Das Mysterium Magnum

(Text von Jacob Böhme 1623, deutsche Überarbeitung 2022)

65. Kapitel - Von Juda und Tamar

Von Juda und Tamar: eine heimliche Darstellung von Adam und Christus, darin die neue Wiedergeburt trefflich dargestellt wird. (1.Mose 38)

65.1. Wenn man die Historie Josefs nach dem äußeren Verstand betrachtet, dann fragt der Verstand: „Warum steht Josefs Historie nicht nacheinander in der Bibel, wie sie nacheinander geschehen ist? Warum setzt Moses diese Geschichte von Juda and Tamar dazwischen?“ Wenn wir aber diese Geschichte von Juda und Tamar und dann auch Josefs Darstellung mit rechtem Verstand ansehen und betrachten, dann sehen wir, daß sie der Heilige Geist mit großem Fleiß so ganz richtig in die Ordnung gesetzt hat.

65.2. Denn Josef ist das Bild eines Christen, wie ein Christ in dieser Welt vor Gott und der Welt stehe, und wie er in Christi Prozeß und Bildung gestellt werde. Und die Geschichte von Juda und Tamar ist nun eine Darstellung, wie ein Christ aus Adams Bild nach der Menschheit im Reich der Natur entsprießen mußte, nämlich aus dem ersten adamischen Bild, und wie dieses adamische Bild bösartig wurde und sterben müsse, welches der Zorn Gottes tötet. Und wie doch das erste Recht bestehen müsse, so daß ein Christ nach menschlicher Natur und Eigenschaft eben nur das adamische Bild sei und kein fremdes, und wie sich Christus in diesem adamisch bösartigen Bild offenbare und die Bosheit töte, und es doch während dieser Zeit einem Christen äußerlich anhängt. Dies stellt der Geist hier gewaltig dar.

65.3. Denn hier sehen wir eine gewaltige Darstellung mit Juda, in dem die Linie Christi nach der Ordnung der Geschlechter stand, daraus Christus offenbar werden sollte: »Dieser Juda zog von seinen Brüdern hinab und gesellte sich zu einem Mann von Adullam, der Hira hieß. Und Juda sah dort die Tochter eines Kanaaniters, die Suha hieß, und nahm sie zur Frau. Und als er sie beschlief, wurde sie schwanger und gebar einen Sohn, den er Ger nannte. Und sie wurde abermals schwanger und gebar einen Sohn, den sie Onan nannte. Sie gebar abermals einen Sohn, den sie Sela nannte. Und sie war zu Kesib, als sie ihn gebar. Und Juda gab seinem Sohn Ger eine Frau, die hieß Tamar. Aber er war bösartig vor dem Herrn, und darum tötete ihn der Herr. Da sprach Juda zu Onan: „Lege dich zu deines Bruders Frau und nimm sie zur Ehe, damit du deinem Bruder Nachkommen spendest.“ Aber weil Onar wußte, daß die Kinder nicht sein Eigen sein sollten, wenn er sich zu seines Bruders Frau legte, ließ er den Samen auf die Erde fallen und verderben, damit er ihn seinem Bruder nicht gäbe. Das mißfiel dem Herrn, was er tat, und er ließ auch ihn sterben.« Diese Geschichte versteht so:

65.4. Juda steht hier in der Bildung Adams, in dem der Gnadenbund vom Weibes-Samen wieder in Adam eingesprochen worden war. So steht Juda in derselben Bildung, wie der Gnadenbund im bösartigen Adam stand, und was Adam damit war, denn gleichwie in Juda die Linie Christi, als der Gnadenbund, in der Entwicklung als ein Ziel bis zu Maria stand, so auch in Adam bis zu Juda.

65.5. Und Tamar steht in der Bildung von Eva, in die Gott seine Verheißung eingesprochen hat, als das Wort zur Wiedergeburt, nämlich daß des Weibes Samen durch die Kraft des Wortes der Schlange den Kopf zertreten sollte. So steht sie als eine irdische Eva, in der innerlich der Gnadenbund stand und äußerlich die verdorbene Eva, welche in dieser Darstellung äußerlich als eine Hure erscheint, aus der doch die Linie Christi durch ihren Sohn Perez entsproß, gleichwie aus Eva ihr Sohn Abel, obwohl Eva irdisch geworden war. Und so sehen wir eben hier das Bild, wie der Geist in dieser Darstellung mit dem alten und neuen Adam sowie mit der alten und neuen Eva spielt.

65.6. Denn Adam war mit seiner Lust aus seines Vaters Haus gegangen, wie Juda zu den Kanaanitern ging und sich in seiner Lustbegierde das kanaanitische Weib der vier Elemente genommen hatte, mit der er drei Söhne zeugte. Der erste hieß Ger, als die eigene Begierde, weil das Reich der Natur des Menschen in eigener Begierde stand, nämlich in eigenem Willen. Und dieser Sohn war die erste Welt vor der Sündflut, und diesem gab der Vater seinen Namen, um anzudeuten, daß er in der Natur des Vaters lebte.

65.7. Den zweiten Sohn nannte sie Onan, und den benannte seine Mutter so. Damit deutet sie die zweite Welt nach der Sündflut an, denn die Natur des Vaters im Menschen sprach zu Gott: „Oh nein, mein Herr, ertränke mich nicht mehr!“ Und diesen Namen bekam der Sohn von seiner Mutter, nämlich von der Weiblichkeit dieser Welt im Weltgeist (Spiritus Mundi), im ausgesprochenen Wort und Leben. Denn Gott hatte seine Gnade in sie eingesprochen, daß dieser, ihr zweiter Sohn, als die zweite Welt, nicht im Wasser ertränkt werden sollte. Darum steht dieser Name in der hohen Bildung so und heißt Onan, denn der Geist verbirgt es in der hohen Zunge und nennt ihn „Onan“ oder „Oh nein!“.

65.8. Den dritten Sohn nennt sie Sela, und sie war zu Kesib, als sie ihn gebar. Kesib bedeutet in der hohen Zunge ein Aushauchen und Wiedereinfassen. Das heißt, dieser Sela deutet die Zeit der Offenbarung des Gesetzes an, wenn sich der göttliche Wille im Wort durch das ausgesprochene Wort offenbart und in ein Gesetz oder Gebot einfaßt.

65.9. So deuten diese drei Söhne die drei Zeitalter von Adam bis Christus an: Ger ist die erste Zeit vor der Sündflut in eigener Lust und Begierde. Onan ist die zweite Zeit nach der Sündflut, und dieser Sohn, als die Welt nach der Sündflut, hatte Gottes Gericht und Strafe erkannt, und die beginnt vor Gott zu flehen: „Oh nein, Herr, strafe uns nicht mehr so!“

65.10. Und die dritte Zeit ist die Zeit des Gesetzes, als eine Offenbarung der Sünde, und heißt zu Recht Sela. Denn dieser Sohn sagt: „Ich habe meine Seele wieder im Herrn gefunden.“ Aber auch er war noch nicht derjenige, der Tamar ehelichen konnte, das heißt die verborgene Eva, in welcher der Gnadenbund lag, denn er konnte den Weibes-Samen nicht erwecken. Denn Christus war noch im Gesetz verborgen, und so sollte Tamar warten, bis Sela groß würde, das heißt, das Gesetz sollte auf die Erfüllung der Zeit warten. Aber nichts desto weniger wurde Tamar, das heißt, die neue Eva, welche noch unter der Sündendecke verborgen lag, durch den Geist im Bund geschwängert und gebar die Linie Christi, der äußerlichen Tamar oder Eva verborgen, wie diese Darstellung mit Juda und Tamar zeigt. Die innere Bedeutung versteht so:

65.11. »Juda gab seinem ersten Sohn eine Frau, die hieß Tamar. Aber er war bösartig vor dem Herrn, und darum tötete ihn der Herr.« Das heißt im inneren Verstand so viel wie: Gott gab der ersten Welt, als dem ersten Sohn Ger, diese Tamar, als den verheißenen einverleibten Bund im Weibes-Samen. Aber sie sahen nur auf die äußere Eva und trieben Hurerei mit ihr, und so blieb Tamar bei diesem Sohn unfruchtbar, und es gebar nur die äußere Eva in ihrer Hurerei. So war Ger, als die Fleischesbegierde, bösartig vor dem Herrn, und darum tötete ihn der Herr mit der Sündflut.

65.12. Als nun dieser Sohn getötet war, sprach der Geist Gottes zum zweiten Sohn nach der Sündflut: „Nimm du deines Bruders Frau und erwecke in Tamar einen Samen aus der Linie des Bundes!“ Das heißt: „Tritt du in den ersten Bund vom Weibes-Samen, führe deinen Willen in den Gehorsam Gottes und wirke in der verheißenen Gnade!“ Aber der zweite Sohn, als die zweite Welt, wollte sich auch nicht mit dem göttlichen Willen ehelichen und in der Gnade wirken, sondern sie verschütteten ihren Samen auf die Erde. Das heißt, sie faßten ihre Begierde in irdische Dinge und wollten keinen Samen in der innerlichen Eva im Gnadenbund erwecken, sondern führten ihren Samen nur in irdische Gefäße und gebaren Kinder der fleischlichen Wollust, wie an den Kindern Nimrods und bald danach an Sodom und Gomorra zu sehen war.

65.13. Weil ihnen aber Gott den Gnadenbund mit Noah angedeutet hatte, daß er sie nicht mehr im Wasser töten wollte, weil sie sagten „Oh nein, Herr, töte uns nicht mehr so!“, und ihnen geboten hatte, vor ihm zu wandeln und ihm Frucht zu gebären, aber sie ihren Samen nur in die Eitelkeit führten und vor dem Herrn verschütteten, und nicht Tamar als den innerlichen Gnadenbund ehelichen wollten, sondern nur mit der irdischen Eva hurten und ihren seelischen Samen vor der inneren Eva im Bund verschütteten, deshalb tötete der Herr auch diesen Onan mit Sodom und Gomorra sowie mit den Heiden, als sie Israel aus ihren Ländern vertrieb und tötete. Denn diese Heiden wollten nicht das Weib im Bund ehelichen, sondern ehelichten ihren eigenen Verstand und machten sich Götzen. Und vor diesen schütteten sie ihren Glaubens-Samen gleichsam auf die Erde, und darum tötete sie der Herr auch wie Onan.

65.14. Und der Geist redet weiter in der Bildung unter der äußerlichen Geschichte und spricht: »Da sprach Juda zu seiner Schwiegertochter Tamar: „Bleib eine Witwe in deines Vaters Haus, bis mein Sohn Sela groß wird.“ Denn er dachte (und befürchtete), vielleicht würde auch er sterben wie seine Brüder. So ging Tamar hin und blieb in ihres Vaters Haus.« In der ersten Welt vor der Sündflut sowie in der zweiten Welt nach der Sündflut lebte die Welt frei, ohne göttliches Gesetz. Denn sie waren mit dem Bund der Gnade verehelicht und sollten unter dem Gnadenbund leben, als unter der Verheißung des Weibes-Samens. Dieser Weibes-Samen hatte sich mit ihnen verehelicht, wie Judas Söhne mit Tamar. Aber sie hurten nur mit der irdischen Eva, und so blieb das wahre Weib im Bund in ihnen unfruchtbar.

65.15. Aber als ihnen Gott das Gesetz gab, da verhieß er diesem Weib im Gnadenbund unter dem Gesetz den rechten Sela. Aber sie, als der Weibes-Samen im Bund, sollte unter dem Gesetz eine Witwe bleiben, bis Sela groß würde, das heißt, bis das Gesetz seine Zeit erreicht hätte. Bis dahin sollte das Weib im Bund in ihres Vaters Haus unter dem Gesetz verborgen bleiben, als eine Witwe in ihrem Stand. Denn das Gesetz sollte unterdessen regieren. Sie aber, als das heilige Weib der Gnade, sollte still sein, damit nicht der Zorn Gottes (um dieser hohen Gnade willen, die er den Menschen gab, aber sie diese nicht achteten, noch sich ihrer annahmen und darin lebten) etwa noch Israel tötete, wie Juda dachte, der Herr wollte auch Sela töten.

65.16. Und wir sehen in dieser Darstellung recht, daß dieses Weib im Bund nicht dem Sela als dem Gesetz gegeben wurde. Auch wenn das Gesetz lange darauf wartete, so konnte doch Sela dieses Weib im Gnadenbund nicht ehelichen. Sondern Juda, das heißt, Gottes Wort und Kraft, muß sich wieder zu diesem Weibes-Samen im Bund legen und denselben erwecken, damit dieses Weib schwanger wurde und den Weibes-Samen gebar. Welches in Maria erfüllt wurde, wie wir die Bildung mit Juda und Tamar sehen, wie sie von Juda selbst geschwängert wurde, als sie vor der Tür saß und auf seine Verheißung wartete, daß er ihr Sela geben wollte. Denn das Gesetz konnte die wahre Tamar im Bund nicht schwängern, sondern das Wort im Bund mußte sich bewegen und Tamar schwängern.

65.17. Denn hier sehen wir die allergewaltigste Darstellung des ganzen Alten Testaments: Da steht Juda in der Bildung der Linie des Bundes, wie ihm sein Vater Jakob andeutete, und Tamar als seine Schwiegertochter, aus welcher die Kinder des Bundes aus Judas Linie den Samen erwecken sollten, steht in der Bildung der äußeren und inneren Eva. Innerlich deutet sie die Mutter des Gnadenbundes an, in der das einverleibte Gnadenwort stand, und äußerlich lebt sie in der Bildung der verdorbenen Eva, in welcher der Bund im Inneren lag.

65.18. Nun sollten die Linien, die aus diesem Bund entsprossen waren, göttlichen Samen säen und Früchte im Reich Gottes bringen. Doch das konnten sie nicht tun, denn die eigene Macht war verloren. Darum mußte sich das erste ewigsprechende Wort, das den Bund in Eva als in den Weibes-Samen eingesprochen hatte, selbst wieder in diesem einverleibten Gnadenbund im Weibes-Samen bewegen und dieses Weib selbst schwängern, damit sie Christus gebar, gleichwie Juda seine Schwiegertochter in diesem Vorbild schwängerte.

65.19. Der Text Moses lautet so: »Als nun viele Tage vergangen waren, starb Judas Frau, die Tochter Suas. Und nachdem Juda ausgetrauert hatte, ging er hinauf nach Timnath, um seine Schafe zu scheren, mit seinem Hirtenfreund Hira aus Adullam. Da wurde der Tamar gesagt: „Siehe, dein Schwiegervater geht hinauf nach Timnath, um seine Schafe zu scheren.“ Da legte sie die Witwenkleider ab, die sie trug, bedeckte sich mit einem Mantel, verhüllte sich und setzte sich vor das Tor hinaus an den Weg nach Timnath. Denn sie sah, daß Sela groß geworden war, aber sie ihm nicht zur Frau gegeben wurde.« Die innere Bedeutung versteht so:

65.20. In Juda lag die Wurzel des Bundes, die auf das Ziel drang, um mit Christus offenbar zu werden. So stand Juda hier in dieser Darstellung an der Stelle des göttlichen Wortes, das Gott Adam zum vernünftigen Leben einsprach (Joh. 1.4). Und so sagt hier der Text: »Judas sei seine Frau, die Tochter des Sua, gestorben.« Diese Frau starb in Adam, denn es war die Mutter der himmlischen Geburt im Wesen der himmlischen Welt, um das Adam trauerte. Doch als ihn dann Gott zu dieser Welt geordnet hatte, hörte sein Trauern auf, denn er dachte, er wäre nun daheim, und ging aus dem Paradies hinab, um die irdischen Früchte sowie die Tiere zu genießen. So spricht hier der Geist, er habe seine Schäflein geschoren, welches mit Juda wohl so geschehen sein mag, aber der Geist hat hier die allerheimlichste Bildung, darunter er Adam sieht: Denn der Geist sagt hier, Juda habe seinen Hirten Hira aus Adullam mitgenommen.

65.21. Dieser Hira ist in der Bildung des Cherubs, der in der irdischen Begierde und tierischen Kleidung des Menschen steckt. Diesen nahm Adam mit, als er aus dem Paradies ging, um die Schäflein dieser Welt zu scheren. Denn dieser war sein Hirte, das heißt, die irdische Begierde. Denn diese hütete nun die Tiere und Schafe, und schor sie auch, damit Adam Kleider und Notdurft hatte.

65.22. Und der Geist nannte die Stätte Timnath, wo Juda seine Schafe hatte. In der Hauptzunge liegt dieser Verstand im Sinn ganz offenbar, denn Timnath ist nichts anderes als das ausgesprochene Wort in seinem mächtigen Wiederaussprechen, und das deutet den Geist dieser Welt in den Elementen an, darin das äußere tödliche (bzw. sterbliche) Leben steht. Und darin hatte Adam seine Schäflein, und hat sie darin immer noch in seinen Kindern.

65.23. Denn an dieser Stätte ist Sela geboren, als das Gesetz der Natur, das dem Menschen die Gerechtigkeit gebietet, auf welches Gesetz Tamar, als der Bund der Gnade, lange Zeit während der Kindheit Selas wartete, ob das Gesetz mit dem Gnadenbund verehelicht werden könnte. Aber es konnte nicht sein, daß Gottes Gerechtigkeit durch das Gesetz genüge geschehen konnte, und daß Tamar als die Gnade im Bund und Sela als das Gesetz in eine Ehe kommen könnten.

65.24. So deutet nun der Geist hier klar: Als sich Gottes Wort mit dem Gesetz in der Welt offenbart hatte, hat Tamar, das heißt, der Gnadenbund, ihre Witwenkleider beiseite gelegt und sich an den Weg des Wortes im Gesetz gesetzt, wo unter dem Gesetz der Geist der Propheten aus der Linie Judas vom Reich Christi vorüberging. Diesen Geist wollte der Gnadenbund zum Gemahl haben, denn es war der wahrhaftige, aus dem die Propheten unter dem Gesetz auf Christus deuteten.

65.25. Aber Tamar, das heißt, der Gnadenbund, verhüllte ihr schönes Angesicht vor dem irdischen Adam und schämte sich der Ungestalt des irdischen Menschen, daß die Kinder des Gesetzes, sowie die Propheten, von außen so irdisch waren, gleichwie Tamar ihr Antlitz vor Juda verhüllte. Weil aber die Zeit gekommen war, daß der Bund offenbar werden sollte, so stellte sich der Geist des Bundes über Sela, nämlich über das Gesetz (der Natur), denn die Gnade sollte Adam wieder in sich nehmen, gleichwie Tamar den Samen von ihrem Schwiegervater Juda in sich nahm und sich schwängern ließ.

65.26. Aber das heilige Antlitz des Gnadenbundes in seiner Kraft blieb Adam im Gesetz noch verborgen, sowie auch den Propheten, bis zu Christus. Gleichwie sich Tamar vor ihrem Schwiegervater Juda mit ihrem Angesicht verhüllte, so daß er sie nicht erkannte, so stand auch der Bund der Gnade im Gesetz, aber mit verhülltem Angesicht. Und so redet der Geist weiter in Moses und spricht:

65.27. »Als Juda sie nun sah, meinte er, es wäre eine Hure, denn sie hatte ihr Angesicht verdeckt.« Das heißt, als die Kinder im Gesetz den prophetischen Geist von Christus sprechen hörten, so dachten sie, er wäre in ihrem Gesetz und folge diesem Gesetz. Aber er hatte sein Angesicht verhüllt wie Tamar. »Und Juda machte sich zu ihr am Weg und sprach: „Laß mich doch bei dir liegen.“ Denn er wußte nicht, daß es seine Schwiegertochter war.« Das heißt, Adams Natur im Gesetz sprach zum prophetischen Geist der Gnade: „Laß mich doch zu dir, liege bei mir, ich will dir den Samen meiner Natur geben.“ Und er erkannte nicht, daß Gott in diesem Geist war, und begehrte, sich auf kreatürliche Art mit ihm zu vereinen. Er erkannte auch nicht, daß dieser prophetische Geist der einverleibte Geist des Bundes im Menschen selbst war, so ganz blind war die adamische Natur am Bund.

65.28. Die adamische Natur dachte, es wäre eine Hure, die sich so im prophetischen Geist vor sie stellte. Darum haben die Juden so oft die Propheten getötet, denn sie meinten, sie hörten einen falschen Hurengeist reden. Aber hier wird mit Juda dargestellt, wie sich die erste adamische Natur wieder mit dem Bund der Gnade vereinen sollte, wie das himmlische Sein das adamisch-menschliche Sein wieder in sich nehmen würde, und wie es der Mensch selber nicht verstehen würde, was Gott mit ihm tut.

65.29. Die adamische Natur würde sich zwar in ihrer Lust nach dem himmlischen Wesen sehnen, aber sie würde es nicht erkennen, auch wenn es gleichsam vor ihr steht, sondern denken: „Das ist meinesgleichen, und ich will mit ihm huren.“ So fremd ist Adam das Paradies geworden.

65.30. Und als sich Tamar mit verdecktem Angesicht vor Juda auf den Weg stellte und er zu ihr sprach „Schlaf mit mir!“, da »sprach Tamar zu Juda: „Was willst du mir geben, daß du bei mir liegst?“ Er sprach: „Ich will dir einen Ziegenbock von der Herde senden.“ Sie antwortete: „Dann gib mir ein Pfand, bis daß du ihn mir sendest.“ Er sprach: „Was willst du für ein Pfand, das ich dir geben soll?“ Sie antwortete: „Deinen Ring, deine Schnur und deinen Stab, den du in den Händen hast.“ Da gab er es ihr und lag bei ihr, und sie wurde von ihm schwanger. Und sie machte sich auf und ging hinweg, legte den Mantel ab und zog ihre Witwenkleider wieder an.«

65.31. Hier spielt nun der Geist sehr schön in der Darstellung, wie Adams Natur mit der vorgestellten neuen Eva im Bund buhlt und sie doch nicht erkennt, und wie der Bund mit Adams erster (ursprünglich) wahren Natur buhlt, und wie sie in fremder Gestalt zusammenkommen, wenn Adams Natur spricht „Schlaf mit mir!“ und diese Eva im Bund nur für eine kleine Wollust haben will. So tat es auch die adamische Natur in ihrer Ichheit, so daß sie nur mit falschem Schein mit der neuen Eva buhlt, aber ihr Herz ist weit von der wahren ehelichen Vermählung, und sie naht sich ihr nur mit einer heuchlerischen Hurerei, wie im Amt der Pharisäer geschieht. Dann spricht diese Eva zur adamischen Natur: »Was willst du mir geben?« Und da verspricht die adamische Natur einen Bock, das heißt, einen tierischen Willen voll Brunst der Heuchelei.

65.32. Aber diese Eva, als Tamar, spricht: »Gib mir bis dahin deinen Ring, Stab und Schnur zum Pfand.« Der Ring ist die Seele, welche aus dem Wort Gottes kam. Die Schnur ist der Weltgeist (Spiritus Mundi), als der äußere Geist, und der Stab ist der Leib. Diese will die neue Eva, als die Linie Christi im Bund, zum Pfand haben, und diese Kleinode mußte Adam dem Gnadenbund, als des Weibes inneren Samen in der einverleibten Gnade vom Wesen der himmlischen Welt, zum Pfand geben.

65.33. Als diese teure Eva im Samen (bzw. in der Linie) Marias bei Adam schlafen sollte, um Adams Samen in ihre heilige Geburt einzunehmen, gleichwie Juda, in dem die Linie des Bundes lag, mußte er Tamar, die im Bild der neuen Eva als Wesen der himmlischen Welt stand, diese Kleinode als seinen Ring, seine Schnur und seinen Stab geben. Denn beide standen in der Bildung, wie auch Christus aus Adams Natur in Maria, in welcher die wahre Tamar oder neue Eva verinnerlicht lag, offenbar werden sollte.

65.34. Und als Tamar den Ring, die Schnur und den Stab zum Pfand bekam, da nahm sie diese und legte sich zu ihm, und fragte dann nicht mehr nach dem Ziegenbock, sondern behielt diese Kleinode und ging damit davon, und trat wieder in ihren vorigen Witwenstand und verbarg sich vor Juda, so daß er nicht wußte, wer sie wäre und wo sie hergekommen sei.

65.35. Dies ist nun die sehr schöne Darstellung, wie sich der Geist im Bund mit dem Wesen der himmlischen Welt wieder vermengt und vereinigt, nämlich mit der neuen Ehe oder Eva, mit Adams verblichenem Wesen, das zwar vom Wesen der himmlischen Welt ist, aber im Fall verblich. Nämlich wie Gott Mensch und Mensch Gott wird, und wie sich dieses Bild, das im neuen göttlichen Samen empfangen wurde, sogleich wieder vor dem irdischen Adam verbirgt, so daß Eva wieder ihre Witwenkleider anziehen und tragen muß, damit der edle Samen in dieser Welt nicht erkannt werde. Wie auch bei den Kindern Christi zu sehen ist, die aus Christus nach diesem innerlichen Grund geschwängert wurden, aber nach der Hochzeit des Lammes, als diesem göttlichen Beiliegen oder Zusammenfügen, das in großer Freude der Seele geschieht, wieder in den Stand der Traurigkeit treten müssen und in dieser Welt verlassen sind wie eine arme Witwe.

65.36. Und wie Tamar nicht nach dem Ziegenbock fragte, sondern ein bekennendes Pfand haben wollte, so fragt auch der Geist im Bund nicht nach äußerlicher Pracht, mit der man ihm Gaben opfern will, sondern er will Leib, Seele und Geist zum Pfand haben.

65.37. Er stellt die jüdischen Opfer in dieser Darstellung nur wie eine Hurerei vor Gott dar, denn gleichwie Juda mit Tamar hurte und nur die Hurerei meinte und einen Bock dafür geben wollte, so standen auch die Priester des Gesetzes und buhlten in Scheinheuchelei mit Gott durch Tierblut und Fleisch, welches zwar eine Abbildung des Inneren war und Gott sich gefallen ließ, aber Gott wollte ihre Opfer nicht annehmen, und er vermengte sich auch nicht mit den Opfern, sondern mit dem Glauben in Leib, Seele und Geist des Menschen. Und dafür sehen wir hier ein treffliches Beispiel:

65.38. Denn Juda hatte drei Söhne mit der kanaanitischen Frau gezeugt, aber die Bundesline, welche in ihm lag, wollte nicht auf die kanaanitische Frau und ihre Kinder dringen, sondern sie eröffnete sich in dieser Hurerei von Juda und Tamar mit Perez, den Tamar von Juda aus diesem Beischlaf empfing. Mit dieser Darstellung zeigt Gott des Menschen Elend und stellte seinen Bund der Gnade mit der Eröffnung dieser teuren Bundesline, welche auf das Ziel von Christus drang, in diese Hurerei von Juda und Tamar, als in den irdischen Adam und in die irdische Eva, aber in den innerlichen Grund ihres Wesens, um anzudeuten, daß auch die Kinder Gottes in ihrer verdorbenen Natur nur Hurerei vor Gott treiben, und daß ihr Ehestand nur eine Hurerei und ein besudeltes tierisches Wesen vor Gott sei und gar nichts Tüchtiges oder Reines darin vor Gott ist. Darum offenbarte sich die Linie des Bundes in dieser Hurerei von Juda und Tamar, um anzudeuten, daß aus dieser Bundeslinie Christus kommen und in das Mittel dieser Hurerei eintreten sollte, um der falschen Hurenbegierde und irdischen Schlange den Kopf zu zertreten und unsere fleischliche, unreine und tierische Empfängnis mit seinem himmlisch jungfräulichen Samen zu reinigen und wieder in sich selbst ins Paradiesbild zu wandeln.

65.39. Auch offenbarte Gott die Linie seines Bundes darum in dieser Hurerei von Juda und Tamar, damit sein Grimm in unserer menschlichen Unreinheit nicht Leib und Seele anzünde und verschlinge, sondern daß der Bund der Gnade dem Zorn in unserer Unreinheit entgegenstand, damit Gott in seinem Zorn nicht ganz Israel in seinen Greueltaten und Unreinheiten auffräße.

65.40. Weil nun in Juda die Linie des Bundes zur Offenbarung und Fortpflanzung lag und auch Israel nach der adamischen Natur unrein war, so stellte ihm Gott seinen Gnadenbund mit der ersten Fortpflanzung aus dem Stamm Israels in eine solche Bildung, damit ihm Abrahams, Isaaks und Jakobs Glaube im ersten Zweig aus ihnen, als in Juda und seinen Kindern, in seinem Grimm entgegenstünde. Und so sie der Glaube Abrahams, als der Geist Christi in Abrahams Glauben, allezeit ein Mittler zwischen Gott und des Menschen Unreinheit.

65.41. Eine solche Bildung sehen wir auch beim königlichen Propheten David mit Bathseba, auf welche auch die Linie des Bundes mit Salomon drang, als David deren Ehemann Uria töten ließ und Falschheit trieb, nur damit er Bathseba zur Frau bekam, welches in menschlicher Natur vor Gott eine Greueltat und große Sünde war. Aber der Geist hatte auch hier seine Bildung mit David, weil Gott seinen Gnadenbund von Christus mit ihm erneuerte. Und so stellte Gott die Linie seines Bundes durch Davids Ungerechtigkeit in diese Frau, die er mit Unrecht durch das Ermorden ihres Ehemanns in Hurerei an sich gezogen hat, um anzudeuten, daß alles Wesen des Menschen vor Gott eitel und bösartig sei, und daß er unserer Sünde und Unreinheit mit seiner Gnade selbst zu Hilfe kommen wolle und seine Gnade in unsere Sünde hineinführt, um sie mit der Gnade zu töten. So stellte sich Gott in David dieses Bild vor, zur Versöhnung auf die Zukunft Christi, welcher, als er sich in die Bildungen hineinbegab, aller Menschen Sünde auf sich nahm und die Hurerei von Juda und Tamar sowie von David und Bathseba, als von Adam und Eva, wieder reinigte und sich zu ihnen in das Ehebett legte, wie zu Juda und Tamar oder auch zu David und Bathseba, in denen die Bundesline in ihren bösartigen Vorhaben offenbar wurde.

65.42. Denn hier wurde das alte Sprichwort erfüllt: „Wohin Gott eine Kirche baut, dahin baut auch der Teufel eine Kapelle.“ Gott hatte in Juda und David eine Kirche seines Bundes gebaut, und daneben baute auch der Teufel in Gottes Zorn in Menschenlust seine Kapelle. Aber die Kirche Gottes widerstand allezeit der Kapelle des Teufels.

65.43. Denn hier in dieser Bildung stellte sich der Weibes-Samen hinein, wie er in der Unreinheit des Menschen der Schlange den Kopf zertreten wollte. Hier wurde das Bild von Gottes Zorn und das Bild der Gnade in einer Bildung dargestellt, nämlich Adams fleischliche Hurerei mit seiner Eva und allen ihren Töchtern, und dann des weiblichen Samens vom Wesen der himmlischen Welt, der sich mit dem Wort der Gnade ins Mittel stellte.

65.44. Noch eine viel trefflichere Bildung sehen wir am hochweisen König Salomon, der ebenfalls in der Bildung wie Juda stand. Nämlich wie Juda Jakobs Sohn war, der die Verheißung empfing, und Jakob gänzlich in Christi Bildung stand, so empfing auch David die Erneuerung des Bundes der ersten Verheißung, und David zeugte diesen Salomon auch durch unrechte Ehe, denn obwohl er sie zur Ehefrau nahm, so stand doch das Unrecht und der Mord hinter der Tür.

65.45. Dieser Salomon wurde mit hoher göttlicher Weisheit begabt, und so drang auch die Linie des Bundes auf ihn, aber er wurde schließlich ein so unersättlicher Buhler, daß die Schrift von ihm sagt, er habe 700 Nebenfrauen und 300 Ehefrauen gehabt und sich mit den Töchtern heidnischer Könige gemischt und sie zu Frauen genommen, und er habe den heidnischen Frauen vergönnt, ihre Götzenbilder zur Abgötterei vor Jerusalem auf den Höhen aufzurichten. (1.Kön. 11.1-6)

65.46. In dieser trefflichen Darstellung deutet der Geist, daß der Mensch von Gott abgefallen und nur abgöttisch sei, daß Adam mit allen seinen Kindern in eigener Natur ein solches tierhaftes, hurendes und abgöttisches Geschlecht sei, und stellt daneben in diesem König Salomon die Linie seines Bundes unter diese heidnischen, abgöttischen und hurenden Nebenfrauen, die in eigener Natur vor Gott nur ein Greuel waren, um anzudeuten, daß sich Christus aus dieser Bundeslinie mitten unter die Heiden stellen sollte, um die Abgötterei von ihren Herzen zu reißen und sie alle zu Christus zu bekehren.

65.47. Auch um anzudeuten, daß Gott der Heiden Weise unter der Geduld (bzw. Duldung) zur Bildung Christi trage, und daß er mit den Juden nur ein Vorbild des Tempels Christi dargestellt habe, so daß sie, die Juden, in ihrer Natur eben nur solche abgöttischen Hurer wie die Heiden wären, ohne daß (bzw. obwohl) sie in ihrem Gesetz mit ihren Opfern das Vorbild Christi hatten, darauf der Bund sah, wie Gott die Juden und Heiden von Adams Greuel und Abgötterei erlösen und reinigen wollte, so daß ein Volk vor ihm wie das andere wäre, und keines besser, sondern alle miteinander nur der bösartige Adam. Darum stellt es sich der Geist in Salomons Bildung in der Linie des Bundes vor Augen, damit er sich aller erbarme um Christi willen, der diese Linie erfüllen sollte.

65.48. Und so wird den Lehrern zu Babel hiermit angedeutet, die zum Teil Salomon wegen der heidnischen Götzen verdammen wollen, daß sie eben nur selber unter der Decke liegen, wie die Juden unter Christi Vorbild, und ja so wenig die Schriften verstehen wie die Juden, und eben auch nur in abgöttischer, zänkischer Hurerei vor Gott stehen, wie Salomon mit seinen Nebenfrauen und die Juden.

65.49. Denn Salomon hatte auch das Gesetz, aber mit dem Herzen hurte er schließlich mit den heidnischen Frauen und Götzen. So auch Babel, welche sich ein reines Kind nennt und den Namen Christi führt, aber heftig darum in Meinungen streitet. Und all die Meinungen in denen sie zanken, sind wie Salomons heidnische Frauen und Götzen, und keine Zankmeinung ist wesentlich besser als die andere.

65.50. Denn Christus steckt in keiner Zankmeinung, sondern in der Linie seiner Gnade ist er mitten unter uns getreten. Und wenn wir ihn annehmen, dann nimmt er auch uns in sich an, und das bedarf keines Streites noch Meinung. Sondern nur das Eine will er von uns haben, daß wir in ihm bleiben, dann will er in uns bleiben, und daß wir uns in ihm lieben, wie er uns in sich liebt, so daß wir alle vom Zorn Gottes in seiner Liebe vereinigt werden, damit seine Gnade und Liebe uns allesamt, die wir zu ihm kommen, von unseren Sünden und abgöttischen Greueln reinige, und daß er aus Juda, Tamar, David, Salomon und allen Kindern der Juden, Heiden und Christen eine reine Jungfrau mache, die er sich selbst durch seine Liebe in seinem Blut zubereitet, welche er in Gnade zu uns gewandt hat, daß wir ihn in dieser Liebe erkennen und mit ihm ein Leib und Geist werden. Dann ist Adam wieder geholfen.

65.51. Weiter redet der Geist Moses im Text so: »Nach drei Monaten wurde Juda angesagt: „Deine Schwiegertochter Tamar hat gehurt, und nun siehe, sie ist von ihrer Hurerei schwanger geworden.“ Juda sprach: „Bringt sie her, daß sie verbrannt werde!“ Und als man sie herbrachte, schickte sie zu ihrem Schwiegervater und sprach: „Von dem Mann bin ich schwanger, dem dies gehört.“ Und sie sprach zu ihm: „Erkennst du auch, wem dieser Ring und diese Schnur und dieser Stab gehören?“ Juda erkannte es und sprach: „Sie ist gerechter als ich, denn ich habe sie meinem Sohn Sela nicht gegeben, und so beschlief er sie nicht.“« Dies ist nun eine gewaltige Darstellung, wie die Hurerei vor Gott ein Greuel sei, und wie Gott dem Menschen seine Sünde unter die Augen stellt. Und dies deutet uns hier an, daß die adamische Hurerei und Greuel vor diesem Gnadenbund offenbar sind und daß der Mensch in solchen Greueln des höllischen Feuers schuldig sei, wie Juda seine Schwiegertochter Tamar zur Verdammnis des Feuers verurteilte, aber nicht erkannte, daß er selber der Hurenmann sei, der in dieser Verdammnis stand.

65.52. Auch stellt hier der Geist in dieser Geschichte die falschen Gerichte (bzw. Urteile) der Menschen dar, daß sie eben das tun, was sie richten (und verurteilen), wie hier Juda die Hurerei Tamar zum Feuer verdammte und seinen Fehler nicht sah, daß er selber der Schuldige war, um anzudeuten, daß sich auch Christus in der Welt Gericht in dieser Bundeslinie als ein gerechter Richter hineingestellt hätte, welcher das Ungerechte vom Gerechten scheiden und die Hurerei und Abgötterei der Welt verdammen würde. Aber hingegen sehen wir in dieser Bildung, wie Tamar das Pfand, als den Ring, die Schnur und den Stab vor das Gericht und vor das schwere Urteil Juda stellte und damit das gefällte Urteil Judas widerlegte und seinen Zorn stillte, so daß er sich erbarmen mußte und ihr das Recht lassen.

65.53. Damit stand auch diese Bildung im inneren Grund vor Gott bei Juda und Tamar wie bei Adam und Eva, denn Adam hatte sich in fleischlich-irdische Lust hineingeführt und mit seiner weiblichen Eigenschaft durch Imagination auf tierische Art gehurt und die himmlische magische Art der göttlichen Ehe vergessen. Darum starb ihm auch das himmlische Weib, und an dessen Stelle wachte das irdisch-tierische auf, mit der er nun nach tierischer Art Hurerei trieb. Und dies stellte Gott in sich, als in Adam selbst, in sein Gericht und wollte Adam zum Tod verdammen, wie ihn dann auch Gottes Gerechtigkeit verdammte.

65.54. Doch die wiedereinverleibte Eva im Bund der Gnade, die sich in Eva, als in den verblichenen Weibes-Samen vom Wesen der himmlischen Welt einverleibt hatte, trat vor Gottes strenges Gericht und sprach zu Gottes Gerechtigkeit: »Siehe, ich bin von dem Mann geschwängert worden, dem dies gehört.« Das heißt: „Siehe, ich habe Adams Seele, Geist und Leib zum Pfand genommen, als ich mich wieder mit ihm vereinte, und bin mit ihm vermählt, und habe des Vaters Natur im aufgewachten Zorn in meine Liebe genommen, und bin jetzt von der Mensch-Natur schwanger und würde einen Gott-Menschen gebären.“

65.55. Und als des Vaters Eigenschaft in der seelischen Natur im Zorn erkannte, daß sich der Vater selbst wieder in die Gnade eingesät hatte, als in die neue Eva im Bund, da sprach der Zorn des Vaters in der Seele, als ihm die Gnade entgegentrat, zu dieser neuen Eva: „Du bist gerechter als ich, denn ich habe die Unreinheit Adams verursacht, so daß er irdisch wurde und vor mir gehurt hat. Und ich habe der neuen Eva Sela nicht zum Mann gegeben.“ Das heißt: „Ich habe das Wort zur neuen Wiedergeburt nicht durch Gesetze und im Gesetz gegeben.“ Darum hat Tamar, das heißt, die neue Eva unter der Zeit des Gesetzes mit Juda und seinen Kindern um die seelische und menschliche Natur gebuhlt, und Sela, als das Gesetz, in der Bildung stehenlassen. Und so hat sich die Gnade der neuen Eva im Bund immerfort mit Gottes Kindern vereint, wie an den Heiligen und besonders an den Propheten zu sehen ist, die äußerlich unter dem Gesetz lebten und dasselbe betrieben, und sich doch immerfort mit der neuen Eva in der Gnade vereinten und (innerlich) nicht mit dem Gesetz, sondern in der Gnade lebten.

65.56. Und so ist es an dieser Stelle eine gewaltige Darstellung, wie der Bund der Verheißung in Juda und die Erweckung des Bundes im Weibes-Samen immerfort gegeneinanderstanden und miteinander in Liebe um die zukünftige Offenbarung im Fleisch in Christus buhlten.

65.57. Denn diese Darstellung bei Juda und Tamar ist im innerlichen Grund nichts anders als das, und äußerlich wird der hurende bösartige Adam mit seiner fleischlichen Eva dargestellt, nämlich äußerlich der Mensch der Sünde mit seiner sündhaften Bildung, und innerlich die Vermählung der neuen Ehe in der Wiedergeburt.

65.58. Und der Geist redet weiter in Moses und spricht: »Und als Tamar gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem Leib. Und als sie dann gebar, kam eine Hand heraus. Da griff die Hebamme zu und band einen roten Faden um die Hand und sprach: „Der ist zuerst herausgekommen.“ Als der aber seine Hand wieder hineinzog, kam sein Bruder heraus, und sie sprach: „Warum hast du um deinen Willen solchen Riß gerissen?“ Und man nannte ihn Perez. Danach kam sein Bruder heraus, der den roten Faden um seine Hand hatte, und man nannte ihn Serah.«

65.59. Oh du wunderlicher großer Gott, der du so tief und hoch bist, wie gar einfältig und kindisch modelst du uns deine Weisheit vor! Was ist doch alle Kunst und Klugheit der menschlichen Hoheit vor dir, der du dich so sehr erniedrigst und deine allertiefste Weisheit und Hoheit in kindische Einfalt stellst, dessen sich zu Recht aller Menschen Hoheit in eigener Klugheit schämen sollte, wenn sie diese so großen Geheimnisse Gottes in solcher Kindheit stehen sieht.

65.60. Oh Welt, wie närrisch bist du, daß du dich im blinden Leben erhebst, und steckst doch noch in der Hülse und siehst nicht, was du bist, und verstehst nicht die göttliche Einfalt! Wie willst du denn die göttliche Tiefe ergreifen? Oh laß ab von deiner Klugheit und lege dich zur Einfalt, damit du doch einen Kinderverstand bekommst und vor Gott nicht unweiser geachtet werdest, als es die Tiere sind, die doch in ihrem Kleid und Stand bleiben, wie sie Gott geschaffen hat. Oh Welt, warum schläfst du im Arm des Teufels, der dich in sich pflegt und säugt und dich mit seiner Macht in seinen Willen und sein Leben führt? Ach, erkenne es doch!

65.61. Diese gewaltige Bildung stellt uns nun diese Geschichte mit den Zwillingen vor, als sich des einen Hand herausgetan hatte, um welche die Hebamme einen roten Faden band und meinte, er werde der Erstgeborene sein. Aber er zog seine Hand wieder hinein, und sein Bruder war herauskommen. Wie nun Christus in dieser Bundeslinie (von Perez) die menschliche Natur angenommen hat, so hat sich die menschliche Natur nach Adams Recht und eigenem Willen in diese Welt zuerst herausgetan und offenbart, um welche adamische Natur dieser rote Faden der Menschheit Christi mit seinem Blutvergießen gebunden werden mußte.

65.62. Als dies geschah, da mußte sich die menschliche Natur mit ihrem Recht wieder einziehen, das heißt, Adams herausgewandter Wille mußte wieder hinein in den Mutterleib gewandt werden, nämlich in das Wort. Und dann kommt der innerliche neue Adam heraus, dem die adamische Natur mit dem roten Faden nachfolgt. So spricht dann die Mutter zum neuen Adam in Christus: „Warum hattest du um deinen Willen einen solchen Riß getan?“ Die Mutter sagt „um deinen Willen“ und nicht um „deinetwillen“, sondern darum, daß sich dein Wille emporwinde und Adams Wille hinterher nachfolge. Damit hat der Wille im Bund der Gnade das feste Schloß des ersten Prinzips, als das Reich von Gottes Zorn, mit Gewalt zerbrochen. Denn der gute Wille war in Adam in Tod und Hölle eingeschlossen, aber in Christus riß er den gewaltigen Riß durch Tod und Hölle im Reich der ewigen Natur hindurch und wandte sich wieder heraus in das natürliche Leben, so daß Gottes Reich im menschlichen Leben wieder offenbar wurde.

65.63. Dies stellte der Geist bei Tamar in der Bundeslinie dar und modelte sich den Riß Christi durch Tod und Hölle vor, wie das zugehen sollte. Und mit dieser Vormodelung wurde der Hurenwille Tamars und Judas geheilt und ihre Hurenkinder in der Linie Christi im Bund der Gnade geehelicht.

65.64. Bei Esau und Jakob stand die Bildung, wie nach der Natur das Reich dem Adam gebührt (bzw. als Erstgeborener gehört) hätte, und wie er es verscherzt hatte und darum in seinem natürlichen Willen aus Gottes Reich verstoßen wurde, und wie Christus ihm zu Hilfe gekommen sei. Und hier steht nun die Bildung, wie Christus das Reich eingenommen habe und Adam zurücksandte und sich selbst in Adam herausgewandt hatte, so daß nun Adam Christus heißt. Und das paßt wohl trefflich in die Bildung Josefs und steht richtig und zu Recht zwischen der Historie Josefs.

65.65. Denn Josef ist die Darstellung eines Christen, und die Geschichte mit Juda und Tamar ist eine Darstellung, wie ein Christ aus Adams Natur entsteht, und wie Adams Natur wieder hinein- und Christus herausgekehrt werde, und wie diese Bildung eines Christenmenschen in dieser Welt äußerlich mit dem irdischen Adam bedeckt sei, so daß man es nicht erkennt, und wie Christus in Adam so dessen Schuld auf sich nehme, auch wie Adam mit diesem roten Faden gezeichnet werden müsse, welches Zeichen eigentlich auch das Pfand bei Tamar ist, das ihr Juda gab. Und wir wollen damit den Leser in Liebe ermahnt haben, unsere Erklärung dieses Textes nicht zu verwerfen, sondern darüber nachzudenken und in die Augen zu sehen, dann wird er wohl erkennen, wer der Erklärer gewesen sei, wenn er dessen wert ist.


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