Von der neuen Wiedergeburt

(Text von Jakob Böhme aus „Der Weg zu Christo“ um 1622, deutsche Überarbeitung 2021)

Wie sich ein Mensch, dem die Seligkeit ernst ist, durch Christi Geist aus der verwirrten und zänkischen (Hure) Babylon herausführen lassen müsse, damit er in Christi Geist neugeboren werde und in ihm allein lebe.

»Gehet aus von Babylon, ihr mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und ihre Plagen empfangt! Denn ihre Sünden reichen bis an den Himmel, und Gott denkt an ihren Frevel. (Offenbarung 18)«

Vorrede des Autors

1. Obwohl ich dieses in meinen anderen gar tiefen Schriften genugsam erklärt und von Grund auf dargestellt habe, die aber nicht jeder gleich zu Händen hat und auch nicht jeder gleich begreifen kann, so habe ich nun den einfältigen Kindern Christi zu Diensten und auf Wunsch guter Freunde eine kurze Zusammenfassung von der neuen Wiedergeburt geschrieben, ob sich dadurch vielleicht jemand erkennen lernen wolle.

2. Wer aber den tiefen Grund, daraus dieses fließt, zu erforschen wünscht, und die Gabe zur Vernunft hat, der lese das Buch „Vom dreifachen Leben des Menschen“, wie auch die drei Bücher „Von der Menschwerdung und Geburt Jesu Christi“, von den „Sechs theosophischen Punkten“ und vom „Mysterium Magnum“ von den drei Welten und wie sie als eine ineinander bestehen, aber drei Prinzipien hervorbringen, das heißt, drei Geburten oder Anfänge usw., oder auch das Buch „Die drei Prinzipien“. Dort findet er, wonach er fragen könnte und wie hoch sich ein Gemüt des Menschen schwingen kann, wie auch in den „Vierzig Fragen von der Seele“.

3. Dies habe ich nun den nach Christi Brünnlein hungrigen und durstigen Herzen als meinen Mitgliedern im Geist Christi geschrieben. Den Spöttern aber habe ich nichts geschrieben, denn sie haben ihr (eigenwilliges) Buch in sich, mit dem sie die Kinder Christi unter das Kreuz (des weltlichen Leidens) treiben, und sie müssen doch durch ihren Willen die Diener der Kinder Christi sein, auch wenn sie das nicht verstehen.

Das erste Kapitel

1.1. Christus sprach: »Es sei denn, daß ihr umkehret und werdet wie die Kinder, sonst könnt ihr das Reich Gottes nicht sehen. (Matth. 18.3)« Und abermals sagt er zu Nikodemus: »Es sei denn, daß jemand neu geboren werde aus dem Wasser und Geist, sonst kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Denn was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch, und was vom Geist geboren wird, das ist Geist. (Joh. 3.5)« Die Schrift bezeugt klar, »daß der fleischliche (bzw. leibliche) natürliche Mensch nichts vom Geist Gottes vernimmt. Es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht begreifen. (1. Kor. 2.14

1.2. Da wir nun alle Fleisch und Blut haben und dazu sterblich sind, wie man mit Augen sehen kann, aber die Schrift sagt, daß wir auch ein Tempel des Heiligen Geistes sind, der in uns wohnt (1. Kor. 6.19), und daß das Reich Gottes inwendig in uns sei (Luk. 17.21), und daß Christus in uns eine Gestalt gewinnen müsse (Gal. 4.19), und daß er uns sein Fleisch zur Speise und sein Blut zum Trank geben wolle, und daß er weiter sagt, wer nicht essen werde das Fleisch des Menschensohnes, der habe kein Leben in Ihm (Joh. 6.53), dann müssen wir ja ernsthaft betrachten, was das für ein Mensch in uns sei, welcher der Gottheit ähnlich und fähig ist.

1.3. Denn von dem sterblichen Fleisch, das zu Erde wird, in der Eitelkeit dieser Welt lebt und stets gegen Gott begehrt, kann nicht gesagt werden, daß es der Tempel des Heiligen Geistes sei, vielweniger, daß die neue Wiedergeburt in diesem irdischen Fleisch geschähe, zumal es stirbt und verwest und dazu noch ein stetes Sündenhaus ist.

1.4. Wenn dann aber auch wahr werden kann, daß ein rechter Christ aus Christus geboren wird und daß die neue Wiedergeburt ein Tempel des Heiligen Geistes sei, der in uns wohnt, und daß allein der neue Mensch, der aus Christus geboren wurde, das Fleisch und Blut Christi genieße, dann wäre es gar nicht so schlecht, ein Christ zu sein. Dann steht das Christentum nicht bloß in der Historie, so daß wir es nur wissen und das Wissen uns aneignen, um dann zu sagen: „Christus ist für uns gestorben und hat den Tod in uns zerbrochen und zum Leben gemacht. Er hat für uns die Schuld bezahlt, und wir dürfen uns nun dessen trösten und ganz fest daran glauben, daß es geschehen sei.“

1.5. Denn wir erkennen ja in uns, daß die Sünde im Fleisch immer noch lebendig, begierig, tätig und wirksam ist. So muß nun die neue Wiedergeburt aus Christus etwas anderes sein, das im Sündenfleisch nicht mitwirkt und die Sünde nicht will.

1.6. Denn St. Paulus sagt, »daß an denen, die in Jesus Christus sind, nichts Verdammliches sei (Römer 8.1).« Und er spricht weiter: »Sollten wir, die wir Christen sind, noch als Sünder gefunden werden? Das sei fern, weil wir der Sünde in Christus abgestorben sind. (Galater 2.17)« Auch ist der sündhafte Mensch kein Tempel des Heiligen Geistes. Und doch gibt es auch keinen Menschen, der nicht sündigt, denn die Schrift sagt: »Gott hat alles unter die Sünde beschlossen (Römer 11.32).« Oder auch: »Vor dir ist kein Lebendiger gerecht, wenn du die Sünde messen willst (Psalm 143.2).« Oder: »Der Gerechte fällt des Tages siebenmal... (Sprüche 24.16)« Wer könnte das verstehen, daß der Gerechte fällt und sündigt, und nicht nur der Sterbliche und Sündhafte?

1.7. Wenn die Gerechtigkeit eines Christen in Christus ist, dann kann er nicht sündigen. Denn St. Paulus sagt: »Unser Wandel ist im Himmel, und von dort her erwarten wir auch den Heiland Jesu Christi (Philip. 3.20).« Ist nun unser Wandel im Himmel, so muß der Himmel in uns sein. Christus wohnt im Himmel, und wenn wir nun sein Tempel sind, dann muß derselbe Himmel in uns sein.

1.8. Wenn uns aber gleichzeitig auch die Sünde im Inneren angreift, durch die der Teufel einen Zutritt zu uns und in uns hat, dann muß auch die Hölle in uns sein. Denn der Teufel wohnt in der Hölle, und wo er dann immer ist, so ist er in der Hölle und kann daraus nicht entkommen. Und wenn er gleichsam einen Menschen besäße, dann wohnt er doch in diesem Menschen in der Hölle, nämlich in Gottes Zorn.

1.9. So sollten wir jetzt den Menschen recht betrachten, was und wie er sei, und daß ein rechter Christ nicht nur ein historisch neuer Mensch sei und es genug ist, daß wir Christus bekennen und daran glauben, daß er Gottes Sohn sei und für uns bezahlt habe. Denn es gilt nicht eine von außen zugerechnete Gerechtigkeit, so daß wir nur glauben, es sei geschehen, sondern eine eingeborene und kindliche (bzw. kindgewordene). Gleichwie das Fleisch sterben muß, so muß auch das Leben und der Wille der Sünde sterben, und muß wie ein Kind werden, das nichts weiß und allein nach der Mutter ächzt (bzw. ruft), die es geboren hat. So gänzlich muß eines Christen Wille wieder in die Mutter eingehen, nämlich in den Geist Christi, und in der Ichheit des ichhaften Willens und Vermögens ein Kind werden, in dem der Wille und die Begierde nur noch auf die Mutter gerichtet ist. Und so muß aus dem Geist Christi ein neuer Wille und Gehorsam in der Gerechtigkeit aus dem Tod auferstehen, der keine Sünde mehr will.

1.10. Denn der Wille, der so die Eitelkeit in sich läßt und ihrer begehrt, ist nicht neu geboren. Wenn aber auch in den Neugeborenen noch ein Wille bleibt, der sich nach der Eitelkeit sehnt und sündigt, so sollten wir des Menschen Bild recht betrachten, wie die neue Wiedergeburt geschehe, dieweil sie nicht im sterblichen Fleisch geschieht, aber trotzdem auch wahrhaftig in uns, in Fleisch und Blut, in Wasser und Geist, wie die Schrift sagt. (»Es sei denn daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, sonst kann er nicht in das Reich Gottes kommen.« Joh. 3.5)

1.11. So müssen wir recht betrachten, was für ein Mensch in uns sei, der Christi Gliedmaß (ein Teil seines göttlichen Körpers) und ein Tempel Gottes ist und im Himmel wohnt, und dann auch, was das für ein Mensch sei, der nur in der äußeren Welt wohnt, und was das für ein Mensch sei, den der Teufel regiert und treibt, denn den Tempel Christi kann er nicht regieren und treiben, und dann ist ihm auch am sterblichen Fleisch nichts gelegen. Und doch sind es nicht drei (unterschiedliche) Menschen in uns, sondern nur ein einziger.

1.12. Wenn wir nun solches betrachten wollen, dann müssen wir Zeit und Ewigkeit betrachten, wie diese ineinander sind, dazu Licht und Finsternis, Gutes und Böses, vor allem aber des Menschen Ursprung und Herkunft.

1.13. Dies ist nun so zu betrachten: Sehen wir zuerst die äußere Welt an, mit den Sternen und vier Elementen (Erde, Wasser, Luft und Feuer), darin der Mensch und alle Kreaturen leben. Diese ist und heißt nicht Gott, denn Gott wohnt zwar darin, aber das Wesen der äußeren Welt begreift (bzw. erkennt) Ihn nicht. So sehen wir auch, wie das Licht in der Finsternis scheint, aber die Finsternis begreift das Licht nicht, und doch wohnt eines im anderen. Auch haben wir dessen ein Beispiel in den vier Elementen, die in ihrem Ursprung nur ein Element sind, und das ist weder heiß noch kalt, weder trocken noch naß, und teilt sich doch mit der Bewegung (bzw. Wandlung) in vier Eigenschaften, so daß Feuer, Luft, Wasser und Erde entstehen.

1.14. Wer wollte glauben, daß das Feuer ein Wasser gebäre (bzw. erzeuge), oder daß des Feuers Ursprung im Wasser sein könnte, wenn wir das nicht im Wetterleuchten mit eigenen Augen sehen könnten, und auch in den Lebewesen finden, daß das essentielle Feuer im Körper im Blut wohnt, und daß das Blut seine Mutter und das Feuer der Vater des Blutes ist.

(Hinweis: Böhme betrachtete die weltlichen Gegensätze gern wie Vater und Mutter, die sich gegenseitig bedingen und kreativ befruchten, aber trotzdem eine Einheit sind, weil das Weibliche im Männlichen und das Männliche im Weiblichen wohnt. Nur äußerlich erscheinen sie getrennt. Dazu spielte man früher gern mit der Symbolik von Feuer und Wasser. Das Feuer war das geistig nach oben Strebende, und das Wasser das körperlich nach unten Strömende:

Symbolisch dienten dafür ein nach oben gerichtetes Dreieck für das Feuer, auch als männliches Symbol der geistigen Entwicklung, und ein nach unten gerichtetes Dreieck für das Wasser, auch als weibliches Symbol für den gebärenden Mutterleib der körperlichen Entstehung. Vereint ergaben sie einen Stern, und in der Mitte war die Einheit bzw. Ausgeglichenheit, sozusagen das vom Wasser abgekühlte Feuer als das reine Licht des Bewußtseins und das vom Feuer getrocknete Wasser als das unvergängliche Wasser des Lebens. Außerhalb dieser Mitte erscheint dann das Spiel der Gegensätze der äußeren Welt.)

1.15. Wie nun Gott in der Welt wohnt und alles erfüllt, und doch nichts besitzt, oder wie das Feuer im Wasser wohnt, und das nicht besitzt, oder wie das Licht in der Finsternis wohnt, und doch die Finsternis nicht besitzt, oder wie der Tag in der Nacht, und die Nacht im Tag wohnt, oder die Zeit in der Ewigkeit, und die Ewigkeit in der Zeit, auf diese Weise ist auch der Mensch geschaffen. Nach der äußeren Menschheit ist er die Zeit und in der Zeit, und die Zeit ist die äußere Welt, und das ist auch der äußere Mensch. Und der innere Mensch ist die Ewigkeit und die geistige Zeit und Welt, die ebenfalls in Licht und Finsternis steht, nämlich in Gottes Liebe nach dem ewigen Licht, und in Gottes Zorn nach der ewigen Finsternis. Welches in ihm offenbar ist, darin wohnt sein Geist, entweder in der Finsternis oder im Licht. Es ist beides in ihm, das Licht und die Finsternis, aber ein jedes wohnt in sich selbst, und keines besitzt das andere.

1.16. Aber wenn eines in das andere eingeht und das andere besitzen will, dann verliert das andere sein Recht und seine Macht. Das Leidende (bzw. Unterdrückte) verliert seine Macht, denn wenn das Licht in der Finsternis offenbar wird, dann verliert die Finsternis ihre Dunkelheit und wird nicht mehr erkannt. Und wenn dagegen die Finsternis im Licht aufgeht und die Macht bekommt, dann erlischt das Licht mit seiner Macht.

1.17. Ein solches ist uns auch im Menschen zu bedenken. Die ewige Finsternis in der Seele ist die Hölle, als eine Angst-Qual, welche Gottes Zorn heißt. Und das ewige Licht in der Seele ist das Himmelreich, wo die feurige finstere Angst in eine Freude verwandelt wird.

1.18. Denn wie die Natur der Angst in der Finsternis eine Ursache zur Traurigkeit ist, so ist sie im Licht eine Ursache zur erhebenden und belebenden Freude. Denn die Qual im Licht und die Qual in der Finsternis ist nur eine einzige Qual (bzw. Qualität), nur eine Natur, wie auch Feuer und Licht nur eine Natur sind, aber einen gewaltigen Unterschied in der Qual (bzw. Qualität) erzeugen. Eines wohnt im anderen und gebiert das andere, und ist doch nicht das andere. Das Feuer ist leidvoll und verzehrend, und das Licht ist gebend, freundlich, kräftig und freudenreich, eine liebliche Wonne.

1.19. So ist uns auch der Mensch zu betrachten. Er steht und lebt in drei Welten: Die eine ist die ewige finstere Welt, nämlich das Zentrum der ewigen Natur, welche das Feuer gebiert, nämlich die Angst-Qual (der Leidenschaft). Die andere ist die ewige Lichtwelt, welche die ewige Freude gebiert und das göttliche Wohnhaus ist, darin der Geist Gottes wohnt, und darin der Geist Christi menschliches Wesen annimmt und die Finsternis vertreibt, so daß sie eine Ursache der Freude im Licht und Geist Christi sein muß. Die dritte Welt ist die äußerlich sichtbare, und zwar in den vier Elementen und den sichtbaren Gestirnen (Himmelskörpern), wiewohl jedes Element ein Gestirn (einen Planeten) bezüglich seiner Eigenschaft in sich hat, daraus die Begierlichkeit und Eigenschaft (des Elementes) entsteht, gleich einem Gemüt (bzw. Geist). (Hinweis: Die Erde wurde früher als ein Abbild des Himmels betrachtet. Die Eigenschaften der Planeten, die auch geistige bzw. göttliche Wesen waren, fand man in den vier Elementen auf der Erde wieder.)

1.20. So versteht: Das Feuer im Licht ist ein Liebe-Feuer, eine Begierde der Sanftmut (Güte) und des Freudenreichs. Das Feuer in der Finsternis ist ein Angst-Feuer, und es ist leidvoll, feindlich und in seinem Wesen widerwärtig. Das Feuer des Lichts ist ein guter Geschmack, aber der Geschmack im Wesen der Finsternis ist ganz widerwärtig und feindlich, denn die Gestaltungen des Feuers stehen alle in der größten Angst.

Das zweite Kapitel

2.1. Hier wollen wir nun betrachten, wie der Mensch geschaffen sei. Moses sagt zurecht: »Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, ja zum Bild Gottes schuf er ihn. (1.Moses 1.27)« Das verstehen wir bezüglich der zeitlichen und ewigen Geburt, nämlich aus der inneren geistigen Welt, die Er ihm in das geschaffene (zeitliche und äußerliche) Bild einblies, und daraus dann zum (ewigen) Wesen der inneren geistigen Welt, das heilig (und ewig) ist.

2.2. Denn gleichwie in der äußeren Welt eine Natur und ein Wesen ist, so ist auch in der inneren geistigen Welt eine Natur und ein Wesen, das geistig ist, und aus dem die äußere Welt ausgehaucht und aus Licht und Finsternis geboren und in einen Ursprung und eine (vergängliche) Zeit geschaffen worden ist. Aus dem Wesen der inneren und äußeren Welt wurde dann der Mensch in ein Gleichnis nach der Geburt und aus der Geburt aller Wesen geschaffen. Der Leib ist eine Hülle (Limbus) aus Erde, und gleichzeitig eine Hülle für das himmlische Wesen. Denn die Erde ist aus der Welt von Finsternis und Licht ausgehaucht oder ausgesprochen worden. Und aus der ist auch der Mensch durch das Schöpfungswort (Verbo Fiat, in der „Schöpfung durch das Wort“), nämlich in ewiger Begierde aus der Zeit und der Ewigkeit, in ein Bild gefaßt und geschaffen worden.

2.3. Dieses Bild war im inneren und geistigen Element, daraus die vier Elemente entstehen und geboren werden. Und in diesem Einigen Element war das Paradies, denn die Eigenschaften der Natur aus der Welt von Feuer, Finsternis und Licht waren alle in gleicher Konkordanz (in harmonischer Ausgewogenheit), Masse und Gewicht, und keines war vor dem anderen besonders offenbar. So gab es auch keine Zerbrechlichkeit (Vergänglichkeit) darin, denn keine Eigenschaft konnte die andere überwältigen. Deshalb gab es weder Streit noch Widerwille zwischen den Kräften und Eigenschaften.

2.4. In dieses geschaffene Bild blies Gott den Geist und Odem (Lebensatem) der Vernunft aus allen drei Welten ein, nämlich in eine Einige Seele, die in der inneren Finster- und Feuer-Welt der ewigen geistigen Natur ist, nach der sich Gott einen starken und eifrigen Gott und ein verzehrendes Feuer nennt.

2.5. Das ist nun die ewige, kreatürliche und große Seele, ein magischer Feuer-Odem, in der das Feuer des Lebens aus der großen Macht der Verwandlung entspringt. In dieser Eigenschaft ist Gottes Zorn, wie auch die ewige Finsternis, sofern das Feuer kein Licht gibt.

2.6. Die andere (zweite) Eigenschaft des Odems von Gott ist der Quell-Geist des Lichtes aus der großen feurigen Liebe-Begierde und der großen Sanftmut (bzw. Güte), nach der sich Gott einen lieben und barmherzigen Gott nennt, darin der wahre Geist der Vernunft und des Lebens in der Macht steht.

2.7. Denn gleichwie aus jedem Feuer ein Licht scheint, und im Licht die Kraft der Vernunft (des ganzheitlichen Bewußtseins) erkannt wird, so ist der Feuer-Odem Gottes mit dem Licht-Odem verbunden und dem Menschen-Bild eingeblasen worden.

2.8. Die dritte Eigenschaft des Odems Gottes ist die äußere Luft mit den Luft-Gestirnen (den Sternen und Planeten), darin des äußeren Geschöpfes und Leibes Leben und Gestirn (bzw. Denken) war, die Er ihm in seine Nase blies. Und gleichwie die Zeit und Ewigkeit aneinander hängen, und die Zeit aus der Ewigkeit geboren wird, so hing auch der innere Odem Gottes am äußeren, und so wurde dem Menschen diese dreifache Seele (von Feuer, Licht und Körperlichkeit) auf einmal zugleich eingeblasen. Ein jedes körperliche Geschöpf nahm den Geist nach seiner Eigenschaft an. So nahm das äußerliche Fleisch die äußere Luft mit ihren Gestirnen zu einem verständigen (denkenden) und wachsenden Leben an, um die Wunder Gottes zu offenbaren. Und der Licht-Leib oder das himmlische Wesen nahm den Odem des Lichts als göttliche Kraft an, die auch „Heiliger Geist“ genannt wird.

2.9. Auf diese Weise durchdrang das Licht die Finsternis, nämlich den finsteren (bzw. inneren dunklen) Feuer-Odem und auch den äußeren Luft-Odem in seinen Gestirnen und nahm allen Eigenschaften die Macht, so daß die Angst des Feuer-Odems in der inneren seelischen Eigenschaft sowie die Hitze und Kälte und auch alle anderen Eigenschaften des äußeren Gestirns nicht offenbar sein konnten noch wollten. Die Eigenschaften aller drei Welten in Seele und Leib standen in gleicher Konkordanz und Gewicht (völliger Ausgewogenheit bzw. Harmonie). Und so herrschte das innere Heilige durch das Äußere, nämlich durch die äußeren Kräfte des äußeren Lebens, des äußeren Gestirns und den vier Elementen.

2.10. Und das war das heilige Paradies. Auf diese Weise stand der Mensch im Himmel und auch in der äußeren Welt, und er war ein Herr aller Kreaturen dieser Welt, und nichts hätte ihn zerbrochen.

2.11. Denn so war auch die Erde, bis zum Fluch Gottes. Die heilige Eigenschaft der geistigen Welt grünte auch durch die Erde und trug heilige paradiesische Früchte, die der Mensch auf solche magische paradiesische Art essen konnte. Dazu bedurfte er keine Zähne noch Gedärme im Leib. Denn gleichwie das Licht die Finsternis und das Feuer das Wasser verschlingt und dessen doch nicht voll wird, so hatte der Mensch ein Zentrum auf Art der Ewigkeit in seinem Mund. Und auf eine solche magische Art konnte er auch Seinesgleichen aus sich gebären, ohne Trennung oder Eröffnung seines Leibes und Geistes. Gleichwie auch Gott die äußere Welt gebar und sich doch nicht zertrennte, sondern in seiner Begierde als im Schöpfungswort (Verbo Fiat) die Eigenschaften faßte und qualitativ machte und durch das Schöpferwort offenbarte und in eine Gestaltung nach der ewigen geistigen Geburt hineinführte. So wurde auch der Mensch als so ein Bild und Gleichnis nach Zeit und Ewigkeit geschaffen, aber in ein ewiges unsterbliches Leben, das ohne Feindschaft und Widerwärtigkeit war.

2.12. Weil aber der Teufel ein Fürst und Tyrann im Reich dieser Welt geworden war und wegen seines überheblichen Stolzes in die finstere, ängstliche, leidvolle und feindliche Eigenschaft und Qual des Zorns Gottes gestoßen wurde, so gönnte er dem Menschen diese Ehre nicht, daß er nämlich an seiner ehemaligen Stelle in die geistige Welt geschaffen wurde. Deshalb führte er seine Imagination (der eigensinnigen Einbildung) in das geschaffene Bild des Menschen und machte ihn lüstern, so daß sich die Eigenschaften der finsteren, also auch der äußeren Welt, im Menschen erhoben und aus der ausgewogenen Konkordanz der Gleichheit ausgingen und eine die andere überwog. Dadurch wurden die Eigenschaften offenbar, eine jede in sich selber, und eine jede begehrte nach ihrem Ausgleich, sowohl die aus der finsteren Welt als auch die aus der Licht-Welt geborenen. Und eine jede wollte vom äußeren Wesen (Limbo) der Erde essen, je nach ihrem Hunger.

2.13. So wurde Gut und Böse in Adam offenbar. Und wie der Hunger nach Eigenschaften in die Erde einging, daraus die Eigenschaften des Leibes entstanden, so ließ die Schöpfung auch ein solches Gewächs aus der Erde entstehen (nämlich den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse), von dem sich die Eigenschaften einer erwachenden Eitelkeit (bzw. Ichheit) ernähren konnten.

2.14. Denn das war möglich, weil in Adam der Geist der starken und großen magischen Macht von Zeit und Ewigkeit war, daraus die Erde mit ihren Eigenschaften ausgehaucht worden (und entstanden) war. So zog die Schöpfung, als die starke Begierde der ewigen Natur, das Wesen aus der Erde.

2.15. Und so ließ ihm Gott auch den Baum der Erkenntnis von Gutem und Bösem entsprechend den erwachten Eigenschaften Adams wachsen. Denn die große Macht der Seele und des Leibes hatten das verursacht. Und so mußte der Mensch geprüft werden, ob er in eigenen Kräften vor der Versuchung des Teufels und vor dem Grimm der ewigen Natur bestehen kann, und ob die Seele in der gleichen Konkordanz (Ausgewogenheit) der Eigenschaften in wahrer Gelassenheit stehenbleiben kann, und zwar unter Gottes Geist als ein hervorgebrachtes Werkzeug der Harmonie Gottes und ein Spiel des göttlichen Freudenreichs, mit dem und in dem Gottes Geist spielen wollte. Das wurde hier (in dieser Welt) mit diesem Baum versucht (bzw. geprüft). Und dazu kam Gottes strenges Gebot und sprach: »Iß nicht davon! Welches Tages du davon essen wirst, sollst du des Todes sterben. (1.Moses 2.17)«

2.16. Als aber Gott erkannte, daß der Mensch nicht bestehen würde und wieder nach Bösem und Gutem denken und begehren wird, sprach Gott: »Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, wir wollen ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.« Denn er sah wohl, daß Adam nicht magisch (geistig) gebären konnte, weil seine Lust in die Eitelkeit einging.

2.17. So sagt nun Moses: »Und er ließ einen tiefen Schlaf auf ihn fallen, und er schlief ein. (1.Moses 2.21)« Das heißt: Weil er in den Eigenschaften nicht im Gehorsam der göttlichen Harmonie bleiben wollte, so daß er als ein Werkzeug dem Geist Gottes stillegehalten (und gedient) hätte, deshalb ließ Er ihn von der göttlichen Harmonie in eine eigene (eigensinnige) Harmonie fallen, nämlich in die erwachten Eigenschaften mit Gut und Böse. Da hinein ging der seelische Geist.

2.18. Damit starb er in diesem Schlaf der englischen Welt (und ihrer Qualität) ab und fiel der äußeren Schöpfung anheim. Und so war es nun um das ewige Bild nach Gottes Gebärung geschehen. Damit sank seine Gestalt und Macht als Engel zu Boden (in das Erdenleben) und fiel in Ohnmacht. So machte Gott durch die Schöpfung das Weib aus der Venus-Matrix (dem „Mutterschoß der Venus“), das heißt, er machte sie aus der (weiblichen) Eigenschaft, mit der Adam die Gebärerin in sich hatte, aus ihm heraus und damit aus einem Leib zwei. Er teilte damit die Eigenschaften des Wesens nach den Elementen von Wasser und Feuer, nicht allein im äußeren Geschöpf, sondern auch im Geist als die Eigenschaften der wasserhaften und der feuerhaften Seele. Obwohl es doch nur eine Seele ist, aber die Eigenschaft des Wesens wurde (in männlich und weiblich) getrennt. Die eigene Liebe-Begierde („Selbst-Liebe“) wurde Adam genommen und nach Seinesgleichen in ein Weib geformt. Und darum begehrt nun der Mann so heftig des Weibes Mutterleib, und das Weib begehrt des Mannes Samen, als das Feuer-Element und den Ursprung der wahren Seele, unter dem des Feuers Wesen verstanden wird. Denn die zwei waren (ursprünglich) in Adam Eines, und darin bestand die magische (geistige) Geburt.

2.19. Und nachdem Eva aus Adam in seinem Schlaf gemacht war, wurden Adam und Eva zum äußerlichen natürlichen Leben geordnet (und bestimmt), denn dafür sind ihnen die Organe zur tierischen Fortpflanzung gegeben worden, wie auch der irdische Madensack (der verwesliche bzw. sterbliche Körper), dahinein sie die Eitelkeit einsacken und den Tieren gleich leben konnten. Dessen schämt sich die arme, in der Eitelkeit gefangene Seele noch heute, daß sie eine tierische und monströse Gestalt als ihren Leib bekommen hat, wie vor Augen steht. Daraus ist auch die menschliche Scham entstanden, so daß sich der Mensch seiner (Geschlechts-) Organe und der nackten Gestalt schämt und von den irdischen Kreaturen ein Kleid borgen muß, weil er sein englisches Kleid verloren hat und in ein Tier verwandelt wurde. Dieses Kleid zeigt ihm deutlich genug, daß er mit dieser erwachten Eitelkeit, durch die Hitze und Kälte auf ihn fallen, mit seiner inneren Seele nicht daheim ist, denn die Eitelkeit samt dem falschen Kleid müssen von der Seele wieder abfallen und vergehen.

2.20. Und als nun Adam aus dem Schlaf erwachte, sah er sein Weib und erkannte sie, daß sie aus ihm war. Denn er hatte noch nicht mit dem Mund (bzw. körperlich) von der Eitelkeit gegessen, allein mit der Imagination von Begierde und Lust. Und so war es der Eva erstes Begehren, daß sie vom Baum der Eitelkeit von Gut und Böse essen wollte, dazu sie der Teufel in Schlangen-Gestalt vollends überredete, weil ihr dann ihre Augen aufgetan würden und sie wie Gott selber werde. (1.Moses 3.5)

2.21. Welches Wahrheit und Lüge war. Denn er sagte ihr nicht, daß sie dadurch das göttliche Licht und die göttliche Kraft verlieren würde, sondern nur, daß ihr die Augen aufgehen, so daß sie Böses und Gutes schmecken, probieren und wissen könne, wie er es selber getan hatte. Er sagte ihr auch nicht, daß Hitze und Kälte (und andere Gegensätze) in ihr erwachen würden, und daß des äußeren Gestirns (bzw. der körperlich-gedanklichen Welt) Eigenschaft mächtig im Fleisch und Gemüt herrschen würde.

2.22. Dem Teufel ging es nur darum, daß das englische Bild, nämlich das Wesen der inneren geistigen Welt, in ihnen verbleichen soll und sie in der groben Irdischkeit unter dem äußeren Gestirn leben müßten. So wußte er wohl: Wenn ihnen die äußere Welt (im Tod) vergehen wird, dann wird die Seele bei ihm in der Finsternis sein. Denn er sah, daß der Leib sterben würde, welches er auch aus Gottes Andeutung erfahren hatte. So glaubte er, in seiner falschen (illusorisch) angenommenen Gestalt auf ewig ein Herr im Reich dieser Welt zu sein. Und darum betrog er den Menschen.

2.23. Denn als nun Adam und Eva von der Frucht des Bösen und Guten körperlich aßen, damit empfing die körperliche Einbildung ihre Eitelkeit. Jetzt erwachte die Eitelkeit im Fleisch, und die finstere Welt bekam durch diese irdische Eitelkeit die Macht und das Regiment. Zugleich verblich das schöne Himmelsbild aus dem Wesen der himmlischen und göttlichen Welt. Damit starben Adam und Eva im Himmelreich und erwachten in einer äußeren Welt. Da war nun die schöne Seele in der Liebe Gottes verblichen, nämlich in der heiligen Macht und Eigenschaft, und an dessen Stelle erwachte in ihr der grimmige Zorn, nämlich die finstere Feuer-Welt. So wurde die Seele im Anteil ihres inneren Wesens ein halber Teufel und in ihrem äußeren Anteil bezüglich der äußeren Welt ein Tier. All dies ist der Zweck des Todes und der Pforte zur Hölle. Und dafür ist Gott Mensch geworden, damit Er den Tod vernichte und die Hölle wieder in die große Liebe verwandle, um die Eitelkeit des Teufels zu besiegen.

2.24. Das laßt euch gesagt sein, ihr Menschenkinder! Es ist euch mit der Posaunen-Stimme verkündet worden, daß ihr jetzt von der schändlichen Eitelkeit abgehen sollt, denn dieses Feuer brennt (schmerzlich).

Das dritte Kapitel

3.1. Als nun Adam und Eva in dieses Elend fielen, da erwachte der grimmige Zorn der Natur in jeder Eigenschaft und verkörperte in seiner Begierde die Eitelkeit der Irdischkeit und des Zorns Gottes in ihnen. Da wurde das Fleisch grob und derb wie bei anderen Tieren, und in diesem Wesen wurde die edle Seele gefangen und betrachtete sich, wie sie an ihrem Leib ein Tier geworden war, und sie sah die tierischen Organe zur Fortpflanzung und den stinkenden Madensack (verweslichen Körper), in den die Begierde des Fleisches den Ekel einsackte. Dessen schämten sie sich vor Gott und verkrochen sich unter die Bäume im Garten Eden, und nun fielen auch Hitze und Kälte auf sie.

3.2. Damit erzitterte der Himmel im Menschen vor der Grausamkeit (der Natur), gleichwie die Erde im Grimm erzitterte, bis dieser Zorn am Kreuz mit der süßesten Liebe Gottes zerbrochen wurde, denn da erzitterte der Zorn vor der großen Liebe Gottes.

3.3. Wegen dieser erwachten Eitelkeit im Menschen verfluchte Gott die Erde, damit das heilige (ganzheitliche) Element nicht mehr durch die äußere Frucht austreibe und Paradiesfrüchte gebäre. Denn es gab keine Kreatur mehr, welche diese hätte genießen können. Auch war dessen der irdische Mensch nicht mehr wert, denn Gott wollte die edlen Perlen nicht vor die Tiere werfen, weil dann ein ungöttlicher Mensch in seinem Leib nichts anderes ist, als ein grobes viehisches Tier. Obwohl er eine edle Seele hat, so ist sie doch ganz vergiftet und ein Ekel (bzw. Übel) vor Gott.

3.4. Als nun Gott sah, daß sein schönes (überbildliches und vollkommenes) Bild verdorben war, zeigte Er sich vor ihnen und erbarmte sich ihrer. Und er verhieß sich ihnen zum ewigen Eigentum und daß Er mit seiner großen Liebe in angenommener Menschheit der Schlange Eigenschaft, nämlich die Eitelkeit im Zorn Gottes und ihre Gewalt, mit der Liebe zerbrechen wollte. Das war das Kopf-Zertreten, mit dem Er den finsteren Tod zerbrechen und den Zorn mit der großen Liebe überwältigen wollte. Und dafür errichtete Er diesen Bund seiner künftigen Menschwerdung im Licht des Lebens, auf den auch die jüdischen Opfer gerichtet waren, als auf ein Ziel, darin sich Gott mit seiner Liebe verheißen hatte. Denn der Juden Glaube ging ins Opfer, und Gottes Imagination ging in den Bund, und das Opfer geschah in dieser Form zur Wiederbringung dessen, was Adam verloren hatte.

3.5. So versöhnte Gott seinen Zorn in menschlicher Eigenschaft durch das Opfer mit dem Ziel des Bundes. Zu diesem Bund hatte sich der allerheiligste Name „Jesus“ aus dem heiligen Namen und der großen Kraft von Jehova verkörpert, so daß er sich im Wesen der himmlischen Welt, das in Adam verblich, wieder bewegen und offenbaren und das heilige göttliche Leben darin wieder entzünden wollte.

3.6. Dieses Ziel des Bundes wurde von Adam und seinen Kindern von Mensch zu Mensch fortgepflanzt und drang von Einem auf Alle, gleichwie auch die Sünde und erwachte Eitelkeit von Einem auf Alle drang. Am Ende stand die Verheißung des Bundes von der Wurzel Davids bis zur Jungfrau Maria, die im inneren Reich der verborgenen Menschheit, als der verblichenen Wesenheit an Gottes Reich, die Tochter des Bundes Gottes war. Im äußeren Reich wurde sie nach der natürlichen Menschheit von ihrem rechtmäßigen leiblichen Vater Joachim gezeugt und ihrer rechtmäßigen Mutter Anna geboren, und zwar aus ihren Körper-Essenzen und ihrem Seelen-Wesen wie alle anderen Kinder Adams, als eine wahrhaftige Tochter Evas.

3.7. In dieser Maria der Jungfrauen und im verheißenen Ziel des Bundes, davon alle Propheten weissagten, hat sich in der Erfüllung der Zeit das ewigsprechende Wort, das alle Dinge erschaffen hat, nach seiner höchsten und tiefsten Liebe und Demut im Namen „Jesu“ bewegt (bzw. belebt). Es hat die lebendige, göttliche und himmlische Wesenheit in den himmlischen Anteil der in Adam verblichenen Menschheit hineingeführt, dessen er im Paradies abstarb, nämlich in den Samen Marias. Darunter versteht (bitte) das Wesen der Liebe als die Eigenschaft, darin sich Adam auf magische himmlische (also rein geistige) Art fortpflanzen sollte, also den wahren Weibes-Samen der himmlischen Wesenheit, der im Paradies verblich. Weil nun das göttliche Licht dieser himmlischen Wesenheit verlosch, hat Gottes Wort, als die göttliche Kraft der göttlichen (ganzheitlichen) Vernunft, die himmlische und lebendige Wesenheit wieder hineingeführt und die verblichene Wesenheit im Samen Marias aufgeweckt und zum Leben geboren.

3.8. Und so ist nun Gottes Wesen, darin Gott wohnt und wirkt, und des Menschen verblichenes Wesen Eine Person geworden, denn die heilige göttliche Wesenheit salbte (bzw. weihte) die verblichene. Und darum heißt die Person „Christus, ein gesalbter Gottes“.

3.9. Und das ist die dürre Rute Aarons, die da grünte und Mandeln trug (4.Moses 17.23), und der wahre Hohepriester und auch die Menschheit, davon Christus sagte: »Er wäre vom Himmel gekommen und wäre im Himmel, und kein Mensch könnte also in den Himmel kommen, als des Menschen Sohn, der vom Himmel gekommen sei und im Himmel ist. (Joh. 3.13)« Wenn er spricht »Er sei vom Himmel gekommen«, darunter versteht er himmlische Wesenheit und himmlische Körperlichkeit. Denn die Kraft Gottes bedarf keines Kommens, weil sie überall ganz unermeßlich und unzertrennt ist. Aber das Wesen bedarf des Kommens, denn die Kraft darf sich nun bewegen und im Wesen offenbaren.

3.10. Das Wesen ist aber in das menschliche Wesen eingegangen und hat das (ganze) Menschliche angenommen, nicht nur den Anteil von himmlischer Wesenheit, der in Adam verblich, sondern das ganze menschliche Wesen in Seele und Fleisch nach allen drei Welten.

3.11. Nur die erwachte und eingebildete Eitelkeit, die der Teufel mit seiner Imagination in das Fleisch hineinführte, so daß das Fleisch Sünde wirkt, hat Er nicht angenommen. Doch die erwachten Lebens-Gestaltungen, die aus der gleichen Konkordanz (der natürlichen Ausgewogenheit) herausgegangen waren, eine jede in seine eigene Begierde, die hat er angenommen.

3.12. Denn hierin liegen unsere Krankheit und der Tod, die Er mit dem himmlischen und heiligen Blut ersäufen sollte. Damit nahm er alle unsere Sünde und Krankheit wie auch den Tod und die Hölle im Grimm Gottes auf sich und zerbrach des Teufels Reich in menschlicher Eigenschaft. Der Grimm Gottes war die Hölle, in welche der Geist Christi einfuhr, als Er jetzt das himmlische Blut in unser äußeres menschliches vergossen und mit der Liebe tingiert (bzw. geheilt) hatte. Diese Hölle in menschlicher Eigenschaft verwandelte er in Himmel und führte und ordnete die menschlichen Eigenschaften wieder in gleicher Konkordanz (in Ausgewogenheit) in die göttliche Harmonie ein.

Das vierte Kapitel

4.1. Damit verstehen wir nun unsere neue Wiedergeburt auf rechte Weise, wie wir der Tempel Gottes sein und bleiben können, aber in dieser Zeitlichkeit nach der äußeren Menschheit noch sündige und sterbliche Menschen sind. Christus hat die Pforte unserer innerlichen himmlischen Menschheit, die in Adam verschlossen wurde, im menschlichen Wesen aufgesprengt und geöffnet. Und so liegt es nun bloß daran, daß die Seele ihren Willen aus der Eitelkeit des verdorbenen Fleisches heraus und durch diese offene Pforte in den Geist Christi hineinführe.

4.2. Es muß ein großer und mächtiger Ernst sein, nicht nur ein Lernen und Wissen, sondern ein Hunger und großer Durst nach Christi Geist. Denn das Wissen allein ist kein Glaube, sondern der Hunger und Durst nach dem, das ich begehre, und daß ich es mir verinnerliche und mit der Verinnerlichung eigentümlich erfasse und nehme, das ist Glaube.

4.3. Der Wille muß aus der Eitelkeit des Fleisches ausgehen, sich freiwillig in das Leiden und den Tod Christi und in allen Spott der Eitelkeit ergeben, die ihn dafür verspottet, daß er aus seinem eigenen Haus herausgeht, darin er geboren wurde. Und er darf nicht mehr die Eitelkeit wollen, sondern allein nur die Liebe Gottes in Jesus Christus begehren.

4.4. Und in solchem Hunger und Begehren verinnerlicht er sich den Geist Christi mit seiner himmlischen Leiblichkeit. Das heißt, sein großer und begehrender Hunger faßt den Leib Christi als die himmlische Wesenheit in sein verblichenes Bild ein, in welchem das Wort der Kraft Gottes des wirkenden Lebens verinnerlicht ist.

4.5. Der Seele Hunger führt seine Begierde in ihre in Adam verblichene Menschheit des himmlischen Teils durch die zerbrochene Eigenschaft (bzw. Ichheit) hindurch, die das süße Liebefeuer im Tod Christi zerbrach als der Tod der wahren himmlischen Menschheit getötet wurde. Der Seele Hunger faßt durch die Begierde das heilige himmlische Wesen, nämlich die himmlische Leiblichkeit, die den Vater an allen Enden erfüllt und alles umgibt und durchdringt, in ihre verblichene Leiblichkeit wieder ein. Und dadurch steht der verblichene himmlische Leib in der Kraft Gottes im süßen Namen „Jesu“ wieder auf.

4.6. Und dieser erwachte himmlische geistige Leib ist Christi Gliedmaß (ein Teil seines göttlichen Körpers) und der Tempel des Heiligen Geistes, eine wahre Wohnung der Heiligen Dreifaltigkeit, wie Christus verhieß, als er sagte: »Wir wollen zu euch kommen und Wohnung in euch machen. (Joh. 14.23)« Dieses Wesen desselben Lebens ißt das Fleisch von Christi und trinkt sein Blut. Denn Christi Geist, als das Wort, das sich mit der Menschheit Christi aus und in unserer verblichenen Menschheit durch den äußeren Menschen in dieser Welt Wesenheit sichtbar machte, der ißt sein heiliges (Leib-) Wesen in sein feuriges (Geist-) Wesen. Denn ein jeder Geist ißt (bzw. ernährt sich) von seinem Leib.

4.7. Und wenn nun die Seele von dieser süßen, heiligen und himmlischen Speise ißt, dann entzündet sie sich in der großen Liebe im Namen Jesu. Dadurch wird ihr Angstfeuer im Triumph besiegt und ihr geht die wahre Sonne auf, in der sie mit einem anderen Willen neu geboren wird. Hier ist die Hochzeit des Lammes (mit der Seele), von dem wir herzlich wünschen, daß es doch die Titel- und Mund-Christenheit einmal erfahren möchte, um von der (weltlichen) Historie in das (geistige) Wesen einzugehen.

4.8. Die Seele bekommt aber das Perlein (den göttlichen Samen) der Heiligen Kraft nicht während der Zeit dieses Lebens, solange sie noch des äußeren tierischen Fleisches Eigenschaft am äußeren Menschen zum Eigentum hat. Die Kraft Christi, die sich in der Hochzeit des Lammes vermählt, versenkt sich nur in das (überbildliche) Himmelsbild, nämlich in das Wesen des himmlischen Menschen, der Christi Tempel ist, und nicht in den Feuer-Odem der Seele, die noch diese ganze Zeit am äußeren Reich durch das Band der Eitelkeit mit dem Luft-Odem (dem materiellen Atem) fest angebunden steht und in großer Gefahr ist.

4.9. Sie gibt wohl ihre Liebestrahlen gar oft in die Seele, davon die Seele ihr Licht empfängt, aber dem Feuer-Odem ergibt sich der Geist Christi in dieser Zeit nicht, sondern nur dem Odem des Lichtes, der in Adam verlosch. Darin ist der Tempel Christi, denn das ist der wahre heilige Himmel.

4.10. So versteht uns recht, was und wie die neue Wiedergeburt geschehe und sei. Der äußere, irdische und sterbliche Mensch wird in dieser Zeit nicht neugeboren, weder das äußere Fleisch noch der äußerliche Anteil der Seele. Sie bleiben beide in der Eitelkeit ihres in Adam erwachten Willens. Sie lieben ihre Mutter (Natur), in deren Leib sie leben, nämlich das Regiment dieser äußeren Welt, und darin wird die Sündengeburt offenbar.

4.11. Der äußere Mensch in Leib und Seele, sozusagen der äußerliche Anteil der Seele, hat keinen göttlichen Willen und versteht auch nichts von Gott, wie die Schrift sagt: »Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes. (1.Kor. 2.14)«

4.12. Aber der Feuer-Odem der inneren Welt, wenn er einmal erleuchtet wird, so versteht recht, daß er dann ein großes Ächzen, Jammern, Hungern und Dürsten nach dem süßen Brünnlein Christi hat, um sich durch Dürsten und Begehren mit wahrem Glauben am süßen Brünnlein Christi zu laben, und zwar mit seinem neuen Leib der himmlischen Wesenheit, wie eine durstige Rebe am Weinstock Christi.

4.13. Und das ist die Ursache, warum die feurige Seele in dieser Zeit nicht zur Vollkommenheit kommen kann, weil sie noch am äußeren Band der Eitelkeit angebunden steht, durch das der Teufel stets seine giftigen Strahlen auf sie schießt und sie angreift, damit sie ihm möglichst oft (am Köder) anbeißt und sich vergiftet, daraus großer Jammer und große Angst entstehen, so daß sich die edle Sophia („Weisheit“) im Brünnlein Christi in der himmlischen Menschheit verbirgt und sich der Eitelkeit nicht nahen mag.

4.14. Denn sie weiß, wie es ihr in Adam erging, als sie ihr Perlein (des göttlichen Samens) verlor, das der inneren Menschheit aus Gnade wieder geschenkt wird, weshalb sie Sophia heißt und zur Braut Christi wird.

4.15. Dazu ruft sie getreulich die feurige Seele als ihren Bräutigam und ermahnt ihn zur Buße und Entsagung, so daß er vom Greuel der Eitelkeit abgehe. Damit beginnt der Streit im ganzen Menschen, denn dann begehrt der äußere körperliche Mensch gegen den inneren geistigen, und der geistige gegen den körperlichen. So steht der Mensch im Streit voller Trübsal, Kummer, Angst und Not.

4.16. Der innere Mensch spricht zur Feuer-Seele: „Oh mein Buhle, kehre doch um und gehe von der Eitelkeit ab, oder du verlierst meine Liebe und das edle Perlein.“ Darauf spricht der äußere Verstand als die tierische (bzw. irdische) Seele: „Du bist närrisch, daß du der Welt Narr und Spott sein willst. Du bedarfst der äußeren Welt zu deinem Leben! Schönheit, Macht und Herrlichkeit sind dein Bestes, denn darin kannst du Freude haben. Was willst du dich in Angst, Not und Spott führen? Trachte nach der Wollust, die dem Leib und Gemüt so wohltut!“

4.17. Mit solchem Unrat wird dann ein rechter Mensch oft besudelt. Der äußere Mensch besudelt sich damit selber, gleichwie eine Sau im Schlamm, und verdunkelt sein edles Bild. Denn je eitler der äußere (körperliche) Mensch wird, je dunkler wird der innere (geistige) Mensch, so lange, bis er ganz verbleicht. Dann ist es um das schöne Paradies-Bäumlein geschehen, und es wird schwer zugehen, es wieder zu erlangen.

4.18. Denn wenn das äußere Licht als die äußere Seele einmal erleuchtet wird, so daß ihr das äußerliche Licht des (gedanklichen) Verstandes durch das innere Licht (der ganzheitlichen Vernunft) angezündet wird, dann strahlt die äußere Seele gern einen äußeren Schein-Glanz aus und betrachtet sich als göttlich, obwohl das Perlein (des göttlichen Samens) verloren ist.

4.19. Dabei bleibt es bei vielen, und so verdirbt oft der Perlen-Baum in Christi Gärtlein. Davor warnt die Schrift mit harten Worten und sagt, daß diejenigen, die einmal die Süßigkeit der zukünftigen Welt geschmeckt haben und wieder davon abfallen, das Reich Gottes nur schwerlich (auf sehr leidvollem Weg wieder) schauen werden. (Hebr. 6.4)

4.20. Ja, auch wenn es wohl so ist, daß die Gnadenpforte noch offen steht, so hält sie doch das Schein-Licht der äußeren Verstandes-Seele davon ab, so daß sie meinen, sie haben das Perlein, aber leben doch nur die Eitelkeit dieser Welt und tanzen dem Teufel nach seiner Pfeife.

Das fünfte Kapitel

5.1. Hier soll nun ein Christ bedenken, warum er sich „Christ“ nennt, und wohl betrachten, ob er auch wirklich einer sei. Denn daß ich mit Wissen und Verstand lerne, daß ich ein Sünder bin und Christus meine Sünde am Kreuz getötet und sein Blut für mich vergossen hat, das macht noch lange keinen Christen aus mir. Das Erbe gebührt allein den Kindern. Eine Magd im Haus weiß wohl, was die Herrin gern hat, aber das macht sie noch nicht zur Erbin der Güter der Herrin. Der Teufel weiß auch, daß es einen Gott gibt, aber das macht ihn noch nicht wieder zum Engel. Wenn sich aber die Magd im Haus mit der Herrin Sohn verehelicht, so mag sie wohl zur Erbschaft der Güter der Herrin kommen.

5.2. So ist auch unser Christentum zu verstehen. Die Kinder der Historien (weltlichen Geschichten) sind nicht die Erben der Güter Christi, sondern die ehelichen Kinder, welche aus Christi Geist neugeboren werden. Denn Gott sagte zu Abraham: »Stoß die Magd hinaus mit ihrem Sohn, denn der Magd Sohn soll nicht erben mit dem Sohn der Freien. (Galater 4.30)« Denn er war ein Spötter und nur ein Historien-Sohn des Glaubens und Geistes Abrahams. Und solange er ein solcher war, so war er nicht in der rechten (wahren) Erbschaft des Glaubens Abrahams. Deshalb hieß Gott ihn auszustoßen von seinen Gütern.

5.3. Dies war auch ein Gleichnis der zukünftigen Christenheit. Denn dem Abraham geschah die Verheißung der Christenheit. Und darum wurde auch alsbald ein Gleichnis in den zwei Brüdern Isaak und Ismael dargestellt, wie sich die Christenheit verhalten würde, und daß zweierlei Menschen darin sein werden, nämlich wahre Christen und Mund-Christen, die im Namen der Christenheit nur Spötter sind, wie Ismael und Esau, der auch das Bild des äußerlichen Adams war, während Jakob das Bild Christi in seiner wahren Christenheit war.

5.4. So soll ein jeder, der sich „Christ“ nennen will, den Sohn der Magd, nämlich den irdischen bösartigen (bzw. unheilsamen) Willen, aus sich hinausstoßen, beständig töten und zerbrechen, und nicht in die Erbschaft einsetzen, also nicht dem tierhaften Menschen das Perlein (des göttlichen Samens) zum Spiel geben, so daß er sich im äußeren Licht in der Fleischeslust stets erlustige. Sondern er soll den Sohn unseres rechten Willens mit unserem Vater Abraham zum Berg Moria führen, um ihn im Gehorsam Gott aufopfern zu wollen. Das heißt, man soll immer gern in Christi Tod der Sünde absterben wollen, dem Tier der Eitelkeit keine Ruhe in Christi Reich einräumen und es nicht geil, stolz, geizig, neidisch und boshaft werden lassen. Denn das sind alles Eigenschaften des Ismaels, dem Sohn der Magd, den Adam in seiner Eitelkeit von der buhlerischen Hure der falschen Magd durch des Teufels Imagination aus der irdischen Eigenschaft im Fleisch gebar.

5.5. Dieser Spötter und Titel-Christ ist ein Hurensohn und muß hinausgestoßen werden, denn er soll das Erbe Christi im Reich Gottes nicht erben. Er ist kein Nutzen, sondern nur Babel, eine Verwirrung der einigen Sprache in viele Sprachen. (Der biblische Turmbau zu Babel als Symbol für ein himmelstrebendes Gedankengebäude, das in begrifflicher Verwirrung enden muß und damit wenig Nutzen hat. 1.Moses 11.1) Er ist nur ein Schwätzer und Streiter um die Erbschaft, und will sie mit der Mund-Heuchelei und Scheinheiligkeit erschwatzen und erstreiten. In Wirklichkeit ist er doch nur ein blutdürstiger Mörder des Abels, seines Bruders, dem wahren Erben.

5.6. Darum sagen wir es, wie wir es erkannt haben, daß sich ein Mensch, der sich „Christ“ nennen will, achtsam prüfen soll, was für Eigenschaften ihn treiben und regieren, ob ihn der Geist Christi zur Wahrheit, Gerechtigkeit und Nächstenliebe treibt, so daß er gern Gutes tun wollte, wüßte er nur wie er es könnte. Und wenn er findet, daß er einen Hunger nach solcher Tugend hat, dann kann er gewiß denken, daß er gezogen wird. Dann soll er es ins Werk richten, also nicht nur wollen und nicht tun. Im Wollen steht der Zug des Vaters zu Christus, aber im Tun steht das rechte Leben.

5.7. Denn der rechte Geist tut recht. Ist aber der rechte Wille zum Tun da, und das Tun folgt nicht, dann ist der Mensch noch in der eitlen Lust, die das Tun gefangenhält, und ist nur ein Heuchler, ein Ismael. Anders redet er, und anders tut er, und bezeugt, daß sein Mund voller Lügen ist. Denn was er lehrt, das tut er selber nicht, sondern dient nur dem tierischen Menschen in der Eitelkeit.

5.8. Denn wenn einer sagt: „Ich habe Willen und wollte gern Gutes tun, doch ich habe irdisches Fleisch, das mich hält, so daß ich nicht kann. Ich werde aber aus Gnade um des Verdienstes Christi willen selig werden, denn ich tröste mich ja durch sein Leiden und Verdienst. Deshalb wird Er mich aus Gnade ohne eigenes Verdienst annehmen und mir die Sünde vergeben.“ Dann gleicht er einem, der eine gute Speise zu seiner Gesundheit wüßte und äße dieselbe nicht, aber äße an deren statt eine giftige, davon er krank würde und stürbe.

5.9. Was hilft es der Seele, wenn sie den Weg zu Gott kennt, aber ihn nicht gehen will, sondern einen Irrweg geht und Gott nicht erreicht? Was hilft es der Seele, daß sie sich mit der Kindschaft Christi, seinem Leiden und Tod tröstet, aber sich selber heuchelt und nicht in die kindliche Geburt eingehen will, so daß sie als ein wahres Kind aus Christi Geist und aus seinem Leiden, Tod und Auferstehen geboren werde? Gewiß und wahrhaftig: Das Kitzeln und Heucheln mit Christi Verdienst ohne die wahre eingeborene Kindschaft ist falsch und erlogen. Es lehre es, wer da wolle.

5.10. Dieses Trösten gehört dem bußfertigen (reumütigen) Sünder, der im Kampf gegen die Sünde und Gottes Zorn ist. Denn wenn die Anfechtungen kommen und der Teufel der Seele zusetzt, dann soll sich die Seele im Leiden und Tod Christi und seinem Verdienst ganz einwickeln.

5.11. Christus hat es wohl allein verdient, aber nicht als ein Verdienst, um diesen als Lohn zu verschenken, so daß Er uns die Kindschaft durch sein Verdienst von außen schenke und uns damit als Kinder adoptiere. Nein, Er ist selbst das Verdienst, und Er ist die offene Pforte durch den Tod, durch den wir eingehen müssen. Er nimmt daher nicht die Tiere in sein Verdienst, sondern diejenigen, welche umkehren und wie Kinder werden.

5.12. Diese Kinder, die zu Ihm kommen, sind sein Lohn, und so hat Er uns verdient. Denn Er sprach auch: »Vater, die Menschen waren dein, und du hast sie mir gegeben, und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Joh. 17.6)« Nun wird aber keinem das Leben Christi gegeben, er komme denn im Geiste Christi zu Ihm in seine Menschheit, sein Leiden und Verdienst hinein und werde in seinem Verdienst als ein wahres Kind des Verdienstes geboren. Aus seinem Verdienst müssen wir geboren werden und das Verdienst Christi in seinem Leiden und Tod anziehen, nicht von außen mit Mundheuchelei allein, nicht nur mit Trösten und ein fremdes Kind fremdartigen Wesens bleiben. Nein, das fremde Wesen erbt die Kindschaft nicht, sondern das eingeborene Wesen erbt sie.

5.13. Dieses eingeborene Wesen ist nicht von dieser Welt, sondern im Himmel, davon St. Paulus sagt: »Unser Wandel ist im Himmel. (Phil. 3.20)« Das kindliche Wesen wandelt im Himmel, und der Himmel ist im Menschen. Wenn aber der Himmel im Menschen nicht offenbar ist und er nur heuchelnd vor dem Himmel steht und spricht „Ich bin zwar außerhalb, aber Christus wird mich aus Gnade hineinnehmen, denn sein Verdienst ist ja mein!“, dann steht er nach dem äußeren Menschen in der Eitelkeit und Sünde, und mit der Seele in der Hölle, nämlich in Gottes Zorn.

5.14. Darum lernt wahrhaft verstehen, was uns Christus gelehrt und getan hat. Er ist unser Himmel, und Er muß in uns Gestalt gewinnen, sollen wir im Himmel sein. Dann ist sogleich der innere Seelen-Mensch mit dem heiligen Leib Christi im Himmel, nämlich in der neuen Geburt, und (nur noch) der äußere sterbliche ist in der Welt. Davon sagt Christus: »Meine Schäflein sind in meiner Hand, und niemand kann sie mir entreißen. Denn der Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles. (Joh. 10.27)«

Das sechste Kapitel

6.1. Ihr lieben Brüder, wir wollen aufrichtig mit euch reden, nicht aus heuchlerischem Mund, dem Antichrist zum Gefallen, sondern aus unserem Perlein, nämlich aus christlichem Wesen und Weisheit, nicht aus äußerlichem Wissen und Historien, sondern aus kindlichem Geist, aus Christi Weisheit als eine Rebe am Weinstock Christi, aus dem Quell des in uns offenbarten Wissens in Gottes Rat.

6.2. Man bindet uns heutzutage an die Historien (historischen Geschichten der Bibel), wie an die steinernen Kirchen, die in ihrem Wert wirklich gut wären, wenn man auch den Tempel Christi dahinein brächte.

6.3. Man lehrt: „Ihre Absolution (Freisprechung) sei eine Vergebung der Sünden.“ Oder auch: „Das Abendmahl nehme die Sünden weg.“ Oder auch: „Der Geist Gottes werde vom Predigtamt eingegossen.“

6.4. Dies hätte wohl alles seinen Wert, wenn es recht erklärt würde und man nicht nur an den Hülsen (äußeren Formen) hinge. Mancher geht 20 oder 30 Jahre in die Kirche, hört predigen und gebraucht das Sakrament, läßt sich absolvieren (von Sünde freisprechen) und bleibt doch ein Tier des Teufels und der Eitelkeit, wie manch andere. Ein Tier geht in die Kirche und zum Abendmahl, und ein Tier kommt wieder heraus. Wie will der essen, der keinen Mund hat? Wie will der hören, der kein Gehör hat? Kann jemand eine Speise genießen, die seinen Mund nicht erreicht? Wie will der trinken, der fern vom Wasser ist? Was hilft es mir, daß ich in eine gemauerte Kirche gehe und meine Ohren mit leerem Schall fülle? Oder zum Abendmahl gehe und nur den irdischen Mund speise, der sterblich und verweslich ist? Ich kann ihm doch auch daheim ein Stück Brot geben, damit er satt werde. Was hilft es der Seele, die ein unsterbliches Leben ist, wenn der tierische Mensch nur an der Art und Weise der Bräuche Christi festhält, aber das Juwel (das wertvolle geistige Wesen) der Bräuche nicht erreichen kann? Denn St. Paulus sagt vom Abendmahl: »Darum, daß ihr den Leib des Herrn nicht unterscheidet (bzw. erkennt), empfangt ihr es zum Gericht. (1.Kor. 11.29)«

6.5. Nur wenn der Bund besteht, kann er im Brauchtum lebendig werden. Dann bietet uns Christus in seinem Wort seinen Geist an, nämlich im gepredigten Wort, und in den Sakramenten seinen Leib und sein Blut, und in der brüderlichen Versöhnung seine Absolution.

6.6. Was hilft es aber, wenn allda ein Tier zuhört und kein Gehör für das innerlich lebendige Wort hat? Auch wenn es kein Gefäß hat, in dem es das Wort bewahren kann, damit es Frucht bringe? Von denen sagt Christus: »Der Teufel reißt das Wort von ihren Herzen, so daß sie nicht glauben und selig werden. (Lukas 8.12)« Warum? Weil das Wort keine Stätte im Gehör findet, wo es haften (und fruchtbar werden) könnte.

6.7. So auch von der Absolution: Was hilft es, daß einer zu mir sagt „Ich verkündige dir die Absolution (Vergebung) deiner Sünden!“, wenn doch die Seele ganz in Sünde verschlossen liegt? Wer so etwas zum verschlossenen Sünder sagt, der irrt, und der es annimmt, ohne Gottes Stimme in ihm, der betrügt sich nur selber.

6.8. Niemand kann Sünde vergeben, als Gott allein. Des Predigers Mund hat nicht die Vergebung in eigener Gewalt. Der Geist Christi hat sie in der Stimme des Priesters Mund, wenn er auch ein wahrer Christ ist. Was half es einst denjenigen, die Christus auf Erden lehren hörten, als er sprach »Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!«? Was half es ihnen, die es hörten und nicht mühselig waren? Wo blieb die Erquickung, als sie tote Ohren hatten und nur den äußeren Christus hörten, nicht aber das Wort der göttlichen Kraft? Sie wurden doch nicht erquickt. So viel hilft auch einem tierischen Menschen seine heuchlerische Absolution, und so viel helfen ihm auch die Sakramente.

6.9. Die Sakramente sind damit zweifelhaft, wie auch das Lehramt. Der Bund wird belebt und der Genuß der Seele geschieht, aber nur in der Eigenschaft, wie der Seele Mund (fähig) ist. So empfängt das äußere Tierwesen (das Sakrament von) Brot und Wein, das es auch daheim essen könnte. Und die feurige Seele empfängt das Testament auch nach ihrer Eigenschaft, nämlich im Zorn Gottes. Sie empfängt der ewigen Welt Wesen, aber nach der Eigenschaft der finsteren Welt. Wie der Mund ist, so ist auch die Speise, die in den Mund gehört. Er empfängt es sich zum Gericht, auf Art und Weise, wie die Gottlosen (den Herrn) Christus am Jüngsten Gericht als einen ernsten und strengen Richter sehen werden, und die Heiligen als einen lieben Immanuel („Gott ist mit uns“).

6.10. Für den Gottlosen steht Gottes Zorn in seinen Testamenten offen, und für den Heiligen steht die himmlische Körperlichkeit und darin die Kraft Christi im heiligen Namen Jesu offen. Was hilft dann dem Gottlosen das Heilige, wenn er es nicht genießen kann? Was soll dann seine Sünde wegnehmen (bzw. bereinigen)? Die Sünde wird nur erregt und offenbar.

6.11. Es geschieht doch in den Heiligen mit den Sakramenten kein Sünde-Wegnehmen oder Dadurch-Vergeben, sondern es ist so: Wenn Christus aufersteht, dann stirbt Adam in seinem Schlangen-Wesen. Denn wenn die Sonne aufgeht, dann wird die Nacht im Tag verschlungen und ist keine Nacht mehr. So geschieht auch die Vergebung der Sünde. Der Geist Christi ernährt sich von seinem heiligen Wesen, und der innere Mensch ist die Fassung (bzw. Verinnerlichung) des heiligen Wesens. Er nimmt an, was der Geist Christi in ihn als Tempel Gottes hineinführt, nämlich Christi Fleisch und Blut. Was geht das ein Tier an? Oder was geht es die Teufel oder die Seele in Gottes Zorn an? Sie essen von ihrem himmlischen Leib in dem Himmel, in dem sie wohnen, nämlich im Abgrund.

6.12. So geschieht es auch im Predigtamt: Der Gottlose hört, was die äußere Seele der äußeren Welt predigt, und das nimmt er als eine Historie an. Das gleicht in der Predigt den (unfruchtbaren) Stoppeln oder Strohhalmen. So saugt er daraus die Eitelkeit, und die Seele saugt daraus das illusorische Gift und teuflische Töten. Damit schmeichelt sie sich, wenn sie hört, wie sie Menschen richten kann. Dann ist auch der Prediger ein Toter, der aus seinen Affekten Gift und Schmach sät. Auf diese Weise lehrt der Teufel und hört der Teufel. Diese Lehre wird im gottlosen Herzen eingeschlossen und bringt gottlose Früchte, daraus die Welt zu einer Mordgrube des Teufels geworden ist. So ist in beiden, Lehrer und Zuhörer, nichts als eitles Spotten, Lästern, Höhnen, Wortgefecht und verbissenes Streiten um Hülsen (bzw. Äußerlichkeiten).

6.13. Dagegen lehrt in einem heiligen Lehrer der Heilige Geist, und im heiligen Hörer hört der Geist Christi durch die Seele im göttlichen Leib den göttlichen Schall (des göttlichen Wortes). Der Heilige hat seine Kirche in sich, weil er innerlich hört und lehrt. Aber Babel (ein himmelstrebendes Gedankengebäude, das in begrifflicher Verwirrung endet) hat einen Steinhaufen. Da geht die Seele zum Heucheln und Schmeicheln hinein, läßt sich mit schönen Kleidern sehen und stellt sich andächtig und fromm. So ist die steinerne Kirche ihr Gott, in den sie das Vertrauen setzt.

6.14. Der Heilige aber hat seine Kirche an allen Orten bei sich und in sich, denn er steht und geht, liegt und sitzt in seiner Kirche. Er ist in der wahren christlichen Kirche, im Tempel Christi, und der Heilige Geist predigt ihm aus allen Kreaturen. Alles, was er ansieht, darin sieht er einen Prediger Gottes.

6.15. Nun werden die Spötter hier sagen, daß ich die steinerne Kirche verachte, wo die Gemeinde zusammenkommt. Darauf sage ich: Nein, sondern ich weise auf die heuchlerische babylonische Hure hin, die mit der steinernen Kirche nur Hurerei treibt und sich als „Christ“ bezeichnet, aber ein Hurenkind ist.

6.16. Ein rechter Christ bringt seine heilige Kirche in die Gemeinde mit. Sein Herz ist die wahre Kirche, wo man den Gottesdienst pflegen soll. Wenn ich auch tausend Jahre in die Kirche gehe, alle Wochen zum Sakrament und mich auch jeden Tag absolvieren (freisprechen) lasse, solange ich Christus nicht in mir habe, solange ist alles Illusion und unnützer Tand, ein Schnitzwerk in Babel, und es ist keine Vergebung der Sünde.

6.17. Der Heilige tut heilige Werke aus der heiligen Kraft seines Gemüts. Dieses Werk ist noch nicht die Versöhnung, aber es ist das Gebäude, das der wahre Geist in seinem Wesen baut. Es ist sein Wohnhaus, gleichwie des falschen Christen seine Illusion (Babel) sein Wohnhaus ist, in das dann seine Seele heuchelnd hineingeht. Denn das äußere Gehör geht in das Äußere und wirkt in das Äußere. Das innere Gehör geht in das Innere und wirkt in dem Inneren.

6.18. Heuchle, heule, schreie, singe, predige und lehre, wie du willst. Ist nicht der innere Lehrer und Hörer offen, dann ist es alles Babel und Illusion und ein Schnitzwerk (bzw. Kunst-Werk), weil der äußere Weltgeist ein Modell oder äußeres Bildnis für das Innere macht. Und damit blendet er sich, als ob er einen heiligen Gottesdienst hätte, obwohl doch oft der Teufel mitten in solchem Gottesdienst mächtig in der Imagination (Einbildung) wirkt und dem Herzen mit solchen Dingen wohl schmeichelt, die der Leib gern hätte. Das kann sogar den Kindern Gottes durch den äußeren Menschen oft genug noch widerfahren, wenn sie nicht immer acht auf sich haben, denn dann versucht sie der Teufel.

Das siebente Kapitel

7.1. Ein rechter Mensch, der in Christi Geist neu geboren ist, der ist in der Einfalt Christi und hat mit niemandem einen Streit um die Religion. Er hat in sich selbst mit seinem tierischen bösartigen Fleisch und Blut Streit genug. Er betrachtet sich immerzu wie einen großen Sünder und fürchtet sich vor Gott, denn seine Sünden stehen offenbar und sind im Gericht, denn die weltliche Verwirrung trägt sie in sich, so daß ihn der Zorn Gottes vor den Augen der Welt als einen Schuldigen tadelt. Aber die Liebe Christi dringt hindurch und zerstreut die Sünden, wie der Tag die Nacht zerstreut.

7.2. Dem Gottlosen aber ruhen seine Sünden im Schlaf des Todes und grünen im Abgrund aus, und bringen die Früchte in der Hölle.

7.3. Die Christenheit streitet in Babel (mit Gedankengebäuden) um die Wissenschaft, wie man Gott dienen, ehren und erkennen soll, oder was er nach seinem Wesen und Willen sei. Und sie lehren in bösartiger Weise: Wer nicht in allen Stücken mit ihnen in der Wissenschaft und Meinung einverstanden ist, der sei kein Christ, sondern ein Ketzer.

7.4. Nun würde ich doch gern sehen, wie man alle ihre Sekten zusammen in eine bringen sollte, die sich „Christliche Kirche“ nennen könnte. Denn sie sind allesamt doch nur Verächter, weil jeder Haufen den anderen lästert und als falsch beschimpft.

7.5. Ein wahrer Christ hat keine Sekte. Er kann mitten unter den Sekten wohnen, auch in ihrem Gottesdienst erscheinen, und hängt doch keiner Sekte an. Er hat nur eine einzige Wissenschaft, und die ist Christus in ihm. Er sucht nur einen Weg, und das ist der Wunsch, immerzu gern recht tun und leben zu wollen, um all sein Wissen und Wollen dem Leben Christi zu widmen. Er seufzt und wünscht immerzu, daß doch Gottes Wille in ihm geschehe und sein Reich in ihm offenbar werde. Er tötet täglich und stündlich die Sünde im Fleisch, denn des Weibes Samen, als der innere Mensch in Christus, zertritt dem Teufel in seiner Eitelkeit stets den Kopf. (1.Moses 3.15)

7.6. Sein Glaube ist ein Begehren nach Gott, in dem er eine gewisse Hoffnung entwickelt hat, und darin wagt er, auf die Worte der Verheißung zu vertrauen. Er lebt und stirbt darin, bis er dann im wahren Menschen nimmermehr stirbt. Denn auch Christus sagt so: »Wer an mich glaubt, wird nimmermehr sterben, sondern ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen. (Joh. 11.25)« Und auch: »Es werden Ströme des lebendigen Wassers von ihm fließen, als gute Lehre und Werke. (Joh. 7.38)«

7.7. Darum, sage ich, ist alles Babel, was sich miteinander beißt und um Buchstaben zankt. Die Buchstaben stehen alle in einer Wurzel, und die ist der Geist Gottes, gleichwie mancherlei Blumen alle in der gleichen Erde wurzeln und alle nebeneinander wachsen. Keine zankt sich mit der anderen um Farben, Geruch und Geschmack. Sie lassen die Erde und Sonne, wie auch Regen und Wind oder Hitze und Kälte mit sich machen, was sie wollen. Sie aber wachsen, eine jede in ihrem Wesen und Eigenschaft. So ist es auch mit den Kindern Gottes. Sie haben mancherlei Gaben und Erkenntnis, aber alles aus einem Geist. Sie freuen sich nebeneinander der großen Wunder Gottes und danken dem Höchsten in seiner Weisheit. Was sollen sie auch lange um den zanken, in dem sie leben und bestehen, dessen Wesens sie selbst sind?

7.8. Es ist die größte Torheit in Babel, daß der Teufel die Welt um die Religion zanken läßt, so daß sie um selbstgemachte Meinungen und Buchstaben streiten, da doch das Reich Gottes in keiner Meinung steht, sondern in der Kraft und der Liebe. Auch sagte Christus und hinterließ es seinen Jüngern zuletzt, sie sollten einander lieben, gleichwie er sie geliebt hat. Daran würde jedermann erkennen, daß sie seine Jünger wären. (Joh. 13.34) Wenn die Menschen so sehr nach der Liebe und Gerechtigkeit trachten würden, wie nach Meinungen, dann gebe es keinen Streit auf Erden. Wir lebten als Kinder in unserem Vater und bedürften keine Gesetze noch Orden.

7.9. Denn mit keinem Gesetz wird Gott gedient, nur allein mit Gehorsam. Die Gesetze sind wegen der Bösartigen, die nicht die Liebe und Gerechtigkeit wollen. Diese werden mit Gesetzen getrieben und gezwungen. Wir alle haben einen einzigen Orden, und der ist, daß wir dem Herrn aller Wesen stillhalten, unseren Willen ihm ergeben und seinen Geist in uns wirken, spielen und machen lassen, was er will. Und was Er in uns wirkt und offenbart, das bringen wir Ihm wieder als seine Frucht dar.

7.10. Wenn wir nun um die mancherlei Früchte, Gaben und Erkenntnisse nicht zanken würden, sondern uns untereinander als Kinder des Geistes Gottes erkennen, was wollte uns richten? Liegt doch das Reich Gottes nicht in unserem Wissen und Wähnen, sondern in der Kraft.

7.11. Wenn wir nicht halb so viel wüßten, viel kindlicher wären, nur einen brüderlichen Willen untereinander hätten und als Kinder einer Mutter lebten, wie die Zweige an einem Baum, die alle von einer Wurzel Saft empfangen, dann wären wir viel heiliger.

7.12. Das Wissen ist nur zu dem Ende (mit dem Ziel geschaffen), daß wir daraus lernen. Weil wir die göttliche Kraft in Adam verloren haben und jetzt zum Bösartigen (bzw. Unheilsamen) geneigt sind, deshalb müssen wir nun erkennen lernen, wie wir bösartige Eigenschaften in uns besitzen und daß das bösartige Handeln Gott nicht gefällt. Damit lernen wir durch das Wissen, auf rechte (wahrhafte und heilsame) Weise zu handeln. Wenn wir dann aber die Kraft Gottes in uns haben und mit allen Kräften begehren, recht zu handeln und recht zu leben, dann ist das Wissen nur unser Spiel, darin wir uns erfreuen.

7.13. Denn das wahre Wissen ist die Offenbarung des Geistes Gottes durch die ewige Weisheit. Damit weiß Er in seinen Kindern, was Er will. Er gießt seine Weisheit und Wunder durch seine Kinder aus, wie die Erde ihre Vielfalt an Blumen. Wenn wir nun im Geist Christi als demütige Kinder nebeneinander wohnen und sich ein jeder an der Begabung und Erkenntnis des anderen erfreuen würde, wer wollte uns richten? Wer richtet die Vögel im Wald, die den Herrn aller Wesen mit vielfältigen Stimmen loben, ein jeder durch sein Wesen? Werden sie von Gottes Geist gestraft, weil sie nicht alle mit gleicher Stimme das gleiche Lied singen? Warum auch? Kommt doch ihr aller Schall aus seiner Kraft, und vor Ihm spielen und singen sie.

7.14. Darum sind die Menschen, wenn sie um Wissenschaft und Gottes Willen zanken und einander darum verachten, törichter als die Vögel im Wald und die wilden Tiere, die keine wahre Vernunft haben. Sie sind vor dem heiligen Gott unnützer als die Wiesenblumen, welche doch dem Geist Gottes stillhalten und ihn die göttliche Weisheit und Kraft durch sich offenbaren lassen. Ja, sie sind ärger als die stachligen Disteln unter den schönen Blumen, welche doch auch stillstehen. Sie sind wie die räuberischen Tiere und Vögel im Wald, welche die anderen Vögel von ihrem Gesang und Lob Gottes abschrecken.

7.15. Zusammengefaßt: Sie sind des Teufels Gewächs im Zorn Gottes, die durch ihr Leiden dennoch dem Herrn dienen müssen. Denn sie treiben mit ihrer Plage und Verfolgung den Saft des Wesens der Kinder Gottes heraus, so daß sie sich im Geist Gottes mit Beten und emsigem Flehen bewegen, in welchem sich der Geist Gottes in ihnen bewegt. Denn dadurch wird die Begierde geübt und auch (der Geist) der Kinder Gottes, damit sie grünen und Frucht bringen. Denn in Trübsal werden Gottes Kinder offenbar, wie auch die Schrift sagt: »Wenn du sie züchtigst, dann rufen sie ängstlich nach dir. (Jes. 26.16)«

Das achte Kapitel

8.1. Die ganze christliche Religion gründet sich darin, daß wir uns erkennen lernen, was wir sind, von woher wir kommen, wie wir aus der Einheit in die Uneinigkeit, Bosheit und Ungerechtigkeit hineingingen, und wie wir diese in uns erweckt haben. Zum zweiten, wo wir in der Einheit gewesen sind, als wir Kinder Gottes waren. Zum dritten, wie wir jetzt in der Uneinigkeit, in Streit und Widerwillen sind. Zum vierten, wohin wir aus diesem vergänglichen Leben wallen (bzw. wandeln), wo wir mit dem Unsterblichen hinwollen und dann auch mit dem Sterblichen.

8.2. In diesen vier Punkten steht unsere ganze Religion, nämlich zu lernen, um aus der Uneinigkeit und Eitelkeit herauszukommen und wieder in einen einzigen Baum einzugehen, daraus wir in Adam alle gekommen sind und welcher der Christus in uns ist. Wir müssen um nichts streiten, und benötigen auch keinen Streit. Es lerne nur ein jeder, sich darin zu üben, wie er wieder in die Liebe Gottes und seines Bruders eingehen könne.

8.3. Christi Testamente sind durchaus nichts anderes als eine brüderliche Verbundenheit, so daß sich Gott in Christus mit uns verbindet und wir mit ihm. Alles Lehren soll dahin gehen, und auch alles Wollen, Leben und Tun. Was anders lehrt und tut, das ist Babel (Gedankengebäude) und Illusion, nur ein Schnitzwerk (künstliches Werk) des überheblichen Stolzes, ein unnützes Gericht (Rechtsprechen) und eine Irremachung der Welt, eine Schmeichelei des Teufels, mit der er die Einfalt blendet.

8.4. Alles, was außer Gottes Geist lehrt und keine göttliche Erkenntnis hat, aber sich doch zum Lehrer in Gottes Reich aufspielt und Gott mit Lehren dienen will, das ist falsch (bzw. illusorisch) und dient nur seinem Abgott im Bauch und seinem überheblich stolzen Sinn, weil er wohlgeehrt sein und heilig genannt sein will. Er trägt ein von Menschenkindern erwähltes Amt, die ihm auch nur heucheln und ihn um der Gunst willen dazu gemacht haben. Christus sprach: »Wer nicht zur Tür in den Schafstall hineingeht (das heißt, durch Ihn), sondern anderswo hineinsteigt, der ist ein Dieb und Mörder, und die Schafe folgen ihm nicht, denn sie kennen seine Stimme nicht. (Joh. 10.1)«

8.5. Er hat nicht die Stimme des Geistes Gottes, sondern nur die Stimme seiner gelernten Kunst. Er lehrt selber, und nicht Gottes Geist. Aber Christus spricht: »Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, sollen ausgerottet werden. (Matth. 15.13)« Wie will denn jemand himmelstrebende Pflanzen pflanzen, der gottlos ist, wenn er doch keinen Samen in seiner Kraft in sich hat? Christus spricht klar: »Die Schafe hören seine (des falschen Hirten) Stimme nicht, und sie folgen ihm auch nicht. (Joh. 10.5)«

8.6. Das aufgeschriebene Wort ist nur ein Werkzeug, mit dem der Geist leitet. Das Wort, das da lehren will, muß aus dem Buchstaben-Wort lebendig werden. Der Geist Gottes muß im Hall der Buchstaben leben, sonst ist niemand ein Lehrer Gottes, sondern nur ein Lehrer der Buchstaben, ein Wissender der Historien und nicht des Geistes Gottes in Christus. Alles, mit dem man Gott dienen will, muß im Glauben (an Gott) geschehen, nämlich im (göttlichen) Geist, denn der macht das Werk vollkommen und vor Gott angenehm. Was dann der Mensch im Glauben anfängt und tut, das tut er im Geist Gottes, der im Werk mitwirkt. Das ist Gott angenehm, denn Er hat es selbst gemacht und seine Kraft ist darin, und so ist es heilig.

8.7. Was aber in der Ichheit ohne Glauben (an Gott) gemacht wird, das ist nur eine Nachbildung oder leere Hülse eines wahren christlichen Werkes.

8.8. Dienst du deinem Bruder nur aus Schmeichelei und gibst ihm ungern, dann dienst du nicht Gott. Denn dein Glaube geht in deiner Gabe nicht aus Liebe in die Hoffnung. Wohl dienst du deinem Bruder, und er dankt seinerseits Gott und segnet dich auch seinerseits, aber du segnest ihn nicht, denn du gibst ihm in deiner Gabe einen mürrischen Geist, und der geht nicht in Gottes Geist in die Hoffnung des Glaubens ein. Darum ist deine Gabe nur halb gegeben, und du hast nur halben Lohn dafür.

8.9. So ist auch das Nehmen zu verstehen. Wenn einer mit Glauben in göttlicher Hoffnung gibt, dann segnet er seine Gaben in seinem Glauben. Wer sie aber undankbar empfängt und im Geist murrt, der verflucht sie im Nehmen. So bleibt einem jeden das Seine, und was er sät, das erntet er auch.

8.10. So ist es auch im Lehramt: Was einer aussät, das erntet er auch. Sät einer aus Christi Geist guten Samen, dann wächst er in einem guten Herzen und trägt gute Frucht. In den Gottlosen aber, die dessen nicht fähig sind, wird der Zorn Gottes erregt. Sät einer Zank, Verachtung und Irrglauben, das alle gottlosen Menschen gern annehmen, dann wächst es auch und trägt solche Frucht, daß man einander verspottet, verhöhnt, verleumdet und belügt.

8.11. In ihnen ist die große Babel (der himmelstrebenden Gedankengebäude, die in Verwirrung enden) geboren und ausgewachsen, mit der man aus überheblichem Stolz über die Historie um die Rechtfertigung des armen Sünders vor Gott streitet und den Einfältigen verwirrt und lästernd macht, so daß ein Bruder den anderen wegen der Historien und Buchstaben-Unterschiede verachtet und verteufelt.

8.12. Solche Lästerbälge dienen nicht Gott, sondern dem großen Bau der Uneinigkeit (und Verwirrung). Weil in allen Menschen im irdischen Fleisch noch eine verdorbene Sucht liegt, so wecken sie auch in den einfältigen Kindern Gottes den Greuel auf und machen Gottes Volk samt den Kindern in Bosheit lästernd. Sie sind nur Baumeister der großen Babel in der Welt und so viel nütze, wie ein fünftes Rad am Wagen, abgesehen davon, daß sie das höllische Gebäude aufrichten.

8.13. Darum ist es den Kindern Gottes höchste Not, daß sie ernstlich beten und diesen falschen (illusorischen) Bau kennenlernen, mit ihrem Gemüt davon abgehen und auch nicht beim Aufbauen mithelfen, um die Kinder Gottes zu verfolgen, damit sie dem Reich Gottes fernbleiben und verführt werden. Wie Christus zu den Pharisäern sprach: »Wehe euch Schriftgelehrte und Pharisäer! Ihr Heuchler durchzieht Land und Wasser, um einen Judengenossen zu machen. Und wenn er es geworden ist, dann macht ihr aus ihm ein Kind der Hölle, doppelt so viel, als ihr es seid. (Math. 23.15)« Wie es dergleichen in den jetzigen Rotten und Sekten bei den Schreiern und Zank-Lehrern auch wirklich geschieht.

8.14. Ich will deshalb alle Kinder Gottes, welche gedenken, Christi Glieder zu sein, vor solchem greulichen Zank und blutigen Schlägereien aus den mir von Gott eröffneten Gaben treulich gewarnt haben, vom Bruderzank abzugehen und nur nach der Liebe und Gerechtigkeit gegenüber allen Menschen zu trachten.

8.15. Denn wer ein guter Baum ist, der soll auch gute Früchte tragen. Auch wenn er bisweilen erleiden muß, daß ihm die Säue seine Früchte auffressen, so soll er doch ein guter Baum bleiben und stets mit Gott wirken wollen, ohne sich vom Bösen überwältigen zu lassen. So steht er in Gottes Acker und trägt Früchte auf Gottes Tisch, die er ewig genießen wird. Amen.

Verwendete Quellen zur deutschen Überarbeitung

Jacob Böhme's sämmtliche Werke, Bände 1-2, J. A. Barth, 1860
Der Weg zu Christo, verfasset in neun Büchlein, Jacob Böhme, 1715


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