Das Mysterium Magnum

(Text von Jacob Böhme 1623, deutsche Überarbeitung 2022)

37. Kapitel - Von Abraham und seinem Samen

Von Abraham und seinem Samen, und von der Bundeslinie in ihrer Fortpflanzung, auch von den heidnischen Göttern. (1.Mose 11.10-32, 1.Mose 13.14-18)

37.1. Wenn man die Historie oder Geschichte bei den Kindern der alten Heiligen mit wahren Augen der Vernunft betrachtet, dann sieht man nur Wunder, denn die Linien der Kinder Gottes sind wie ein Baum, der in Äste und Zweige wächst, bis er Frucht trägt. So ist auch die Linie Christi in seinem Stamm des verheißenen Wortes im Bund von Ast zu Ast bis in die Höhe der Zweige gewachsen, bis zu seinem rechten Alter, und bis sich die Kraft des Baumes, das heißt, das Wort im Bund, mit der herrlich schönen Blüte hervorgetan hat.

37.2. Aus dieser Blüte ist wieder das heilige Bild Gottes in Fleisch und Blut in einem heiligen Leib gewachsen. Man sieht seine Äste und Zweige so schön, daß sich die Seele an solchem Schauen hoch erfreut und zu Recht begehrt, auf diesen Ästen und Zweigen mit auszuwachsen, zum großen Lob Gottes in unserem englischen Baum der Hierarchie Christi des heiligen Paradieses.

37.3. Denn Gott schloß mit Adam nach seinem Fall einen neuen Bund, als dieser am himmlischen Wesen in sich abstarb, daß er ihn wieder lebendig machen und neu gebären wollte. Und dieser Bund war die Wurzel im verblichenen Wesen, und wuchs in der Linie Adams aus Seth und seinen Kindern und Nachkommen bis zu Noah in einem Stamm des Baumes. Und mit Noah erneuerte Gott den Bund.

37.4. Denn die unzerteilte sinnliche Zunge, darin die Geister der Buchstaben in einer Harmonie regierten, währte bis zur Sündflut, so daß alle Menschen in einer Zunge redeten, in welcher der Geist Gottes der fünf Selbstlaute schwebte, als die göttliche Vernunft.

37.5. Weil sie aber das Bild und Tier der Eitelkeit in die sinnliche Zunge hineingeführt hatten und mit der babylonischen Hure der Ichheit buhlten, klagte Gott über sie, daß sie sich von seinem Geist nicht mehr regieren lassen wollten, und er sagte, daß es ihn reute, daß er den Menschen gemacht hatte.

37.6. Denn das Reuen des Zerbrechens eröffnete sich, wie auch das Reuen der Buße zur neuen Wiedergeburt aus dem Bund, und so zerbrach das Reuen des geformten Wortes in der einigen sinnlichen Zunge alles Leben, das in der Luft, das heißt, im offenbarten Geist Gottes lebte, als im dritten Prinzip. Und so führte sich das Wort der sinnlichen Zunge nach der Sündflut in einer Verdichtung der Geister der Buchstaben aus.

37.7. Denn Gott sprach zu Noah: »Die Menschen sind Fleisch, dazu arg von Jugend auf.« So wollte sich der Heilige Geist danach in der argen gefaßten sinnlichen Zunge nicht mehr offenbaren, sondern ließ sie machen, wie sie wollten. Weil sie ihm nicht folgen wollten, überließ er der Natur die Gewalt, ihre Wunder aus Gut und Böse zu offenbaren, nämlich in den Bildungen der finsteren und äußeren Welt, weil ihre Bilder nur im Licht der äußeren Natur glänzten, darin Böses und Gutes untereinander ist, zur Beschaulichkeit der Wunder Gottes nach Liebe und Zorn, aus welchem Grund der heidnische Verstand mit ihren Abgöttern geboren wurde.

37.8. Denn der Ursprung der Geister der Buchstaben führte sich in die Formungen vieler Sprachen. Und in den Formungen der Ichheit wurden die Bilder im Verstand geboren, darin sich die äußere Natur beschaut und auch der Teufel aus Gottes Grimm seine Imagination und Begierde hineinführte, um die Menschen von der (ganzheitlichen) Vernunft in Bilder hineinzuführen, damit sie den wahren Gott nicht erkennen.

37.9. Denn alle Orakel der heidnischen Götter entstanden aus der äußeren und inneren Natur der finsteren Welt, als eine Bildung oder ein Verstand der Seele der äußeren und inneren finsteren Welt, gleich einem eigenen Gott, das heißt, einem Naturgott, wie auch die sinnliche Zunge zu einem solchen Naturgott und Verstand gekommen war, die sich selber heuchelte und die Bilder in sich faßte. So ließ es Gott geschehen, daß sich ihnen auch die Natur zu einem Gott im Orakel darstellte und durch die Bilder redete.

37.10. Denn die Heiden ehrten das Gestirn und die vier Elemente, weil sie erkannten, daß sie das äußere Leben aller Dinge regierten. So ging ihre Vernunft der verdichteten sinnlichen Zunge, als das gefaßte Wort der Vernunft, in das ebenfalls gefaßte und geformte Wort der Natur ein. Entsprechend verinnerlichte sich auch der Geist des geformten Wortes der Natur in ihnen, und so bewegte die Vernunft den Verstand. Das heißt, die menschliche Vernunft bewegte in ihrer Begierde den Verstand in der Seele der äußeren Welt des ausgesprochenen und geformten Wortes aus der inneren finsteren und Feuerwelt und aus der äußeren gestirnten und vier-elementischen Welt, so daß in dieser Seele der Verstand des Rades der Zeit in der Vernunft herrscht.

37.11. Durch diese Vernunft der Seele der äußeren Welt hat auch der prophetische Geist aus dem Geist Gottes gedeutet, wie sich künftig das geformte und ausgesprochene Wort der äußeren Natur und Zeit in Formungen des Zerbrechens und Aufbauens in den Völkern hineinführen würde, als in die Erbauung der Königreiche und auch von ihrem Untergang. Denn in dieser Seele stehen alle Dinge der äußeren Welt in Zeit, Ziel, Maß und Gewicht, gleich einem Uhrwerk, davon die (heilige) Schrift oft spricht.

37.12. Aus dieser Seele, als aus dem Uhrwerk der Vernunft der Natur, ist den Heiden durch ihre Bilder und Götzen geantwortet worden, nämlich durch den Sinn des Gestirns, die ihr Glaube bewegt hat, den sie mächtig dahinein führten.

37.13. Und nicht eben alles durch den Teufel, wie die Kälberaugen richten, welche nichts vom Geheimnis wissen, und nur „Teufel! Teufel!“ rufen, aber nicht wissen, was Gott oder Teufel ist. Denn sie sind selber Menschen- und Bilderteufel und dienen ihrem Bildergott Mäusim (der Ich-Festung) in der Ichheit, und sind ebensowohl Bildergötzen wie die Heiden gewesen sind.

37.14. Und sie haben nun die Verwirrung in sich zum Götzen gemacht, die ihnen auch bald die Sündflut des Feuers auf ihren Hals führen wird, dessen sie aber keine Erkenntnis noch Glauben haben, sondern immerfort sagen: „Es hat keine Not!“ Obwohl sie doch das Uhrwerk der Natur an ein Ziel zum Zerbrechen geführt hat, denn der verschlossene Geist der Wunder ist am Ziel seines Gefängnisses und eröffnet sich aus dem großen Uhrwerk der inneren und äußeren Natur mit der geistigen Zunge durch die sinnlich verdichtete, und das ist ein Wunder, das niemand aufhalten kann.

37.15. Und wie uns nun von der verdichteten sinnlichen Zunge des geformten Verstandes der Heiden aus dem Geschlecht von Ham und Japhet zu verstehen ist, so auch in gleicher Weise von der geistigen und ebenfalls verdichteten Zunge im Bund, die in der Offenbarung aus Sems Kindern und Geschlecht auf Abraham drang, darin sich nach der Sündflut das erste geistige heilige Orakel aus der geistigen Zunge der fünf Selbstlaute aus dem heiligen Namen Gottes im Bund eröffnete, nämlich aus dem heiligen Feuer der Liebe Gottes, durch welches Feuer die göttliche Stimme offenbar wurde.

37.16. Und man sieht es gar schön, wie es der Geist in Moses im Stammregister in den Namen andeutet, wie sich alle zehn Gestaltungen des Feuers als die zehn Eigenschaften der heiligen Zunge zum Feuerleben (d.h. zur feurigen Zunge) in den Namen der Kinder Noahs bis zu Abraham darstellten.

37.17. Denn in Abraham eröffnete sich der Geist der feurigen Zunge durch die heilige Vernunft der geistigen Zunge aus dem Bund, und stellte auch seine Bildung aus der gefaßten und verdichteten geistigen Zunge dar, nämlich als die Beschneidung und das Opfer, deren Bildungen alle auf Christus deuteten, der das Band der geistigen Zunge zur wahren göttlichen Vernunft eröffnen und das Licht der Gnade in der Liebe wieder im geformten Wort in den Buchstaben der sinnlichen Zunge anzünden sollte, um das Tier der geformten Zunge zu zerbrechen, darin der Teufel gespielt und sich als ein Gott hineingesetzt hatte.

37.18. Diesen Gast trieb die heilige feurige Zunge in der Eröffnung des Bundes im Geist Christi aus und nahm Fürst Luzifer seinen Thron in menschlicher Eigenschaft in den Kindern Gottes.

37.19. Zehn Namen setzt Moses in die Bundeslinie von Noah bis zu Abraham: Sem, Arphachsad, Sala, Eber, Peleg, Regu, Serug, Nahor, Thara und Abraham, und stellt ganz wunderlich dar, wie Thara drei Söhne gezeugt habe, nämlich Nahor, Haran und Abraham. Das ist ein Bild der drei Prinzipien, wie sie in dieser heilig-feurigen Bundeslinie alle drei durch dieses heilige Feuer eröffnet würden und von der Eitelkeit geschieden werden, und wie der ganze Mensch durch das heilige Feuer im Bund in das Bild Gottes geboren und formiert werden sollte. Entsprechend stellen es dann auch die Namen der drei Brüder in der sinnlichen Zunge dar. Wenn man die wahre geistige Vernunft dahineinführt, dann sieht man es in der Form der zusammengesetzten Geister der Buchstaben, welches, auch wenn man es wohl andeuten könnte, doch dem unerleuchteten Leser unverständlich bleiben würde. Und den Unseren müssen wir dies nicht aufzeigen, denn sie haben dazu bereits ein Verständnis.

37.20. Unter den zehn Gestaltungen des Feuers verstehe ich erstlich das geformte Wort in den sieben Gestaltungen der Natur, und die achte, neunte und zehnte Gestaltung sind die innere Welt, welche ungeformt ist: Die achte Zahl ist das Feuer der ewigen Natur göttlicher Offenbarung, auch Stärke und Allmacht, das am Ende der Tage die Scheune fegen soll. Die neunte Zahl ist die himmlische Tinktur vom Feuer und Licht. Und die zehnte Zahl ist das Liebefeuer, als das (Dritte im) Dreieck der heiligen Dreifaltigkeit in der Majestät. Das sei den Unseren nur angedeutet. In den „Vierzig Fragen von der Seele“ ist dies ausgeführt, und zwar bereits in der Philosophie der Einleitung.

37.21. Aus diesen zehn Eigenschaften der Namen in der Bundeslinie ist das Orakel als göttliche Stimme in Abraham offenbar geworden. Darum hieß ihn der Geist des Herrn von seiner Freundschaft aus seinem Vaterland gehen. Denn nicht aus der Freundschaft, als aus seinem eigenen Geblüt, sollte die Stimme göttlicher Offenbarung mit dem Messias oder Christus kommen, sondern aus Gott. Aber in ihm lag das Gefäß als das Sein, in dem sich die göttliche Stimme offenbaren wollte. Und darum hieß er ihn von seinem Geschlecht weggehen, damit ein fremder (göttlicher) Samen in seinen eigenen Samen hineingeführt werden sollte, nämlich ein himmlisches Sein.

37.22. Denn nicht im Wesen des Menschen stand das Vermögen zur göttlichen Offenbarung, sondern in Gottes. Aber des Menschen Sein mußte dazukommen, damit Adams verblichenes himmlisches Sein in Christi lebendigem Wesen wieder lebendig würde und in Christus aus dem Tod auferstünde. Deshalb sprach Gott zu Abraham: »Geh in ein anderes Land, das ich dir zeigen werde!« Hier deutet der Geist, daß er nicht im Land seines (leiblichen) Vaters, das heißt, im irdischen Menschen, Gott schauen werde, sondern im Land, das ihm der Herr in seinem Samen zeigen werde, welches ein fremder Samen aus göttlichem Wesen war. In diesem fremden Samen wollte er seinen eigenen Samen segnen und benedeien, das heißt, mit der göttlichen Tinktur der neunten Zahl in der Heiligen Dreifaltigkeit (Ternario Sancto) tingieren, und zwar mit der Tinktur der heiligen geistigen Welt.

37.23. Denn so sprach der Herr zu Abraham: »Geh aus deinem Vaterland und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, daß ich dir zeigen will! Und ich will dich zu einem großen Volk machen, und will dich segnen und dir einen großen Namen machen. Du sollst ein Segen sein! Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen. Und in dir sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden.« Gott sprach: »Er wollte ihm einen großen Namen machen, und alle diejenigen segnen, welche ihn segnen würden, und verfluchen, welche ihn verfluchen würden.« Der große Name, den er ihm in seinem Samen machen wollte, war nicht allein im Reich dieser Welt zu verstehen, denn Abraham war auf Erden nur wie ein Fremdling und mußte von einem Ort zum anderen wandern, und besaß kein Fürstentum oder Königreich, wie die großen Namen der Heiden aus der verdichteten sinnlichen Zunge, denn er sollte in dem verheißenen Samen und Segen ein Fremdling auf Erden sein. Denn auch Christus sagte, sein Reich sei nicht von dieser Welt.

37.24. Der große Namen aber, der ein Segen sein sollte, darin Gott alle Völker segnen wollte, war die Hierarchie Christi im Bund, welche sich in Abrahams Samen eröffnen wollte. Und das war ein ewiger großer Name einer königlichen Hierarchie, eines Thronfürsten in göttlicher Kraft und Macht, welche über den Fluch zu herrschen hatte. Denn Gott sagte, er wollte dem fluchen, der ihm fluchte, nämlich den abtrünnigen Teufeln und allen gottlosen Menschen, die diesem heiligen Samen und Segen fluchen würden. Denen sollte dieser Samen auf den Kopf treten.

37.25. So wird hier ganz die Person Christi unter Abrahams großen Namen und Segen verstanden, denn er sagte: »In dir sollen alle Völker gesegnet werden, und du sollst ein Segen sein.« Nun konnten doch im äußeren sterblichen Menschen des Abrahams nicht alle Völker gesegnet werden, denn Abraham starb, und seine Kinder und Kindeskinder waren lange Zeit Fremdlinge und dienstbare Leute in fremden Ländern, wie dann in Ägypten fast 450 Jahre, und hatten kein Zepter bis zu Moses, der zwar auch kein König war, sondern ein Fürst Gottes, bis auf König Saul, weil sie gegen Gottes Gebot und Willen trotzdem einen König haben wollten, den doch Gott danach verwarf und David zum König aus dem prophetischen Geist in der verdichteten geistigen Zunge aufstellte, und zwar unter der Person Christi, der den großen Namen und den ewigen Segen bringen und eröffnen sollte.

37.26. Hier ist uns nun recht zu verstehen, was die Person Christi unter diesem Namen und Segen sein würde, nämlich kein völlig Fremder, der nicht aus Abrahams und Adams Samen sein sollte, wie etliche darüber so irren und Christus allein im verheißenen Samen, als in Abrahams verheißenen Samen hineinsetzen. Damit wäre der armen gefangenen Seele nicht gedient. Auch wäre die Auferstehung der Toten aus diesen jetzigen Leibern von uns ganz nichtig.

37.27. Denn wäre Christus ein völlig Fremder, dann müßte in uns auch ein ganz Fremder aus Christi Samen und Fleisch geboren werden, der nicht das Ich (bzw. das Selbst) wäre, sondern ein anderer Mensch. Wie etliche so irren, daß wir so aus Christus geboren werden, gleichwie der Tau aus der Morgenröte. Welches wohl wahr ist, aber meine Ichheit (Selbstheit), die in Adam aus göttlichem Wesen geschaffen wurde, nämlich aus dem guten Teil des Wesens der Erde, welche aus dem Wesen der himmlischen Welt nach dem guten Wesen in eine Gerinnung einging, muß dabeisein, wie solches auch mit Abraham zu verstehen ist.

37.28. Denn Gott sagte: »In dir sollen alle Völker gesegnet werden.« Und er sagte nicht nur „in dir“, sondern er sagte: »Ich will dich segnen, und dich zum großen Volk machen, und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein!« Du selbst sollst es sein, das heißt, Christus sollte Abraham werden, und Abraham Christus.

37.29. Denn der Samen, der in Adam verblich und des geistigen Lebens abstarb, in den Gott das Ziel seines Bundes mit dem lebendigmachenden Wort einverleibte, derselbe ist es, in den Gott seinen Segen als das lebendige, göttliche und himmlische Sein hineinführen wollte. Und in diesem wieder lebendig gemachtem Wesen oder verblichenen Samen wollte er Abraham und Adam samt ihren Kindern segnen und lebendig machen. Das lebendige Sein des Wortes im Bund und das in Adam verblichene Sein in Abraham sollten eine Person und ein Leib werden, denn es ist einerlei Sein.

37.30. Aber die vergiftete sinnliche Begierde, welche der Teufel tierhaft gemacht hat, hatte dieses heilige Sein in Adam in den Tod verschlossen und mit der grob-irdischen Eigenschaft verdeckt, gleich einem schönen Gold, das in Blei verwandelt wurde. So würde man sagen, das Gold ist tot und weg, und das wäre auch wahr, wenn es der Künstler nicht wieder auflösen könnte.

37.31. So wollte auch der himmlische Künstler Adams verblichenes Gold nicht wegwerfen und ein ganz neues machen, sondern er nahm seine eigene Tinktur und sein eigenes Gold, daraus er Adams Gold gemacht hatte, und tingierte (heilte bzw. reinigte) Adams Gold mit seinem eigenen Gold und seiner Tinktur, nämlich mit dem Wort als die Kraft Gottes und mit dem Wesen des Wortes als die himmlische Leiblichkeit.

37.32. So wurde Christus ein Gottmensch, und Adam und Abraham wurden in Christus ein Menschgott. So sind Gott und Mensch Eine ungetrennte Person nach und aus allen drei Prinzipien von Ewigkeit und Zeit, nach und aus Leib und Seele, nach aller Eigenschaft der Menschen und aller göttlichen Eigenschaft, ausgenommen die eingeprägte und von Adam eingefaßte Schlangeneigenschaft, die er nicht annehmen sollte. Aber das Sein, das heißt, das menschliche Sein, dahinein der Teufel seinen Samen gesät hatte, das sollte er annehmen und darin dem Wesen von Teufel und Schlange den Kopf zertreten, und das Gefängnis des Todes, darin das himmlische Sein verschlossen lag, zerbrechen und wieder ausgrünen lassen, wie die dürre Rute Aarons solches andeutet, die grünte und Mandeln trug.

37.33. Und das ist das wahre Verständnis vom Samen Abrahams und seinem Segen, wie er im Geist Christi ein Segen sein sollte. Denn das Sein von Abrahams und Christi hat alle Völker gesegnet, das heißt, durch die Bundeslinie, in der das verheißene Wort im Ziel des Bundes stand, nämlich der Geist der fünf Selbstlaute, der große Name IEOUA, den Gott mit der Bewegung des Bundes in Abrahams Samen zu JEHOVA und JEHOVAH machte, als ein eingehauchter Gott, der das ganze Alphabet der sinnlichen Zunge (d.h. das geformte verdichtete Wort) als alle Völker, Zungen und Sprachen segnen sollte: Ein Segen der Juden und Heiden.

37.34. Denn er sprach: »Alle Völker sollen in dir gesegnet werden!« Kein Volk ausgenommen, sondern alle, alle, nicht nur die Bundeslinie allein, sondern Adam in seinen Kindern. Die Bundeslinie segnete auch Japhets und Hams Linien, denn Japhet sollte in Sems Hütten wohnen, und das heißt, in Christus als in Sems Linie, sollte Japhet hereingenommen werden.

37.35. Aber der grobe irdische Ham (das grobe Fleisch) ist in Ham und Kain verflucht und soll Gottes Reich nicht erben. (Joh. 6.63) Doch nicht Ham in Seele und Leib, sondern der Schlangenmensch, dessen Bildung nach dem äußeren Menschen Kain und Ham sein mußte, damit jede Eigenschaft in einer äußerlichen Bildung offenbar würde.

37.36. Darum sagen wir den Juden, daß sie ihren Messias kennenlernen sollen. Denn die Zeit ihrer Heimsuchung steht bevor, damit sie aus dem Gefängnis ihres Elends erlöst und wieder frei würden.

37.37. Auch sagen wir den Unseren, daß sie Maria die Tochter von Abraham und Adam seinlassen sollen, und Christi Mutter nach der Seele und Adams geschaffenem Bildnis, aber nicht nach der Gottheit oder nach dem vom Himmel kommenden Wesen am Wort des Lebens, denn das war nicht ihr Eigentum. Wohl stand es in ihr, aber im Wort der Verheißung, im Ziel des Bundes am Ziel.

37.38. Aber sie ist nicht die Mutter, die Gott geboren hat, wie die Juden und Türken uns beschuldigen, daß wir dies lehrten. Sondern Gott hat sie in ihrem Samen wiedergeboren und gesegnet. Und sie hat in ihrem Samen die Kraft des Heiligen Geistes im Wort empfangen und das Geschöpf geboren, das Gott und Mensch war.

37.39. Und nicht die Eigenschaft der Gottheit, welche weder Anfang noch Ende hat, auch weder Zeit noch Stätte besitzt, sondern durch Alles und in Allem seit Ewigkeit in Ewigkeit ist, und sich nur in der Menschheit offenbart, wie ein Feuer ein Eisen durchglüht und ganz in Feuer verwandelt, und doch das Eisen ein Eisen bleibt. So ist auch der Mensch oder die Menschheit zu verstehen, die Maria aus ihrem Wesen und aus Gottes Wesen in einem einigen Wesen geboren hat.

37.40. Sie hat die Menschheit geboren, und Gott der Vater hat seit Ewigkeit das Wort geboren, das sich in der Menschheit offenbarte und die Menschheit erfüllte, wie ein Feuer ein Eisen durchglüht oder die Sonne das Wasser oder ein Glas durchscheint.

37.41. Sie hat wohl den himmlischen Leib geboren, aber nicht aus Vermögen ihres Wesens oder Samens, sondern aus Vermögen des in ihrem Samen offenbarten Wesens. Denn das Wesen der Ewigkeit offenbarte sich durch die Zeit, denn die Zeit konnte das Wesen der Ewigkeit nicht in seine Macht einnehmen, sondern das Wesen der Ewigkeit nahm der Zeit Wesen an sich. Gleichwie der innere Himmel und die innere Welt den äußeren Himmel und die äußere Welt aus sich geboren und angenommen haben, so hat auch die Ewigkeit das Wesen, das sie in Adam eingehaucht hatte, aber in ihm starb oder verblich, im Samen Marias angenommen (d.h. in ihrem eigenen menschlichen Samen).

37.42. Und das ist der große Name Abrahams in Christus und der Segen Abrahams, mit welchem Gott Abraham und seine Kinder segnete, und nicht eine fremde Person, wie etliche irren, die die drei Prinzipien nicht verstehen.

37.43. Die Person war uns fremd gewesen, aber ist in uns einheimisch geworden. Der Himmel nahm die Welt an sich und machte die Welt in sich zum Himmel, und doch blieb ein jedes in sich selbst wohnend. Nämlich das geformte Wort des Leibes blieb in sich ein Geschöpf (Gottes), und das ungeformte Wort blieb in sich Gott über Alles und in Allem und durch Alles. So ist auch das himmlische und lebendige Wesen zu verstehen, das sich in das himmlische Sein von Adam und Abraham hineingab, auch in der Person alles förmlich erfüllend, und zugleich jenseits der Person durch alles ist, und mit dem Wort der Kraft, als eine Wohnung oder Gehäuse der Kraft, auch durch alles, aber von nichts erfaßbar ist, gleichwie die Kraft der Sonne oder die Luft alles durchdringt und allem Wesen Leben gibt, so ist es auch hier zu verstehen.

37.44. Man soll in Christi Person mitnichten das Geschöpf aufheben, denn was er von Menschen angenommen hat, sowohl von der Seele als auch vom Leib, das ist Geschöpf. Aber was er aus Gott in die Menschheit eingeführt hat, das ist weder Natur noch Schöpfung (Kreatur), jedoch in unserer Menschheit formlich, aber unermeßlich, unbeschreiblich und ununterscheidbar. Gleichwie die Luft (bzw. der Raum) und der Sonnenschein ganzheitlich sind, so auch hier. Und es ist uns in gleicher Weise zu verstehen, als ob sich der Sonnenschein in eine Form hineinführte, und ist doch mit dem äußeren Schein jenseits der Form ganzheitlich Eins. So ist auch das von Christi in unsere Menschheit eingeführte himmlische und göttliche Wesen zu verstehen.

37.45. Gott ist mehrmals Abraham erschienen und hat mit ihm gesprochen, wie ein Mann mit einem anderen. Da fragt der Verstand: „Wie ist das geschehen? Hat denn Gott eine Form des Leibes angenommen?“ Gott erschien Abraham im Wesen, weil er sich in seinem Samen durch Christi Person offenbaren wollte, und er sprach aus dem Wort des Bundes mit dem Ziel im Samen Abrahams, nämlich mit der geistigen Zunge Abrahams, die sich im Bund bewegte, und das verstand der sinnliche Geist in Abraham.

37.46. Denn sonst hätte Abraham Gott nicht sehen können. Aber im geformten Wesen (Ente) des himmlischen Wesens konnte es Abraham im Geist des Bundes sehen, nämlich in demselben Geist, der das vorgestellte Bild und Wesen im menschlichen Wesen offenbaren wollte.

37.47. Denn in 1.Mose Kapitel 18 steht, »daß ihm Gott in Gestalt dreier Männer erschienen sei, und ihm von einem Sohn aus seinen Lenden gesagt wurde, den ihm Sara gebären sollte, auf welchen der Bund ging.« Was war nun das Bild der drei Männer? Nichts anderes als die Dreiheit der Gottheit andeutend, sowie die Offenbarung des göttlichen geformten Wortes durch die drei Prinzipien. So wurde das göttliche (ganzheitliche) Bild in drei Menschen vorgestellt, denn es ist ein dreifaches Sein, aber nur ein einiges Wesen, wie drei Welten, die doch wie eine ineinander sind, aber in drei Prinzipien unterschieden, nämlich mit der finsteren grimmigen Feuerwelt, mit der heiligen Licht- und Liebe-Feuerwelt, und mit der äußeren sichtbaren Welt.

37.48. Aus diesen drei Welten war der Mensch in ein Bild göttlicher Offenbarung geschaffen. Darum stellte sich Gott dem Abraham in diesem Wesen sichtbar vor, als in Gestalt englischer Botschaft, und sprach doch von sich selbst.

37.49. Denn das vorgestellte Sein, durch das Gott sprach, war englisch und menschlich. Es wollte menschlich werden, denn Christus sollte nach der Person der Schöpfung ein Fürst oder englischer Hierarch sein. So erschien auch Gott dem Abraham in solchem Wesen und solcher Eigenschaft mit seiner eigenen, innerlich wohnenden Stimme.

37.50. Ganz wunderlich ist die Geschichte von Abraham: Denn darunter wird das Reich Christi ganzheitlich vorgestellt, nicht allein das Reich auf Erden, in der Zeit der vier Elemente, welches wohl auch darunter vorgezeichnet wurde, aber nur als eine Pilgerschaft, die nicht das wahre Reich sein würde. Denn Abraham mußte immerdar wandern, wie auch seine Nachkommen, und Gott verhieß ihm doch das Land (darin er ein Pilger war) zum Eigentum, daß er und seine Kinder dasselbe ewig besitzen sollten.

37.51. Denn so sagte Gott zu Abraham: »Erhebe deine Augen und siehe von der Stätte, wo du wohnst, nach Norden, Süden, Osten und Westen! Denn alles Land, das du siehst, will ich dir und deinem Samen auf ewig geben. (1.Mose 13.14)« Nun aber bekamen sie dieses Land erst nach einer langen Zeit zum Besitz, und wurden erst durch Josua dahinein geführt, und Abraham und seine Kindeskinder erlebten es nicht. Sie wurden auch öfters fast ganz daraus vertrieben, und Gott sagte doch, er wollte es Abraham und seinen Kindern zum ewigen Besitz geben.

37.52. Auch jetzt sehen wir nicht, daß sie es im Besitz haben, denn die Türken haben es im Besitz, und Abrahams Samen, als die Juden, haben jetzt weder Land noch Fürstentum, sondern sind an allen Orten fast nur wie gefangene Leute. Nun muß aber der Vorsatz Gottes bestehen, und sein Wort muß wahr sein: Abraham in seinem Samen soll es ewig besitzen, denn ewig ist nicht allein nur zeitlich.

37.53. So auch spricht Gott von der Stätte, und weist diese Abraham, daß er dieselbe mit Augen sehen konnte. Und hierin liegt das große Geheimnis, denn das Paradies war in der Welt, und Adam verlor das Paradies. Aber in Abrahams Samen, als in Christus, wurde das Paradies wiederbracht, nicht nach dem sterblichen Menschen, sondern nach dem himmlischen.

37.54. So sehen wir jetzt auch nicht, daß die Christenheit diese Länder in Besitz hat, wie auch die Juden nicht. Und wenn es nun Abraham in seinem Samen als im heiligen Samen ewig besitzen soll, dann ist uns die Stätte des heiligen Paradieses recht zu betrachten, wie solches der prophetische Geist in Ezechiel, auch Daniel und anderen mehr, besonders aber in der Offenbarung des Johannes vom heiligen Jerusalem bezeugt (das von Gott herabfährt aus dem Himmel, wie eine geschmückte Braut ihrem Bräutigam) und in allem davon deutet, daß Christus in Abrahams Samen sein Reich einnehmen werde.

37.55. Denn mit dem Vergehen der vier Elemente, wenn die vier Elemente wieder im ausgeglichenen Gleichgewicht sein werden und die Erde kristallinisch wie ein gläsernes Meer, wie in der Apokalypse (Offb. 4.6) zu sehen ist, dann wird Abraham das Verheißene vom ewigen Besitz geleistet werden. Denn Christus sprach: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt. (Joh. 18.36)« Nun wurde aber Abraham das Reich dieser Welt gezeigt und verheißen. So müssen wir nun das Himmlische darunter erkennen, nämlich das Reich, das Abraham gezeigt wurde, wenn das Paradies wieder offenbar werden und Abraham in Christus zum ewigen Besitz erscheinen wird.

37.56. Denn wenn es auch jetzt der Türke nach den vier Elementen im Besitz hat, so hat es doch Abraham in Christus mit seinem Samen nach dem Paradies im Besitz, als in der paradiesischen Welt. Abraham ist in Christus auferstanden und besitzt sein verheißenes Land in seinem Prinzip, denn er ist im Paradies, und der Türke in der äußeren Welt.

37.57. Das Paradies ist in der Welt, aber nicht im dritten Prinzip, sondern im zweiten, und keines verwirrt das andere. Wenn die Kinder Abrahams in Christus vom irdischen Leib abscheiden, dann nehmen sie dieses gelobte Land nach dem geistigen Menschen ein und besitzen es ewiglich.

37.58. Und das bedeutet es, daß Gott so oft zu Abraham sagte, er wollte ihm dieses Land zum ewigen Besitz geben. Denn weil er ihm das verhieß, so hieß er ihn von diesem Ort und dieser Stätte wegwandern, um anzudeuten, daß er nicht das äußere Reich meinte, sondern das Ewige, und er stellte ihm eine Bildung an den Sternen des Himmels dar. So sollte auch sein Samen sein und gemehrt werden. Denn wie die Sterne gegenüber den irdischen Körpern einen reinen Körper haben, so sollte auch der Samen Abrahams ein himmlischer und ewiger sein.

37.59. Daß aber Abrahams Kinder, als die Juden, jetzt daraus verstoßen und in alle Welt zerstreut worden sind, daran ist ihre Blindheit und Halsstarrigkeit schuld, bis der Heiden Zeit erfüllt wird. Sie haben den Herrn der Herrlichkeit nicht erkannt, sondern von sich gestoßen. Wenn sie sich aber erkennen werden, dann werden sie wieder in die Wurzel eingepfropft.

37.60. Nicht, daß sie aus der Wurzel ausgestoßen waren, sondern sie müssen blind sein, auf daß ihr Licht den Heiden scheine, bis die Heiden in diesem Licht Abrahams auch blind werden. Denn jetzt sind sie wirklich blind, aber dann geht das Licht Abrahams wieder aus seiner eigenen Wurzel und Stamm auf und leuchtet allen Völkern. Dann soll Japhet in Sems Hütten wohnen und Israel herzu gebracht werden, zum offenen Gnadenbrunnen aller Völker, an welchem jetzt noch alle Völker blind sind.

37.61. Aber die Zeit ist nahe, und der Morgenstern ist erschienen, wer das sehen kann. Doch die babylonische Hure hat alles verblendet, so daß alle Völker in der Nacht wandeln, und ihre Unzucht ist vor den Allerhöchsten gekommen, der ihre Schande austilgen will, die den Himmel befleckt hat. Das wirst du in deiner Trunkenheit bald erfahren, denn das deutet der (sehende) Geist der Wunder aus seiner eigenen Wurzel.


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