31. Sendbrief, 1.11.1622

An N. N., vom 1. November 1622.

Unser Heil in Christus Jesu!

Von der Tötung des Antichrists in uns selbst

Ehrenfester und wohlbenamter Herr! Ich wünsche Euch durch Gott in Jesus Christus seine Gnade, Erkenntnis und Segen.

31.1. Nachdem ich vom Herrn Doktor Kr. unterrichtet wurde, wie der Herr als ein christlicher Mitbruder im Herrn im Zug des Vaters zu Jesus Christus in herzlicher Begierde stehe und in seinem Gemüt dahin arbeitet, daß er zu göttlicher Beschaulichkeit in sich selbst kommen könne, so will ich es auf Begehren des Herrn Doktors nicht unterlassen, den Herrn mit einem Brieflein zu ersuchen und ihm aus christlicher Liebe den Weg zu göttlicher Beschaulichkeit und Empfindlichkeit aus meinen Gaben ein wenig andeuten und ihm hiermit gleichsam den Saft meines kleinen Perlenbäumleins im Geist und Leben Jesu Christi in brüderlicher Liebe darbieten, wie ein Ast oder Zweig am Baum dem anderen schuldig ist. Und ich bitte, es wohl zu verstehen, so daß ich ihm vielleicht mehr Ursache zu seinem Eifer geben könne.

31.2. Zumal der Herr in sich selbst wohl empfindet, daß jetzt der Antichrist in Babel das Regiment in der Christenheit in seiner Eigenheit und Fleischeslust führt, uns aber unser lieber Emanuel (Christus) treulich davor gewarnt hat und auch gesagt, daß Fleisch und Blut das Himmelreich nicht erben sollen (1.Kor. 15.50). Und auch der Antichrist nichts anderes sucht und begehrt, als nur zeitliche Ehre, Macht und Gewalt, um in Fleischeslust aufzusteigen, und sich dieser Antichrist jetzt eine lange Zeit so höflich mit Christi Purpurmantel zugedeckt hat, daß man ihn nicht erkannte, sondern als heilig verehrte, welches mir in Gnade des Höchsten ziemlich klar offenbart wurde. Dazu möchte ich dem Herrn mit wenigem andeuten, was ein Christ und was der Antichrist im Menschen sei, zu weiterer Nachdenkung:

31.3. Christus spricht: »Wer nicht Häuser, Acker, Geld, Gut, Frau, Kinder, Brüder und Schwestern verläßt und sich selber verleugnet und mir nachfolgt, der ist nicht mein Jünger und Diener. (Luk. 14.26)« Oder: »Ihr müßt umkehren und wie die Kinder werden und aus dem Wasser und Geist neu geboren werden, sonst sollt ihr das Reich Gottes nicht sehen. (Matth. 18.3)« Doch das bedeutet nicht, daß einer von Frau und Kind aus seinem Beruf und Stand in eine öde Wildnis laufen und alles verlassen soll, sondern den Antichrist als Meinheit, Deinheit und Ichheit.

31.4. Wer zu göttlicher Beschaulichkeit und Empfindlichkeit in sich selbst gelangen will, der muß in seiner Seele den Antichrist töten und von aller Eigenheit des Willens abgehen, ja von aller Kreatur, und in der Eigenheit des Gemüts die ärmste Kreatur werden, so daß er nichts mehr zum Eigentum habe, in welchem Stand er auch ist.

31.5. Selbst wenn er ein König wäre, so soll doch sein Gemüt alle Eigenheit verlassen und sich in seinem Stand sowie Ehren und zeitlichem Gut nicht anders achten als Gottes Diener, daß er darin Gott und seinen Brüdern dienen sollte, und daß er alles, was er hat, nicht aus Naturrecht besitzt, so daß es sein sei, sondern daß es seinen Brüdern und Gliedern gehört und ihn Gott zu einem Amtmann und Verwalter darüber gesetzt habe, und er soll denken, daß er seinem Herrn darin diene, der von ihm Rechenschaft fordern will.

31.6. So muß er auch seinen eigenen Willen, der ihn zu solchem Besitz der Eigenheit treibt, in sich ganz und gar dem Leiden und Sterben im Tod Jesu Christi ergeben und Gott demütig in wahrhaft ernster Buße und Umkehr bitten, daß er diesen bösartigen Willen zur Eigenheit und zeitlichen Lust im Tod Jesu Christi töten wolle und den Willen seiner Seele in die wahre Kindschaft Gottes hineinführen, so daß er sich nicht mehr selber wolle und begehre, sondern daß Gottes Wille in ihm sein Wollen und Begehren werde, damit er nach dem Seelenwillen in seiner Ichheit tot werde und Gott in Christus sein Leben sei.

31.7. Er muß seinen Willen in die höchste Demut in Gottes Erbarmen vertiefen und sich einen solchen Willen in Gottes Gnadenverheißung schöpfen, daß er noch diese Stunde von aller Eigenheit dieser Welt Wollust ausgehen und dort nimmermehr wieder eingehen wolle, sollte er auch aller Welt Narr darin sein. So muß er sich mit der Buße ganz in die höchste Niedrigkeit und Unwürdigkeit vor Gott vertiefen, aber in der Seele die Gnadenverheißung ergreifen und darin wie ein Kriegsmann vor seinem Feind stehen, da es um Leib oder Leben geht.

31.8. Wenn dies geschieht, dann wird sein Eigenwille als der Antichrist im Tod Christi ergriffen und getötet. Und sogleich wird seine Seele wie ein neues unverständiges Kind, das seinen natürlichen Verstand der Selbheit (bzw. Ichheit) verloren hat, und beginnt, vor Gott wie ein kleines Kind vor seiner Mutter zu flehen. Und so setzt er sein Vertrauen in die Mutter, was sie ihm geben will.

31.9. Und das ist es, was Christus sagte: »Ihr müßt umkehren und wie Kinder werden, alles verlassen und mir nachfolgen. (Matth. 18.3)« Denn Adam ist von Gottes Willen in einen Eigenwillen gegangen und hat in eigener Begierde die Sucht der Schlange und den Willen des Teufels in sich hineingeführt, so daß er sich und seine Lebensgesellen, die in gleicher Konkordanz (Übereinstimmung) in einem einigen Willen standen, welcher Gottes Wille war, in eine Trennung hineingeführt hat, darin sich die Eigenschaften der Natur aus der gleichen Konkordanz herausgeführt haben, eine jede Eigenschaft in ihre Selbheit als eigene Begierde, davon ihm (Adam) die Lust zu Gut und Böse entstand und zugleich Hitze und Kälte in ihn drang und er des heiligen Lebens in der gleichen Konkordanz abstarb, darin er in einem einigen (heiligen) Element lebte, weil in ihm die vier Elemente im Gleichgewicht waren.

31.10. Darüber ihm Gott gebot: »Iß nicht vom Baum des Guten und Bösen oder du stirbst! (1.Mose 2.17)« Damit meinte er den Tod am Himmelreich als des schönen englischen Bildes, welches sogleich in der falschen eingeführten Schlangenbegierde abstarb und nun im Geist Christi wieder neu geboren werden soll und muß. Dazu muß dieser falsche Schlangenwille zuvor in Christi Tod durch rechte Umkehr sterben, und aus diesem Sterben steht Christus in seinem Geist in dem in Adam abgestorbenen Himmelsbild in uns wieder auf, und so wird der innere Mensch in Christi Geist neu geboren.

31.11. Dieser neue Geist kommt zu göttlicher Beschaulichkeit in sich selbst und hört Gottes Wort, hat göttliche Vernunft und Neigung und kann das große (ganzheitliche) Mysterium in göttlichen und natürlichen Geheimnissen in sich schauen. Und wenn ihm auch das irdische Fleisch in seiner Neigung noch anhängt, so schadet es ihm doch nichts.

31.12. Er ist in dieser neuen Geburt wie ein feines Gold im groben Stein, darin des Steines Grobheit das Gold nicht zerbrechen kann. Denn sein wirklicher Wille ist der irdischen Sucht abgestorben und begehrt, des Fleisches Lust alle Stunden abzutöten, und tötet es auch ohne Unterlaß. Denn hier zertritt des Weibes Samen als der neue Mensch, der in Christus geboren ist, den Willen der Schlange im Fleisch als den Kopf des Antichristen.

31.13. Und ich gebe Euch, mein lieber Herr, christlich und brüderlich in guter Pflicht und Treue zu wissen, daß wir in unserer vermeintlichen Religion, wo man doch immer nur zankt oder gegeneinander um die Buchstaben lästert, noch mitten in Babel stehen, und es nie schlimmer gewesen war, obwohl man sich rühmt, man sei aus Babel ausgegangen und habe die wahre Religion, welches ich in seinem Wert lasse.

31.14. Aber soweit mir in Gott meinem Herrn erkannt ist, in meinem mir von Gott gegebenen gar edlen Talent (bzgl. Matth. 25.14), so sage ich, daß man zwar den Mantel Christi mit seiner Purpurfarbe in Christi Blut eingetaucht und zur Decke umgenommen hat, aber damit nur das antichristliche Kind des eigenen Willens zugedeckt und dem antichristlichen Hurenkind fremde Farbe angestrichen hat.

31.15. Denn man heuchelt ihm sehr und deckt es mit Christi Leiden, Verdienst und Tod zu, und tröstet es, Christus habe dafür bezahlt, es soll sich nur des Verdienstes Christi trösten und als Genugtuung im Glauben annehmen, und weist uns also eine von außen zugerechnete Gerechtigkeit.

31.16. Aber es hat ein ganz anderes ABC in der wahren Vernunft. Hier gilt kein Trösten noch selber Wollen, Laufen oder Rennen. Das Leiden und der Tod Christi wird nicht dem antichristlichen Tier in der Ichheit gegeben, sondern denen, die da von allen Kreaturen aus der Eigenheit ausgehen und sich in das Leiden und Sterben Jesu Christi ganz hineinergeben, des eigenen Willens in und mit Christus absterben, mit ihm begraben werden und in ihm mit neuem Willen und Gehorsam auferstehen. Die also der Sünde gram werden und Christus in seinem Leiden, Spott und Verfolgung anziehen und sein Kreuz auf sich nehmen und unter der Brautfahne ihm nachfolgen. Denen wird es gegeben. Diese ziehen Christus in seinem Prozeß an und werden im inneren geistigen Menschen Christi Mitglied und ein Tempel Gottes, der in uns wohnt.

31.17. Keiner kann sich mit Christi Verdienst trösten, es sei denn, er begehrt, Christus in sich ganz anzuziehen, und er ist auch eher kein wahrer Christ, er habe ihn denn durch wahrhafte Buße und Einkehr zu ihm mit gänzlicher Hingabe angezogen, so daß sich Christus mit ihm vermählt.

31.18. Welcher Anfang im Bund der Taufe geschieht, darin das Kind unter seiner Blutfahne gelobt und schwört, welches danach in Tätlichkeit erfolgen soll. Und wenn sich einer abgewandt hat, dann soll er sich in solche Umkehr wieder hineinwenden. Denn ich sage mit Grund, daß manchem der Mantel Christi, mit dem er den Antichrist zudeckt und doch nur ein Tier bleibt, zum höllischen Feuer werden wird.

31.19. Denn ein Christ muß aus Christus geboren sein und dem adamischen Willen absterben. Er muß Christus in sich haben und eine Rebe an seinem Fleisch und Geist sein, nicht nach dem animalischen Tier, sondern nach dem geistigen Menschen.

31.20. Denn nicht das Tier besitzt Gottes Geist, aber wohl der Tempel Christi als Christi geistiges Fleisch und Blut in uns. Denn Christus sagt: »Wer nicht das Fleisch des Menschensohns ißt, der hat kein Leben in sich.«

31.21. Dazu muß dann auch ein rechter Mund dasein, der es essen kann, denn dem Tier wird es nicht gegeben, viel weniger dem Schlangen-Wesen. Denn ein jeder Geist ißt von seiner Mutter, daraus er entstanden ist. Welches ich einem jeden Verständigen zu erwägen gebe, und hier nur angedeutet habe, was ein Christ sein müsse, wenn er sich als Christ rühmt.

31.22. Denn ein Tier ist kein Christ, sondern wer mit dem Heiligen Geist in Christi Tod getauft wird, wer Christus angezogen hat und in Christi himmlischem Fleisch und Blut lebt, wer das Abendmahl Christi geschmeckt und mit Christus zu Tisch gesessen hat. Der ist ein Christ, der in Christi Fußstapfen wandelt und das antichristliche böse Tier im Fleisch und Blut, welches einem Christen gleichwohl anhängt, immerzu abtötet, anbindet und ihm keine Gewalt läßt, und sich geduldig in die Anfechtungen ergibt, welche ihm viel hundertfältig zur Prüfung und Reinigung gegeben werden.

31.23. Ein Christ muß das ABC zurücklernen und die Weisheit seines Verstandes für töricht erachten, damit Christus in ihm eine Gestalt gewinne und er der himmlischen Weisheit fähig werde.

31.24. Denn die Weisheit der äußeren Welt ist an Gott blind und sieht ihn nicht, obwohl doch alles in Gott lebt und webt und er selbst durch alles ist und doch kein Ding besitzt, außer was seines eigenen Willens abstirbt. Das muß er besitzen, und besitzt es gern, denn es will ohne ihn nichts und ist am Ende der Schöpfung und auch im Anfang.

31.25. Davon ich dem Herrn wohl mehr erzählen könnte, wenn es dazu die Gelegenheit gäbe, welches ich in meinen Schriften ausführlich dargetan und aus dem Zentrum und Erkennen aller Wesen erklärt habe und hier nur ein wenig in Formen angedeutet, was eines Christen Zustand und Wesen sei, damit dem Herrn gelüste weiter nachzusinnen und sich in diesem Prozeß zu ergeben, wie ich auch hoffe, er sei bereits darin.

31.26. Dies wollte ich zu größerer brüderlicher Erfreulichkeit mit diesem kleinen Brieflein andeuten und mich mit dem Herrn erfreuen, in der Hoffnung und im Glauben, der in uns wirkt und ist, bis wir diese Hütte (des irdischen Körpers) einst loswerden und uns in göttlich-brüderlicher Einigkeit und Beschaulichkeit hernach vollkommen miteinander erfreuen werden.

31.27. Und solches auf Anhalten (bzw. Empfehlung) des oben genannten Herrn Doktors (Kr.) in guter Pflicht. Damit empfehle ich den Herrn der sanften Liebe Jesu Christi.

Gegeben siehe oben, J. B.

32. Sendbrief an Christian Bernhard, 12.11.1622

Unser Heil im Leben, Jesu Christi in uns!

32.1. Mein lieber Herr und werter Freund! Ich wünsche Euch viel Freude in der Kraft göttlicher Beschaulichkeit, Findlichkeit und Empfindlichkeit, nebst leiblicher Wohlfahrt, und erfreue mich eurer Standhaftigkeit in göttlicher Übung, welches mir ein Zeichen ewiger Brüderschaft in göttlicher Essenz ist, und ermahne Euch in Liebe, darin in ernster Standhaftigkeit zu bleiben und des ewigen Lohns zu erwarten und Euch am Spott- und Affenwerk der Welt nicht zu bekümmern, denn ein wahrer Christ darf nicht allein ein Mundchrist sein, sondern muß in Christus in seinem Prozeß wandeln und Christus anziehen. Welches ich hoffe, daß es bei Euch schon geschehen sei. So wollt Euch ja nicht des Teufels gleißende Welt-Larve anziehen lassen, denn diese (Lebens-) Zeit ist kurz, darauf die ewige Belohnung folgt. Und wollt bitte auch eurem Herrn Bruder wie auch den Mitbrüdern im Herrn meine Grüße ausrichten.

32.2. Ich übersende Euch hiermit zwei Säcke mit der Bitte, doch die Mühe auf Euch zu nehmen und das Korn einzusacken und wohl zu verwahren, sowie ein wenig vernähen oder versiegeln. In den Säcken ist ein Paket an Herrn Rudolf von Gersdorff und an Herrn Friedrich von Kreckwitz, welches allein Herrn Gersdorff zugeschickt werden soll, denn er wird dann Herrn Kreckwitz seinen Teil weiterschicken. Nehmt doch bitte die Mühe auf Euch und befördert es zu Herrn Gersdorff. Könnt ihr nicht zufällige Botschafter haben, dann schickt einen eigenen Boten. Es wird ihm von Gersdorff wohl bezahlt, oder ich will ihn selber bezahlen, wenn es daran mangelte. Das Paket mögt ihr aufmachen, denn ich habe es eurethalben unversiegelt gelassen. Es liegt bei jedem Brief ein Traktätlein, welche für Euch gut sind. Die könnt ihr auf die Schnelle abschreiben und dann ohne weiteren Verzug an benannten Ort befördern. Und bitte, verpackt doch jedes Trakttätlein wieder zu seinem beiliegenden Brief und versiegelt es, damit die Traktätlein ja nicht mit den rechten Briefen vertauscht werden. Bei Herrn Kreckwitzens Brief braucht ihr nur das angeheftete Traktätlein abschreiben. Die anderen zwei Bögen, die angeheftet sind, habt ihr bei Herrn Gersdorff, denn Kreckwitz hat den Anfang schon.

32.3. Wegen des Erinnerungszettels von Herrn Lindner zu Beuthen berichte ich Euch, daß die genannten Bücher alle mein sind, welche in anderthalb Jahren alle gemacht wurden, zum Teil auch diesen Sommer. Was ihr jetzt von Gersdorff empfangen habt, wird gewiß eines gegen die Methisten sein. Und hier bei Kreckwitzens Schreiben findet ihr auch eines „Von wahrer Gelassenheit“. Die anderen sind zum Teil groß, besonders das Buch „De Signatura Rerum“ vom Ursprung der Schöpfung und ihrer Bezeichnung, ein trefflich hohes Werk von 41 Bögen, die auch hin und wieder nachgeschrieben wurden. Herr Doktor Brux hat eine Nachschrift, wie auch Doktor Güller von Troppen (Troppau). Wenn ich diese zu Händen bekommen werde, dann will ich Euch weiter eines nach dem anderen zuschicken. Sagt mir nur, wenn ihr Muße zum Abschreiben habt. Wenn ihr dasjenige, welches ihr jetzt von Gersdorff bekommen habt, nachschreiben wollt, das mögt ihr tun, aber schreibt nur erst die beiden ab, die ich Euch jetzt mitsende, und befördert sie kurzfristig, und dann übersendet mir mit dem Korn das Schreiben von Herrn Gersdorff.

32.4. Wegen der Kosaken berichte ich Euch, daß sie bei Leutenmeritz (Leitmeritz) in Böhmen liegen, bis an die Leippe, und das Land sehr verderben. Man sagt wohl, sie sollen bei uns durchziehen und sich gegen Polen wenden. Aber wir haben nichts Gewisses. Ich hoffe, sie werden wohl in Böhmen oder der Lausitz bleiben und Polen nicht sehen, doch wir werden in Kurzem neue Nachricht haben. Der jetzige Friede ist nichts Beständiges, denn die Krankheit ist tödlich und nie größer gewesen, wie es die Zeit zeigen wird.

32.5. Wie es Euch sonst geht und was Euer Zustand sei, möchte ich gern wissen, und ob ihr Lust hättet, gegen Bezahlung nachzuschreiben. Dann könnte ich Euch dazu fördern, denn ich kenne Herren genug, die es zum (weiteren) Nachschreiben verlegen wollen. Ich empfehle Euch der Liebe Jesu Christi! J. B.

33. Sendbrief an Christian Bernhard, ohne Datum

Emanuel!

33.1. Lieber treuer Freund und Bruder in der Liebe Christi! Ich wünsche stets in meiner Begierde, daß ihr auf dem angefangenen Weg beständig bleiben mögt und daß euer Hunger und Durst nach Christi Brünnlein stets währen möchte, denn es ist der gewisse Zug des Vaters im Geist Christi zu ihm. Doch der irdische Adam ist eine Decke davor, so daß Christus in dieser irdischen Hütte nicht ganz offenbar werden kann. Doch der Heilige David, der Mann Gottes, sagt: »Sie gehen dahin und säen mit Tränen, aber ernten mit Freuden. (Psalm 126.5)«

33.2. Ich ermahne Euch also ganz brüderlich: Laßt Euch nicht abschrecken, wenn die Sonne mit dem Freudenreich im alten Adam nicht scheinen will. Es ist Gottes Wille, denn sie gehört mit ihrem freudenreichen Glanz nicht in den irdischen Menschen, sondern gibt dem abgestorbenen Mysterium, das in Adam verblich und am Jüngsten Tag in der Kraft auferstehen soll, nur manchmal so einen freundlichen Anblick, zum Trost der armen Seele und zur Stärkung des neuen Gewächses.

33.3. Denn hier muß es nur in Sehnsucht und Ängsten geboren werden. So verbirgt sich öfters die Sonne, aber sie sucht nur so in der Wurzel, damit sie einen Zweig aus dem Baum gebäre. Ringt nur getrost, denn das Kränzlein (des Siegers) ist Euch gewiß beigelegt. Und es wird Euch wohl nach dem Maß aufgesetzt werden, wie es Gott gefällt. Denn je nachdem, wie er einen in dieser Welt gebrauchen will, nach demselben Maß offenbart er sich auch in ihm im äußeren Menschen.

33.4. Aber der wahre Lilienzweig steht nicht in der äußeren Welt. So ist es mir eine wahre Freude, wenn ich vernehme, daß ihr Euch nach dieser Lilie ängstigt und denkt, ihr habt sie nicht. Aber ich sehe es viel besser als ihr, was ihr habt, welches mich oft gelüstet, es mit meinem Ermahnen so aufzuwecken, daß der Baum wachse und groß werde. Denn ich werde wohl auch noch seine Frucht genießen, um welches willen ich an Euch und an vielen arbeite, je nachdem, wie ich getrieben werde.

33.5. Ich übersende Euch die „Magische Kugel“ (bzw. Philosophische Kugel) mit der Erklärung. Ihr werdet einen feinen Spaziergarten darin haben. Bitte schickt mir dieselbe sobald es sein kann wieder zurück, dann will ich Euch in Kürze etwas anderes schicken. Das kleine Testament konnte ich bis jetzt nicht bekommen, wurde aber vertröstet, danach zu schreiben.

33.6. Bitte schickt, wenn ihr jemand von Zölnig kommen seht, das beiliegende Schreiben an Herrn M. Weigel. Wenn nicht, dann gebt es doch in sein Haus, dann kann er es bekommen. Ich bedanke mich auch wegen der Anforderung des Korns und will es in Liebe verschulden. Ich habe es richtig empfangen und euren Fleiß gespürt. Wenn mir nur Herr Weigel meine Säcke wieder schickte, dann wäre ich wohl zufrieden. Aber ich spüre wohl, wie sein Herz ist. Ich habe ihn an die babylonische Jungfrau erinnert und ihm noch freundlich geschrieben, ob er doch sehend werden wollte und vom Zipfel des Antichrists abfallen. Obwohl ich denke, es sind nur Worte mit glattem Schein, wie sie fast alle geben. Denn ich habe in diesem Geschlecht nur wenige gefunden, denen es wahrhafter Ernst gewesen wäre, sondern sie haben nur die Historie mit Freuden angenommen und vermeint, es stecke im Wissen der Buchstaben, um sich damit sehen zu lassen. Jedoch kenne ich auch etliche, denen es ernst ist, weil ich den Geist in der Kraft gesehen habe. Gott sei Lob! Euren Herrn Bruder, den Herrn Konrektor, wollt meinen Gruß und willigen Dienst in Liebe vermelden. Uns in die Liebe Jesu Christi empfehlend,

Euer lieber Freund und Bruder in Christus J. B.

34. Sendbrief, 10.12.1622

An Herrn N. N., vom 10. Dezember 1622.

Unser Heil im Leben, Jesu Christi in uns!

34.1. Mein lieber Herr und christlicher Bruder! Nebst treuem und begierigem Wunsch meines Geistes des wahren göttlichen Lichtes, Kraft und Erkenntnis sowie inniglicher Freude in göttlicher Beschaulichkeit und unserer ewigen Brüderschaft im Leben Christi.

34.2. Euer an mich gerichtetes Schreiben habe ich empfangen und freue mich im Herrn, meinem Gott, der uns seine Gnade so reichlich und überschwenglich mitteilt und unsere Herzen eröffnet, so daß wir in Zusammenfügung unserer Gaben seine Weisheit und Wunder zu erforschen begehren.

34.3. So soll mir des Herrn angebotene Freundschaft lieb und angenehm sein, und ich erkenne ihn vermöge dieses an mich gerichteten Schreibens als eine grünende und sehr begierige Rebe am Weinstock Christi sowie als meinen Mitbruder und ein Mitzweiglein an diesem Perlenbaum, und wünsche in der Kraft meiner Erkenntnis, daß es wahrhaft beständiger und unwankelbarer Ernst sei, wie ich in mir auch keinen Zweifel finde, daß der edle Perlenzweig der neuen Geburt aus Christi Geist und Weisheit in ihm geboren sei.

34.4. So wollte ich auch herzlich gern meinen Mitzweigen und Ästen meinen wenigen Saft der Kraft aus Gottes Gaben mitteilen, sie mit meiner schwachen Kraft erquicken helfen und mich wiederum des ihrigen erfreuen, wie wir auch aus Gottes Gebot sowie im Naturrecht einander solches zu tun schuldig sind.

34.5. Dazu ich auch besonders in meinen Gaben getrieben werde, um welches willen ich viel Zeit und Mühe, jedoch in großer Begierde und Lust, damit zugebracht habe und immerfort mit Ernst geholfen und in Begierde dahin getrieben, meinen Brüdern im Herrn im Weingärtlein Christi zu dienen.

34.6. Und solches, obwohl ich ein einfältiger Mann bin und der hohen Kunst und des Studiums unerfahren, und es auch niemals meine Übung gewesen war, mich in hoher Meisterschaft zu üben und große Geheimnisse in meinen Verstand zu fassen.

34.7. Sondern meine Übung war äußerlich ein normales Handwerk gewesen, mit dem ich mich lange Zeit ehrlich ernährt habe. Und daneben ging meine innerliche Übung mit sehr strenger Begierde in das Sterben meines angeerbten Menschen, wie ich meiner Ichheit und des Selber-Wollens im Tod Christi absterben und in seinem Willen mit neuem Geist und Willen göttlichen Sinnes auferstehen könne.

34.8. Und ich habe mich damals auch so hart darin vertieft, daß ich eher das irdische Leben verlassen wollte, als von diesem Vorsatz und Kampf abzugehen. Und was ich darin und darüber gelitten habe, das hatte Gott zu erkennen, welcher mich so durch sein Gericht meiner Sünden geführt hat, mich aber danach mit dem schönsten triumphierenden Anblick seines göttlichen Freudenreichs krönte, dazu ich keine Feder zum Beschreiben kenne, sondern dies dem Leser und allen Kindern Gottes gern gönnen und herzlich wünschen will.

34.9. Und aus diesem triumphierenden Licht wurde mir gegeben, was ich bisher etliche Jahre geschrieben habe, denn ich erlangte darin viel Gnade, um mein eigenes Buch, das ich selbst bin (als das Bild Gottes), zu lesen und zu erkennen und dazu auch das Zentrum aller Wesen zu schauen und das geformte Wort Gottes zu verstehen, wie auch das Verständnis der verdichteten und gefaßten oder geformten sinnlichen Zunge aller Eigenschaften sowie die mentale und ungeformte heilige Zunge zu verstehen, darin ich dann viele hohe Bücher geschrieben habe, welche dem Verstand ohne Gottes Licht größtenteils unbegreiflich sein wollen.

34.10. Obwohl ich als ein schwaches irdisches Werkzeug nach dem äußerlichen Menschen dieses hohe Werk anfänglich als ein ungeübter und ungelehrter Mann nur schlecht erfassen und verständlich machen konnte, wie in der „Aurora“ zu sehen, welche der erste Teil meiner Schriften ist. Ich vermeinte auch mein Leben lang bei keinem Menschen damit bekannt zu werden, sondern schrieb es mir zu einer Erinnerung dieser ganz wunderlichen Erkenntnis, Anschauung und Empfindlichkeit.

34.11. Und obwohl es der (sehende) Geist andeutete, wozu es sein sollte, so konnte es doch der Verstand (als der äußerliche Mensch) nicht fassen, sondern sah seine Unwürdigkeit und Niedrigkeit an.

34.12. So behielt ich auch diese Schrift der „Aurora“ bei mir, bis ich schließlich einem einzigen Menschen davon erzählte, durch den es vor die Gelehrten kam, welche sogleich danach getrachtet und angestiftet hatten, so daß sie mir entzogen wurde.

34.13. Daraufhin gedachte der Satan, damit Feierabend zu machen und meine Person zu verunglimpfen, darunter ich auch viel gelitten habe um Christi meines Herrn willen, um ihm in seinem Prozeß recht nachzufolgen. Aber wie es dem Teufel mit Christus ging, so erging es ihm auch mit meinen Schriften.

34.14. Denn der sie zu verfolgen begehrte, der hat sie publiziert und mich in noch größere und heftigere Übung hineingeführt, dadurch ich im Gericht mehr geübt und den Sturm gegen den Teufel im Schlangenwesen des irdischen Adams und seines Gegensatzes desto mehr bestanden und die Pforten der Tiefe desto mehr zersprengt habe und an das helle Licht gekommen bin.

34.15. So daß es jetzt auch so weit gekommen ist, daß sie nah und fern von vielen hochgelehrten Doktoren, wie auch von vielen Adeligen und hohen und niederen Standespersonen mit Lust gelesen und nachgeschrieben werden, ganz ohne meinen Trieb oder Lauf durch Gottes Schickung.

34.16. Ich wollte Euch diesmal auch gern etwas davon mitteilen, aber ich habe sie nicht zu Händen und kann sie auch nicht so schnell erreichen. Doch es geht weiter, und es sind etliche Traktate geschrieben worden, so daß ich hoffe, es soll manche hungrige Seele dadurch erquickt werden.

34.17. Denn die letzten Schriften sind alle viel heller und in besserem Verständnis als die ersten, welche der Herr mir gesandt hat.

34.18. Wollte der Herr sich aber so sehr bemühen, wie er sagt, und in eigener Person zu mir kommen und sich in Gottesfurcht in göttlicher Weisheit mit mir bequemen, das soll mir lieb sein. Er kann seine Gelegenheit nach seinem Gefallen bei mir haben, denn ich bin ohnedies jetzt in steter Übung mit Schreiben.

34.19. Ich habe dafür auch mein Handwerk gelassen, um Gott und meinen Brüdern in diesem Beruf zu dienen und meinen Lohn im Himmel zu empfangen, auch wenn ich hier von Babel und dem Antichrist Undank haben muß.

34.20. Für die Grüße von Herrn Magister Nagel als unser christlicher Mitbruder und jetzt in der Pilgerschaft Christi, wie mir berichtet wurde, bedanke ich mich. Und wenn es des Herrn Gelegenheit in einem Brief geben wollte, möge er ihn wiederum von mir freundlich grüßen.

34.21. Herr Elias Teichmann ist nicht zu mir gekommen, und ich weiß auch nicht, wo er jetzt ist. Herr Balthasar Walther hat seiner oft in Liebe gedacht. Ich aber kenne ihn nicht, außer im Geist, denn ich habe auch von anderen über ihn gehört.

34.22. Wegen meines Zustandes berichte ich dem Herrn auf sein Begehren, daß es mir Gott Lob jetzt noch wohl geht, aber ich sehe im Geist eine große Verfolgung und Veränderung über Land und Leute kommen, welche nahe ist, wie in meinen Schriften angedeutet. Es wird also Zeit sein, von Babel auszugehen und zu fliehen. Darum kann ich auch von keiner Ruhe melden.

34.23. Denn welchen großen Jammer des greulichen Raubens, Mordens und unerhörter Teufelei bei der Christenheit die durchreisenden Kosaken durch Schlesien bei unseren Nachbarn jetzt getrieben haben, wird Euch vielleicht bekannt sein, welches eine gewisse Vorbildung des künftigen Gerichts über dieses Land ist.

34.24. Ich empfehle Euch samt allen Gliedern Christi der sanften Liebe Jesu Christi und mich in Eure und ihre Liebe und Gunst.

Datum siehe oben (ab 1730: Bin wohnhaft zwischen dem Neiß-Tor.), J. B.

35. Sendbrief an Johann Butowiski, 13.12.1622

Unser Heil im Leben, Jesu Christi!

35.1. Ehrenfester und wohlbenamter Herr, nebst treuer Wünschung göttlichen Heils in heiliger Kraft und aller zeitlichen Wohlfahrt!

35.2. Euer an mich gerichtetes Schreiben um christliche Freundschaft und Ergötzung in göttlicher Erkenntnis, in göttlicher Begierde und wohlmeinender, herzlicher christlicher Liebe habe ich empfangen, und es ist mir lieb und angenehm. Ich freue mich auch darüber, daß Gott hin und wieder noch ein kleines Häuflein seiner Kinder hat, weil ansonsten jetzt die Welt im Argen fast ersoffen und im Zorn-Feuer ergriffen ist, welches bald einen großen Riß in der antichristlichen Christenheit bewirken wird, wie (vom sehenden Geist) erkannt wurde.

35.3. So tut der Mensch gar wohl und recht, welcher sich wahrhaft erkennen lernt, was er sei, welches nicht durch Verstand und scharfes Forschen geschehen kann, sondern im wahren Prozeß Christi in einer wahrhaft gelassenen Seele, die den (eigenwilligen) Verstand und die eigene Klugheit menschlicher Ichheit durch Umkehr des irdischen Weges verläßt und in wahrer Demut unter dem Kreuz Christi in die höchste Einfalt Christi eintritt, wie uns Christus treulich gelehrt hat und sagt: »Es sei denn, daß ihr umkehrt und wie Kinder werdet und neugeboren aus dem Wasser und Heiligen Geist, sonst sollt ihr das Reich Gottes nicht sehen. (Joh. 3.5)«

35.4. Dazu gehört dann eine wahre Gelassenheit und Verlassenheit der menschlichen Ichheit, so daß sich der Mensch ganz in seinen innerlichen Grund wendet und in seiner Ichheit ganz zunichte macht, und sich durch ernste Buße mit inniglicher Begierde von diesem Weltwesen ab und in Gott hineinwendet und seines eigenen Vermögens und Willens im Tod Christi abstirbt und sich in Gottes Erbarmen versenkt. So kann er vom Heiligen Geist in sich selbst im innerlichsten Grund ergriffen werden, so daß dieser durch ihn sieht, will und tut, was Gott gefällt, und der Heilige Geist allein das Forschen in göttlicher Erkenntnis ist und auch das Licht der Seele, in welchem sie Gott schaut und erkennt. Auf keinem anderen Weg kann man zu göttlicher und natürlicher Erkenntnis und Beschaulichkeit gelangen.

35.5. Denn der natürliche Verstandes-Mensch versteht nichts vom (ganzheitlichen) Geheimnis des Reichs Gottes, denn er ist außerhalb und nicht in Gott, wie sich das an den Verstandes-Gelehrten beweist, wenn sie um Gottes Wesen und Willen streiten und ihn doch nicht erkennen, denn sie hören nicht Gottes Wort in sich im inneren Zentrum der Seele.

35.6. Und so ist alles tot an Gott, was nicht die lebendige Stimme und das göttliche Gehör der neuen Geburt im Wesen Christi in sich hat, so daß der Geist Gottes in ihm Zeugnis seines äußeren Hörens und Lehrens gibt. Denn allein in diesem innerlichen Sehen wird Gott erkannt und sein Wesen verstanden, dazu das äußere Buchstaben-Wort nur eine Form und zugerichtetes Instrument ist.

35.7. Der wahre Verstand (bzw. die ganzheitliche Vernunft) muß aus dem innerlichen Grund, aus dem lebendigen Wort Gottes, das im Menschen zuvor eröffnet sein muß, in das Buchstaben-Wort eingehen, so daß es eine Konkordanz (Übereinstimmung) sei. Sonst ist alles Lehren vom göttlichen Wesen ein Nichts, nämlich nur ein Bau an der großen Babel des irdischen Verstandes und Wunder. (ab 1730: Wenn auch die Welt schon viel von Gott spricht, so tut sie das doch nur aus Gewohnheit und nimmt ihr Wissen aus der Historie des buchstäblichen Wortes, so daß kein wahres Wesen bei ihnen ist. Darum, sage ich, wollen wir wahrhaft von Gott sprechen und seinen Willen verstehen, dann müssen seine Worte in lebendiger Wirkung in uns bleiben. Alles, was aus Wahn und Meinung zusammengeflickt wird, in welchem der Mensch die göttliche Erkenntnis selbst nicht hat, um Schlüsse darüber und daraus zu machen, das ist Babel, eine Mutter der großen stolzen Hurerei der Irrtümer. Denn weder Wahn noch Dünkel können es tun, sondern wahrhaftige, lebendige und essentiale Erkenntnis im Heiligen Geist.) In welchem innerlichen Grund alle meine Wissenschaft vom göttlichen und natürlichen Grund seinen Anfang und Ursprung genommen hat.

35.8. Denn ich bin nicht von der Schule dieser Welt geboren, sondern ein einfältiger Mann, aber in göttliche Erkenntnis in hohe natürliche Forschung ohne meinen Vorsatz und Begehren durch Gottes Geist und Willen eingeführt worden.

35.9. Welche Erkenntnisse und Gnadengeschenke ich dann herzlich gern meinen lieben Brüdern und christlichen Mitgliedern im Lebensbaum Jesu Christi gönnen will. Und ich flehe täglich zu Gott, daß doch ihre Herzen im göttlichen Gehör der Vernunft eröffnet werden mögen, damit solche Erkenntnis auch in ihnen erkannt werde und wir aus dem Babel-Streit erlöst und in eine wahre brüderliche Liebe hineingeführt werden können, und in uns hören, was Gottes Wille und Wesen sei.

35.10. Und ich teile dem Herrn mit, daß mir seine Bekanntschaft und gesuchte Freundschaft lieb und angenehm ist, und wünschte auch, mich mit ihm mündlich von göttlichen Sachen zu unterreden und zu erfreuen, welches aus der Ferne nicht besonders gut, aber sich doch wohl zutragen kann. Wie ich mir auch sehr in den Sinn gesetzt habe, wenn der Tag ein wenig länger und man des unsteten Wetters besser abgesichert wäre und Gott Gnade und so viel Friedenszeit vergönnen wollte, mich in eigener Person mündlich mit dem Herrn und anderen guten Brüdern und Freunden an diesen Orten zu bereden. Dann wollte ich dem Herrn auf seine angesprochenen Punkte mündlich antworten und mich mit ihm darüber im Grunde bereden, welches jetzt in der Eile nicht geschehen kann. Damit empfehle ich den Herrn samt den lieben Seinigen der sanften Liebe Jesu Christi.

Datum siehe oben, J. B.

36. Sendbrief an Balthasar Nitsch, 13.12.1622

An Herrn Balthasar Nitsch, Bürger und Tuchmacher zu Troppau, vom 13. Dezember 1622

Unser Heil im Leben, Jesu Christi!

36.1. Mein gar lieber und werter Herr und guter Freund, ich wünsche Euch Gottes reiche Gnade im zeitlichen und ewigen Heil und gebe Euch zu wissen, daß ich euer Brieflein gar wohl empfangen habe, erfreue mich auch Eures immer noch steten göttlichen Gemüts, welches, wie ich zu Gott hoffe, in göttlicher Erkenntnis immer weiter wachsen und zunehmen wird, darin der Herr in das Bündlein des lebendigen Gottes gefaßt und vor der großen Trübsal, welche jetzt daherkommt, bewahrt werden kann.

36.2. Es will Zeit und Ernst sein, sich jetzt im Lebensbaum Jesu Christi zu bewahren, denn das Schwert des göttlichen Zorns wird mächtig grassieren und an Leib und Seele gesetzt werden. Darum wir wohl den Antichrist samt dem Tier und der Hure aus dem Herzen räumen mögen, denn diese sollen und müssen fallen. In wem sie aber noch gefunden werden, den wird die Verwirrung mitreißen.

Eure Handschuhe wollte ich euch alle abgekauft haben, wenn ich derer vor dem Winter hätte habhaft werden können. Habe aber bis dahin keine Zeit zum Reisen gehabt, wegen meiner steten Übung in meinem Talent. Ich wüßte auch nicht, sie ohne große Unkosten hierherzubringen. Habe auch vermeint, sie wären schon verkauft. (Dieser Absatz wurde aus den „Ungedruckten Briefteilen“ hinzugefügt. Quelle: Gerhard Wehr, Sendbriefe, 1979)

36.3. Ich habe es mir in den Sinn gefaßt, wenn es Gott zulassen und soviel Frieden geben wollte, Euch künftigen Frühling in eigener Person zu sehen und mich mit Euch etwas bequemer über alle Notdürftigkeit zu unterhalten, sowie mit den anderen guten Freunden und Brüdern in Christus. Doch ich erinnere Euch treulich, Euch auf die Drangsal (Tribulation) vorzubereiten, denn es kann nicht anders sein. Sie ist nahe und kommt gewaltig in der großen Verwirrung (Turba magna) daher. Denn diese teure Zeit will noch größer und in große Not geführt werden, und so sollte sich ein jeder zum Ernst schicken. Großer Krieg, Aufruhr und Empörung, auch Sterbensnot fällt in kurzem mit Macht herein. Das sage ich dem Herrn in meiner Erkenntnis zur brüderlichen Nachricht.

36.4. Wenn Euch etwas von meinen Schriften zu lesen beliebt, dann wollt nur bei Herrn Doktor Güller darum anhalten. Ich habe ihm eurethalben geschrieben, und er wird Euch damit dienen. Ich empfehle Euch der sanften Liebe Jesu Christi!

Gegeben in Eile, siehe oben, Euer dienstwilliger J. B.

73. Sendbrief an Karl von Ender, 1622

(Die Briefe 67-74 stammen aus der Ausgabe von 1730 und wurden dort speziell als Zugabe ausgewiesen. Wir haben versucht, diese Briefe zur besseren Lesbarkeit in die zeitliche Abfolge einzuordnen, aber die ursprüngliche Numerierung aus den Ausgaben von 1682 und 1730 beibehalten.)

Unser Heil im Leben, Jesu Christi.

73.1. Mein lieber und werter Herr! Ich wünsche Euch viel Freude und Kraft göttlicher Beschaulichkeit und menschlicher Einigkeit nebst zeitlicher Wohlfahrt, und möchte gerne wissen, ob Herr Michael Ender die bewußten Sachen wegen des Pakets und des Summariums über Moses zu Händen geschickt wurden, und ob es unter der Feder sei. Denn es wird mächtig von vornehmen gelehrten Leuten begehrt, so daß es Nutzen schaffen könne.

73.2. Ich bitte, falls es Gelegenheit dazu gibt, ihn doch zu erinnern, daß er das mit dem Nachschreiben fördere. Denn es sind schon 27 neue Bögen dazu verfertigt, und so scheint, Gott Lob, die Sonne sehr hell und wirkt in göttlicher Erkenntnis Frucht. Und so wird jetzt ein solches offenbar, davon sich manche durstige Seele erquicken wird. Ob es Herr Michael empfangen habe oder ob es beim Junker nachgeschrieben werde, wäre mir lieb zu wissen.

73.3. Es bittet meine Frau, sofern der Junker noch etwas an Käse zu verkaufen hätte, ihr doch etwa drei Schock oder was vorhanden ist, für Geld zu überlassen. Auch wäre mir wohl lieb, wenn mir der Junker einen Sack Rüben für Geld zukommen lassen wollte, denn man kann hier fast nichts mehr für Geld bekommen. So bin ich kürzlich bei einem Rübenfeld des Junkers vorbeigegangen, das Gott wohl gesegnet hatte, davon ich dem Junker eine abborgte, welche mir sehr gut erschien.

73.4. So täte mir der Junker einen Dienst, wenn er mir für Geld einen Sack überlassen wollte, während ich mein Talent erbauen könnte, weil den Armen die Zeit oft sehr bekümmert ist und ich jetzt fast alle meine Zeit in Diensten für meine Brüder zubringe, denen ich auch herzlich gern mitteile, was in meinem (geistigen) Gärtlein wächst, und meine Perle jetzt mit großem Fleiß suche, um damit meinen Brüdern zu dienen.

73.5. Ich empfehle den Junker der Liebe Jesu Christi und mich in seine Gunst. Frau Rosine, des Junkers Schwester, bitte ich zu grüßen, wie auch die Mitschwestern im Herrn.

Des Junkers dienstwilliger J. B.

74. Sendbrief an Karl von Ender, 1622

Unser Heil in Christus!

Ich erfreue mich des Junkers geneigten Willens mir gegenüber, daß ich ihn noch zu einem lieben Patron haben kann. Und sage ihm großen Dank wegen der Karpfen, auch des großen Vorteils und dem Nachlaß am Korn. Hoffe zu Gott, er werde es mit reichem Segen an Leib, Seele und allem Zeitlichen erstatten, wie ich dann auch seiner Seele Gehilfe und treuer Mitwirker zu Gottes Gnade sein will, wie ein Glied dem anderen zu Recht schuldig ist. J. B.

37. Sendbrief an Karl von Ender

Unser Heil im Leben, Jesu Christi!

Mein gar lieber und werter Herr und von Gott zugefügter Patron, nebst Wünschung göttlichen Heils! Ich übersende hiermit durch die Botin meiner Frau dem Junker 10 Thaler für einen Scheffel Korn, weiß aber nicht, was der Junker dafür begehrt, und bitte es der Botin zu melden, was der Junker dafür haben will. Ich bedanke mich auch beim Junker wegen der Verehrung (des Geschenks) eines Schocks Käse und eines Fasses voller Rüben. Für die anderen zwei Schock habe ich der Anne drei Mark geschickt, wie begehrt wurde. Ich hoffe, sie wird es empfangen und dem Junker zugestellt haben. Und ich wünsche dem Junker viel reichen Segen von Gott, und erkenne ihn als meinen mir von Gott zugesandten Patron, dem ich vor Gott wieder so viel schuldig bin wie meiner eigenen Seele. Und ich will es auch in göttlicher Vermögenheit und wirklicher Kraft in meinem Willen und Begehren stetig wie mein eigenes Leben in meinem Gebet zu Gott führen und es nicht als ein undankbarer Mensch gebrauchen, sondern es soll zu Unterhaltung des Lebens im Bau meines mir von Gott gegebenen Talents angewendet werden. In welcher Arbeit mir jetzt eine sehr wunderliche Tür über die Offenbarung des ersten Buches von Moses offensteht („Das Mysterium Magnum“, 1623). Und obwohl ich weiß, daß der Junker einen geneigten Willen zu mir und allen Kindern Gottes trägt, sage ich ihm doch, wie ich gewiß erkannt habe, mir aber nicht ganz zu offenbaren zusteht, daß ihn ein solches im Künftigen nicht gereuen wird. Denn ihm wird bei unseren Nachkömmlingen dafür nicht allein zeitlicher Ruhm, sondern wie man frommen gottesfürchtigen Herren nachsagt, gerühmt werden. Denn dieses Talent hat einen gar wunderlichen Ausgang. Auch wenn es jetzt in der Presse stehen muß, so ist mir doch gezeigt, wozu es dienen soll. Ich empfehle den Junker der Liebe Jesu Christi.

Des Junkers dienstwilliger Teutonicus.

38. Sendbrief an einen Adeligen in Schlesien, 19.2.1623

Unser Heil im Leben, Jesus Christus in uns!

38.1. Edler, gestrenger und hochbenamter Herr, nebst treuer Wünschung und mitwirkender Begierde und brüderlicher Pflicht in unserem Emanuel sowie des göttlichen Lichtes und der Seele in sich selbst innerlicher göttlicher Beschaulichkeit und aller Wohlfahrt des Leibes.

38.2. Nachdem ich Euch als einen Liebhaber göttlicher Weisheit und auch einen wachsenden Zweig am Lebensbaum Gottes in Christus erkannt habe, in welchem alle Kinder Gottes wie Zweige stehen, und auch spüren konnte, wie ihn der Zug des Vaters in eine hungrige Begierde nach dem wahren Saft und der göttlichen Kraft geführt und ihn auch etlicher maßen mit der Erkenntnis dieses Lebensbaumes begabt hat.

38.3. So habe ich mir abermals Ursache genommen, in christlicher und brüderlicher Art nach diesem Lebensbaum Christi zu ersuchen und uns untereinander als Arbeiter zu ermahnen, die in Christi Weinberg eingesetzt und zu dieser Arbeit berufen sind. Vor allem, daß wir uns jetzt in diesem finsteren Tal wohl vorsehen und unsere Augen und das Haupt erheben, damit wir die Finsternis und deren Wirkung vor Augen sehen und uns erinnern, wie uns Christus gelehrt hat, daß unsere Erlösung nahe sei, und daß wir ja von Babel, welche uns lange gefangengehalten hat, ausgehen und nicht auf das Geschrei hören, mit welchem man uns goldene Gnadenmäntel verheißt und umdeckt und uns mit fremdem Schein tröstet und kitzelt, als ob wir von außen angenommene Gnadenkinder durch besondere Wahl wären.

38.4. Und auch nicht auf unser eigenes Verdienst und die eigene Kraft sehen, welches vor Gott alles nicht gilt. Sondern nur eine neue Kreatur in Christus aus Gott geboren, gilt vor Gott. Denn allein Christus ist die Gnade, die vor Gott gilt. Wer nun aus Christus geboren ist und in ihm lebt und wandelt und ihn selbst in seinem Leiden, Sterben und Auferstehen nach seinem innerlichen Menschen anzieht, der ist ein Glied an seinem Leib, von dem allein Ströme des lebendigen Wassers durch das kräftige Wort Christi fließen, welches in ihm nach dem inneren Grund Mensch wird und sich aus ihm durch die Kreatur im Weltgeist (Spiritus Mundi) des äußeren Menschen ausspricht.

38.5. Denn wie Gott das große Mysterium, darin die ganze Schöpfung in essentieller Art ohne Formung lag, durch die Kraft seines Wortes offenbart und durch das große Mysterium in die Unterschiedlichkeit der geistigen Formungen ausgesprochen hat, in welchen geistigen Formungen die Wahrnehmung (Scienz) der Kräfte in der Begierde des Schöpfens entstanden, darin sich dann eine jede Wahrnehmung in der Begierde zur Offenbarung in ein körperlich leibliches Wesen hineingeführt hat:

38.6. So liegt auch im Menschen als im Bild oder Gleichnis Gottes dieses große Mysterium als das essentielle Wort der Kraft Gottes nach Ewigkeit und Zeit, durch welches Mysterium sich das lebendige Wort Gottes ausspricht, entweder in Liebe oder Zorn oder in der Phantasie, alles je nachdem, wie das menschliche Mysterium in einer beweglichen Begierde zum Bösen oder zum Guten steht, wie auch die Schrift sagt: »Bei den Heiligen bist du heilig, und bei den Verkehrten bist du verkehrt.« Oder: »Welch ein Volk es ist, so einen Gott hat es auch.« Denn in welcher Eigenschaft das Mysterium im Menschen in der Erweckung steht, ein solches Wort spricht sich auch aus seinen Kräften aus, wie vor Augen ist, daß in den Gottlosen nur Eitelkeit ausgesprochen wird.

38.7. Wie könnte auch ein gutes Aussprechen und Wollen sein, wenn das Mysterium zum Aussprechen ein falscher Grund und vom Teufel im Grimm der Natur vergiftet ist, welches falsche Mysterium nichts Gutes wollen noch tun kann, was vor Gott angenehm wäre, es werde denn zuvor mit Gott angezündet, so daß es ein göttliches Wollen und Begehren bekomme, aus welchem dann ein göttliches Aussprechen und Wirken des Guten erfolgt. Denn Christus sagt: »Ein bösartiger Baum kann keine guten Früchte tragen. (Matth. 7.18)« Wie könnte dann jemand gute Früchte tragen, in dem ein falscher Baum unter fremdem Schein steht?

38.8. Der Purpurmantel Christi hat seine Früchte in sich. Was geht das aber ein falsches Tier an, welches voller Gift ist und sich mit diesem Mantel verdecken und für gut halten will, aber nur höllische Früchte bringt? Oder was rühmt sich der Mund-Christ einen Christen, wenn er doch nicht in Christus lebt, wandelt und ist?

38.9. Keiner ist ein Christ, er sei denn aufs neue mit dem Geist Christi tingiert (mit der heilsamen Tinktur) und aus Christi Liebe entsprossen, so daß die Gnade Gottes in Christus im Mysterium seines Lebens nach der Seele offenbar sei und im Menschenleben mitwirke und wolle. Soll er aber ein solcher werden, dann muß er von seiner Bildlichkeit im Weltgeist, davon die Seele verdeckt wird und in irdische Wirkung tritt, umkehren und wie ein Kind werden, das sich allein nach der Mutter sehnt, und die Milch der Gnadenmutter in sich hineinführen, daraus ihm ein neues Sein (Ens) wächst, in welchem das Gnadenleben entsteht. Die zugerechnete Gnade muß in ihm geboren und nach dem inneren Grund Mensch werden, sonst ist er kein Christ, er glänze, heuchle und tue, was er wolle. Nur so können ihm seine Sünden durch das göttliche Einsprechen in ihm selbst vergeben werden.

38.10. Denn wenn Christus im eingesprochenen Gnadenwort, das die Seele aus seiner Verheißung in sich einfaßt, empfangen wird, dann wird im verdorbenen Mysterium der Grund zum Kind Gottes gelegt, und so beginnt die göttliche Schwängerung, dadurch Christi Menschheit (als die wesentliche Weisheit) empfangen und geboren wird, welche allein ein Tempel des Heiligen Geistes ist. Und von dieser neuen Geburt ißt die feurige Seele Gottes Brot, das vom Himmel kommt, denn ohne das hat der Mensch kein Leben in sich. (Joh. 6.53) Welches kein Heuchler unter Christi Purpurmantel genießen kann, sondern nur der Mensch, der nicht von Fleisch und Blut noch vom Willen eines Mannes, sondern von Gott neu geboren ist, in welchem Gottes Wort, daraus der erste Mensch geschaffen wurde, spricht, regiert, lebt und will.

38.11. Denn das Leben der Menschen war im Anfang im Wort (Joh. 1.4) als es in das geschaffene Bild eingeblasen wurde. Aber als sich dieses vom Sprechen des Wortes in ein eigenes Wollen und Sprechen im Bösen und Guten hineinwendete, also in eigene Lust, da verdarb der erste gute Wille in der Kreatur zum Wiederaussprechen. So muß er nun wieder in das erste sprechende Wort eingehen und mit Gott sprechen, oder er ist ewig ohne Gott, welches die jetzige Welt nicht verstehen kann noch will. Denn sie hat sich ganz und gar in ein eigenes Sprechen zur Wollust des Fleisches hineingewandt und spricht in eigenem Willen nur eitle Irdischkeit und vergängliche Dinge für Ehre, Macht und Gewalt aus, dazu mit Stolz, Geiz, Neid und Bosheit. Damit spricht sie nichts anderes aus, als nur die listige Schlange mit ihren Jungen. Und wenn diese ihre Jungen das mit List nicht erlangen können, was der eigene Wille will, dann spricht sie aus listiger Bosheit mit dem Geld durch ihre eigene Gewalt viele tausend Soldaten aus, die es erlangen sollen, damit der eigene Wille, welcher von Gott abgewichen ist, Recht behalten möge, wie jetzt vor Augen steht: Durch welches Aussprechen auch dieser eigene Wille zugrunde geht und sich selber tötet.

38.12. So wollte ich Euch, meinem lieben Herrn und Mitbruder im Lebensbaum Christi, ernstlich ersuchen und erinnern - wie es ein Glied dem anderen schuldig ist und es im jetzigen Aussprechen der Welt, darin die großer Verwirrung ihr Aussprechen mit im Spiel hat und eine große Abwerfung geschehen soll -, Euch in stetigem innerlichen Sprechen der Barmherzigkeit Gottes zu halten und stets in Euren innerlichen Grund einzugehen und Euch mitnichten von der Schlange zum falschen Sprechen des Brudermordes bereden zu lassen, sondern Euch als vornehmer Herr stets im Prozeß Christi und in seiner Lehre bespiegeln. Denn das jetzige Sprechen wird im Grimm Gottes durch seinen erweckten Zorn ausgesprochen, und es ist übel, sich durch Einsprechen dahinein zu mengen, zumal, wenn die Verwirrung ausgesprochen werden soll, dann ist sie ganz untreu und frißt ihren eigenen Vater und die Mutter, die sie geboren hat, und ist wie ein Besen des Zorns Gottes.

38.13. Auch bei der Annahme der vermeintlichen Religionen, um die man streitet, ist sich wohl vorzusehen und sich nicht etwa einem Teil, welcher einmal siegt, mit dem Gewissen des Glaubens anzueignen. Denn es gibt keinen anderen wahren Glauben, der selig macht, als allein Christus in uns. Nur der tilgt die Sünde in uns und zertritt der Schlangen-Einbildung den Kopf in uns, und steht in Gottes Gerechtigkeit, die er mit seinem Blut in uns erfüllt, vom Schlaf des Todes auf. So muß Christus in unserer armen Seele vom Tod auferstehen, nämlich in einer neuen Menschheit, welche mit und in Christus im Himmel wandelt und wohnt, so daß in diesem neuen Menschen der Himmel ist, daraus das Werk der Liebe folgt, wie Gottes Kindern gebührt.

38.14. Und obwohl der äußere Mensch noch in irdischer Schwachheit und Gebrechen lebt, das hebt den Tempel Jesu Christi nicht auf. Denn Christus im innerlichen Grund zertritt stets der Schlange im Fleisch den Kopf. Und so muß auch Christus stets von der Schlange in die Ferse gestochen werden, bis wir dieses Tier loswerden

38.15. So wollte ich meinen lieben Herrn christbrüderlich erinnern, diese jetzige Zeit in wahrer Furcht Gottes in acht zu nehmen. Will er meinem Wohlmeinen stattgeben, dann wird es ihn nimmer gereuen, denn ich rede das, was mir vom Höchsten aus seiner Gnade bewußt ist. Er wolle dem fleißig nachdenken und den Geist Gottes sein Denken sein lassen.

38.16. Denn es wird bald eine Zeit kommen, daß gute Freunde versucht und geprüft werden, damit wir in Christus beständig bleiben mögen. Dazu wollte ich mich mit dem Herrn in Liebe ermahnen, denn bald danach kommt auch die Zeit der Erquickung, daß treue Menschen einander liebhaben werden, nach welcher Liebe mich stets hungert und dürstet. So daß ich stets wünsche, daß doch Babel bald ein Ende nehme und Christus in Josaphats Tal komme, so daß ihn alle Völker sehen und loben mögen.

38.17. Schließlich noch eine Bitte: Der Herr wolle mir doch meine drei Traktätlein „Von der Buße“, „Von der neuen Geburt“ und drittens „Von wahrer Gelassenheit“, welche ich jüngst dem Herrn mitgegeben und den Rest mit Herrn Rudolf geschickt habe, zu Herrn Rudolf von Gersdorff zurückschicken. Denn ich habe ihm geschrieben, daß er mir diese nach Sagan zu Herrn Christian Bernhard schicken wird, wo ich sie abfordern lassen will. Oder wenn der Herr eine Angelegenheit in Sagan hätte, dann kann er mir diese auch selber zu Herrn Christian Bernhard schicken, der auf dem Markt wohnt, welcher zuvor für ein Jahr Zolleinnehmer gewesen war, ein junger Geselle aus der theosophischen Schule. Von da habe ich alle Wochen zufällige Botschaft. Denn diese Traktätlein werden sehr oft von Liebhabern begehrt und könnten viel Nutzen schaffen. Deshalb bitte ich, sie möglichst bald zu schicken, denn mir ist sehr daran gelegen. Wenn es dann des Herrn Gelegenheit ist, daß er Muße zum Studieren hat, dann will ich ihm etwas viel Höheres schicken, denn diesen Herbst und Winter habe ich ohne Unterlaß geschrieben. Damit empfehle ich den Herrn der Liebe Jesu Christi in seine Gnadenbewahrung.

Datum siehe oben, Euer dienstwilliger Teutonicus.

39. Sendbrief an Dr. Friedrich Krause, 1623

An Herrn Friedrich Krause, Doktor der Medizin zu Liegnitz, Anno 1623.

Unser Heil im Leben, Jesus Christus in uns!

39.1. Ehrenfeste, achtbare und hochgelehrte liebe Herren und Brüder in Christus, unserem Einigen Leben! Ich wünsche euch allen ein glückseliges anfangendes neues Jahr, daß es in göttlichem Willen und im Zug des Vaters zu Christus in euch angefangen möge und in wirklicher Kraft des Geistes Christi in seinem Weinberg in dieser Zeit vollendet werde, und daß in diesem Jahr viele Trauben in Christi Gärtlein in euch wachsen, auch daß euch Gott in dem Bündlein seiner Lebendigen in diesem Jahr, in dem die Konstellation seines Zorns das Schwert führt, bewahren wolle! Wie ich auch nicht zweifle, daß ihr euch als wirkende Reben am Weinstock Christi mit guter, neuer und himmlischer Frucht zeigen werdet.

39.2. Denn auch die Pforte der Gnade und Erkenntnis steht in einer besonderen Bewegung, so daß Christi Kinder zu einer großen Ernte kommen können, wenn sie nur arbeiten werden und nicht faulenzen und im antichristlichen Schlaf müßig stehen, wie mir aus Gnade des Höchsten zu erkennen gegeben worden ist.

39.3. Ich hätte euch auf dem letzten Rückweg gern wieder zugesprochen, aber ich wurde durch Gottes Schickung einen anderen Weg geführt, deshalb soll es andermal geschehen, wenn es sich fügt, daß ich durchreise.

39.4. Ich erinnere mich noch unseres Gesprächs, als wir beieinander waren, daß viele Dinge in Frage gestellt wurden, welche mündlich in Eile und auch wegen der vielen Einwürfe, welche Verwirrung machen, nicht wie nötig ausgeführt worden.

39.5. Ich habe jetzt ein passendes Buch „Von der Gnadenwahl“ auf Begehren der hohen Personen geschrieben, bei denen ich mich über die Weihnachtstage aufhielt, als ich von euch schied, wo dann etliche Hochgelehrte von Jauer und Striega (Striegau) neben gar feinen Männern vom Adel dabei waren. In diesem Buch sind all die Fragen und noch viel mehr im tiefsten Grund ausgeführt worden.

39.6. So hoffe ich, sie wollen des vielen Streitens ein Ende machen, besonders an den Punkten zwischen den genannten Lutherischen und Reformierten und anderen Streitigkeiten mehr, weil ihnen allen der wahre Grund vor Augen gestellt wurde und einen jeden seiner Meinung Genüge geschehen ist, sie auch als zwei Gegensätze ganz in einem Körper vereint wurden, zumindest, wer das vor des Teufels Gift wegen der irdischen Einbildung sehen und erkennen kann. Wie ich auch nicht zweifle, daß die Zeit geboren ist, daß der Streit in eine Wahrheit gewandelt werden soll.

39.7. Und das auch, weil bei den wahren Christen und Kindern Gottes unter allen Völkern noch nie ein Streit gewesen war, denn in Christus sind wir alle nur ein Einiger Baum mit vielen Ästen und Zweigen.

39.8. Der Streit ist daraus entstanden, weil die Welt in eigene Lust geraten ist und sich von Christus, ihrem Stamm, in dem ein Christ steht, in Bilder und Fragen hineingewendet hat.

39.9. Aus welchen Fragen die Streitigkeiten entstanden, weil sich des Teufels überheblicher Stolz in die Fragen eingewickelt und dem Menschen eingebildet hat, so daß sie um Bilder stritten und sich darin erhoben und die Demut Christi ganz vergaßen, darin wir in Christus unserer bösartigen Natur durch Demut absterben sollen. So daß wir jetzt vielmehr eine Larve (persönliche Maske) eines Bildes sind als eine lebendige Christenheit im Geist und in der Kraft.

39.10. Denn ein Christ soll und muß in Christi Baum im Gewächs des Lebens Christi mit stehen und in Christi Geist mit leben und Früchte tragen, darin Christus nach dem innerlichen Grund selbst lebt und alles ist, und dem Willen der Schlange im Fleisch stets den Kopf zertritt und des Teufels Werk zunichte macht. Er muß aus Christus wissen, wollen und tun. So muß er im Tun in das göttliche Wirken kommen, anders ist keiner ein Christ.

39.11. Christus muß den inneren Grund der Seele ganz einnehmen und besitzen, so daß der strengen Gerechtigkeit Gottes, die uns im Zorn gefangenhält, mit Christi Liebe-Erfüllung Genüge geschehe und Christus in uns Gottes Zorn mit der Liebe erfülle und des Teufels Willen töte, auch der Natur im Grimm Gottes ihren Willen ganz zunichte mache, so daß er in Christi Liebe sterbe und ein neuer Wille in Christi Liebe-Geist durch die Natur der Seele geboren werde, welcher in Gott lebt und wandelt, wie St. Paulus sagt: »Unser Wandel ist im Himmel. (Phil. 3.20)«

39.12. Das Mund-Geschwätze hilft uns nichts. Es macht keinen Christen. Ein Christ muß ganz aus Christus geboren sein, sonst ist er kein Christ, und hier hilft keine von außen zugerechnete Gerechtigkeit und Gnade.

39.13. Alles Trösten, Kitzeln und Heucheln ist umsonst, darin man den Purpurmantel Christi über den Menschen der Bosheit deckt und ein von außen angenommenes Gnadenkind sein will.

39.14. Denn keine Hure oder Geschwängerte kann Jungfrau werden, auch wenn sie ein jungfräuliches Kränzlein aufsetzt. Und so kann sie auch kein Fürst durch Begnadigung zur Jungfrau machen.

39.15. So ist es auch mit diesem Heucheln und Trösten zu verstehen. Es sei denn, daß wir umkehren und wie Kinder werden, die an der Mutterbrust hängen und das Sein Christi in uns empfangen, der die Hure tötet, so daß ein neuer Geist aus Christus in uns geboren werde, welcher Christi Leiden und Tod in sich hat, und daß er aus seiner Auferstehung geboren werde und den ganzen Prozeß Christi in sich anzieht als die zugerechnete Gnade in Christus.

39.16. Aus dieser Gnade muß er geboren werden, damit er ein Christ in Christus sei, wie ein Zweig im Baum, welcher Christus ist. Denn nur dann gilt Christi Verdienst und die zugerechnete Gnade, wenn er nach dem inneren Grund in diesem Baum steht.

39.17. Eure Fragen, mein lieber Herr Friedrich, bedürften eine weitläufige Erklärung, und ich habe sie alle im Traktat über die Genesis ausführlich erklärt. Und ihr werdet Christi Augen und Sehen bekommen, und dann wird es in so geringen Dingen, welche zwar dem Verstand zu hoch, aber in Christus nur kindisch sind, keiner Fragen mehr bedürfen. Ich erkläre Euch aber in summarischer Kürze:

39.18. Erstlich den Artikel von der Schlange, welche nach dem Fluch Erde essen und auf dem Bauche kriechen mußte, so daß ihre Form so wurde. Aber ihr Körper und Geist in der feurigen Wahrnehmung (Scienz) vom Grund der Natur war nicht so böse gewesen, wie nach dem Fluch.

39.19. Denn es waren beide Tinkturen des Guten und Bösen vom Ursprung des ersten und zweiten Prinzips in ihr offenbar. Darum war sie so listig, so daß die Natur den Grund der ganzen Schöpfung in ihrem Zentrum in den Tinkturen schauen konnte.

39.20. Sie war in ihrem Grund vor dem kreatürlichen Ursprung, bevor sie im großen Mysterium in eine Unterschiedlichkeit zu einer Kreatur einzog, ein schönes Sein (Ens) mit großer Kraft und Tugend gewesen.

39.21. Aber des Teufels Imagination, der als ein Thronfürst im Grund der Natur in großer Macht saß, hat dieses Sein vergiftet, das sich in der Unterscheidung in eine Schlange formierte. Und darum gebrauchte er sie auch zu seinem Werkzeug durch ihre List und ihr Gift, darin auch die mächtigste Kraft lag, um Eva monströs (tierisch) zu machen.

39.22. Ihr als Mediziner werdet ohne Zweifel wohl auch der Schlange Heimlichkeit kennen, was sie unter ihrem Gift verborgen trägt. Wenn man das ihr nimmt und recht probiert, dann habt ihr eine Tinktur von Gift, wie keine dergleichen sein kann.

39.23. Sie war im Sein des großen Mysteriums vor ihrer Kreatur eine Jungfrau. Aber im Fluch wurde sie eine Hure, magisch verstanden.

39.24. Sie sah in sich den Grund der inneren und äußeren Welt. Darum mußte einer aus der inneren und äußeren Welt kommen und ihr Monstrum töten, das sie in Eva hineingebracht hat. Davon wohl ein ganzes Buch zu schreiben wäre, was des Teufels Begierde durch sie bewirkt habe.

39.25. Als sie aber das Bild Gottes betrügen half, da verfluchte sie Gott, daß sie am inneren Grund blind wurde, und so wurde sie auch in den vier Elementen ganz offenbar. Denn so fiel sie der Erde anheim, daraus der Körper gekommen war, und damit auch dem Grimm der Erde. Das gute Sein (Ens) kann sie nun nicht mehr erreichen, wie auch andere Tiere. Darum muß sie auch Erde essen, als die Eigenschaft des Fluchs in der Erde.

39.26. Sie war ein fliegender Wurm gewesen, sonst hätte ihr die Natur Füße gemacht wie anderen Würmern der Erde. Und diese Behendigkeit und List hat Eva lüstern gemacht.

39.27. Der zweite Punkt vom Paradies und dem Garten Eden: Das Paradies war die Ausgeglichenheit im Menschen, als er nicht wußte, was böse und gut war, weil das göttliche (ganzheitliche) Licht durch die Natur schien und alles ausglich, denn dieses Paradies wird in Christus nach dem inneren Grund in uns wieder offenbar.

39.28. Weil aber Gott sah und wußte, daß er fallen würde, so grünte das Paradies nicht in der ganzen Welt durch die Erde mit Früchten, auch wenn es überall offenbar war, sondern nur im Garten Eden, wo Adam versucht war. Denn das ist der Ort, aber das Paradies ist die Qualität als das Leben Gottes in der Gleichheit.

39.29. Der dritte Punkt: Ob die Tiere, während sie im Paradies waren, dazu ganz irdisch, auch paradiesische Früchte gegessen haben? Mein lieber Herr Friedrich, ein jeder Geist ißt von seiner Mutter. Daraus die Tiere waren, daraus aßen sie auch. Wie die Quintessenz der Erde im irdischen Weltgeist (Spiritu mundi) der Tiere tiefster Grund und noch lange nicht dem Menschen gleich war, so aßen sie von ihrer Mutter, nämlich der Geist vom irdischen Weltgeist, und der Leib von den vier Elementen.

39.30. Gott wußte wohl, daß der Mensch fallen würde. Was sollte dann den Tieren das Paradies-Essen? Trotzdem liegt in der Quintessenz eine paradiesische Eigenschaft, davon sie noch heute essen. Denn in jedem Tier ist auch eine Kraft, die unzerbrechlich ist, welche der Weltgeist zur Entscheidung des letzten Gerichts in sich zieht.

39.31. Der vierte Punkt: Ob die Tiere auch so zottig gewesen waren? Mein lieber Herr Friedrich, das Kleid, das Adam vor dem Fluch hatte, als er noch nackt war, das stand ihm sehr schön, wie auch den Tieren ihr rauhes Fell. Aber im Fluch hatte sich alles in den Tieren und Gewächsen der Erde in ein Monstrum gewandelt. Sie haben wohl ihr Kleid so gehabt, aber viel herrlicher in Farbe und Zierde aus der reinen Tinktur.

39.32. Und bitte schaut mit Christi Augen durch diese Fragen hindurch in das große Mysterium, in dem alle Schätze der Weisheit verinnerlicht liegen, dann werdet ihr es besser im Verstand sehen, als ich Euch so eilend und kurz schreiben kann. Damit empfehle ich Euch der Liebe Jesu Christi.

Euer dienstwilliger J. B.

40. Sendbrief an Dr. Friedrich Krause, 19.1.1623

Unser Heil im Leben, Jesus Christus in uns!

40.1. Mein vielgeliebter Herr Doktor, christlich treuer und wahrer Freund! Ich wünsche Euch in treuer und wahrhaft mitwirkender Liebe-Begierde Gottes Licht und wirkliche Kraft in unserem Lebensbaum Jesu Christi, nebst aller leiblichen Wohlfahrt samt all den Eurigen und denen, die Jesus begehren und liebhaben.

40.2. Auf Euer und dann Herrn Balthasar Tilkes Begehren habe ich mir die aufgezeichneten Sprüche vorgenommen, welche Herr Balthasar Tilke in seinem mir von Euch übergebenen Schreiben aufgezeichnet hat, darin ich ermahnt wurde, solche in christlicher Liebe nach meinen Gaben und Verstand zu erklären, besonders die Epistel von St. Paulus an die Römer im 9., 10. und 11. Kapitel, in denen der Verstand Anstoß nimmt. Welches ich nicht allein mit Erklären der angedeuteten Schriftsprüche gern und willig in christlicher Pflicht und Wohlmeinen getan habe, sondern auch den wahren Grund göttlicher Offenbarung dermaßen dargetan und beschrieben, daß ich der Hoffnung bin, man wird die Wahrheit sehen.

40.3. Ist aber ein Gemüt vorhanden, das göttlich gesinnt ist und Gott die Ehre geben mag, dann hoffe ich, daß es nach meinem Begriff und nicht anders gedeutet werden wird, wie mir früher geschehen ist. Welches ich an seinem Ort belasse und christliche Liebe demselben vorsetze, wie wir in Christus schuldig sind, einander in unseren unterschiedlichen Gaben freundlich zu unterweisen und darin Gott die Ehre zu geben und niemanden in göttlichen Gaben zu verachten. Denn wer das tut, der lästert den Heiligen Geist, über welchen die Schrift eine harte und strenge Sentenz spricht: »Wer aber den Heiligen Geist lästert, der hat keine Vergebung ewiglich, sondern ist schuldig des ewigen Gerichts. (Mark. 3.29)«

40.4. Wenn nun auch dieses Traktat „Von der Gnadenwahl“ etwas weitläufig ist, daran möge der Leser keinen Verdruß nehmen. Denn es erschien mir zu schwer, daß ich eine solche Schrift ohne genügenden Grund prüfen und erklären sollte. So habe ich die angedeuteten Sprüche auf den allerinnerlichsten Grund gesetzt, und gewiesen, wie sie in ihrem Zentrum entstehen und was deren Sinn und Verstand sei. Denn es ist nicht genug, daß ich einen ganzen Haufen Sprüche der Schrift dagegensetze und den herangezogenen widerspreche. Nein, nein, das gilt nicht vor Gott und der Wahrheit, denn es soll nicht ein Tüpfelchen oder Buchstabe des Gesetzes vergehen, bis alles erfüllt werde, sagt Christus (Luk. 16.17). Die Sprüche der Schrift müssen wahr bleiben und nicht gegeneinander anstoßen. Und wenn sie auch gegensätzlich erscheinen, so doch nur bei jenen, denen die Vernunft nicht gegeben ist und sie zur Erklärung derselben nicht begabt worden sind.

40.5. Wer sich aber darüber hermachen will, diese zu erklären, der muß auch die (ganzheitliche) Vernunft der Einigung haben, so daß er fähig ist, die dem Verstand gegensätzlich erscheinenden Sprüche in Übereinstimmung zu bringen, und solches nicht auf einen Wahn zu bauen, als ob es so sei, wenn er gewiß davon lehren will.

40.6. Denn aus Wähnen (oder Meinung) kommt nur Streit, und darauf steht die große Babylon als die geistige Hurerei des überheblichen Stolzes, darin einer ein Apostel sein will, aber nicht von Gott gesandt noch erkannt worden ist, sondern nur im Wahn und Trieb des irdischen Weltgeistes (Spiritus Mundi) läuft.

40.7. Und obwohl mancher im Zug des Vaters läuft: Wenn ihm aber das wahre Licht des ewigen Lebens im Wort der göttlichen Essenz als ein Aussprechen des heiligen und natürlichen Wortes in seiner Unterschiedlichkeit, daraus die Schöpfung entstanden ist und auch Böses und Gutes seinen Ursprung hat, nicht scheint, dann wird er noch lange nicht die vermeinten Gegensätze der Sprüche der Schrift einigen und aus Einem Zentrum aussprechen können, so daß ihnen in der Einigung kein einziges Tüpfelchen abgeht.

40.8. Welches ich weder Herrn Balthasar Tilke noch jemand anderen zum Verdruß erkläre, sondern nur wegen der schon langwährenden Uneinigkeit des Verstandes, durch den die Welt irre läuft und die Wahrheit verdeckt liegt, weil man in diesem Ausspruch (der Heiligen Schrift) von Gottes Willen im Verstand ohne Grund richtet und läuft.

40.9. Wenn aber Christus im Menschen geboren ist, dann hört der Streit auf und Gott der Vater spricht sein Wort in Christus durch die Seele des Menschen aus. Zu solchen Schlüssen muß ein innerlich göttliches Licht sein, welches Gewißheit gibt, anders kann man sich auf den Verstand nicht verlassen.

40.10. Dieses Traktat werdet ihr bei Herrn Michael von Ender erlangen können, der es jetzt empfangen hat, welches nach meiner Handschrift 42 Bögen Papier umfaßt. Und wenn es Euch beliebt, dieses Herrn Balthasar Tilke als eurem guten Freund und Schwager mitzuteilen, bin ich dessen wohl zufrieden, mit der Andeutung, daß er es nicht so verstehen wolle, als ob ich darin etwas aus Affekten gegen ihn oder andere geschrieben hätte, denn dies begehre ich nicht ohne dringende Not.

40.11. Wenn ich auch nicht ohne Mängel und Neigungen bin, so hat mir doch mein Heiland Christus innerlich eine solche Gnade erzeigt, daß ich alle feindlichen Gegenwürfe gegen mich durch ein einziges Wort, das aus göttlicher Liebe zu mir kommt, sofern ich nur verspüre, daß es ein göttlicher Ernst sei, bald vergessen und wegwerfen kann, wie ein bösartiges Kraut, welches ich nicht gern in meinen Garten pflanzen mag, denn daraus wächst nichts als nur wieder bösartiges Kraut.

40.12. Mehr wird hingegen von Herrn Balthasar Tilke aus christlicher Liebe begehrt, weil ich ihm auf sein Begehren seine herangezogenen Sprüche erklärt habe nach meinen wenigen Gaben, welche Gott bekannt sind, wenn ihm diese meine Erklärungen nicht annehmlich oder gründlich genug nach seiner Meinung wären oder erschienen, daß er mir auch soweit gefällig sein wolle und die angedeuteten Sprüche erklären und auf sinnvolle Art ausführen möge, besonders die Epistel (den Apostelbrief) von St. Paulus an die Römer vom 9. und 10. Kapitel und eben diese, welche ich erklärt habe, samt dem ganzen Grund vom göttlichen Willen zum Bösen und Guten, wie dessen Ursprung im Menschen und außerhalb dem Menschen sei.

40.13. Darüber hinaus wünsche ich, daß er mir die eingesprochene Gnadenstimme in des Weibes Samen im Paradies erkläre und dann die zwei Linien, nämlich des Reiches der verdorbenen menschlichen Natur und zweitens des Reiches der Gnade in der eingesprochenen Gnadenstimme. Auch wenn ihm meine Erklärung zu Abraham mit Ismael und Isaak sowie mit Esau und Jakob nicht gefiele, daß er aus christlicher Liebe seine Gaben sehen lassen wollte und deren Grund erklären, damit ich seine Gaben und sein Verständnis an selbigen spüren oder vernehmen kann.

40.14. Und wenn ich dann sehen werde, daß ihm Gott mehr Verständnis dieser hohen Geheimnisse gegeben hat als mir, dann will ich es mit Freude annehmen und ihn in seinen Gaben lieben und unserem Gott dafür danken und mich mit ihm in seiner Gabe auf brüderliche Art im Geist Christi erfreuen, welches all unseren Brüdern und christlichen Mitgliedern mehr nutzen und dienen wird, auch mehr göttlich und löblich ist, als ein verhärteter Gegensatz aus Affekten um menschlicher Eigenheit willen.

40.15. Ich bitte aber meinen Gott in Christus, er wolle ihm sein Herz aufschließen, daß seine Seele in den Grund meiner Gaben sehen könne. Denn wahrlich, ich bin ein einfältiger Mann und habe dieses hohe Mysterium weder gelernt noch auf solche Art gesucht oder etwas davon gewußt. Ich habe allein das Herz der Liebe in Jesus Christus gesucht. Aber als ich dies mit sehr großen Freuden meiner Seele erlangt hatte, ist mir dieser Schatz göttlicher und natürlicher Erkenntnis eröffnet und gegeben worden.

40.16. Mit welchem ich bisher nicht stolzierte, sondern von Herzen begehrt und zu Gott gerufen habe, ob die Zeit geboren sei, daß diese Erkenntnis in vielen Herzen offenbar werden könne, darüber ich auch meine Antwort kräftig erlangt habe, so daß ich wohl weiß, was ich oft in meinen Schriften angedeutet habe.

40.17. Und wenn ich auch dafür in der Welt von vielen gehaßt werde, so wird man es doch bald sehen, warum Gott einem Laien und einfältigen Menschen das große Mysterium als den Grund aller Heimlichkeiten eröffnet hat, und ich auch alle Dinge noch nicht offenbaren darf, was ich erkannt habe. Was doch bei würdigen Menschen wohl geschehen könnte, wenn ich finde, daß es Gottes Wille und den Menschen gut wäre. Wie mir auch vor kurzem ein sehr edles Perlein offenbart wurde, welches seine Zeit zu wirklicher Nutzbarkeit haben wird, mir aber in meiner Seele bereits alle Stunden nützlich ist. Ihr sollt Euch also nicht so sehr wegen der Einfalt wundern, was Gott tut, denn die Zeit der Stolzen ist ans Ende gekommen.

40.18. Noch mehr bitte und begehre ich von Herrn Balthasar Tilke, er wolle christlich und in der Liebe mit seinen Gaben freundlich handeln und meinen Namen nicht so wie früher verunglimpfen, dadurch des Heiligen Geistes Gabe gelästert wird. Dann soll ihm entsprechend in wohlwollender Weise geantwortet werden.

40.19. Würde solches aber trotz meiner guten Meinung und Hoffnung nicht geschehen und ich weiter bei Leuten und mit Schriften verunglimpft werden, so daß es mir mit gewissem Grund zu Ohren und vor Augen käme, dann soll er sicher wissen, daß mir es an Antwort in göttlicher Gabe zum Ernst nicht mangeln wird und er dessen keinen Vorteil noch Ruhm haben soll. Und ich meine es treulich und ermahne ihn aus christlicher Liebe und Pflicht zur Antwort. Kann er die Sprüche nicht mit sinnvoller ausführlicher Antwort erklären, dann vereinige er nur die Gegensätze, welche widersprüchlich erscheinen, und dann wollen wir unsere Gaben untereinander austauschen und in Einen Grund hineinführen, unseren Brüdern zuliebe.

40.20. Damit empfehle ich Euch samt den eurigen und all denen, die das Kindlein Jesus suchen und begehren, in die wirkende Liebe Jesu Christi, daß es in allen empfangen und geboren werden möge, denn dann hat der Streit ein Ende. Wenn des Weibes Samen der Schlange den Kopf zertritt, dann kommen wir wieder in die Ausgeglichenheit und sind in Christus alle nur Einer wie ein Baum mit vielen Ästen und Zweigen.

Datum Görlitz, siehe oben, Euer lieber dienstwilliger J. B.

41. Sendbrief an Abraham von Franckenberg, 20.2.1623

An Herrn Abraham von Franckenberg auf Ludwigsdorf, vom 20. Februar 1623.

(Abraham von Franckenberg (1593-1652) ein juristisch gebildeter Landedelmann zu Ludwigsdorf bei Oels nimmt in der Böhme-Schule eine wichtige Stellung ein. Böhme beeindruckte den mystisch interessierten jungen Mann, als er ihm 1622 begegnete. Er wurde Böhmes erster Biograph, auch zur Sammlung des Böhme-Nachlasses trug er bei. Und, was dabei kaum weniger wichtig ist: Franckenberg beeinflußte in späteren Jahren den wesentlich jüngeren Angelus Silesius Johann Scheffler (1624-1677), ja er vermachte ihm seine Handbibliothek und sorgte so für Kontinuität. - Quelle: Gerhard Wehr, Sendbriefe, 1979)

Unser Heil im Leben, Jesus Christus in uns! (V. H. I. L. I. C. I. U.)

41.1. Edler in Christus geliebter Herr und vornehmer werter Freund! Nebst treuer Wünschung göttlichen Lichtes in wirkender göttlicher Wohlfahrt, wollte ich Euch mit diesem Brieflein ersuchen und in treuer christlicher Meinung an das Gespräch mit Herrn Dr. Staritius erinnern, und zwar wegen des göttlichen Vorsatzes oder Willens über die Menschen.

41.2. Denn Herrn Dr. Staritius wurde damals auf seine Anfrage nicht genug geantwortet, weil ich mich damals wegen dieses Artikels (bzw. Bibel-Spruchs) in göttlicher Beschaulichkeit des inneren Grundes durch den äußeren Grund auf Art ihrer Schulen nicht geübt hatte, und auch das Gastmahl mit solchen Getränken, die bei mir ungewöhnlich sind, den subtilen Verstand verdeckte. Auch wurde ich wegen ihrer lateinischen Zungen an seinem Grund behindert, um denselben zu erfassen, so daß er mit seiner eingefaßten Meinung triumphierte, mit welcher er sich auf die Schrift gründete, doch ohne genügendes Verständnis der herangezogenen Sprüche der Schrift, und auch ohne genügenden Grund der logischen Verstandes-Schlüsse, darin er allerdings auf ihrer Schulen-Art trefflich geübt ist.

41.3. Nach welchem Gespräch ich mich dann durch göttliche Gnade in den innerlichen Grund göttlicher Beschaulichkeit hineingewandt hatte, um dieses zu prüfen, und meinen Gott um wahres Verständnis all dieser Gründe gebeten hatte, um diese allgemein und im speziellen zu verstehen. Darauf mir ein solches erschienen ist, daran ich genügend Ursache neben göttlicher Einführung in die Wunderwerke Gottes habe, und mich auch gleich eine große Begierde damit überfiel, diesen Grund vom göttlichen Willen und den ewigen Vorsätzen in der Vorherbestimmung (Prädestination) zu begründen und in ein Buch zu bringen („Von der Gnadenwahl“, am 8. Februar 1623 vollendet).

41.4. Welches, weil es auch von Herrn Balthasar Tilke und anderen begehrt wurde, die daran Ursache nehmen sollen, nicht beabsichtigt, jemanden in seiner Meinung zu verachten oder etwas Schimpfliches und Unchristliches gegen ihn vorzubringen, sondern in treuer christlicher Wohlmeinung und brüderlicher Mitteilung meines mir von Gott verliehenen Pfundes (bzgl. Luk. 19.11) geschrieben wurde.

41.5. Welches Werk dermaßen hoch und tief gegründet worden ist, daß man nicht allein den Grund dieser Fragen bezüglich des göttlichen Willens gründlich verstehen kann, sondern auch den verborgenen Gott in seiner Offenbarung an allen sichtbaren Dingen erkennen kann, neben klarer Ausführung, wie der Grund des großen Mysteriums als das ewig ausgesprochene Wort Gottes verstanden werden könne, darin die Weisheit seit Ewigkeit gewirkt hat und alle Dinge in magischer Form ohne Kreatur gesehen worden sind.

41.6. Auch wie sich dieses große Mysterium durch das Aussprechen der göttlichen Weisheit (Scienz) durch das Wort Gottes im Reich dieser Welt in eine Unterschiedlichkeit und Faßlichkeit zur Schöpfung hineingeführt habe, und wie der Ursprung des Bösen und Guten in der Unterscheidung der göttlichen Weisheit (Scienz) im großen Mysterium in den ewigen Prinzipien zu göttlicher Offenbarung und Wirkung sei. Darin man nicht allein den verborgenen Gott in seinem Wesen und Willen erkennen kann, sondern auch den ganzen Grund seiner Offenbarung durch sein ausgesprochenes Wort aus den ewigen Kräften des großen Mysteriums als das Wesen der Ewigkeit, wie das in ein sichtbares, greifbares, kreatürliches und äußerliches Wesen gekommen ist, was der Grund aller Verborgenheit sei und wie dieser genügend erkenntlich und offenbar werde. Dazu auch der ausführliche Grund des irdischen Weltgeistes (Spiritus Mundi), darin die Kreation dieser Welt lebt, sowie auch der klare Grund des innerlichen, geistigen, englischen und seelischen Lebens. Und auch von des Menschen Ursprung, Fall und Wiederbringung sowie von der Vorbildung in der Schrift des Alten Testaments für das Reich der Natur und das Reich der Gnade, und was Gottes Gerechtigkeit und die Wahl oder Vorsätze sind, um diese zu verstehen.

41.7. Auch eine klare Ausführung der Linie im Reich der Natur von Adam auf seine Kinder und des Reiches der Gnadenoffenbarung in der eingesprochenen Gnadenstimme der einverleibten göttlichen Weisheit (Scienz) im Wort der Liebe in der Gnaden-Gebärung.

41.8. Und auch die klare Ausführung der Schrift-Sprüche, besonders der Epistel von St. Paulus an die Römer im 9., 10. und 11. Kapitel, auf welche sich der Verstand richtet, dazu ein ganzer sinnvoller Grund mit Prüfung der Schrift ausgeführt worden ist. Aber nicht auf Art der Logik und der Schulsachen, darin man einander nur Gegensätze macht und einer des anderen Grund und Meinung nicht auf sinnvolle Art in der Vernunft prüfen will, sondern nur Knüppel macht, mit denen man sich gegenseitig mit Schlägen richtet, verdammt, verketzert und verlästert, welches nur Babel ist, eine Mutter der stolzen großen Hurerei der Irrtümer, darin der Name Gottes verlästert und der Heilige Geist im buchstäblichen Wort vom Verstand gerichtet und geschmäht wird. Welches mir in meinem Talent nicht gefallen will, so zu verfahren, zumal nicht ein einziges Tüpfelchen des Gesetzes der Schrift vergehen soll, bis alles erfüllt werde. So müssen die Sprüche der Schrift samt ihren Bildern alle wahr bleiben und dürfen kein Gegensatz sein, wie der Verstand meint.

41.9. Deshalb habe ich diese Sprüche, welche einander gegensätzlich erscheinen, wie da geschrieben steht »Gott will, daß allen Menschen geholfen werde. (1.Tim. 2.4)« und dann »Gott verstockt ihre Herzen, daß sie es nicht verstehen, auch wenn sie es schon sehen. (Joh. 12.40)«, so erklärt und miteinander in Übereinstimmung gebracht, daß ich zu Gott und seinen Kindern hoffe, sie werden die göttliche Gnaden-Offenbarung sehen und sich erkennen und von diesem Streit über Gottes Willen und Christi Person abgehen und die Rechtfertigung des armen Sünders vor Gott sehen und verstehen lernen.

41.10. Welches ich aus christ-brüderlichem Herzen für alle treulich und fleißig in meinen Gaben getan habe, und darüber hinaus anbiete, wenn jemand noch in Wahn und Meinung steckte und ihm in seinem Denken noch nicht Genüge geschehen wäre, daß er christlich und freundlich handeln und seine Meinung samt seinem Beschluß zu Papier bringen und mir übersenden soll, dann soll ihm auf dergleichen Fragen und Einwürfe so geantwortet werden, daß er erkenne, wie es christlich gemeint und aus göttlicher Gabe entsprossen ist.

41.11. Weil nun der Herr samt seinem Bruder, Herrn Hans Sigmund, sowie die hochgelehrten Herrn Doktoren als Herr L. S. und Herr Johann Daniel Koschowitz, meine gar lieben Herren und im Lebensbaum Christi meine Mitglieder und Brüder in Christus sind und ich sie allezeit als gottliebende Herzen kenne, welche Gott mit Vernunft und Weisheit begabt und dazu mit christlichen Tugenden geziert hat, deren ich mich in brüderlicher Art neben und mit ihnen erfreue und sie allezeit als meine gütig geneigten Herren erkannt habe, so habe ich dafür gesorgt, daß sie ein Exemplar dieses Traktats bekommen werden, mit der Bitte: Es mögen die Herren christ-brüderlich untereinander handeln und einander austauschen, weil mir das Nachschreiben wegen großer Ursachen meines Talents (bezüglich weiterer Schriften) hinderlich sein würde, sonst wollte ich jedem ein Exemplar davon senden.

41.12. Wenn jedoch dieses Traktat nicht empfangen würde und es der Herr nicht zu Händen bekäme, dann will ich Ihnen meine eigene Handschrift schicken, und bitte, Sie wollen es unbeschwert (ohne Vorurteile) lesen. Sie werden so reichen Sinn darin finden, daß es Ihnen zu vielen Dingen, vor allem in christlicher Übung der neuen Geburt, nützlich sein wird.

41.13. Und was ich Ihnen sonst noch mit meinen wenigen Gaben dienen kann, will ich allezeit treulich in christlicher Pflicht und auch zur Dankbarkeit ihrer guten Gemüter, Aufrichtigkeit und Wohltaten für mich in Bedacht sein zu vollbringen.

41.14. Wenn ich auch wohl ein unansehnlicher Mann gegenüber Ihrer Hoheit sowie gegenüber den Herren Doktoren bin, so wollen sie doch den Verstand eine Weile einsperren und sich bewußt werden, daß es dem Höchsten so gefalle, seine Wunder durch Einfältige und vor der Welt töricht geachtete Leute zu offenbaren, wie solches von der Welt her zu allen Zeiten geschehen ist, wenn Veränderungen kommen sollten.

41.15. Und so sollen die Herren gewiß wissen, daß es an Antwort auf jemandes hohe und tiefsinnige Fragen, sofern sie nur füglich und christlich erkannt werden, nicht mangeln soll. Denn ein solches ist mir vom Höchsten anvertraut und als ein Gnadengeschenk gegeben. Wen ich in christlicher Meinung erkenne, auch wenn jemand noch Skrupel in der Meinung hätte, sofern ich ihm in Liebe daraus helfen und ihn in die Ausgeglichenheit des Gemüts bringen könne, dann sollte mich keine Mühe dauern, ihm meine Gabe und Sinn zu geben. Damit empfehle ich den Herrn samt den Seinen in die Liebe Jesu Christi und mich in ihre Gunst!

Datum siehe oben, J. B.

P.S. Die Drangsal und Zerbrechung Babels naht sich heftig sehr. Das schreckliche Gewitter zieht an allen Orten auf, und es wird sehr wüten. Vergebene Hoffnung betrügt, denn des Baumes Zerbrechen naht sich, welches in den Wundern erkannt worden ist. Das einheimische Feuer schadet seinem Vaterland. Gerechtigkeit und Wahrheit gehen fast zugrunde, und großes Trauern und Trübsal winden sich empor. Man wird um eine leere löchrige alte Hütte trauern, daran in der Seligkeit nichts gelegen ist, und man wird sich um das Nest ergrimmen, darin sich der Satan seine Jungen ausgebrütet hat. Der Turm zu Babel ist grundlos geworden. Man meint, ihn mit Stützen zu erhalten, aber ein Wind vom Herrn stößt ihn um.

Der Menschen Herzen und Gedanken werden offenbar werden, denn es kommt eine Prüfung vom Herrn, darin sich der Mund-Christ mit falschem Herz und Seele wie ein Schilfrohr offenbaren wird, das der Wind bewegt, weil sein Herz so schwankend ist: Jetzt hin, jetzt her, damit sein falscher Grund offenbar werde. Viele werden sich verraten und durch Heuchelei um Leib und Gut bringen. Die Heuchler und Mund-Christen werden verzagen, wenn ihr falscher Grund offenbar werden wird. Das orientalische Tier bekommt ein menschliches Herz und Angesicht. Und bevor das geschieht, hilft es mit seinen Klauen, den Turm zu Babel umzureißen.

In der Finsternis der Mitternacht geht eine Sonne auf, welche ihren Schein aus den sinnvollen Eigenschaften der Natur aller Wesen aus dem geformten, ausgesprochenen und wieder aussprechenden Worte nimmt. Und das ist ein Wunder, dessen sich alle Völker freuen.

Ein Adler hat junge Löwen in seinem Nest ausgebrütet und ihnen den Raub zugetragen, bis sie groß geworden sind, in der Hoffnung, sie werden ihm wiederum ihren Raub zutragen. Aber sie haben das vergessen und nehmen dem Adler sein Nest, rupfen ihm seine Federn aus und beißen ihm vor Untreue die Klauen ab, daß er keinen Raub mehr holen kann und verhungern soll. Sie aber werden um des Adlers Nest uneinig und zerreißen sich im Zorn, bis ihr Zorn ein Feuer wird, welches das Nest verbrennt, und solches vom Herrn aller Wesen.

Wenn der Reiche und Gewaltige wüßte, worauf sein Grund stünde, er würde in sich gehen und auf sein Ende (bzw. Ziel) sehen. (Die Sonne gibt manchem Ding sein Leben, und auch manchem den Tod.) Wer also an eigenem Willen stilliegt wie ein Kind im Mutterleib und sich seinen innerlichen Grund, daraus der Mensch entsprossen ist, leiten und führen läßt, der ist der Edelste und Reichste auf Erden.

Der Postillion (Postkutscher) kommt aus dem Grund der Natur und führt ein Schwert über die Erde und hat sechs Winde zu Gehilfen, welche lange Zeit über die Erde regiert haben. Die zerbrechen dem Postillion das Schwert durch die Offenbarung des siebenten Windes, welchen sie allezeit in sich verborgen gehalten haben, aber jetzt wegen der Gewalt des Postillions zu sich rufen und ihn offenbaren müssen. Und dieser siebente Wind offenbart ein neues Feuer, daraus ein großes Licht scheinen wird, und zu dieser Zeit soll der Gnadenbrunnen mit reinem Wasser fließen und der Arme erquickt werden. Amen.

42. Sendbrief and Dr. Gottfried Freudenhammer von Freudenheim, 27.2.1623

An Herrn Gottfried Freudenhammer von Freudenheim, Dr. med. zu Grossen-Glogau, vom 27. Februar 1623.

V. F. M. D. Z. G.

42.1. Edler, achtbarer und hochgelehrter Herr, nebst treuer Wünschung durch die Liebe Christi, mit welcher er uns in sich durch seine Menschheit in uns liebt, eines seligen in Gott freudenreichen neuen Jahres und aller leiblichen Wohlfahrt!

42.2. Seine Leibesgesundheit ist mir sehr lieb, und noch viel lieber ist mir, daß ich bemerke, wie der Zug des Vaters im Geist Christi einen immerwährenden Hunger nach dem edlen Perlein göttlicher Erkenntnis in ihm bewirkt.

42.3. Welches, weil es in dem Baum und Gewächs geschieht, darin ich auch selbst mitgrüne, mir von meinen Mitzweigen an unserem englischen paradiesischen Perlenbaum eine reine Begierde und angenehmen Willen bringt und mich auch in meinem Hingedenken erfreut, daß der Geist Christi dennoch seine Kirche und Tempel mitten unter den Dornen hat, wie es jetzt im Ansehen ist. Und ich wünsche von Herzen mit sehnlicher Begierde, daß sie doch stärker grünen möchte, damit Babel und das Reich des Zankes und Streites aufhören und wir in Einer Liebe als Kinder Christi untereinander wallen.

42.4. Mir wäre von Herzen lieb, weil der Herr etliche meiner Schriften liest, daß sie doch nach meinem Begriff und Sinn verstanden werden könnten. Nicht mir zum zeitlichen Ruhm, welcher in Christus und nicht mein ist, sondern um unserer ewigen Brüderschaft willen, die wir nach diesem Leben allgemein haben werden.

42.5. Dazu will ich auch gern meinen lieben Brüdern mein mir von Gott gegebenes Perlein mitteilen, damit auch sie neben mir in göttlicher Erkenntnis und Liebe Früchte auf Gottes Tisch bringen können, welches Wirken mir lieber ist als aller Welt zeitlicher Ruhm, Ehre und Gut.

42.6. Und obwohl ich gegenüber dem Herrn wie ein Kind zu achten bin, das unverständig ist, so hat mir doch mein Heiland seinen Sinn und ein Verständnis aus seiner Liebe und Gnade eingegossen und durch sich selbst eröffnet, so daß ich ihn und seinen Willen kräftig erkenne.

42.7. Auch wenn es wohl vor dem Verstand töricht zu sein scheint, so ist es mir doch sonnenklar und gibt mir Freude und Begierde, so daß ich mich in allen Anfechtungen durch den Teufel und seinem Anhang tapfer dahinein verbergen kann. Auch wird mir darin meine Hoffnung durch das Liebe-Feuer Gottes angefacht, und ich habe auch einen schönen Rosengarten darin, welchen ich meinen Brüdern nicht nur gern gönnen will, sondern von Herzen begehre und wünsche, daß die goldene Rose auch in ihnen blühen möge.

42.8. Ich habe verstanden, daß sich der Herr immer noch am Artikel wegen Gottes Willen und seiner Wahl über die Menschen bekümmert und wegen des Ratschlags über die Menschen noch im tiefen Wahn ist, als wenn Gott etliche nach seinem Vorsatz erwählte und etliche aus seinem Vorsatz nicht erwählte, und sie deswegen auch nicht im Geist Christi zum Vater ziehe oder der Vater sie nicht in Christus ziehe.

42.9. Welches mich meinerseits sehr oft bekümmert und ich mir wünsche, daß es doch begriffen werden könne, wie der Grund in seiner Eigenschaft ist.

42.10. Denn die Worte der Schrift sind gar recht wegen der Wahl, aber sie werden nicht recht verstanden, und daraus kommt das große Übel mit dem Streit.

42.11. Wenn ich in das Zentrum eingehe, dann finde ich allen Grund. Es ist nicht so subtil, daß es vom göttlichen Willen nicht erfragt werden kann, sondern darin sonnenklar offenbar. Denn ich finde den Ursprung von Allem, vom Bösen und Guten, von Gottes Liebe und Zorn in beiden Begierden.

42.12. Die führe ich nur in die Menschheit Christi hinein, wie Gott Mensch geworden ist, und betrachte, wie die Gestaltungen menschlicher Eigenschaften in der Menschheit Christi ganz ohne Teilung sind, und wie sie mit der Liebe Gottes in Christus, mit dem ewigen Wort oder Hall der Gottheit als mit dem göttlichen Mercurius und mit göttlicher Wesenheit als im Blut Christi tingiert (mit Tinktur geheilt) werden, und wie der Grimm, der in menschlicher Eigenschaft mit Adam offenbar wurde, ganz ersäuft und im ewigen Tod verschlossen wird. Davon die Schrift dann sagt: »Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? (1.Kor. 15.55)«

42.13. Gleichwie der Künstler und Philosoph den Saturn und Mars im Merkur (welcher (als reflektierendes Bewußtsein) im Saturn (Anziehung / Verkörperung) und Mars (Bewegung / Angst) in deren eigenen grimmigen Macht eine bösartige Gift-Quelle ist) in das Universale als in paradiesische Qualität und Eigenschaft verwandelt, darin weder Saturn noch Mars oder Merkur in ihren grimmigen Eigenschaften gespürt werden, sondern aus ihrer grimmigen Bosheit ein Aufsteigen der Liebe und des Freudenreichs wird:

42.14. So geht es nun auch mit dem bösartigen Menschen, wenn er sich durch Gelassenheit in das Universale von Christus aus seinem (eigenen) grimmigen Willen in den Tod Christi hineinergibt.

42.15. Und gleichwie die Sonne am Firmament den Bösen und Frommen scheint (Matth. 5.45), so steht auch die Begierde des Universals Christi als die göttliche Sonne, welche darin leuchtet, allen bösartigen Menschen offen. Schlössen sie nur ihren Willen auf und gingen aus der Ichheit heraus und setzten ihre Begierde dahinein, dann würde darin Christus geboren.

42.16. Ist doch die Seele, was sie rein allein betrifft, aus dem ewig sprechenden Wort des Vaters aus der Feuer- und Lichtwelt als aus Gottes eigenem Wesen in den menschlichen Körper eingesprochen oder eingeblasen worden und hat beide Willen frei: Nämlich erstens aus dem Feuer als aus des Vaters Zorn, welches die ewige Natur ist, und in welcher sie eine Kreatur im geistigen Sulphur, Mercurius und Salz ist. Und zweitens aus dem Licht göttlicher Kraft im göttlichen Hall, in welchem die Seele ein Engel und Gottes Bild ist.

42.17. Und wenn sie auch das Licht in Adam verloren hat, so hat es doch Christus wiedergebracht und das Zentrum der Liebe wieder rege (lebendig) gemacht, so daß sich das Leben des Lichtes, wenn es seine Begierde erhebt, in Christi Menschheit wieder anzünden kann, die von einem auf alle dringt, gleichwie auch der Zorn von einem auf alle dringt (Röm. 5.18).

42.18. Und wenn man sagen würde: „Er zündet an, welche er will.“ Dann sage ich teuer und wahr, daß das göttliche Licht nicht einfahrend sei, sondern es ist auch im gottlosen Menschen im Zentrum verborgen, gleichwie sich Gott in der Zeit verbirgt. Es ist aufgehend, gleichwie der Schein einer Kerze aus der Kerze entsteht.

42.19. Der Mensch ist nicht so verdorben, daß keine Möglichkeit mehr in ihm sei. Auch wenn er schon verdorben ist, so hat doch Gott, als er sich des Menschen angenommen hatte, das Zentrum seiner Liebe als die wahre Gottheit, welche sich in der Sünde verbarg, wieder in menschlicher Eigenschaft erregt.

42.20. Und wie die Sünde und der Grimm von Adam in einem auf alle und in alle drang, so drang auch die Bewegung der Liebe Gottes in Christi Menschheit und aus Christi Menschheit durch die ganze Menschheit aller Menschen.

42.21. Christus wurde wieder das Herz im menschlichen Baum. Der göttliche Hall, der sich in Christi Menschheit im Schall offenbart hat, der schallt nun durch Christi Menschheit im ganzen menschlichen Baum. Und es fehlt nur daran, daß der Zweig, der am Baum steht, nicht des Baumes Saft in sich ziehen will.

42.22. So geschieht es oft, daß die grimmige Eigenschaft den Mars zu sehr liebt und in sich zieht und die Hitze erweckt, dadurch der Zweig verdorrt.

42.23. In gleicher Weise zieht auch der Seelenwille des Mars den Grimm und die Falschheit in sich, und damit wird ihr Mercurius (des reflektierenden Bewußtseins) giftig. So wird dann der Saturn als die (körperliche) Verdichtung der Eigenschaft des Lebens ganz dunkel und finster.

42.24. Und solange der Mercurius des Lebens in solcher Eigenschaft lebt, kann er nicht von der Liebe Gottes gezogen werden, sondern vom Zorn Gottes, und ist so lange zur Verdammnis erwählt, wie er im freien boshaften Willen lebt.

42.25. Gottes Liebe steht vor ihm, aber er will sie nicht. Gott begehrt ihn, aber der Grimm hält ihn, wie Christus sagt: »Oh Jerusalem, Jerusalem, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Kluckhenne ihre Küchlein unter ihre Flügel, und du hast nicht gewollt. (Matth. 23.37; Luk. 13.34)«

42.26. Dieses Nicht-Wollen steht im Weg, so daß sich der Mensch im Leben von Gottes Zorn halten läßt, nämlich vom Grimm im ausgesprochenen Mercurius nach des Vaters Feuer-Eigenschaft. Allhier liegt das bösartige Kind!

42.27. Liebe Brüder, lernt nur erkennen, was Gott in Liebe und Zorn sei und wie der Mensch eben dieses Wesen selbst und ein Bild aus dem ewigen Geist ist.

42.28. Sagt ja nicht, Gott wolle das Böse! Er kann nichts Böses nach der Eigenschaft wollen, soweit er „Gott“ heißt. Wenn ich aber diese Eigenschaft „Gott“ nennen wollte, dann würde ich die Hölle „Himmel“, die Finsternis „Licht“ und den Teufel einen „Engel“ nennen.

42.29. Es ist wohl alles Gottes, aber Gott wird allein in der Qualität der Liebe des Lichtes verstanden. Und der Zorn ist in seinem Licht eine Ursache der Liebe-Begierde und der Freuden-Reiche.

42.30. Wenn die Seele ihre Feuer-Begierde aus ihrem selbsteigenen Willen in die Liebe-Begierde Gottes hineinführt und aus ihrer selbsteigenen Ichheit in Gottes Erbarmen entsinkt, sich in Christi Tod hineinwirft und nicht mehr des Feuers Qualität will, sondern in ihrem Feuer-Leben in Christi Tod tot sein will, dann stirbt der Geist des Mercurius-Lebens im Willen der Bosheit und ein neuer Zweig geht auf und ein Grünen der Liebe-Begierde.

42.31. Mein lieber Herr und Bruder, Ihr wißt, ich schreibe nicht stumm und ohne Wissen, denn ich habe es selbst erfahren. Ich bin in eurem Wahn so tief gewesen wie Ihr. Aber mein Heiland Jesus hat mir meine Augen geöffnet, so daß ich sehe. Aber nicht in meiner Macht sehe ich, sondern in seiner, wie er mich in sich erkennt und wie er in mir sehen will. Und so wünsche ich von Herzen, daß Ihr in mein Sehen hineinsehen und aus meinem Sehen mit mir sehen könntet. Ich wollte Euch mein Herz und alle Liebe gern zum Eigentum geben und durch diesen Schein aus Euch sehen.

42.32. Aber ich bemerke, daß ich Euch noch sehr stumm bin und von Euch in meiner mir gegebenen Wissenschaft noch nicht recht erkannt wurde, wünsche aber, daß es noch geschehe.

42.33. Ich bitte und ermahne Euch christlich und in Demut: Wollt doch nur so viel tun und die Gegensätze, soweit ihr vermögt, zusammenfassen und mir schriftlich übersenden. Ich will nach meinen Gaben alles tun, was ein Christ tun sollte, und diese dermaßen erklären, daß ich hoffe, ihr könnt mich darin brüderlich erkennen.

42.34. Nicht, daß ich mir aus meiner Ichheit solches zu tun zumesse, sondern meine Begierde, die in mir wie ein Feuer brennt, fordert das von Euch. Und ich, der Ich bin, hoffe zu Gott, es werde uns beiden gelingen, daß uns Gott in seiner Liebe-Begierde und Erkenntnis einigen werde.

42.35. Es soll Euch nicht zum Spott oder Verschmähung gereichen, denn ich habe ein Herz, das in Heimlichkeit schweigen kann. So ermahne ich Euch in Liebe zur kindlichen Demut in der wahren Gelassenheit Christi, denn allein darin vermögt ihr es zu ergreifen.

42.36. Anders wäre mein Wohlwollen und Beginnen alles umsonst, denn ich kann Euch nichts anderes geben als meinen geneigten Willen. Wollt ihr ihn annehmen, wohl gut. Wenn nicht, dann bezeuge ich vor Eurem und Gottes Angesicht, daß ich an Euch und in Euch mein recht christliches Beginnen gesetzt und das Meine getan habe, wie mir es im Gewissen angelegen ist.

42.37. Ich könnte wohl auch in Kürze noch selbst, wenn es die Unruhe leiden wollte und ich wüßte, daß es zu Gottes Ehre und menschlichem Heil dienlich wäre, aus diesem Grund in eure Gegend kommen und Euch besuchen. Denn ich kenne noch sehr viele durstige Seelen, mit denen ich mich selbst erquicken möchte und sie in mir.

42.38. Ich habe jetzt noch ein sehr edles Kräutlein gefunden, das Euch wohl dienen könnte, nicht allein zur Seele, sondern auch zum Leib, und euren Patienten nutzen.

42.39. Wenn man in Christi Weinberg arbeiten wollte, dürfte uns Gott wohl jetzt noch einen solchen Sonnenschein geben, der die Apotheken erwärmte und dessen viele fromme Leute lange Zeit begierig waren. Dieser Sonnenschein dürfte den Rauch zu Babel vertreiben und den Kindern Christi in ihrer Drangsal und im Elend eine Erquickung sein.

42.40. Aber in Treue: Wird man so gottlos sein, dann wird es zuvor grausam regnen und hageln, daß die Erde erbeben wird und viele tausend Seelen im Wasser ersaufen.

42.41. Ich wollte Euch wohl dazu gern etwas mehr erklären, aber es kann dieses Mal nicht sein. So wollt nur auf das schreckliche Gewitter gegen Morgen achthaben! Das gegen Mitternacht ist nicht weit davon, und im Mittag ist ein großer Rauch, so daß er denen am Abend in die Augen beißt.

42.42. Es sollte niemand sagen, wenn das schreckliche Gewitter daherkommt: „Dieser oder jener ist vor Gott gerecht, und es wird ihm wegen seiner Religion gelingen!“

42.43. Der Zorn Gottes ist in allem entbrannt, und sie sind vor ihm wegen ihrer Religion und Klugheit alle gleich, weil einer wie der andere lebt.

42.44. Der Allerhöchste kehrt einen Besen mit dem anderen aus. Aber eine Lilie grünt allen Völkern. Wohl denen, welche sie ergreifen!

42.45. Die durstige Seele sollte niemals sagen: „Der Herr hat mich vergessen, der Herr hat mich verlassen!“ So wenig eine Mutter ihre Kinder vergessen kann, und wenn sie diese auch vergäße, so hat doch der Herr seine arme hochbedrängte Christenheit niemals vergessen. Er hat sie in seine durchstochenen Nägelmale eingezeichnet. (Jes. 49.14)

42.46. Sein Licht soll scheinen vom Aufgang bis zum Niedergang zu einem Zeugnis über alle Völker.

42.47. Eine Lilie steht von Mittag bis Mitternacht! Wer diese zum Eigentum bekommen wird, der kann das Lied von Gottes Barmherzigkeit singen, und in seiner Zeit grünt das Wort des Herrn wie Gras auf Erden. Aber die Völker singen das Lied von Babel in einer Stimme, denn der Anfang hat das Ende gefunden.

42.48. So laßt Euch meine dunkle Rede eingedenk sein, denn besser habe ich es jetzt gerade nicht vermocht.

42.49. Weil man nur nach Stolz und Geiz getrachtet hat und den Zornspiegel verachtet und keine Buße getan, so wirkt Übel durch Übel, bis sich das Übel selber auffrißt und sich der Grimm Gottes darin wohl ergötzt.

42.50. Hier wird der menschliche Verstand mit seinen Ratschlägen wenig verhindern, sondern das Feuer nur aufblasen (und anfachen) und noch mehr Anlaß geben.

42.51. Gott wäre gut für diese Not. Weil man aber Gott verläßt, so folgen Not und Spott.

42.52. Es achte wohl ein jeder auf sich selbst! Wer sich jedoch selbst nicht suchen und behüten wird, der wird gesucht und behütet werden. Damit empfehle ich Euch der Liebe Jesu Christi!

Datum Görlitz, siehe oben, Euer in der Liebe Christi dienstwilliger J. B.

43. Sendbrief, 30.3.1623

Unser Heil im Leben, Jesus Christus in uns!

43.1. Vielgeliebter Herr und Mitbruder in Christus unserem Heiland! Nebst herzlicher Wünschung und mitwirkender Begierde göttlicher Liebe und Gnade wollte ich dem Herrn in christlicher Liebe nicht verbergen, daß ich in christlichem Mitleiden seinen Zustand betrachtet und in die Gnaden-Erbarmung des Allerhöchsten eingeführt habe, was mir dieser hierin zu erkennen geben wollte.

43.2. Darauf ich dem Herrn melde, daß ich in dieser Gnaden-Erbarmung wegen des Zustandes und der Versuchung des Herrn zu solcher Beschaulichkeit gelangt bin und dessen Ursache erkannt habe, und solches dem Herrn kurz zu einer Erinnerung entwerfen will, damit er solches bei sich selbst erwägen könne.

43.3. Die erste Ursache solcher wirklichen Versuchung ist die übernatürliche grenzenlose Liebe Gottes als der göttliche gute Wille und demgegenüber der kreatürliche Wille des Menschen, so daß sich der menschliche Wille solcher großen Gnade Gottes, welche ihm aus lauter Liebe angeboten wird, nicht ganz ergeben und vertrauen will, sondern seine Ichheit und Eigenliebe des vergänglichen Wesens sucht, und sich selber und das Wesen dieser Welt mehr liebt als Gott.

43.4. So versucht den Menschen seine eigene Natur, welche in ihrem Zentrum ohne die Liebe Gottes nur in Angst, Streit und Widerwärtigkeit steht, und darin der Teufel seine falsche Begierde einschließt, um den Menschen von solcher hohen Gnade und Liebe Gottes wegzuführen.

43.5. Diese Versuchung ist die größte, und ist eben der Kampf, den Christus mit seiner eingegossenen Liebe in der Natur des Menschen gegen solche Ichheit sowie gegen Gotteszorn, Sünde, Tod, Teufel und Hölle führt, darin der menschliche Drache von der Liebe Christi verschlungen und in ein englisches Bild verwandelt werden soll.

43.6. Wenn Euch nicht die Liebe Gottes in Christus eingeflößt worden wäre, dann hättet ihr diesen Kampf nicht, sondern der Drache als der falsche Teufelswille behielte sein Naturrecht.

43.7. So geschieht nun diese ängstliche Anfechtung in der Natur ganz empfindlich von diesem Drachen, der sich mit seiner eigenen Natur ängstigt, wenn solche große Liebe in ihn kommt und ihm sein Naturrecht in einen göttlichen Willen verwandeln will.

43.8. Denn hier steht Christus als der Schlangentreter im Menschen in der Hölle und stürmt des Teufels Räuberburg. Daher solcher Streit kommt, wenn Christus und Luzifer miteinander um die Seele streiten, wie Euch Gott in der ersten Versuchung sehen und erkennen lassen hat.

43.9. So zertritt Christus der Schlange den Kopf, und so sticht die Schlange Christus in die Ferse. Und die arme Seele steht mittendrin in großem Zittern und Trauern und kann hierbei nichts tun, als nur in der Hoffnung stehen. Sie vermag auch ihr Angesicht nicht vor Gott zu erheben und ihr Gebet darzubringen, denn der Drache wendet ihr das Gesicht mit Eitelkeit in diese Welt, zeigt ihr der Welt Schönheit und Herrlichkeit und spottet, weil sie eine andere Kreatur werden will, und hält ihr das Reich vor, darin sie steht, und ihren natürlichen Grund.

43.10. Und so steht die Seele mit Christus in der Wüste in der vierzigtägigen Versuchung, darin ihr dieser Welt Macht, Herrlichkeit, Reichtum und Wollust angeboten werden. Sie soll sich nur wieder erheben und in das Selber-Wollen eingehen.

43.11. Die zweite Versuchung von Luzifer und dem eigenwilligen Drachen der Natur ist diese: Wenn die Seele die göttliche Liebe gefaßt hat und einmal erleuchtet worden ist, dann will die Seele dieses Licht zum Eigentum haben und in ihrer Habhaftigkeit in eigener Gewalt darin wirken. Das heißt, die Natur der Seele, die ohne Gottes Licht ein Drache wie Luzifer ist, will es zum Eigentum haben, denn dieser Drache will das Naturrecht nicht übergeben. Er will ein Macher und Schöpfer der göttlichen Kraft sein und in großer Freude in seiner Feuer-Natur darin leben, und das kann nicht sein.

43.12. Dieser Drache als eine Feuer-Natur mit seinem eigenen Willen soll sich in ein Liebe-Feuer verwandeln lassen und sein Naturrecht verlassen. Er will es aber nicht gerne tun, sondern sieht sich in solcher Verwandlung nach eigener Macht um, aber findet keine. So beginnt er, an der Gnade zu zweifeln, weil er sieht, daß er in solcher Wirkung seine natürliche Begierde und Willen verlassen soll. Und so erzittert er immerfort und will des eigenen Naturrechtes im göttlichen Licht nicht absterben. Sondern denkt immer, das Gnadenlicht, das ohne solche Schärfe und Feuersmacht wirkt, sei ein falsches Licht.

43.13. Daher kommt es, daß dann der äußere Verstand, der ohnedies nichts sieht, immerzu denkt: „Ach, wer weiß, wie es mit dir ist! Ob es auch wahr sei, daß dich Gott erleuchtet habe, daß er in dir ist? Es kann auch eine solche Einbildung gewesen sein. Du siehst doch nichts dergleichen an anderen Leuten, und sie gedenken gleichwohl selig zu werden wie du. Du bist damit nur zum Narren der Welt geworden und stehst doch in Furcht und Zittern vor Gottes Zorn, mehr als sie, welche sich allein mit der verheißenen Gnade der zukünftigen Offenbarung trösten.“

43.14. So kommt es dann, daß wohl der innerliche Grund nach der Anzündung und Bewegung des Lichtes seufzt und es gern haben wollte. Aber die Natur (der Seele) vermag es nicht, und ihr ist, als wäre sie ganz von Gott verstoßen. Welches nach dem eigenen Willen auch wahr ist, denn Gott hat einen neuen Willen in sie gepflanzt. Sie soll ihrem eigenen Willen absterben und in Gottes Willen gewandelt werden.

43.15. Und darum, weil hier der Naturwille sterben und sein Recht dem Willen Gottes übergeben soll, sind solche schwere Anfechtungen darin. Denn der Teufel will nicht, daß seine Räuberburg einfalle. Doch wenn Christus im Menschen leben soll, dann muß der eigene Lust-Geist sterben. Und weil er doch wegen des Fleisches in dieser Zeit nicht ganz stirbt, sondern täglich stirbt und doch lebt, darum ist solcher Streit, den kein Gottloser fühlt, sondern nur jene, welche Christus angezogen haben und in denen Christus gegen Luzifer kämpft.

43.16. Die dritte Anfechtung besteht in den Räuberburgen des Teufels, als im Willen und Gemüt sowie im Fleisch und Blut, darin im Menschen die falschen Zentren liegen, nämlich: Eigener Wille zu stolzem zeitlichem Leben, zu Fleischeslust und zu irdischen Dingen, wie auch die vielen Flüche der Menschen, welche ihm durch seine Versuchung in Leib und Seele gewünscht wurden, also alle Sünden, welche sich innerlich zentriert haben und im Geistgestirn wie eine feste Burg stehen, die Christus jetzt stürmt und zerbrechen will. Welche Burg der eigenen Macht, Wollust und Schönheit dieser Welt der menschliche Wille immer noch als Eigentum für sein Bestes hält und nicht übergeben will, um Christus zu gehorchen.

43.17. Darum, mein lieber Herr und christlicher Bruder, sage und gebe ich Euch zu erkennen, was mir unser Lieber Herr Jesus Christus in meiner Betrachtung gezeigt hat: Prüft Euch selbst, was eure Anfechtung sei. Unser lieber Herr sagte: »Wir sollen alles verlassen und ihm nachfolgen. (Mark. 10.21)« Dann wären wir wahrhaft geistig arm.

43.18. Ist es nun, daß ihr mit eurem Gemüt noch etwas in der Eigenlust irdischer Dinge steckt, dann habt ihr darin solche Anfechtung, nämlich in diesen Zentren, welche noch in Euch wirken.

43.19. Wollt Ihr aber meinem kindlichen Rat folgen, dann sage ich Euch: Wenn solche Anfechtungen in Euch aufkommen, dann sollt ihr Euch nichts anderes einbilden als das bittere Leiden und Sterben unseres Herrn und seine Schmach und Spott, dazu seine Armseligkeit in dieser Welt, was er für uns arme Menschen getan hat, und eure Begierde und ganzen Willen dahinein ergeben, daß ihr gerne seinem Bild ähnlich werden wollt und ihm in seinem Prozeß willig und gerne nachfolgen und alles das, was Euch zu leiden auferlegt wird, um seinetwillen gern erdulden wollt, und nur ihm ähnlich zu werden begehrt und für seine Liebe gern niedrig und in Spott und Armut zu sein, nur damit ihr dieselbe in Euch erhaltet und Euch selbst nicht mehr wollt, ohne was Christus durch Euch will.

43.20. Mein lieber Herr, ich fürchte, es wird noch etwas an Euch sein, das Christus zuwider ist, darum der Streit in Euch besteht. Christus will, daß ihr mit ihm eures Willens in seinem Tod sterben und in seinem Willen auferstehen sollt und mit ihm um eure Seele kämpft.

43.21. Laßt allen irdischen Willen fahren und ergebt Euch ihm ganz und gar, und laßt Lieb und Leid in Euch alles Eines sein. Dann werdet ihr mit Christus ein Ritter über Welt, Teufel, Tod und Hölle werden und schließlich erfahren, was Christus in Euch gewesen sei und warum Euch ein solches widerfahren ist, welches der Prozeß aller Kinder gewesen ist. Und das meine ich christlich!

Gegeben am Tag der Einreitung Christi in seinem Leiden und Sterben, J. B.

71. Sendbrief an Christian Bernhard, 23.4.1623

(Die Briefe 67-74 stammen aus der Ausgabe von 1730 und wurden dort speziell als Zugabe ausgewiesen. Wir haben versucht, diese Briefe zur besseren Lesbarkeit in die zeitliche Abfolge einzuordnen, aber die ursprüngliche Numerierung aus den Ausgaben von 1682 und 1730 beibehalten.)

An Herrn Christian Bernhard, Sonntag nach Ostern 1623.

Unser Heil im Leben, Jesus Christus in uns!

71.1. Mein lieber Herr und christlicher Bruder, nebst treuer Wünschung göttlicher Liebe und Kraft, auch aller leiblichen Wohlfahrt! Eure Schreiben, sowohl das vom Holzkrämer als auch das jetzige nach Ostern, habe ich wohl empfangen. Wollte Euch auch alsobald geantwortet haben, und so war es mein Vorhaben, Euch persönlich zu sehen.

71.2. Als ich mich aber am folgenden Donnerstag, gleich als mir Euer Brieflein zu Händen kam, auf die Reise nach Sprottau aufmachte, um von dort nach Sagan zu gelangen, bin ich durch zufällige Ursachen nach Weichau gekommen. Von dort ich nach Glogau reisen soll und weiter auf Breslau. Deshalb will ich Euch auf dem Rückweg besuchen, dessen ich bis jetzt noch nicht ganz gewiß bin, wie es sich zu Glogau fügen möchte.

71.3. Wegen Herrn Balthasar Walther berichte ich Euch, daß er mir erst vor acht Tagen geschrieben hat und sich seit Martini zu Lüneburg bei der Witwe des Herrn Gesnerus aufhält, dem ehemaligen Pfarrherrn. Er läßt Euch auch grüßen. Und wenn ihr gedenkt, Euch zu diesem Ort zu begeben, werdet Ihr bei ihm allerlei Nachricht wegen meiner Bekanntschaft in Sachsen erfahren, weil dieselbe recht groß ist.

71.4. Wenn Ihr nach Magdeburg kämt, dann fragt doch bei Herrn Just Berckmann, einem Kaufmann, nach. Denn ich habe ihm zu Fastnacht geschriebene Sachen geschickt, welche er Herrn Walther nach Lüneburg schicken sollte, ob sie fortgekommen wären. Denn Herr Walther berichtet jetzt, daß er nichts bekommen habe.

71.5. Und wenn es noch dort wäre, dann könnt ihr alles mit zu Herrn Walther nehmen. Es gehört zu dem Traktat über die Genesis neben ausführlichem Bericht allerlei Sachen in einem Sendbrief auf sein Begehren an mich. Und wollt Herrn Walther und die Kinder Christi, bei denen ihr Bekanntschaft sucht, von mir grüßen. Ich will Herrn Walther auf die Leipziger Messe ausführlich schreiben, wenn ich jetzt nach Hause kommen werde.

71.6. Bei Herrn M. Nagel zu Torgau werdet ihr Bericht bekommen, wo meine Sachen in Sachsen bekannt sind. Wollt ihn von mir grüßen. Wollt auch Euren Bruder, den Herrn Konrektor, grüßen und ihn bitten, daß er mir doch zu Willen sein wollte und bisweilen ein Brieflein, welches von Glogau oder Weichau zu ihm käme oder ich ihm senden würde, befördern wolle. Ich verschulde es ihm in der Liebe.

Geben in Eile auf dem Schloß zu Weichau, Euer in der Liebe Christi dienstwilliger J. B.

44. Sendbrief an Karl von Ender, 7.5.1623

Unser Heil im Leben, Jesus Christus in uns!

44.1. Edler, in Christus geliebter Herr! Nebst herzlicher Wünschung göttlichen Lichtes in wirklicher Kraft des Heiligen Wesens in unserem Immanuel, übersende ich dem Junker das Büchlein „Von Christi Testamenten“ samt der Vorrede. Es soll in den drei Bögen, darin die Vorrede ist, nur ein Bogen als Vorrede abgeschrieben werden, denn ich wollte das Büchlein umschreiben und hatte das erste Kapitel wieder angefangen, bin aber noch im Vorhaben, das Büchlein in eine kindlichere Form zu besserem Verstand der Einfältigen zum Druck zu bringen (die zweite Fassung des Büchleins „Von Christi Testament der Heiligen Taufe“). Der Junker lasse es aber wegen des hohen Sinnes trotzdem nachschreiben, weil er und andere geübte Liebhaber diesen Sinn wohl verstehen. So kann man den hochbegabten Sinnen das Hohe geben und den Einfältigen das Gedruckte, wiewohl sie beide eines Verstandes sein werden, außer daß im Gedruckten einfältigere Worte gebraucht werden.

44.2. Herr von Fürstenauer (Kaspar von Fürstenau) läßt den Junker grüßen und will mit seinem Pfarrer von Zodel verhandeln, daß er Herrn Walther etwas abschreiben soll. Wenn der Junker dieses „Von Christi Testamenten“ schreiben lassen will, dann könnte man ihm etwas schicken.

44.3. Auch teile ich dem Junker mit, daß ich bei Herrn Fürstenauer etwas sonderlich Großes bemerkt habe, daß ihn Gott mit einem mächtigen Stahl seiner Gnade berührt und ihm Seele und Geist zerschellt hat, welches ich kräftig bei ihm erkannte. Ich hoffe zu Gott, es werde mit ihm gehen wie mit Herrn Johann Sigmund von Schweinichen, welches ich herzlich wünsche und zu Gott flehe, daß es geschehe, weil ich schon den Prozeß mit Augen gesehen habe. Doch darüber Weiteres zu seiner Zeit. Ich bitte, es geheim zu halten und mit Gebet dem genannten Herrn im Geist Christi ringen zu helfen, wie uns solches gebührt. Damit empfehle ich den Junker der Liebe Jesu Christi.

Datum Görlitz, 7. Mai Anno Christi 1623, J. B.


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