Das Mysterium Magnum

(Text von Jacob Böhme 1623, deutsche Überarbeitung 2022)

13. Kapitel - Die Erschaffung des vierten Tages

(1.Mose 1.14-19, Mittwoch, Schöpfung des Gestirns mit der Sonne)

13.1. Am vierten Tag hat Mercurius (Merkur) die erste Stunde des Tages, der das fühlende Leben macht. Hier versteht man den Grund der Offenbarung der inneren Natur ins Äußere ganz eigentlich, denn am vierten Tag wurden Sonne und Sterne geschaffen, die das wirkliche Mercurius-Leben sind. Hier hat sich die Feuerseigenschaft im Schwefelquell durch das Wasser eröffnet, und so ist die fünfte Essenz durch das Licht der Natur offenbar geworden, als ein Öl vom Feuer und Wasser aus dem Sulphur, welches ein Mercurius-Salpeter ist, ein anzündlicher Mercurius, ein lebendiger und fühlender.

13.2. In der dritten Gestaltung der Natur war ein gefühlloses Leben im Sulphur und Mercurius, aber in der vierten ist es ein fühlendes Leben, denn im Feuer werden die Eigenschaften leidvoll, und im Öligen werden sie sanft und freudenreich. So wird nun die Bewegung im Öligen durch die Leidhaftigkeit gefühlt.

13.3. Hier versteht man nun ganz gründlich, wie sich die Scheidung im Feuer der ewigen Natur im sichtbaren Wesen der äußerlichen Welt mit einer Förmlichkeit offenbart hat. Denn in der Anzündung des Feuers im Salpeter-Schreck scheiden sich zwei Wesen, nämlich ein Wäßriges von der Verzehrlichkeit im Feuer, weil das Feuer den rauhen Quell der Verdichtung in sich verzehrt. Und so kommt aus der Verzehrung eine große Sanftmut heraus, die dem Feuer abgestorben ist und es nicht mehr fühlt, und diese ergibt den Wasserquell.

13.4. Zum Zweiten scheidet sich auch der feurige Qual-Quell in sein Prinzip, als die Eigenschaften zum Feuerquell, welche jetzt mit der Anzündung des Feuers leidlich fühlend geworden sind. Doch dieser Feuerquell könnte nicht bestehen, wenn er nicht das Wasser wieder in sich verschlänge, davon er sich stärkt und auch der Salpeter-Schreck entsteht, weil der Grimm vor dem Wesen der Sanftmut des Wassers erschrickt, davon das Fühlen sowie auch der Glanz des Feuers entsteht.

13.5. Denn das Verschlungene vom Wasser wird im Feuer in ein geistiges Öl verwandelt, in welchem das Feuer scheint, und aus dem Öl kommt die Luft, als der webende Geist des Feuers, welcher im Feuer beweglich geworden ist.

13.6. Die Luft ist nichts anderes als das bewegliche Leben, darin sich das sprechende Wort durch die Natur und die Kräfte der Natur durch das Feuer im Öl der Natur des Lichtes im Wasserquell ausführt. Sie ist das Leben des Feuers, aber ist dem Feuer erstorben, und wird doch vom Feuer offenbart. Sie ist das Leben der Natur nach der Eigenschaft der Sanftmut.

13.7. So sind uns mit der Anzündung des Feuers im Licht des Feuers, welches das Licht der Natur ist, vier Eigenschaften zu verstehen, eine feurige, eine luftige und eine ölige (darin das Licht offenbar ist) und eine wäßrige, die ursprünglich alle aus der ersten Begierde zur Natur entstanden, indem sich die freie Lust in eine Begierde und Natur hineinführt. Und sie alle führen sich durch das Feuer in ein bewegliches Leben aus, obwohl es doch kein vernünftiges Leben ist, sondern nur Eigenschaften zum wahren Leben. Das vernünftige Leben ist das ausgehallte Wort, das sich durch die Eigenschaften offenbart. Diese Eigenschaften sind im Schaffen, das heißt, im Schöpfungswort verdichtet worden und in eine Wesenheit eingegangen, daraus ein Sulphur-Salpeter wurde, das ein magisches Gestirn ist, auf Art und Weise wie das menschliche Gemüt, welches auch seinen wahren Ursprung daraus hat.

13.8. Die Eigenschaften von Salpeter und Sulphur sind aus dem dritten Tagwerk ausgeführt worden, nämlich aus dem Feuerschreck, und daraus ist die vierte Bewegung entstanden, die von Mercurius, welche das Schöpfen gefaßt und in sich verdichtet und sichtbar gemacht hat. Und das sind die Sterne (und Planeten), welche nichts anderes als Eigenschaften der Kräfte der Natur sind. Was die Natur in einem kleinen Fünklein in sich selber ist, das ist das ganze Gestirn in seinem Umkreis, und was die Natur in ihrer Heimlichkeit und Verborgenheit ist, das ist das Gestirn in einem offenen wirkenden Wesen. Das ist so zu verstehen:

13.9. Ein jeder Stern hat die Eigenschaft aller Sterne in sich, aber in der Natur verborgen, und ist nur in einer besonderen Eigenschaft offenbar. Denn wenn in einem jeden Ding die ganze Natur offenbar wäre, dann wären alle Dinge und Wesen nur ein Ding und Wesen. Und darum hat Gott durch sein schallendes Wort den Sulphur-Salpeter (die Seele-Körper-Kristallisation) nach den Eigenschaften bewegt, damit die Unterschiedlichkeit offenbar werde. Und diese Offenbarung ist ein Mercurius (eine lebendige Reflexion), denn das ewigsprechende Wort, welches Gott heißt, hat seinen Hall oder Willen durch die Natur geoffenbart.

13.10. Darum ist das ganze Gestirn wie ein ausgehauchter Hall der Kräfte, ein ausgesprochenes Wort, das wiederum sein Aushallen und Sprechen aus den Eigenschaften aus sich ergibt. Es ist ein Nachhallen aus Gottes Liebe und Zorn, aus der Finster- und Lichtwelt.

13.11. Entsprechend dem Gestirn sind die vier Elemente, welche auch aus diesem Quellbrunnen entstanden. Sie haben auch ihr Aushauchen aus sich und sind wie ein Leib der Sterne. Denn sie sprechen oder hauchen ein leibliches Wesen aus sich, und die Sterne hauchen ein geistliches Wesen aus sich, und diese beiderlei Wesen herrschen in der sichtbaren Welt ineinander, wie Leib und Seele.

13.12. Und das geben wir euch recht zu verstehen. In jedem Element liegt ein ganzes Gestirn. Das Feuer hat ein ganzes Gestirn in sich, so auch die Luft, das Wasser und die Erde, aber es ist in ihnen nicht offenbar. Darum hat Gott den Ort dieser Welt mit einem offenbaren Gestirn umschlossen, damit es die anderen Gestirne in den vier Elementen anzünde, so daß das offenbare Gestirn im Mysterium der Verborgenheit wirke, nämlich im Gestirn der vier Elemente, und Wunder gebäre. Denn so kann eine wunderlichere Bildung und Eigenschaft aus einem Ding hervorgebracht werden, was sonst der eigenen Natur in sich selber nicht möglich wäre.

13.13. So ist uns auch zu erkennen, daß ein Gestirn in der göttlichen Magie steht, die auch der Quellbrunnen des ewigen Gemüts ist, des Ungrundes, daraus die Natur und alle Wesen entstanden sind. So gibt es auch ein Gestirn in der offenbaren himmlischen Welt, und auch ein Gestirn in der finsteren höllischen Welt. Und diese Gestirne sind allesamt nur ein einiges Gestirn, scheiden sich aber in unterschiedliche Grade und Prinzipien, und was in der äußeren Welt in der Bildung offensteht, das steht in der geistigen Welt in der Kraft offenbar, und nicht in den Formen.

13.14. So verstehen wir, daß das Schöpfungswort am vierten Tag die vierte Eigenschaft der Natur bewegt hat, nämlich zur fünften Essenz, und aus der Sulphur-Eigenschaft des Feuerschrecks eröffnet hat, nämlich aus der dritten Eigenschaft. Und so ist ein Gestirn in der Luft offenbar geworden, welches die sichtbaren Sterne sind, und ein Gestirn im Feuer, welches das verständige Leben aller Kreaturen ist, und ein Gestirn im Wasser, welches das wachsende Leben ist, und ein Gestirn in der Erde, welches das grimmige irdische Leben ist.

13.15. Das Feurige gibt Seele, das Luftige gibt Geist, das Wäßrige gibt das Gehäuse der Seele und des Geistes als das Blut, darin die Tinktur von Feuer und Licht wohnt, und das Irdische gibt Fleisch, obwohl doch jedes der vier Gestirne einen Geist und Leib nach seiner Eigenschaft gibt. Doch so hat Gott eins ins andere gefügt, damit eins im anderen offenbar werde und zusammen nur ein (ganzheitlicher) Leib sei, gleichwie alle vier Elemente nur ein Element sind, aber sich nach dem Zentrum der Natur in vier Eigenschaften teilen.

13.16. Diese vier Gestirne gebären aus sich ihren Amtmann, als die äußere Natur, und das ist die Seele der äußeren Welt, als ein stets-währendes Gemüt, darin die Allvermögenheit wie ein offenbar großes Mysterium liegt. In diesem Amtmann hat Gott einen König, oder wie ich im Gleichnis sagen möchte, einen Naturgott erweckt und geboren, mit sechs Räten, welche seine Gehilfen sind. Das ist die Sonne mit den sechs Planeten, welche aus den sieben Eigenschaften aus dem Ort der Sonne ausgesprochen und im Sprechen in ein drehendes Rad nach Eigenschaft der ewigen Gebärung im Zentrum der Natur hineingeführt wurden. Und solches wurde in sieben Graden aus der Geburt eröffnet, darin dann der erste Grad der Bewegung im Licht der Natur aus der inneren geistigen Feuer- und Lichtwelt die Sonne gewesen ist, welche ihren Glanz von der Tinktur der inneren Feuer- und Lichtwelt nimmt, die nun wie ein eröffneter Punkt für die Feuerwelt steht.

13.17. Und mit dem Aushauchen ist das sechsfältige Leben der sechs Grade (bzw. Entwicklungsstufen) der Tagwerke und Gestaltungen des Zentrums auswärts gegangen und hat sich nach Art der ewigen Geburt geschieden. Nämlich zuerst die Venus, die der Wasserquell der Sanftmut aus der Tötung im Feuer ist. Er ist vom Feuer eine Begierde der Sanftmut, denn das Feuer zündet die Sanftmut an, davon sie begehrend wird. Das ist nun die Liebebegierde nach dem Geist, und nach ihrem Wesen ist sie Wasser, das in den Metallen den edlen Glanzkörper (Corpus solis) gibt.

13.18. Diese Venus ist unter sich sinkend, weil sie durch ihr eigenes Naturrecht dem Feuer erstorben ist, und gibt das heilige Wasser nach ihrer Selbsteigenschaft, welches im Geist heilig ist. Doch weil das Wesen mit im Grimm ergriffen ist, gibt es auch materielles Wasser nach der Tödlichkeit. So gibt sie allen sieben Metallen den Leib und allen sechs Planeten ihr Wesen, wie in den Metallen zu sehen ist. Denn ein jeder Planet macht das Wesen der Metalle nach seiner Eigenschaft, nämlich die Sonne in Gold, der Mond in Silber, Jupiter in Zinn, Saturn in Blei, Merkur in Quecksilber und Mars in Eisen. Und es ist doch nur das Wesen der einigen Venus-Eigenschaft, aber sie geben ihre Kraft und Geist dahinein und halten den Körper für den ihrigen, weil sie ihn regieren.

13.19. Die Eigenschaft dieser Venus ist am Ort der Sonne mit dem ersten Ausgang unter sich gesunken, und der Feuerquell über sich, welcher der Mars ist, und aus der Venus Eigenschaft unter sich der schwere Schall, das ist Mercurius aus dem Sulphur-Salpeter durch das Wasser, und über sich aus dem Mars die Kraft des Feuers und Lichtes, das ist Jupiter, und unter sich aus dem Merkur das Wesen der Begierde, da die Venus in ihrer feurigen Begierde das Wesen ergreift, als ein Körper der Kräfte, das der Mond ist, und über den Jupiter Saturn, als die ausgehauchte Verdichtung der ersten Gestaltung der Natur. (Siehe Abbildung „Vom dreifachen Leben“ unter 9.59.)

13.20. Diese Eigenschaften standen im Aussprechen und im Umdrehen auf Art wie die Geburt der Natur in der Essenz ist, die das Schöpfungswort ergriffen, in einen Körper gefaßt und zum Regiment in die vier Gestirne geordnet hat, über welche er seine englischen Regenten als einen oberen Rat anordnete, welches wir hier nur andeuten und an anderer Stelle ausgeführt haben.


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