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(Text von Jacob Böhme 1623, deutsche Überarbeitung 2022)
Wie Jakob seinem Schwiegervater Laban 20 Jahre gedient und 12 Söhne und eine Tochter gezeugt hatte, und wie ihn Gott segnete, so daß er großen Reichtum bekam, und wie ihm Laban öfters seinen Lohn verändert hatte und doch nicht schaden konnte, und was darunter zu verstehen sei. (1.Mose 30)
58.1. In dieser Historie sehen wir vor allem, wie es den Kindern Gottes in dieser Welt geht, wie sie nur in Kreuz und Widerwärtigkeit leben müssen, wie Jakob mit seinen Frauen. Denn als Rahel erkannte, daß sie unfruchtbar war, beneidete sie Lea, ihre Schwester, um anzudeuten, daß die eigene Liebe des Menschen nicht Gottes Ehre sucht, sondern nur sich selber. So daß dann Rahel Lea beneidete, weil sie einen Namen hatte und von Gott gesegnet war, und zu Jakob sprach: »Schaffe mir auch Kinder! Wenn nicht, dann sterbe ich.«
58.2. Darin wir nun sehen, wie dem Verstand die Wege Gottes ganz verborgen sind, auch wenn er in der Bildung der göttlichen Wunder steht, wie hier Rahel, welche hier die adamische eigene Natur andeutet, die von Jakob die Lebenskraft aus dem Segen Gottes begehrte, und wenn sie diese nicht bekäme, dann müßte sie sterben. Welches den Eifer-Geist in ihrer Begierde nach ihrem innerlichen Grund im Bund Gottes zwar andeutete, aber ihr Verstand konnte das nicht verstehen, sondern begehrte nur Kinder, auf daß sie von der Schmach erlöst würde. Doch ihr innerlicher Grund stand verborgen und sehnte sich durch die menschliche Natur in menschlicher Essenz zu offenbaren. Darum deutete der innerliche Grund im Gnadenbund durch ihre eigene adamische Essenz an, daß, wenn derselbe inwendige Grund nicht durch die menschliche Essenz offenbar würde, dann müßte sie ewig sterben. Darum sprach der Verstand: »Schaffe mir Kinder, oder ich sterbe.« Welches äußerlich ein Widerwille und Unmut zu sein scheint, aber der Geist Gottes hat hier seine Bildung, unter welcher er etwas andeutet.
58.3. Und dann sehen wir auch an diesen beiden Schwestern, welche doch Töchter des Bundes Gottes in der Verheißung waren, wie sich das Gift der Schlange im göttlichen Grimm im Fleisch und Blut so heftig gegen die Linie Christi im Bund gesetzt hat und diese immerfort verschmäht und sich wie ein stolzer Luzifer in der verstandesmäßigen menschlichen Eigenheit des eigenen Willens erhebt und emporschwingt und das Regiment haben will.
58.4. Wie hier Rahel ihre Schwester verachtet, weil sie äußerlich schöner war als Lea, die vor der Welt einfältig und albern erschien, aber Rahel den Weltgeist im Verstand und in der Zierlichkeit hatte. So regierte die adamische Natur in Rahel über den geoffenbarten Segen des Bundes in Lea, um anzudeuten, daß die Linie Christi in dieser Welt in alberner, einfältiger und verachteter Gestalt in solchen und ähnlichen Menschen offenbar werden würde.
58.5. Welche Menschen von der Welt Verstand, Pracht und Schönheit nur für Narren und Dumme geachtet werden würden, die in solchem Spott und Verschmähung zwar dahingehen müßten und mit Tränen säen, aber in ihrem innerlichen Grund in der Linie Christi gebären würden und endlich mit Freuden ernten, um anzudeuten, daß Christi Reich nicht von dieser Welt sei, so daß es in dieser Welt in Gottes Zorn und Verschmähung sowie in den Tod hineingeworfen werden müsse, um mit solcher Hineinwerfung den Zorn Gottes mit Liebe und Sanftmut zu erfüllen und mit der Liebe durch den Zorn und Tod hervorzugrünen und den stolzen Luzifer im menschlich eigenen Willen und seiner Fleischeslust zu Spott und zunichte machen müsse. Nämlich ein unbeständiges Leben, in dem aber die göttliche Demut niemals überwältigt werden kann.
58.6. Denn diese Demut grünt unter allem Spott und bricht auch durch den Tod und Zorn Gottes hindurch, macht den Tod zum Leben, nimmt der Hölle ihren Sieg und verwandelt den Stachel der falschen Schlangenessenz mit der süßen Liebe, wie wir hier bei Lea sehen: Auch wenn sie von ihrer Schwester, als vom Verstand, beneidet wurde, so grünte doch in ihr die Linie Christi im Bund unter allem Spott aus und machte sie fruchtbar, und Rahel unfruchtbar, bis sie ihre Magd ihrem Mann zur Frau gab, welches die adamische knechtische Linie andeutet, die im Reich Christi in Knechtsweise zur Verehelichung der Linie Christi kommt.
58.7. Denn Adam hat die Linie verscherzt: Das Natur-Recht im Reich Gottes ist in Adam verloren worden und kommt nun in Knechtsweise wieder zur Verehelichung, wie die Mägde der Frauen Jakobs. Darin sehen wir nun, daß Rahel (als das Recht eigener Natur) keine Frucht bringen oder wirken konnte, bis die Linie der Dienstbarkeit unter dem Joch der adamischen Natur der eigenen Liebe zuvor fruchtbar wurde, um anzudeuten, daß sich die menschliche Natur zum Dienst unter die Linie Christi begeben muß, wenn sie in der Linie Christi geehelicht und zum Erben Gottes eingesetzt werden will.
58.8. Dann erst grünt das Reich der Natur in Gottes Reich aus und wird im Segen fruchtbar, gleichwie Rahel erst fruchtbar wurde, als ihre Magd geboren hatte, um anzudeuten, daß Rahel auch eine Magd vor dem Bund Gottes und Christi Linie sein mußte, und daß in ihr die Linie Christi auch ihr Herr sei, auch daß sie in Magdweise zur Verehelichung der Linie Christi komme und sie die Linie Christi nicht in eigener Gewalt im Natur-Recht in sich hatte, sondern als ein Gnadengeschenk, das in einem anderen (zweiten) Prinzip steht.
58.9. Und darunter deutet sich an, wie die Linie Christi nicht in menschlicher eigener Macht fortgepflanzt werde, sondern daß sie selbst in ihre Zweige eindringt, und nicht der hohe Name oder die Stämme der Menschen angesehen werden, sondern mehr auf die Elendesten in der Welt dringt, welche nur Knechte und Mägde sind, als auf die Hohen.
58.10. Wie wir dessen ein gewaltiges Beispiel an Jakob selbst haben, der 20 Jahre als ein Knecht dienstbar sein mußte, bis durch ihn die zwölf Stämme Israels gezeugt wurden, um anzudeuten, daß ein Christ unter dem dienstbaren Joch der verdorbenen Selberherrschenden mit ihrer eigenwilligen adamischen Natur geboren werden müsse. Denn soll er als ein Christ aus Christi Linie geboren werden, dann muß sich der Gebärende zum Knecht Gottes begeben und im Reich der Natur nur wie ein Diener Gottes sein, der in seinem Herzen alles Zeitliche verläßt und nichts für eigen erachtet, sondern sich in seinem Stand nur als einen Diener achtet, der seinem Herrn darin dient.
58.11. Gleichwie Jakob unter solchem Dienst die Stämme Israels zeugte, um anzudeuten, daß sie in dieser Welt fremde Gäste sein sollten und darin Gott, ihrem Herrn, im Reich der Natur dienen, welcher ihnen den Lohn selbst bestimmen würde, so daß sie mit großem Gut aus dieser Welt in das Reich Christi als in ihr erstes adamisches paradiesisches Vaterland eingehen würden, wie auch Jakob unter seinem Dienst seines Schwiegervaters Gut mit großem Segen erlangte. Die innere geistige Bedeutung versteht so:
58.12. Als Adam gefallen war, mußte er aus dem Paradies herausgehen und sich zum Dienst unter den Weltgeist (Spiritus Mundi) im Reich dieser Welt begeben, und dem Gestirn und den vier Elementen untertan werden, ihnen in ihrem Reich dienen und ihre Kinder als die Kreaturen dieser Welt pflegen, wie vor Augen steht.
58.13. Als er aber aus dem Paradies ausgehen mußte, wie Jakob aus seinem Vaterhaus, da begegnete ihm der Herr und zeigte ihm durch den Weibes-Samen und Schlangentreter wieder den Eingang ins Paradies, wie er diesen auch Jakob mit der Leiter zeigte, die bis in den Himmel reichte.
58.14. Und als Adam aus dem Paradies gegangen war, mußte er sich nun unter ein fremdes Joch zum Dienst begeben und dem Reich der Natur in seinen Wundern dienen und der Natur Kinder pflegen, welches Reich der Natur ihm im Fall fremd geworden war, indem es ihn nun mit Zwang hielt, auch mit Hitze, Kälte, Krankheit und Wehtun plagte und in sich gefangenhielt und zu seinem Dienst gebrauchte, obwohl es zuvor sein bester Freund und Großvater gewesen war.
58.15. Und wie Jakob in dieser Darstellung zu seinem Freund, dem Bruder seiner Mutter, fliehen und ihm dienen mußte, der ihn als einen Knecht, aber auch als einen Schwiegersohn seiner Töchter hielt, so mußte auch Adam unter dem dienstbaren Joch seines Großvaters dienen, nämlich dem Reich der Natur, das ihm seine Töchter zu Ehefrauen gab, mit denen er die Kinder Gottes im Segen Gottes unter solchem Joch zeugte, und auch seine Kinder als dienstbare Knechte in seinem Vaterhaus anstellte, nämlich im Reich dieser Welt.
58.16. Und wie nun Jakob im Segen Gottes großes Gut gewann und seines Herrn Gut mit List an sich brachte, indem er die List mit den halbgeschälten Stäben über den Tränkrinnen gebrauchte, davon die Schafe tranken und darüber empfingen und auch bunte Schafe brachten, in gleicher Weise war auch Adam unter das dienstbare Joch des Reichs der Natur gekommen, darin auch des Teufels Neid und List nach dem Reich des Grimms herrschten. Und da zeigte ihm Gott, wie er das Reich der Natur, als die Wirkung der Natur mit ihren Wundern, mit göttlicher List an sich bringen sollte und sich die Kräfte der Natur zum ewigen Eigentum machen konnte, so daß ihm seine Werke, die er im Reich der Natur wirkte, in sein ewiges Vaterland nachfolgen und sein eigen werden mußten.
58.17. Dies war die List, die ihm Gott zeigte, nämlich der Schlangentreter, den Adam im Bund anzog, der das Reich der Natur von uns Menschen an sich zog und mit göttlicher List unserem Herrn, als dem Reich des göttlichen Zorns, der uns unter seinem Joch gefangenhielt, seine Kraft und Gewalt nahm, und alle menschliche Kraft an sich zog und dem Herrn, als dem Reich der Natur, die eigene Gewalt entzog, wie Jakob die Güter seines Herrn.
58.18. Und wie der Geist Gottes dem Jakob in der Vision zeigte, wie die Böcke auf die gesprenkelten und bunten Schafe und Ziegen sprangen, so wurde auch Adam im Geist des Bundes der Verheißung gezeigt, wie der Geist der Gnade im Bund auf die bunte menschliche Natur käme und sie segnete, damit die Menschen vom (Heiligen) Geist im Bund schwanger würden.
58.19. Welche menschliche bunte Natur nichts anderes ist, als die halb irdische, verdorbene und im Bund wieder neugeborene himmlische Natur. Über diese kam der Geist Gottes nach dem himmlischen Teil und machte sie fruchtbar, so daß unter dem irdischen Joch die Kräfte der Natur in göttlicher Gewalt in den himmlischen Teil einzogen. So wurde dem Herrn, als dem Reich der Natur, sein Gut entwendet, und so zog es der himmlische Mensch im Bund mit göttlicher Klugheit und List an sich, und zog damit von seinem Herrn, als dem Reich der äußeren Natur, aus und wieder in sein Vaterhaus ein, als ins Paradies, wie Jakob in sein Vaterhaus. Diese Darstellung versteht im Grunde so:
58.20. In Adam lag das Reich der Natur in der Ausgeglichenheit, nämlich alle Eigenschaften im Gleichgewicht. Als aber der seelische Wille mit der Lust in die Unterschiedlichkeit ging, da erwachten die Eigenschaften und die Ausgeglichenheit zertrennte sich. Und so wurde die Unterschiedlichkeit (bzw. Gegensätzlichkeit) sein Herr und hielt den Willen gefangen, als einen Knecht, der nun diesem Herrn dienen mußte.
58.21. Als aber Gott seine Gnade mit dem Bund der Liebe wieder dahinein sprach, da zog der innere eingesprochene Gnadengrund das Reich der Natur mit seinen Wundern an sich und entwendete ihm den Reichtum und die eigene Macht, und führte diesen mit dem inneren neuen Menschen wieder ins Paradies.
58.22. Denn der Reichtum des natürlichen, äußeren und sterblichen Menschen, in welchem er die Wunder Gottes durch seine Ausübung hervorbringt, gehört nicht dem äußeren Reich der Natur zum Eigentum, sondern dem inneren, geistigen und neuen Menschen aus Christus geboren. Derselbe soll diese Wunder an sich ziehen und zu ewiger Beschaulichkeit der Wunder Gottes mit sich nehmen.
58.23. Wenn der Leib der äußeren Natur hinfällt, dann sollen dem neuen seine Werke nachfolgen, als ein Schatz, den er durch göttliche Klugheit und List an sich gezogen und dem bösartigen adamischen Naturhaus des eigenen Regiments entzogen hat. Wie auch Jakob, der in der Bildung des neuen geistigen Menschen stand, mit dem der Geist Gottes im Vorbild auf das künftige Reich Christi anspielte, wie Christus alle Güter dieser Welt und allen Reichtum der Macht der Natur im geformten ausgesprochenen Wort Gottes unter seiner Dienstbarkeit (indem er sich zum Knecht Gottes im Reich der Natur ergab) an sich ziehen würde, und sich zum Herrn darüber machen und in unserer angenommenen Menschheit mit in sein ewiges Reich hineinführen und schließlich am Ende der Tage dieser Welt offenbaren und uns in unserem ursprünglichen Vaterhaus wiedergeben würde.
58.24. So sollen wir diese Darstellung von Jakob mitnichten irdisch ansehen, als ob Gott dem Jakob geboten hätte, seinen Schwiegervater mit List zu betrügen und das Seine zu entwenden, und als hätte Gott Gefallen an der natürlichen falschen List der Menschen. Nein, es wird in dieser Geschichte die geistige List dargestellt, wie wir den ungerechten Mammon im Reich Christi erlangen sollen, den wir nicht zum Natur-Recht haben, aber durch göttliche Klugheit erlangen. So leidet dann das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, die reißen es zu sich mit solcher Klugheit der göttlichen (ganzheitlichen) Wissenschaft (Scienz), wie es Jakob in der Bildung bezüglich des Reichs Christi tat.
58.25. Und so wird den Juden, die sich mit dieser Darstellung in ihrer List und ihrem irdischen Betrug behelfen (bzw. rechtfertigen), angedeutet, daß diese List bei Jakob eine geistige Bedeutung darstellt und mitnichten ihre Falschheit zudeckt.
58.26. Denn der da sagte »laß dich nicht gelüsten dessen, was deines Nächsten ist«, der hat alle äußerliche List und jeden Betrug verboten. Aber in den Stammeslinien hat der Geist Gottes mit dem Reich Christi in dieser Darstellung auf den inwendigen Grund des neuen Menschen gedeutet und so mit einer äußerlichen Geschichte gespielt.
58.27. Wie auch bei Ismael, Abrahams erstem Sohn, dem ebenfalls die Güter entzogen wurden, um anzudeuten, daß sie nicht Adam in der Verderbnis gehörten, sondern Christus, als dem zweiten Adam, der sie mit göttlicher Klugheit und List vom Reich des göttlichen Zorns im Menschen nahm, dazu er sich vorher dem Zorn Gottes unterwerfen und in angenommener menschlicher Natur dienen mußte. Aber so entzog er ihm die Güter und nahm ihm all sein Gut, und das deutet auch diese Darstellung bei Jakob an.
58.28. Eine (weitere) ganz wunderliche Geschichte stellt der Geist bei Jakob dar, wie ihm Laban seinen Lohn zehnmal verändert habe, und doch keinen Schaden tun konnte, um anzudeuten, wie es Gottes Kindern in diesem Dienst ergehe, wenn sie unter dem Joch der Natur die Güter des Reichs der Natur an die göttliche Klugheit und an dem inneren neuen Menschen anziehen sollen. So kommt dem Menschen solche große Veränderung in sein Vorhaben, daß, wenn er sich jetzt einen Weg vorgenommen hat, den er wandeln will, dann kommt der Teufel mit seinem Neid und verhindert ihm sein Vorhaben durch bösartige Menschen, so daß es nicht weitergeht, wie Jakob geschah: Wenn er dachte, die gescheckten Schafe und Ziegen sollen sein Lohn sein, da wandte ihm sein Herr den Lohn um.
58.29. So geht es auch Gottes Kindern in ihrer Arbeit, wenn sie denken: „Da wirst du Gottes Segen ernten!“ Oder: „Da wirst du Gottes Kinder antreffen, mit denen du wirken und Frucht bringen kannst! Da willst du Gutes tun und dieses Werk in deine Glaubensbegierde einfassen, damit es dir nachfolge!“ So werden ihm allenthalben seine Werke und Vorhaben zerbrochen, damit es ihm gar nicht nach seinem Meinen und Wollen geht. Er muß sich nur Gott anvertrauen, wie Jakob, dann kann ihm kein Feind Schaden tun. Und wenn es auch zu sein scheint, als geschehe ihm Schaden, und seine Werke wären vergeblich, so wirken sie doch Frucht, was dem Verstand unfaßbar ist. Und schließlich zieht der Mensch mit großem Gut aus dem Reich dieser Welt wieder in sein Vaterland, wie Jakob.
58.30. Denn die Schrift sagt: »Die Werke der Kinder Gottes folgen dem Glauben nach. (Offb. 14.13)« Sie nehmen sie mit, denn sie sind des Glaubens Lohn. Der Glaube nimmt Christus in sich, und Christus nimmt des Glaubens Werk mit sich. Und so zieht ein wahrer Christ mit großem Gut wieder in sein Vaterland heim, welches er mit seiner Glaubensbegierde in die Hoffnung hineingeführt hat.
58.31. Welche Hoffnung ihm Gott in Christus mit himmlischem Wesen erfüllt, und seine Werke der Natur hiermit auch annimmt und an sich zieht zu einem ewigen Lohn, welcher Christus mit dem ausgesprochenen Wort ist, als dem Reich der Natur, darin des Menschen Wunder und Wesen verinnerlicht liegen, behalten zum großen Scheidetag Gottes, da ein jeder einernten wird, was er hier ausgesät hat.
58.32. Wenn wir diese Historien recht ansehen und betrachten, wie Gott das Reich Israels mit einem dienstbaren Schafhirten angefangen habe und vor allen gewaltigen Reichen auf Erden bis in die Ewigkeit erhöht hat, und betrachten, wie die zwölf Stämme Israels unter einem dienstbaren Joch in Knechtsweise gezeugt wurden, aus welchem Stamm Christus nach der Menschheit geboren werden wollte, dann sehen wir, daß aller Welt Hochmut, auch alle Kunst und Klugheit der Natur, vor Gott wie närrisch sind, mit denen die Menschen doch so glänzen und ihre weltliche Übung und ihre hohen Stände für große Dinge halten, und sind doch vor Gott noch nicht einmal einem frommen Schafhirten gleich.
58.33. Den ein Schafhirte, in dem Gottes Geist wirkt, ist vor Gott höher geachtet, als der Allerweiseste und Gewaltigste in eigener Klugheit ohne göttliche Regierung. Und wir sehen eben hier, wie Gott sein Reich in den einfältigen, niedrigen und unansehnlichen Menschen anfängt, welche vor der Welt nicht geachtet sind und vor Menschenaugen nur wie Hirten gelten. Wie sich dann auch Christus nur solche Apostel erwählte, welche nur arme, geringe und unachtbare Leute waren, durch welche er das Reich Israels in göttlicher Kraft offenbarte.
58.34. Wo sind die Hochgelehrten und Weltweisen? Oder wo sind die gewaltigen Herren, die das Einfältige verachten? Wo bleiben ihre Macht, Kunst und Klugheit? Sie müssen alle miteinander in den Staub und herunter zur Einfalt solcher Schafhirten kommen und ihr Herz in die Dienstbarkeit unter Christi Joch beugen, wenn sie dieser Schafhirten-Linie teilhaftig werden wollen. Ja, sie müssen werden wie die Mägde der Frauen Jakobs, wenn sie zu dieser Ehe kommen wollen.
58.35. Denn die Linie Christi hat sich im Anfang mit Übel in einem Schäfer offenbart, wie auch danach bei Abraham, Isaak und Jakob, Moses und David. Alle sind sie nur Schafhirten gewesen, wenn sich die Linie Christi offenbart hat. Da war kein Gewaltiger, Edler, Reicher, Gelehrter oder Hochweltweiser dazu gekommen, sondern geringe unansehnliche Leute, die ihr Vertrauen in Gott gesetzt haben.
58.36. Wo bleiben hier die Hohepriester und hohen Schulen, welche sich die Gewalt dieser Geheimnisse zuschreiben und nehmen und oft die Gaben des Heiligen Geistes in solchen Schafhirten mit Füßen treten, sie verlachen und für Narren halten? Sind sie nicht alle Kain, Ismael und Esau von der linken Linie, vom Reich der Natur dieser Welt, in Scheinheiligkeit des eigenen Verstandes, der vor Gott nicht einmal einem Schafhirten gleich ist?
58.37. Oh ihr armen, in Adam blinden Menschen! Wendet eure Augen vom Hochmut ab und erniedrigt euch unter die Einfalt Christi in diese Schafhirtenlinie, und seht nicht auf die Pracht der Kunst und Hochheit, oder ihr werdet jämmerlich betrogen! Wollt ihr dieser Linie fähig werden, dann könnt ihr es nicht durch Hochmut erlangen, der in diesem Hirtenamt in Scheinheiligkeit prangt, sondern nur in der Demut und einfältigen Einfalt, darin sich die Seele unter das Joch Christi ergibt. So wird die arme und an Gott blinde Seele in diese Ehe eingewurzelt und dieser Line fähig.
58.38. Diese zwölf Kinder Jakobs sind eben diese Linien, die der Geist Gottes von Adam bis auf Noah und seine Kinder andeutet, welche aus der Bundeslinie im Paradies entsprossen und von Adam auf Abel drangen und so fort bis auf die Kinder Noahs, wo auch zwölf Linien oder Stämme angezeigt werden. Hier eröffnete sich derselbe Baum wieder aus einem Stamm, der Jakob war, und das deutet an, wie diese Linien alle in Einem Stamm geheiligt werden sollten, der Christus ist, welcher sich auch zwölf Apostel erwählte, um diesen Baum zu offenbaren, der aus der Bundeslinie gewachsen war.
58.39. Und als Jakob diese zwölf Söhne gezeugt hatte, zeugte er auch eine Tochter mit Namen Dina, »welche ausging, die Töchter des Landes zu besehen« und dadurch ihre Ehre und Jungfrauschaft verlor. Jakob zeugte sie mit Lea, in der die Linie Christi aus dem Stamm von Juda offenbar wurde, um anzudeuten, daß die Linie Christi diesmal noch in der weiblichen Tinktur verborgen stand, sich aber durch die männliche und feurige offenbart, bis zu Maria, Christi Mutter, wie wir das am Bund Abrahams, Isaaks und Jakobs sehen, daß der Bund auf ihren Samen drängte. Wir sehen es auch an der Beschneidung, die allein dem Mann gegeben wurde.
58.40. Und noch mehr sehen wir es am Gesetz vom Berg Sinai, das auch in feuriger Art gegeben wurde, um anzudeuten, daß die Menschen vor Christus in der Eigenschaft des Vaters geführt wurden, der uns im Zorn gefangenhielt, bis sich seine Liebe als sein Sohn durch den Zorn in der weiblichen Tinktur offenbarte und des Mannes und Weibes Tinktur wieder in Eine wandelte. Darum grünte die Linie Christi bei den Vätern in der weiblichen Tinktur durch des Mannes Tinktur aus.
58.41. In des Mannes Tinktur wurde sie im Glaubensbund in Abraham rege, und wurde aus des Mannes Tinktur im Weib offenbar. Aber in Erfüllung der Zeit wurde sie in Maria offenbar, in der weiblichen Tinktur, als in der höchsten Liebe, in welcher Liebe sich Adam vor seiner Eva selbst liebte, denn Gott war darin offenbar.
58.42. Darum sehen wir hier mit Dina ein Bild der Eva, denn nachdem Lea sechs Söhne geboren hatte, gebar sie eine Tochter, welche die weibliche Tinktur andeutet, die ihre Ehre durch ihre Neugier verspielte, gleichwie Eva die Töchter der Welt besehen und wissen wollte, nämlich die tierischen und kreatürlichen Lüste, und in solcher Lust die paradiesische Jungfrauschaft verlor.
58.43. So setzt sich hier der Geist Gottes mit Dina ein Bild der Eva neben die Linie des Bundes, weil aus der Bundeslinie jener kommen sollte, der die armen Eva-Kinder suchen und selig machen sollte.
58.44. Denn sechs Söhne gebar Lea, welche die sechs Eigenschaften des natürlichen Lebens andeuten, und die siebente ist das Wesen oder die Leiblichkeit der sechs, in welchem geistigen Wesen Adam an Gottes Reich starb oder verblich, als sich sein Wille von Gott abbrach. Und diese siebente Eigenschaft der Natur ist nun eben die Weiblichkeit, als die Mutter, darin sich die anderen sechs immer gebären, welches wohl recht die adamische Eva andeutet, als Eva noch in Adam in Einem Bild war.
58.45. Dieses Bild stellt der Geist Gottes bei Jakob mit Dina dar, wie diese siebente Eigenschaft der Natur in Adam an Gott zur untreuen Hure geworden sei, und setzt dieses Bild neben die Linie Christi, daß Christus kommen sollte, um diese Hure, als die siebente Eigenschaft des menschlichen Lebens, wieder in die Jungfrauschaft zu wandeln.
58.46. Darum wurde Christus von einer Jungfrau geboren, um die weibliche Tinktur wieder zu heiligen und in die männliche Tinktur zu wandeln, damit Mann und Frau wieder ein Bild Gottes würden und nicht mehr Mann und Frau (getrennt) wären, sondern männliche Jungfrauen, wie Christus war.
58.47. Bei Rahel sehen wir nun die eigene Liebe im Reich der Natur, darin sich die beiden Tinkturen, männlich und weiblich, nach dem Reich der Natur in eigener Liebe in der Beziehung verbinden, wie dann Jakob seine Rahel nach dem Reich der Natur mit der Tinktur eigener Begierde liebte, und hinwieder auch Rahel den Jakob. Darum mußten diese Tinkturen der eigenen natürlichen Liebe so lange verschlossen sein und kein Leben hervorbringen, bis »der Herr an Rahel gedachte und sie erhörte«, wie der Text bei Moses sagt. Das heißt, bis der Herr die Tinkturen des Reichs der Natur mit seinem Segen bewegte, und dann gebar sie einen Fürsten in das Reich der Natur, nämlich Josef, in dem wir an seiner großen Zucht und Gottesfurcht sehen, daß der Segen Gottes die Tinkturen des Reichs der Natur, die im Samen verschlossen lagen, bewegte und den Bund der Gnade darin offenbarte.
58.48. Denn das Reich der Natur im Menschen sollte Christus vom Grimm erlösen. Darum stellte sich auch der Geist in dieser Geschichte ein Bild mit Josef vor, den er auch in die Darstellung von Christi Menschheit setzte, wie es künftig mit Christi Menschheit, die er von uns Menschen annahm, gehen sollte.
58.49. Denn durch Lea wurde Christus nach seiner himmlischen verborgenen Menschheit vorgestellt, wie sich das Wesen der himmlischen Welt in unserer Menschheit unter dem Joch des göttlichen Zorns verbergen würde und wie Christus in Knechtsweise und verachteter Gestalt erscheinen müßte.
58.50. Und durch Rahel wird dann mit Josef die Bildung dargestellt, wie er überwinden und in unserer menschlichen Natur ein Herr und Fürst über alle seine Feinde werden würde, die uns arme Menschen in Fleisch und Blut gefangenhalten, und wie er uns aus dem Elend der Hungersnot Adams in ein gutes Land führen würde, ohne zu bedenken, wie wir ihn in dieser Welt in die Grube geworfen haben, wie auch Josef von seinen Brüdern (1.Mose 37.20).
58.51. Diese Bildung stellt sich der Geist Gottes bei den zwölf Erzvätern zu einem Spiegel vor, durch den Gott in seinem Zorn versöhnt wurde, und zwar auf die zukünftige Erfüllung, denn der Text von Moses redet ganz heimlich in dieser Darstellung und sagt: »Als nun Rahel den Josef geboren hatte, sprach Jakob zu Laban: „Laß mich ziehen und reisen an meinen Ort und in mein Land! Gib mir meine Frauen und meine Kinder, für die ich dir gedient habe, so daß ich hinziehe.“« Die innere geistige Bedeutung versteht so:
58.52. Wenn der Segen Jakobs, als Christus im Reich der menschlichen Natur, offenbar wird, so daß der Mensch in Christi Bild steht, dann begehrt er, aus der Dienstbarkeit dieses Hauses, darin er dienen muß, wieder in sein ursprüngliches Vaterhaus zu ziehen, und er begehrt, seine Früchte als Kinder, Brüder und Schwestern sowie alle Kinder dieser Geburt mitzunehmen. Er bekommt ein großes Sehnen danach, wie Jakob nach seinem Vaterhaus. Aber der Herr spricht zu ihm: „Bleib und diene mir noch hier und weide meine Schafe. Bestimme dir den Lohn, den ich dir geben soll!“ Das heißt, erbitte von mir, dann will ich es dir geben, wie auch Christus sagte: »Was ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, das will er euch geben. (Joh. 16.23)«
58.53. So versenkt sich dann dieser Jakob in die Geduld und hütet die Schäflein Christi mit der Hoffnung des ewigen Lohns, der ihm nachfolgt. Denn in Josef, das heißt, in Christus wird ihm erst der Lohn gegeben. Wie auch Josef der Lohn Jakobs im äußeren Reich wurde und ihn samt seinem Haus in der Hungersnot ernährte, welches auch Christus andeutet, der uns ewiglich in sich ernähren will, und mit sich heimführen in das Haus seines Vaters, wie Josef seinen Vater und die Kinder in das Land seines Herrn führte.