und konnte doch die Hitze wegen der grausamen Kälte und Herbigkeit nicht erwecken.

26.7. Weil dort aber gleichzeitig die Beweglichkeit durch die Kraft des verborgenen Himmels aufgegangen war, so konnte die Natur nicht ruhen, sondern ängstigte sich zur Geburt und gebar aus dem Geist der Schärfe den herben, kalten und strengen Sohn oder Planeten Saturn.

26.8. Denn der Geist der Hitze konnte sich nicht anzünden, davon das Licht, und aus dem Licht durch das Wasser die Liebe und Sanftmut entsteht, sondern es war eine Geburt der strengen, kalten und ernsten Grimmigkeit, der dann ein Vertrockner, Verderber und Feind der Sanftmut wurde und in den Kreaturen die harten Knochen gebiert.

26.9. Saturn ist nicht an seinen Ort gebunden, wie die Sonne, denn er ist kein körperlicher Ort im Raum der Tiefe, sondern er ist ein Sohn, der aus der Kammer des Todes, aus der angezündeten, harten und kalten Ängstlichkeit geboren wurde und nur ein Hausgenosse in dem Raum ist, in welchem er umläuft. Denn er hat sein körperliches Eigentum für sich wie ein Kind, nachdem es von der Mutter geboren wurde.

26.10. Warum er aber von Gott aus der strengen Geburt so aufgegangen ist und was sein Amt sei, will ich im folgenden vom Umtreiben der Planeten erklären.

26.11. Seine Höhe kann man eigentlich gar nicht wissen. Ich bin aber überzeugt, daß er zwischen dem Jupiter und dem allgemeinen Gestirn (der Sterne) inmitten der Tiefe steht, denn er ist das Herz der Leiblichkeit in der Natur. (Die beiden äußeren Planeten Uranus und Neptun waren damals noch unbekannt.)

26.12. Wie die Sonne das Herz des Lebens und eine Ursache der Naturgeister ist, so ist er (Saturn) das Herz und eine Ursache aller Körper und Bildungen in der Erde und auf der Erde, sowie im ganzen Leib dieser Welt.

26.13. Und wie im Menschen die Hirnschale ein Umfasser und Einschließer des Gehirns ist, darin sich die Gedanken gebären, so ist die Kraft des Saturn ein Umfasser, Vertrockner und Behalter aller Leiblichkeit und Begreiflichkeit.

26.14. Und wie der Planet Jupiter, welcher ein Aufschließer und Gebärer der Sanftmut ist, zwischen dem grimmigen Mars und dem strengen Saturn steht und die Sanftmut und Weisheit in den Kreaturen gebiert, so wird auch das Leben und der Sinn aller Kreaturen zwischen diesen zwei Qualitäten geboren, vor allem der neue Leib dieser Welt, sowie auch der neue Mensch, darüber du bei der Beschreibung des Menschen mehr finden wirst.

Vom Planeten Venus

26.15. Venus, der holdselige Planet oder Anzünder der Liebe in der Natur, hat auch seinen Ursprung und Herkommen vom Aufgang der Sonne. Seine Qualität, Wesen und Herkommen sind wie folgt beschaffen.

26.16. Hier erkenne recht und eigentlich: Als die Liebe Gottes den Ort der Sonne oder die Sonne anzündete, da ging aus dem Ort der Sonne aus der Ängstlichkeit und den sieben Quellgeistern der Natur zuerst der schreckliche, grimmige und bittere Feuerschreck auf, dessen Geburt und anfänglicher Ursprung der durch das Wasser angezündete bittere Zorn Gottes in der herben Qualität ist.

26.17. Der kam zuerst in der Anzündung der Sonne aus der Kammer des Todes und war ein Aufwecker des Todes und ein Anfänger des Lebens, und er stieg ganz grimmig und zitternd über sich, bis ihn das Licht der Sonne ergriff und infizierte. Da wurde er durch die Sanftmut des Lichtes gefangen und blieb stehen. Davon ist der Planet Mars geworden.

26.18. Nach diesem Feuerschreck war die Kraft des Lichts, die sich anfänglich aus dem Fett des Wassers hinter dem Feuerschreck geboren hat, urplötzlich wie eine Mächtigkeit hinterhergefahren und hat den grimmigen Feuerschreck gefangengenommen und sich über ihn hoch erhoben als ein Fürst und Zähmer der Grimmigkeit. Davon ist nun die Sinnlichkeit der Natur oder der Planet Jupiter geworden.

26.19. Die Pforte der Liebe: Als diese zwei Geister der Beweglichkeit und des Lebens aus dem Ort der Sonne durch die Anzündung des Wassers aufgegangen waren, da drang die Sanftmut wie ein Samen des Wassers mit der Kraft des Lichtes ganz sanft infizierend und freundlich unter sich in die Kammer des Todes. Davon ist die Liebe des Lebens oder der Planet Venus geworden.

26.20. Du solltest aber dieses hohe Wesen hier richtig verstehen: Die Geburt oder der Aufgang der sieben Planeten und aller Sterne ist nichts anderes, als wie sich das Leben und die wunderliche Proportion der Gottheit seit Ewigkeit geboren hat.

26.21. Denn als sich König Luzifer das Reich dieser Welt als ein Zornhaus zugerichtet hatte und vermeinte, so grimmig und gewaltig darin zu herrschen, da verlosch sogleich das Licht in der Natur, darin er vermeinte, ein Herr zu sein, und die ganze Natur erstarrte wie ein Leib des Todes, in dem keine Beweglichkeit mehr war. So mußte er als ein ewiger Gefangener in der Finsternis bleiben.

26.22. Nun wollte aber der heilige (ganzheitliche) Gott dieses Reich seines Leibes, das heißt, den Raum dieser Welt, nicht in ewiger Finsternis und Schande stehenlassen und den Teufeln zum Eigentum überlassen, sondern gebar ein neues Regiment des Lichtes und aller sieben Quellgeister der Gottheit, welches der Teufel weder ergreifen noch fassen konnte, und es war ihm auch nichts nütze.

26.23. Denn er kann im Licht der Sonne nicht mehr sehen als in der Finsternis, denn er ist in diesem Licht nicht zur Kreatur geworden, und darum ist es ihm auch nichts nütze.

26.24. Weil es aber ein neues Regiment sein sollte, so mußte es ein Regiment sein, das der Teufel nicht fassen konnte und das er nicht zu seinem körperlichen Eigentum gebrauchen könnte.

26.25. Das ist nun so beschaffen: Die Liebe, das Wort oder das Herz, das heißt, der eingeborene Sohn des göttlichen Vaters, der das Licht, die Sanftmut, die Liebe und die Freude der Gottheit ist (wie er selbst sagte, als er die Menschheit an sich genommen hatte: »Ich bin das Licht der Welt. (Joh. 8.12)«), hat das Reich dieser Welt zu Herzen genommen und in der Mitte des Raumes an der Stelle neugeboren, wo der mächtige Fürst und König Luzifer vor seinem Fall saß und wo er zur Kreatur geworden war.

26.26. Und aus diesem angezündeten Ort der Sonne sind im Besonderen sechserlei Qualitäten entstanden und geboren worden, alles nach dem Recht der göttlichen Geburt:

26.27. Zuerst war der Feuerschreck oder die Beweglichkeit in der Hitze aufgegangen, und das war der Anfang des Lebens in der Kammer des Todes. Danach war zweitens das Licht im Fett des Wassers in der Hitze scheinend geworden, und das ist nun die Sonne.

26.28. Als dann das Licht der Sonne den ganzen Körper der Sonne infiziert hatte, da war zum Dritten die Kraft des Lebens, die aus der ersten Infizierung aufgegangen ist, über sich gestiegen, als würde man ein Holz anzünden oder Feuer aus einem Stein schlagen.

26.29. So sieht man zuerst den Glanz, und aus dem Glanz den Feuerschreck, und nach dem Feuerschreck die Kraft des angezündeten Körpers. Und das Licht mit der Kraft des Körpers erhebt sich urplötzlich über den Schreck und regiert viel höher, tiefer und mächtiger als der Feuerschreck.

26.30. Auch qualifiziert die Kraft des angezündeten Körpers in der ausgegangenen Kraft außerhalb des Feuers sanft, lieblich und sinnreich, und darin versteht man zurecht das göttliche Wesen. So bekam es auch eine Gestalt mit der Entstehung der Sonne und der zwei Planeten Mars und Jupiter.

26.31. Weil aber der Ort der Sonne, also die Sonne selbst, alle Qualitäten nach dem Recht der Gottheit und auch aller anderen Orte in sich hatte, so stiegen auch sogleich in der ersten Anzündung alle Qualitäten auf und nieder und gebaren sich nach ewigem anfangslosem Recht.

26.32. Denn die Kraft des Lichtes, welche die herbe und bittere Qualität im Reich der Sonne besänftigte und dünn machte, gleich dem Wasser oder der Liebe des Lebens, stieg nach Art der Demut unter sich.

26.33. Daraus wurde der Planet Venus, denn er ist im Haus des Todes ein Aufschließer der Sanftmut oder Anzünder des Wassers und ein weicher Durchdringer in der Härtigkeit, sowie ein Anzünder der Liebe, nach der das Oberregiment der bitteren Hitze des Mars und der herzlichen Sinnlichkeit des Jupiters begehrte.

26.34. Davon entsteht die Infizierung, denn die Venuskraft macht den grimmigen Mars oder Feuerschreck gelind und besänftigt ihn. Und den Jupiter macht sie demütig, sonst bräche die Kraft des Jupiters durch die harte Kammer des Saturns, sowie den Menschen und Tieren durch die Hirnschale, und die Sinnlichkeit verwandelte sich auf Art und Weise des stolzen Teufels in Hochmut über das Geburtsrecht der Gottheit.

Das Wesen aller Wesen

26.35. Wenn man gründlich und eigentlich wissen will, wie die Geburt oder der Anfang der Planeten und Sterne sowie des Wesens aller Wesen in der Tiefe dieser Welt war, so muß man eigentlich die innerliche Geburt oder des Lebens Anfang im Menschen betrachten.

26.36. Denn dies nimmt den gleichen Anfang und Aufgang und steht auch in gleicher Ordnung wie die Geburt des Wesens aller Wesen im Leib dieser Welt.

26.37. Denn das innerlich bestehende Rad der Sterne und Planeten besteht nicht anders, als die Geburt im siebenten Naturgeist vor den Zeiten der Welt aufgegangen war, darin sich Bildnisse und Gestaltungen, sowie himmlische Früchte nach dem Recht der ewigen Gottheit gebildet haben.

26.38. Weil dann der Mensch nach der Qualifizierung Gottes und auch aus dem göttlichen Wesen geschaffen wurde, deshalb hat das menschliche Leben den gleichen Anfang und Aufgang, wie die Planeten und Sterne.

26.39. Denn der Planeten und Sterne Anfang, Bestehen, Lauf und Wesen ist nicht anders als der Anfang und Antrieb oder das Regiment im Menschen.

26.40. Wie also das menschliche Leben aufging, so war auch die Geburt der sieben Planeten und Sterne aufgegangen, und darin gibt es gar keinen Unterschied.

Das Zentrum oder der Kreis der Geburt des Lebens - Die große Tiefe

26.41. Vor diesen Spiegel fordert der Geist die Mediziner, besonders die Anatomiker und Menschenschinder, die durch ihre Schinderei die Geburt und den Aufgang des menschlichen Lebens erfahren wollten, und manch unschuldigen Menschen gegen das Recht und Gesetz Gottes und der Natur ermordet haben, in der Hoffnung, die wunderliche Proportion und Gestalt der Natur zu erkunden, damit sie vielen anderen zur Gesundheit dienen könnten.

26.42. Weil sie aber in der Natur als Mörder und Übeltäter gegen das Gesetz und Recht Gottes und der Natur befunden werden, so spricht (bzw. beurteilt) ihnen der Geist, der mit Gott inqualiert, ihre Mörderei nicht als gerecht.

26.43. Sie hätten doch die wunderliche Geburt der Menschen viel näher und gewisser erfahren können, wenn sie ihr stolzer Hochmut und ihre teuflisch mörderische Sucht-Lust dahin geführt hätte, wer ihnen die wahren göttlichen Sinne so verkehrt hat. Doch sie haben nur mit Menschen und nicht mit Göttern kämpfen wollen. Darum ist ihnen der Lohn ihres Irrtums zurecht zuteil geworden.

26.44. Wohlan, ihr gekrönten Hütlein (der Gelehrten), laßt uns sehen, ob auch ein einfältiger Laie die Geburt des menschlichen Lebens in der Erkenntnis Gottes erforschen kann. Ist es nicht richtig, dann widerlegt es. Ist es aber richtig, dann laßt es stehen.

26.45. Diese Beschreibung von der Lebensgeburt des Menschen setze ich darum hierher, damit der Ursprung der Sterne und Planeten besser erfaßt werden könne. Bei der Beschreibung über die Erschaffung des Menschen wirst du alles noch ursprünglicher und tiefer finden, wie der Anfang des Menschen sei.

26.46. Nun erkenne: Der Samen im Menschen wird auf gleiche Art und Weise geboren, wie die wunderliche Proportion und Gestaltung der Natur in ihrem Ringen und Aufgang seit Ewigkeit geboren wurde.

26.47. Denn das menschliche Fleisch ist und bedeutet die Natur im Leib Gottes, die von den anderen sechs Quellgeistern geboren wird, darin sich die Quellgeister wiederum gebären und unendlich (vielfältig) erzeigen, darin Formen und Bildungen aufgehen und darin sich das Herz Gottes oder die heilige klare Gottheit im mittleren Wohnsitz über der Natur im Zentrum gebiert, wo das Licht des Lebens aufgeht.

26.48. Aber nun sind im Geburtsregiment des menschlichen Leibes drei unterschiedliche Dinge, von denen ein jedes etwas Besonderes ist. Doch sie sind auch nicht voneinander getrennt, sondern sind alle drei zusammen nur der einige Mensch nach Art und Weise der Dreiheit im göttlichen Wesen.

26.49. Das Fleisch ist nicht das Leben, sondern es ist ein totes unverständiges Wesen, das schnell ein totes Aas wird, verfaulen und zerfallen muß, wenn des Geistes Regiment darin zu qualifizieren aufhört.

26.50. Nun kann aber auch kein Geist außerhalb des Leibes in seiner Vollkommenheit bestehen, denn sobald er vom Leib abgeschieden wird, verliert er das Regiment. Denn der Leib ist die Mutter des Geistes, in welcher der Geist geboren wird und aus welcher er seine Stärke und Kraft nimmt. Er ist und bleibt wohl der Geist, wenn er vom Leib abgeschieden wird, aber er verliert das Regiment.

26.51. Diese drei Regimente sind der ganze Mensch mit Fleisch und Geist, und haben zu ihrem Anfang und Regiment im Besonderen siebenerlei Gestaltung nach Art und Weise der sieben Geister Gottes oder der sieben Planeten.

26.52. Wie nun Gottes ewiges und anfangsloses Geburtsregiment ist, so ist auch der Anfang und Aufgang der sieben Planeten und der Sterne, und so ist auch der Aufgang des menschlichen Lebens.

26.53. Nun erkenne: Wenn du sinnst und denkst, was da in dieser Welt und außerhalb dieser Welt sei oder was das Wesen aller Wesen ist, dann spekulierst oder sinnst du im ganzen Leib Gottes, der das Wesen aller Wesen ist, und dieser ist ein anfangsloses Wesen.

26.54. Er hat aber in seinem eigenen Wohnsitz keine Beweglichkeit, Verständigkeit oder Begreiflichkeit, sondern ist eine finstere Tiefe, die weder Anfang noch Ende hat. Darin gibt es weder dick noch dünn, sondern es ist eine finstere Kammer des Todes, wo nichts gespürt wird, weder kalt noch warm, denn es ist das Ende aller Dinge.

26.55. Dies ist nun der Leib der Tiefe oder die wahrhaftige Kammer des Todes.

26.56. Nun sind aber in diesem finsteren Tal die sieben Geister Gottes, die auch weder Anfang noch Ende haben, weil keiner der erste und auch keiner der zweite, dritte oder letzte ist.

26.57. In diesen sieben Regimenten teilt sich das Regiment in drei unterschiedliche Wesen, weil keines ohne dem anderen besteht oder vom anderen getrennt wird. Denn die sieben Geister gebären auch jeweils einer den anderen von Ewigkeit zu Ewigkeit.

26.58. Das erste Regiment steht im Körper aller Dinge, das heißt, in der ganzen Tiefe oder im Wesen aller Wesen. Dieser hat an allen Enden und Orten die sieben Geister in sich habhaft und eigentümlich, unabtrennbar und unverrückbar zum Eigentum.

26.59. Wenn nun die sieben Geister irgendwo an einem Ort nicht triumphierend ringen, dann ist an diesem Ort keine Beweglichkeit, sondern eine tiefe Finsternis. Obwohl die Geister an diesem Ort vollkommen sind, so ist doch der Ort ein finsteres Haus, wie du solches an einem finsteren Gemach verstehen kannst, in dem die angezündeten Geister der Planeten und Sterne die Elemente nicht anzünden können.

26.60. Denn die Wurzel der sieben Geister ist an allen Enden, aber ohne ihr Ringen (bzw. Wirken) steht sie still und man spürt keine Beweglichkeit.

26.61. Ein solches Haus ist die ganze Tiefe außerhalb, innerhalb und über allen Himmeln, und dieses Haus heißt „die Ewigkeit“. Und ein solches Haus ist auch das Fleischhaus (der „toten Materie“) in den Menschen und allen Kreaturen.

26.62. Und dieses Wesen zusammen begreift die Ewigkeit, die nicht „Gott“ heißt, sondern der „ohnmächtige Leib der Natur“, wo zwar die Gottheit ungestorben im Kern der sieben Geister verborgen steht, aber nicht begriffen noch verstanden wird.

26.63. Ein solches Haus ist auch der ganze Raum dieser Welt geworden, als sich die Gottheit in den sieben Geistern vor den greulichen Teufeln verborgen hat. Und so wäre es auch immer noch, wenn nicht die sieben Planeten und die Sterne aus den Geistern Gottes aufgegangen wären, welche die Kammer des Todes im finsteren Haus dieser Welt an allen Enden wieder aufschließen und anzünden, dadurch das Regiment der Elemente entsteht.

26.64. Ferner sollst du aber auch wissen, daß darum das Regiment der sieben Geister Gottes im Haus dieser Welt nicht im Tod vertrocknet war, und alles müsse nur von den Planeten und Sternen sein Leben und seinen Anfang bekommen.

26.65. Nein, denn die klare Gottheit steht immer noch überall im inneren Herzen der ganzen Tiefe verborgen, und die sieben Geister stehen im Leib der Tiefe in Ängstlichkeit und großer Sehnsucht, und werden von den Planeten und Sternen immer angezündet, davon die Beweglichkeit und die Geburt in der ganzen Tiefe entsteht.

26.66. Weil sich aber das Herz der Gottheit im Leib dieser Welt unter der äußerlichen Geburt verbirgt, welche die Leiblichkeit ist, so ist die (materielle) Leiblichkeit ein finsteres Haus, und alles steht in großer Ängstlichkeit und bedarf eines Lichtes, das in der Kammer der Finsternis leuchtet. Und das ist die Sonne, solange bis sich das Herz Gottes in den sieben Geistern Gottes im Haus dieser Welt wieder bewegt und die sieben Geister anzündet.

26.67. Dann werden die Sonne und die Sterne wieder in ihr ursprüngliches Reich eintreten und in solcher Form vergehen, denn das Herz oder Licht Gottes wird wieder in der Leiblichkeit leuchten und alles erfüllen, das heißt, im ganzen Leib dieser Welt.

26.68. Dann hört die Ängstlichkeit auf. Denn wenn die Ängstlichkeit im Geburtsregiment die Süßigkeit des göttlichen Lichtes kostet, so daß im Geburtsregiment das Herz Gottes mit triumphiert, dann ist alles freudenreich und der ganze Leib triumphiert.

26.69. Welches aber jetzt in dieser Zeit im Haus dieser Welt wegen der grimmigen gefangenen Teufel nicht sein kann, die in der äußerlichen Geburt im Leib dieser Welt bis zum Gericht Gottes haushalten.

26.70. Hier kannst du nun verstehen, wie das Herz Gottes die Wurfschaufel in der Hand hat (um „die Spreu vom Weizen zu trennen“) und einmal seine Scheune ausfegen wird, welches ich hiermit in der Erkenntnis im Licht des Lebens ernstlich vermelde, wo das Herz im Licht des Lebens durchbricht und den hellen Tag verkündet.

Von Menschen und Sternen

26.71. Wie nun die Tiefe oder das Haus dieser Welt ein finsteres Haus ist, wo sich die Leiblichkeit ganz dick, finster, ängstlich und halbtot gebiert und von den Planeten und Sternen ihr Wallen nimmt, die den Leib in der äußerlichen Geburt anzünden, davon die Beweglichkeit der Elemente entsteht, sowie das bildliche und kreatürliche Wesen, so ist auch das Fleischhaus des Menschen ein finsteres Tal, worin zwar die Ängstlichkeit zur Geburt des Lebens ist und sich immer hoch bemüht, um sich in das Licht zu erheben, davon sich das Leben anzünden könne.

26.72. Weil sich aber das Herz Gottes im Zentrum oder Kern verbirgt, kann es nicht sein, und deswegen gebiert die Ängstlichkeit nicht mehr als einen Samen. Das Fleischhaus gebiert also einen Samen seinesgleichen wieder zu einem Menschen, und des Geistes Haus im innerlichen Bestehen der sieben Geister gebiert im Samen einen anderen Geist seinesgleichen wieder zu einem Menschengeist.

26.73. So gebiert sich das Haus des verborgenen Herzens auch wieder einen solchen Geist, der dem Fleischhaus und auch den siderischen Geburtsgeistern im Leib verborgen steht, gleichwie das Herz Gottes in den sieben Geistern Gottes in der Tiefe dieser Welt in den Geistern verborgen steht und sie nicht anzündet bis nach dieser Enumeration (bzw. Entwicklung) oder Zeitrechnung (am Jüngsten Tag).

26.74. Dieser dritte Geist ist die Seele im Menschen und inqualiert mit dem Herzen Gottes wie ein Sohn oder kleines Götterlein im großen unermeßlichen Gott.

26.75. So werden nun diese drei unterschiedlichen Regimente im Samen geboren, der seinen Ursprung im Fleisch nimmt, wie ich zuvor (unter §26.46 / §26.20) erklärt habe.

26.76. Nun erkenne das verborgene Geheimnis: Ihr Naturkundigen, erkennt nun die Pforte des großen Geheimnisses: Die Sterne sind aus der ängstlichen Kammer im Leib dieser Welt aus den sieben Geistern Gottes aufgegangen und zünden den Leib dieser Welt an, und aus dem Leib gebiert sich nun die Frucht oder der Samen, welcher Wasser, Feuer, Luft und Erde ist.

26.77. Die Erde ist die Frucht des siebenten Geistes Gottes, der die Natur der Leiblichkeit ist, darin sich die anderen sechs Geister wieder gebären und den Salpeter des siebenten Geistes in unendlicher Gestaltung und vielfältigen Formen bilden, so daß auch die Erde ihren Samen gebiert, der die Frucht der Gewächse ist, wie solches vor Augen steht.

26.78. So ist auch des Menschen Fleischhaus ein solches Haus wie die finstere Tiefe dieser Welt, darin sich die sieben Geister Gottes gebären.

26.79. Weil aber der Mensch ein eigener Leib ist, der da ein Sohn des ganzen Leibes Gottes ist, so gebiert er auch einen eigenen Samen nach dem Regiment seiner körperlichen Quellgeister.

26.80. Der Leib nimmt seine Speise vom Samen der sieben Geister Gottes im Leib der großen Tiefe, welcher Feuer, Luft, Wasser und Erde ist. Aber von der Erde nimmt er (nur) die Geburt der Erde oder die Frucht, denn er ist viel edler als die Erde, weil er eine ausgezogene Masse aus dem Salpeter aus dem siebenten Naturgeist ist.

26.81. Denn als der Leib der Natur durch die Teufel angezündet war, zog das Wort oder Herz Gottes die Masse zusammen, noch bevor der verdorbene Salpeter wegen der harten Grimmigkeit oder Verderbnis zusammengedrückt wurde, welcher nun „Erde“ heißt.

26.82. Als aber die Erde (zu einem Planeten) zusammengedrückt war, stand die Masse in der finsteren Tiefe im erschaffenen Himmel zwischen der ängstlichen Geburt und der Liebe des Herzens Gottes bis zum sechsten Tag. Da blies das Herz Gottes das Licht des Lebens aus seinem Herzen in die Masse zur innerlichen oder dritten Geburt.

26.83. Als dies geschah, begannen in der Masse die sieben Quellgeister zu qualifizieren, und in der Masse gebar sich der Samen der sieben Quellgeister als Feuer, Luft und Wasser, wie im Leib der Tiefe.

26.84. So wurde der Mensch eine lebendige Seele in gleicher Art und Weise, wie die Sonne aufgegangen war und daraus die sieben Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mond, Mars, Jupiter und Saturn).

26.85. Das Licht im Menschen, welches das Herz Gottes hineingeblasen hat, bedeutet die Sonne, die in der ganzen Tiefe leuchtet, darüber du bei der Schöpfung des Menschen noch Klareres finden wirst.

26.86. Nun siehe: Gleichwie in der Tiefe dieser Welt durch die Anzündung der Sterne aus dem Leib der finsteren Tiefe ein Samen gleich dem kreatürlichen Leib geboren wird, so wird auch in gleicher Gestalt im Fleischhaus des Menschen ein Samen nach dem ewigen Geburtsrecht der sieben Quellgeister geboren.

26.87. Und in diesem Samen sind drei unterschiedliche Dinge, von denen jeweils das eine das andere nicht ergründen kann. Und doch sind sie nur in einem einzigen Samen und inqualieren auch miteinander wie ein Wesen, und da ist auch nur ein Wesen mit drei unterschiedlichen Dingen nach Art und Weise der Dreifaltigkeit in der Gottheit.

26.88. Zuerst ist es der ganze Körper des Menschen, der ein finsteres Haus ist und abgesehen vom Qualifizieren der sieben Geister keine Beweglichkeit hat, sondern ein finsteres Tal ist, wie der Leib der Tiefe (des Raumes) dieser Welt.

26.89. So ist nun (zweitens) in diesem finsteren Leib des Menschen auch ein solches Regiment mit den sieben Geistern wie im Leib der Tiefe. Und wenn die sieben Geister nach dem Geburtsrecht der Gottheit qualifizieren, dann gebiert sich (drittens) aus dem Ringen der sieben Geister ein Samen nach ihresgleichen.

26.90. Dieser Samen hat nun erstlich eine Mutter, und das ist die finstere Kammer des Fleischhauses. Zum Zweiten hat er eine Mutter, und das ist das Rad der sieben Geister nach Art der sieben Planeten. Zum Dritten hat er eine Mutter, die mitten im Kreis der sieben Geister geboren wird und das Herz der sieben Geister ist.

26.91. Das ist nun die Mutter der Seele, welche die sieben Geister durchscheint und lebendig macht. Und an dieser Stätte inqualiert der Samen mit dem Herzen Gottes, aber nur derjenige, in dem das Licht angezündet wird. In welchem aber das Zornfeuer brennt, dort bleibt diese dritte Mutter in der finsteren Kammer gefangen.

26.92. Und wenn sie auch die dritte Mutter ist, so bleibt sie doch eine Närrin, wenn sich das Licht in ihr nicht anzündet. Wie auch die Tiefe dieser Welt eine Närrin vor dem Herzen Gottes ist, in dem das Rad der sieben Geister in so großer Ängstlichkeit steht, in so vielem Verderben und Vergehen, in Hitze und Kälte, wie vor Augen steht.

26.93. Wenn aber die dritte Mutter im Licht angezündet wird, dann steht sie im geschaffenen Himmel des heiligen Lebens und durchleuchtet die zweite Mutter, davon die sieben Geister einen freundlichen Willen bekommen, der die Liebe des Lebens ist, wie du vorn im 8. Kapitel von der Liebegeburt Gottes lesen kannst.

26.94. Aber die dritte Mutter kann sie nicht immer beharrlich durchleuchten, denn sie steht im Haus der Finsternis, sondern gibt ihr nur manchmal einen Blick, gleich als wenn es wetterleuchtet, davon die dritte Mutter manchmal auch ganz lüstern wird und sich hoch erfreut, aber von der Grimmigkeit des Zorns Gottes bald wieder zugeriegelt wird.

26.95. So tanzt auch der Teufel auf dieser Pforte, denn es ist das Gefängnis, in dem der neue Mensch verborgen und der Teufel gefangen liegt.

26.96. Ich meine aber im Haus der Tiefe dieser Welt, obwohl das Fleischhaus und die Tiefe alles zusammen wie ein Leib miteinander inqualiert, und es ist auch ein Leib, nur mit unterschiedlichen Teilen oder Gliedern.

Die Tiefe im Zentrum

26.97. Siehe, wenn nun der Samen geboren ist, dann steht er inmitten des Leibes im Herzen, denn dort empfängt die Mutter der Dreiheit.

26.98. Erstlich empfängt der herbe Geist, der eine Masse aus dem süßen Wasser zusammenzieht, das heißt, aus der Fettigkeit des Herzblutes oder Saftes oder Öls des Herzens. Dieses Öl hat nun schon die Wurzel der Dreiheit in sich wie der ganze Mensch, denn es ist eben, als würfe man ein Zunderfeuer (oder brennendes Streichholz) ins Stroh.

26.99. Nun fragt es sich, wie das zugeht. Hier ist nun der wirkliche Grund des Menschen. Den solltest du eigentlich erkennen, denn es ist der Spiegel des großen Geheimnisses, die tiefe Verborgenheit der Menschheit, um das alle Gelehrten von der Welt her getanzt und diese Tür gesucht haben, aber doch nicht fanden.

26.100. Hier muß ich nun wieder vermelden, wie es der Türhüter haben will, daß es die Morgenröte des Tages ist.

26.101. Dazu erkenne: Gleichwie die erste Masse geworden ist, daraus Adam ein lebendiger Mensch wurde, so wird in gleicher Gestaltung auch eine jede Masse oder jeder Samen der Dreiheit in jedem Menschen.

26.102. Als der Salpeter oder das Gewirke der sechs Quellgeister, das der siebente Naturgeist ist, im Raum dieser Welt angezündet wurde, da stand das Wort oder Herz Gottes überall mitten im Kreis der sieben Geister wie ein Herz, das alles auf einmal zugleich erfüllt, das heißt, den ganzen Raum dieser Welt.

26.103. Weil aber die Tiefe im ganzen Raum dieser Welt seines Vaters, also des Herzens, Gottes Leib war, also des Vaters Leib, und das Herz im ganzen Leib wie des Vaters Glanz leuchtete, so war der verdorbene Salpeter überall mit dem Licht oder Herzen Gottes infiziert. Und so konnte das Herz Gottes auch nicht daraus fliehen, sondern verbarg seinen Glanz und Schein im Leib der ganzen Tiefe vor den greulichen angezündeten Geistern der Teufel.

26.104. Als dies geschah, wurden die Quellgeister alle ganz grimmig und hart ringend, und der herbe Geist als der stärkste zog im siebenten Naturgeist das Gewirke der anderen fünf ganz schrecklich zusammen, davon die bittere Erde und die Steine entstanden, aber noch nicht (zum Planeten Erde) zusammengetrieben waren, sondern in der ganzen Tiefe schwebten.

26.105. In dieser Stunde ist die Masse zusammengezogen worden. Denn als sich das Herz Gottes im Salpeter verbarg, da blickte es den ganzen Raum oder Leib wieder an und überlegte, wie ihm wieder zu helfen wäre, damit wieder ein Engelreich in der Tiefe dieser Welt würde.

26.106. Der Anblick aber war der Liebegeist im Herzen Gottes, der am Ort des Anblicks das Öl des Wassers infizierte, wo zuvor das Licht aufgegangen war.

26.107. Hier denke an den Anblick von St. Petrus im Haus Kaiphas, eben das ist es. (Joh. 18.12)

26.108. Wie der Mann das Weib anblickt und das Weib den Mann, und des Mannes Geist (der die Wurzel der Liebe ist, die im Aufgang des Lebens aus dem Wasser durch das Feuer aufgeht) sowohl auch des Weibes Geist, so daß ein Geist den anderen in diesem Öl des Herzens empfängt, dadurch alsbald eine Masse, ein Samen oder ein treibender Wille eines anderen Menschen in der Masse entsteht.

26.109. In gleicher Art und Weise ist auch die erste Masse geworden, denn der Liebegeist im Herzen Gottes blickte im Leib des angezündeten zornigen Vaters das Wasser des Lebens an, davon und daraus die Liebe im Feuerblitz vor der Zeit des Zorns aufging.

26.110. In diesem Anblick hat ein Geist den anderen gefangen. Das Öl oder Wasser im Zorn hat den Liebegeist im Herzen Gottes empfangen und mit ihm inqualiert, und der herbe Geist hat die Masse zusammengezogen. Damit war es schon eine Geburt oder der Wille einer ganzen Kreatur gewesen gleichwie der Samen im Menschen.

26.111. Nun ist aber die Feste des Himmels zwischen das Herz Gottes und die angezündete harte Kammer des Todes geschlossen worden, sonst hätte sich sogleich das Leben in der Masse angezündet. Denn die Feste war in der Masse sowie auch außerhalb der Masse und ist das Scheideziel zwischen dem Herzen Gottes und den grimmigen Teufeln.

26.112. Darum mußte das Wort oder Herz Gottes den wallenden Geist in der Masse aufblasen (und anfachen), welches aus gewissen Ursachen erst am sechsten Tag geschah.

26.113. Wenn aber der Himmel nicht als eine Feste in der Masse zwischen dem Herzen Gottes und der Masse körperlicher Quellgeister geschlossen gewesen wäre, dann hätte die Masse die Seele aus eigener Kraft anzünden können, wie es mit den heiligen Engeln geschah.

26.114. Dann wäre aber zu befürchten gewesen, daß es wie mit dem schönen Söhnlein Luzifer zugegangen wäre, weil in dieser Masse die körperlichen Quellgeister schon im Zornfeuer angesteckt waren.

26.115. Darum mußte der Himmel eine Feste zwischen (bzw. um) dem Funken sein, der das Herz Gottes im ersten Anblick empfangen hatte, falls dann der Körper im Zornfeuer verdürbe, daß doch der heilige Samen bliebe, der die Seele ist, die mit dem Herzen Gottes inqualiert, und daraus dann ein neuer Leib werden könnte, wenn der ganzheitliche Gott die Tiefe dieser Welt wieder im Licht des Herzens Gottes anzünden würde, wie es dann auch so geschieht, wenn sich die Liebe Gottes erbarmt.

26.116. Der teure Mann Moses schreibt: »Gott habe den Menschen aus einem Erdenkloß gemacht«, wie es die Gelehrten verdeutscht haben. Er war aber nicht dabeigewesen, als es geschah.

26.117. Ich muß trotzdem sagen, daß Moses wahrhaftig geschrieben hat. Aber der wahre Verstand, woraus die Erde geworden ist, war sowohl dem Moses als auch seinen Nachkömmlingen unter den Buchstaben verborgen geblieben, und so hat es auch der Geist bis auf diese Zeit verborgen gehalten.

26.118. Es war sogar Adam, solange er noch im Paradies war, verborgen gewesen. Nun aber wird es ganz offenbar, denn das Herz Gottes hat an die Kammer des Todes angestoßen und will bald hindurchbrechen.

26.119. Darum werden jetzt mit der Zeit immer mehr und längere Strahlen des Tages in immer mehr Menschenherzen durchbrechen und den Tag verkündigen.

26.120. Wenn aber diese Morgenröte vom Aufgang bis zum Niedergang erscheinen wird, dann ist weiter keine Zeit mehr, sondern die Sonne des Herzens Gottes geht auf und RA. RA. R. P. wird in die Kelter (auf den Abfall) außerhalb der Stadt gestoßen und mit ihm AM. R. P. („das böse Tier samt den Huren“, Quelle: Neubegeisterter Böhme, Quirinus Kuhlmann, 1674, S.145).

26.121. Dies sind verborgene Worte, die allein in der Sprache der Natur verstanden werden.

26.122. Moses schreibt wohl zurecht, daß der Mensch aus Erde geschaffen worden sei. Aber zu der Zeit, als die Masse vom Wort gehalten wurde, war die Masse noch keine Erde. Wenn sie aber nicht vom Wort gehalten worden wäre, dann wäre zur selben Stunde schwarze Erde daraus geworden. Doch das kalte Zornfeuer war schon darin.

26.123. Denn zur selben Stunde, als sich Luzifer erhob, ergrimmte der Vater in den Quellgeistern gegen die Legionen Luzifers und das Herz Gottes verbarg sich in der Festen des Himmels. Da war der Salpeter oder das Gewirke der Leiblichkeit schon brennend, denn außerhalb des (göttlichen) Lichtes ist die finstere Kammer des Todes.

26.124. Die Masse aber wurde von der Feste des Himmels gehalten, damit sie nicht erstarb (und erstarrte), denn als das Herz Gottes mit seiner hitzigen Liebe die Masse anblickte, da empfing das Öl in der Masse, das aus dem Wasser durch das Feuer aufstieg, daraus das Licht und dann der Liebegeist aufgeht, das Herz Gottes und wurde eines jungen Sohnes schwanger.

26.125. Das war der Samen der Liebe, denn eine Liebe empfing die andere. Die Liebe der Masse empfing die Liebe aus dem Anblick des Herzens Gottes und wurde damit infiziert und schwanger. Und das ist die Geburt der Seele, und nach diesem Sohn ist der Mensch Gottes Bild.

26.126. Aber die Quellgeister in der Masse konnten hiermit nicht sogleich von der Seele angezündet werden, denn die Seele stand nur im Samen der Masse mit dem Herzen Gottes in seinem Himmel verborgen, bis der Schöpfer die Masse aufblies (und anfachte). Da zündeten auch die Quellgeister die Seele an, und da lebten Leib und Seele zugleich.

26.127. Die Seele hatte wohl auch vor dem Leib ihr Leben, aber es stand in der Masse im Herzen Gottes im Himmel verborgen und war nur ein heiliger mit Gott inqualierender Samen, der ewig, unvergänglich und unzerstörbar war, denn es war ein neuer und reiner Samen zu einem Engel und Bild Gottes.

26.128. Das Gewirke aber der ganzen Masse war ein Auszug oder Anziehen des Wortes Gottes aus dem Gewirke der Quellgeister oder des Salpeters, daraus dann die Erde wurde.

26.129. Doch dieser Auszug war noch nicht zu Erde geworden, auch wenn der Salpeter der Erde da war, sondern wurde vom Wort gehalten. Denn als der Liebegeist aus dem Herzen Gottes den Salpeter der Masse anblickte, da empfing der Salpeter und wurde im Zentrum der Seele schwanger. Und das Wort stand in der Masse im Schall, aber das Licht blieb im Zentrum der Masse in der Feste des Himmels im Öl des Herzens verborgen stehen und bewegte sich nicht außerhalb der Feste des Himmels in der Geburt der Quellgeister.

26.130. Ansonsten, wenn sich das Licht in der Geburt der Seele angezündet hätte, dann hätten alle sieben Quellgeister nach dem Recht der ewigen Gottheit im Licht triumphiert und qualifiziert, und es wäre ein lebendiger Engel gewesen. Weil aber der Zorn den Salpeter schon infiziert hatte, so war der Schaden wie bei Luzifer zu befürchten.

26.131. Nun fragt es sich: „Warum wurden dann nicht sogleich viele Massen geschaffen, daraus auf einmal ein ganzes englisches Heer anstelle des gefallenen Luzifers entstanden wäre? Warum sollte sich noch eine so lange Zeit im Zorn hinziehen, und warum sollte das ganze Heer aus der einigen Masse in solcher gar langen Zeit geboren werden? Oder hat der Schöpfer diesmal den Fall des Menschen nicht gesehen und erkannt?“ Dies ist nun das rechte Tor der Verborgenheit Gottes, daran der Leser ja erkenne soll, daß es nicht eines Menschen Vermögen wäre, solches zu erkennen oder zu wissen, wenn in der Seele nicht die Morgenröte im Zentrum anbräche. Denn es sind göttliche Geheimnisse, die kein Mensch aus eigenem Verstand erforschen kann. Auch ich selbst achte mich zu unwürdig dazu. Ich werde auch Spötter genug haben, denn die verdorbene Natur schämt sich schrecklich sehr vor dem (göttlichen) Licht.

26.132. Ich kann es aber trotzdem nicht unterlassen, denn wenn das göttliche Licht im Kreis der Geburt des Lebens anbricht, dann freuen sich die Quellgeister und sehen im Kreis des Lebens in ihrer Mutter zurück in die Ewigkeit und auch vor sich in die Ewigkeit.

26.133. Es ist aber kein beharrliches Wesen oder Verklären (Erleuchten) der Quellgeister, viel weniger des tierischen Leibes, sondern es sind Strahlen der Durchbrechung des göttlichen Lichtes mit feurigem Antrieb, der durch das sanfte Wasser des Lebens in der Liebe aufsteigt und in seinem Himmel stehenbleibt.

26.134. Darum kann ich es nicht weiterbringen, als vom Herzen ins Gehirn vor den fürstlichen Thron der Sinne (der ganzheitlichen Sicht bzw. Vernunft). Dort wird es in der Feste des Himmels verschlossen und geht nicht wieder durch die Quellgeister zurück in die Mutter des Herzens, so daß es auf die Zunge kommen könnte. Wenn dies geschähe, dann könnte ich es mündlich sagen und der Welt verkünden.

26.135. Ich will es deswegen in seinem Himmel stehenlassen und nach meinen Gaben schreiben und mit Bewunderung zusehen, was noch werden will, denn ich kann es in den Quellgeistern nicht genug begreifen, weil (bzw. solange) sie in der ängstlichen Kammer stehen. Der Seele nach sehe ich es wohl, aber die Feste (Festung) des Himmels ist dazwischen, in der sich die Seele verbirgt und dort selbst ihre Strahlen vom Licht Gottes empfängt. Deswegen kommt (das göttliche Licht) durch die Feste des Himmels, wie es wetterleuchtet, aber ganz sanft gleich einer lieblichen Wonne.

26.136. So daß ich in der Begreiflichkeit meiner innerlichen Quellgeister im Kreis des Lebens nicht anders (wahrhaftig) erkennen kann, es sei denn, der (geistige) Tag bricht an. Deswegen will ich nach dieser Erkenntnis schreiben, sollte auch der Teufel die Welt stürmen, welches er doch nicht tun kann, sondern es wird ihm auch dabei sein Stundenglas gezeigt (daß seine irdische Zeit abläuft).

26.137. Nun herbei, ihr Gnadenwähler, die ihr vermeint, ihr trefft es, und den einfältigen Glauben für eine Närrin haltet. Ihr habt lange vor dieser Tür getanzt und euch der Schrift berühmt, wie Gott bereits im Mutterleib manche Menschen in Gnade zum Himmelreich erwählt und manche verstoßen habe.

26.138. Hier macht euch nun viele (verschiedene) Massen, aus denen andere Menschen mit anderer Qualität werden können. Dann könnt ihr rechthaben. Doch aus der einigen Masse könnt ihr nicht mehr als eine Liebe Gottes machen, die durch den ersten Menschen auf und durch alle dringt. Gott gebe es! Auch wenn es Petrus oder Paulus anders geschrieben haben, so seht doch auf den Grund, auf das Herz! Wenn ihr nur das Herz (Gottes) erhascht, dann habt ihr Grund genug. Läßt mich Gott noch eine Weile leben, dann will ich euch die Gnadenwahl von St. Paulus wohl erklären. - Anno 1612

Beschluß des Autors

Ich verkünde dem gottliebenden Leser, daß dieses Buch „Morgenröte“ nicht vollendet worden ist, denn der Teufel gedachte, damit Feierabend zu machen (in Form eines Schreibverbots auf Drängen der örtlichen Kirche), weil er sah, daß der Tag darin anbrechen wollte. Auch hat der Tag die Morgenröte schon übereilt (überschritten), so daß es schon fast licht geworden ist. Es gehörten wohl noch 30 Bögen dazu (zu diesem Buch). Weil es aber der Sturm abgebrochen hat, so wurde es nicht vollendet, und unterdessen ist es Tag geworden, so daß die Morgenröte verloschen ist, und seit dieser Zeit am Tag gearbeitet wird. So soll es nun zum ewigen Gedächtnis stehenbleiben, weil damit der Mangel in den anderen Büchern erstattet (bzw. behoben) worden ist. - Anno 1620


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