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(Text von Jacob Böhme 1623, deutsche Überarbeitung 2022)
Die sehr schöne Darstellung von Josef, wie er an Potiphar verkauft wurde, was sich dort mit Josef zugetragen habe, und von der Keuschheit und Gottesfurcht Josefs. (1.Mose 39)
66.1. »Josef wurde hinab nach Ägypten geführt, und Potiphar, ein ägyptischer Mann, der des Pharaos Kämmerer und Hofmeister war, kaufte ihn von den Ismaeliten, die ihn hinabgebracht hatten. Und er war in seines Herrn, des Ägypters, Haus. Und sein Herr sah, daß der Herr mit ihm war, denn alles, was er tat, ließ der Herr in seiner Hand glücken, so daß er Gnade fand vor seinem Herrn und sein Diener wurde. Er setzte ihn über sein Haus, und alles, was er hatte, gab er unter seine Hände. Und von der Zeit an, da er ihn über sein Haus und alle seine Güter gesetzt hatte, segnete der Herr des Ägypters Haus um Josefs willen, und es war lauter Segen des Herrn in allem, was er hatte, zu Hause und auf dem Feld. Darum ließ er alles unter Josefs Händen, was er hatte, und kümmerte sich selbst um nichts, außer um das, was er aß und trank. Und Josef war schön an Gestalt und freundlich im Angesicht.«
66.2. Die Historie stellt uns einen wahren Christenmenschen dar, wie er sei und was er in der Welt sei, auch was sein Amt sei. Das heißt, wenn Christus in ihm offenbar wird, dann ist er nicht mehr sein eigen, so daß er tue, was er wolle. Auch hat er in dieser Welt nichts mehr zum Eigentum, so daß er mit Wahrheit sagen könnte: „Mein oder Ich! Ich bin es, Ich habe es, es ist Mein eigen, und Ich kann damit tun, was meinem Fleisch und eigenen Willen gelüstet. Ich kann es zu meinen Ehren und meiner Wollust gebrauchen, daß ich dadurch in der Welt hoch sei.“ Nein, das alles hat ein wahrer Christ nicht in seiner Gewalt.
66.3. Denn er herrscht wohl darin mit Recht, so daß er es mit Recht und Wahrheit hat und besitzt, aber nur als ein Diener seines Herrn Christi. Denn ein Christ ist ein Christ in Christus, und ist zum christlichen Leben und zum Gehorsam des Glaubens durch das Blut Christi um Christi 30 Silberlinge erkauft worden. Und davon hat ihm sein Herr Christus die 20 Silberlinge Josefs gegeben und ihn darüber zum Verwalter gesetzt, daß er damit werben soll, bis daß er auch 30 Silberlinge daraus mache, die er zum Malzeichen seines Herrn Christi als einen Schatz seines Christentums in sich tragen soll.
66.4. Dieweil aber sein Herr Christus um 30 Silberlinge zum Tode verraten und verkauft wurde, und Josef von seinen Brüdern um 20 Silberlinge zum leibeigenen Knecht verkauft wurde, so steht in diesen beiden die Darstellung eines Christen. Nämlich Christus selbst, wenn dieser im Menschen offenbar wird, zeigt dem Menschen die 30 Silberlinge, darum er zum Leiden und Sterben verkauft wurde. Und dieses, sein Leiden und Sterben, zieht er ihm an, darin die Darstellung der 30 Silberlinge und wie er verraten und verkauft worden ist eingefaßt steht. Damit wird der Mensch ein Christ in Christi Leiden und Sterben und steht in Christi Bildung und verliert das Recht seines natürlichen eigenen Willens, sowie das Reich dieser Welt.
66.5. Denn in Christi Tod stirbt er nach seinem inneren geistigen Menschen dieser Welt ab, und ist nach diesem inneren Menschen nicht mehr in der Welt, sondern in Christus in Gott, nämlich im Reich Gottes, wie geschrieben steht: »Das Reich Gottes ist innerlich in euch.« Oder: »Prüft, ob Christus eine Gestalt in euch gewonnen habe.« Oder: »Ihr seid Tempel des Heiligen Geistes, der in euch wohnt.« Oder: »Ihr seid Christi Knechte und sollt das Fleisch des Menschensohns essen. So bleibt er in euch, und ihr in ihm, und ohne ihn habt ihr kein Leben.« Gleichwie ein Kraut und Gras sowie alle irdischen Dinge ohne die Kraft der Sonne kein Leben noch Wachstum oder Wirkung in sich haben, so hat auch der Mensch ohne die göttliche Sonne, die sich durch Christus in seinen Christen offenbart hat, kein Leben oder Seligkeit ohne Christus in sich.
66.6. Und wie nun Christus um 30 Silberlinge dem Leiden und Tod verkauft worden ist, welche 30 Silberlinge die 30 Jahre Christi vor seiner Taufe andeuten, bevor er in das Amt und göttliche Regiment nach der Menschheit eintrat, da er seinen menschlichen Willen Gott übergab und der kreatürliche eigene Wille in ihm aufhörte, so muß auch ein Christ, wenn er es in Wahrheit geworden ist, mit seinem eigenen natürlichen Willen für 20 Silberlinge aus den 30 Silberlingen Christi zum Knecht Gottes in Christus verkauft werden, nämlich zum Dienst und Gehorsam seines Herrn, der in ihm lebt. Denn seine vergehenden Jahre der adamischen natürlichen Zeit dieser Welt sind in und mit Christus um 20 Silberlinge verkauft worden. So hört die adamische Zeit seines natürlichen Willens in solchem Verkaufen in Christi Leiden und Tod auf, und er wird von seinem Herrn, der in ihm vom Tod auferstanden ist und über den Tod herrscht und regiert, zum Amtmann in Christi Güter eingesetzt, um diese durch Christi Geist, als in seines Herrn Kraft, der in ihm ist, in dieser Welt nach diesem Reich Christi zu verwalten.
66.7. Gleichwie Josef von seinem Vaterhaus weggenommen und zuerst in die Grube geworfen wurde, darin er verderben sollte, und danach wieder von seinen Brüdern für 20 Silberlinge zum Dienst eines leibeigenen Knechts verkauft wurde, so wird auch ein Christ zuerst von seinem Vaterhaus der adamischen Natur genommen und in die Grube von Christi Leiden und Tod geworfen, und dort verliert er die adamische Erbschaft des Reichs dieser Welt und wird mit seinem Willen und Gemüt davon weggeführt. Damit muß er das Haus seines Vaters wie auch alle Eigenheit samt dem natürlichen Leben seinen Brüdern in seinem Vaterhaus übergeben, das heißt, der Gewalt Gottes im Regiment dieser Welt, und sich in die Grube des Todes seines natürlichen Willens hineinwerfen lassen, und sich darin dem Tod Christi übergeben und gern des Willens dieser Welt absterben wollen, als seines adamischen Hauses, und alles gern erleiden, was ihm seine Brüder dieser Welt antun.
66.8. Wenn er dann so in der Grube Christi liegt und sich dem Tod Christi übergeben hat, daß er willig alles um Christi willen verlassen und in diesem Tod seines eigenen Willens absterben will, dann zieht ihn Christus, sein Herr in ihm, seine Auferstehung vom Tod an und macht ihn in sich lebendig mit seiner Kraft, und zieht ihn aus der Todesgrube wie Josef, und führt ihn in seinen Dienst wie Josef in den Dienst des Hofmeisters des Pharaos. So geht dann alles glücklich in ihm zu, denn die göttliche Kraft regiert ihn, er bekommt nun göttliche Vernunft und Weisheit und weiß, wie er mit seines Herrn Gütern umgehen soll. Das bedeutet in der christlichen Bildung so viel wie:
66.9. Wenn ein Mensch in solchem Prozeß ein Christ wird, dann hat er alles, was er von zeitlichem Gut hat und vermag, sowie seinen eigenen Willen Gott übergeben. Und der führt ihn zuerst in Christi Bildung hinein und macht ihn Christus ähnlich, aber nimmt ihm nichts von dem, was er zuvor im Naturrecht gehabt hat, wie die Verwaltung zeitlicher Güter, sondern er nimmt ihm seine Gewalt der eigenen Natur, nämlich den bösartigen Eigenwillen, den Adam von Gott weg in eine kreatürliche Ichheit des eigenen Wollens und Wirkens in irdische Dinge hineingeführt hat, dadurch Adam Gott, seinem Herrn, das Regiment in sich entzog und sich das Wesen dieser Welt zum Eigentum machte, gleichsam als hätte er es selber geschaffen, und wollte darin nicht Gottes Diener und seiner Mitzweige Pfleger sein und ihnen seine Kraft, Willen und Wesen geben, sondern sagte „Mein“, das heißt: „Es ist mein eigen, ich will es nur für mich behalten, und in mir soll es ruhen!“ Und er wollte damit nicht in das Leben seiner Brüder wirken und ihnen auch von seinem Leben und seiner Kraft nichts abgeben, sondern entzog ihnen sogar durch die Meinheit die Kraft im Reich der Natur, nämlich die Gewächse der Erde, die Gott allgemein gab. Denn er wollte nur seinen eigenen Leib füllen und damit groß geachtet und ein Herr über seine verarmten und verschmachteten Mitzweige sein, denen er doch fälschlich den Saft entzog, mit dem sie ihr Leben stärken sollten, und (auch sie) in eine Meinheit hineinführte. Diese Gewalt nimmt Gott einem Christen und macht ihn wieder zum Pfleger seiner Brüder, als zu einem Haushalter seines Herrn. So läßt er ihn in seinen gehabten zeitlichen Gütern sitzen, sofern er dieselben im Naturrecht mit Recht und Wahrheit besitzt, und macht ihn zu einem Josef darin.
66.10. Dieser Josef spricht nun nicht: „Das ist mein Dorf, Stadt, Land, Fürstentum, Königreich oder Kaisertum. Oder auch Haus, Acker, Geld, Gut, Vieh, Frau und Kind sind mein.“ Sondern er spricht mit ganzem Herzen und Gewissen aus einem neuen guten christlichen Willen: „Es gehört alles meinem Gott und seinen Kindern. Er hat mich nur zum Verwalter und Haushalter dahinein gesetzt, daß ich es dahin wenden soll, wo er es hinhaben will. Ich soll mich und seine Kinder wie Notdürftige damit ernähren, und soll ihr Pfleger sein, und ihnen auch meine Kraft und die göttliche Gabe der Vernunft geben, und sie damit unterrichten, pflegen und zum Guten regieren. Gleichwie mich Gott mit seinem Geist regiert, so soll auch ich, der ich sein Amtmann in dieser Welt bin, mit meinem Verstand und Amt meine Mitglieder in solcher Kraft regieren und sie pflegen. Denn alles, darüber ich herrsche, ist nicht mein, sondern gehört Gott und ihnen. Ich aber soll ihnen tun, wie Gott mir tut.“
66.11. Diesem gibt Gott Josefs Vernunft und Weisheit und regiert durch ihn das Haus dieser Welt. Er sei in welchem Stand er wolle, so sitzt er darin in Gottes Amt und ist nur ein Diener des Amtes und ein Pfleger göttlicher Geschöpfe. Denn das wahre Regiment seines christlichen Willens ist im Himmel, und er wandelt zugleich im Himmel und auf Erden, wie die Schrift sagt: »Unser Wandel ist im Himmel. (Phil. 3.20)« Denn nach dem inneren Grund seiner Seele und seines Geistes ist er in Christus in Gott, als im ewigsprechenden Wort, von dem sich Adams Wille abgewandt und heraus in diese Welt gekehrt hat, und welchen Willen ihm Christus wieder in das ewige Wort hineingekehrt hat. So regiert er nun mit dem wiedereingekehrten Willen durch das äußere Wesen dieser Welt, nämlich im geformten und ausgesprochenen Wort, als ein Diener und Werkzeug des ewigsprechenden Wortes in seinen Geheimnissen der Weisheit, als im sichtbaren kreatürlichen Wort.
66.12. Darum wird dir, oh Regent im Amt Josefs dieser Welt in allen Ständen, angesagt und unter die Augen gestellt, daß du, obwohl du dich einen Josef nennst, jetzt nicht wie ein Josef regierst, nämlich nicht wie ein Christ, sondern wie ein Kind der Sterne und Elemente. Du regierst nicht anders als die Brüder Josefs, die nicht wollten, daß Gott Josef zum Regenten erwählt hatte. Sondern sie wollten es selber sein, und lieber wollten sie Josef töten, bevor sie erfahren wollten, was Gott mit Josefs Visionen tun wollte. Sie wollten es nicht leiden, daß Josef ihr Unrecht dem Vater ansagte, sondern wollten tun, was sie recht deuchte. Denn sie sprachen bei sich selber: „Wir sind die Ältesten und sollen regieren! Was will uns der Kleinste einreden? Wir besitzen das Regiment von Rechts wegen im Naturrecht. Unser ist die Gewalt, und deshalb wollen wir Josef aus dem Weg räumen und ihn in die Grube werfen, und dann tun wir, was wir wollen.“
66.13. So tust auch du, oh Regent in der Christenheit in allen Ständen, denn die Sterne und der bösartig abgewandte Adam in seinem eigenen Willen regiert durch dich in Gottes Amt im Reich dieser Welt. Du hast nur den Mantel Christi darüber gedeckt, so daß man dich nicht erkennen soll, daß du der böse Adam bist und mit der Klugheit der Sterne und durch des Teufels List regierst, nämlich nur in eigener Ichheit eigenen Wollens zu deiner Pracht, eigenen Macht und überheblich stolzen Herrlichkeit.
66.14. Höre, bist du ein Christ? Dann bist du doch mit Christus im falschen Willen Adams und im überheblichen Stolz des Teufels abgestorben. Wenn du aber heidnisch willst und lebst, was rühmst du dich dann eines Christen? Warum streitest du um Land, Städte und Dörfer, wenn du nicht wie Josef von Gott zum Regenten dazu eingesetzt und berufen bist? Was machst du dir in Christi Reich das Land leibeigen, wenn du doch kein Fürst und Diener im Amt Gottes bist und ihm dienst?
66.15. Bist du ein eigener Herr auf Erden und tust, was dein eigener Wille will, dann tust du nicht, was Gott will. Auch regierst du nicht aus dem Himmel, sondern aus der Welt und mit der Macht der Welt. Woher nimmst du das aber in Christi Reich und aus welcher Gewalt, daß du in Gottes Amt den Schweiß des Armen an dich ziehst und ihm seine Kraft nimmst und ihn darben läßt? Oder daß du ihn mit deiner Last quälst, nur damit du viel Reichtum besitzen und große Mengen Eigentum schaffen kannst, mit dem du dich gewaltig machst und deinen Sinn in den überheblichen Stolz führst. Woher nimmst du das im Reich Christi, daß du besser sein willst als die Gliedmaßen deines Leibes? Da wir doch in Christus nur Einer sind, wie ein einiger Baum in viel Zweigen und Ästen, und Christus allein ist unser Saft und unsere Kraft und pflegt uns gemeinsam, den Amtmann als den Ast nicht anders wie die Zweige, auf denen die Früchte wachsen.
66.16. Du Gewaltiger im Amt Gottes, weißt du nicht, daß du in deinem Amt ein Ast im Baum Christi bist und daß auf deinen Zweigen die Früchte wachsen sollen? Wenn du nun den Zweigen deinen Saft entziehst und sie nur zum Bewegen treibst, was können sie dir für Früchte gebären? Sie verdorren doch nur an dir und bringen keine Früchte. Und daran bist du dann schuld, daß der Ast, der du im Amt Gottes bist, ohne Frucht steht. Was nützt du nun deinem Herrn, der dich gepflanzt hat? Wirst du nicht abgehauen und in das Feuer des göttlichen Zorns geworfen werden, wie ein dürres Holz? Seid ihr nicht die großen Bäume im Wald der Welt, die ohne Frucht mit ihren Zweigen stehen? Was tragen sie für Früchte? Nichts als Laub, das im Wind abfällt und verfault und ohne Früchte wieder in die Erde geht! Was dient nun ein Baum ohne Früchte dem Leben? Nicht anders als nur zum Feuer oder zum Bau einer Wohnung.
66.17. So bist auch du in deinem Amt nur das Gebäude einer Wohnung, darin die Kinder Gottes gedeihen sollten, aber aus deinem Stamm wachsen sie nicht, denn du bist nur ein Amtmann des Gestirns und dienst dem Reich der Unterschiedlichkeit von Bösem und Gutem. Und wie dieses aufbaut und zerbricht, so auch du: Was der eine Amtmann aufbaut, das reißt der andere nieder. Wer aber in Christi Geist in diesem Amt dient, der wirkt mit Josef, so daß lauter Segen in seinem Amt ist und seine Zweige viele Früchte im Reich Christi bringen.
66.18. Ihr Adligen und Gewaltigen unter Christi Namen, woher kommt euch das in Christi Reich, daß ihr unter einem christlichen Namen solche seid? Euer Amt ist Gottes: Wenn ihr wie ein Josef darin regiert, als Diener Christi, dann ist es recht und Gott gefällig. Woher kommt euch aber in Christi Reich der Adel und die Leibeigenheit? Ist das nicht heidnisch? Worin steht ihr Grund? Nirgends anders als im überheblichen Stolz und eigenen Willen des Teufels.
66.19. Wer hat euch denn in diesen Anfang gepflanzt? Eure Fürsten und Könige, denen ihr gedient habt! Wozu ist das geschehen? Darum, daß der überhebliche Stolz auch mit einem schönen Kleid umgeben sei, und man nicht von den hohen Ämtern Gottes sagen könne, sie wären mit einem gemeinen Kleid bekleidet, sondern daß sie von der Niedrigkeit und Einfalt unterschieden würden, und das war eben auch Luzifers Fall.
66.20. Aber Christus hatte auf Erden nichts, wo er sein Haupt hinlegte, weder ein Haus, noch etwas anderes. So hat auch ein Christ nichts zum Eigentum, und was er hat, das hat er amtshalben und dient darin seinem Herrn. Wer aber anders darin dient, der dient der adamischen Eigenheit und nicht Christus, und er ist kein Christ, sondern nur ein Titelchrist. Er ist ein Kind der Natur des Reichs dieser Welt, in deren innerem Grund die Hölle steht, und er dient dem Reich der Finsternis. Aber äußerlich dient er dem Vorbild Gottes nach Liebe und Zorn, darin alles miteinander im Streit steht, nämlich für den Tag der Entscheidung und Wiederbringung dessen, was vor diesem gewesen war.
66.21. Denn in dieser Zeit geht alles im freien Willen, und was dann kein Gesetz hat, das hat auch kein Gericht. Was aber Gesetz hat, das hat sein Gericht in sich. Und darum, weil der Mensch, besonders ein Christ, ein Gesetz hat, so daß er nicht mehr sein eigen ist, sondern einem anderen untergeben, nämlich Christus, aber er ihm nicht unterworfen sein will, dann ist das Gericht im Gesetz und verdammt den eigenen Willen und seine Eigenheit.
66.22. Wir heben nicht die Ämter auf, die Gottes sind, wie auch die Amtsleute, die Gottes Knechte sind. Wir unterscheiden nur, was ein Diener Christi und dann ein Diener der Natur in menschlicher Eigenheit sei. Ist einer in einem adligen Amt im Reich Christi, dann ist sein Amt Adel, aber er ist ein Diener unter diesem adligen Amt und wird wegen des Amts zu Recht geehrt. Man nimmt ihm nicht die Ehre, die sein Amt trägt, aber alle Eigenheit im Reich Christi gehört der bösartigen adamischen und von Gott abgewandten Natur. Denn in Christus selbst ist kein (eigener) Adel, sondern allesamt sind wir nur Kinder und Diener.
66.23. Unser adamischer Adel ging in Adam verloren. Was einer also in dieser Welt im Reich Christi adlig ist, das ist er in seinem Amt adlig, wie ein König und Fürst in seinem Amt adlig ist, dem er dient. Dient er aber darin nicht Christus, sondern nur seinem Amtsadel und seiner Eigenheit und spricht „Mein ist die Gewalt und das Reich!“, dann nimmt er Gott seine Gewalt und macht eine Eigenheit daraus, und wird ein Luzifer unter Gottes Amt.
66.24. Gleichwie Luzifer, der auch ein Thronfürst und König in Gottes Amt war. Aber als er sich das Amt zur Eigenheit machte, da wurde er verstoßen und ein anderer bekam sein gehabtes Amt im Reich Gottes. Er selber blieb wohl ein Fürst in seinem Amt, doch nicht in Gottes Liebe, sondern in seinem Zorn, und darin muß er ihm nun auch dienen. So ist es auch mit den Ämtern in dieser Welt zu verstehen.
66.25. Denn ein gottloser Fürst und Adliger bleibt wohl im Amt, aber er dient nicht Gottes Liebe, sondern dem Zorn. Wie jetzt geschieht, da die Fürsten dem Zorn Gottes mit Morden und Verwüsten von Land und Leuten dienen, nämlich in Rache und Gewalt der Eigenheit, darin Gottes Zorn auch kreatürlich wird. Das tun sie aber nicht Christus in Christi Amt, sondern dem Zorn Gottes, der die falsche Titelchristenheit mit ihrem Zornamt dadurch bestraft.
66.26. Denn in Christi Amt ist nur Liebe und Gerechtigkeit sowie Demut und Gottesfurcht und keine Eigenheit. Aber das Amt hat die Gewalt, das Böse vom Guten zu scheiden, als eine Dienerin Gottes, aber nur mit Gerechtigkeit und nicht mit eigenem Willen. Der da sagt »Du sollst nicht töten!«, der sagt auch zum Amtmann, daß er niemals unrecht tun und ohne das Amt niemanden töten soll.
66.27. Denn das Amt fordert ein wahres Gericht. Dann tötet das Amt das gottlose Wesen und scheidet es vom Guten, und der Amtmann ist frei vom Gebot des Tötens. Was er aber in eigenem Willen tut, darin geht das Gericht auch über ihn.
66.28. Mit Potiphar, dem Kämmerer des Pharaos, haben wir eine gewaltige Darstellung, als er Josef über sein ganzes Haus setzte und ihm alle Gewalt gab, um in seinem Regiment zu herrschen. Wie auch Gott seine Amtsleute in sein Haus dieser Welt eingesetzt hat, damit sie in kreatürlicher Art das tun und verrichten sollen, was Gott in ihnen auf geistige Weise tut.
66.29. Denn Potiphar nahm sich nichts an, sondern ließ Josef das Regiment verwalten. So sind auch alle Amtsleute im Reich dieser Welt eingesetzt, damit sie äußerlich Gottes Regiment verwalten sollen, wie Christus ein Gleichnis von den Verwaltern gibt, die sein Herr über alle seine Güter setzte und fern übers Land zog, aber nach langer Zeit wiederkam, um von seinen Verwaltern Rechenschaft zu fordern. Dazu hatte er die Ämter ausgeteilt und dem einen 5 Pfund, dem anderen 4 Pfund, dem dritten 3, dem vierten 2 und dem fünften 1 Pfund gegeben, damit ein jeder werben und Nutzen schaffen sollte. Und weil der, der nur ein Pfund bekam, nichts gewonnen hatte, hieß er ihm Hände und Füße binden und ihn in die Finsternis hinauswerfen. Und er hieß auch diejenigen Mörder umbringen und ihre Stadt anzünden, welche, nachdem ihr Herr weggezogen war und ihnen seine Güter anvertraut hatte, im Haus alsbald anfingen, zu raufen und zu schlagen, zu saufen und zu spielen, und seine Boten zu töten, die er zu ihnen gesandt hatte. Welches alles Gleichnisse auf seine Amtsleute im Haus dieser Welt sind, wie er die bösartigen Haushalter mit höllischem Feuer strafen will, und ihre Stadt, nämlich ihr in eigener Wollust zu ihren eigenen Ehren gebautes Reich, verbrennen und sie ewiglich von seinem Angesicht vertilgen will. Den anderen aber, die in seinem Dienst treu gewesen waren, gab er volle Gewalt über sein Haus, und gab ihnen auch das Regiment und das Pfund von dem, der es in der Erde verborgen hatte und sein anbefohlenes Amt nicht betreiben wollte. (frei nach Matth. 25.14)
66.30. So ist allen Gewaltigen in den Ämtern solches wohl zu betrachten, daß sie in Gottes Amt wirken sollen und wohl haushalten und nicht denken, wie sie nur auf Adel und Hoheit trachten, und wie sie ihren Bauch und ihre Wollust mit Fressen und Saufen füllen wollen, und wie sie dem Armen seinen Schweiß mit Unrecht abringen wollen und auf ihren Hochmut und ihre Bankettiererei (bzw. Prahlerei) vertrauen und den Armen und Unteren mit Gewalt zwingen und drängen. Sie alle miteinander sind die bösartigen Amtsleute und die Mörder, welche der Herr umbringen und ihre Stadt mit dem Feuer des göttlichen Zorns anzünden hieß.
66.31. Aber jetzt ist die Welt voller solcher Amtsleute, denen ihr Herr schon lange Zeit viele Boten gesandt hat, die sie aber nur verhöhnt und verachtet haben. Darum ist nun auch die Zeit der Ankunft des Herrn, denn sie haben ihm auch bis jetzt seinen Sohn ermordet, als die rechte Wahrheit seines Wortes, und wandelten nur in eigener Lust. Darum sollen diese Haushalter Rechenschaft von ihren Ämtern geben.
66.32. Weiter redet Moses von Josef und spricht: »Und es begab sich nach dieser Geschichte, daß die Ehefrau seines Herrn ihre Augen auf Josef warf und sprach: „Schlaf mit mir!“ Er weigerte sich aber und sprach zu ihr: „Siehe, mein Herr nimmt sich vor mir nichts an, was im Haus ist, und alles was er hat, das hat er unter meine Hände gegeben, und hat nichts Größeres im Haus, das er mir vorenthalten hätte, außer dir, weil du seine Ehefrau bist. Wie sollte ich nun ein so großes Übel tun und gegen Gott sündigen?“ Und sie bedrängte Josef täglich mit solchen Worten, aber er gehorchte ihr nicht, daß er mit ihr schlief und bei ihr wäre.« Dies ist nun das mächtige Bild, wie es mit Gottes Kindern geht, wenn sie das göttliche Regiment in der neuen Wiedergeburt erlangt haben, in dem sie nun in diesem Fleischhaus und adamischen Gefängnis mit ihrem heiligen und gesegneten Regiment wandeln müssen, und wie die Seele dieses unzüchtige Hurenweib im Geist dieser Welt in tierischer Begierde in Fleisch und Blut zur Ehe genommen habe. Und wie dieses hurende Weib nun gegen den züchtigen Josef steht und ihn immerfort zu ihrer Buhlschaft treiben und ziehen will, damit das neue Jungfrauenkind wieder mit der tierischen Hure buhlen soll, wie es Adam tat, und aus welcher Buhlschaft ihm die irdische Eva entstand, mit der er danach allen Tieren gleich buhlte.
66.33. Diese buhlerische Eva steckt nun den Kindern Gottes noch in Fleisch und Blut und ist die tierhafte Seele, als der tödliche Geist voll bösartiger Lust und Unreinheit, darin der Teufel seine Schlangenbrut noch stecken hat, um dessen willen der Leib sterben und verwesen muß. Denn dieser tierhafte Geist muß zerbrechen und wieder ganz in seine Mutter eingehen, aus welcher er im Anfang gekommen war.
66.34. In dieser Hure greift nun der Teufel das edle Jungfrauenkind täglich an, nämlich den züchtigen Josef in Christi Geist, der von himmlischer und geistiger Leiblichkeit umgeben ist, von Christi Fleisch und Blut. Dieses Jungfrauenkind ist nun auch die Frau in der Apokalypse, die auf dem Mond steht, nämlich auf dieser irdischen Hure, und zwölf Sterne in ihrer Krone auf dem Haupt hat. Und diese Frau will den Drachen in der irdischen Hure stets verschlingen, wenn sie das heilige Kind, als den edlen Josef gebiert, als die Zucht und göttliche Reinheit, was dem Drachen in Fleisch und Blut wehtut, weil er sein Reich übergeben soll, und deswegen den großen Wasserstrahl der Irdischkeit auf sie schießt, um das Kind samt der Mutter zu töten.
66.35. Aber die Erde kommt dieser Frau zu Hilfe, das heißt, die irdische Begierde in Fleisch und Blut sperrt ihren Rachen auf und verschlingt den Strahl des Drachen in sich, weil es ihresgleichen ist, damit dem Jungfrauenkind nichts schade. Wie dem Josef die unzüchtigen Drachen-Huren-Strahlen der Frau des Potiphars nichts schadeten, als er von ihr drang und ihr seinen Willen nicht ergab.
66.36. Und dies ist erst die allergewaltigste Prüfung der Kinder Gottes: Sobald sie zur neuen Geburt kommen, dann erscheint der Teufel und bewegt die leibliche Hure in Fleisch und Blut mit allerlei falscher Begierde und Einbildung, und dann bildet er in diese Hure die Ehre und Herrlichkeit der Welt ein, wie auch Reichtum und Wollust dieses Lebens, oder er modelt das große Elend und die Verlassenheit hinein, darin die arme Seele in der Welt Spott und Schande stehen muß, oder die große Unwürdigkeit der Seele, oder den Geiz, so daß sie denkt, es wird ihr an zeitlichem Gut fehlen und sie werde in große Armut fallen.
66.37. Und den Gewaltigen und Reichen modelt der Teufel in diese Schlangenhure ihres Fleisches ihren Adel und ihre Hoheit ein, sowie große Ehre und Macht oder gutes Essen und Trinken, und wie sie das mit Macht und List zuwege bringen können, oder die Unzucht und Leichtfertigkeit, oder daß sie vor der Welt ihr Ansehen verlieren sollten, wenn sie in die Demut gehen, und wer würde sie noch fürchten und ehren, wenn sie sich nicht selber emporwendeten.
66.38. Dies alles sind die Worte der potipharischen Hure in Fleisch und Blut, die der Teufel im eingefaßten Gift der Schlange mit seiner Imagination rege macht, damit er die arme, in Fleisch und Blut gefangene Seele plagt und sie zu solcher und dergleichen Unzucht und Sünde reizt. Und diese Hure im Fleisch spricht immerfort zur Seele: „Schlaf doch mit mir! Buhle nur mit mir, dann wirst du wohl selig werden. Pflege nur deine Lust mit mir!“ Und tut solches täglich, nur damit sie Josef als das neugeborene Kind in die Lust bringen könne, so daß die Seele anbeißen und das neue Kind mit seiner schönen Krone besudeln soll.
66.39. Denn diese Hure schämt sich vor diesem neuen Kind, denn sie gleicht einer besudelten Sau gegenüber der reinen Sonne. Wenn sie von der weltlichen Üppigkeit reden hört, da erfreut sie sich. Wenn man aber von solcher Zucht und Reinheit spricht, dann schämt sie sich und besudelt die Rede der heiligen Kinder mit den obigen Greueln, und verachtet sie, denn sie weiß, daß sie sterben muß, wenn Josef das Regiment behält.
66.40. Aber der fromme und züchtige Josef, als der innere neue Mensch, spricht zu dieser Hure: „Sieh, mein Herr hat mir all sein ewiges Gut und ganzes Reich Christi anvertraut, wie sollte ich dann so übel vor ihm handeln? Ich schlafe nicht mit dir, denn du bist die Ehefrau deines Herrn, nämlich des Geistes dieser Welt. Ich will nicht nahe um dich sein, noch bei dir liegen.“
66.41. Und Moses spricht weiter: »Es begab sich an einem dieser Tage, daß Josef in das Haus ging, um seine Arbeit zu tun, und kein Mensch vom Hausgesinde dabei war. Und da erwischte sie ihn an seinem Kleid und sprach: „Schlaf mit mir!“ Er aber ließ das Kleid in ihrer Hand und floh und lief zum Haus hinaus. Als sie nun sah, daß er sein Kleid in ihrer Hand ließ und hinausfloh, rief sie das Gesinde im Haus und sprach: „Seht, er hat uns den hebräischen Mann hereingebracht, daß er uns zuschanden mache. Er kam zu mir herein und wollte mit mir schlafen, aber ich rief mit lauter Stimme. Und als er hörte, daß ich ein Geschrei machte und rief, da ließ er sein Kleid bei mir und floh und lief hinaus.“« Dies ist nun die Darstellung, wie der Teufel durch dieses Hurenweib mit Gewalt der Seele zusetzt. Vor allem, wenn der Teufel merkt, daß die Seele allein ist und sich der Geist Gottes in ihr nicht bewegt, dann läuft er mit großem Sturm gegen sie und ergreift sie in ihrer Lebensessenz und will sie in solche Hurerei zwingen, nur damit das edle Jungfrauenkind besudelt werden möge und er in der Schlangenkraft mit der Seele buhlen könne.
66.42. Auch ist dies die gewaltige Darstellung der hurenden und unzüchtigen Welt, wie die schönen Töchter Evas im Trieb des Teufels der zarten Jugend nachrennen und sie mit heuchlerischen Gebärden und falscher Brunst an sich ziehen. Und wie sie sich schmücken und zieren, als säße ein Engel unter ihrem Schmuck, und damit manch frommes Kind, das niemals danach begehrt hat, an sich ziehen und gleich mit des Teufels Ketten binden und um Ehre und Zucht bringen.
66.43. Und wenn es ein frommer und züchtiger Josef wäre, der in diese Saubälge und Lockhäuser des Teufels nicht eingehen wollte, den verrufen sie und bezichtigen ihn der Unzucht, als hätte er sie betrügen wollen, und rauben ihm seine Ehre, und sind doch eben selber diese Brunsthengste, welche Zucker aufstreuen und Galle zu essen geben, welche fremden Männern so lange Zucker aufstreuen, wie sie Geld im Beutel haben, bis sie diese um Habe, Ehre und Gut bringen, so daß sie ihnen nichts mehr zu geben haben. Dann schänden sie diese und lassen sie ohne Rock nach Hause gehen, wie Potiphars Frau den Josef. So hat der Teufel die Seele, und die Hure hat den Rock zum Pfand, in welcher Hure nichts anderes regiert, als die Schlange mit ihren Jungen. Und wer sich zu ihnen tut, der wird von der Schlange vergiftet, denn die Schlange schmeißt ihm ihre Brut in Leib und Seele und vergiftet ihn so sehr, daß er sein Herz an die Hure hängt und ihr nachläuft, als wäre er fest an sie gebunden.
66.44. Von diesem Ungeziefer ist jetzt die Welt voll, bei Hohen und Niedrigen, und darum ist nun auch die Schlange selber schwanger und wird ihre Brut ausschütten, die der Eifer Gottes verzehren wird. Denn Josef mit seinem Regentenamt liegt nun im Kerker, und Potiphars Weib regiert in ihrer Brunst, die sie zu Josef trug. Denn weil sie Josef nicht betrügen konnte, hatte sie sich selber in Josefs Regiment gesetzt und regierte das Haus dieser Welt, und hat übermäßig viele Hurenkinder geboren, welche nun an ihrer Statt regieren. Und darum kommt das Gericht ihrer Hurerei und verurteilt sie, so daß man sagen wird: „Sie ist gefallen! Sie ist gefallen, Babel, die Mutter der großen Hurerei, und ist eine Behausung aller Teufel und unreinen Geister geworden. So ist sie ewig im Abgrund versiegelt.“
66.45. Hingegen sehen wir nun auch in diesem Bild die große Zucht und Reinheit Josefs, welcher, als er mit Gewalt gehalten und gezogen wurde, doch von dieser Hure floh und lieber sein Kleid und guten Namen im Stich ließ, um nur ein gutes (reines) Gewissen zu behalten. Die heilige Bedeutung versteht so:
66.46. Wenn dieses züchtige neue Jungfrauenkind im Geist Christi diese Hure in Fleisch und Blut sich nahen sieht, so daß ihre Begierde diese Keuschheit angreift, dann flieht er aus dem Haus, das heißt, dieses Jungfrauenkind verbirgt sich in sein Prinzip und mag sich auch der Seele nicht nahen, weil die Seele vom Gift dieser Hure so besudelt wird, daß sie in Wollust fällt: So gewaltig bewahrt sich die göttliche Reinheit vor der Eitelkeit des Teufels.
66.47. Denn in diesem neuen Kind steht der schöne Karfunkelstein der höchsten Liebe Gottes im Namen Jesu, der sich nicht mehr besudeln läßt, denn er ist nun einmal durch Tod und Hölle im Menschen hindurchgedrungen. So will er nun rein sein und den Thron Gottes besitzen, davon die Schrift gewaltig spricht, daß die Seele des Menschen, die einmal die Süßigkeit der zukünftigen Welt geschmeckt hat und wieder davon weicht, ewiglich keine Vergebung mehr habe (Hebr. 6.4). Denn das heißt nichts anderes, als daß das edle Jungfrauenkind aus der Seele in ihrem in Adam verblichenen Wesen einmal wieder aufs neue geboren wurde, aber die Seele wieder ganz davon abweicht und sich mit ihrem Willen davon scheidet, so daß es noch einmal verbleicht, dann ist dem ewiglich kein Rat mehr. Denn in der Geburt dieses Jungfrauenkindes wird der Seele der Vorgeschmack der ewigen Freude gegeben, und das geschieht in der Hochzeit des Lammes, den Unseren bewußt.
66.48. Darum verbirgt sich diese edle Jungfrau mit ihrem schönen Stein gar leichtlich vor der Seele, aber die Ehe mit der Seele zerbricht sie nicht, es sei denn, die Seele trennt sich selber von ihr ab. Doch dann geschieht das große Flehen und Jammern um die Seele, wenn sie sich wieder besudelt, wie im Büchlein von der Buße ausgeführt worden ist, aber dem Josef nicht so leicht widerfahren kann: Denn die Seele wird in Christi Arm erhalten und gefaßt, wie in Joh. 10.28 steht: »Meine Schäflein sind in meiner Hand.«
66.49. So verstehen wir in dieser Darstellung, wie Gottes Kindern in ihrem innerlichen Grund so ein keusches, züchtiges und reines Herz gegeben wird, und wie sie auch gewaltig geprüft werden müssen, bevor ihnen das Regiment göttlicher Beschaulichkeit gegeben wird, so daß sie das große und ganzheitliche Geheimnis (Mysterium Magnum) schauen können.
66.50. Und Moses spricht weiter: »Und des Potiphars Frau legte das Kleid Josefs neben sich, bis sein Herr heimkam, und sprach zu ihm ebendieselben Worte.« In dieser Darstellung sehen wir nun die Untreue der Welt, wie sie in Falschheit ihre christlichen treuen Diener belohnt. Denn Josef stand ihrem ganzen Haus treulich vor und alles ging glücklich durch seine Hand, als er aber mit dieser Hure nicht buhlen und sich mit ihr nicht verunreinigen wollte, da trachtete sie ihm nach Leib und Leben, auch wie sie ihm seine Ehre fälschlich stehlen könnte, weil sie ihm diese nicht mit List und teuflischer Begierde nehmen konnte.
66.51. Dies ist nun die Darstellung, wie ein wahrer Christ solche grausamen Feinde hat und überall von Feinden umgeben ist, und wenn er auch im zeitlichen Glück steht und von vielen Menschen Gunst und guten Willen hat, dann soll er doch niemals sicher sein. Denn der Teufel trachtet ihm stets nach, wie er ihn fällen kann. Und was er selber in Fleisch und Blut bei Gottes Kindern nicht tun kann, das richtet er durch seine Werkzeuge aus, so daß die Kinder Gottes fälschlich verraten werden, und das eben nur wegen ihrer Gottesfurcht und Frömmigkeit.
66.52. Denn wenn in Gottes Kindern die neue himmlische Eva geboren wird, dann will sie der Teufel in der irdischen Eva nicht leiden, denn eine Hure und eine züchtige Jungfrau stehen übel nebeneinander.
66.53. So haben auch die Kinder Gottes keine größere Gefahr, als wenn sie zu weltlichen Ehren erhoben werden, denn der Teufel ist ein Geist des überheblichen Stolzes und setzt sich selber mit seiner Lust in die weltliche Hoheit hoher Ämter. Denn er will noch immerfort ein Fürst dieser Welt sein, wie ihn dann auch Christus so nennt, und er es auch nach der Eigenschaft der Eitelkeit, Falschheit und Bosheit ist, und setzt seinen Stuhl allezeit gern dahin, wo große Ämter und Ehren sind, wo Macht und Gewalt geübt werden. Dort flicht er sich ein, damit er im Regiment der Welt mit sitzen könne.
66.54. Darum leidet er es nicht gern, daß ein Josef neben ihm sitzen soll, sondern Reiche, Adlige und Eigenehrige, welche nur nach zeitlicher Ehre und Wollust trachten, ihren Bauch täglich füllen und voll und toll sind, und nur nach List trachten, wie sie dem Armen seinen Schweiß abringen und in überheblichen Stolz wandeln können, welche sich schmücken und an allen Orten glänzen, wo man in solcher Zierde einen Wohlgefallen an sich selber hat, wo man einander große Ehrentitel zumißt, und wo das Haus voll geschmückter Huren unter züchtigem Schein steckt. Allda ist der Teufel ein fröhlicher Gast, denn es geht ihm nach seiner Eigenschaft und seinem Willen.
66.55. Schickt aber Gott einen Josef dazu, welcher gern nach Gottes Willen leben und handeln will, dann geht es ihm wie Daniel, den sie fälschlicherweise zur Löwengrube brachten, oder wie Josef in den Kerker geworfen wurde. Doch schließlich wird des Teufels Reich zuschanden gehen, wie bei Josef und Daniel.
66.56. Darum, will einer ein Josef sein und gleichzeitig auch in weltlichen Ämtern und Ehren sitzen, dann muß er es mit großem Ernst und Demut seines Herzens sein und stets beten und dem Teufel widerstehen, so daß er mit seinem Sitz des überheblichen Stolzes nicht bei ihm wohnen könne. Wenn nicht, dann halte er sich davon zurück, oder er wird in solchen Ämtern zugrunde gehen. Ist Josef nicht mit Christus gewappnet, der den Teufel überwunden hat, dann lasse er ja die hohen Ämter unbetreten, denn der Teufel leidet ihn darin nicht, weil er ihm zuwider ist. Er muß entweder ein wahrer Josef und Daniel sein, oder er muß den Sinn der Welt haben, wenn er die Welt regieren will.
66.57. Denn diese Welt hat zweierlei Ämter, nämlich das Amt Gottes und das Amt Satans, eines in Gottes Liebe nach der Eigenschaft des Lichtes und das andere in Gottes Zorn nach der Eigenschaft der Finsternis, welche in der Natur dieser Welt neben- und ineinander regieren und doch zwei Reiche sind, denn eines ist Christi Reich und das andere des Satans.
66.58. Darum, bist du nicht gewappnet und Gott ganz ergeben, daß du im Fall wie Josef deinen Rock sowie Ehre und Gut um der Gerechtigkeit und Gottes willen verlassen kannst, um den Teufel mit göttlicher Kraft zu überwinden, dann dränge dich in kein Amt. Es sei denn, du wirst ordentlich berufen, doch dann stehst du entweder im Dienst von Josef oder im Dienst der Welt.
66.59. So mußt du in einem Amt entweder Gott oder dem Teufel dienen, denn zwei Herren kannst du nicht zugleich dienen. Denn Eigenheit und Gelassenheit sind zwei. Wer Gott dient, der ist in Gott gelassen, und sieht in allen Dingen auf die Wahrheit und Gerechtigkeit, und diese will er fördern. Wer aber der Eigenheit dient, der sieht auf Gunst und der Welt Hoheit, damit alles ihm zustatten komme. Dieser ist im Dienst des bösartigen Adams, in dem der Teufel seinen Sitz hat, und hilft ihm rechtsprechen.
66.60. Oh du Weltrichter, verlaß dich nicht auf den Turm zu Babel, auf Weltschlüsse und Menschensatzungen, denn seine Spitze reicht nicht in den Himmel. Er ist nur die Höhe der Verwirrung, des Streits und falschen Verstandes. Gott sieht dir ins Herz und prüft deinen Willen. Die Gesetze vertreten dich nicht vor Gott, wenn du nach denselben richtest, aber dein Herz etwas ganz anderes weiß. Denke nur nicht anders, so daß du dem Teufel das Recht sprichst und ihm unter einem glänzenden Mantel dienst. Das Recht ist Gottes und Gott selbst, aber das Unrecht ist des Teufels und der Teufel selber. Welchem Herrn du dienst, der wird dich belohnen und wird selbst dein Lohn sein. Das hast du in deinem Amt zu erwarten.
66.61. Und Moses spricht weiter: »Da nahm ihn Josefs Herr und warf ihn ins Gefängnis, in dem des Königs Gefangene waren. Und er bliebt da im Gefängnis. Aber der Herr war mit ihm und neigte ihm seine Huld zu, und ließ ihn Gnade finden vor dem Amtmann über das Gefängnis, so daß er ihm alle Gefangenen im Gefängnis unter seine Hände befahl, damit alles, was da geschah, durch ihn geschehen mußte. Und der Amtmann über das Gefängnis kümmerte sich nicht mehr darum. Denn der Herr war mit Josef, und was er tat, dazu gab der Herr das Glück.« In dieser Darstellung sehen wir nun die abschließende und letzte Prüfung von Gottes Kindern, wie sie Ehre und Gut verlassen müssen, auch das Leben in Gefahr setzen, und sich ganz in Gott lassen, was er auch immer mit ihnen tun wolle. Denn sie müssen alles um Gottes willen verlassen und die Welt übergeben, und werden wie ein Gefangener, der den Tod erwartet und sich auf keinen Menschen mehr verläßt, oder der noch irgendeinen Trost von einer Kreatur zu empfangen weiß, sondern sich bloß auf den lauteren Gott und seine Gnade verläßt. Dann ist ein Mensch durch alle Prüfungen gegangen und steht nun und wartet auf das Gebot seines Herrn, wozu ihn Gott haben will.
66.62. Denn er spricht zu Gott ganz inniglich: „Herr, willst du mich im Gefängnis und Elend haben, daß ich im Finstern sitzen soll, dann will ich gern hier wohnen. Führst du mich in die Hölle, dann will ich auch mit, denn du bist mein Himmel! Wenn ich nur dich habe, dann frage ich nicht nach Himmel und Erde, auch wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, denn du bist doch mein Trost! Ich sei, wo ich wolle, dann bin ich in dir und du in mir. Ich habe von allem genug, wenn ich dich habe. So gebrauche mich, wozu du willst.“
66.63. In dieser letzten Prüfung wird der Mensch wieder Gottes Bild, denn ihm werden alle Dinge gleich und eins. Er wird mit Glück und Unglück, mit Armut und Reichtum, mit Freude und Leid, mit Licht und Finsternis, mit Leben und Tod und Allem Eins. Er ist sich selber wie Nichts, denn er ist mit seinem Willen in allen Dingen tot und steht in der Bildung, wie Gott in Allem und durch Alles ist, und ist doch all Diesem ein Nichts, denn es begreift Ihn nicht. Aber das Alles wird durch Ihn offenbar, und er ist selbst das Alles und hat doch Nichts, denn das Etwas ist vor ihm in seinem Begriff auch wie ein Nichts, weil es Ihn nicht begreift. So ist er allen Dingen wie tot, und ist doch selbst das Leben aller Dinge. Er ist Eines und doch auch Nichts und Alles. So wird auch ein Mensch nach seinem gelassenen Willen: Wenn er sich ganz in Gott ergibt, dann fällt sein Wille wieder in den unergründlichen Willen Gottes, daraus er im Anfang kam, und steht dann in der Form als ein Bild des unergründlichen Willens Gottes, in dem Gott wohnt und will.
66.64. Denn wenn die Kreatur nichts mehr will, außer was Gott durch sie will, dann ist sie in ihrer Ichheit tot und steht wieder im ersten Bild, nämlich in dem, dahinein sie Gott in ein Leben formierte. Denn was ist das Leben der Kreatur? Nichts anderes als ein Fünklein vom Willen Gottes. Welche Kreatur nun dem Willen Gottes stillsteht, deren Leben und Wille ist Gott, der sie treibt und regiert.
66.65. Was aber selber will und läuft, das trennt sich vom ganzheitlichen Willen Gottes und führt sich in Eigenheit, darin doch keine Ruhe ist. Denn es muß in eigenem Willen und Rennen leben, und so ist nur Unruhe, denn die Unruhe ist das Leben des eigenen Willens. Doch wenn der Wille nicht mehr sich selber will, dann kann ihn auch nichts mehr quälen. So ist sein Wollen sein eigenes Leben: Was aber nur in und mit Gott will, das ist Ein Leben mit Gott.
66.66. Es ist also besser, nichts zu wissen, als selber zu wollen. Denn was nichts weiß, dessen Wille vergeht mit dem kreatürlichen Leben und sein Streit hat ein Ende und es hat keine Qual mehr, wie uns an den unverständigen Kreaturen zu verstehen ist.
66.67. Denn das ist aller Verdammten Qual, daß sie wollen. Sie wollen nämlich Eigenheit, und in ihrem Wollen gebären sich die Gestaltungen als Gegenwollen oder Gegenwillen, darin die Willen streitig werden, so daß ein einiges Ding zugleich in vielen offenbar wird, und darin feindet es sich selber an. Wenn es aber mit dem ewigen Einen nur Eins ist, dann kann keine Feindschaft darin sein und es gibt auch keine Möglichkeit zur Anfeindung darin.
66.68. Darum ist es des Menschen letzte Prüfung: Wenn er Gott in allen Dingen stillsteht, dann wird ihm aus der Finsternis ein Licht, aus dem Tod ein Leben und aus der Traurigkeit eine Freude. Denn Gott ist in allen Dingen in und mit ihm, und er segnet ihn wie Josef im Gefängnis: Sein Gefängnis wurde ihm zur Freude, denn er wurde auch im Gefangensein ein Regent über das Gefängnis. Er war wie ein Gefangener, und doch wie ein Herr der Gefangenen. Er regierte das Gefängnis und die Gefangenen, und war ein Vater und Pfleger der Betrübten. Sein Herr nahm sich nichts an, und ließ es sich wohlgefallen, was Josef tat, denn es war vor ihm alles wohlgefällig und gerecht.
66.69. So versteht uns hier teuer: Wenn der Mensch ganz in Gott gelassen ist, dann wird Gott sein Wille, und dann nimmt sich Gott nichts von dem an, was der Mensch tut, denn es ist ihm nicht zuwider, weil es Gottes Wille in sich selbst tut. Und so hört alle Sünde auf, und wenn sich auch Gottes Zornwille in ihm bewegte und Feuer vom Herrn des Himmels brächte, wie bei Elia, so ist doch alles recht vor Gott, denn der Mensch selber macht es nicht, sondern Gott durch ihn. Er ist das Werkzeug (bzw. der „Werk-Zeuge“), durch den Gott spricht und macht.
66.70. Und wie nun Gott, indem er Gott ist, nichts als nur Gutes wollen kann, sonst wäre er nicht Gott, wenn er selber etwas Böses wollte, so kann auch im Wollen eines solchen Menschen nichts als nur Segen und Gottes Wollen sein, wie von Josef gesagt wird: »Gott sei mit ihm in all seinem Tun gewesen und habe alles durch seine Hand gesegnet.« So geht dem Frommen das Licht in der Finsternis auf (Psalm 112.4) und aus der Nacht wird ihm ein Tag, aus dem Unglück ein Glück, und aus der Welt Fluch und Bosheit ein Paradies. Und es geht ihm wie St. Paulus sagt: »Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen.«
66.71. Denn Josefs Gefängnis brachte ihn vor König Pharao, setzte ihn auf den Thron über Land und Leute und machte ihn zum Herrn über Vater und Brüder, sowie zu einem Pfleger und Amtmann des Königs und zu einem Regenten Gottes, durch den Gott große Länder und Königreiche regierte, wie dergleichen auch bei Daniel zu sehen ist.
66.72. Darum soll ein Christ die Anfechtungen ertragen lernen, wenn ihn Gott in Josefs Grube und Gefängnis wirft, und in all seinem Tun allein Gott vertrauen und sich ganz in Gott ergeben. Dann wird er in sich mächtiger werden als es Welt und Hölle sind, denn diese werden schließlich alle zu Spott in ihm, nachdem er alle Prüfungen bestanden hat.