Von sechs theosophischen Punkten

(Text von Jacob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2021)

Vorrede des Autors an die Leser

Wir haben dieses Werk nicht für die unvernünftigen Tiere geschrieben, die im Äußeren Menschengestalt haben, aber in ihrer Bildung im Geist bösartige und wilde Tiere sind, welches sich an ihren Eigenschaften eröffnet und darstellt, sondern für Menschen, die aus der tierischen Bildung mit einer Menschenbildnis ausgrünen, die in Gottes Reich gehört, und die in dieser Menschenbildnis gern im wahren Menschen leben und wachsen wollten, aber oft und viel vom widerwärtigen Leben behindert werden, und so im vermischten Leben stecken und sich zur Geburt des heiligen Lebens ängstigen. Denen haben wir diese Schriften geschrieben und sagen ihnen, daß sie es nicht für unmöglich ansehen sollen, solche Geheimnisse zu erkennen und zu wissen, und geben ihnen das in einem Gleichnis zu ersinnen: Es ist, als bestünde ein Leben, das wäre aus allen Leben gewachsen, und wäre vermischt (mit Böse und Gut). Es wüchse aber in demselben ein anderes Leben aus allen Leben, und das wäre, obwohl es aus allen Leben gewachsen wäre, frei von all den anderen Leben, und stünde doch auch in allen Essenzen dieser Leben. Dieses andere neue Leben würde mit dem Licht erleuchtet, aber nur in sich, so daß es die anderen Leben alle schauen könnte. Doch sie (die anderen Leben) könnten das neue Leben weder schauen noch ergreifen. So ist ein jeder, der aus dem vermischten Leben von Böse und Gut wieder in und aus Gott geboren wird. Diese neue Bildung, die im Leben Gottes geboren ist, schaut (und durchschaut) alle natürlichen Leben, und so ist ihr nichts fremd oder schwer, denn sie schaut nur ihre Wurzel, daraus sie gewachsen ist. Das können wir erkennen, wie eine schöne Blume aus der wilden Erde wächst, die der Erde nicht ähnlich sieht, aber mit ihrer Schönheit der Erde Vermögen erklärt (und offenbart) und wie diese mit Guten und Bösen vermischt ist. So ist auch ein jeder Mensch, der aus der tierischen, wilden und irdischen Art und Eigenschaft wieder zur wahren Bildung Gottes geboren wird. All denen, die so ein Gewächs sind, zur schönen Lilie im Reich Gottes treiben und in dieser Geburt stehen, haben wir dieses Buch geschrieben, damit sie ihre Essenzen darin stärken können, im Leben Gottes grünen, und im Baum des Paradieses wachsen und Frucht tragen, zumal alle Kinder Gottes, die in diesem Baum wachsen, Zweige an demselben Baum sind. So haben wir unseren Zweigen und Mitästen (bzw. Mitmenschen) in unserem Baum, darin wir alle stehen und daraus wir alle wachsen, unseren Saft, Geruch und Essenz mitteilen wollen, damit unser Baum des Paradieses groß würde, wir uns untereinander freuten, und daß jeweils ein Ast und Zweig den anderen vor dem Sturm bedecken helfe. Das geben wir allen Kindern dieses Gewächses in diesem Baum freundlich zu erwägen, und empfehlen uns in ihre Liebe und Gewächs.

Verzeichnis der sechs Punkte

1. Punkt: Vom Gewächs der drei Prinzipien, was ein jedes in sich und aus sich selbst für einen Baum oder ein Leben gebäre. Wie man den Grund der Natur erforschen und erkennen kann.

2. Punkt: Vom vermischten Baum des Bösen und Guten, oder das Leben der drei Prinzipien ineinander, wie sich das vereinige und vertrage.

3. Punkt: Vom Ursprung der Widerwärtigkeit des Gewächses, in dem das Leben in sich selbst streitig wird.

4. Punkt: Wie der heilige und gute Baum des ewigen Lebens aus allen Gewächsen der drei Prinzipien aus und durchwachse, aber von keinem ergriffen werden kann.

5. Punkt: Vom Baum und Lebensgewächs der Verderbnis, und wie ein Leben verderben kann, das heißt, wie es aus der Qualität der Liebe und Freude in eine Qual des Elends tritt, das anderen Lebewesen feindlich ist.

6. Punkt: Vom Leben der Finsternis, in dem die Teufel wohnen, und was das für eine Geburt und Qual hat.

Eine offene Pforte aller Geheimnisse des Lebens, darin die Ursachen aller Wesen erkannt werden. Geschrieben im Jahr 1620.


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