Eine Trostschrift für die vier Komplexionen

(Text von Jakob Böhme aus „Der Weg zu Christo“ um 1624, deutsche Überarbeitung 2021)

Von den Ursachen der Furcht oder Traurigkeit, und was das Entsetzen oder die Angst ist. Das ist eine Unterweisung in Zeit der Anfechtung für ein stets trauriges angefochtenes Herz. Über die Ursache, woraus Traurigkeit natürlich entsteht und kommt, wie die Anfechtung geschieht, nebst den Trostsprüchen, die für angefochtene Herzen und Seelen sehr nützlich sind.

1. Alle Traurigkeit und Furcht, wenn sich der Mensch in sich selbst entsetzt und fürchtet, kommt von der Seele. Der äußere Geist von Gestirn und Elementen entsetzt sich nicht, denn er lebt in seiner Mutter, die ihn geboren hat. Die arme Seele aber ist mit Adam in eine fremde Herberge eingegangen, nämlich in den Geist dieser Welt. Dort wird die schöne (vollkommene) Kreatur verdeckt und in einem finsteren Kerker gehalten.

2. Denn der Geist hat in dieser Welt vier Herbergen, darin das edle Kleinod eingesperrt steht. Unter diesen vieren ist jeweils eine, und nicht alle vier, in einem Menschen vordergründig offenbar, nämlich nach den vier Elementen (Feuer, Luft, Wasser und Erde), die ein jeder Mensch in sich hat. Und er ist selber dieses Wesen, obwohl die Seele nicht dieses Wesen ist, aber er liegt in diesem Wesen gefangen und hat damit nun eine Herberge oder Gestaltung unter den Vieren als ein Oberregiment des Lebens. Diese vier heißen 1.) Cholerisch, 2.) Sanguinisch, 3.) Phlegmatisch und 4.) Melancholisch.

(Komplexion: von lateinisch „complexus“, das Umfassen oder die Verknüpfung, ähnlich dem Begriff „Komplex“, der heute in der Psychologie für eine gefühlsgebundene und affektbetonte Verknüpfung verschiedener in sich zusammenhängender Vorstellungen bzw. Einbildungen benutzt wird, auch eng mit der Vier-Säftelehre verbunden, siehe Wikipedia unter Humoralpathologie.)

3. (1.) Cholerisch ist des Feuers Natur und Eigenschaft, gibt starken Mut, jähen Zorn, Aufsteigen der Hoffart (überheblichen Stolz) und Eigensinnigkeit und fragt nach Niemandem. Diese Gestalt erscheint nach der äußeren Welt in einem Feuer-Licht, arbeitet wie die Macht der Sonne und will immer gern Herr sein.

4. (2.) Sanguinisch ist wie die Luft subtil, freundlich, fröhlich und doch nicht starken Muts, sondern wankelmütig, wird leicht bewegt von einem zum anderen, empfängt natürlich des Gestirns Eigenschaft und Klugheit in ihrem Wesen, ist züchtig und rein, und führt große Heimlichkeit in ihrem Wissen.

5. (3.) Phlegmatisch ist nach des Wassers Natur und Eigenschaft, fleischlich, grob und weich, weibischen Willens, mäßigen Begriffs, hält aber fest, was sie in sich bekommt. Kunst muß in sie durch Schall und Lehren gebracht werden, denn sie findet sie nicht aus ihrer Wurzel. Sie läßt alles gut sein, macht sich keine Schwermut, hat einen Schein vom Licht, ist nicht traurig noch hoch fröhlich, sondern allseits leicht und gemein.

6. (4.) Melancholisch gleicht der Natur und Eigenschaft der Erde, wie die Erde kalt, erstarrt, finster, traurig und hungrig nach Licht ist, immer furchtsam vor Gottes Zorn.

7. Denn die Erde und Steine sind außerhalb der ewigen Wesenheit, das heißt, in der entzündeten Begierde und in der Schöpfung nach dem Zorn. Aber auch sie sind von der Liebe Eigenschaft ergriffen worden, denn es ist Böses und Gutes ineinander. Das Gute hat immer eine Furcht vor dem Bösen. Es ist ein stetiges Fliehen, denn das Gute will immer vom Bösen fliehen. Wie am Metall zu sehen ist, da seine Tinktur (sein ungestaltetes Wesen) gut ist, während die ganz Irdische (Gestalt) böse und grimmig wird. Deshalb will die Tinktur der Metalle immer von der Irdischen fliehen, zumal wenn sie das bösartige Gestirn berührt, und will aus dem Zentrum heraus. Daher kommt es, daß die Metalle (als Erz unter der Erde) wachsen, denn ihre Tinktur treibt ihre Begierde aus sich heraus und begehrt zu fliehen, faßt aber in der Begierde ein solch körperliches Wesen, wie der Geist oder die Begierde ist. Daher kommt der metallische Körper.

8. Die melancholische Natur ist finster und dürr (saftlos) und gibt wenig Wesenheit. Sie frißt sich in sich selber auf und bleibt immer im Trauerhaus. Wenn ihr auch die Sonne scheint, ist sie doch in sich traurig. Sie bekommt zwar vom Sonnenschein etwas Erquickung, aber in der Finsternis ist sie immer in Furcht und Schrecken vor Gottes Gericht. Daran erkennt man ein trauriges Gemüt.

9. Wenn nun von diesen Komplexionen im Menschen eine die Oberhand hat, so daß er darin gebunden ist, dann steht die arme Seele, nämlich das edle Kleinod, in diesem Haus und muß sich in dieser Zeit (in der sie Gottes Licht in sich nicht gänzlich erreicht) mit dem Schein der Sonne behelfen, weil ihr in Adam das göttliche Licht-Auge in der irdischen Qual, in die sie ging, verschlossen worden war. So hat die Seele in Adam die äußeren Komplexionen in sich hereingelassen, nämlich den Geist der großen Welt, der Sterne und Elemente.

10. In dieser Zeit wohnt nun eines im anderen, die Seele in den Komplexionen, und diese in der Seele, doch ergreift eines das andere nicht im Wesen. Denn die Seele ist tiefer als der äußerliche Geist. Doch sie hängen in dieser Zeit aneinander, wie die innere und äußere Welt, von denen doch keine die andere ist. So ist der äußerliche Geist auch nicht die Seele.

11. So wisset auch, daß die Seele in ihrer Substanz ein magischer Feuerquell aus Gottes und des Vaters Wesen ist, eine große Begierde nach dem Licht, so daß Gott der Vater in großer Begierde seit Ewigkeit sein Herz als des Lichtes Zentrum begehrt und in seinem begehrenden Willen aus des Feuers Eigenschaft gebiert, wie das Licht aus dem Feuer geboren wird.

12. Nun kann aber kein Feuer sein, wenn keine Wurzel (und kein Ursprung) zum Feuer da ist, nämlich das Zentrum oder die Gestaltung zur Natur. Die hat die Seele auch in sich, und so brennt sie aus der Gestaltung zur Natur, nämlich aus der finsteren Welt, die sich in ihrer Qual der Begierde bis zum Feuer treibt, denn sie begehrt die Freiheit, nämlich das Licht, wie im Buch vom „Dreifachen Leben“ erklärt wurde.

13. Weil nun die Seele ein hungriges magisches Geist-Feuer wurde, so begehrt sie geistige Wesenheit als die Kraft, um ihr Feuer-Leben zu erhalten und die Feuer-Qual zu besänftigen.

14. So weiß man nun, wie sie sich in Adam durch Ungehorsam in den Geist dieser Welt hineingewandt und vom Geist der äußerlichen Welt gegessen hat. Darum wurde Christus ein Mensch in unserem Wesen, damit Er sie wieder durch das Zentrum und durch das Feuer Gottes in das Licht hineinwende, nämlich in die Welt der Güte, was nun in der Person Christi geschehen ist.

15. Weil nun aber unsere Seele auf diese Weise im Mutterleib in den Geist der großen Welt und den Komplexionen hineingewandt steht, so ernährt sie sich bald auch vom Mutterleib, nämlich in der Mutter (Natur) vom Geist dieser Welt.

16. Die Seele ißt geistige Speise, nämlich vom Geist der Gestaltung der Komplexionen, nicht gänzlich (real) von ihrem Wesen, sondern magisch (illusorisch). Es ist ihr Feueranzünden, und die Komplexion wird im Seelenfeuer seelisch (wesentlich). Das ist wie Holz und Feuer untereinander. So verstehe im Holz die Komplexion, und im Feuer die Seele. Weil nun das Feuer Holz haben muß, das ist entweder die äußere Komplexion oder die göttliche Wesenheit von Gottes Wesen, so muß die Seele entweder von dem einen oder dem anderen essen, oder sie stirbt, obwohl doch (in Wahrheit) kein Sterben in ihr möglich ist, denn sie ist eine Begierde. Und wo nun ein Begehren ist, da ist auch Wesen, denn die Begierde macht ihr eigenes Wesen.

17. Jetzt verstehen wir, warum ein solcher Unterschied der Menschen im Willen und Tun ist. Denn von was die Seele ißt und worin ihr Feuer-Leben angezündet wird, danach führt das Seelen-Leben das Regiment. Wendet sich die Seele aus ihrer Komplexion in das Liebe-Feuer Gottes zu himmlischer Wesenheit, welche Christi Leiblichkeit nach der englischen Lichtwelt ist, dann ißt sie von Christi Fleisch, darunter man das Himmlische versteht, also seine ewige Wesenheit von der Güte, vom Licht der Majestät, in der das Feuer des Gott-Vaters im Schein eine Tinktur macht (im ewigen Meer der Ursachen bzw. Möglichkeiten). Das ist dieselbe Wesenheit wie im Wasserquell des ewigen Lebens, davon Christus sagte, Er wollte uns solches Wasser zu trinken geben. Davon ernährt sich das Seelen-Feuer, nämlich von göttlicher und himmlischer Wesenheit, welches in der Tinktur in himmlisches Blut verwandelt wird, was man geistig verstehen sollte. Davon bekommt die Seele göttlichen Willen und zwingt den Leib, das zu tun, was er nach seiner eigenen Gestalt und dem Geist dieser Welt nicht gern will. In diesem Zustand kann die Komplexion in der Seele nicht mehr regieren, sondern steht nur im Wesen des Körpers und führt das körperliche Regiment, den äußeren Körper betreffend. Dann fragt der Mensch nach Gottes Wort und spürt ein stetiges Verlangen nach Gott, wünscht immer von Gott zu reden und wollte immer gern mehr von Gottes Süßigkeit schmecken, aber das wird von der Komplexion verdeckt und verhindert, so daß ein steter Kampf in ihm bleibt.

18. Die Seele kämpft gegen die Komplexion, denn sie sind jetzt in einer Verbindung. Und so kämpft auch die Komplexion gegen die Seele, denn sie will immer gern ins Seelen-Feuer und sich entzünden, damit sie wirklich lebe. Doch wenn die Seele von Gottes Wort ißt, dann wird die Komplexion nach dem äußeren Leben wie ohnmächtig und gefangen, weil sie doch (in Wirklichkeit) nur in sich lebt.

19. Die Seele aber ist so getreu vor Gottes Liebe, die allein ihrem (wahren) Wesen zu Hilfe kommt, daß sie oft, wenn sie von Gottes Liebe-Wesen ißt, einen Triumph und göttlichen Geschmack in die Komplexion führt, davon sie zitternd und höchst freudenreich wird und den ganzen Leib aufweckt, als wäre nun das Paradies vorhanden. Das ist aber nicht beständig. Denn die Seele wird bald mit etwas anderem bedeckt, das in die Komplexion fällt und die äußere Einbildung vom Geist der großen Welt in die Komplexion hineinführt, davon sie einen (irdischen) Spiegel bekommt und beginnt, sich darin einzubilden. So geht sie vom Geist Gottes ab und würde ganz im Schlamm (der Irdischkeit) versinken, wenn sie nicht die Jungfrau göttlicher Weisheit wieder zur Umkehr riefe, die der Seele wie ein (überirdischer) Spiegel vorgestellt ist.

Weiter zu den Komplexionen

20. Wenn sich die Seele in eine Komplexion einbildet und von derselben ißt, und sich von Gottes Wort und Willen abwendet, dann handelt sie auch entsprechend den Eigenschaften der Komplexion. Sie nimmt alles an, was vom Gestirn (bzw. auch Gehirn) in die Komplexion eingeworfen wird, also alles, was der Geist der großen Welt in die Komplexion mit seiner Einbildung hineinführt. Sie vergafft sich durch die Begierde der Komplexion in alle äußerlichen Wesen, in alles, was die Welt an Worten und Werken tut. Solches führt die Begierde der Komplexion in das Seelen-Feuer, und darin brennt das Seelen-Feuer.

21. Hier erkennt man, wie alle bösartigen Taten und Werke im Feuer des Gott-Vaters brennen, in dem die Seele steht. Was nun nicht der Liebe Gottes ähnlich ist, das kann die Liebe nicht fangen. Und hier erkennt man auch, was und wie Sünde sei, und wie Gott erzürnt werde, wenn Ihm mit der Seele Brennen oder Leben solche Greueltaten zugefügt werden, wie sie der Mensch tut, welche die Seele von Gottes Liebe abhalten und das Seelen-Feuer für Gottes Weisheit und Licht stockblind machen.

22. Denn Gottes Geist geht nicht in das Feuer-Brennen oder Leben des Greuels. Er wartet, bis die Seele dort wieder herausgeht und sich im Wasser des ewigen Lebens badet (und reinigt), was durch ernsthafte Buße geschieht. Dann wird sie im Feuer der Güte Gottes und im Heiligen Geist wieder erneuert, wie ein neues Kind, und beginnt wieder, vom selbigen Wasser (des ewigen Lebens) zu trinken und mit Gott vereint zu leben.

Von den vier Komplexionen mit ihren Eigenschaften

Was die Seele und der ganze Mensch tut, wenn die Seele allein von der Komplexion und vom Gestirn ihr Feuer-Leben entzündet.

1. Cholerische Komplexion nach dem Feuer

23. Ist das Leben der Seele von der cholerischen Komplexion umgeben, dann wird sie feurig, grimmig, aufbrausend und verzehrend, und gibt auch einen solchen Leib, der da mager, boshaft, grimmig und zornig ist. Wenn die Seele sich darin einbildet, dann zündet sie die Komplexion immer mehr an, denn sie ist auch feurig (in ihrem Wesen). Damit entstehen im Menschen Zorn, überheblicher Stolz, Begierde zum Aufsteigen in Macht und Pracht, um alles unter sich zu drücken, Spötter der Elenden, Herrscher über gebeugte Knie und überhebliche Verachtung, auch wenn im Zorn getötet wird, es sei denn, daß es das Gestirn (die Kraft der Natur oder das Denken des Gehirns) verhindert, welches oft in Verbindung mit der Komplexion Einwürfe tut und viel verhindert.

24. Es liegt große Gefährlichkeit in dieser Komplexion, wenn die Seele in äußerlicher Einbildung lebt. Sie trägt ein hartes Band, mit dem ein Feuerquell der Qual an den anderen gebunden ist.

25. Der grimmige Teufel hat einen gewaltigen Zugang zu ihr, denn die Feuer-Eigenschaft (der „Leidenschaft“) dient ihm. Er ist auch überheblich stolz und neidisch, also ist es auch die Komplexion. Ach, wie schwer kann die Seele erlöst werden, wenn sie in dieser Eigenschaft umfassend entzündet ist! Der Teufel braucht sie nicht anzufechten, denn sie geht ihm ganz willig nach seiner Geige. Sie wird selten traurig, denn sie hat in der Komplexion ein Feuer-Licht und meint immerfort, es sei Gottes Licht und sie sei auf dem guten Weg. Und sie ist doch ein überheblich stolzer, neidischer, zorniger, gewalttätiger, niederdrückender Wille und Geist, solange sich die Seele allein dieser Komplexion behilft. Ach, sie gibt auch gern einen gleißenden Schein in ihrer Pracht aus ihrer Feuer-Komplexion der Scheinheiligkeit, und will in ihrem großen Stolz und Übermut heilig gerühmt sein. Oh Teufel in Engelsgestalt, wie finster bist du dann, wenn die Komplexion im Sterben zerbricht!

2. Sanguinische Komplexion nach der Luft

26. Die sanguinische Komplexion ist sanft, heiter und freudenreich. Nach der Eigenschaft der Luft ist sie sinnlich (leichtsinnig), sanft und lieblich, und dem gleicht ihr Leben.

27. Ist die Seele von dieser Komplexion umgeben, bildet sich dahinein und will darin leben, dann zeigt sie sich freundlich und klug, will viel erfahren, und das geschieht ihr auch. Alles, was das Gestirn macht, das erfährt sie in der Komplexion. Sie ist freudig, doch bald auch vor der Gewalt des Feuers verzagend, nämlich vor den großen Hansen (den weltlichen Herrschern), aber in sich selbst mächtig im Eigensinn ohne Rat (anzunehmen) und von scharfem Verstand durch die Komplexion nach dem äußeren Geist. Sie tut im Zorn selten etwas Schädliches, ist bald erhebend und großmütig, bald auch wieder fallend, wie die Luft. Sie soll sich gut hüten, denn der Teufel ist ihr gram. Weil er ihr in der Komplexion nicht viel anhaben kann, verwirrt er sie gern, so daß sie von mancherlei Sinnen verführt wird, damit sie nicht nach Gottes Reich schauen kann. Er wirft ihr seltsame Dinge vor, um ihre Zeit damit zu vertreiben. Und sie studiert gern viele Dinge, denn die Sterne führen ihre Einbildung in die Luft, und davon bekommt sie viele seltsame und weitschweifende Gedanken.

28. Ein solcher Mensch führt ein schwaches, mit jedermann freundliches, frommes und einfältiges Leben. Aber trotzdem hegt der Teufel seine Feinde gegen ihn. Er muß viel leiden, geht aber leicht hindurch, wie etwas durch die Luft geht. Selten ist er sehr traurig, denn er führt kein feuriges Herz, und so brennt auch der Schrecken nicht hartnäckig in ihm. Er sollte sich aber vor Unzucht und Abgötterei hüten, denn darin hat der Teufel einen Zutritt in diese Komplexion.

3. Phlegmatische Komplexion nach dem Wasser

29. Ist die Seele von dieser Komplexion umgeben und baut damit ihr Leben auf, dann ist es ein zähes und erdrückendes Leben, tölpisch, fast schnöde und wenig achtsam mit grober Körperlichkeit und schlechtem Verstand. Durch Lehren wird alles gemeine Wesen hineingebracht. Kommt nicht des Mondes Macht (des Verstandes?) dazu, dann ist es ein gar grober Klotz, dazu oft ungerecht durch des Mondes Macht.

30. Man kann aus dieser Komplexion allerlei schnitzen (bzw. gestalten). Der Wasser-Geist nimmt allerlei an, bald Böses, bald Gutes, gibt sich gern selbst wie ein heiliger Heuchler und mißt sich ein frommes und gerechtes Leben zu, aber es wird vermischt, denn das Wasser ist trügerisch. Die Seele wird sich auch Gottes Zorn und der finsteren Welt, die in ihrem Inneren ist, nur schwer bewußt, beißt weidlich an die Greuel der Welt an und verdeckt es unter dem Wasserschein und meint, es sei Gottes Glanz.

31. Der Teufel kann alle Laster, die er in der Hölle kennt, in diese Komplexion hineinführen, wenn es das Gestirn nicht verhindert und die Seele zuläßt. Er erlangt hier so viel wie im Feuer, in der Feuer-Komplexion. Denn die Sünde wird darin so leicht geachtet, wie ein Wasserstrom dahinläuft. Er hat auch die Macht, sie mit Traurigkeit hierin anzufechten, wenn sie ihm entgehen will. Denn er verdunkelt des Wassers Glanz mit den hineingeführten Sünden und umschließt die Seele, daß sie von Gott getrennt bleibt. Aber im Sturm der Seele, wenn sie ihm mit Gewalt aus dem Trauerhaus entlaufen will, besteht er nicht. Denn die Komplexion ist zu schwach, und im Feuer kann er sie besser halten.

4. Melancholische Komplexion nach der Erde

32. Die melancholische Komplexion gleicht der traurigen Erde, die immer in der Furcht vor dem Grimm Gottes steht, der in der Schöpfung in sie kam. Sie gibt mittelmäßige Vernunft, nur wenig tief nachsinnig.

33. Die Kammer dieser Komplexion steht offen, und es kann viel ergriffen werden, wenn es die Schwermut nicht verhindert. Ist die Seele von dieser Komplexion umgeben, so daß sie sich davon ernährt, dann wird ihr Feuer-Brennen sehr dunkel und traurig. Sie achtet keine weltliche Üppigkeit sonderlich groß und ist durch die Komplexion immer schwermütig und furchtsam wie die Erde. Der Teufel greift sie hart an und will sie immer gern vollends in die Finsternis seines Reiches stürzen.

34. Denn wo es dunkel ist, da geht der Teufel gern ein. Er macht der Seele Trugbilder und erschreckt sie mit seiner Schalkheit, damit sie an Gottes Gnade verzweifeln soll. Denn sonst bringt ihm die Seele in dieser Kammer der Melancholie nicht viel Dienliches ein, es sei denn, daß sie sich von Gottes Gnade abwende und ganz leichtfertig werde. Dann kann der Leib zu einem Mörder und Räuber werden, dem Menschen, Gott und Teufel egal sind. Denn wenn sich die Seele abwendet und der Komplexion ergibt, was sie mit ihr tut, dann tut dieser Mensch alles, was das Gestirn (bzw. auch Gehirn) in der Komplexion bewirkt, und der Teufel mischt seine Imagination (Einbildung) da hinein.

35. Weil die Seele aber im (ständigen) Streit gegen diese traurige Komplexion bleibt, gibt es keine andere unter den vier Komplexionen, in die mehr Laster hineingeführt werden. Denn sie ist immer im Streit gegen den Teufel. Sie erkennt, daß sie ihn gar nahe zum Nachbarn hat, denn die Finsternis ist sein Wohnhaus. Darum greift er die Melancholischen so gern an und will sie entweder in der Finsternis behalten oder stürzen, damit sie verzweifeln und sich (von Gott) abwenden.

36. Denn der Teufel weiß wohl, was die Seele kann, wenn sich Gottes Licht in ihr entzündet. Dann zündet sie ihm die Räuberburg an, so daß er in großer Schande entblößt steht und seine Tücken offenbar werden.

37. In keiner Komplexion wird des Teufels Wille mehr offenbar, wenn die Seele in Gottes Licht (Liebe) entzündet wird, als in der melancholischen, wie die Angefochtenen wohl wissen, wenn sie ihm seine Räuberburg zersprengen. Sie erkennen in der Komplexion der Natur bald, was für ein garstiger und unverschämter Vogel der Teufel ist. Danach naht er sich ihnen nicht mehr gern, er sehe denn, daß ihm die Seele wieder geneigt sei und ins Sündenhaus zu Gast geht. Dann kommt er wie ein freundlicher Hund, damit ihn die Seele nicht erkenne, streut Zucker auf und mißt der Seele Frömmigkeit zu, bis er sie wieder in die Komplexion hineinführen kann, so daß sie Trauerspeise esse.

38. Ach, wie schalkhaft geht er mit ihr um, wie ein Vogelfänger den Vögeln nachgeht! Er schreckt sie in ihrem Gebet, besonders bei Nacht, wenn es finster ist, wirft seine Imagination in sie, daß sie denkt, es sei Gottes Zorn über ihr und will sie stürzen. Er tut immerzu, als hätte er eine Macht über die Seele und als wäre sie sein. Doch er hat nicht eines Haares Macht an ihr, es sei denn, sie verzweifelt selber und ergibt sich ihm. Er darf sie geistig weder anrühren noch besiegen, nur mit der Imagination schießt er durch die Komplexion in sie.

39. Das ist auch der Grund, warum er die Seele so angreift, damit die Kammer der Komplexion dunkel wird. Denn in das Licht kann er seine Imagination nicht einbilden. Er kann es nur mit der Sünde der Menschen tun. In dieser melancholischen Komplexion fällt ihm das besonders leicht, denn sie ist seiner Begierde nahe, weil diese Begierde Dunkelheit verursacht, so daß Furcht darin entsteht, wegen der rauhen (grobstofflichen und dunklen) Erde. Sonst hat er nicht ein Fünklein mehr Recht darin oder dazu, als in anderen Komplexionen. Er kann mit der Imagination nicht mehr ausrichten, als daß er den Menschen erschreckt und zaghaft macht (an Gott zweifeln läßt). Wenn die Seele selbst nicht verzagt und sich ihm ergibt, dann kann er sie nur dahin führen, daß sie sich selber stürzt. Denn er darf sie nicht stürzen, wenn sie es selber nicht tut.

40. Die Seele hat einen freien Willen. Steht sie vor dem Teufel und will nicht, wie er will, dann hat er nicht einmal so viel Macht, daß er sie am äußeren sündhaften Leib anrühren darf. Er rühmt sich wohl seiner Macht, ist aber ein Lügner. Hätte er diese Macht, er würde es bald beweisen. Aber nein, Christus hat mit seinem Eingehen in den Tod, in die finstere Kammer des Todes und in die Hölle allen Seelen die Pforte aufgeschlossen. Jede kann nun eingehen, und dem Teufel ist sein Strick, daran er die Seele in Adam band, am Kreuz zerrissen. Oh, wie ungern hört er vom Kreuz sprechen! Es ist ihm ein schreckliches Gift, wenn es ernsthaft geschieht.

41. Der Teufel wirft den melancholischen Menschen immer gern ihre Sünde vor, und gibt vor, sie könnten Gottes Gnade nicht erlangen. Sie sollen nur verzweifeln, sich erstechen, ersäufen, erhängen oder einen anderen ermorden, nur damit er einen Zutritt in die Seele bekomme, denn er darf und kann sie sonst nicht anrühren.

42. Bringt er sie aber dazu, daß sie ihm einwilligt solches zu tun, dann ist er wie der Henker, der einen Gefangenen bindet und zum Gericht führt. Denn er darf sie nicht richten oder stürzen, wenn sie es selber nicht tut.

Rezept für den schwarzen Teufel

43. Wenn der Teufel die arme Seele angreift, damit sie verzagen (und an Gott zweifeln) möge, dann soll man ihm, wenn er kommt, folgendes Rezept zu essen geben. Denn der Teufel ist ein stolzer und überheblicher Geist, dem man nicht mehr wehtun kann, damit er schnell weiche, als daß man einen frischen Mut gegen ihn fasse, ganz trotzig und mutig, und sich vor ihm nicht entsetze, denn er hat nicht eines Strohhalmes Gewalt. Man soll nur seiner spotten und ihm seinen Fall vorwerfen, wie er ein so schöner Engel gewesen war und nun ein schwarzer Teufel geworden ist.

44. Wenn er kommt, sollte man vor allem niemals mit ihm diskutieren, auch wenn er das Sündenregister hervorbringt, seine Gewalt zeigt und seinen Zutritt zu dir sucht. Gib ihm darauf keine Antwort. Sondern wenn er kommt und mit der Imagination in die Seele dringt, dir böse Gedanken einflößt und dir deine Sünde vorwirft und so tut, als wolle er dich im schrecklichen Anblick wegführen, dann fasse dir einen trotzigen Mut gegen ihn und sprich:

45. „Siehe, woher kommst du, schwarzer Hans? Ich dachte, du wärest im Himmel unter den Engeln. Doch nun kommst du daher gezogen und schleppst dich mit Gottes Zorn-Register ab. Ich dachte, du wärst ein Fürst in Gott, wie bist du denn sein Gerichtsdiener worden? Ist nun ein Henkersknecht aus solch schönem Engel geworden? Pfui dir, du garstiger Henkersknecht, was willst du bei mir? Geh hin in den Himmel zu den Engeln, wenn du Gottes Diener bist. Pfui über dich, pack dich weg, du Henkersknecht, gehe zu deinen Engeln, hier hast du nichts zu tun.“

46. Dieses Rezept ißt er gern, denn es dient zu seiner Gesundheit. Will er nicht weichen, sondern liest das Sündenregister immer weiter vor, dann stehe vor ihm und sprich: „Höre, lies das vorher: »Des Weibes Samen soll der Schlange den Kopf zertreten.« Kannst du das nicht sehen? Warte ein wenig, ich will dir ein Licht anzünden, damit du es sehen kannst. Denn es steht am Anfang in der Bibel. Als Adam in die Sünde fiel, da schrieb Gottes Zorn zum Ersten: »Denn des Weibes Samen soll dir den Kopf zertreten. (1.Moses 3.15)«“ Das ist das andere Rezept, das er gern ißt.

47. Wenn er dann immer noch nicht weichen will und sagt: „Du seist ein großer Sünder, hättest vorsätzlich diese oder jene große Sünde begangen, und auch wohl gewußt, daß es Unrecht sei. Nun wolltest du dich lange mit Gottes Gnade beschönigen, obwohl doch Gottes Zorn bereits überall in dir entzündet ist und du jetzt dem Teufel gehörst.“

48. So dringt die Imagination des Teufels in die arme Seele, so daß sie sich fürchtet und denkt: „Du bist ein großer Sünder, Gott hat dich wegen deiner Sünden verlassen. Jetzt wird dich der Teufel hier stürzen und den Garaus machen!“ So daß sie beginnt, sich vor ihm zu entsetzen (und zu ängstigen).

49. Wenn er nun auf diese Weise angreift, fasse dir abermals Mut aus Christus gegen ihn und sprich: „Ich habe noch etwas für dich, oh Teufel, so daß du wieder ein Engel werden kannst. Nimm es ein und sprich: »Das Blut Jesu Christi macht uns rein von allen unseren Sünden. (1.Joh. 1.7)« Oder auch: »Des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, das verloren ist. (Matth. 18.11)«

50. Was gäbest du Teufel darum, wenn Gott in dir Mensch geworden wäre? Ich habe hier immer eine offene Gnadentür. Du aber nicht, denn du bist nur ein Lügner. Packe dich weg, du hast nichts an mir! Bin ich auch ein Sünder, dann bist du schuld daran. Du hast die Sünde durch deinen Trug in mir bewirkt. Nun nimm das Deine, denn die Sünde ist dein, und das Leiden und Sterben (unseres Herrn) Jesu Christi ist mein. Dafür ist Er ein Mensch geworden, weil er uns von der Sünde erretten will. Du hast die Sünde in mir bewirkt, so behalte sie. Mein Herr Jesus Christus hat die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, in mir bewirkt, und die behalte ich mir. Sein Leiden und Sterben für die Sünde ist mein. Er ist für meine Sünde gestorben, die ich getan habe, und ist in seiner Gerechtigkeit auferstanden, und hat meine Seele in seine Genugtuung gefaßt. Christus ist in mir, und ich bin in Ihm. Aber meine Sünde ist in dir, und du bist in der Hölle.“

51. Dann verspotte ihn: „Ei, du schöner Engel, der nicht einen Tag im Himmel bleiben konnte! Er war ein Fürst und schleppt sich jetzt mit dem Sündenregister ab und mit dem Schlammsack (der Sünden). Oh du Henkersknecht, nimm hin meine Sünde in deinen Bettelsack! Bist du doch nun der Sünden Knecht geworden. So bringe sie deinem Herrn, dann werde ich sie los, und so bleibt mir Christi Verdienst. Denn Christus sprach: »Meine Schäflein sind in meinen Händen, und niemand kann sie mir daraus entreißen. Der Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles. (Joh. 10.28)« Wie bist du schöner Engel zu einem Träger des Sündensacks geworden, aus einem Fürsten ein Henkersknecht? Fahre nur hin mit deinem Sündensack und nimm meine auch gleich mit! Du bedarfst doch nichts als Sünden. Denn an meiner Seele hast du keinen Anteil. Wenn du kannst, dann friß mich! Ich stehe hier. Aber wisse, ich habe ein Zeichen in mir, und das ist das Zeichen des Kreuzes, daran Jesus die Sünde und den Tod erwürgte und dem Teufel die Hölle zerstörte und ihn in Gottes Zorn band. Friß dasselbe auch mit, dann wirst du wieder ein Engel.“

52. Laß die Sinne (und Gedanken) niemals mit ihm diskutieren. Entsetze (und erschrecke) dich auch nicht vor ihm. Mach dich nur verwegen (unerschrocken), sei es bei Tag oder Nacht. Er darf dir nichts tun, wenn du ihn auch aufs greulichste verspottest, solange er die Ursache dazu gibt. Doch sonst verspotte ihn nicht.

53. Kommt er nicht mit einem Schrecken der Angst, dann ist er nicht da. Sondern es ist der Seele Entsetzen vor dem dunkeln Abgrund, die sich vor Gottes Zorn entsetzt. Sie denkt oft, wenn die melancholische Komplexion durch die Grimmigkeit des Gestirns erregt wird, der Teufel sei da, obwohl er gar nicht da ist. Wenn er kommt, dann kommt er entweder mit hartem Schrecken oder wie ein Engel, also freundlich wie ein schmeichelndes Hündchen.

54. Kommt er im Finsteren, wenn du an einem finsteren Ort bist, und erschreckt dich, dann weiche ihm nicht von der Stelle. Fliehe nicht vor ihm, denn er ist dessen nicht wert, daß ihm ein Mensch weiche. Spotte seiner in der Finsternis und sprich: „Siehe, du bist hier. Ich dachte du wärst ein Engel des Lichtes, doch nun stehst du da im Finsteren und lauerst wie ein Dieb. Es gäbe wohl andere Orte für dich, wo mehr Gestank wäre als hier, weil du nur nach Sündengestank umhersuchst.“ Doch ermahne ihn nicht (überheblich) vor dir, damit er keine Ursache bekommt.

55. Einen mutigen Menschen, der ihm nicht weicht, erschreckt er nicht so einfach, vor allem, wenn er sich getraut, ihn zu verspotten. Denn der Teufel ist überaus stolz und will immer Herr sein. Wenn der Mensch ihm nicht weichen will, verdrießt es ihn, und er besteht nicht lange.

56. Fährt er aber mit einem Gestank von dannen (und vermiest die Welt), dann gehe auch bald von dannen und sage: „Pfui, du stinkender Henkersknecht, wie riechst du nach deiner Herberge! In der Kloake riecht es ebenso.“ Er wird dir nicht gleich wieder mit Schrecken kommen.

57. Laß dein Gemüt keinerlei Disput mit ihm halten, denn er ist dessen nicht wert. Verinnerliche dir nur das folgende Sprüchlein, dann hast du genug daran und bedarfst keines Trostes mehr im Schrecken: »Das Blut Jesu Christi, des Sohns Gottes, macht uns rein von allen unseren Sünden. (1. Joh. 1.7)« Darin wickle (und reinige) alle Sinne, und laß keine anderen aus dir gehen. Der Teufel flüstert dir durch seine Imagination ein, was er will. Denke immer, daß alles, was der Teufel sagt, nur Lügen sind, aber der Spruch bleibt wahr. So behalte den Spruch für dich, und laß ihn einflüstern, was er will.

58. Suche im Schreckensfall nicht viele Sprüche, denn er ist dir zu listig. Er reißt den ersten und besten aus deinem Herzen, so daß du ihn vergißt oder daran zweifelst. Wickle nur die Seele in den einen Spruch, denn der ist ihm zum Widerstand stark genug. Wenn du deine Seele dahinein wickelst (bzw. entwickelst), kannst du seiner wohl spotten. Er kann dich nicht berühren, und wird auch nicht lange bestehen. Wenn du ihm nur nicht weichst, dann ist er vor seinen anderen Dienern am Menschen zum Spott worden, auch vor den heiligen Engeln, und dann flieht er vor allen Dingen, ehe du seiner spottest.

59. Wiederhole den Spruch, fasse ihn ins Herz und schöpfe dir einen beständigen Mut gegen ihn. Der Geist, der in dem Spruch steckt, wird dir wohl beistehen. Wenn auch die Seele vor ihm erzittert, dann widerstehe ihm im Grimm, als ob du das Leben wagst, denn dir widerfährt nichts. Er darf keine Macht ausüben und hat auch keine. Solange der Mensch in dieser Zeit lebt, darf er ihm nichts tun. Denn Christus hat die Gnadentür aufgetan, und die steht dem armen Sünder offen, solange er auf der Erde lebt. Wahrlich, diese Gnadentür ist in der Seele des Menschen geöffnet.

60. Denn Christus hat das feste Schloß, das in Gottes Zorn verschlossen war, in seiner Seele zersprengt. Nun inqualieren (wirken) alle Seelen mit Einer, denn sie kommen alle aus Einer und sind alle zusammen nur ein Einiger Baum mit vielen Ästen. Seine Zersprengung (des Schlosses zur Gnadentür) ist auf alle Seelen gegangen, aus ihm auf Adam und auch den letzten Menschen. Die Gnadentür steht nun allen offen. Gott hat sie keinem versperrt, außer dem, der selber nicht will. Das Zeichen seiner Eingehung in die Menschheit ist allen Seelen offenbar. Und das wird auch ein Zeugnis über den Gottlosen am Tage des Gerichts sein, daß er es verachtet hat.

Wenn auch unsere Sünde blutrot wäre (wie Jesaja sagt), so steht ihm doch die Gnadentür noch offen. Denn wenn er sich bekehrt, soll sie schneeweiß wie Wolle werden. Weiter sagt Jesaja: »Könnte eine Mutter ihr Kind vergessen, daß sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und wenn sie es auch vergäße, so will ich doch dein nicht vergessen. Denn siehe, in meine Hände habe ich dich gezeichnet. (Jes. 49.15)« Nämlich in seine, von den Nägeln durchstochenen Hände, und in seine geöffnete Seite hat er die Seele aller Seelen gezeichnet.

61. Will nun eine (Seele) nicht kommen und sich hierin verinnerlichen, will das Malzeichen Christi verachten oder es sich vom Teufel verdecken lassen, dann ist sie selber schuld. Und wenn er es auch verdeckte, so steht es doch auch im größten Sünder, der in der Welt zu finden ist, eingeprägt. Denn Jesaja sagt im Geist Christi: »Wenngleich eine Mutter ihr Kind vergäße (was doch schmerzlich zugeht), so soll dennoch seine Liebe und Gnade nicht vergessen sein. Er hat die Seele nicht vergessen, auch wenn sie blutrot in Sünde wäre.« Denn er hat sie in sein Blut und seinen Tod eingezeichnet, nicht nur für wenige, sondern für den ganzen Baum mit seiner Wurzel und allen Ästen. Wie die Sünde von einem auf alle kam, so kam auch die Gerechtigkeit durch Christus auf alle, sagt der Apostel. Wie die Sünde von einem auf alle zum Tod drang, so drang auch die Gerechtigkeit aus Christus von einem auf alle zum Leben.

62. Daß sie aber nicht alle wollen, ist ihre Schuld. Sie haben einen freien Willen. Gott will, daß allen Menschen geholfen werde. Wie auch geschrieben steht: »Du bist nicht ein Gott, der das Böse will. (Psalm 5.5)« Oder: »So wahr ich lebe, spricht der Herr, ich will nicht den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe. (Hesekiel 33.11)«

63. Darum soll kein Mensch denken: „Mein Sündenmaß ist voll. Gott hat mich vergessen. Ich kann nicht mehr selig werden.“ Nein, Er hat ihn in seine Hände in die Male der Nägel eingezeichnet. Er ist ein Ästlein am großen Baum aller Seelen und mit allen gleich verbunden, wie die Äste mit dem Baum. Solange er in dieser Welt lebt, steht er im Baum, so lange die Seele mit Fleisch und Blut bekleidet ist.

Von der Anfechtung aus der Komplexion und dem Gestirn

64. Die Anfechtung geschieht nicht allein vom Teufel. Vor allem bei melancholischen Menschen kommt die meiste Traurigkeit von der Einbildung der Seele. Wenn sie in einer melancholischen Herberge stehen muß, dann wird sie gar leicht traurig und denkt, Gott habe sie vergessen und wolle sie nicht. Denn die melancholische Komplexion ist dunkel und hat kein eigenes Licht wie die anderen. Aber die Komplexion gehört nicht zum Wesen der Seele, denn sie ist in dieser Zeit des äußerlichen (körperlichen) Lebens nur das Wohnhaus der Seele. So steht auch die Heiligkeit und Gerechtigkeit der Seele nicht in der Komplexion, sondern im Himmel bei Gott, wie auch St. Paulus sagt: »Unser Wandel ist im Himmel. (Philip. 3.20)« Dieser Himmel, wo Gott wohnt, ist nicht in der Komplexion offenbar, sondern in sich selbst im anderen (zweiten) Prinzip (des Lichtes oder reinen Bewußtseins).

65. Es geschieht oft, daß die allerheiligsten Seelen auf diese Weise verdeckt und traurig werden. Und Gott läßt es oft auch darum zu, daß sie im Ringen um das edle Ritter-Kränzlein (der Weisheit bzw. des Heiligen Geistes) erprobt werden sollen.

66. Denn wenn die Seele das Kränzlein des Heiligen Geistes mit Sturm und großer Beständigkeit im Kampf erlangt, dann ist es viel edler und schöner, als wenn es der Seele erst nach des Leibes Sterben aufgesetzt wird. Denn die Offenbarung Jesu Christi sagt: »Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Stuhl zu sitzen, wie ich überwunden habe und mich gesetzt mit meinem Vater auf seinen Stuhl. (Offb. 3.21)« Oder auch: »Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem verborgenen Manna, und will ihm geben ein gutes Zeugnis, und mit dem Zeugnis einen neuen Namen eingeschrieben, den niemand kennt, außer der ihn empfängt. (Offb. 2.17)«

67. Oft hat auch das Gestirn (der Sterne und Planeten) eine bösartige (ungünstige) Konjunktion oder Zusammenkunft, vor allem zu Mond- und Sonnenfinsternissen. Wenn der Mars seine Giftstrahlen dahinein wirft und die Konjunktion in einem irdischen Zeichen in der melancholischen Kammer geschieht, dann erschreckt es die Seelen mächtig, die von einer melancholischen Komplexion umgeben sind. Sie meinen immerzu, es sei der grimmige Zorn Gottes oder der Teufel, daß er komme und die Seele holen wolle. Denn sie fühlt in der Komplexion die Giftstrahlen des Mars und sieht dazu, daß sie in einer dunkeln Herberge ist. So denkt sie, Gott habe sie verstoßen und Er wolle sie nicht mehr. Besonders, wenn sie sich in die Komplexion einbildet und mit vielen Gedanken vom Gift des Mars ißt und ihr Feuerleben damit anbläst, dann entsteht große bittere Angst und Furcht vor dem Teufel und Gottes Zorn in ihr. Dann spekuliert sie und denkt, Gott habe sie nicht in Christus zum ewigen Leben vorgesehen. Und ihr ist so bange, daß sie nicht gern ihr Antlitz zu Gott erhebt, und sie denkt immerdar, sie sei eine der größten Sünder und die Gnadentür sei zu.

68. Das ist doch in Wirklichkeit nichts anderes als Phantasie vom Gestirn (bzw. Gehirn) in der Komplexion, mit der sich die Seele innerlich quält. Wenn es (das Gestirn bzw. Denken) nun vom Geist der großen Welt mit der Konstellation des Gestirns ergriffen wird, treibt er (der Geist) sein Gaukelspiel darin und bringt wunderliche Phantasie hinein, so daß sich die Seele quält und sich schließlich auch der äußerliche Geist in der irdischen Qual ganz entzündet. Damit dreht sich das Rad im Zentrum der Natur (der Egozentrik) immer schneller, so daß der Geist die Sinne nicht mehr fassen und halten (bzw. zügeln) kann, was dann zur Wahnsinnigkeit führt und den Melancholischen oft geschieht, wie man so hört.

69. Wenn das der Teufel sieht, dann schießt er seine Imagination hinein, quält die arme Seele noch mehr, aber er hat keine (wahre) Gewalt. Allein die Angst-Qual ist seines Lebens Qual, und er ist gern dabei, denn er ist ohnedies ein Feind des menschlichen Geschlechts.

70. Darum soll sich kein von Traurigkeit Angefochtener einbilden, wenn diese ihn durch die Komplexion angreift, daß es von Gottes Ungnade und Zorn komme. Es ist eine Phantasie von der Komplexion und des Gestirns. Sieht man doch wohl, wie die ärgsten Teufels-Mastsäue, die sich alle Tage und Stunden in Sünde suhlen, nicht so traurig sind und angefochten werden. Die Ursache ist, sie haben ein äußerliches Licht in der Komplexion, und darin tanzen sie für den Teufel in Engelsgestalt. Doch solange nur ein Fünkchen noch im Menschen ist, das Gottes Gnade begehrt und gern selig werden wollte, steht Gottes Gnadentür offen.

71. Denn wer von Gott verlassen und dessen Maß voll ist, der fragt weder nach Gott oder Menschen, auch nach dem Teufel nicht. Er ist stockblind, geht leichtfertig ohne Furcht daher und hat nur eine äußerliche Gewohnheit an seinem Gottesdienst. Ein Tier geht ins Heiligtum, und ein Tier kommt wieder heraus. Da ist keine göttliche Erkenntnis, nur Tand (hübsche, aber nutzlose Sache) und Gewohnheit, und das hält er für sein Heiligtum.

72. Daran soll das melancholische Gemüt erkennen, daß sich Gott in diesem Leben nicht immer in seinem Zorn offenbart. Deshalb hält es der Gottlose, wenn er in diesem Leben von Gott bestraft wird, oft für etwas, das zufällig geschehen sei. Denn Jesaja sagt in der Person und Geist Christi: »Er will das zerstoßene Rohr nicht zerbrechen, noch den glimmenden Docht auslöschen. (Jes. 42.3)«

73. Oder auch: »Kommt her zu mir alle, die ihr müheselig und beladen seid. (Matth. 11.28)« Sein Joch ist auch dieses, was die Natur der armen Seele zufügt, sei es Anfechtung, Verfolgung oder Krankheit. Man trage es nur mit Geduld und werfe sich in seine Liebe und Barmherzigkeit. Es schadet der Seele nichts, sondern hilft ihr in Wahrheit. Denn wenn sie im Trauerhaus steht, ist sie nicht im Sündenhaus oder in der Welt des Stolzes und der Wollust. Gott hält sie damit am Zügel von der sündigen Wollust der Welt ab. Muß sie dann eine kleine Weile trauern, was schadet es? Wie bald wird sie des Trauerhauses entledigt und die ritterliche Krone der ewigen Freude aufsetzen?! Oh Ewigkeit, du bist lang! Was schadet es, wenn die Seele eine kleine Weile traurig sein muß, aber danach ewige Freude haben kann? Denn Er will alle Tränen von ihren Augen abwischen. So lange nur ein keines Fünkchen in der Seele ist, das sich nach Gott sehnt, dann ist Gottes Geist in diesem Fünkchen.

74. Denn daß ein Mensch Gott begehrt und sich nach Ihm sehnt, das kommt nicht vom Menschen, sondern ist der Zug des Vaters in seinem Sohn Jesus Christus zu Ihm.

75. Der Heilige Geist ist die göttliche Begierde selbst. Kein Mensch kann Gott begehren ohne Seinen Geist. Der ist in diesem Begehren und hält den Willen des Begehrens in Gott, so daß die arme Seele erhalten wird. St. Paulus sagt: »Wir wissen nicht, was wir vor Gott reden sollen, wenn wir beten. Der Geist Gottes vertritt uns aufs Beste mit unaussprechlichem Seufzen, je nachdem, wie es Gott gefällt. (Röm. 8.26)«

76. Was sollen wir dann lange an seiner Gnade kleinmütig sein? Nimmt er uns doch lieber in Gnade an, als wir zu Ihm kommen wollen. Siehe, was Er dem verlorenen Sohn tat, der seines Vaters Erbe mit des Teufels Mastsäuen verpraßt hatte und ein nackter stinkender Sau-Hirte geworden war. Als Er ihn sah, daß er sich wieder zu Ihm gewandt hatte, wie fiel Er ihm um den Hals, küßte ihn und sprach: »Das ist mein lieber Sohn, den ich verloren hatte. Er ist wiederkommen. Er war tot und ist lebendig geworden.« Wie hieß Er zu richten und sich mit ihm über seinen bösartig gewesenen Sohn zu freuen! Und wie Christus weiter lehrt, daß mehr Freude im Himmelreich vor den Engeln Gottes über einen Sünder sei, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

77. Der verlorene Sohn ist der arme sündige Mensch. Wenn er sich erkennt, daß er ein großer Sünder gewesen ist und gedenkt, zu Gottes Barmherzigkeit umzukehren, dann begegnet ihm unser lieber Vater in Christus auf diese Weise, nimmt ihn also mit großen Freuden wieder an, und die Engel und Heiligen im Himmel freuen sich so sehr, daß wieder eine liebe Seele, ein lieber Bruder aus dem Sündenhaus, aus dem Tod zu ihnen gekommen ist.

78. Die traurige Seele betrübt sich vor allem darum, daß sie keine große Freude in ihrer Begierde im Herzen erwecken kann. Sie ächzt und klagt und denkt, Gott wolle sie nicht, wenn sie nichts fühlen kann. Dann betrachtet sie andere Menschen, die da fröhlich sind, aber auch nicht mehr Gottesfurcht haben als sie, und denkt, deren Freude steht in Gottes Kraft, aber nur sie sei vor Gott nicht angenehm, Gott wolle sie nicht, und sie kann Gottes Güte nicht im Herzen fühlen.

79. Vor der Zeit meiner Erkenntnis geschah es mir ebenso. Ich lag in hartem Streit, bis mir mein edles Kränzlein (der Weisheit gegeben) wurde. Dann lernte ich erst erkennen, wie Gott nicht im äußerlichen körperlichen Herzen wohnt, sondern im Inneren der Seele in sich selbst. Dann wurde ich erst dessen inne, daß mich Gott in der Begierde so gezogen hatte, und ich es zuvor nicht verstand und dachte, die Begierde wäre mein Eigentum und Gott wäre fern von uns. Danach sah ich es und erfreute mich dessen, daß Gott so gnädig ist. Nun schreibe ich es für andere zum Beispiel nieder, damit sie nicht verzagen, wenn der Trost auf sich warten läßt. Wie auch David im Psalm sagt: »Wenn es auch bis in die Nacht und wieder bis zum Morgen währt, etc. (Psalm 130.6)«

80. Es ist auch den großen Heiligen so gegangen, daß sie lange Zeit um das edle Ritterkränzlein ringen mußten. Keiner wird damit gekrönt, ohne darum gerungen zu haben. Es ist der Seele wohl beigelegt, aber es liegt im anderen (zweiten) Prinzip. Die Seele steht im ersten, und will sie es in dieser Zeit aufsetzen, dann muß sie darum kämpfen.

81. Erlangt sie das auch nicht in dieser Welt, bekommt sie es doch nach dieser Zeit, wenn die irdische Hütte (körperliche Hülle) abgelegt wird. Denn Christus spricht: »Seid getrost, ich habe die Welt überwunden.« Oder auch: »In mir habt ihr Frieden, in der Welt habt ihr Angst. (Joh. 16.33)«

82. Das edle Perlein (göttlichen Samens) liegt in manchem angefochtenen betrübten Gemüt sogar viel näher, als in dem, der da meint, er habe es ergriffen. Es verbirgt sich aber, denn wo er am besten damit ist (sich am klügsten wähnt), da will Er es nicht entdecken. Wenn es also scheint, als wollte Er nicht, davon soll sich keine Seele abschrecken lassen.

83. Er verbirgt es darum, damit die Seele anklopfen und suchen soll. Denn Christus spricht: »Bittet, dann wird euch gegeben, suchet, dann werdet ihr finden, klopfet an, dann wird euch aufgetan. (Matth. 7.7)« Oder auch: »Mein Vater will den Heiligen Geist denen geben, die Ihn darum bitten. (Luk. 11.13)«

84. Gottes Verheißung laß dir gewiß sein. Auch wenn dein Herz lauter „Nein“ spräche, so laß dir doch nicht grauen. Denn das ist kein Glauben, wenn einer im körperlichen Herzen in der äußeren Komplexion Freude empfängt, so daß das Gemüt im Geist fröhlich wird und Herz und Nieren gleichsam vor Freude zittern. Dies ist noch nicht der (wahrhafte) Glaube. Es sind nur des Heiligen Geistes Liebesstrahlen, ein göttlicher Anblick, der unbeständig ist. Denn Gott wohnt nicht im äußeren Herzen oder der Komplexion, sondern in sich selbst im anderen Zentrum (des Lichtes bzw. reinen Bewußtseins), im Kleinod der edlen Bildung der ausgeglichenen Ganzheit Gottes, die in der äußeren (gegensätzlichen) Welt verborgen ist.

85. Der rechte (wahrhafte) Glaube ist, wenn der Seelengeist mit seinem Willen und der Begierde in das eingeht und das begehrt, was er weder sieht noch fühlt. Versteht bitte: Die Seele, was sie in ihrer Reinheit allein betrifft, steht nicht in dieser Zeit, noch schickt sie den subtilen Geist des Willens dahinein, der aus ihrem Feuerleben entsteht. In diesem Willen-Geist wird das Perlein (des göttlichen Samens) empfangen, so daß das Seelenfeuer immer in der Begierde (nach Gott) bleibt. Denn solange das Perlein im Willen-Geist bleibt, solange ist die Begierde (nach Gott) in der Seele. Denn dieses Perlein ist ein Funke der göttlichen Liebe, und es ist der Zug des Vaters in seiner Liebe.

86. Die Seele soll in ihrer Begierde stehen, auch wenn der äußere Verstand aus der finsteren Komplexion lauter „Nein“ spricht, daß Gott nicht da sei. Denn dann wäre auch keine Begierde oder kein Wille nach Ihm da. Denn wenn Gott nicht im Willen-Geist ist, dann ist dieser wie blind und an Gott tot. Er begehrt nicht nach Gott, lebt in Meinungen und achtet nicht, Gott zu begehren. Es ist nur eine subtilere Wissenschaft in ihm, die er anderen Tieren voraus hat, und nur darum, weil die menschliche Seele höher gradiert ist.

87. Darum soll sich ein trauriges Herz mitnichten die Komplexion ins Herz bilden lassen, daß Gott weder da sei noch gegenwärtig und Er seiner nicht wolle. Die Seele ernährt sich sonst von solcher Einbildung und wird traurig. Es ist eine große Sünde, wenn das Gemüt dem Herzen solche Phantasie einflößt, denn die Seele, die so eine edle Kreatur aus Gottes Natur ist, wird darin geängstigt, und die Phantasie schürt das Seelenfeuer, so daß sie in solcher schmerzlichen Qual brennt.

88. Liebes Gemüt, wenn die Angst der Komplexion vom Gestirn entzündet daherkommt, dann denke nicht anders, als daß du in Gottes Weinberg stehst, wo du arbeiten sollst und nicht müßig stehen. So tust du Gott einen großen Dienst daran, denn deine Arbeit ist, daß du (dich) im Glauben überwindest. Auch wenn dir nicht gleich ein Trost im äußeren Herzen erscheint, das macht nichts.

89. Denn es ist nicht Glaube, daß ich sehe, sondern Glaube ist, daß ich dem verborgenen Geist (Gottes) vertraue und seinem Wort glaube, so daß ich eher das Leben verlieren wöllte als seiner Verheißung nicht zu glauben. Der kämpft recht mit Gott, wie der alte Jakob die ganze Nacht, der nichts sieht noch fühlt, aber auf das verheißene Wort vertraut. Der überwindet Gott, wie zu Jakob gesagt wurde: »Du hast mit Gott und Menschen gerungen und hast gesiegt. (1.Moses 32.29)« Fragst du: Was für ein Wort ist das? Antwort: Das ist es: »Mein Vater will den Heiligen Geist denen geben, die Ihn darum bitten. (Luk. 11.13)« Und das ist es, was der Mund Christi selber sagte: »Wenn der kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten, denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen. (Joh. 16.13)«

90. Damit du aber nicht zweifelst, so sei dir gewiß, daß die Anfechtung und das Entsetzen nur aus der Komplexion kommen. Ich gebe dir auch ein Beispiel, das wohl vor allem einer Feuer-Komplexion, aber auch einer melancholischen begegnen kann: Du gehst bei Nacht im finsteren Gemach und entsetzt dich und denkst immer, es sei etwas im Finsteren, das dich erschrecken könnte. Was ist das für eine Furcht? Fürchtet sich dein Körper? Nein, der könnte es nicht. Es ist die arme, im Körper gefangene Seele, die sich in der Finsternis fürchtet und immerzu Sorge hat, der Teufel greife nach ihr. Denn sie weiß, daß er in der Finsternis wohnt, wie dann auch die Furcht entsteht, daß er nach ihr greifen werde. Daran ist wohl zu sehen, daß die Furcht aus der Phantasie kommt. Und so geht es dann auch der armen Seele in einer stets währenden finsteren Komplexions-Kammer. Sie ist so zaghaft, daß sie im Dunkeln wohnen muß, und fürchtet sich immer vor dem Teufel und Gottes Zorn.

91. Eine Seele in der melancholischen Kammer soll durchaus nicht in Gottes Zorn spekulieren, noch gern allein sein, sondern bei Leuten, die da (mit Weisheit) reden. So verinnerlicht sich die Seele die Phantasie der Reden und spekuliert nicht, denn Spekulation ist ihr nichts nütze, wenn sie diese nicht zu ihrem Heil anwenden kann. Dann lasse sie es besser bleiben.

92. Ein solcher Mensch soll auch keine Schriften lesen, darin von einer besonderen Wahl (der „Auserwählten Gottes“) gelehrt wird. Sie lehren alle mit Unverstand und erklären es nicht recht, wie es die hohe Zunge des Heiligen Geistes versteht und gesetzt hat, und wie es in anderen unseren Schriften genügsam dargelegt wurde.

93. Er soll auch nicht mancherlei (immer neue) Schriften für sich gebrauchen, sondern einfältig bei der Schrift bleiben, in der er einen stetigen Trost finden kann.

94. Ist er aber mit tiefem Sinn von Gott begabt, so daß die Seele mit Forschen nicht nachläßt, dann richte er sich in Gottesfurcht mit stetem Gebet auf das Zentrum (auf das innerste Wesen) der Natur, damit er das erforsche. Dann stellt sich die Seele in eine Ruhe, denn sie sieht ihren Grund, und so verschwindet alle Furcht und Traurigkeit von ihr.

95. Davon weiß ich zu sprechen, was das für ein Licht und für eine Bestätigung sei, wenn man das Zentrum der Natur (den Urgrund) findet. Aber kein eigener Verstand kann dies erlangen. Gott versperrt es zwar niemanden, aber es muß in Gottesfurcht mit stetem Anhalten und Beten gefunden werden. Denn es ist das größte Kleinod in dieser Welt. Wer das findet, der kommt aus Babel heraus (dem himmelstrebenden Gedankengebäude, das in begrifflicher Verwirrung endet).

96. Ein melancholisches Gemüt soll sich auch mit großem Ernst vor der Trunkenheit hüten, damit die Seele durch irdische Kraft nicht zu sehr beschwert werde. Denn wenn sich der Leib mit dem Trunk so belädt, dann nimmt die irdische Kraft vom Trank die Komplexions-Kammer gänzlich ein. Dann imaginiert die Seele darin, ißt die irdische Qualität, zündet ihr Feuer damit an und erfreut sich kurze Zeit darin. Wenn aber die Kraft wieder sinkt und nachläßt, wenn also der Mensch vom Trunk wieder nüchtern wird, dann ist die arme Seele, als ob sie verflucht wäre. Denn sie verliert in dieser nutzlosen irdischen Qual-Qualität die göttliche Imagination oder Begierde. Denn Gottes Geist will nicht in irdischer Imagination wohnen. Da beginnt die Seele zu bereuen, und ihr ist, als wäre sie verflucht.

97. So stellt sich Gottes Zorn gegen sie, als wollte er sie in die Wurzel, ins Zentrum der Finsternis stoßen. Da wird der Seele bange, und sie trachtet wieder nach den guten Saufbrüdern, so daß sie doch wieder eine Narrenfreude haben könnte. Daher kommen die Saufbrüder, die einen Tag an den anderen binden und ihre Seele in Gottes Zorn und Ungnade stürzen. So spreche ich treulich, wie ich es hoch im Zentrum der Natur und im Prinzip des Lebens erkannt habe.

98. Die melancholische Seele soll sich auch vor Zorn hüten. Zorn ist ihr größtes Gift und bringt Wahnsinnigkeit, wie es im Inneren klar zu erkennen ist. Denn die melancholische Kammer ist rauh (uneben), gleicht der wilden Erde und ist äußerst öde (chaotisch und unkultiviert). Sie hat am Rad der Natur gar schwachen Halt. Wenn es nun geschieht, daß sich des Grimms Feuer zu sehr bewegt, dann rattert das Rad der Natur, wie man sodann auch sieht, daß der Leib zittert.

99. Wenn dann die Komplexions-Kammer so öde ohne (wahres) Wesen ist, kann sich das Rad nicht leicht wieder beruhigen, und auch die Sinne können nicht gefaßt werden, sondern alles geht ganz feurig und grimmig durcheinander, wie bei Wahnsinnigen zu sehen ist, so daß das Gemüt die Sinne nicht ergreifen kann. Er weiß also nicht, was er redet und tut, wie das Rad geht. Der Teufel führt auch gern seine Imagination (wahnhafte Einbildung) dahinein, so daß oft großes Übel geschieht. Und das Rad steht natürlich im äußeren Geist, aber die arme Seele ißt dann auch davon, und es geht schrecklich zu. Doch soll man in dieser Zeit keine Seele verdammen, denn das Kreuzzeichen steht noch in ihr mit offener Gnadentür.

100. Die melancholische Kammer soll sich auch vor Geiz hüten und ja mit Ernst davon abgehen, denn er ist ihr so schädlich wie der Zorn. Geiz ist eine irdische Begierde, und die Komplexion ist auch irdisch, und ihre Kammer äußerst öde. Dann zieht die Begierde das irdische Wesen in die öde Kammer und füllt sie mit solcher finsteren Materie, in der nur Grimm und Gottes Zorn mit Falschheit und Ungerechtigkeit steckt sowie bösartige Wesenheit nach der Erde Eigenschaft. Das alles macht diese Komplexion, weil sie ohnedies eine irdische Begierde ist, ganz irdisch.

101. Davon ernährt sich dann die arme Seele mit ihrer Imagination und fühlt dann in ihrem Feuerbrennen Gottes strenges Gericht, der über die Falschheit und Ungerechtigkeit erzürnt ist, weil dann im Geiz so viel schnöde Materie mit hineingeführt wird. Wenn sich nun die arme Seele so in Gottes Zorn befindet, fängt sie an, zu zweifeln und zu zagen, denn sie sieht nichts um sich, als nur Bösartiges, Irdisches, Falsches und Ungerechtes, davon sich nur Gottes Zorn entzündet.

102. Das sei nun treulich offenbart. Einem melancholischen Gemüt ist nichts besser, als ein einfältig einsames Leben zu führen, ohne überheblichen Stolz, in einem gemeinen (nicht besonderen) Stand, wo es gerade sein mag, ja ein nüchternes, mäßiges Leben, nicht mit großen Sorgen beladen. Und wenn unbedingt etwas sein müßte, dann sollen Gottesfurcht und Gebet alles beginnen, und dann taugt sie für alle Stände. Denn in der melancholischen Kammer kann auch großer Rat gefunden werden. Sie ist offen, sofern sie sich nüchtern hält. Sie geht so tief wie die sanguinische Kammer, aber ohne Gottesfurcht erlangt sie nur äußerlichen Verstand. Sie richtet das größte Übel (und Unheil) in der Welt an, wenn sie empfänglich in einem Zeichen des Saturn steht, der dann ihr Herr ist. Sie baut Babel und jeglichen Trug, die äußerst übermächtig sind, soviel wie sie traurig ist.

103. Darum, wenn sich einer unter dieser Komplexion erkennt, der fange nichts ohne das Gebet an. Er befehle zuvor sein Herz, Sinne und Gemüt, Willen und Tun dem Höchsten in seine heiligen Hände und bitte Ihn, daß er in all seinem Wollen und Tun der Regent sei. Dann kann er viel Gutes ausrichten. Doch ohne dies richtet keiner, der in Ämtern sitzt und in dieser Kammer zur Herberge steht, irgendetwas Gutes zum Wohlgefallen Gottes aus.

Von den anderen drei Komplexionen

Ein allgemeiner Spiegel, in dem sich jeder betrachten kann. Kurzgefaßt aufgeschrieben, wie es mir durch die Gnade Gottes vorgestellt wurde.

Von der cholerischen Komplexion (nach dem Feuer)

104. Wenn der Mensch seinen besten Schatz, die edle Seele, in einem cholerischen Haus hat, dann soll er sich vor allen Dingen in der Demut üben, sonst steht er in großer Gefahr. Er soll wohl Wasser ins Feuer gießen, damit ihm sein edles Bildnis nicht entzündet werde. Denn diese Komplexion gibt großen Stolz, Hartsinnigkeit, jähen Zorn und wird sehr erhöht, gefürchtet und empor gesetzt, aber nicht wahrhaft geliebt, es komme denn das Wasser Gottes als die edle Demut in das Feuer. Dann ist es liebenswert und gibt den ersten (ursprünglichen Licht-) Schein.

105. Denn diese Kammer hat gewöhnlich einen eigenen Schein in der äußeren Natur, und der ist normalerweise nicht demütig. Es sei denn, sie hat den Jupiter im Lebenszeichen oder die Venus. Dann hat sie aber unter der Venus ihren Teufel, der sie Tag und Nacht durch Unkeuschheit plagt.

106. Und so sagen wir zur Warnung, daß in dieser Komplexion große Gefahr sei, viel größer als in der melancholischen. Denn hier kommt der Teufel in der Engelsgestalt des Lichtes, nämlich in einem Feuerglanz. Er kitzelt die arme Seele, daß sie sich des Feuerscheins behilft und übermütig wird, denn es wird ihr alles leicht vorgestellt und sie beißt gar leicht an der Sünde an, sei es Schwören, Fluchen oder auch leichtfertige Reden, die in der Seele gegen Gottes Namen gehen und ihn entheiligen. Das ist nicht selten in dieser Kammer. So hält das grimmige Wesen des Feuers das Gemüt auf, daß es gar schwer in Gottes Liebe und Güte eingeht, vor allem in rechte Entsagung und Buße. Es beharrt immer gern im Zorn, so daß man es nur fürchten soll. Und wenn es irdische Ziele verfolgt, dann tut es aus eigener Gestaltung nicht viel Gutes, das zu Gottes Ehre taugt.

107. Wenn darum einer seinen besten Schatz (die reine Seele) hierin liegen hat, der sehe eben zu, was er tue und wie er lebe. Denn die arme Seele setzt ihre Imagination dahinein und wird damit entzündet. Sie wird nicht leicht gewahr, daß sie in Gottes Zorn im höllischen Feuer sitzt, bis derselbe aufwacht, oder bis ihr der äußere Feuerglanz in dieser Komplexion im Sterben des Leibes geraubt wird. Dann ist sie ein stolzer grimmiger Teufel, und muß eben im Finsteren sitzen.

108. Dafür ist es nun gut, daß ein solcher Mensch nicht selber nach Macht und Ehre strebt. Wird sie ihm aber auferlegt, dann gestatte er seinem Gemüt ja nicht, sich darin zu beschauen, denn das gibt ein stolzes und bösartiges Feuer-Auge. Fleißiges Beten ist hier sehr nötig.

109. Die Seele wird hier überall leicht entzündet, so daß sie Freude empfängt, aber meistens aus der Feuer-Komplexion im Feuer-Licht. Dann meint sie zwar, es sei Gottes Geist, aber nein, Gottes Geist kommt gar mit großer Sanftmut und Demut, wenn er sich in der Seele offenbart. Oh, welch einen Triumph führt Er in der Feuer-Komplexion in die Seele, wenn Er erscheint! Aber heutzutage ist das in uns Menschen fast unerreichbar geworden, denn die Komplexion bleibt immerfort ihr Herr. Darum sei gewarnt: Werde demütig, befleißige dich der Sanftmut in Worten und Werken, dann kann dir die Komplexion nicht so leicht die Seele entzünden, denn Gott liebt ein demütiges Herz. Du bist wegen der Komplexion für Gott nichts Besonderes. Erkenne sie nur, und mißbrauche sie nicht. Laß alles zu Gottes Ehre geschehen, dann schadet dir nichts, und so brich ihr den Willen.

Von der sanguinischen Komplexion (nach der Luft)

110. Du kannst auch damit dein Leben entwickeln, wenn du dir in dieser edlen Komplexion nicht selbst ein Heuchler wirst, denn mit deiner Weitschweifigkeit erfindest du viel. Sieh zu, daß du nicht Stoppel und Stroh (hohle Dinge mit wenig Wert) in die sanguinische Kammer hineinführst und meinst, es sei der Heilige Geist. Denn du hast auch in dieser Komplexion nur ein scheinbares Licht. Es ist wohl menschlich, aber schau zu, daß du nicht die Irdischkeit dahinein führst.

111. Nüchtern leben tut dir gut. Hüte dich vor Trunkenheit, sonst fällst du dem Feind in seine Arme. Denn du liebst viel. So hüte dich, daß du nicht Unzucht und überheblichen Stolz liebst.

112. Und obwohl du von Natur aus demütig bist, so kann doch leicht auch überheblicher Stolz in dich gebracht werden. Denn du trägst aller Sterne Haus, wie auch die Luft und das obere Wasser.

113. Wirst du in Gottesfurcht treten und dich recht dahinein schicken, dann kannst du das Mysterium Magnum gar wohl finden, aber nicht aus dir selber, sondern durch Gott. Zumindest hast du eine offene Kammer dazu. Darum sei achtsam, was du deiner Seele zur Speise gibst.

114. Denn nichts ist so gut, daß es nicht böse werden kann, wenn Bösartiges hineinkommt. Daß man dich verachtet, das nimm gelassen, und vertraue auf Gott. Dies begegnet dir vielfältig um deiner einfältigen Gestalt willen. Behalte nur, was du hast, und gebrauche nicht viel fremde Klugheit, dann führst du dir keinen fremden Geist in dein edles Haus. Besser ist es, hier Spott erleiden, als nach diesem Leben große Not.

115. Quälst du dich mit Trunkenheit, dann wird dir der Teufel viel Übel und Unglück in das empfindliche Haus führen. Denn er ist dir gram, weil er keinen eigenen Sitz darin hat, als nur in der Sünde Einführung. Ein einsames stilles Leben wäre für dich gut. Aber du bist zu weitschweifig, findest viel und gibst es auch umsonst, wie die Luft. Schaue zu, was du einläßt und ausgibst, daß es nicht der Sterne Fund (weltlicher Dinge) sei, sondern aus Gott geboren. Du wirst sonst betrogen und betrügst.

Von der phlegmatischen Komplexion (nach dem Wasser)

116. Die Wahrheit und Gerechtigkeit wäre eine heilsame Medizin in dir, denn du steckst sonst gern voll Lügen und achtest wenig, was du ausgibst und einnimmst. Du arme Seele hast hier in dieser Komplexion einen gefährlichen Weg durch das Jammermeer zu gehen, denn du wirst immer mit Lastern der Worte und Werke besudelt.

117. Wasser hat einen hellen Schein in sich und gibt einen Gegenschein, aber ist doch ein falscher (illusorischer) Spiegel. So hat auch die arme Seele in dieser Komplexion einen oft ungerechten Spiegel. Denn das Wasser nimmt alles in sich, sei es Böse oder Gut, und das hält es und verdunkelt sich damit.

118. So geht es auch dieser Komplexion. Sie nimmt die Giftstrahlen aller Sterne in sich und stellt es der armen gefangenen Seele zum Spiegel vor. Daran beißt sie dann an und handelt mit dem Körper entsprechend, was doch in der Komplexion nur eine magische Spiegelung ist.

119. Oh, welche guten und süßen Worte, gleich dem süßen Wasser! Sie sind aber ohne Wert und noch mit bitterer Galle von den Sternen vermengt. Es ist fast kein Trug zu viel: Lügen sind der Heuchelei Mantel, und mit einem Spiegelschein sich sehen zu lassen, wo gute Christen in Babel sind, ist und will zum Gottesdienst gerechnet werden.

120. Daß du unrecht tust, erkennst du nicht. Kommt man dir aber mit einem Fünklein (göttlicher Wahrheit) zu nahe, dann ist es schon in deinem Spiegel (der alles verkehrt). Dir wäre wohl zu raten, damit du erkennen könntest, wie du ein immer sündhafter Mensch bist. Dann könntest du wohl in eine rechte Buße eingehen und Gott um die Regierung durch seinen Heiligen Geist bitten, damit die bösartigen Affekte vom Gestirn gebrochen und im Zaum gehalten werden, so daß sich die arme Seele solches nicht einbilde und damit zum Narren werde.

121. Auch wird dir ein nüchternes Leben heilsam sein. Immer wachsam und betend und stets in Gottesfurcht sein, das wendet alles Bösartige aus dem Gestirn ab. Denn wer nach dem Gestirn (bzw. nur der äußerlichen Welt) lebt, der lebt allem Vieh gleich. Wenn man aber die Gottesfurcht im Herzen verinnerlicht, dann wird die Seele ein Herr über das äußere Leben und zwingt es in Gehorsam. Geschieht es aber nicht, dann wird die Komplexion der Seele Meister und Wegweiser. Wenn sie auch die Seele in eigener Macht nicht regieren kann, dann stellt sie doch der Seele ihren Spiegel der Elemente und Sterne vor, darin sich die Seele vergafft und fangen läßt.

122. Darum soll der Mensch ein Mensch und nicht ein Vieh sein. Er soll menschlich (vernünftig) mit der Seele regieren und nicht mit der Begierde der Komplexion. So kann er das höchste und ewige Gut erlangen, egal in welcher Komplexion er lebt.

123. Wenn der Mensch aber nur nach dem Gestirn leben will, dann ist keine Komplexion so edel (um das Höchste zu erreichen), denn der Teufel hat seine Wollust darin.

124. Darum heißt es recht nach der Schrift von St. Petrus: »Seid nüchtern und wachsam, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen könne. Widersteht ihm in der Furcht Gottes, denn keiner ist sicher vor ihm. (1. Petr. 5.8)«

Herr, du bist unsere Zuflucht!

Verwendete Quellen zur deutschen Überarbeitung

Der Weeg zu Christo: Verfasset in neun Büchlein, Jacob Böhme, 1682
Der Weg zu Christo, verfasset in neun Büchlein, Jacob Böhme, 1715
Jakob Böhmes sämmliche Werke, sechtser Band, W. Schiebler, 1846


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