Von sechs theosophischen Punkten

(Text von Jacob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2021)

1. Kapitel - Das Gewächs des ersten Prinzips

Vom ersten Gewächs und Leben aus dem ersten Prinzip. So zu erwägen und zu betrachten, als ob es allein stünde und mit dem zweiten nicht vermischt wäre, was sein Vermögen betrifft. Nicht dergestalt zu bedenken, daß es in einer Bildung oder Kreatur so einig (und allein) sei, sondern damit man das Zentrum der Natur erforschen und ergründen lerne und das göttliche Wesen von der Natur unterscheiden lerne.

Vom ersten Punkt (der sechs theosophischen Punkte)

Vom Gewächs der drei Prinzipien, was ein jedes in sich und aus sich selbst für einen Baum oder ein Leben gebäre. Wie man den Grund der Natur erforschen und erkennen kann.

1.1. Wir sehen und finden, daß ein jedes Leben essentiell ist, und finden auch, daß es im Willen steht, denn der Wille ist das Treiben der Essenzen.

1.2. Und es ist uns so zu ersinnen, als ob ein verborgenes Feuer im Willen läge, so daß sich der Wille immer für das Feuer erhöbe und es erwecken und anzünden wollte.

1.3. Denn wir verstehen, daß ein jeder Wille ohne die Erweckung der feurigen Essenzen eine Unvermögenheit ist, gleichsam stumm ohne Leben, weil kein Gefühl, Verstand oder Wesenheit darin ist. Dann gleicht er nur einem Schatten ohne Wesen, weil er keinen Führer hat, sondern er versinkt und läßt sich treiben und führen, gleich einem toten Wesen, wie solches an einem Schatten zu ergründen ist, der ohne Essenz geführt wird.

1.4. So ist ein unessentieller Wille ein stummes Wesen ohne Begriff und Leben, aber ist doch eine Bildung im unergründlichen ewigen Nichts, denn er hängt an den körperlichen Dingen.

1.5. Wie nun der Wille ohne Essenz stumm und ohne Wesen ist, so ist er in der Essenz ein Wesen und Bildnis entsprechend den Essenzen, das nach den Essenzen gebildet wird, denn das Willen-Leben wird aus den Essenzen geboren.

1.6. So ist das Leben der Sohn der Essenzen, und der Wille, in dem die Bildung des Lebens steht, ist der Vater der Essenzen. Denn keine Essenz kann ohne Willen entstehen, weil im Willen das Begehren geschaffen wird, in dem die Essenzen entstehen.

1.7. Wenn aber der erste Wille ein Ungrund ist, der wie ein ewiges Nichts zu betrachten ist, dann erkennen wir ihn gleich einem Spiegel, darin einer sein eigenes Bildnis sieht, gleich einem Leben, aber es ist doch kein Leben, sondern eine Bildung des Lebens und des Bildes vom Leben.

1.8. So erkennen wir den ewigen Ungrund jenseits der Natur gleich einem Spiegel: Denn er ist wie ein Auge (des Bewußtseins), das da sieht, und führt doch nichts im Sehen, womit es sieht, denn das Sehen ist ohne Wesen, obwohl es doch aus Wesen geboren wird, nämlich aus dem essentiellen Leben.

1.9. So ist uns erkenntlich, daß der ewige Ungrund jenseits der Natur ein Wille ist, gleich einem Auge, in dem die Natur verborgen liegt, oder gleich einem verborgenen Feuer, das nicht brennt, das da ist, aber auch nicht da ist. Denn es ist kein Geist, sondern eine Gestaltung des Geistes, wie der Schein im Spiegel, weil alle Gestaltung eines Geistes im Schein oder Spiegel gesehen wird. Und da ist doch nichts, was das Auge oder der Spiegel sieht, sondern sein Sehen besteht in sich selbst, denn es ist nichts vor ihm, was da tiefer wäre. Es ist gleich einem Spiegel, der ein Behälter des Anblicks der Natur ist, doch die Natur nicht ergreift, und die Natur ergreift auch den Schein des Bildes im Spiegel nicht.

1.10. Und so ist eines frei vom anderen, und der Spiegel ist doch wahrhaftig der Behälter des Bildes. Er erfaßt das Bild und ist doch ohnmächtig gegen den Schein, weil er den Schein nicht erhalten kann. Denn wenn das Bild vom Spiegel wegtritt, dann ist der Spiegel (nur noch) ein heller Glanz, und sein Glanz ist ein Nichts, und doch liegt alle Gestaltung der Natur darin verborgen, gleich wie ein Nichts, und ist doch wahrhaftig, aber nicht essentiell.

1.11. So ist uns dies von der verborgenen ewigen Weisheit Gottes zu erkennen und zu verstehen, die einem ewigen Auge (des Bewußtseins) ohne (ein greifbares) Wesen gleicht. Sie ist der Ungrund und sieht doch Alles, denn in ihr steht seit Ewigkeit alles verborgen, davon sie ihr Sehen hat. Sie ist aber nicht essentiell, gleich wie der Glanz des Spiegels nicht essentiell ist, der doch alles erfaßt, was vor ihm erscheint.

1.12. Und das Gleiche wie vom Geist Gottes, können wir zum anderen vom ewigen Willen verstehen, der auch ohne Wesen ist. Denn kein Sehen ist ohne Geist, und so ist auch kein Geist ohne Sehen. Und so verstehen wir, daß aus dem Geist das Sehen erscheint, das sein Auge und Spiegel ist, darin der Wille offenbar wird. Denn das Sehen macht einen Willen, in dem der Ungrund der Tiefe ohne Zahl keinen Grund noch Ziel zu finden weiß. So geht sein Spiegel in sich, und macht einen Grund in sich, und das ist ein Wille.

1.13. Auf diese Weise erscheint der Spiegel des ewigen Auges im Willen und gebiert sich selbst einen anderen ewigen Grund in sich selbst. Dieser ist sein Zentrum oder Herz, daraus das Sehen seit Ewigkeit immer entsteht, und dadurch der Wille rege und führend wird, nämlich dessen, was das Zentrum gebiert.

1.14. Denn es wird alles im Willen ergriffen und ist ein Wesen, das von selbst im ewigen Urgrund in sich selbst ewig entsteht, in sich selbst eingeht und das Zentrum in sich macht. Es faßt sich in sich selbst, geht aber mit dem Gefaßten aus sich heraus, offenbart sich im Glanz des Auges, und erscheint so aus dem Wesen in sich und aus sich selbst. Es ist sein Eigenes, und ist doch auch gegenüber der (greifbaren) Natur wie ein Nichts, obwohl es doch alles ist und alles daraus entsteht.

1.15. Und so verstehen wir darin auch das ewige Wesen der göttlichen Dreiheit mit der unergründlichen Weisheit. Denn der ewige Wille, der das Auge (des Bewußtseins) als den Spiegel erfaßt, darin das ewige Sehen als seine Weisheit (des ganzheitlichen Wissens) steht, ist der Vater. Und das ewige Gefaßte in die Weisheit, wenn das Fassen einen Grund oder ein Zentrum in sich selbst aus dem Ungrund in den Grund faßt, ist der Sohn oder das Herz, denn es ist das Wort des Lebens oder seine Wesenheit, darin der Wille mit dem Glanz erscheint.

1.16. Und das In-sich-gehen zum Zentrum des Grundes ist der Geist, denn es ist der Finder, der da seit Ewigkeit immer findet, wo nichts ist. Dieser geht wiederum aus dem Zentrum des Grundes heraus und sucht im Willen. Dann wird der Spiegel des Auges als die Weisheit des Vaters und Sohnes offenbar. Und so steht die Weisheit vor dem Geist Gottes, der den Ungrund in ihr offenbart. Denn ihre Tugend, darin die Farben der Wunder erscheinen, wird aus dem Vater des ewigen Willens durch das Zentrum seines Herzens oder Grundes mit dem ausgehenden Geist geoffenbart.

1.17. Denn sie ist das Ausgesprochene, das der Vater aus dem Zentrum des Herzens mit dem Heiligen Geist ausspricht, und steht in den göttlichen Formungen und Bildnissen im Augenschein der Heiligen Dreieinigkeit Gottes, aber als eine Jungfrau ohne Gebären, denn sie gebiert nicht die Farben und Bildungen, die in ihr erscheinen und im Grund und Wesen offenbar stehen. Sondern es ist alles zusammen eine ewige Magie (bzw. Illusion), und es wohnt mit dem Zentrum des Herzens in sich, und mit dem Geist aus dem Zentrum geht es aus sich heraus und offenbart sich unendlich (vielfältig) im Auge der jungfräulichen Weisheit.

1.18. Denn wie das Wesen der Gottheit keinen Grund hat, aus dem es entsteht und herkommt, so hat auch der Willengeist keinen Grund, wo er ruhen könnte, wo eine Stätte oder ein Ziel wäre, sondern er heißt „wunderbar“. Und sein Wort oder Herz, von wo er ausgeht, heißt „ewige Kraft der Gottheit“, und der Wille, der das Herz und die Kraft in sich gebiert, heißt „ewiger Rat“ (bzw. „ewiges Rad“).

1.19. So ist das Wesen der Gottheit an allen Enden und Orten in der Tiefe des Ungrundes, gleichwie ein Rad oder Auge, wo der Anfang immer das Ende hat (bzw. ist). Denn ihm (Gott) ist keine Stätte erfunden, denn er ist selbst die Stätte aller Wesen und die Fülle aller Dinge, und wird doch von nichts ergriffen oder gesehen. Denn es ist ein Auge in sich selbst, wie der Prophet Hesekiel solches in Kapitel 1 (Hes. 1.1) in einem Bild durch die Einführung seines Willengeistes in Gott gesehen hat, als seine geistige Bildung in die Weisheit Gottes eingeführt wurde, nämlich mit dem Geist Gottes, soweit er das Schauen erreicht hat, denn anders kann das nicht sein.

Der andere Text („Die drei Prinzipien“)

1.20. So verstehen wir, daß das göttliche Wesen in der Dreifaltigkeit im Ungrund in sich selber wohnt und sich einen Grund in sich selber gebiert, nämlich das ewige Wort oder Herz, welches das Zentrum oder Ziel der Ruhe in der Gottheit ist. Und wo es doch nicht durch (greifbare) Wesenheit verstanden wird, sondern durch einen dreifaltigen Geist, wo jeweils einer des anderen Ursache in der Geburt ist.

1.21. Doch dieser dreifaltige Geist ist nicht ermeßlich, abteilbar oder ergründlich, denn ihm ist keine Stätte erfunden, und er ist zugleich der Ungrund der Ewigkeit, der sich in sich selbst im Grund gebiert. So kann auch kein Ort oder keine Stätte ersonnen oder gefunden werden, wo der Geist der Dreieinigkeit nicht gegenwärtig und in allem Wesen wäre. Aber er ist dem Wesen verborgen, in sich selbst wohnend, als ein Wesen, das zugleich auf einmal alles erfüllt und doch nicht im Wesen wohnt, sondern selbst ein Wesen in sich hat. Auf diese Weise können wir über den Grund und Ungrund nachsinnen, wie die beiden miteinander verstanden werden.

1.22. Und so verstehen wir auch die Ewigkeit: 1.) Wie es vor den Zeiten der Schöpfung dieser Welt gewesen war. 2.) Was das göttliche Wesen in sich selbst ohne ein Prinzip ist. 3.) Was der ewige Anfang im Ungrund und das ewige Ende in seinem eigenen, in sich geborenen Grund ist, nämlich das Zentrum zum Wort, dem Wort, welches das Zentrum selbst ist. 4.) Und wie doch die ewige Geburt des Wortes im Willen und im Spiegel der ewigen Weisheit wie in einer Jungfrau ohne Gebärerin oder ohne Gebären von Ewigkeit zu Ewigkeit immer geschieht.

1.23. Und in dieser Jungfrau der Weisheit Gottes ist das ewige Prinzip wie ein verborgenes Feuer, das wie in einem Spiegel an seinen Farben erkannt wird. Und es ist von Ewigkeit zu Ewigkeit in der Bildung erkannt worden, und wird auch in alle Ewigkeit im ewigen Ursprung der Entstehung, also in der Weisheit erkannt.

1.24. Und in diesem Spiegel, wo das Prinzip aus dem ewigen Ungrund eröffnet wird, ist auch das Wesen der drei Prinzipien nach dem Gleichnis der Heiligen Dreiheit mit ihren Wundern erkannt worden, nämlich in einer unergründlichen Tiefe, und das seit Ewigkeit.

1.25. So können wir jetzt verstehen, daß das erste Prinzip im Ursprung magisch ist, denn es wird im Willen ein Begehren geboren. Daher ist dann auch seine Sucht und der Widerwille zu gebären magisch, nämlich um das zweite Prinzip zu gebären.

1.26. Und weil es dann im ersten und zweiten Prinzip nur als ein Geist ohne begreifbares Wesen verstanden wird, deshalb gibt es die Sucht, um ferner das dritte Prinzip zu gebären, darin der Geist der zwei Prinzipien ruhen (und wirken) und sich im Gleichnis offenbaren kann.

1.27. Und wie es wohl so ist, daß ein jedes Prinzip sein Zentrum hat, so steht dann das erste Prinzip in der magischen Qual und sein Zentrum ist Feuer, das ohne Wesen nicht bestehen kann, daher auch sein Hunger und Begehren nach Wesen kommt.

1.28. Und wenn wir nur vom ersten Prinzip wie von einem reden, obwohl es nicht das einzige ist, dann können wir verstehen, daß der unergründliche Wille im Zentrum des Ungrundes, in dem das ewige Wort seit Ewigkeit immer geboren wird, begehrend ist, denn der Wille begehrt das Zentrum als das Wort oder Herz.

1.29. Und zum Zweiten begehrt er, daß das Herz offenbar sein möge, denn im Ungrund ist keine Offenbarung, sondern ein ewiges Nichts, eine Stille ohne Wesen oder Farben, auch keine Tugend. Aber in diesem Begehren werden Farben, Kraft und Tugend. Also ist es doch nur in sich verborgen und wäre ewig nicht offenbar, denn es wäre kein Licht, Glanz oder Majestät, sondern ein dreifacher Geist in sich selbst, der ohne Qual (bezüglich des wirkenden „Quell-Geistes“, der gestaltenden „Qualität“ und der feindlichen „Qual“) ein einiges Wesen wäre.

1.30. So ist uns das Wesen der tiefsten Gottheit ohne und jenseits der Natur zu verstehen.

1.31. Ferner ist uns zu verstehen, wie der ewige Wille der Gottheit begehrt, sich aus seinem eigenen Grund im Licht der Majestät zu offenbaren, darin wir dann den ersten begehrenden Willen des Vaters zum Sohn und zum Licht der Majestät erkennen. Und das geschieht auf zwei Wegen: Der erste Weg zum Zentrum des Wortes, und der zweite Weg zum Licht oder zur Offenbarung des Wortes. Und wir finden, daß ein jedes Begehren anziehend ist, obwohl im Ungrund nichts ist, was da gezogen werden könnte. So zieht sich aber das Begehren selbst und schwängert den zweiten Willen des Vaters, der zum Licht der Majestät aus dem Zentrum seines Wortes oder Herzens imaginiert.

1.32. Jetzt ist das Herz vom Licht schwanger, und auch der erste Wille der Natur wird schwanger. Und es wäre doch keines offenbar, wenn nicht das Prinzip geboren würde.

1.33. Denn es ist so zu ersinnen, daß der Vater aus dem ersten Willen das erste Prinzip gebiert, nämlich die Natur, die im Feuer zur höchsten Vollkommenheit kommt. Und dann gebiert er das zweite Prinzip in und aus dem zweiten Willen zum Wort (hinzu), indem er die Offenbarung des Wortes im Licht der Majestät begehrt, weil das Feuer des zweiten Prinzips im Licht der Majestät eine Erfüllung des zweiten Willens ist, nämlich die Sanftmut, die dem Feuer des ersten Prinzips entgegengesetzt ist und seinen Grimm löscht und in ein essentielles Wesen als in ein ewiges Leben stellt, wo das Feuer im Licht verborgen ist und dem Licht seine Kraft, Stärke und Macht gibt, weil sie zusammen ein ewiges Band sind und eines ohne das andere nichts wäre.

Vom ersten Prinzip in sich selbst, was es in sich selbst eigentlich ist

1.34. Diesem Begehren sollten wir nachzusinnen: Denn ein jedes Begehren zieht das an, was im begehrenden Willen ist.

1.35. So begehrt doch Gott nur das Licht als den Glanz aus seinem Herzen, damit er in der Weisheit erscheine, und damit der ganze Gott in sich und mit dem ausgehenden Geist aus sich heraus in der Jungfrau seiner Weisheit offenbar sei, und daß eine ewige vollkommene Freude, Lust und Erfüllung in ihm sei.

1.36. Dies kann nun nicht anders geboren werden, als durch das Feuer, darin der Wille in die tiefste Schärfe der Allmacht gesetzt wird, indem er im Feuer verzehrend wird. Dagegen ist das Licht eine Sanftmut der Gebärerin der Allwesenheit.

1.37. So muß doch auch das Feuer eine Gebärerin zu seinem Ursprung und Leben haben, denn jetzt erscheint es in zwei Leben und Qualitäten. Diese werden zwei Prinzipen genannt, obwohl es doch auch nur eins ist, aber zweierlei Qualitäten in einem Wesen sind. Und wegen der Qualitäten wird es als zwei Wesen betrachtet, wie uns am Feuer und Licht zu ersinnen ist.

1.38. So sinnen wir jetzt dem Begehren nach und finden, daß es ein strenges Anziehen ist, wie ein ewiges Erheben und Bewegen. Denn es zieht sich selber in sich und schwängert sich, so daß aus der dünnen Freiheit, wo nichts ist, eine (verdeckende bzw. verdunkelnde) Finsternis wird, weil der begehrende Wille vom Einziehen dick und voll wird, obwohl es doch nichts als Finsternis ist.

1.39. Dann will der erste Wille von der Finsternis frei sein, denn er begehrt das Licht, aber kann es so nicht erreichen. Denn je größer das Begehren nach der Freiheit ist, je größer wird auch das Anziehen und der Stachel der Essenzen, die im Ziehen (oder Begehren) entstehen.

1.40. Also zieht der Wille immer mehr in sich und seine Schwängerung wird entsprechend größer. So kann doch die Finsternis das Zentrum des Wortes oder Herzens der Dreizahl nicht ergreifen, denn dieses Zentrum ist ein Grad tiefer in sich, aber es ist doch ein Band.

1.41. Doch der erste Wille, in dem die Schwängerung der Natur entsteht, ist noch tiefer als das Zentrum des Wortes (der „Information“), denn er entsteht aus dem ewigen Ungrund oder Nichts. So ist das Zentrum des Herzens in die Mitte (zwischen dem ursprünglichen Willen und der materiellen Finsternis) geschlossen, wo der erste Wille des Vaters zur Feuergeburt arbeitet.

1.42. Damit können wir nun erkennen, daß im strengen Anziehen eine ganz strenge Substanz und Wesen wird, in denen dann die (greifbare) Wesenheit seit Ewigkeit entsteht. Denn das Ziehen gibt den Stachel, und das Angezogene gibt die Härtigkeit und die Materie aus dem Nichts als eine Substanz und Wesenheit. Dann wohnt der Stachel des Ziehens in dieser Wesenheit, sticht und bricht, und das alles kommt vom begehrenden Willen, der zieht.

1.43. So sind uns hier zwei Gestaltungen der Natur zu erkennen, nämlich das Herbe, welches das Begehren ist, und dann der Stachel, der im Begehren ein Brechen und Stechen macht, davon die Fühlung entsteht, und das ist das Bittere, die zweite Gestaltung der Natur, eine Ursache und ein Ursprung der Essenzen in der Natur.

1.44. Doch der erste Wille begnügt sich nicht mit diesem, noch kommt er zur Ruhe, sondern wird damit in eine große Angst gesetzt (denn er begehrt die Freiheit im Licht). Dann gerät er in so schreckliche Angst und erhebt das Begehren so sehr nach der Freiheit, daß die Angst vor dem Sterben oder Entsinken durch den Tod ihren Willen aus dem Brechen, Stechen und gewaltigen Anziehen in die Freiheit hineinführt.

1.45. Wir verstehen also den Willen hier auf zwei Wegen: Einen, der in Grimmigkeit zur Gebärung des Grimmfeuers aufsteigt, und den anderen, der nach dem Zentrum des Wortes imaginiert und aus der Angst wie durch ein Sterben in das freie Leben entsinkt, und sogleich aus der Angstqual ein Leben in die Freiheit mit sich bringt, so daß der ewige Ungrund als ein Leben erkannt wird und aus dem Nichts ein ewiges Leben wird.

1.46. Wenn dann der erste Gang des Willens zur Feuergeburt aufsteigt, dann erkennen wir ihn als die erste Natur, nämlich als die Natur des Vaters im grimmigen Zorn. Und den anderen Eingang des Willens in die Freiheit, ins Zentrum des Herzens, erkennen wir als die göttliche Natur, als das Leben im Licht in der Kraft der Gottheit.

1.47. Damit ist nun erkenntlich, was der erste Wille zum Feuer wirkt und tut, nämlich eine strenge, harte, bittere und große Angst, welche die dritte Gestaltung der Natur ist. Denn die Angst ist gleichsam das Zentrum, wo das Leben und der Wille ewig entstehen. Denn der Wille will von der großen Angst frei sein, aber kann es doch nicht. Er will fliehen, aber wird von der Herbigkeit gehalten, und je größer der Wille zum Fliehen wird, desto größer wird der bittere Stachel der Essenzen und Vielfalt.

1.48. Wenn er dann nicht fliehen und auch nicht über sich steigen kann, dann wird er drehend wie ein Rad. Darin werden die Essenzen gemischt, und die Vielfalt der Essenzen kommt in einen gemischten Willen, der zurecht das „ewige Gemüt“ genannt wird, wo die Vielfalt mit den unzählbaren Wesen in einem Gemüt liegt, und wo aus einer Essenz immer wieder ein Wille entstehen kann, entsprechend der Eigenschaft der Essenz, darin die ewigen Wunder ihren Ursprung haben.

1.49. Wenn sich dann das große und starke Gemüt der Angstgestalt in sich selbst wie ein Rad dreht und immerfort das strenge Anziehen zerbricht und mit dem Stachel in die Vielfalt der Essenzen bringt, aber sich in der Angst im Rad wieder in ein Etwas wie in ein Gemüt faßt, dann ist jetzt das Angstleben geboren, nämlich die Natur, wo ein Regen, Treiben, Fliehen und Halten ist, dazu ein Fühlen, Schmecken und Hören. Aber es ist doch kein wahres Leben, sondern bloß ein Naturleben ohne ein Prinzip. Denn es hat kein Wachsen, sondern gleicht einer Unsinnigkeit oder Tollheit, wo sich etwas in sich selbst wie ein Rad dreht, was wohl auch ein Band des Lebens ist, aber ohne Vernunft und Erkenntnis, denn es kennt sich nicht selbst.

1.50. So sollten wir nun weiter nach dem zweiten Willen des ewigen Vaters, der „Gott“ genannt wird, forschen, der im Zentrum seines Herzens das Licht und die Offenbarung der Dreiheit in der Weisheit begehrt. Dieser Wille ist auf das Zentrum der Natur gesetzt oder gerichtet, denn aus der Natur muß der Glanz der Majestät entstehen.

1.51. So hat nun dieser zweite Wille im Wort des Lebens die Freiheit in sich, und der Angstwille in der Schärfe der Natur begehrt diese Freiheit, damit die Freiheit in der Angst des grimmigen Gemüts offenbar werden könnte.

1.52. Darin besteht dann auch die Angst, so daß der erste Wille von der finsteren Herbigkeit frei sein will und die Freiheit der Offenbarung begehrt, denn diese kann sich in sich selber ohne Schärfe oder Qual nicht finden (bezüglich des wirkenden „Quell-Geistes“, der gestaltenden „Qualität“ und der feindlichen „Qual“). Denn der Wille der Freiheit, der „Vater“ heißt, begehrt sich zu offenbaren, und das kann er ohne Eigenschaften nicht tun.

1.53. So begehrt er die Eigenschaften, die in der Angst in den Essenzen im Feuer entstehen, um seine Wunder, Kraft und Farben damit zu offenbaren, welches ohne die Natur nicht sein kann.

1.54. Und so begehrt der erste Wille (der „Vater“ heißt und die Freiheit selbst ist) die Natur, und die Natur begehrt mit großem Sehnen die Freiheit, daß sie von der Angstqual entledigt werden könne. Und sie empfängt die Freiheit in ihrem scharfen Grimm, in der Imagination, aber davon erschrickt sie wie ein Blitz, denn es ist ein Schreck der Freude, daß sie der Angstqual entledigt wird.

1.55. Und im Schreck entstehen zwei Wesen, nämlich ein tödliches und ein lebendiges, und das ist so zu verstehen:

1.56. Der Wille, der „Vater“ heißt und die Freiheit in sich hat, gebiert sich also in der Natur, so daß er der Natur fähig und der Natur Allmacht ist.

1.57. Und der Schreck seiner Natur ist ein Anzünder des Feuers. Denn wenn die finstere Angst, nämlich das ganz ernstliche und strenge Wesen, die Freiheit in sich bekommt, dann verwandelt sie sich im Schreck der Freiheit in einen Blitz, und der Blitz empfängt die Freiheit als die Sanftmut. Damit wird der Stachel des Todes zerbrochen, und in der Natur geht der zweite Wille des Vaters auf, den er sich vor der Natur im Spiegel der Weisheit als sein Liebesherz geschöpft hatte, und das ist das Begehren der Liebe und ein Freudenreich.

1.58. Denn so wird im Willen des Vaters das Feuer geboren, und dem gibt der zweite Wille die Kraft der Sanftmut und Liebe. Und das Feuer nimmt die Liebe-Qual in seine Essenz, und das ist nun seine Speise, so daß es brennt und durch diese Verzehrung aus dem Schreck den freudenreichen Geist ergibt.

1.59. Allhier wird der Heilige Geist offenbar, der im Ursprung vor der Natur der Willengeist des Vaters ist, und empfängt hier die Kraft der Wunder, und geht so vom Vater (als dem ersten Willen zur Natur) aus dem zweiten Willen in der Natur aus dem Feuer (durch den Schreck des Freudenreichs) im Quell der Liebe in die Wesenheit der Sanftmut heraus.

1.60. Denn die Sanftmut ist nun durch die Eigenschaft des Feuers auch begehrend geworden, und das Begehren zieht die Sanftmut des Freudenreichs in sich. Das ist nun das Wasser des ewigen Lebens, welches das Feuer trinkt und daraus das Licht der Majestät ergibt.

1.61. Und in diesem Licht wohnt nun der Wille des Vaters und des Sohnes, und der Heilige Geist ist das Leben darin, der nun die Kraft der sanften Wesenheit im Licht eröffnet, und das sind Farben, Wunder und Tugenden.

1.62. Und das heißt die „jungfräuliche Weisheit“, denn sie ist keine Gebärerin, eröffnet auch selber nichts, sondern nur der Heilige Geist ist ein Eröffner ihrer Wunder. Sie ist sein Kleid und schöne Zierde, und hat die Wunder, Farben und Tugenden der göttlichen Welt in sich, und ist das Haus der Heiligen Dreifaltigkeit und die Schönheit der göttlichen und englischen Welt.

1.63. Und in ihren Farben und Tugenden hat der Heilige Geist die Chöre der Engel sowie alle Wunder der geschaffenen Dinge eröffnet, die alle seit Ewigkeit in der Weisheit erblickt worden sind, wohl ohne Wesen, aber doch in der Weisheit wie im Spiegel entsprechend ihren Bildungen. Und diese Bildungen in der Beweglichkeit des Vaters sind in die Essenz und in ein Geschöpf eingegangen, alles nach den Wundern der Weisheit.

1.64. So verstehen wir nun auch das zweite Wesen, wenn sich im Schreck die Natur in zwei Wesen teilt, wie oben erklärt, nämlich erstens mit dem Willen des Vaters ins Feuer, also in die Feuer-Welt, und zweitens aus dem geschöpften oder in sich geborenen Willen des Vaters in die majestätische Licht-Welt.

1.65. Und das andere (erste) Wesen, nämlich das Haus des Schreckens in sich selbst, im Tod und in der Finsternis feindlicher Qual, muß so bestehen, damit ein ewiges Sehnen in dieser Angst sei, um von der Qual frei zu werden. Denn dieses Sehnen macht den ersten Willen zur Natur ewig begehrend, um seinem Wesen zu Hilfe zu kommen. Daraus entsteht dann auch im Willen des Vaters die Barmherzigkeit, die mit der Freiheit in die Angst eingeht, aber in der Angst nicht bleiben kann, sondern im Feuer in der Liebe-Qual ausgeht.

1.66. Das ist der zweite Wille seines Herzens, der in ihm als ein Brunnquell der Liebe und Barmherzigkeit hervorgeht, davon die Barmherzigkeit ihren Ursprung hat, damit ein Erbarmen über den Jammer und das Elend sei, sowie ein Mitleiden, weil sich darin des Vaters Wille, der doch frei ist, im Grimm der Natur offenbart, so daß der Grimm besänftigt wird.

1.67. Aber nichts desto weniger bleibt in einem Teil das ängstliche Rad des Grimms für sich (bestehen), denn im Schreck geschieht eine Tötung, wohl nicht ein stiller Tod, sondern ein tödliches Leben, das dem bösesten Wesen gleicht, als wäre ein Scheidewasser oder Gift darin. Denn ein solches muß sein, wenn das Zentrum der Natur ewig bestehen soll.

1.68. Und im anderen Teil geht das Leben aus dem Tod heraus, und so muß der Tod eine Ursache des Lebens sein. Denn wenn keine solche giftige und grimmige Qual-Qualität wäre, dann könnte das Feuer nicht geboren werden, und es könnte keine Feuerschärfe und Essenz sein, und dann wäre auch kein Licht, und auch kein Finden des Lebens.

1.69. Der erste Wille, der „Vater“ heißt, findet sich also im Wunder. Und der zweite Wille, der „Sohn“ heißt, findet sich also in der Kraft. Dazu entsteht entsprechend das Freudenreich, denn wäre kein Leiden, dann wäre auch kein Freudenreich. Das ist aber das Freudenreich, daß das Leben aus der Angst erlöst wird, obwohl das Leben nur so entsteht.

1.70. Darum haben die Kreaturen ein Gift zu ihrem Leben, nämlich eine Galle. Die Galle ist die Ursache, daß es Beweglichkeit gibt und das Leben entsteht, denn sie verursacht das Feuer im Herzen, und das rechte (wirkliche und wahre) Leben ist das Feuer, aber es ist nicht die Bildung des Lebens.

1.71. Aus dem Feuerleben entsteht zuerst der rechte (wirkliche und wahre) Geist, der vom Feuer im Licht ausgeht, aber doch frei vom Feuer ist, wie die Luft, die doch aus dem Feuer entsteht, aber vom Feuer frei ist.

1.72. Denn der rechte Geist, oder im Menschen der Geist, der aus dem Seelenfeuer geboren wird, der hat seine Eigenschaft im Licht des Lebens, das aus dem Feuer brennt. Denn er entsteht aus dem Tod und kommt aus dem Sterben, aber die feindliche Qual von ihm ist im Feuer geblieben, und besteht unter dem Feuer in der Ursache des Feuers, nämlich im grimmigen Tod.

1.73. So ist der grimmige Tod eine Wurzel des Lebens. Und hier, ihr Menschen, bedenkt euren Tod und auch Christi Tod, der uns durch das Feuer Gottes aus dem Sterben wieder geboren hat. Denn aus dem Sterben wird das freie Leben geboren. Was vom Sterben ausgehen kann, das ist vom Tod und der grimmigen Qual erlöst. Und das ist nun sein Freudenreich, daß keine grimmige Qual mehr in ihm ist, denn diese ist von ihm im Sterben (in der finsteren Welt) geblieben (bzw. zurückgelassen). Und so erreicht das Leben aus dem Tod die ewige Freiheit, wo keine Ängste oder Schrecken mehr sind, denn im Leben ist der Schreck zerbrochen.

1.74. Das rechte (wahre) Leben ist eine Kraft der Freude, ein immer Wohltun, denn es ist keine Qual in ihm, sondern nur eine Begierde, die alle Eigenschaft der Qual hat, und doch kann sich die Qual in ihm nicht erheben, so daß sie ihre Eigenschaft darin entzünden könnte, denn solches verwehrt das Licht und die Freiheit.


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