De Signatura Rerum

(Text von Jacob Böhme 1622, deutsche Überarbeitung 2022)

6. Kapitel - Wie sich Wasser und Öl gebären

Wie sich Wasser und Öl gebären, vom Unterschied dieses Wassers und Öls, und vom vegetativen Leben und Wachsen.

6.1. Alles Leben, Wachsen und Treiben steht in zwei Dingen, nämlich in der Lust und in der Begierde: Die Lust ist ein freier Wille, und gegenüber der Natur betrachtet wie ein Nichts, aber die Begierde ist wie ein Hunger. In der Begierde entsteht der treibende Geist, als der natürliche, und in der Lust der übernatürliche, der doch zur Natur gehört, aber nicht aus seiner Selbsteigenschaft, sondern aus der Begierde Eigenschaft.

6.2. Die Begierde (bzw. Leidenschaft) ist das Treiben der Essenz wie ein Hunger, und die Lust (bzw. Liebe) ist das Wesen des Hungers, das er in sich faßt, denn die Begierde ist nur ein hungriger Wille und der natürliche Geist in seinen Gestaltungen. Aber die Lust ist aus der Freiheit, denn Gott ist begierdelos, was sein eigenes Wesen anbelanget, soweit er „Gott“ heißt. Denn er bedarf nichts: Es ist alles sein, und er selbst ist alles. Doch einen Lustwillen hat er, und das ist derselbe Wille, um sich in der Lust zu offenbaren. Nun kann aber in der freien affektlosen (begierdelosen) Lust keine Offenbarung geschehen, denn sie ist ohne Begierde. Und so ist sie (die freie Lust) als wäre sie Nichts gegenüber der Natur, und ist doch alles, aber nicht nach der Begierde, als nach der Natur, sondern nach der Erfüllung der Natur: Sie ist die Erfüllung der hungrigen Begierde, als der Natur. Sie gibt sich freiwillig in den Hunger der Natur, denn sie ist ein Geist ohne Wesen und Begierde, ganz frei wie ein Nichts. Aber die Begierde macht sie in sich zum Wesen, und solches nach zwei Eigenschaften: Eine nach der ewigen Freiheit, die da frei von der Qual-Quelle ist, und die andere nach der Begierde, welche ein vegetatives (unbewußtes) Leben ergibt, als ein Wachsen oder sich ausgeben.

6.3. So gibt und ist das freie Wesen wie ein Öl, und die Eigenschaft der Begierde gibt ein Leben des Öls: Das Öl ist ein Licht, und der Begierde Eigenschaft gibt dem Licht eine Essenz, als die feurige Eigenschaft, so daß das Licht ein Schein ist, wie man am Feuer und Licht sieht. Und die freie Lust bleibt doch in sich ein freier Wille, aber gibt seine Sanftmut als eine freie Gelassenheit in die Begierde, damit sie zum Wesen und Schein komme. So ist ihr Wille allein gut, und er hat keine andere Begierde, als nur gut, sanft und lieblich zu sein. Es ist auch keine andere Möglichkeit darin, denn er ist wie ein Nichts, darin kein Rühren oder Quälen sein kann, sondern ist die Sanftmut selbst.

6.4. Weil er dann aber kein Nichts mehr sein kann, wenn er eine Ursache und Anfang der Begierde ist, so gibt er sich frei, wie sich der Sonnenschein frei in alle Eigenschaften gibt. Und so faßt die Begierde diese freie Lust als den Schein des Ungrundes der Ewigkeit in sich und macht in sich nach seiner Eigenschaft ein Wesen: Und so viel „Eigenschaft“ in der Begierde ist, so viel ist auch Wesen.

6.5. Wenn sich also die freie Lust in den Hunger der Begierde hineinergibt, dann macht die Begierde aus der Eigenschaft der freien Lust eine Gleichheit nach der Freiheit. Das ist, als wäre es nichts, und ist doch da: Das ist ein Wasser und Öl. Weil aber die Begierde, das heißt, der Hunger von der freien Lust erfüllt wird, so macht er seine Selbsteigenschaft im Wesen der Freiheit auch zum Wesen, und sein Wesen ist Wasser (das Wasser-Feuer des körperlichen Lebens), und das Wesen der freien Lust ist ein Öl (für die Lampe des Lebenslichtes bzw. Bewußtseins). So entsteht zweierlei Eigenschaft in einem einigen Geist, nämlich eine feurige Eigenschaft nach der Begierde und eine freudenreiche oder Lichteigenschaft nach der Freiheit.

6.6. Die feurige Eigenschaft gibt in ihrem Wesen, als in ihrem Wasser, eine Schärfe von der strengen Begierde, die gesalzen ist oder ein Salz, und von der feurigen Angst einen Schwefel, daraus in der Verdichtung und Schöpfung der Welt die Steine, Erden und Metalle geworden sind, sowohl die Elemente und Sterne, alles nach den Gestaltungen in der Begierde. Und die ölige gibt ihre Sanftmut als eine Liebeslust dahinein: Die feurige verdichtet mit der Begierde und macht Leiblichkeit, und die ölige gibt sich in ihrer Sanftmut aus und macht das vegetative Leben zu einem Grünen und Wachsen in der feurigen Verdichtung. Dazu muß das Feuer seine Essenz und sein Treiben geben, als den wütenden Stachel im Ziehen der Begierde, welcher das Unterscheiden in der Leiblichkeit ist, als der Unterscheider und die Ursache der Essenz und Vielfalt.

6.7. Die Weisen haben diese Gestaltung Mercurius genannt, vom ängstlich-treibenden Rad, der die Ursache für alles Leben und Bewegen ist und ein Werkmeister in der öligen und wäßrigen Eigenschaft.

6.8. So ist uns das große Mysterium zu erkennen und zu finden, wie in allen Dingen ein Öl, Schwefel und Salz sei und wie sie entstehen. Denn Gott hat alle Dinge aus Nichts gemacht, und dieses Nichts ist er selbst, als eine in sich wohnende Liebelust, darin kein Affekt (bzw. Begehren) ist. Aber so wäre die Liebelust nicht offenbar, wenn er einzig in der Stille ohne Wesen bliebe, und es wäre keine Freude noch ein Weben darin, sondern eine ewige Stille.

6.9. Wenn er sich aber durch die Begierde in Wesen hineinführt, dann wird seine Stille ein Wesen und eine wirkende Kraft, und solches mit zwei Eigenschaften, nämlich in einem Öl, in dem die wirkende Kraft ein guter Geist nach der Eigenschaft der Liebelust ist, der dem Grimm der Begierde im Schwefel, Salz und dem giftigen Mercurius entgegensteht und seinen giftigen Hunger mit der Sanftmut der Liebe stillt und heilt. Was also Mercurius mit seinem wütenden Rad seiner Selbsteigenschaft zerbricht, das heilt die Lust der Liebe des Öls wieder, und so ist Böses und Gutes in jedem Leben.

6.10. Und es ist doch kein Böses in irgendeinem Ding, es sei denn, das Gute oder das Liebe-Öl verschmachtet in seiner eigenen Lust. Und das geschieht in den Gestaltungen der Verdichtung des Hungers in der Begierde, nämlich wenn sich der Hungergeist in seinen eigenen Gestaltungen nach sich selber zu sehr verdichtet und nach sich selber in seiner eigenen Offenbarung zu sehr hungert. Dann kann er die freie Lust nicht in sich fangen, die seinen Hunger besänftigt, denn die Eigenschaft der Natur wird nur schlecht (bzw. unwillig) nach der Eigenschaft der freien Lust als nach Gottes Liebewesen gerichtet sein und seinen Hunger nach der Liebe richten. Doch nur dann empfängt der Hunger die Liebe in sich und macht diese in sich zum Wesen. Und dann ist der Hunger kein verschmachtender finsterer Hunger mehr, der in sich selber sticht und wütet wie ein giftiges Mercurius (Quecksilber), sondern aus dem Hunger wird eine Liebebegierde, die Gottes Natur heißt. Und die hungrig-feurige Begierde heißt Gottes Zorn, und in der äußeren Natur heißt sie ein Feuer.

6.11. Aber in der Eigenschaft der inneren Welt, darin die Begierde in der Eigenschaft der freien Lust qualifiziert, heißt diese Begierde die göttliche Begierde, darin die feurige Liebe brennt und daraus das Freudenreich kommt. Denn darum gibt sich die freie Lust in die strenge Begierde hinein, daß sie aus sich eine feurige Liebe als ein Freudenreich geben kann, was in der stillen Lust nicht sein könnte. Denn was still ist, darin ist keine Freude oder sonstige Bewegung.

6.12. So offenbart sich nun die freie Lust als Gottes Eigenschaft durch die feurige Eigenschaft, und die feurige macht die freie Lust als das Wesen der Lust, nämlich das Öl, das in der Verdichtung der Begierde zu einem Schein oder Glanz (des Bewußtseins) entsteht, denn die Strenge gibt den ängstlich-schielenden Blitz, als einen Schwefelgeist, und die Sanftmut des Öls gibt ihre Liebe dahinein und vertreibt das Eingezogene als die Finsternis und offenbart die ewige Freiheit als das Nichts, und das ist nun das Sehen (im reinen Bewußtsein).

6.13. Denn wenn der Feuerglanz die Süßigkeit des Lichtes schmeckt, dann greift die Feuerbegierde nach der Sanftmut. Nun ist aber die Sanftmut der freien Lust als ein Nichts ganz unbegreiflich, und so ergreift jetzt der Hunger das Selbstwesen der Begierde und verschlingt es in sich und macht es zu Nichts. Das war die Finsternis, die des Hungers Wesen ist, und die verschlingt der feurige Hunger durch die Eigenschaft des Lichtes oder der freien Lust, wie man dann sieht: Sobald das Licht scheint, nimmt es der Finsternis ihre Gewalt. Und darum ist Gott über alle Wesen ein Herr, denn er ist die ewige Kraft und das Licht, wie wir es am Gleichnis der Sonne sehen, daß sie ein Herr der Finsternis und aller Wesen ist und alles regiert, was in dieser Welt wächst, lebt und webt.

6.14. Mehr noch sind uns die mancherlei Salze zu erkennen, wie sie im Ursprung entstehen und sich in viele Eigenschaften unterscheiden. Im Ursprung der Verdichtung, nämlich im Schöpfungswort, entstehen zweierlei Salze: Das erste ist geistig und gibt die Schärfe im Wesen der freien Lust, welches eine Unterscheidung oder Schärfe der Kraft ist. Das andere Salz ist die Schärfe der Verdichtung nach der Eigenschaft der herben Strenge, und das ist die Angst in der Verdichtung, als der Schwefel, und seine wesentliche Eigenschaft ist das Wasser. Das Wasser ist die stumme tödliche Eigenschaft des Salzes, und die schweflige von der Angst ist die Eigenschaft des lebendigen Salzes, denn sie hat den Stachel der Beweglichkeit als den Mercurius in sich, der des Lebens Gestaltung macht, und doch ist eben der Schwefel nicht das Salz, sondern er ist die Angst in der Verdichtung, die auch körperlich wird.

6.15. Das Salz ist die Schärfe im Schwefel nach der Herbigkeit und macht, daß die Angst leiblich wird. So wohnt das Salz im Schwefel und ist des Schwefels Schärfe und erhält den Schwefel im leiblichen Wesen, sowie auch den Geist des Schwefels, damit er nicht zerstäubt. Das Salz verdichtet sich die Kräfte der Angst, und das verdichtete Leben ist das Mercurius-Leben, und das ist auch das Leben der Angst, als des Schwefels, und unterscheidet die Materie nach den Gestaltungen zur Natur, und die Materie der freien Lust in zwei Wesen, nämlich in ein wäßrig-körperliches und in ein ölig-körperliches.

6.16. Dieses körperliche Wesen ist (jeweils) zweierlei, nach der Finsternis und dem Licht. Nach der Eigenschaft der strengen Begierde macht (bzw. verdichtet) es in der wäßrigen einen Sand oder eine steinige Art, davon die Steine ihren Ursprung haben, das heißt, aus der Sulphur-Art als aus dem Schwefelwasser. Die andere Eigenschaft nach der Abtötung im Salpeter-Schreck ist normales Wasser, das da fließt. Das andere körperliche Wesen ist der metallische Leib aus der Eigenschaft der freien Lust in der verdichteten Gestalt. Und aus der wäßrigen (darin der Schwefel im Wasser ist) macht es Bäume, Kräuter und alles, was da in der irdischen Eigenschaft wächst, nämlich in der abgetöteten oder toten Wesenheit, welche doch ein stummes Leben hat, als ein vegetatives (bzw. relativ unbewußtes).

6.17. Die ölige Eigenschaft ist entsprechend der Verdichtung auch zweierlei: Ein Teil dringt wieder in die Lust der Freiheit, um vom Grimm der Verdichtung frei zu sein, und dies ist der gute Geist, als das Licht im Öl. Der andere Teil aber ergibt sich mit in die Angst des Schwefels und bleibt in der Leiblichkeit und verkörpert sich in jedem Ding nach der Salz-Eigenschaft des Dinges: In einem feurigen Salz ist es feurig, in einem bitteren Salz ist es bitter, in einem herben ist es herb und so fort.

6.18. Die erste Eigenschaft nach dem Licht ist in allen Dingen süß, und die anderen Eigenschaften des Öls sind entsprechend der Gestaltung, nämlich nach dem Geschmack des Dinges, sei es süß, sauer, herb, bitter oder wie auch immer, wie man das in Kräutern erkennt: In manchem ist ein bitteres Gift, und in manchem eine Heilung des Giftes. Wenn ihm aber die giftige Eigenschaft durch den Mercurius im Öl der Sanftmut gebrochen wird, dann eignet sich das Öl auch die Liebe des Lichtes an, denn beider Ursprung ist aus Einem Willen, aber in der Verdichtung verändert es sich, in gleicher Weise, wie sich der Teufel, als er ein Engel war, in eine giftige Teufelseigenschaft verwandelte, und Adam aus einer himmlischen in eine irdische.

6.19. Alles, was da in dieser Welt wächst, lebt und webt, das steht im Sulphur („Seele-Körper“), und im Sulphur ist der Mercurius das Leben, und das Salz im Mercurius ist das leibliche Wesen seines Hungers. Auch wenn der Leib vielfältig erscheint, ist alles entsprechend der Eigenschaft des Schwefels und Salzes. Und nach derselben Eigenschaft ist auch das eingepflanzte Öl, das in der Kraft mit aufwächst, denn das Öl macht die Kraft in jedem Ding: Im Öl der Verdichtung, als in dem eingepreßten Öl, ist das andere Öl, als das geistige, welches uns Licht gibt. Aber es führt ein anderes (zweites) Prinzip und nimmt keine andere Qualität an, als die Lust der Liebe. Es ist göttliche Wesenheit, und darum ist Gottes eigenes Wesen allen Dingen nah, aber nicht essentiell in allen Dingen, denn es führt ein anderes Prinzip, und kann sich doch allen Dingen aneignen. Und sofern das Ding diese göttliche Eigenschaft in sich hat, empfängt es Kraft und göttliche Eigenschaft, sei es ein wachsendes oder lebendiges, wie man dann Kräuter und Bäume sowie Kreaturen findet, in denen etwas von göttlicher Kraft liegt, mit denen man in der magischen Kur der falschen Magie, als dem verdorbenen bösartigen Öl, widerstehen kann und es in ein Gutes verwandeln.

6.20. Alle Schärfe des Geschmacks ist Salz, es sei, was es wolle in dieser Welt, nichts ausgenommen. Und aller Geruch kommt aus dem Schwefel, und in allem Bewegen ist Mercurius ein Unterscheider im Geruch, Kraft und Geschmack. Ich verstehe aber in meinem Mercurius das Rad der Geburt allen Wesens, wie vorn beschrieben, nicht einen toten, sondern einen lebendigen, als den stärksten nach der Eigenschaft des trocknenden Giftes.

6.21. So gebührt nun dem Künstler und Arzt, daß er solche Dinge wisse, sonst kann er keine Krankheit kurieren, er treffe es denn ungefähr, wenn er nicht weiß, womit das Öl im Körper vergiftet ist und was der Mercurius für einen Hunger in der Krankheit habe, wonach ihn hungert.

6.22. Denn wenn er das Salz nach der Eigenschaft seines Hungers (wonach er begierig ist) mit einem solchen Öl, wie er es gern hätte, bekommen kann, dann schwindet die Krankheit bald stündlich dahin, denn er setzt sein Öl wieder in die Eigenschaft der Liebe des Lichtes, davon das Leben wieder hell zu scheinen beginnt.

6.23. Denn jede Krankheit im Körper ist nichts anderes als eine Verderbung oder Vergiftung des Öls, aus dem das Lebenslicht brennt und scheint. Und wenn das Lebenslicht im Öl hell scheint und brennt, dann vertreibt es alle giftigen Einflüsse und Wirkungen, gleichwie der Tag die Nacht vertreibt.

6.24. Denn wenn das Öl, daraus das Leben brennt, mit einem giftigen Mercurius oder Salz angesteckt wird, sei es vom Gestirn oder dem Salz der Speise, als von einer widerwertigen Qual, davon ein Ekel im Öl entsteht, den das Öl immerdar ausspeien will, dazu der Mercurius hilft, dann ängstigt sich der Mercurius im Schwefelfeuer je länger desto mehr und arbeitet immerzu daran, den Ekel (bzw. das Übel) auszutreiben. Er erhebt sich aber in solcher strengen Arbeit nur in sich selber und zündet seine innere Gestaltung immer mehr an, davon das Öl dunkler und giftiger wird, bis endlich das Öl ganz wäßrig und irdisch ist, so daß das Licht und auch das Feuer erlischt, und dann fährt Mercurius mit dem Schwefelgeist davon, in ähnlicher Weise, wie man eine Kerze auslöscht. So fährt Mercurius mit dem Schwefelgeist im Todesgestank davon, bis auch er verhungert. Denn eine Zeitlang kann er sich im siderischen Leib behelfen, welcher mit ausfährt, wenn aber der Mercurius im Geist der großen Welt seine Eigenschaft verzehrt hat und er verhungert, dann ist es mit dem zeitlichen Leben ganz aus.

6.25. Denn sobald das Licht des Lebensöls verlischt, fällt der elementische Leib in die Verwesung dahin, nämlich wieder in das Schöpfen, aus dem er geworden ist. So hat diese Zeit in der Kreatur ein Ende, und das ist der Tod oder das Absterben, und daraus ist keine Erledigung (bzw. Befreiung) oder ein Wiederkommen, es bewege sich denn noch einmal in ihm der himmlische göttliche Mercurius, welches doch auch nur geschehen kann, wenn eine gute Eigenschaft des Öls aus göttlicher Wesenheit in ihm gewesen ist. Denn nur in dieser Eigenschaft, die der göttlichen Liebe fähig ist, zündet sich das Licht wieder an.

6.26. Diese die göttliche Wesenheit oder der entsprechende himmlische Mercurius verwandelt das verstorbene Öl wieder in seines und wird dessen Leben. Denn der äußere Mercurius, der den Leib geführt hat, kommt nicht wieder. Er ist nur eine Zeitlang ein Spiegel des Ewigen gewesen. Er wird aber in eine andere Qualität verwandelt, denn mit seiner Erstickung tritt er wieder in das Mysterium ein, aus dem er ursprünglich mit der Welt Schöpfung gekommen ist, und auch der Leib geht in dieses Mysterium.

6.27. So steht er noch zu einer anderen Bewegung der Gottheit, nämlich zu einem Entscheiden, wenn das Böse, darin der Tod war, vom Guten geschieden werde, und das Schöpfungswort das wiedergibt und hervorbringt, was ihm im Sterben wieder anheimgefallen ist (bzw. in das Schöpfungswort zurückgekehrte).

6.28. Ein Arzt sollte also wissen, daß im allerstärksten Mercurius, der am allergiftigsten ist, die höchste Tinktur (der Heilung) liegt, aber nicht in der selbsteigenen Eigenschaft des Mercurius (als giftiges Quecksilber), die muß ihm gebrochen werden. Denn seine Selbsteigenschaft (bzw. Ichheit) vom eigenen Zentrum ist das ängstliche Giftleben. Er hat aber noch eine andere Eigenschaft in sich, nämlich ein Öl vom Licht (des reflektierenden Bewußtseins), davon er so stark und mächtig ist, und das ist seine Speise und Erhaltung. Und wenn dieses von ihm (bzw. seiner Selbsteigenschaft) geschieden werden kann, das ist es eine Tingierung (Heilung durch Tinktur) und ein mächtiges Anzünden von allem dunklen Leben, das heißt, aller Krankheiten. Denn in diesem Öl liegt das freudenreiche Leben, und das ist ein Hunger nach Leben, damit es das schwache Leben anzünde und in die Höhe führe.

6.29. So wird man in einer Kröte oder Natter sowie dergleichen giftigen Würmern oder Tieren die höchste Tinktur finden, wenn man diese in ein öliges Wesen bringt und den Grimm des Mercurius davon scheidet. Denn im Gift und Licht steht alles äußerliche und innerliche Leben, wie wir uns entsinnen, daß Gottes Grimm und Zornfeuer eine Ursache des göttlichen Freudenreichs ist. So ist es auch im Äußeren zu erkennen, denn alles Leben wäre ohne den giftigen Mercurius stumm und ein Ekel (bzw. Übel) und gleichsam wie tot betrachtet.

6.30. Denn der Mercurius ist ein Anzünder des Feuers, und so steht alles bewegende Leben im Feuer. Wenn eine Kreatur auch im Wasser wohnte, so ist doch das Feuer ihr Leben, wie die Giftgalle, darin der Mercurius das Leben führt. Denn dieses Wasser in der Galle ist ein Gift, darin ein Öl verborgen ist, in welchem das Leben im Mercurius brennt und scheint. Dazu hast du ein Gleichnis:

6.31. Wenn in einer Kreatur ein starker giftiger Mercurius von trockener Art ist, dann ist sie stark, kühn und mächtig und hat auch ein helles Öl in sich, selbst wenn sie mager am Leib ist, denn die feurige Eigenschaft des Mercurius verzehrt die wäßrige. Wenn aber sein Fettes angezündet wird, dann gibt es ein helles Licht, und noch viel mehr wird das sein, wenn die wäßrige von der öligen Eigenschaft abgeschieden wird.


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