Von der Menschwerdung Jesu Christi

(Text von Jakob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2022)

Zweiter Teil - Christi Leiden, Sterben, Tod und Auferstehung

Der zweite Teil der Menschwerdung Christi: Wie wir in Christi Leiden, Sterben und Tod eingehen müssen und aus seinem Tod mit ihm und durch ihn auferstehen und seinem Bild ähnlich werden und ewig in ihm leben.

1. Kapitel - Vom Ursprung des Lebens aus dem Feuer

Vom Ursprung des Lebens aus dem Feuer. Oder: Vom ewigen Geist in der ewigen Jungfrau der Weisheit Gottes, und was der ewige Anfang und das ewige Ende sei.

1.1. Der äußerliche Verstand fragt: „Wäre es denn nicht genug gewesen, daß Gott in uns Mensch wurde? Warum mußte Christus leiden und sterben? Vermochte denn Gott nicht, den Menschen mit der neuen Geburt in den Himmel zu führen? Ist denn Gott nicht so allmächtig, daß er machen kann, was er will? Und was hat Gott für einen Gefallen am Tod und Sterben, so daß er nicht nur seinen Sohn am Kreuz sterben ließ, sondern wir alle auch sterben müssen? Wenn uns Gott mit dem Sterben seines Sohnes erlöst und er für uns bezahlt hat, warum müssen wir dann auch sterben und verwesen?“ So läuft der Verstand.

1.2. Vor diesen Spiegel wollen wir den Antichristen, der sich Christi Diener und Hirte nennt, zu Gast geladen haben und alle hohen Schulen dieser Welt mit ihren Disputationen und Gesetzen sowie alle Kinder Christi, welche Christi Kreuz tragen. Sie sollen alle den wahren Grund sehen, nicht mit der Meinung, jemanden in seiner Unwissenheit zu schmähen, sondern zur wahren Lehre, damit sich ein jeder suchen und finden soll. Denn es wird ein sehr ernsthafter Handel sein und trifft den Menschen: Es kostet seinen Leib und seine Seele. Er darf damit niemals scherzen, denn der diese Erkenntnis gegeben hat, der hat seine Posaune so gerichtet. Es gilt dem menschlichen Geschlecht, und ein jeder mag seine Lampe (des Bewußtseins) schmücken. Es wird ein großer zweifacher König aus zwei Türen kommen. Er ist einer und doch zwei. Er hat Feuer und hat Licht, und zieht auf Erden und auch im Himmel ein. Das lasse man ein Wunder sein.

1.3. Ihr lieben Kinder Christi! Wenn wir den Tod betrachten, wie wir durch den Tod ins Leben gehen müssen, dann finden wir ein sehr viel anderes Leben, das aus dem Tod kommt, und finden bald, warum Christus sterben mußte, und warum auch wir in Christi Tod sterben müssen, in ihm auferstehen und mit und durch ihn in Gottes Reich eingehen.

1.4. Wenn wir dies nun finden wollen, dann müssen wir die Ewigkeit im Grund und Ungrund betrachten, sonst ist kein Finden. Wir können es nur finden, wo es ist. Denn aus dem ewigen Grund haben wir mit Gottes Bildnis unseren Ursprung, nämlich mit der Seele und ihrem Bildnis, doch wir wurden in das Zeitliche und Zerbrechliche hineingeführt, als in die Qual-Qualität. Nun ist aber die Ewigkeit als der Ungrund eine Freiheit jenseits der Qual. Darum müssen wir durch das Sterben wieder in die Freiheit eingehen, und können doch auch nicht sagen, daß kein Leben darin sei. Es ist sogar das wahre Leben, das da ewig ohne Qual besteht. Und wir geben euch das in einem wahrhaftigen Gleichnis zu erkennen, welches zwar ein Gleichnis nach dem Reich dieser Welt ist, aber wenn wir die göttliche Welt dazunehmen, dann ist es das Wesen selbst:

1.5. Ihr wißt, daß unser Leben im Feuer steht, denn ohne Wärme leben wir nicht. Nun hat das Feuer sein eigenes Zentrum, seinen eigenen Macher in seinem Kreis der sieben Gestaltungen oder Geister der Natur. Und es werden doch nur die ersten vier Gestaltungen für die Natur und ihr Hervorquellen erkannt, in denen das Feuer erweckt und entzündet wird, damit ein Prinzip oder Lebenszentrum da sei, darin sich die Materie des Brennens in den Geistern oder Gestaltungen selbst macht und auch immerzu im Feuer verzehrt wird. Und das Feuer gibt aus der Verzehrung ein anderes, das besser als das erste ist, welches das Feuer selbst macht. Denn das Feuer ertötet und verschlingt das Wesen, welches das Feuer selbst macht, das heißt, das essentielle Feuer in den Gestaltungen zum Feuer. Es verzehrt es und gibt aus dem Tod ein viel Edleres und Besseres, das es nicht mehr verzehren kann. Das beweist sich am Feuer und Licht, welches nicht allein ein wahres Gleichnis ist, sondern es ist das Wesen selbst, nur daß man die Prinzipien unterscheide: Es ist wohl alles ein Feuer, aber es unterscheidet sich selbst nach der Qualität.

1.6. Wenn wir dies nun zum Verständnis geben wollen, dann tut es not, daß wir den Ursprung des Feuers erklären. Weil es aber bereits im Buch „Die drei Prinzipien“ und auch in anderen ausführlich mit allen Umständen beschrieben wurde, so geben wir hier nur einen kurzen Begriff zum Verständnis und verweisen den Leser auf die anderen Schriften, wenn er die sieben Gestaltungen der Natur erforschen will.

1.7. Das Feuer hat vor allem drei Gestaltungen in sich zum Zentrum. Die vierte Gestaltung ist das Feuer selbst und gibt das Prinzip als das Leben mit dem Geist, denn in den ersten drei Gestaltungen ist kein rechter Geist, denn es sind nur Essenzen. Nämlich erstens das Herbe, das der begehrende Wille und die erste und führende Gestaltung ist. Bitter und Stachlig ist die zweite Gestaltung als eine Ursache der Essenzen. Und drittens die Angst als der Kreis oder das Zentrum des Lebens, das drehende Rad, das die Sinne als die bitteren Essenzen in sich faßt und gleichsam wie im Tod verschlingt. Und das ergibt aus der Angstkammer als aus dem Tod das Gemüt als ein anderes Zentrum. Das versteht nun also:

1.8. In der Ewigkeit als im Ungrund jenseits der Natur ist nichts als eine Stille ohne Wesen. Es hat auch nichts, das etwas gebe. Es ist eine ewige Ruhe und ohnegleichen, ein Ungrund ohne Anfang und Ende. Es gibt auch kein Ziel noch Stätte, auch kein Suchen oder Finden oder etwas, darin eine Möglichkeit wäre. Dieser Ungrund gleicht einem Auge, denn er ist sein eigener Spiegel. Er hat kein Wesen, weder Licht noch Finsternis, und ist vor allem eine Magie, und hat einen Willen, nach welchem wir nicht trachten oder forschen sollen, denn das verwirrt uns. Mit diesem Willen verstehen wir auch den Grund der Gottheit, der keinen Ursprung hat, denn er faßt sich selbst in sich, daran wir zu Recht stumm sind, denn er ist jenseits der Natur.

1.9. Wenn wir also in der Natur sind, dann erkennen wir diesen in Ewigkeit nicht. Denn in diesem Willen ist die Gottheit selbst alles und der ewige Ursprung ihres eigenen Geistes und aller Wesen. In diesem Willen ist Gott allmächtig und allwissend, und wird doch in diesem Willen nicht „Gott“ genannt oder erkannt, denn darin ist weder Gutes noch Böses. Es ist ein begehrender Wille, welcher der Anfang und auch das Ende ist. Denn das Ende macht auch den Anfang dieses Willens, und der Anfang wieder das Ende. Und so finden wir, daß alle Wesen in ein Auge geschlossen sind, das einem Spiegel gleicht, darin sich der Wille selbst beschaut, was er doch sei. Und in diesem Schauen wird er nach dem Wesen begehrend, das er selbst ist. Und das Begehren ist ein Einziehen, und doch ist nichts, das da gezogen werden könnte, sondern der Wille zieht sich im Begehren selber und modelt sich in seinem Begehren vor, was er ist. Und dieses Modell ist der Spiegel, darin der Wille sieht, was er ist. Denn es ist ein Gleichnis nach dem Willen. Und wir erkennen diesen Spiegel, darin sich der Wille selbst immer schaut und besieht, als die ewige Weisheit Gottes, die eine ewige Jungfrau ohne Wesen ist. Und sie ist doch der Spiegel aller Wesen, in dem alle Dinge seit Ewigkeit gesehen und erkannt worden sind, was da werden könnte oder sollte.

1.10. Nun ist dieser Spiegel auch nicht das Sehen selbst, sondern der Wille, der begehrend ist, und das ist des Willens ausgehende Lust, die aus dem Willen ausgeht. Die ist ein Geist und macht in der Lust des Begehrens den Spiegel. Der Geist ist das Leben, und der Spiegel ist die Offenbarung des Lebens, sonst erkennt sich der Geist selbst nicht. Denn der Spiegel als die Weisheit ist sein Grund und Behälter. Es ist das Gefundene des Geistes, darin sich der Geist in der Weisheit selbst findet. Die Weisheit ist ohne den Geist kein Wesen, und der Geist ist ohne die Weisheit sich selbst nicht offenbar, und so wäre auch eines ohne das andere ein Ungrund.

1.11. So ist die Weisheit als der Spiegel des Geistes der Gottheit für sich selbst stumm, und ist der geistigen Gottheit ein Leib, darin der Geist wohnt. Er ist eine jungfräuliche Matrix (Mutterleib), darin sich der Geist eröffnet, und ist Gottes Wesenheit als ein heiliger göttlicher Sulphur („Seelenleib“) des Ungrundes der Ewigkeit, aber in der Imagination des Geistes gefaßt. Und so ist dieser Spiegel oder Sulphur der ewige erste Anfang und das ewige letzte Ende, und gleicht überall einem Auge, mit dem der Geist sieht, was er darin sei und was er eröffnen wolle.

1.12. Dieser Spiegel oder Auge ist ohne Grund und Ziel, wie auch der Geist keinen Grund hat als nur in diesem Auge. Er ist überall ganz und unzerteilt, wie wir auch erkennen, daß der Ungrund nicht zerteilt werden kann, denn es ist nichts, das da unterscheidet: Es ist kein Bewegen außer dem Geist. So ist uns erkenntlich, was der ewige Geist in der Weisheit ist und was der ewige Anfang und das ewige Ende sei.

2. Kapitel - Die wahre hochteure Pforte der Heiligen Dreifaltigkeit

Die wahre hochteure Pforte der Heiligen Dreifaltigkeit, das Auge des ewigen Lebensscheins, und von der Gottheit jenseits der Natur.

2.1. Wie wir nun erkennen, daß der ewige Anfang im Ungrund ein ewiger Wille in sich selbst ist, dessen Ursprung keine Kreatur in sich wissen soll, so ist uns aber doch zu wissen und im Geist zu erkennen gegeben worden sein Grund, den er in sich selbst macht und darin er ruht. Denn ein Wille ist dünn (bzw. geistig) wie ein Nichts. Darum ist er begehrend, denn er will etwas sein, damit er in sich offenbar ist. Denn das Nichts verursacht den Willen, daß er begehrend wird, und das Begehren ist eine Imagination, darin sich der Wille im Spiegel der Weisheit erblickt. So imaginiert er aus dem Ungrund in sich selbst und macht sich in der Imagination einen Grund in sich selbst, und schwängert sich in der Imagination aus der Weisheit als aus dem jungfräulichen Spiegel, der da eine Mutter ohne Gebären ist, ohne Willen.

2.2. Diese Schwängerung geschieht nicht im Spiegel, sondern im Willen, in der Imagination des Willens. Der Spiegel bleibt ewig eine Jungfrau ohne Gebären, aber der Wille wird mit dem Anblick des Spiegels geschwängert. Denn der Wille ist Vater, und die Schwängerung im Vater als im Willen ist Herz oder Sohn, denn es ist des Willens als des Vaters Grund, darin der Geist des Willens im Grund steht und aus dem Willen im Grund in die jungfräuliche Weisheit ausgeht. So zieht die Imagination des Willens als Vater die Vision oder Gestaltung des Spiegels als die Wunder der Kraft, Farben und Tugenden in sich und wird so vom Glanz der Weisheit mit Kraft und Tugend schwanger. Das ist des Willens als des Vaters Herz, darin der unergründliche Wille durch und in die ewige unergründliche Imagination einen Grund in sich selbst bekommt.

2.3. So erkennen wir die Schwängerung des Vaters als das Zentrum des Geistes der Ewigkeit, darin sich der ewige Geist immer faßt. Denn der Wille ist der Anfang, und das Bewegen oder Einziehen in die Imagination zum Spiegel der Weisheit, ist der ewige unergründliche Geist. Der entsteht im Willen und faßt sich im Zentrum des Herzens in der Kraft der eingezogenen Weisheit, und ist des Herzens Leben und Geist. Weil der ewige unergründliche Wille in sich selbst stumm wäre, so ist das gefaßte aus der Weisheit, welches Herz oder Zentrum heißt, des Willens Wort. Denn es ist der Schall oder die Kraft, und ist wie der Mund des Willens, der den Willen offenbart. Denn der Wille als der Vater spricht mit der Bewegung des Geistes die Kraft in den Spiegel der Weisheit aus, und mit dem Aussprechen geht der Geist aus dem Willen, aus dem Wort des Mundes Gottes, als aus dem Zentrum des Herzens in das Ausgesprochene aus, nämlich in den jungfräulichen Spiegel, und eröffnet das Wort des Lebens im Spiegel der Weisheit, damit das dreifältige Wesen der Gottheit in der Weisheit offenbar wird.

2.4. So erkennen wir ein ewiges unergründlich göttliches Wesen und darin drei Personen, davon keine die andere ist. Nämlich der ewige Wille, welcher eine Ursache allen Wesens und damit die erste Person ist (als der Vater). Er ist aber nicht das Wesen selbst, sondern die Ursache des Wesens, und ist frei vom Wesen, denn er ist der Ungrund. Nichts ist vor ihm, das ihn ergebe, sondern er gibt sich selbst, davon wir kein Wissen haben. Er ist alles, doch auch so einig in sich und ohne das Wesen ein Nichts. Und in diesem einigen Willen entsteht der ewige Anfang durch Imagination oder Begehren. Und im Begehren schwängert sich der Wille selbst aus dem Auge der Weisheit, das mit dem Willen in gleicher Ewigkeit ohne Grund und Anfang ist, wie oben beschrieben. Diese Schwängerung ist der Grund des Willens und des Wesens aller Wesen, und ist des Willens Sohn, denn der Wille gebiert diesen Sohn seit Ewigkeit und in Ewigkeit immerfort, denn er ist sein Herz oder sein Wort als ein Schall oder eine Offenbarung des Ungrundes der stillen Ewigkeit, und er ist des Willens Mund oder die Vernunft, und ist zu Recht eine zweite Person neben dem Vater, denn er ist des Vaters Offenbarung, sein Grund und Wesen. Denn ein Wille ist kein Wesen, aber des Willens Imagination macht das Wesen.

2.5. Also ist die zweite Person das Wesen der Gottheit, das heißt, das Wesen der Heiligen Dreifaltigkeit, der Mund oder die Offenbarung des Wesens aller Wesen und die Kraft des Lebens aller Leben.

2.6. Die dritte Person ist der Geist, der mit der Fassung des Willens durch die Imagination aus der Kraft des Sprechens aus dem Mund des Vaters in das Auge als in Spiegel der Weisheit ausgeht. Der ist ja vom Willen und auch vom Wort frei. Und wenn ihn auch der Wille aus dem Wort gibt, so ist er doch frei wie die Luft vom Feuer. Wie man auch sieht, daß die Luft des Feuers Geist und Leben ist, und doch etwas anderes als das Feuer ist, aber vom Feuer gegeben wird. Und wie man sieht, daß die Luft einen lebendigen und webenden Himmel gibt, der da scheinend und beweglich ist, so ist auch der Heilige Geist das Leben der Gottheit und eine andere Person als Vater und Sohn. Er führt auch ein anderes Amt, denn er eröffnet die Weisheit Gottes, so daß die Wunder erscheinen, wie die Luft all das Leben dieser Welt eröffnet, so daß alles lebt und wächst.

2.7. Dies ist also eine kurze Andeutung der Gottheit im Ungrund, wie Gott in sich selbst wohnt und selbst sein Zentrum der Gebärerin ist. Nun ruht aber das menschliche Gemüt mit diesem nicht, sondern fragt nach der Natur, nach dem, daraus diese Welt geboren und alles geschaffen worden ist. So folgt nun ferner der Text zum Prinzip, dahin wir den Verstand zu Gast geladen haben.

3. Kapitel - Wie Gott ohne das Prinzip des Feuers nicht offenbar wäre

Oder vom ewigen Wesen und vom unergründlichen Willen.

3.1. Wir haben mit dieser Beschreibung gezeigt, was die Gottheit jenseits der Natur sei, darin zu vernehmen ist, daß die Gottheit, was die drei Personen betrifft, mit der ewigen Weisheit von der Natur frei sei und daß die Gottheit noch tieferen Grund habe als das Prinzip im Feuer. Nun wäre aber die Gottheit ohne das Prinzip nicht offenbar, das heißt, die Gottheit jenseits des Prinzips, gleich einem Anblick großer Wunder, weil niemand weiß oder erkennen kann, was da sei, wo alle Farben, Kraft und Tugend in einem ganz schrecklichen (unerträglichen) Wesen erscheinen, das doch keinem Wesen gleicht, sondern einem schrecklichen Wunderauge, darin weder Feuer, Licht noch Finsternis gesehen würde, sondern ein Anblick eines solchen Geistes in hochtiefer blauer, grüner und gemengter Farbe, darin alle Farben liegen, und es würde doch keine vor der anderen erkannt, sondern gleich einem Blitz, der schrecklich wäre, dessen Anblick alles verwirrte und verzehrte.

3.2. So ist nun das ewige Wesen zu erkennen, nämlich der ewige Geist jenseits von Feuer und Licht, denn er ist ein begehrender Wille, der sich selbst so zu einem Geist macht. Und dieser Geist ist die ewige Vermögenheit des Ungrundes, darin sich der Ungrund in Grund führt, davon alles Wesen entsteht. Denn eine jede Gestalt im Geist ist eine Imagination, ein begehrender Wille, der sich zu offenbaren begehrt. So schwängert eine jede Gestalt ihre Imagination, und so begehrt sich auch jede Gestalt zu offenbaren. Darum ist der Spiegel des Anblicks ein Wunder des Wesens aller Wesen, und der Wunder sind keine Zahl, Grund noch Ende. Es ist nur Wunder, welchen Begriff man nicht beschreiben kann, denn das erkennt allein der seelische Geist, der aus diesem Wunder entsteht.

3.3. Und dann verstehen wir, wie dieser unergründliche Wille seit Ewigkeit und in Ewigkeit immerzu begehrend ist, nämlich sich zu offenbaren und sich zu ergründen, was er sei, um die Wunder in ein Wesen zu führen und sich in den Wundern zu offenbaren. Und das Begehren ist eine Imagination, darin der Wille in sich zieht und sich schwängert und mit der Imagination sich selbst beschattet, so daß aus dem freien Willen ein Widerwille entsteht, um von der Beschattung als von der Finsternis frei zu sein. Denn das Eingezogene (und Verdichtete) ist des freien Willens Finsternis, davon er sonst ohne die Imagination frei wäre, und doch auch in sich selbst ohne die Imagination ein Nichts wäre. Und so entsteht im Begehren ein Widerwille, denn das Begehren ist anziehend. Der erste Wille ist still und in sich selbst ohne Wesen, aber schwängert sich mit dem Begehren, so daß er voll Wesen wird, nämlich der Wunder und Kraft, welche ihn überschatten und ihm auch eine Finsternis machen, darin sich dann in den eingezogenen Kräften ein anderer Wille faßt, um aus der finsteren Kraft in die Freiheit zu gehen. Dieser andere Wille ist der Wille des Herzens oder Wortes, denn er ist eine Ursache (und damit auch Ziel) des Prinzips, so daß das Angst-Rad das Feuer anzündet. So geht er dann durch die Angst als durch das Feuer aus, und zwar mit dem Schein des Lichtes als Majestät, darin dann das Wesen der Heiligen Dreifaltigkeit offenbar wird, und empfängt hier den teuren göttlichen Namen „Gott“. Das versteht so:

3.4. Der erste Wille als Gott der Vater ist und bleibt ewig frei von der Angstqual-Quelle, die der Wille in sich selber ist. Aber sein Begehren wird geschwängert, und im Begehren entsteht die Natur mit den Gestaltungen. Und die Natur wohnt im Willen (in Gott), und der Wille in der Natur, und es ist doch keine Vermischung. Denn der Wille ist so dünn wie ein Nichts, und darum ist er nicht faßbar. Er wird von der Natur nicht ergriffen, denn wenn er ergriffen werden könnte, dann wäre in der Gottheit nur eine Person. Er ist wohl die Ursache der Natur, aber er ist und bleibt in Ewigkeit doch eine andere Welt in sich, und auch die Natur bleibt eine andere Welt in sich. Denn sie steht in der Kraft der Essenz, aus welcher das Prinzip entsteht. Doch die klare Gottheit in der Majestät steht nicht in der Essenz oder im Prinzip, sondern in der Freiheit jenseits der Natur. Aber das scheinende Licht aus dem Prinzip macht die unfaßbare und unergründliche Gottheit offenbar. Es gibt den Schein der Majestät, und hält ihn doch auch nicht in sich selbst, sondern faßt ihn aus dem Spiegel der jungfräulichen Weisheit aus der Freiheit Gottes. Denn wäre nicht der Spiegel der Weisheit, dann könnte kein Feuer oder Licht geboren werden. Alles nimmt seinen Ursprung vom Spiegel der Gottheit. Das ist nun in folgender Weise zu verstehen:

3.5. Gott ist in sich der Ungrund als die erste Welt, davon keine Kreatur etwas weiß, denn sie steht mit Geist und Leib allein im Grund. Auch wäre sich Gott so im Ungrund selbst nicht offenbar. Aber seine Weisheit ist seit Ewigkeit sein Grund geworden, wonach dann der ewige Wille des Ungrundes der Gottheit gelüstet, davon die göttliche Imagination entsteht, so daß sich der unergründliche Wille der Gottheit seit Ewigkeit in der Imagination mit der Kraft der Vision oder Gestaltung des Spiegels der Wunder geschwängert hat. Nun ist in dieser Schwängerung der ewige Ursprung zweier Prinzipien zu verstehen: Erstens die ewige Finsternis, daraus die feurige Welt entsteht und auch die Wesenheit des Grimms in der Finsternis, darin wir Gottes Zorn und den Abgrund der Natur verstehen. Und so erkennen wir die feurige Welt als das große Leben.

3.6. Zum Zweiten verstehen wir, wie aus dem Feuer das Licht geboren werde und wie zwischen der Feuer- und Lichtwelt der Tod sei, wie das Licht aus dem Tod scheine und wie die lichtflammende Welt ein anderes Prinzip mit anderer Qualität als die Feuerwelt in sich sei. Und doch ist keines vom anderen getrennt, aber es kann auch keines das andere ergreifen. Und so verstehen wir, wie die Lichtwelt die ewige Freiheit erfüllt, nämlich den ersten Willen, der Vater heißt. Und wir verstehen damit auch ernstlich und gründlich, wie das natürliche Leben, das in der lichtflammenden Welt wohnen will, durch den Tod gehen und aus dem Tod ausgeboren werden müsse. Nämlich das Leben, welches aus der Finsternis, also aus der Essenz der finsteren Wesenheit, als Seele des Menschen entsteht, die sich in Adam aus der Feuerwelt in die finstere Wesenheit hineingewandt hatte. Damit verstehen wir dann gründlich und eigentlich, warum Gott als das Herz Gottes Mensch geworden ist, warum er sterben, in den Tod eingehen und sein Leben im Tod zerbrechen mußte, um es danach durch die feurige Welt in die lichtflammende Welt hineinzuführen, und warum wir ihm so nachfolgen müssen, und auch warum viele Seelen in der feurigen Welt bleiben und nicht durch den Tod in die Lichtwelt gehen können, und was der Tod sei, auch was die Seele sei. Dies folgt nun so:

3.7. Wenn wir betrachten, was das Leben sei, dann finden wir, daß es vor allem in drei Stücken besteht, nämlich in Begehren, Gemüt und Sinnen. Forschen wir dann weiter, was deren Ursprung ist, dann finden wir das Zentrum als das essentielle Rad, welches den Feuerschmied selbst in sich hat. Und wenn wir dann weitersuchen, wovon das essentielle Feuer entsteht, dann finden wir, daß es im Begehren des ewigen unergründlichen Willens entsteht, der sich mit dem Begehren einen Grund macht. Denn ein jedes Begehren ist herb (verdichtend) oder anziehend für das, was der Wille begehrt, und doch ist auch nichts vor ihm, was er begehren kann als nur sich selbst.

3.8. Das ist das große Wunderauge ohne Ziel und Grund, darin alles liegt, und ist doch auch ein Nichts, es werde denn im begehrenden Willen zu einem Etwas gemacht, was durch Imagination geschieht, mit der es zu einer Substanz wird, darin es doch noch ein Nichts ist, denn es ist nur eine Beschattung des freien Willens. Denn dieses Wesen beschattet die Freiheit als den dünnen unerforschlichen Willen, so daß zwei Welten werden: Die erste, welche in sich selber unfaßbar oder unbegreiflich ist, ein Ungrund und eine ewige Freiheit. Und die zweite, die sich selber faßt und zu einer Finsternis macht. Und doch ist keine von der anderen getrennt, außer dem Unterschied, daß die Finsternis die Freiheit nicht ergreifen kann, denn sie ist zu dünn und wohnt auch in sich selbst, wie dann auch die Finsternis in sich selbst wohnt.

Die gar ernste Pforte

3.9. Hier verstehen wir nun, wie des Vaters anderer Wille, den er im Spiegel der Weisheit zum Zentrum seines Herzens schöpft, mit der Wesenheit in des Vaters Imagination geschwängert werde und daß diese Schwängerung gegen die Freiheit des ersten Willens, der Vater heißt, eine Finsternis sei, und wie in dieser Finsternis oder Wesenheit alle Kräfte, Farben und Tugenden in der Imagination liegen, dazu alle Wunder. Und wir verstehen, wie Kraft, Wunder und Tugend durch das Feuer offenbar werden müssen, nämlich im Prinzip, darin alles in seine Essenz tritt. Denn im Prinzip entsteht die Essenz. Und so verstehen wird ernstlich, daß im Prinzip, ehe das Feuer entsteht, ein Sterben sei, nämlich das große Angstleben, das zwar kein Sterben ist, sondern eine herbe, strenge und sterbende Qual-Qualität, aus der das große und starke Leben als das Feuerleben entsteht, und dann aus dem gestorbenen das Lichtleben mit der Kraft der Liebe, welches Lichtleben mit der Liebe in der ewigen Freiheit wohnt, nämlich im ersten Willen, der Vater heißt. Denn danach begehrt der Vater in seinem eigenen Willen, der er selbst ist, und nicht mehr. Das versteht nun so:

3.10. Ihr seht und wißt, daß kein Licht ohne Feuer ist, und kein Feuer ohne ernste Qual, welche Qual einem Sterben verglichen wird. Und die Wesenheit, aus welcher das Feuer brennt, muß so auch sterben und verzehrt werden. Aus dem Verzehren entstehen zwei Prinzipien von zwei großen Leben: Das erste in der Qual, das Feuer heißt, und das andere aus der Überwundenheit als aus dem Tod, welches Licht heißt, das unmaterialistisch und ohne Qual ist, und doch alle Qual in sich hat, aber nicht mehr des Grimms, denn der Grimm ist im Tod geblieben. Und das Lichtleben grünt aus dem Sterben, wie eine schöne Blume aus der Erde, und wird vom Sterben nicht mehr ergriffen. Wie ihr dann seht, wie das Licht im Feuer wohnt, und das Feuer kann es nicht bewegen, und es gibt auch sonst nichts, was das Licht bewegen kann, denn es ist der ewigen Freiheit gleich und wohnt in der Freiheit.

3.11. Hier versteht man, wie der Sohn eine andere Person als der Vater ist, denn er ist die Lichtwelt, aber wohnt im Vater, und der Vater gebiert ihn in seinen Willen. Er ist wahrlich des Vaters Liebe, wie auch Wunder, Rat und Kraft, denn der Vater gebiert ihn in seiner Imagination in sich selbst und führt ihn durch sein eigenes Feuer aus dem Tod heraus, nämlich durch das Prinzip, so daß der Sohn eine andere Welt oder ein anderes Prinzip im Vater macht und ist, als es die Feuerwelt in der Finsternis ist.

3.12. So versteht ihr auch, wie sich des Vaters ewiger Geist in drei Welten scheidet: Erstens ist er der Ausgang aus der Imagination des ersten Willens des Ungrundes, der da Vater heißt, in dem er mit dem Ausgehen die Weisheit eröffnet und in der Weisheit wohnt und diese an sich trägt, als sein Kleid der großen Wunder.

3.13. Und zum Zweiten ist er die Ursache zum Einziehen zur Wesenheit der Finsternis als zur anderen (zweiten) Welt, und ist die Ursache und der Geist zum Ursprung des essentiellen Feuers. Er ist selbst die Quelle in der Angst des Prinzips und auch die feurige Welt als das große Leben.

3.14. Und zum Dritten ist er auch selbst der, der im Sterben die Kraft des Prinzips aus dem Feuer herausführt, wenn sich durch das Sterben die Kraft aus der Angst vom Sterben scheidet und in die Freiheit geht und in der Freiheit wohnt und die Lichtwelt macht. So ist er die Flamme der Liebe in der Lichtwelt. Und hier an dieser Stelle entsteht der teure Name Gottes des Vaters, Sohns und Heiligen Geistes. Denn in der feurigen Welt wird er nicht der Heilige Geist oder Gott genannt, sondern Gottes Zorn und Gottes Grimm, weil sich Gott hiermit ein verzehrendes Feuer nennt. Aber in der Lichtwelt, als im Sohn Gottes, ist er die Flamme der Liebe und die Kraft des heiligen göttlichen Lebens selbst, und da heißt er Gott, der Heilige Geist. Und die Lichtwelt heißt Wunder, Rat und Kraft der Gottheit. Die eröffnet der Heilige Geist, denn er ist das Leben darin, und ist alles zusammen, wohin unser Herz und Sinn reichen kann, also nichts als nur diese drei Welten, denn darin besteht alles: Erstlich ist er die ewige Freiheit und darin das Licht mit der Kraft im Spiegel der Weisheit, und diese Welt heißt Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und die zweite ist die finstere Wesenheit in der Imagination im herben begehrenden Willen und die Schwängerung des Begehrens, darin alles in der Finsternis steht als im stetigen furchtsamen und ängstlichen Tod. Und die dritte ist die feurige Welt (als das erste Prinzip, welches in der Angst entsteht) als das große, starke und allmächtige Leben, darin die Lichtwelt wohnt, aber dem Feuer unbegreiflich ist.

4. Kapitel - Vom Prinzip und Ursprung der feurigen Welt

Vom Prinzip und Ursprung der feurigen Welt und vom Zentrum der Natur, und wie sich das Licht vom Feuer scheidet, so daß seit Ewigkeit und in Ewigkeit zwei Welten ineinander sind.

4.1. Wir wollen nicht nur stumm schreiben, sondern auch beweisen: Wir erkennen und wissen, daß ein jedes Leben in der Angst wie in einem Gift entsteht, das ein Sterben ist, aber auch das Leben selbst, wie solches am Menschen und allen Kreaturen zu erkennen ist. Denn ohne die Angst oder das Gift ist kein Leben, wie das wohl in allen Kreaturen zu sehen ist, besonders im Menschen, der in drei Prinzipien steht: Nämlich eines im Feuer, darin das große Feuerleben steht, zu welchem ein sterbendes Gift wie die Galle gehört, welches Gift die Angstkammer macht, darin das Feuerleben entsteht. Und aus dem Feuerleben kommt das zweite Prinzip als das Lichtleben, daraus das edle Gemüt mit den Sinnen entsteht, darin wir unser edles Bildnis tragen und erkennen, wie das Feuerleben im Herzen vom Tod der Galle entsteht. Und das dritte Prinzip verstehen wir in der anderen Angstkammer als im Magen, in welchen wir die vier Elemente mit dem Gestirn (zur Verdauung) einsacken, darin dann die andere Angstkammer als das dritte Zentrum ist, nämlich das Reich dieser Welt, ein Gestank und bösartiges Qual-Haus, darin das dritte Leben als das Leben der Sterne und Elemente geboren und durch den äußeren Leib mit dem Verstand des dritten Prinzips regiert wird.

4.2. Nun verstehen wir auch wohl, daß im Feuer-Zentrum des Herzens eine andere Welt verborgen steht, die dem Qual-Haus der Sterne und Elemente unbegreiflich ist. Aber das Herz sehnt sich nach dieser Welt. Und der Geist, der aus dem Tod des Herz-Giftes geboren ist und wird, besitzt diese andere Welt, denn er ist frei vom Gift, welches das Feuer entzündet, und wohnt doch im Feuer des Herzens. Aber mit seiner Imagination fängt er die andere Welt der Freiheit in die Imagination und wohnt in der Freiheit jenseits der Feuer-Qual, sofern er aber auch seine Lust in Gott führt.

4.3. Wenn nun ein solches dreifaches Regiment im Menschen ist, dann ist es ja vielmehr außerhalb des Menschen, denn wenn das nicht wäre, dann hätte es nicht in den Menschen kommen können. Denn wo nichts ist, da wird auch nichts. Wenn aber etwas wird, dann wird es aus dem, was da ist. Eine jede Imagination modelt nur ihresgleichen in sich und offenbart sich im Gleichnis. Wenn nun das Wesen aller Wesen ein ewiges Wunder in drei Prinzipien ist, dann bringt es auch nur Wunder hervor, ein jedes Prinzip nach seiner Eigenschaft, und eine jede Eigenschaft wieder aus ihrer Imagination, daran wir erkennen, daß das Ewige nur ein Wunder ist. So ist nun diesem Wunder nachzusinnen und die Art und Eigenschaft der ewigen Gebärerin zu betrachten, denn es kann keine Eigenschaft sein, sie habe denn eine Mutter, die da gibt.

4.4. So verstehen wir nun im großen Wunder aller Wunder, welches Gott und die Ewigkeit mit der Natur ist, besonders sieben Mütter, daraus das Wesen aller Wesen entsteht. Denn alle sieben sind nur ein einiges Wesen, und keine ist die erste oder die letzte. Sie sind alle sieben gleich ewig, ohne Anfang. Denn ihr Anfang ist die Eröffnung der Wunder des einigen ewigen Willens, der Gott der Vater heißt. Und die sieben Mütter könnten nicht offenbar sein, wenn der einige ewige Wille, der Vater heißt, nicht begehrend wäre. Weil er aber begehrend ist, so ist er eine Imagination in sich selbst. Er ist eine Lust, sich selbst zu finden. Er findet sich auch in der Imagination, und findet vor allem sieben Gestaltungen in sich selbst, davon keine die andere ist, aber auch keine ohne die andere besteht, sondern eine jede gebiert die andere. Wäre eine nicht, dann wäre auch die andere nicht, sondern der Wille bliebe ein ewiges Nichts ohne Wesen, Schein und Glanz.

4.5. Weil nun aber der Wille begehrend ist, so zieht er das in sich, was in der Imagination ist. Weil da aber nichts ist, so zieht er sich selbst und schwängert sich in der Imagination und nicht im Willen, denn der Wille ist so dünn (substanzlos) wie ein Nichts.

4.6. So ist nun jedes Begehren herb (verdichtend), denn das ist seine Eigenschaft. Und das ist die erste Mutter, und das Einziehen des Willens in das Begehren ist die zweite Mutter, denn es sind zwei Gestaltungen, die einander widerwärtig (bzw. gegensätzlich) sind. Denn der Wille ist still wie ein nichts und herb wie ein stiller Tod. Doch das Einziehen ist seine Erregung, und das mag der stille Wille in der Herbigkeit nicht leiden, und zieht noch viel heftiger in sich, und schärft doch nur seinen eigenen Willen im Ziehen. Er will das Einziehen mit seinem strengen Einziehen einschließen und halten, und erweckt es nur auf solche Art. Je härter sich die Herbigkeit zusammenrafft, um den Stachel zu halten, je größer wird nur der Stachel, das Wüten und Brechen, denn der Stachel will sich nicht bändigen lassen, und wird doch von seiner Mutter so streng gehalten, daß er nicht entweichen kann. Er will über sich, und seine Mutter unter sich, denn das Herbe zieht in sich und macht sich schwer, und ist ein Sinken unter sich. Denn es macht im Sulphur („Seelenleib“) das „Phur“ (den Leib) und im Mercurius das „Sul“ (die Seele). Und der Stachel macht im „Phur“ die bittere Gestaltung als das Weh, eine Feindschaft in der Herbigkeit, und will immer aus der Herbigkeit ausreißen, und kann doch auch nicht. So steigt das eine über sich und das andere unter sich. Und weil es das nicht kann, so wird es drehend wie ein Rad und dreht sich immer in sich hinein. Das ist nun die dritte Gestaltung, davon die Essenz entsteht, und das Wunder der Vielfalt ohne Zahl und Grund. Und in diesem Rad versteht die Wunder und Kräfte, welche der Wille, nämlich der erste unergründliche Wille, aus dem Spiegel des Ungrundes zu seinem Zentrum oder Herzen in sich zieht. Und das ist hier der Wille der Kraft und Wunder. Und in diesem Rad der großen Angst entsteht der andere (zweite) Wille als des Sohnes Wille, um aus der Angst in die stille Freiheit des ersten unergründlichen Willens auszugehen. Denn das Rad macht die Natur, und so entsteht die Natur, und das ist das Zentrum und ein Brechen der stillen Ewigkeit. Nichts kann das töten, aber es macht das große Leben.

(Hinweis: Im Buddhismus spricht man in ähnlicher Weise von Begierde, Haß und Unwissenheit als die drei Geistesgifte, welche die Achse für das Rad des Lebens bilden.)

4.7. Daß wir aber vom Töten reden, das versteht auf dem Weg: Es ist kein Töten, sondern die Empfindlichkeit, denn das Leben vor dem Feuer ist stumm ohne Fühlen. Es ist nur ein Hunger nach dem Leben, gleichwie die materialistische Welt nur ein Hunger nach dem Leben ist und in diesem Hunger so streng bis zum Prinzip arbeitet, so daß sie das Feuer erreicht, darin dann das äußere Leben dieser Welt entsteht. Und das kann nicht anders sein, es zerbreche denn die erste Matrix als das herbe Begehren. Das ist das Rad der ersten drei Gestaltungen als das Herbe, und das Ziehen der Herbigkeit macht das Angst- und Qualwesen. Denn es ist ein Schrecken in sich selbst, indem das Nichts in die Empfindlichkeit kommen soll. Das ist die Gift-Qual, davon der Grimm und alles Böse entsteht, und ist doch auch der rechte (wirkliche) Ursprung des empfindlichen Lebens. Denn so findet (und empfindet) sich das Leben, nämlich in der Angstqual, wie dies an allen Kreaturen zu sehen ist, daß das Leben im erstickten Blut in der Angst seinen Ursprung nimmt, sowohl das kreatürliche als auch das essentielle Leben, wie in einem stinkenden Mist in der Fäule, wo im Sterben des Samenkorns das größte Leben entspringt, und doch in der Essenz kein Sterben verstanden wird, sondern eine Angstqual, darin die Mutter zerspringen muß, welche eine stumme Wesenheit ist. Wie am Samenkorn zu erkennen ist, wenn aus dem Zerbrechen das essentielle Leben ausgrünt.

4.8. In gleicher Weise verhält es sich auch mit dem Zentrum der Natur: Die Angstqual ist das rechte (wirkliche) Zentrum und macht das Dreieck in der Natur. Und der Feuerblitz als die vierte Gestaltung der Natur macht aus dem Dreieck ein Kreuz, denn hier ist das Prinzip und wird in zwei Welten zweier Prinzipien geschieden, nämlich in zweierlei Qualität und Leben, denn eine Qualität bleibt und ist das Feuer oder Angstleben, und die andere Qualität entsteht im Zerbrechen der Angst. Das versteht so: Die erste Gestaltung der Wesenheit als das Herbe im begehrenden unbegreiflichen Willen muß sich der Angstqual im Rad der Natur ganz anheimgeben, denn der Stachel wird zu stark. So sinkt die Herbigkeit wie ein Tod ab, und ist doch kein Tod, sondern eine sterbende Qualität. Denn der Stachel wird Herr und verwandelt die Herbigkeit in seine Eigenschaft als in einen wütenden Blitz (des Bewußtseins) und damit in eine Angstqual, welche vom Stachel und der Herbigkeit bitter ist, wie es die Art von Gift ist. Denn das Gift oder das Sterben hat vor allem drei Gestaltungen, nämlich herb, bitter und Feuerangst. Diese machen sich so in sich selbst und haben keinen anderen Macher als nur den starken Willen zum großen Leben im Feuer.

4.9. So versteht uns recht: Der Ungrund hat kein Leben, aber in solcher Eigenschaft wird das große ewige Leben geboren. Der Ungrund hat keine Beweglichkeit oder Fühlen, und so gebiert sich die Beweglichkeit und Fühlung, und so findet sich das Nichts im ewigen Willen, dessen Grund wir nicht wissen können und auch nicht erforschen sollen, denn das verwirrt uns. Und doch ist (bzw. wäre) dies nur ein essentielles Leben ohne Vernunft gleich der Erde und dem Tod oder Sterben, darin zwar eine Qualität ist, aber in der Finsternis ohne Vernunft. Denn die herbe Angst zieht in sich, und das Eingezogene macht die Finsternis, so daß das Angstleben in der Finsternis steht. Denn ein jedes Wesen ist in sich selber finster, es habe denn die Tinktur des Lichtes in sich. Dann ist die Tinktur eine Freiheit von der Finsternis und wird von der Angstqual nicht ergriffen, denn sie ist in der Lichtwelt. Und wenn sie auch in der Wesenheit steckt als in einem finsteren Leib, dann ist sie doch aus dem Wesen der Lichtwelt, darin kein Begriff ist.

4.10. Oben wurde zuerst vom Spiegel der Weisheit der Wunder aller Wesen gesprochen, und dann von der Dreizahl des Wesens aller Wesen, wie diese aus einem einigen ewigen Willen entsteht, welcher der Vater aller Wesen heißt, und wie er in sich einen anderen Willen schöpft, um sich in sich zu offenbaren oder zu finden, oder wie man sagen möchte, zu empfinden, was und wie er sei. Und dann, wie dieser wiedergeschöpfte magische Wille, um sich zu empfinden, sein Herz oder eigener Sitz ist, und wie sich der erste unergründliche Wille mit der Imagination aus dem Spiegel der Wunder selbst schwängert, welcher in der Lichtwelt die „Weisheit“ heißt. Und dann haben wir erklärt, wie dieser unergründliche Wille samt der Schwängerung und auch dem Spiegel der Wunder oder Weisheit mit solcher Eigenschaft vor dem Feuer-Prinzip zu Recht kein „göttliches Wesen“ genannt werde, sondern vielmehr ein „Mysterium der Wunder aller Wesen“, welches Mysterium im Feuer seine Unterscheidung in unendliche Teile oder Wesen nimmt und doch nur ein (ganzheitliches) Wesen bleibt.

4.11. So geben wir euch nun ferner vom anderen (zweiten) Willen zu verstehen, den der erste Wille in seiner Imagination oder Schwängerung schöpft, welcher das große Mysterium ist, darin sich der erste Wille, der Vater heißt, sucht, findet und als ein Leben im Herzen empfindet, daß dieser andere Wille die Mutter der Gebärerin in der eingezogenen oder in der Imagination eingefaßten Schwängerung ist. Er ist es, der die sieben Gestaltungen zur Natur verursacht. Er ist es auch, der das Angst-Rad als das Sterben verursacht. Er ist es auch, der in der Angst durch den Tod in die Freiheit ausgeht und den Tod zerbricht und das Leben gibt. Und er ist es auch, der das Feuer anzündet und im Feuer den Glanz der Majestät in sich nimmt und im Licht der Majestät im Feuer wohnt, vom Feuer unergriffen wie einer, der nichts fühlt, welcher der Qual-Qualität abgestorben ist und in sich eine andere Qualität führt, welche die erste nicht fühlt, deren er abgestorben ist.

4.12. Und damit wir euch kurz, aber gründlich und eigentlich über des Feuers Ursprung unterrichten, so erkennen wir in der uns eröffneten Tiefe aus Gottes Gnade, daß das Feuer in seinem Ursprung in zwei Ursachen steht: Eine Ursache ist der Willengeist des Herzens, das heißt, der andere (zweite) Wille des Vaters als die Eigenschaft des Sohns. Und die andere Ursache ist die Materie (Essenz bzw. Substanz) des Willens, nämlich die Wunder im Rad des essentiellen Lebens als der Angstkammer. Denn die Angst sehnt sich nach dem Willen der Freiheit, und der Wille sehnt sich nach der Offenbarung. Denn der Wille kann sich in der stillen Freiheit in sich selbst ohne das essentielle Leben nicht offenbaren, welches in der Angst als im Sterben zur Offenbarung kommt, nämlich zum großen Leben.

4.13. So ist der Wille in der finsteren Angst, und die Angst ist die Finsternis selbst. Und wenn sich dann die Angst so heftig nach dem Willen der Freiheit sehnt, dann empfängt sie der Wille der Freiheit in sich wie einen Blitz mit großem Schreck, als gösse man Wasser ins Feuer. Und hier geschieht das rechte (wirkliche) Sterben, denn die grimmige finstere Angst erschrickt vor dem Blitz wie die Finsternis vor dem Licht. Denn die Finsternis wird getötet und überwunden, und der Schreck wird ein Schreck großer Freude. Hier sinkt das grimmige herbe Gift in sich in den Tod und wird ohnmächtig, denn es verliert den Stachel, und es ist doch kein Tod, sondern so wird das rechte (wirkliche) Leben der Fühlung und Sehnung angezündet. Dies ist so, als schlüge man Stahl und Stein aneinander, denn es sind zwei große Hunger, nämlich des Willens nach der Wesenheit, und der Wesenheit nach dem Leben. So gibt der Wille Leben, und die Wesenheit gibt die Offenbarung des Lebens. Gleichwie ein Feuer aus einer Kerze brennt, so brennt der Wille aus der essentiellen Wesenheit. Der Wille ist nicht das Licht selbst, sondern der Geist des Lichtes als Feuer. Das Licht entsteht aus der Essenz, und die Essenz wieder aus dem Willen. Das ängstliche essentielle Feuer ist die Materie (bzw. der Brennstoff) zum scheinenden Feuer. Und der Wille entzündet sich in diesem essentiellen Feuer und gibt das weiße liebliche Feuer, das im hitzigen Feuer ohne Fühlung wohnt. Der Wille nimmt seine Fühlung vom Grimm des essentiellen Feuers (in der vierten Gestaltung), damit er in sich offenbar ist, und bleibt doch frei vom Grimm, denn die Qual wird in der Anzündung in einen sanften Liebe-Quell verwandelt.

4.14. Hier empfängt der andere (zweite) Wille seinen Namen „Geist“. Denn aus dem essentiellen Feuer bekommt er die Eigenschaft aller Wunder und auch das rechte (wahre) Leben der Kraft und Macht über das essentielle Feuerleben. Denn er nimmt von der Natur die Kraft in sich und führt auch die Freiheit in sich. Nun ist die Freiheit eine Stille ohne Wesen, und so gibt sich die stille Freiheit in das Wesen der Angst, und die Angst empfängt diese Freiheit ohne Qual. Davon wird sie so freudenreich, daß aus der Angst Liebe wird (die fünfte Gestaltung der Natur). Denn der Wille, der sich in die Angst hineingegeben hatte, wird damit vom Tod der Angst erlöst. Darum findet er sich in der Freiheit und geht von der grimmigen Angst ab. Denn hier wird der Tod zerbrochen, und bleibt doch ein Tod in sich selbst. Aber der Willen-Geist als das wahre heilige Leben geht mit der Zersprengung aus der Angst heraus und ist nun auch ein Feuer, aber ein Feuer in der Freiheit, und brennt in der Liebe-Qualität, wie man dies am Feuer und Licht sieht, wie das essentielle Feuer eine brennende Qual ist und das Licht eine freudenreiche Wonne ohne empfindliche Qual, aber hat doch alle Qual und Eigenschaft des Feuers in sich, doch in einer anderen Essenz, nämlich eine freudenreiche wohltuende Essenz, ein rechter Anblick des Freudenreichs. Und das Feuer hat einen Anblick des Schreckens und der Angst, und doch wohnt eines im anderen, und man findet auch eines ohne das andere nicht in der Essenz.

4.15. So sind die zwei Welten ineinander, davon keine die andere begreift, und so kann nichts in die Lichtwelt hineingehen als nur durch das Sterben. Doch vor dem Sterben muß die Imagination vorhergehen. Der ängstliche Wille muß sich nach der Freiheit in der Kraft des Lichtes sehnen und ganz hineinergeben und mit der begehrenden Imagination die Kraft der Freiheit fangen. Dann geht der starke Wille durch den Tod der Finsternis durch das essentielle Feuer hindurch und zerbricht die Finsternis, fällt in die Lichtwelt und wohnt im Feuer ohne Qual im Freudenreich. Und das ist die Pforte in die Heilige Dreiheit (Ternarium Sanctum) und zum Glauben im Heiligen Geist, ihr lieben Menschenkinder.

4.16. Hier versteht ihr den Fall des Teufels, welcher seinen Willen-Geist nur in das essentielle Feuer gewandt hatte und damit über das Licht herrschen wollte. Und ihr versteht hier auch den Fall des Menschen, der seine Imagination in die materialistische essentielle Wesenheit gewandt hat und aus dem Licht herausgegangen ist, weshalb der Wille der Liebe aus der Lichtwelt wieder in die materialistische Wesenheit der Menschheit eingegangen ist und sich dem essentiellen Feuergeist im Menschen als der Seele wieder einvermählt und hingegeben hat, um diese durch den Tod und das Feuer in die Lichtwelt zu führen, in die Heilige Dreiheit als in den (freien) Willen der Heiligen Dreifaltigkeit.

4.17. Laßt euch das ein Finden und Wissen sein, und verachtet es nicht um der großen Tiefe willen, welche nicht jedermanns Begriff sein wird. Ursache ist die Finsternis, darin sich der Mensch vertieft. Sonst kann es ein jeder wohl finden, wenn der irdische Weg zerbrochen würde und das adamisch-bösartige Fleisch nicht zu lieb wäre, welches die Hinderung ist.

5. Kapitel - Vom Prinzip in sich selbst, und was es sei

5.1. Wenn wir nun weiterhin die ersten vier Gestaltungen der Natur betrachten, dann werden wir finden, was ein Prinzip sei. Denn das ist eigentlich ein Prinzip, darin ein Ding etwas wird, was es nie gewesen ist, darin aus dem Nichts eine Qualität (Qual oder Quelle) wird, und aus der Qualität ein rechtes (wirkliches) Leben mit Verstand und Sinnen. Und wir erkennen aber das rechte (wahre) Prinzip im Ursprung des Feuers, in der Feuerqualität, welche die Wesenheit und auch die Finsternis zerbricht. So erkennen wir des Feuers Essenz und Eigenschaft als ein Prinzip, denn es macht und gibt den Ursprung des Lebens und aller Beweglichkeit und auch die starke Macht des Grimms.

5.2. Und zum zweiten erkennen wir auch das als ein (zweites) Prinzip, was im Feuer wohnen kann, vom Feuer unergriffen, was dem Feuer seine Macht nehmen und des Feuers Qualität in eine sanfte Liebe verwandeln kann, das da allmächtig über alles ist und die Vernunft hat, dem Feuer seine Wurzel zu zerbrechen, oder aus dem Feuer eine Finsternis zu machen und einen dürren Hunger und Durst, ohne Empfindung jeglicher Labung, wie die Qual der Hölle ist. Das ist der Abgrund, darin das Wesen verschmachtet ist, wo der Tod seinen Stachel als ein verschmachtendes Gift führt, darin zwar ein essentielles Leben ist, aber es feindet sich selber an, weil die Entzündung des rechten Feuers nicht erreicht wird, sondern nur wie ein Blitz ohne Brennen erscheint.

5.3. Und wir geben euch damit zu verstehen, daß im Ewigen nicht mehr als zwei Prinzipien sind, nämlich das brennende Feuer (als Energie), das vom Licht (als Bewußtsein) erfüllt wird. Dieses Licht gibt ihm seine Eigenschaft, so daß aus der brennenden Qual-Quelle ein hohes Freudenreich wird, denn die Angst erreicht die Freiheit. Und so bleibt das brennende Feuer nur eine Ursache des Findens des Lebens und des Lichtes der Majestät. Das Feuer nimmt des Lichtes Eigenschaft in sich als die Sanftmut, und das Licht nimmt des Feuers Eigenschaft in sich als das Leben und sich Finden. Und so wird das zweite Prinzip im Licht verstanden. Aber die essentielle Wesenheit, daraus das Feuer brennt, bleibt ewig eine Finsternis und eine Qual-Quelle des Grimms, darin der Teufel wohnt, wie man sieht, daß das Feuer ein anderes Ding ist als dasjenige, daraus das Feuer brennt. So besteht das Prinzip im Feuer und nicht in der essentiellen Quelle der Wesenheit. Die essentielle Quelle ist das Zentrum der Natur, die Ursache des Prinzips. Aber es ist finster, und das Feuer scheinend. Und so wird hier recht gezeigt, wie die Zerbrechung des Grimms als des Todes und dann die ewige Freiheit jenseits der Natur beide zusammen die Ursache des Scheines sind. Denn darum ist der Wundergeist des Ungrundes begehrend, nämlich daß er scheinend werde. Und darum führt er sich in eine Qual-Quelle, daß er sich finde und empfinde, damit er seine Wunder in der Quelle offenbaren kann, denn ohne Quelle kann keine Offenbarung sein.

5.4. So versteht uns ferner: Die Qual-Quelle als der Grimm hat keine rechte Wesenheit, sondern der herbe Grimm ist des Stachels Wesenheit, darin er sticht. Und die Angst mitsamt dem Feuer sind oder machen auch keine rechte Wesenheit, sondern es ist nur ein solcher Geist. Jedoch muß einer dicker (bzw. dichter) als der andere sein, sonst wäre kein Finden. Also macht die Herbigkeit dick und finster, und so findet der bittere Stachel die Angst in der herben finsteren Eigenschaft als in einer Materie. Denn wäre keine Materie, dann wäre auch kein Geist oder Finden. So findet sich der Ungrund in der herben Finsternis. Doch er zersprengt die Finsternis und geht aus der herben Finsternis als ein Geist aus, der sich in der Angstqual gefunden hat, aber verläßt diese herbe Materie der Finsternis, darin er sich fand, und geht in sich selbst wieder in die Freiheit als in Ungrund ein und wohnt in sich selbst. So muß die Qual-Quelle seine Schärfe und Findung sein, und ist ihm auch eine Anzündung seiner Freiheit als des Lichtes, darin er sich erkennt, was er ist.

5.5. So begehrt er nun nicht mehr die Quelle für sich, denn er ist nun selbst eine Quelle. Sondern er modelt sich selbst und erkennt sich selbst nach allen Gestalten. Und eine jede Gestalt ist begehrend, sich zu finden und zu offenbaren. Und es findet sich also auch eine jede Gestalt in sich selbst, aber geht mit dem Begehren aus sich selbst heraus und stellt sich als eine Bildung oder ein Geist dar. Das ist die ewige Weisheit in den Farben, Wundern und Tugenden, und ist doch nicht teilweise, sondern alles ganzheitlich, aber in unendlicher (vielfältiger) Gestalt. Diese Gestalten haben sich mit der Bewegung des ersten Willens, der Vater heißt, in Geister verkörpert, wie in Engel, so daß sich das verborgene Wesen in Kreaturen erkenne und empfinde, damit ein ewiges Spiel in den Wundern der Weisheit Gottes sei.

5.6. Weiter verstehen wir die Wesenheit der Lichtwelt, daß sie wahrhaftig eine rechte (wahre) Wesenheit ist, denn im Feuer selbst kann kein rechtes (wahres) Wesen bestehen, sondern nur der Geist des Wesens. Aber das Feuer verursacht das Wesen, denn es ist ein Hunger, ein ernsthaftes Begehren. Es muß Wesen haben oder es erlischt. Das versteht nun auf dem Weg: Die Sanftmut gibt, und das Feuer nimmt. Die Sanftmut ist ausgehend aus sich selbst und gibt ein Wesen seinesgleichen, eine jede Gestalt aus sich selbst. Und das Feuer verschlingt dieses, gibt aber das Licht aus demselben. Es gibt ein Edleres als es verschlungen hat, gibt Geist für Wesen. Denn es verschlingt das sanfte Wohltun, das heißt, das Wasser des ewigen Lebens, aber gibt den Geist des ewigen Lebens. Wie ihr seht, daß Wind und Luft aus dem Feuer kommen, so kommt auch der rechte (wahre) Geist aus dem Leben.

5.7. So versteht unseren Sinn richtig: Gott der Vater ist in sich die Freiheit jenseits der Natur, macht sich aber in der Natur durch das Feuer offenbar. Die feurige Natur ist seine Eigenschaft, aber er ist in sich selbst der Ungrund, darin kein Fühlen irgendeiner Qual-Quelle ist, aber er führt seinen begehrenden Willen in die Qual und schöpft sich in der Qual-Quelle einen anderen (zweiten) Willen, um aus der Qual wieder in die Freiheit jenseits der Qual auszugehen. Dieser andere Wille ist sein Sohn, den er aus seinem ewigen einigen Willen seit Ewigkeit gebiert. Den führt er durch das Zerbrechen der Qual-Quelle des Todes als aus seinem ernsthaften Grimm durch das Feuer heraus. Dieser andere Wille als der Sohn des göttlichen Vaters ist es, der den Tod als die strenge finstere Qual-Quelle zerbricht, der das Feuer anzündet und durch das Feuer als ein Schein oder Glanz des Feuers ausgeht und den ersten Willen erfüllt, der Vater heißt. Denn der Glanz ist auch so dünn wie ein Nichts oder wie der Wille, der Vater heißt. Darum kann er in der Freiheit wohnen als im Willen des Vaters und macht den Vater licht, hell, lieblich und freundlich, denn er ist des Vaters Herz oder Barmherzigkeit. Damit ist er des Vaters Wesenheit und erfüllt den Vater an allen Orten, obwohl kein Ort in ihm ist, kein Anfang noch ein Ende.

5.8. So versteht nun weiter: Das Feuer des Vaters verschlingt das sanfte Wesen als den Wasserquell des ewigen Lebens in sich in die eigene Essenz des Feuers und besänftigt sich damit. Dort muß die Wesenheit gleichsam im Feuer sterben, denn das Feuer verschlingt sie in sich und verzehrt sie und ergibt aus der Verzehrung einen lebendigen freudenreichen Geist. Das ist der Heilige Geist, der vom Vater und Sohn in die großen Wunder der Heiligen Wesenheit ausgeht und diese immer und ewig eröffnet.

5.9. So ist die Gottheit ein ewiges Band, das nicht vergehen kann. So gebiert sie sich selbst seit Ewigkeit und in Ewigkeit, und so ist das Erste auch immer das Letzte, und dies ist wieder das Erste. Und so versteht den Vater als die feurige Welt, den Sohn als die Licht- und Kraftwelt, und den Heiligen Geist als das Leben der Gottheit, nämlich als die ausgehende führende Kraft. Und doch ist alles nur ein Gott, wie das Feuer, das Licht und die Luft nur ein einiges Wesen ist. Aber es unterscheidet sich selbst in drei Teile, und keines kann ohne das andere bestehen. Denn das Feuer ist nicht das Licht und auch nicht der Wind, der aus dem Feuer kommt. Ein jedes hat sein Amt, und ein jedes ist ein eigenes Wesen in sich, und doch ist ein jedes des anderen Leben und eine Ursache des anderen Lebens. Denn der Wind facht das Feuer an, sonst erstickt es in seinem Grimm, daß es in finsteren Tod fiele, wie dann das Ersticken der wahrhaftige (bzw. wirkliche) Tod ist, darin das Feuer der Natur erlischt und kein Wesen mehr in sich zieht.

5.10. Mit all dem habt ihr ein gutes Gleichnis an der äußeren Welt und allen Kreaturen, wie alles Leben als essentielles Feuerleben Wesen an sich zieht, denn das ist seine Nahrung. Und das Feuer ihres Lebens verzehrt das Wesen und gibt aus dem Verzehrten den Geist der Kraft, und das ist das Leben der Kreaturen. So seht ihr ja ganz recht, wie das Leben aus dem Tod entsteht. Es wird kein Leben, es zerbreche denn dasjenige, daraus das Leben kommen soll. So muß alles in die Angstkammer in das Zentrum eingehen und muß den Feuerblitz in der Angst erreichen, sonst ist keine Anzündung. Und wie das Feuer vielfältig ist, so auch das Leben. Denn aus der größten Angst entsteht auch das größte Leben, nämlich aus einem entsprechenden Feuer.

5.11. Ihr lieben Kinder Gottes in Christus, damit geben wir euch unsere Erkenntnis und Absicht zu erwägen: Anfangs haben wir gesagt, wir wollen euch den Tod Christi zeigen, warum Christus sterben mußte und warum auch wir sterben müssen und in Christus auferstehen. Das seht ihr ja nun in dieser Beschreibung klar und versteht unser großes Elend, daß es uns not gewesen ist, daß das Wort oder Leben der heiligen Lichtwelt wieder Mensch geworden ist und uns in sich neu geboren hat. Wer hier nichts versteht, der ist nicht aus Gott geboren. Seht doch, in was für eine Herberge uns Adam hineingeführt hat! Er war ein Auszug aller drei Prinzipien, ein ganzheitliches Gleichnis nach allen drei Welten, und hatte in seinem Gemüt und Geist englische Eigenschaft in sich. Er war in die heilige Kraft und Wesenheit hineingeführt, nämlich ins Paradies, das heißt, in göttliche Wesenheit. So sollte er auf englische Art von göttlicher Wesenheit essen und das Wasser des ewigen Lebens trinken, wie im Buch vom „Dreifachen Leben” ausführlich erklärt wurde. Aber er verließ die göttliche Wesenheit und die englische Eigenschaft und imaginierte in die Ausgeburt als in das Reich der irdischen Qual-Qualität, welches der Teufel in seinem Fall entzündet hatte. Er wandte seine Augen aus der Gottheit in den irdischen Weltgeist (Spiritus Mundi) oder irdischen Gott, aus dem göttlichen Licht in das Licht dieser Welt, und so wurde er gefangen und blieb in der irdischen Qual-Qualität. So fiel er in die irdische zerbrechliche Qualität, und die herrscht nun in ihm und erfüllt ihn. Sie zieht ihm einen Leib an, zerbricht ihn wieder und verschlingt ihn in seine eigene Essenz, in sein essentielles Feuer.

5.12. Weil aber die Seele aus dem Geist Gottes als aus dem Ewigen in den Menschen geblasen wurde, so daß die Seele ein Engel ist, deshalb hat sich Gott derselben wieder angenommen. Und die Kraft der heiligen Lichtwelt ist als Gottes Herz in die menschliche Essenz, die im Tod verschlossen lag, in die Angstkammer unseres Elends eingegangen, hat aus unserer Essenz die Seele in sich gezogen, hat unser sterbliches Leben an sich genommen, die Seele durch den Tod und das ernste Feuer des göttlichen Vaters in die Lichtwelt hineingeführt, den Tod zerbrochen, der uns gefangenhielt, und das Leben aufgeschlossen.

5.13. Nun soll und kann es nicht anders sein: Wer die Lichtwelt besitzen will, der muß durch dieselbe Bahn eingehen, die er (Christus) gemacht hat. So muß der Mensch in den Tod Christi eingehen, und in Christi Auferstehung geht er in die Lichtwelt ein. Gleichwie wir erkennen, daß das ewige Wort des Vaters, welches des Vaters Herz ist, seit Ewigkeit und in Ewigkeit aus dem Grimm des Todes der Finsternis durch des Vaters Feuer ausgeboren wird und in sich selbst das rechte (wahre) Zentrum der Heiligen Dreifaltigkeit ist, und aus sich selbst mit dem ausgehenden Geist die lichtflammende Majestät oder Lichtwelt ist. In gleicher Weise und Eigenschaft müssen auch wir mit unserem Herzen, Sinn und Gemüt aus der herben, strengen und bösartigen Irdischkeit aus uns selber aus dem verdorbenen adamischen Menschen ausgehen, um diesen mit unserem ernsten Willen und Tun zu zerbrechen und zu töten. Wir müssen das Kreuz des alten Adams, welcher uns anhängt, solange wir leben, auf uns nehmen, und müssen auf- und in das Kreuz, in das Zentrum der Natur, in das Dreieck eingehen und aus diesem Angst-Rad wieder neugeboren werden, wenn wir ein Engel sein und in Gott ewig leben wollen.

5.14. Weil wir aber solches selber nicht vermochten, hat sich Christus in dieses Zentrum des Grimms hineingegeben, den Grimm zerbrochen und mit seiner Liebe gelöscht, denn er brachte himmlisch-göttliche Wesenheit in diesen Grimm ins Zentrum der Angstkammer und löschte das Angstfeuer der Seele als den Grimm des Vaters der feurigen Welt in der Seele, so daß wir ab jetzt nicht mehr dem Grimm anheimfallen. Sondern, wenn wir uns in den Tod Christi hineinergeben und aus dem bösartigen Adam ausgehen, dann fallen wir in Christi Tod und in die Bahn, die er uns gemacht hat. Wir fallen in den Schoß Abrahams, das heißt, in Christi Arme. Der empfängt uns in sich, denn der Schoß Abrahams ist die aufgeschlossene Lichtwelt im Tod Christi, und das ist das Paradies, dahinein uns Gott erschuf. Und nun liegt es an dem, daß wir keine Mundchristen seien und uns Christi Tod vormalen, aber in Herz, Geist und Seele Schälke bleiben, sondern daß wir ganz ernsthaft mit Sinn und Gemüt sowie mit Willen und Tun aus der Neigung zum Bösen herausgehen und gegen diese ankämpfen. Auch wenn sie (die Lichtwelt) uns schon anhängt, so müssen wir doch täglich und stündlich diesem bösartigen Adam sein Wollen und Tun töten. Wir müssen tun, was wir nicht gern tun wollen. Wir müssen unser irdisch-bösartiges Leben selber verleugnen und Christi Leben in uns ziehen. Dann leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, ziehen solches zu (bzw. in) sich, wie Christus sagt (Matth. 11.12).

5.15. So werden wir des Himmelreichs schwanger und gehen damit bei lebendigem Leib in Christi Tod ein und empfangen den Leib Christi als die göttliche Wesenheit. Dann tragen wir das Himmelreich in uns, und so sind wir Christi Kinder, Glieder und Erben in Gottes Reich, und sind das Ebenbild der heiligen göttlichen Welt, welche Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist ist, und sind die Wesenheit dieser Heiligen Dreifaltigkeit. Alles, was aus der Weisheit geboren und eröffnet wird, ist unser Paradies, und es stirbt an uns nichts, als nur der tote Adam, der irdische und bösartige, dem wir hier ohnedies seinen Willen gebrochen haben und dem wir Feind geworden sind. Doch unser Feind weicht nur von uns, wenn er ins Feuer gehen muß, das heißt, in das essentielle Feuer als in die vier Elemente und in das Mysterium. Und er muß am Ende dieser Zeit durch das Feuer Gottes bewährt werden, und muß uns unsere Wunder und Werke wieder darstellen. Was das irdische Mysterium in sich verschlungen hat, das muß es im Feuer Gottes wiedergeben, aber nicht ein solches Übel, sondern das Feuer Gottes verschlingt das Übel und gibt uns ein solches dafür, wie wir es hier in unserem ängstlichen Suchen gesucht haben. Wie das Feuer die Wesenheit verschlingt, aber Geist für Wesen gibt, so werden uns unsere Werke im Geist und in himmlischer Freude aus dem Feuer Gottes dargestellt, wie ein heller (klarer) Spiegel gleich dem Wunder der Weisheit Gottes.

5.16. Dies laßt euch, ihr lieben Kinder, geoffenbart sein, denn es ist hochteuer erkannt worden. Und laßt euch nicht so mit Christi Tod kitzeln und denselben als ein Werk vorstellen, das uns genug sei, wenn wir es nur wissen und glauben, daß es für uns geschehen ist. Was hilft es mir, daß ich einen Schatz liegen weiß und grabe ihn nicht aus? Es gilt kein Trösten, Heucheln und angenehmes Geschwätz mit dem Mund zu geben, aber den Schalk in der Seele behalten. Christus spricht: »Ihr müßt neugeboren werden, sonst werdet ihr das Reich Gottes nicht sehen.« Wir müssen umkehren und wie ein Kind im Mutterleib werden, aus göttlicher Wesenheit geboren. Wir müssen unserer Seele ein neues Kleid anziehen, nämlich den Rock Christi, die Menschheit Christi. Da hilft kein Heucheln, denn es ist alles erlogen, was das Mundgeschrei sagt, das Christus vor die Augen malt, als habe er es für uns getan, damit wir uns nur dessen trösten sollen und dabei im alten Adam wandeln, in Geiz, Hochmut und Falschheit, in Gelüsten und Bosheit. Das ist der antichristliche Betrug der falschen Geistlichen, vor denen uns die Offenbarung warnt. Es bringt alles nichts, daß wir uns heucheln und mit Christi Leiden und Tod kitzeln. Wir müssen dahineingehen und seinem Bild ähnlich werden, dann ist uns Christi Leiden und Tod nütze. Wir müssen sein Kreuz auf uns nehmen, ihm nachfolgen, die bösen Gelüste dämpfen und töten und immer gern wohlwollen. Dann werden wir wohl sehen, was Christi Fußstapfen sind, wenn wir gegen den Teufel, den alten Adam und die böse Welt kämpfen werden, gegen den irdischen Verstand, der nur zeitliche Wollust begehrt. Darin wird uns Christi Kreuz recht auferlegt, denn der Teufel ist es, die Welt ist es, und unser bösartiger Adam ist es. All diese sind unsere Feinde. Hier muß der neue Mensch wie ein Ritter stehen und in Christi Fußstapfen kämpfen. Oh, wieviel unzählige Feinde wird er hier erwecken, die alle auf ihn einschlagen werden. Dann heißt es, um das dornige Ritterkränzlein Christi zu fechten, wie ein Ritter, und doch nur stets verachtet sein wie einer, der der Erde nicht wert sei. Dann heißt es, im Krieg und Glauben zu stehen, darin der äußere Verstand nur „Nein“ spricht. Da ist es gut, Christi Leiden und Tod an die Spitze zu stellen und dem Teufel, der Welt und dem Tod mit dem irdischen Verstand vorzustellen, um nicht zu verzagen. Denn hier geht es um eine Engelskrone, um entweder ein Engel oder ein Teufel zu sein. Wir müssen in Trübsal neugeboren werden, und es kostet viel, mit Gottes Zorn zu ringen und über den Teufel zu siegen. Hätten wir hier Christus nicht bei uns, ja in uns, dann würden wir den Kampf verlieren. Das vollbringt nicht eine Handvoll Wissenschaft, daß wir es wissen und uns mit Gottes Gnade kitzeln und Gott zu unserem Sündendeckel machen, daß wir also den Schalk und die Teufelslarven unter dem Leiden Christi verstecken und fein zudecken. Oh nein, der Schalk muß in Christi Leiden und Tod zerbrochen werden. Er darf kein Schalk mehr sein. Will er ein Kind (Gottes) sein, dann muß er ein gehorsamer Sohn werden. Er muß im Leiden Christi arbeiten und in die Fußstapfen der Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe treten. Er muß es tun (und verwirklichen), nicht allein wissen. Der Teufel weiß es wohl auch, aber was hilft es ihm? Die Praxis muß folgen, oder es ist ein Falsch und Trug.

5.17. Der heuchlerische Verstand spricht: „Christus hat es getan, wir können es nicht tun.“ Ja richtig, er hat es getan, was wir nicht tun konnten. Er hat den Tod zerbrochen und das Leben wiedergebracht. Doch was hilft es mir, wenn ich nicht zu ihm eingehe? Er ist im Himmel, und ich bin in dieser Welt. Ich muß zu ihm auf seiner für uns gemachten Bahn eingehen, sonst bleibe ich draußen. Denn er spricht: „Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. Dann werdet ihr Ruhe für eure Seele finden.“ Auf seiner Bahn müssen wir zu ihm eingehen. Wir müssen Gutes für Böses tun und uns untereinander lieben, wie er uns tat und im Tod sein Leben für uns gab.

5.18. Wenn wir solches tun, dann löschen wir Gottes Zorn auch in unserem Nächsten. Wir müssen gute Beispiele geben, nicht in List und Streit, sondern in Einfältigkeit mit gutem Willen und Herzen, nicht wie eine glitzernde Hure, die da spricht „Ich bin Jungfrau!“ und in äußerlicher Zucht glänzt, aber im Herzen eine Hure ist. Es heißt ernsthaft zu sein. Lieber kein Geld noch Gut haben, auch zeitliche Ehre und Macht verlieren, als Gottes Reich. Denn wer Gott findet, der hat alles gefunden. Und wer ihn verliert, hat alles verloren, und hat sich auch selbst verloren. Oh, wie überaus schwer geht es zu, den irdischen Willen zu brechen! Komm nur zum Reigen (zum Hochzeitstanz), danach wirst du nicht mehr nach Christi Fußstapfen fragen müssen. Du wirst sie wohl sehen und das Kreuz Christi fühlen, auch Gottes Zorn, welcher sonst im alten Adam fein ruht und schläft, bis du ihn schön fett gemästet hast und er dir „dein Himmelreich“ gibt, das du hier gesucht hast, darin du ewig schwitzen mußt.

6. Kapitel - Von unserem Tod und warum wir sterben müssen

Von unserem Tod, und warum wir sterben müssen, obwohl Christus für uns gestorben ist.

Erster Aufruf (Citatio prima)

6.1. Hier komm zu Gast, du lieber gleißender Verstand! Hier haben wir euch alle geladen, ihr Wissenden und Unwissenden, alle die ihr Gott schauen wollt. Es ist ein ernstes Siegel und hartes Schloß aufzumachen. Dem denkt nach, es gilt euch allen!

6.2. Der Verstand spricht: „War denn Gott nicht allmächtig genug, dem Adam seine Sünde zu vergeben, so daß Gott erst Mensch werden mußte, leiden und sich töten lassen? Was hat Gott für einen Gefallen am Tod? Oder: Wenn er uns so erlösen wollte, warum müssen wir dann auch sterben, wenn uns Christus erlöst hat?“ Ja tanze, lieber Verstand, und rate, bis du es triffst, dann bist du Doktor und weißt nichts, bist gelehrt und auch stumm. Willst du nicht, dann mußt du wohl, es sei denn, du kommst auf diese Schule, das heißt, des Heiligen Geistes Schule. Wer ist hier, der aufschließen kann? Ist das nicht das verschlossene Buch von dem, der in der Offenbarung Jesu Christi auf dem Thron sitzt? So spricht der Gleißner: „Wir wissen es wohl!“ Dann sage ich: Ich habe es von ihnen nie gehört oder in ihren Schriften gelesen. Sie haben mir sogar dieses Suchen verboten und ein Sünden-Schloß davorgehängt, und den als Sünder gerechnet, der solches suche oder zu wissen begehre. Damit ist die schöne Frau fein zugedeckt geblieben. Ei, wie hat der Antichrist unter dieser Decke spielen können! Aber es soll offenstehen, auch gegen des Teufels und der Hölle Willen. Denn die Zeit ist geboren, der Tag der Wiederbringung bricht an, daß gefunden werde, was Adam verloren hat.

6.3. Die Schrift sagt: »Wir sind Staub und Asche. (1.Mose 18.27)« Das ist richtig, wir sind Staub und Erde. Nun fragt es sich aber, ob Gott den Menschen wirklich aus Erde gemacht habe. Das will der Verstand erhalten und beweist es durch Moses, den er doch nicht versteht, und es auch die Prüfung nicht ergibt, sondern sie ergibt vielmehr, daß der Mensch ein Urstoff (Limus) ist, das heißt, ein Auszug aus allen drei Prinzipien. Soll er ein Gleichnis nach Gottes Wesen sein, dann muß er ja aus Gottes Wesen hergekommen sein, denn was nicht aus dem Ewigen ist, das ist nicht beständig. Alles was anfängt, gehört wieder in das, aus dem es gekommen ist. Wenn wir also bloß aus der Erde gekommen sind, dann gehören wir der Erde. Was wollte uns dann anklagen, wenn wir so handeln, wie die Eigenschaft der Erde treibt und will? Wenn aber ein Gesetz in uns ist, das uns anklagt, weil wir irdisch leben, so ist dieses nicht irdisch, sondern es ist aus dem, dahin es uns weist und zieht, nämlich aus dem Ewigen, denn dahin zieht es uns auch. Und so verklagt uns unser eigenes Gewissen vor dem Ewigen, weil wir machen und tun, was dem Ewigen zuwider ist. Wenn wir uns aber diesem anheimgeben, was uns in das Ewige zieht, dann muß das andere, was uns in das Irdische zieht, zerbrechen und in das eingehen, dahin es will, nämlich in die Erde, denn dahin zieht es uns. Und der Wille, welchen wir dem Ewigen geben, der nimmt das Ewige ein.

6.4. Wenn Gott den Menschen in ein Wesen geschaffen hat, um darin ewig zu sein, nämlich in Fleisch und Blut, dann muß ja dem Willen, der sich in das Ewige hineinergibt, solches Fleisch und Blut angezogen werden, wie es war, als es Gott im Paradies ins Ewige geschaffen hatte. Daran wir ja klar erkennen, daß uns Gott nicht in solches Fleisch und Blut geschaffen hat, wie wir jetzt an uns tragen, sondern in ein solches Fleisch, wie dem Willen in der neuen Wiedergeburt angezogen wird. Sonst wäre es ja schon vor dem Fall irdisch und zerbrechlich gewesen. Was wollte mich dann mein Gewissen um das anklagen, dahinein mich Gott geschaffen hat? Oder was wollte es anderes begehren, als es in seinem eigenen Wesen wäre? So finden wir ja klar, daß noch ein anderes Wesen in unserem Fleisch ist, das sich nach dem sehnt, was es jetzt nicht ist. Soll es sich aber nach dem sehnen, was es jetzt nicht ist, dann muß es ja am Anfang seines Wesens gewesen sein, sonst wäre weder Sehnen noch Lust nach einem anderen in ihm. Denn wir wissen, daß sich ein jedes Wesen nach dem sehnt, daraus es seinen ersten Ursprung hat.

6.5. Also sehnt sich unser Wille nach einem solchen Fleisch, wie Gott erschuf, das in Gott bestehen kann, und nicht nach einem irdisch-vergänglichen in der Qual, sondern nach einem bleibenden ohne Qual. Daran wir klar verstehen, daß wir aus dem Ewigen in das Zerbrechliche ausgegangen sind, daß wir die Materie an den Urstoff (Limum) gezogen haben und Erde geworden sind, daraus uns doch Gott als eine Masse herausgezogen und seinen Geist mit dem Ewigen dahinein geführt hat. Aber Adams Imagination hat die irdische Qual-Quelle der Sterne und vier Elemente in den Urstoff gezogen, und die Sterne und Elemente haben der Erde Sucht hereingezogen. So ist die himmlische Materie des himmlischen Fleisches irdisch geworden. Denn der Geist Gottes, der vom Schöpfungswort in den Urstoff aus Gottes Herz eingeblasen wurde, hat himmlische Wesenheit und himmlisches Fleisch und Blut an sich. Der sollte Adam nach himmlisch-göttlicher Eigenschaft regieren. Weil aber der Teufel den Urstoff, als er im Himmel saß, infiziert hatte, so gab er ihm dann auch die Schalkheit und infizierte ihn mit seiner Imagination, so daß er begann, nach der verdorbenen Sucht der irdischen Qual zu imaginieren, dadurch er vom Reich dieser verdorbenen Welt gefangen wurde, welche in den Urstoff einzog als ein Herr. Jetzt war das Bild Gottes verdorben und fiel in irdische Qual.

6.6. Weil aber nun der himmlische Geist im verdorbenen irdischen Sulphur (Seelenkörper) war, konnte der himmlische Glanz und das göttliche Feuer so im Brennen nicht bestehen, denn das Licht des ewigen Feuers besteht nur in der Freiheit jenseits der Qual. So war aber das Wasser der Freiheit, das des ewigen Feuers Speise war, irdisch worden, das heißt, von Irdischkeit erfüllt, und die sanfte Liebe wurde von der irdischen bösen Sucht infiziert. Und so vermochte das ewige Feuer weder zu brennen noch Licht zu geben, sondern quoll so im verdorbenen Fleisch wie ein qualmendes Feuer, das vor Nässe nicht brennen kann. Dieses Feuer nagt uns nun und klagt uns immerfort an. Es wollte gern wieder brennen und himmlischer Wesenheit fähig sein. Doch so muß es sich von irdischer Qualität in Form irdischer Imagination ernähren, dahinein sich des Teufels Sucht mischt. Und so wird es auch böse und zieht uns immer zum Abgrund in das Zentrum der Natur, in die Angstkammer, daraus es am Anfang gekommen war.

6.7. So siehst du, oh Mensch, was du bist. Und was du weiter aus dir machst, das wirst du in Ewigkeit sein. Und du siehst, warum du zerbrechen und sterben mußt, denn das Reich dieser Welt vergeht. So bist du in deinem äußeren Wesen doch nicht des Reiches bis in seinen Äther (bzw. Weltraum) mächtig, um zu bleiben, sondern du bist darin ohnmächtig und liegst bloß in einer Konstellation darin, welche das Gestirn hatte, als du in Fleisch und Blut des irdischen Wesens im Mutterleib geronnen bist. Nach dem äußeren Leben bist du so ohnmächtig, daß du dich nicht einmal deiner (Geburts-) Konstellation erwehren kannst, und mußt in die Zerbrechung deines Leibes eingehen, wenn dich die Konstellation verläßt. Da siehst du ja, was du bist, nämlich ein irdischer Staub, eine Erde voll Gestank, und während du noch lebst, ein toter Kadaver. Denn du lebst nach dem Gestirn und den Elementen, die dich nach ihrer Eigenschaft regieren und treiben. Sie geben dir Sitten und Kunst. Und wenn ihre Zeitspanne um ist, so daß ihre Konstellation, darunter du empfangen und in diese Welt geboren wurdest, vollendet ist, dann lassen sie dich hinfallen. Dann fällt dein Leib den vier Elementen anheim, und dein Geist, der dich leitete, dem Mysterium, daraus das Gestirn geboren worden ist, und das wird zum Gericht Gottes behalten, wenn Gott alles durch das Feuer seiner Macht bewähren will. So mußt du verfaulen und eine Erde und ein Nichts werden, bis auf den Geist, der aus dem Ewigen ausgegangen ist und den Gott in den Urstoff hineinführte. Hier besinne dich, was du bist: Eine Handvoll Erde und ein Qual-Haus der Sterne und Elemente. Wirst du deine Seele und den ewigen Geist, der dir vom ewigen höchsten Guten gegeben wurde, hier in dieser Zeit nicht wieder im Licht Gottes entzündet haben, so daß er im Licht aus der göttlichen Wesenheit wiedergeboren worden ist, dann fällt sie im Mysterium wieder dem Zentrum der Natur anheim, als der ersten Mutter in die Angstkammer der ersten vier Gestaltungen der Natur. Dort muß sie ein Geist in der finsteren Angstqual bei allen Teufeln sein und das essen, was sie in dieser Zeit in sich hineingeführt hat. Dasselbe wird ihre Speise und Leben sein.

6.8. Weil aber Gott ein solches mit dem Menschen, seinem Gleichnis und Bild, nicht gewollt hat, so ist er selbst das geworden, was der arme Mensch wurde, nachdem er aus der göttlichen Wesenheit aus dem Paradies gefallen war, damit er ihm wieder helfe, daß der Mensch so in sich selbst die Pforte zur Wiedergeburt habe, daß er im Seelenfeuer wieder in Gott geboren werden könne, und daß dieses Seelenfeuer die göttliche Wesenheit wieder in sich zöge und sich mit göttlicher Liebequalität erfüllte, davon das göttliche Freudenreich wieder geboren würde und das Seelenfeuer wieder den Heiligen Geist gebäre, wie vorn erklärt wurde, der aus dem Seelenfeuer ausgeht und dem adamischen Fleisch den widergöttlichen Willen entreißt, so daß die arme Seele nicht wieder von der irdischen und teuflischen Sucht erfüllt würde.

Die Pforte des neuen Menschen

6.9. Dies ist nun so zu verstehen: Gott ist Mensch geworden und hat unsere menschliche Seele in die göttliche Wesenheit in Christus wieder hineingeführt. Und die ißt wieder von göttlicher Wesenheit, als von der Liebe und Sanftmut, und trinkt vom Wassergeist des ewigen Lebens aus der ewigen Weisheit, die der Brunnen der göttlichen Wesenheit ist. Diese Christus-Seele hat göttlich-himmlisches Fleisch und Blut mit dem Wort an sich bekommen, welches das Zentrum der Lichtwelt ist, das da nach der armen gefangenen Seele imaginierte. Dieses Wort wohnt in der göttlichen Wesenheit und in der Jungfrau der Weisheit, kam aber in Maria und nahm unser eigenes Fleisch und Blut in die göttliche Wesenheit und zerbrach die Kraft, die uns im Zorn des Todes und Grimms gefangenhielt, nämlich am Kreuz im Zentrum der Natur des Ursprungs im ewigen Willen des Vaters zur Natur, daraus unsere Seele genommen worden war. Und dieses Wort zündete in dieser Essenz, als in der Seele finsterem Feuer, das brennende Lichtfeuer wieder an und führte den anderen Willen der Seele durch das Feuer Gottes, nämlich aus dem Ursprung heraus in das brennende weiße und helle Licht. Als solches die Natur in der Seele empfand, wurde sie freudenreich, zersprengte den Tod und grünte mit Gottes Kraft in der Lichtwelt aus, und machte aus dem Feuer ein Liebebegehren, so daß in Ewigkeit kein Feuer mehr erkannt wird, sondern ein großer und starker Wille in der Liebe nach ihren Zweigen und Ästen als nach unserer Seele.

6.10. Und das ist es, daß wir sagen: Gott dürstete nach unserer Seele. Er ist unser Stamm geworden, und wir sind seine Zweige und Äste. Wie ein Stamm immer seinen Saft den Ästen gibt, damit sie leben und Frucht tragen, dem ganzen Baum zur Herrlichkeit, so wirkt auch unser Stamm für uns: Der Baum Jesus Christus in der Lichtwelt, der sich in unserer Seele offenbart hat, will unsere Seele als seine Äste haben. Er ist in Adams Seele eingegangen, der uns verdarb, und ist Adam in der Wiedergeburt geworden. Denn Adam führte unsere Seele in diese Welt in Tod und Grimmigkeit, und Christus führte unsere Seele aus dem Tod durch das Feuer Gottes und zündete sie im Feuer wieder an, damit sie wieder das scheinende Licht bekommt, weil sie sonst im finsteren Tod in der Angstqual bleiben müßte.

6.11. Nun liegt es nur an unserem Selbst-Eingehen, daß wir diesem Weg nachgehen, den er gemacht hat. Wir müssen nur unsere Imagination und gänzlichen Willen in ihn hineinführen, welcher „Glaube“ heißt, und dem alten irdischen Willen Widerstand tun, dann empfangen wir den Geist Christi aus der neuen Wiedergeburt. Der zieht himmlisches Wesen in unsere Seele, nämlich das himmlische Fleisch und Blut Christi. Und wenn die Seele das kostet, dann zersprengt sie in sich den finsteren Tod und zündet das Feuer der Ewigkeit an, daraus das scheinende Licht der Sanftmut brennt. Diese Sanftmut zieht die Seele wieder als Seelenfeuer in sich und verschlingt diese in sich, und gibt aus dem Tod das Leben und den Geist Christi. So wohnt dieser Geist, der aus dem ewigen Feuer ausgeht, in der Lichtwelt bei Gott und ist das wahre Bild der Heiligen Dreifaltigkeit. Er wohnt nicht in dieser Welt, denn der Leib begreift ihn nicht. Aber das edle Gemüt, darin die Seele ein Feuer ist, das begreift ihn, doch nicht faßlich. Wohl wohnt das edle Bildnis im Seelenfeuer des Gemüts, aber es schwebt darin wie das Licht im Feuer. Denn solange der irdische Mensch lebt, ist die Seele immer in Gefahr, denn der Teufel hat Feindschaft mit ihr. Er schießt immerfort seine Strahlen mit falscher Imagination in den Geist der Sterne und Elemente, greift damit nach dem Seelenfeuer und will dieses immerzu mit irdischer teuflischer Sucht infizieren. Da muß sich das edle Bildnis gegen das Seelenfeuer wehren, und da kostet es Kampf um das Engelskränzlein. Da kommen im alten Adam oft Angst, Zweifel und Unglaube auf, wenn der Teufel der Seele zusetzt. Ach, Kreuz Christi, wie schwer du oft bist! Wie verbirgt sich der Himmel! Aber so wird das edle Samenkorn gesät, und wenn es in Geduld aufgeht, dann bringt es viele schöne Früchte.

6.12. So wächst ein jedes Zweiglein in der Seele aus göttlicher Weisheit. Es muß alles aus der Angstkammer ausdringen und wie ein Zweig aus der Wurzel des Baumes wachsen. So wird alles in der Angst geboren. Will ein Mensch göttliche Erkenntnis haben, dann muß er gar vielmal in die Angstkammer in das Zentrum, denn ein jeder Funke des göttlichen Verstandes aus Gottes Weisheit muß aus dem Zentrum der Natur geboren werden, sonst ist er nicht bleibend noch ewig. Er muß auf dem ewigen Grund, auf der ewigen Wurzel stehen. Dann ist er ein Zweig in Gottes Reich aus Christi Baum.

6.13. So verstehen wir das Sterben, was es sei und warum Christus sterben mußte und wir alle in Christi Tod sterben müssen, wenn wir seine Herrlichkeit besitzen wollen. Der alte Adam kann das nicht tun. Er muß wieder in das, daraus er gegangen ist. Er soll durch das Feuer Gottes bewährt werden und die Wunder wiedergeben, die er verschlungen hat. Sie müssen wieder zum Menschen kommen und dem Menschen nach seinem Willen erscheinen, sofern er sie hier in Gottes Willen gemacht hat. Waren sie aber zu Gottes Unehren, dann gehören sie dem Teufel im Abgrund.

6.14. Darum sehe ein jeder zu, was er hier überall tue und mache, mit welchem Gemüt und Gewissen er rede, handle und wandle, denn es soll alles durch das Feuer bewährt werden. Und was dieses Feuers fähig sein wird (bzw. was das Feuer ergreifen kann), das wird es verschlingen und dem Abgrund in die Angst geben. Dessen wird der Mensch Schaden haben und in jener Welt entbehren, daran er doch Freude haben könnte und sollte, wenn er ein Arbeiter in Gottes Weinberg gewesen war. Aber so wird er als ein fauler Knecht befunden werden. Darum wird auch die Kraft, Macht und Klarheit in den Wundern der göttlichen Weisheit in jener Welt ungleich sein. So ist hier mancher ein König, aber in jener Welt wird ihm ein Schweinehirt in der Klarheit und Weisheit vorgezogen werden. Die Ursache ist: Seine Wunder werden dem Abgrund gegeben werden, weil sie böse waren.

6.15. Seht, ihr lieben Menschen, ich weise euch ein Gleichnis für die englische Welt: Seht den blühenden Erdboden an oder das Gestirn, wie ein Stern oder auch ein Kraut das andere an Kraft, Schönheit und Zierde seiner Gestaltung übertrifft! So ist auch die englische Welt, aber sie werden in einem geistigen Fleisch und Blut dargestellt werden, nicht in solcher Gestalt wie hier. Der geistige Leib kann durch irdische Steine gehen, so subtil ist er, sonst wäre er der Gottheit nicht fähig, denn Gott wohnt jenseits der ergreifenden Qual-Qualität in der stillen Freiheit. Sein eigenes Wesen ist Licht und Kraft der Majestät. Also müssen auch wir einen Kraftleib haben, aber wahrhaftig in Fleisch und Blut, darin ein Glanz der Tinktur ist. Denn der Geist ist so dünn, daß er vom Leib unbegreiflich ist. Aber der Leib ist in der Freiheit greifbar, sonst wäre er nichts. Denn der Leib ist viel dicker (dichter) als der Geist, so daß ihn der Geist greifen und essen kann, davon er das Geistleben im Feuer erhält und aus dem Geist das Licht der Majestät gibt, und aus dem Licht wieder die Sanftmut im Fleisch und Blut, so daß ein ewiges Wesen ist.

6.16. Wenn wir uns nun so finden und erkennen, dann sehen und erkennen wir, was Gott ist und vermag und was das Wesen aller Wesen ist, und befinden, wie wir so ganz irrig und blind geführt werden, weil man uns viel von Gottes Willen sagt und die Gottheit immer als ein fremdes Wesen vorbildet, das fern von uns sei. Als ob Gott etwas Fremdes sei und so nur einen geneigten Willen zu uns trüge, der aus Gunst Sünde vergebe, wie ein König einem Verbrecher das Leben schenkt. Aber nein, höre, es heißt nicht heucheln und ein Schalk bleiben. Es heißt, aus Gott geboren werden (oder ewig von Gott verloren sein). Denn der rechte Glaube und Wille muß es tun. Er muß ernstlich in Gott eingehen und ein Geist mit Gott werden. Er muß himmlisches Wesen erlangen, sonst hilft weder Singen, Klingen, Heucheln oder wie man es nennen will. Gott bedarf keines Dienstes. Wir sollen uns untereinander dienen und uns lieben und dem großen Gott danken, das heißt, in einem Sinn in Gott erheben, seine Wunder verkündigen, seinen Namen anrufen und ihn loben. Das ist die Freude in der Heiligen Dreifaltigkeit, darin die ewige Weisheit aus dem Lob Wunder, Kraft und Gewächs gibt. Und so wird das Reich des Teufels zerstört, und Gottes Reich kommt zu uns und sein Wille geschieht. Sonst ist alles Menschengedicht und -werk vor Gott ein unnützes Wesen, eine Heuchelei, und macht keine Versöhnung, sondern führt den Menschen nur von Gott ab.

6.17. Gottes Reich muß in uns kommen und sein Wille in uns geschehen, dann dienen wir ihm recht. Wenn wir ihn von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und allen Kräften lieben, und unseren Nächsten wie uns selbst, das ist der ganze Gottesdienst, den er von uns annimmt. Was müssen wir uns heucheln? Sind wir gerecht, dann sind wir selbst Götter im großen Gott, und was wir dann tun, das tut Gott in uns und durch uns. Wenn sein Geist in uns ist, was sorgen wir uns viel und lange um Gottes Dienst? Will er etwas tun, dann sollen wir Knechte und willig sein. Er muß der Werkmeister sein, soll ein Werk Gott gefallen. Was ohne dem ist, das ist irdisch im Geist dieser Welt gebaut. Das bauen wir dem äußeren Himmel, den Sternen und Elementen, die ihr Hervorbringen und ihre Wunder in uns haben. Wie auch der finstere Teufel, dem wir mit Werken ohne Gottes Geist dienen.

6.18. Das laßt euch gesagt sein, denn es ist hoch erkannt: Kein Werk gefällt Gott, wenn es nicht aus dem Glauben in Gott kommt. Heuchle, wie du willst, so arbeitest du nur in dieser Welt und säst in einen irdischen Acker. Willst du aber himmlische Frucht ernten, dann mußt du himmlischen Samen säen. Wird er nicht im fremden Acker Wurzel schlagen wollen, dann kommt dein Samen wieder zu dir und wächst in deinem Acker, und du wirst die Frucht selbst genießen.

7. Kapitel - Vom geistigen Sehen

Vom geistigen Sehen, wie ein Mensch in dieser Welt göttliche und himmlische Wissenschaft haben könne, so daß er von Gott wahrhaft reden kann, und wie sein Sehen ist.

Zweiter Aufruf oder Ladung des äußeren Verstandes dieser Welt in Fleisch und Blut

7.1. Der äußere Verstand spricht: „Wie kann der Mensch in dieser Welt in Gott sehen, wie in eine andere Welt, und sagen, was Gott ist? Das kann nicht sein! Es muß eine Einbildung sein, mit der sich der Mensch kitzelt und selbst betrügt.“

7.2. Antwort: So weit kommt der äußere Verstand, und mehr kann er nicht erforschen, um Ruhe zu finden. Und wenn ich noch in dieser Kunst steckte, dann würde ich ebenso sprechen. Denn wer nichts sieht, der spricht: „Es ist nichts da!“ Er erkennt nur, was er sieht, und weiß von nichts mehr, als was vor Augen steht. Ich will aber den Spötter und ganz irdischen Menschen gefragt haben, ob der Himmel blind sei, sowie die Hölle und Gott selbst? Ob in der göttlichen Welt auch ein Sehen sei? Ob der Geist Gottes auch sehe, sowohl in der Liebe-Lichtwelt als auch im Grimm in der Zornwelt im Zentrum? Sagt er: „Es sei ein Sehen darin.“ Und wenn das wahr ist, dann kann er wohl erkennen, daß er oft mit den Augen des Teufels in seiner vorgesetzten (bzw. beabsichtigten) Bosheit sehe, darin er sich ein Ding in seiner Imagination lange zuvor einbildet, um es in falscher Bosheit hervorzubringen, und er schon vorhersieht, wie er seine Falschheit hervorbringen kann und will. Und kann er dort die Bosheit vorhersehen, warum sieht er dann nicht seine Belohnung vorher? Oh nein, der Teufel sieht durch seine Augen und deckt die (künftige) Strafe zu, damit er die Bosheit hervorbringe. Triebe er den Teufel aus, dann sähe er seine große Narrheit, die ihm der Teufel gewiesen hatte. Er läßt ihn das Böse sehen und leiht ihm Augen dazu, damit er das Ferne, das noch geschehen soll, sieht. Aber er ist so verblendet und weiß nicht, daß er mit den Augen des Teufels sieht.

7.3. In gleicher Weise sieht auch der Heilige mit Gottes Augen, was Gott vorhat. Und das sieht der Geist Gottes in der neuen Wiedergeburt mit den rechten menschlichen Augen aus dem Bild Gottes. Er ist dem Weisen ein Sehen und auch ein Tun, aber nicht dem alten Adam. Dieser muß dann Knecht dafür sein und das ins Werk richten, was der neue Mensch in Gott sieht. Sagte doch Christus: »Des Menschen Sohn tut nichts anderes, als was er den Vater tun sieht, und das tut er auch.« So ist doch dieser Menschensohn unser Haus geworden, in das wir eingegangen sind. Er ist unser Leib geworden, und sein Geist ist unser Geist. Sollen wir nun in Christus an Gott blind sein? Der Geist Christi sieht durch und in uns, was er will. Und was er will, das sehen und wissen wir in ihm, aber ohne ihn wissen wir nichts von Gott. Er tut göttliche Werke und sieht, was und wann er will, nicht wenn Adam will, wenn Adam gern seine Bosheit ausschütten wollte (um sich mit Hochmut sehen zu lassen). Oh nein, da verbirgt er sich und sieht in uns nicht in das Freudenlicht Gottes, sondern in das Kreuz, in Trübsal und in Christi Leiden und Sterben, Verfolgung und Schmach sowie in große Traurigkeit, dahinein sieht er und läßt den alten Esel zappeln und Christi Kreuz tragen, denn das ist sein Amt. Aber auf dem Weg durch den Tod Christi sieht der neue Mensch in die englische Welt. Sie ist ihm sogar leichter und heller zu begreifen als die irdische Welt. Es geschieht natürlich nicht mit Einbildung, sondern mit sehenden Augen, mit den Augen, welche die englische Welt besitzen sollen, nämlich mit den Augen des Seelen-Bildnisses, mit dem Geist, der aus dem Seelenfeuer ausgeht. Dieser Geist sieht in den Himmel und schaut Gott und die Ewigkeit, und kein anderer, und der ist auch das edle Bild nach Gottes Gleichnis.

7.4. Aus solchem Sehen hat diese Feder geschrieben, nicht aus anderen Meistern oder aus dem Wähnen, ob es wahr sei. Wenn nun auch eine Kreatur ein Stück und kein Ganzes ist, so daß wir nur im Stückwerk sehen, so ist es doch gründlich. Aber die Weisheit Gottes läßt sich (trotzdem) nicht beschreiben, denn sie ist unendlich, ohne Zahl und Begriff. Wir erkennen es nur im Stückwerk. Auch wenn wir viel mehr erkennen, so kann es die irdische Zunge nicht hervorbringen und sagen. Sie redet nur Worte von dieser Welt, und den Sinn behält sie im verborgenen Menschen. Darum versteht auch immer einer anders als der andere, je nachdem ein jeder mit der Weisheit begabt ist, so begreift er es auch und so legt er es aus.

7.5. Meine Schriften wird nicht ein jeder nach meinem Sinn verstehen, ja vielleicht nicht einmal einer. Aber ein jeder empfängt nach seiner Gabe zu seiner Besserung, einer mehr als der andere, je nachdem, wie der Geist seine Eigenschaft in ihm hat. Denn der Geist Gottes ist auch den Menschengeistern öfters untertan, wenn sie wirklich wollen, und er sieht, was der Mensch will, damit sein Gutes nicht verhindert werde, sondern daß überall Gottes Wollen und Willen geschehe. Denn der Geist, der aus dem Seelenfeuer aus Gottes Sanftmut und Wesen ausgeboren wird, ist auch der Heilige Geist. Er wohnt in der göttlichen Eigenschaft und nimmt sein Sehen aus göttlicher Eigenschaft.

7.6. Was ist es nun, das an uns so fremd ist, daß wir Gott nicht sehen können? Diese Welt und der Teufel in Gottes Zorn ist es, daß wir nicht mit Gottes Augen sehen, sonst gibt es keine Behinderung.

7.7. Spricht nun einer „Ich sehe nichts Göttliches!“, der mag denken, daß ihm Fleisch und Blut mit des Teufels List eine Behinderung und Verdeckung sind: Oft, daß er in seinem Hochmut Gott zu seinen eigenen Ehren sehen will, und oft, daß er von irdischer Bosheit erfüllt und geblendet ist. Träte er in Christi Fußstapfen und ginge in ein neues Leben, gäbe sich unter das Kreuz Christi und begehrte nur den Eingang Christi durch Christi Tod und Himmelfahrt zum Vater, und wäre es wahrhaftig, er sähe den Vater und seinen Heiland Christus mit dem Heiligen Geist.

7.8. Sollte dann der Heilige Geist blind sein, wenn er im Menschen wohnt? Oder schreibe ich es mir zum Ruhm? Nein, sondern dem Leser zur Richtschnur, damit er von seinem Irrtum abstehe und vom Weg der Lästerung weg in ein heiliges göttliches Wesen gehe, so daß er auch selbst mit göttlichen Augen die Wunder Gottes sehe, damit Gottes Wille geschehe, zu welchem Ende (bzw. Ziel) diese Feder so viel geschrieben hat, und nicht um eigener Ehre und Wollust dieses Lebens willen, wie uns der Treiber immer tadelt, und bleibt doch nur ein Treiber im Zorn Gottes, dem wir das Himmelreich gern gönnten, könnte er vom Teufel und der irdischen Sucht nach überheblichem Stolz frei werden, der ihn blind macht.

7.9. Deshalb, ihr lieben Kinder Gottes, die ihr mit vielen Tränen sucht, laßt es euch nur Ernst sein! Unser Sehen und Wissen ist in Gott. Er offenbart einem jeden in dieser Welt, so viel Er will und wie Er weiß, daß es demjenigen nützlich und gut ist. Denn wer aus Gott sieht, der hat Gottes Werk zu treiben. Er soll und muß es treiben, lehren, reden und tun, was er sieht, sonst wird ihm das (göttlichen bzw. ganzheitliche) Sehen genommen. Denn diese Welt ist Gottes Sehen nicht wert, aber um der Wunder und Offenbarung Gottes willen wird manchem das Sehen gegeben, damit der Name Gottes der Welt offenbar werde, welches auch ein Zeugnis über alle gottlosen Wesen sein wird, welche die Wahrheit in Lügen verkehren und den Heiligen Geist verachten. Denn wir gehören nicht uns selber, sondern dem wir dienen in seinem Licht. Wir wissen nichts von Gott, sondern er selbst, Gott, ist unser Wissen und Sehen. Wir sind ein Nichts, damit er Alles in uns sei. Wir sollen blind, taub und stumm sein und kein Leben in uns wissen, damit er unser Leben und unsere Seele ist und unser Werk sein sei. Wenn wir etwas Gutes getan haben, dann soll unsere Zunge nicht sagen: „Das habe ich getan!“ Sondern: „Das hat der Herr in uns getan, sein Name sei hochgelobt.“ Aber was tut diese böse Welt jetzt? Wenn einer sagt „Das hat Gott in mir getan.“, und das auch gut ist, dann spricht die Welt: „Du Narr, du hast es getan, Gott ist nicht in dir, du lügst!“ So muß der Geist Gottes ihr Narr und Lügner sein. Was ist es denn, oder wer redet aus dem Lästermund? Der Teufel, der ein Feind Gottes ist, daß er Gottes Werk zudecke, damit Gottes Geist nicht erkannt werde und er Fürst dieser Welt bis ins Gericht bleibe.

7.10. Wenn ihr also seht, daß die Welt gegen euch kämpft und euch um Gottes Erkenntnis und Namens willen verfolgt, verschmäht oder verlästert, dann denkt, daß ihr den schwarzen Teufel vor euch habt. So segnet ihr, daß Gottes Reich zu uns komme und des Teufels Stachel zerbreche, damit der Mensch durch euren Segen und Gebet vom Teufel erlöst werde. So arbeitet ihr recht in Gottes Weinberg, behindert das Reich des Teufels und gebiert Früchte auf Gottes Tisch, denn in Liebe und Sanftmut werden wir aus dem Zorn Gottes wieder neugeboren. In Liebe und Sanftmut müssen wir in den Dornen des Teufels baden und in dieser Welt gegen ihn kämpfen, denn die Liebe ist sein Gift. Sie ist ihm ein Feuer des Schreckens, darin er nicht bleiben kann. Wüßte er ein Fünklein Liebe in sich, er würde sie wegwerfen oder sogar daran zerbrechen, damit er sie loswürde. Darum ist die Liebe und Sanftmut unser Schwert. Damit können wir um das edle Kränzlein unter Christi Dornenkrone mit dem Teufel und der Welt kämpfen, denn die Liebe ist das Feuer des anderen (zweiten) Prinzips. Sie ist Gottes Feuer, und dem ist der Teufel und die Welt feindlich. Die Liebe hat Gottes Augen und sieht in Gott, und der Zorn hat des Grimms Auge im Zorn Gottes, und der sieht in die Hölle, in die Qual und in den Tod.

7.11. Die Welt vermeint gemeinhin, man müsse Gott mit den irdischen und Sternen-Augen sehen. Sie weiß nicht, daß Gott nicht im Äußeren wohnt, sondern im Innern. Und wenn sie dann nichts Wunderliches an Gottes Kindern sieht, spricht sie: „Oh, er ist ein Narr, er ist närrisch geboren, er ist melancholisch!“ So viel weiß sie. Oh, höre Meister Hans, ich weiß wohl was Melancholie ist, und weiß auch wohl, was von Gott ist, denn ich kenne sie beide und auch dich in deiner Blindheit. Aber solches Wissen braucht keine Melancholie, sondern ein ritterliches Ringen. Denn keinem wird es ohne Ringen gegeben, auch wenn er für das Ziel von Gott auserkoren ist, er ringe denn um das Kränzlein. Es wird wohl mancher im Mutterleib dazu auserkoren, wie Johannes der Täufer und andere mehr, und im Bund Gottes der Verheißung ergriffen, welcher allezeit ein Ziel einer Lebenspanne ist, der in der Zeit des großen Jahres geboren und von Gott auserkoren wird, um die Wunder zu eröffnen, die Gott vorhat. Aber nicht alle aus dem Ziel, sondern viele von ihnen aus eifrigem Suchen, denn Christus sprach: »Suchet, dann werdet ihr finden. Klopfet an, dann wird euch aufgetan. (Matth. 7.7)« Oder: »Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. (Joh. 6.37)« Oder: »Vater, ich will, daß die, die du mir gegeben hast, bei mir seien, wo ich bin. (Joh. 17.24)« Das heißt, mit dem neuen Menschen aus Christus in Gott geboren, seinem Vater. Oder: »Vater, ich will, daß sie meine Herrlichkeit sehen, die ich vor der Grundlegung der Welt hatte.« Allhier liegt das Sehen aus Christi Geist, aus Gottes Reich in der Kraft des Wortes und Wesens der Gottheit, mit Gottes Augen und nicht mit den Augen dieser Welt und des äußerlichen Fleisches.

7.12. Also wisse, du blinde Welt, womit wir sehen, wenn wir von Gott reden und schreiben, und laß dein falsches Richten bleiben. Siehe du mit deinen Augen, und laß Gottes Kinder mit ihren Augen sehen. Siehe du aus deinen Gaben, und laß andere aus ihren Gaben sehen. Ein jeder, wie er berufen wird, so sehe und so wandle er. Denn wir treiben nicht alle einerlei Wandel, sondern jeder nach seiner Gabe und Berufung zu Gottes Ehre und Wunder. Der Geist Gottes läßt sich nicht so binden wie der äußere Verstand mit seinen Gesetzen und Beschlüssen meint, darin man allemal eine Kette des Antichrists mit schließt, so daß die Menschen über Gottes Geist richten und ihren Dünkel und Beschluß für Gottes Bund halten wollen, als wäre Gott nicht in dieser Welt daheim, oder als wären sie Götter auf Erden, und bestätigen es noch mit Eiden, was sie glauben wollen. Ist das nicht ein Narrenwerk, den Heiligen Geist in seinen Wundergaben an einen Eid zu binden? Er soll glauben, was sie wollen, und sie kennen ihn doch nicht, und sind auch nicht aus ihm geboren, aber machen ihm Gesetze, was er tun soll.

7.13. Ich sage, daß alle solche Bünde der Antichrist und Unglaube sind, es glänze, wie es wolle. Denn Gottes Geist ist ungebunden. Er geht nicht im Bund, sondern erscheint frei dem suchenden und demütigen Gemüt nach seiner Gabe, wie er naturalisiert ist. Er ist ihm wohl auch untertan, wenn er ihn nur mit Ernst begehrt. Was soll denn der Bund in menschlicher Klugheit von dieser Welt, wenn es Gottes Ehre betrifft? Sind doch alle Bünde aus eigenem Stolz geboren. Freundliche Unterredung ist wohl gut und nötig, daß einer dem anderen seine Gabe dartue, aber die Bünde sind eine falsche Kette wider Gott. Gott hat nur einmal einen Bund mit uns in Christus gemacht, und das ist in Ewigkeit genug. Er macht keinen mehr. Er hat das menschliche Geschlecht einmal in den Bund genommen und ein festes Testament mit Tod und Blut gemacht. Es ist genug an dem. Wir lassen uns zu Recht an dem genügen und hängen diesem Bund an. Wir dürfen nicht so kühn um Christi Kelch tanzen, wie jetzt geschieht, oder er wird weggenommen werden, wie es den Türken geschah.

7.14. Es steht ein sehr großer Ernst bevor, wie von der Welt her nie geschehen wurde. Laßt es euch wohl gesagt sein, denn es ist erkannt worden. Der Antichrist soll bloßstehen. Seht aber zu, daß ihr dabei nicht noch schlimmer werdet. Denn die Axt ist an den Baum gesetzt, und der böse Baum soll abgehauen und ins Feuer geworfen werden. Die Zeit ist nah! Es verstecke sich niemand in Fleischeslust, denn das tut es nicht, daß einer nur wisse, wie er neugeboren werden könne, aber in der alten Haut bleibt, in der Wollust des alten Menschen, in Geiz, Hochmut und Ungerechtigkeit, in Unzucht und ärgerlichem Leben: Der ist lebendig tot und steckt im Rachen des göttlichen Zorns. Ihn wird seine Wissenschaft anklagen und zum Gericht verurteilen. Wenn er das Wort der Erkenntnis empfängt und annimmt, das ihm Gott zu erkennen gibt, daß er der wahre Weg zum Leben sei, dann muß er alsbald ein Täter des Wortes werden und aus der Bosheit herausgehen. Oder er hat ein schweres Urteil über sich. Was ist er Besseres als der Teufel? Der kennt auch Gottes Willen, aber tut seinen bösen Willen. Es ist einer wie der andere, und keiner ist gut, solange bis er des Wortes Täter wird. Dann wandelt er auf Gottes Weg und ist im Weinberg in Gottes Arbeit.

7.15. Die glänzende Babel lehrt jetzt: „Unsere Werke verdienen nichts. Christus habe uns vom Tod und der Hölle erlöst, und wir müssen es nur glauben, dann werden wir gerecht.“ Höre, Babel, der Knecht, der seines Herrn Willen kennt und diesen nicht tut, soll viele Schläge erleiden. Es wissen, ohne es zu tun, ist eben wie ein Feuer, das da glimmt und vor Nässe nicht brennen kann. Willst du, daß dein göttliches Glaubensfeuer brennen soll, dann mußt du dieses anfachen und aus des Teufels und der Welt Nässe herausziehen. Du mußt in das Leben Christi eingehen. Willst du sein Kind werden, dann mußt du in sein Haus eingehen und sein Werk treiben, oder du bist draußen und ein Heuchler, der den Namen Gottes unnütz führt. Du lehrst anders als du handelst, und bezeugst damit, daß Gottes Urteil über dich gerecht sei. Oder was hat Gott für Gefallen an deinem Wissen, darin du ein Schalk bleibst? Meinst du, er nehme deine Heuchelei an, wenn du zu ihm rufst: „Herr, gib mir einen starken Glauben an das Verdienst deines Sohnes Christi, so daß ich es von ganzem Herzen glaube, daß er für meine Sünde genug getan hat!“ Meinst du, das sei genug? Oh höre, nein! Du mußt in Christi Leiden und Sterben eingehen und aus seinem Tod anders geboren werden. Du mußt ein Glied mit und in ihm werden. Du mußt den alten Adam stets kreuzigen und immer an Christi Kreuz hängen, und mußt ein gehorsames Kind werden, das immer hört, was der Vater sagt, und dieses immer gern tun wollen. In das Tun mußt du eingehen, sonst bist du eine Larve ohne Leben. Du mußt mit Gott gute Werke der Liebe für deinen Nächsten wirken, deinen Glauben stets üben und immer bereit zur Stimme des Herrn sein, wenn er dich auffordert, aus dem alten Pelz heimzugehen in das reine Kleid. Siehe, wenn du auch auf diesen Weg trittst, dann wirst du noch Schwachheit genug und viel zu viel an dir fühlen. Du wirst immer noch zu viel Böses wirken, denn wir haben einen bösen Gast in uns zur Herberge. Es gilt nicht nur trösten, sondern gegen diesen zu kämpfen, zu streiten und ihn stets zu töten und zu überwinden. Er ist ohnedies zu stark und will das Oberregiment haben. Christus hat wohl für uns und in uns den Tod zerbrochen und die Bahn in Gott gemacht. Doch was hilft es mir, daß ich mich dessen tröste und solches zu wissen lerne, aber im finsteren Zorn verschlossen liegenbleibe, an der Kette des Teufels gefangen? Ich muß in diese Bahn eingehen und auf dieser Straße wandeln wie ein Pilger, der aus dem Tod in das Leben wandelt.

8. Kapitel - Die Pilgerstraße aus dem Tod ins Leben

8.1. Ihr lieben Kinder, laßt uns doch herzlich miteinander vom Grund reden: Unser rechtes (wahres) Leben, mit dem wir Gott schauen sollen, ist (gegenwärtig) wie ein gedämpftes Feuer, und in manchem auch wohl wie ein Feuer im Stein verschlossen. Wir müssen es mit wirklich ernster Hinwendung zu Gott entfachen. Seht doch Gottes Vorsatz an! Er hat uns in Christus aus dem Wasser des ewigen Lebens wiedergeboren und hat uns dieses im Bund der Taufe zu einem Schlüssel als Erbe gelassen, daß wir damit aufschließen und unser Seelenfeuer besprengen, damit es des göttlichen Feuers fähig wird. Und er hat uns seinen Leib zur Speise gegeben und sein Blut zum Trank, damit wir uns dessen annehmen sollen, in seinen Bund treten und damit unsere Seele speisen, daß sie erquickt (bzw. belebt) werde und vom Tod aufwache, damit sie das göttliche Feuer anzünde. Ihr lieben Kinder, es muß brennen und darf nicht im Stein verschlossen liegenbleiben, oder wie ein Zunder, der da gern glimmen wollte, aber kann es vor Nässe des Teufels nicht. Denn der historische Glaube ist wie ein Zunder, der von einem Fünklein glimmt und angezündet werden muß. Wir müssen ihm Materie geben, darin sich das Fünklein anzündet. Dazu muß die Seele aus dem Verstand dieser Welt in das Leben Christi ausdringen, in Christi Fleisch und Blut, dann empfängt sie die Materie zum Anzünden. Es muß Ernst sein, denn die Historie erreicht Christi Fleisch und Blut nicht. Es muß der Tod zersprengt werden, obwohl ihn Christus schon zersprengt hat. Aber nun muß die ernste Begierde folgen, das gern tun zu wollen und immer dahin zu arbeiten wie ein Pilger oder Bote, der einen gefährlichen weiten Weg gehen will. Der läuft immer nach dem Ziel und ist unverdrossen, auch wenn ihm Leid geschieht. Trotzdem hofft er auf das Ziel und kommt immer näher, darin er seines Lohns und seiner Erquickung in der Hoffnung gewärtig ist und sich freut, daß sein saures Wandern ein Ende nehmen wird.

8.2. So muß sich ein Mensch, der da zu Gott wandern will, auf die Pilgerstraße begeben. Er muß immer mehr aus dem irdischen Verstand auswandern, aus dem Willen des Fleisches, des Teufels und der Welt. Oft geschieht ihm Leid, wenn er das verlassen soll, das er wohl haben und damit in zeitlichen Ehren schweben könnte. Will er aber auf der rechten (richtigen) engen Straße wandern, dann muß er nur den Rock der Gerechtigkeit anziehen und den Rock des Geizes und gleißenden Lebens ausziehen. Er muß mit den Hungrigen sein Brot teilen und sein Kleid zur Decke geben, kein Bedränger des Armen sein, um nur seinen eigenen Sack füllen zu wollen, oder den Armen und Einfältigen ihren Schweiß abringen und ihnen Gesetze geben, nur zu seiner stolzen Überheblichkeit und Wollust. Der ist kein Christ, der solches tut, sondern er wandert auf der Straße dieser Welt, wie ihn das Gestirn und die Elemente mit des Teufels Infizieren und Lust treiben. Und wenn er auch den Glauben von Gottes Barmherzigkeit und der Genugtuung Christi kennt, so wird es ihm doch nicht helfen. »Denn nicht alle, die da sagen „Herr, Herr!“ werden in das Himmelreich eingehen, sondern die den Willen meines Vaters im Himmel tun.« Und der Wille ist: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Was du willst, das man dir tue, das tue auch du.

8.3. Sprich nicht in deinem Herzen: „Ich sitze mit Recht in diesem Amt und der Herrschaft. Ich habe es erkauft oder ererbt, und was mir meine Untertanen tun, das sind sie mir schuldig.“ Siehe und forsche, wo dieses Recht herkommt, ob es von Gott so geordnet ist oder ob es aus Trug, eigener Überheblichkeit oder Geiz entsteht? Findest du, daß es Gottes Ordnung ist, dann schaue und wandle darin nach dem Befehl der Liebe und Gerechtigkeit. Denke, daß du darin ein Diener und kein Herr über Christi Kinder bist, und nicht nur darin sitzt, um ihren Schweiß an dich zu ziehen, sondern daß du ihr Richter und Hirte bist und von deinem Amt Rechenschaft geben sollst. Dir sind fünf Pfund gegeben, und die sollst du deinem Herrn mit Gewinn überantworten. Du sollst deine Untergebenen auf den rechten Weg führen und ihm gute Beispiele in Lehre und Strafe für den Boshaften geben. Denn es wird von dir selbst gefordert werden, wenn du den Gottlosen nicht bestrafst und den Bedrängten nicht beschützt. Du bist nicht nur darum ein Regent, daß du ihr Herr seist. Nicht du, sondern Gott ist ihr Herr. Du sollst ihr Richter sein und sie bescheiden. Aber nicht um des Geizes willen bist du ihr Richter, sondern um ihr Gewissen willen, und daß du den Einfältigen lehrst, führst und weist, nicht nur mit Drangsal seines Schweißes, sondern mit Sanftmütigkeit. So lastet ein Schweres auf dir, denn du mußt dafür ernste Rechenschaft geben. Wenn der Arme in seiner Drangsal über dich seufzt, dann klagt er dich vor seinem und deinem Herrn an. Darin sollst und mußt du mit ihm vor Gericht stehen, denn das Urteil geht über die Seele. Da hilft dir keine Heuchelei.

8.4. Alles, was mit Tränen im rechten Ernst gesät wird, das wird zur Substanz und gehört vor Gottes Gericht, es sei denn, daß der Mensch umkehrt und sich durch Wohltat mit dem Bedrängten versöhnt, so daß er ihn segne, dann zerbricht die Substanz. Darum habt ihr Oberen ein Schweres zu tragen. Ihr solltet wohl auf euren Stand sehen, wo er entsteht. Diese Wurzel wird bald gesucht werden, und ein jeder soll von seinem Stand Rechenschaft geben. Seht also zu, daß ihr damit nicht im höllischen Feuer reitet, wie es der grimmige Teufel selber tut, und ihr als dessen Diener befunden werdet, wie uns der Geist der Wunder zeigt, daß ihr die Erfüllung des ewigen Zorns und Grimms geworden seid. Sprich nicht in deinem Herzen: „So haben meine Eltern und Vorfahren auch gelebt, und ich habe es ererbt.“ Du weißt nicht, in welche Herberge sie eingegangen sind. Willst du ein Christ und Kind Gottes sein, dann darfst du nicht auf den Weg der Vorgänger sehen, wie sie in Wollust geritten sind, sondern auf Gottes Wort. Das muß die Leuchte für deine Füße sein. Denn viele, die so übel gefahren sind, sind in den Abgrund gefahren. Denen wirst auch du nachfahren, wenn du in ihren Fußstapfen wandelst. Laß dir nur nicht vom Teufel den glänzenden Weg vormalen. Seine Farbe glänzt von außen, aber in der Essenz ist Gift.

8.5. Ach, wie haben wir doch einen so überaus gefährlichen Weg durch diese Welt zu wandern, und es wäre zu wünschen, daß im Gottlosen kein Ewiges wäre, denn dann müßte er keine ewige Qual erleiden und im ewigen Spott sein. Doch wie sie hier in diesem Leben Feinde der Kinder Gottes sind, so bleiben sie auch ewige Feinde Gottes und seiner Kinder. Darum müssen die Kinder Gottes das Kreuz auf sich nehmen und hier im Distel- und Dornenbad schwitzen und in der Angst neu geboren werden. Sie müssen einen schmalen Steg wandern, auf dem der Verstand immerzu spricht: „Du bist ein Narr! Du könntest in Freuden leben und trotzdem selig werden.“ Oh, wie oft schlägt der äußere Verstand das edle Bild, das aus dem Dornenbad und der Trübsal herauswächst! Und wie wird mancher vom Perlenbaum durch Zweifel und Unglauben abgerissen, die den Menschen auf falsche Wege führen! Der Arme seufzt nach zeitlicher Nahrung und flucht dem Unterdücker, der ihm seinen Schweiß abringt, und denkt, er tue recht daran. Aber er verdirbt sich nur selbst damit, und handelt ebenso gottlos wie sein Treiber. Nähme er Geduld in sich und bedächte, daß er auf einer Pilgerstraße wandelt, und setzte seine Hoffnung in sein Ziel und dächte, daß er so in Kreuz, Armut und Drangsal in Christi Weinberg arbeitet, oh wie selig lebte er. Er hätte damit doch Ursache, ein anderes und besseres Leben zu suchen, weil er hier in Angst und Elend schweben muß. Wenn er es nur recht verstünde, wie es Gott so gut mit ihm meinte, daß er ihn damit so locke und ersuche, daß er nicht in das irdische Leben bauen soll! Wenn er sieht, daß es nur ein Jammertal voller Drangsal ist und er hier nur im harten Zwang im Elend voller Mühe seine Tage verzehren muß, dann soll er doch bedenken, daß es Gott nicht vergebens so gehenlasse, sondern daß er ihm damit Ursache gebe, die wahre Ruhe zu suchen, welche nicht in dieser Welt ist. Dazu muß er auch jede Stunde den Tod erwarten und dann sein Werk anderen überlassen. Was ist denn der Grund, warum der Mensch seine Hoffnung auf diese Welt baut, darin er doch nur ein Gast und Pilger ist, der durch die Straßen seiner Konstellation wandeln muß? Nähme er die innere Konstellation an, oh wie selig arbeitete er in Gottes Werk und ließe das äußere gehen, wie es kommt.

8.6. Ein Mensch in dieser Welt, der da gedenkt, Gottes Reich zu besitzen, hat keinen besseren Weg und es kann ihm nicht besser geraten werden, als daß er stets gedenke und sich vornehme, daß er mit all seinem Tun und Wesen im Weinberg Gottes ist und daß er es Gott tue. Sein Gemüt soll in steter Hoffnung zu Gott gerichtet sein, daß er seinen Lohn für seine Arbeit von Gott erlangen werde und daß er in Gottes Wundertat arbeite. Darum soll er in seiner Arbeit, die er tut, fleißig sein, auch wenn er seinem Treiber mit Mühe oft ohne Lohn dienen muß, dann denke er nur, er arbeite allein für Gott und sei geduldig mit der Hoffnung, Gott werde ihm seinen Lohn zu seiner Zeit wohl geben. Denn nicht am Tag zahlt der Herr des Weinberges seine Arbeiter aus, sondern am Abend, wenn das Tagewerk getan ist. Wenn wir aus diesem Tal der Hütten zu unserem Herrn heimgehen, dann empfängt ein jeder seinen Lohn. Wer dann in langer Zeit viel gearbeitet hat, der hat auch viel Lohn zu erwarten. Wer aber nur ein schwacher Grunzer, Faulenzer oder bösartiger Arbeiter in Ungeduld gewesen war, der hat wenig verdient und wird wohl noch Strafe von seinem Herrn zu erwarten haben. Denn er hat andere Arbeiter nur verführt und ist ein unnützer Arbeiter gewesen, und hat nur falsche Werke getan, um seinen Herrn um seinen Lohn zu betrügen. Der empfängt zu Recht Strafe als Lohn.

Der dritte Aufruf: Die Pforte im Zentrum der Natur

8.7. Der Verstand spricht: „Warum läßt es Gott so gehen, daß hier nur Mühseligkeit ist, dazu nur Zwang und Drang, daß einer den anderen plagt und drängt? Und wenn mancher auch viel hat und nicht darbt, so hat er doch keine Ruhe. Er trachtet nur nach Treiben und Unruhe, und sein Herz ist niemals still.“

8.8. Siehe, du verschlossene Erkenntnis: Der Welt Grund ist so, und der Ursprung des Lebens ist auch so. Es kann in dieser Welt nicht anders sein, es sei denn, daß ein Mensch neugeboren werde. Der ist im neuen Menschen anders, und doch hängt ihm dieser Trieb im alten Menschen immer an. Das ist der Streit des Geistes gegen das Fleisch, weil das Fleisch gegen den Geist gelüstet, und der Geist gegen das Fleisch. Da fragt der Verstand: „Wo entsteht das denn so?

8.9. Antwort: Siehe, im Zentrum der Natur ist ein solches Wesen. Besinne dich nur! Der ewige Wille, der Gott heißt, der ist frei, denn er hat in sich nichts als das Licht der Majestät und wohnt im ewigen Nichts. Darum kann ihn auch nichts berühren. Aber sein Begehren, welches das Zentrum der Natur macht, nur das hat eine solche Eigenschaft, denn da ist die Herbigkeit als die erste Gestaltung der Natur. Die zieht immer an sich und nimmt, wo nichts ist. Wo sie nichts gemacht hat, da nimmt sie und rafft es zusammen, und kann es doch nicht essen, und es ist ihr auch nichts nütze. Sie macht sich so nur selber Angst, Marter und Unruhe damit, wie auch der Geiz im Menschen. Die zweite Gestaltung ist sein Ziehen oder Stachel. Das ist sein Knecht, der da zusammenrafft, was das Begehren will. Er ist der Arbeiter, und das bedeutet den unteren Menschen, der bösartig, zornig und wütend ist und in der Herbigkeit sticht und tobt. Das mag die Herbigkeit vom Knecht nicht leiden, und zieht ihn noch heftiger. Doch so wird der Knecht nur böser und toller und stürmt dem Herrn das Haus. Dann will der Herr den Knecht binden und halten, aber der Knecht reißt immer mehr mit Bosheit. Und weil ihn sein Herr als die Herbigkeit nicht bewältigen kann, geraten sie miteinander in eine große Angst, Feindschaft und Widerwärtigkeit, beginnen ein drehendes Rad zu bilden, sich zu würgen, zu morden und zu töten. Und das ist die dritte Gestaltung der Natur, davon Krieg, Streit, Zerstörung von Land und Städten, Neid und ängstliche Bosheit entstehen, weil einer den anderen tot haben, alles auffressen und in sich ziehen will. Er will es allein haben, doch ist es ihm allein nichts nütze, sondern schädlich. Er wirkt wie der Grimm der Natur wirkt. Der frißt sich auch so in sich selber, verzehrt und zerbricht sich, und gebiert sich doch auch so. Davon kommt alles Böse und auch der Teufel mit allem bösen Wesen, und so hat es seinen Ursprung.

8.10. Wie die Natur im Zentrum wirkt, das heißt, ohne diesem Licht (der freien Majestät), so wirkt auch der Teufel, der das Licht nicht hat, und auch der bösartige Mensch und das Tier, Kraut, Gras und alles, was feindlich (bzw. gegensätzlich) ist, denn es ist das Gift-Rad, davon das Leben entsteht. Das dreht sich so in großer Angst im Stechen, Wüten und Zerbrechen, bis es sich einen anderen Willen schöpft, um aus der Angst auszugehen, und sich in den Tod versenkt und sich frei in die Freiheit hingibt. Dann zerbricht das Stechen und Zerbrechen im Tod und fällt in die Freiheit des ersten Willens, welcher die Angst des Todes mit der stillen Freiheit anzündet, davon die Angst erschrickt, den Tod zerbricht und aus der Angst als ein Leben der Freude auffährt.

8.11. So geht es auch mit dem Menschen zu: Wenn er in der Angst der Feindschaft ist, so daß der Stachel des Todes und Zorns in ihm wütet, daß er also ängstlich, geizig, neidig, zornig und feindlich ist, dann soll er nicht in diesem bösen Wesen bleiben, sonst ist er in den Gestaltungen des Todes, Zorns, Grimms und höllischen Feuers. Wenn nicht der Wasserquell mit Fleisch und Blut in ihm wäre, dann wäre er schon ein angezündeter Teufel und nichts anderes. Sondern er muß sich besinnen und in seiner bösen Angst einen anderen Willen schöpfen, um aus der geizigen Bosheit in die Freiheit Gottes zu gehen, darin immer Ruhe, Frieden und Genügen ist. Er muß in den Tod und die Geduld entsinken, sich willig in das Angst-Rad hineinergeben und einen Durst nach der Erquickung Gottes schöpfen, welche die Freiheit ist. So entsinkt er durch den Angst-Tod und fällt in die Freiheit. Wenn dann seine Angst die Freiheit kostet, daß sie eine solche stille und sanfte Qualität ist, dann erschrickt die Angstqual, und im Schrecken zerbricht der feindliche herbe Tod. Denn es ist ein Schreck großer Freude und eine Anzündung des göttlichen Lebens. Und so wird der Perlenzweig geboren, der nun in zitternder Freude steht, aber auch in großer Gefahr, denn der Tod und die Angstqual ist seine Wurzel, und er ist damit umgeben wie ein schöner grüner Zweig, der aus einem stinkenden Mist herauswächst, aus einer stinkenden Quelle, und eine andere Essenz, Geruch, Wesen und Qualität bekommt als seine Mutter hat, aus welcher er geboren wurde. Wie dann auch die Qual-Quelle in der Natur solche Eigenschaft hat, daß aus dem Bösen als aus der Angst das große Leben geboren wird.

8.12. Und wie wir weiter erkennen, daß sich die Natur im Schreck in zwei Reiche scheidet (bzw. „entscheidet“): Erstens in das Freudenreich, und zweitens in ein Absinken des Todes in eine Finsternis. So auch der Mensch, wenn der Lilienzweig zum Freudenreich geboren wird, dann scheidet sich seine Natur in zwei Willen. Der erste geht in der Lilie auf und wächst in Gottes Reich, der andere sinkt in den finsteren Tod und sehnt sich nach der Erde, nach seiner Mutter. Der streitet immer gegen die Lilie, und die Lilie flieht vor der Rauhigkeit, wie ein Zweig aus der Erde wächst und die Essenz vor der Erde flieht und von der Sonne aufgezogen wird, bis es ein Halm oder Baum wird. So zieht Gottes Sonne des Menschen Lilie als den neuen Menschen immer in seiner Kraft von der bösen Essenz heraus, und zieht schließlich einen Baum in Gottes Reich daraus. Dann läßt er den alten bösen Baum wie eine Schale, darunter der neue wuchs, in die Erde hinfallen, in seine Mutter, danach er sich sehnt, und aus der Erde wieder in das Zentrum der Natur am Ende des Scheidetags, wenn alles wieder in seinen Äther (bzw. Raum) gehen muß. Dann geht auch die Lilie in ihren Äther ein, nämlich in den freien Willen, in das Licht der Majestät.

8.13. So versteht es weiter: Wenn sich also im Schreck der Natur zwei Reich scheiden, dann ist der Schreck sich selbst ein Blitz und eine Ursache des Feuers als des Lebens Anzündung. So scheidet sich die Urmaterie als die erste Materie, welche die Herbigkeit mit ihrem Einziehen macht, darin die Feindschaft entstand, in zwei Teile, nämlich einer unter sich in den Tod, was das essentielle Leben mit der Wesenheit dieser Welt ist, wie da Erde und Steine wurden. Und der andere Teil scheidet sich aus dem Schreck des Feuers in das Licht der Freiheit, denn der Feuerschreck zündet die Freiheit an, so daß sie auch begehrend wird. Die zieht nun in ihrem Begehren das Freudenreich in sich, nämlich das sanfte Wohltun, und macht es auch zu Materie. Das ist nun die himmlisch-göttliche Wesenheit, die das Feuer wieder in sich zieht und in seinem Schreck verschlingt, der des Feuers Qual ist. Damit verzehrt die Qual die sanfte Wesenheit und führt sich in das hohe Freudenreich, so daß aus Angst Liebe wird, und aus dem Feuer ein Liebe-Brennen, und gibt aus diesem Brennen den freudenreichen Geist des ewigen Lebens, der „Gottes Geist“ heißt, welcher im ersten Willen entsteht, der „Vater“ heißt. Denn er ist das Begehren der Natur und ist im Feuer ein Feuerquell und in der Angst des Todes ein Stachel des Todes, des Grimms und der Feindschaft im Wesen der Natur als im Zentrum. Und im Licht ist er das göttliche Freudenreich, das da in der göttlichen Wesenheit als in der Weisheit (das sind die Farben der Tugend) die edle Tinktur eröffnet, welche der Glanz der himmlischen Wesenheit ist. Und er verursacht in der Wesenheit das (heilig-göttliche) Element der englischen Welt, daraus diese Welt eine Ausgeburt ist, aber im Zorn vom Teufel entzündet, der eine Ursache wurde, daß sich der Grimm der Natur entzündet hat, davon in der Wesenheit Erde und Steine geworden sind, wie vor Augen steht, welches der mächtigste Quell im Schöpfungswort in ein (drittes) Prinzip geschieden hat, wie im Buch „Vom dreifachen Leben“ ausgeführt wurde.

8.14. So versteht den Feuerblitz als die vierte Gestaltung der Natur und die Liebegeburt des Freudenreichs als die fünfte Gestaltung. Das Einschlingen der Wesenheit aus der Sanftmut in den Feuerquell, darin das Feuer auch das Freudenreich erreicht, als den Schall oder die Offenbarung der Farben, Wunder und Tugenden, davon die fünf Sinne als das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen entstehen, versteht als die sechste Gestaltung der Natur. Und die Wesenheit des Lichtes, darin das göttliche Element begriffen ist, aus welchem das Grünen oder Paradies entsteht, versteht als die siebente Gestaltung, nämlich wieder als die Mutter aller Gestaltungen, die allen Gestaltungen Wesen, Kraft und Sanftmut gibt, so daß ein ewiges Leben und eine Wonne des Lebens ist. Denn die siebente Gestaltung hält in sich selbst die englische Welt sowie das Paradies oder wahre Himmelreich, darin das Wesen der Gottheit offenbar ist, und alles, was die Lichtwelt beschließt, wie wir solches an anderen Stellen ausgeführt haben.

(Diese sieben Gestaltungen der Natur könnte man sich in folgendem Rad vorstellen:)

Die sieben Gestaltungen der Natur

9. Kapitel - Weiter zum dritten Aufruf

Weitere und mehrere Umstände dieses dritten Aufrufs (Citation), hoch zu beachten.

9.1. Oh ihr Menschenkinder, seid hier sehend und nicht blind! Erkennt es doch, was euch geoffenbart ist. Es geschieht nicht vergebens, denn es ist etwas dahinter. Schlaft nicht, es ist Zeit! Seht doch, was das Wesen aller Wesen ist. Diese Welt ist aus dem Ewigen ausgeboren. Das Zentrum der Natur ist seit Ewigkeit gewesen, aber es war nicht offenbar. Mit dieser Welt und mit des Teufels Grimm ist es ins Wesen gekommen. Versteht es doch nur, was der Teufel ist! Er ist ein Geist seiner Legionen aus dem Zentrum der Natur. Als er in göttliche Wesenheit geschaffen wurde, aber im Feuer probiert werden sollte und seine Imagination in die Liebe setzen, da setzte er sie in das Zentrum der Grimmigkeit zurück in die vierte Gestaltung der Angst und wollte im Feuer über Gottes Sanftmut herrschen als ein Feind des Freudenreichs, und er verachtete die Liebe, weil er sah, daß ihm das Feuer Stärke und Macht gab. Darum wurde er aus dem Feuer Gottes in die Angst und Finsternis gestoßen, in das Zentrum der vier Gestaltungen, und hat nun vom Feuer nicht mehr als den erschreckenden Blitz. Das ist sein rechtes (wirkliches) Leben. Aber der Wille Gottes, der sich sonst in Engeln und Menschen nach dem Leben sehnt und dem Leben mit der Freiheit als der Sanftmut zu Hilfe kommt, hat ihn verlassen. So kann er das Licht in Ewigkeit nicht erreichen. Er kann auch keine Imagination danach schöpfen, denn Gottes Willen-Geist quält ihn in der Angstkammer in den ersten vier Gestaltungen der Natur, und die fünfte (der Liebe) kann er nicht erreichen. Und wenn er auch alle Gestaltungen der Natur hätte, wäre es doch alles feindlich und widerwärtig, denn der Heilige Geist hat ihn verlassen, und so ist nur der Zorn- oder Grimmquell in ihm. Gott, der Alles ist, hat seinen Grimm oder das Zentrum des Ursprungs in ihm eröffnet, so daß er es auch kreatürlich ist, denn auch das hat sich nach Offenbarung gesehnt. Denn als sich Gott einmal zur Schöpfung der Engel bewegt hat, da ist alles offenbar geworden, was seit Ewigkeit in den Wundern der Weisheit im Zentrum sowohl in Liebe als auch in Zorn verborgen stand.

9.2. Wenn wir nun solches wissen, was wir sind und daß es uns Gott wissen läßt, dann mögen wir zusehen und etwas Gutes aus uns gebären, denn wir haben das Zentrum der Natur in uns: Machen wir einen Engel aus uns, dann sind wir das. Machen wir einen Teufel aus uns, dann sind wir eben das. Wir sind hier im Machen in der Schöpfung, wir stehen im Acker, und Gottes Wille in der Liebe steht für uns im Zentrum des Lebens. Denn Gott ist Mensch geworden und will uns haben, und so will uns auch sein Zorn in das Reich des Grimms haben: Der Teufel will uns in seine Gesellschaft haben, und Gottes Engel auch in ihre. Wo wir nun hinwerben, dahinein gehen wir. Setzen wir unsere Imagination in das Licht Gottes und gehen mit Ernst hinein, dann kommen wir hinein und werden noch mit Ernst hineingezogen. Wollen wir aber unseren Willen in die Herrlichkeit dieser Welt setzen und das Ewige fahrenlassen, dann haben wir auch zu hoffen, daß wir mit dem Grimm dieser Welt in das Mysterium eingehen müssen. Werden wir dann keine göttliche Imagination als Glauben in uns haben, dann wird uns die göttliche Liebe verlassen und uns nicht zu ihrer Tür hereinlassen. Wahrlich: Zersprengt Gott nicht, dann kommen wir in Not. Bringst du nicht Gottes Geist mit, dann erlangst du ihn nimmermehr. Darum ist es gut, hier in diesem Leben auszuwachsen. Christus ist unser Acker geworden, und wir können es ohne große ängstliche Not erreichen. Es geht nur darum, daß wir den Willen zerbrechen. Und das tut weh, denn Adam will nicht, und so wollen der Zorn und der Teufel auch nicht.

9.3. Siehe, oh Mensch, du bist dein Selbst-Feind. Was du für einen Freund hältst, das ist dein Feind. Und willst du selig werden und Gott schauen, dann mußt du deines besten Freundes ärgster Feind werden, nämlich des äußeren Lebens. Nicht, daß du es zerbrichst, sondern seinen Willen. Du mußt tun, was du nicht willst. Du mußt dein Feind werden, oder du kannst Gott nicht schauen. Denn den du jetzt für deinen Freund hältst, der kommt aus der Angstkammer und hat noch das Angst-Leben in sich. Er hat die Sucht des Zornquells und des Teufels in sich. Du mußt einen Willen in Gott schöpfen und mit demselben aus der Bosheit heraus und in Gott eingehen, dann wirst du in das Feuer Gottes hineingeführt werden, das heißt, in den Willen-Geist, der deine Seele anzünden wird. Nun greife nach dem Leben und Geist Christi, dann wirst du ihn empfangen. Und der wird dich mit einem neuen Willen neugebären, der dir bleiben wird. Dieser ist die Blume deiner Seele, darin das neue Kind im Bildnis Gottes steht. Diesem gibt Gott Christi Fleisch und Blut zu genießen, und nicht dem Adams-Esel, wie Babel wunderlich rumpelt, als sollte der Gottlose Christi Leib teilhaftig werden. Oh nein, der empfängt die vier Elemente, und darin den Zorn Gottes, weil er den Leib des Herrn nicht unterscheidet (bzw. „entscheidet“), der im Himmel gegenwärtig ist und von der Seele genossen wird, die den Himmel erreicht. Nicht als ein Zeichen, wie die andere Phantasie rumpelt, nicht Geist ohne Wesen, sondern das Wesen des Geistes nimmt, von Gottes Weisheit umschlossen, Christi Fleisch, das die Lichtwelt an allen Enden erfüllt und welches das Wort, das Mensch wurde, mit in Maria brachte. Diese Wesenheit, auch wenn sie in Maria in ihrem Fleisch und Blut eröffnet wurde und menschliche Essenz in sich nahm, war gleichzeitig, während Christus in Marias Leib lag, im Himmel, im (heiligen) Element und an allen Orten. Sie fuhr nicht über viele Meilen von irgendeinem Ort in Maria, nein, sondern das eingeschlossene Zentrum, das Adam im Zorn Gottes in den Tod verschlossen hatte, das schloß das Wort der Gottheit auf und führte göttliche Wesenheit in das jungfräuliche im Tod verschlossene Zentrum hinein. Im Leib Marias geschah das (im Ziel des Bundes), nicht abwesend, auch nicht einfahrend, sondern aufschließend, hineingebärend und in diese Welt ausgebärend, Gott und Mensch als eine Person, eine himmlische und im Tod verschlossene Wesenheit und Jungfrauenschaft, eine Wesenheit und ein Mensch im Himmel und in dieser Welt. Und solche müssen auch wir sein, denn das Wort, das Mensch wurde, ist (in der Seele) rege geworden und steht im Lebensschall in allen Seelen. Er zieht alle Seelen, und auch der Zorn zieht alle Seelen. Nun gehe, wohin du willst: Du hast nun das Zentrum der Gottheit in dir im Schall und rege, und auch das Zentrum des Grimms. In welches du gehst und es erweckst, darin steht dein Leben. Tue, was dir beliebt, denn du bist frei und Gott läßt es dich wissen. Er ruft nach dir: Kommst du, dann wirst du sein Kind. Gehst du aber in den Zorn, dann wirst du auch aufgenommen.

10. Kapitel - Vom Ebenbild Gottes als Mensch

Vom Ebenbild Gottes des Menschen, als von der Gleichheit Gottes und des Menschen.

10.1. Unsere (himmlisch-göttliche) Wesenheit oder den neuen Leib können wir in dieser Welt nicht schauen, solange wir im irdischen Leben sind. Denn der äußere Mensch kennt ihn nicht, sondern nur der Geist, der aus dem neuen Menschen geboren wird und ausgeht, der kennt seinen Leib.

10.2. Wenn wir aber gleichwohl dessen Erkenntnis haben und wissen wollen, ob wir in der neuen Geburt sind, dann ist keine bessere Probe als am Gleichnis Gottes, das wir am Begehren, Sinn und Gemüt verstehen. Denn diese drei enthalten des Geistes Zentrum, aus dem der starke Wille ausgeboren wird, in welchem das rechte wahre Gleichnis und das Bild Gottes mit Fleisch und Blut steht, das der äußere Mensch nicht kennt. Denn dieses Bild ist nicht in dieser Welt, weil es ein anderes Prinzip in der englischen Welt hat. Es steht während diesem Leben im Mysterium in der Verborgenheit wie das Gold im Stein, weil das Gold eine andere Tinktur hat, andere Essenz, anderen Glanz und Schein. Und die Grobheit des Steins kann es nicht ergreifen, wie auch das Gold die Grobheit nicht begreift. Und doch ist die Grobheit als das Angst-Zentrum eine Ursache des Goldes, denn sie ist die Mutter, und die Sonne ist der Vater. So ist auch unser alter Adam eine Ursache des neuen Leibes, denn er ist die Mutter, weil aus der alten Wesenheit der neue Leib entsteht, und Gottes Geist in Christus ist der Vater, wie die Sonne für das Gold, und so auch für Gottes Herz des neuen Menschen.

10.3. Nun erkennen wir aber den neuen Menschen nicht besser als im Zentrum, nämlich im Begehren, Sinn und Gemüt. Wenn wir uns befinden, daß unser Begehren gänzlich nach und zu Gott steht, unsere Sinne stets in Gottes Willen laufen und sich das Gemüt gänzlich in Gehorsam von Gottes Willen hineinergibt, so daß die Imagination von Gottes Kraft empfängt, dann können wir sicher wissen, daß der edle Lilienzweig in der Gleichheit Mensch geworden ist. Dann ist es hoch not, das edle Bild zu bewahren und dem alten Adam mit seinen Lüsten keinen Raum zu lassen, sondern ihn immer zu töten, damit der neue Mensch wachse, groß und mit den Wundern der Weisheit geziert werde.

10.4. Nun fragt aber der Verstand: „Wie ist denn Gottes Gleichheit?“ Siehe, Gott ist ein Geist, und das Gemüt mit den Sinnen und Begierden ist auch Geist. Das Gemüt ist das Rad der Natur, die Begierde ist das Zentrum als das erste Wesen zur Natur, und die Sinne sind die Essenzen, denn aus den Essenzen kommen die Sinne. Sie sind und haben ihren Ursprung aus dem Stachel der Begierlichkeit als der Herbigkeit, denn sie sind die Bitterkeit und laufen immer in das Gemüt als in das Angst-Rad, und suchen Ruhe, ob sie die Freiheit Gottes erlangen könnten. Sie sind es, die im Angst-Rad als im Gemüt das Feuer entfachen und sich im Schreck der Entzündung willig in den Tod hineinergeben, und versinken so durch die Feuerqual in die Freiheit als in Gottes Arm. Sie gehen in die Freiheit als ein Leben aus dem Tod. Sie sind die Wurzel des neuen Geschmacks und dringen in Gottes Weisheit und Wunder ein. Sie holen die Begierde aus der Angst des Todes. Sie erfüllen ihre Mutter, das Gemüt, und geben ihr Kraft von Gottes Essenz.

10.5. So ist das Gemüt das Rad oder die rechte Kammer des Lebens als der Seele eigenes Haus, das sie zu einem Teil selbst ist, wenn die Wesenheit (d.h. der Tinktur Wesenheit) dazugerechnet wird, nämlich das Feuerleben. Denn aus dem Feuerleben entsteht das Gemüt, und das Feuerleben wohnt im Gemüt, aber das Gemüt ist edler als das Feuer, denn es ist die Beweglichkeit des Feuerlebens. Es macht den Verstand, und die Sinne sind die Knechte des Gemüts und die subtilsten Boten. Sie gehen in Gott und wieder aus Gott in die Not als in die Falschheit, und das bringen sie dem Gemüt heim. Dann muß das edle Gemüt oft über der Bosheit Herr sein, und diese in ihrer Angst ersticken, wenn die Sinne falsche Imagination in die Begierde eingelassen oder eingeladen haben.

10.6. So versteht auf diesem Weg schließlich: Gott ist selbst Alles in Allem. Aber er geht aus dem Grimm aus und findet die Licht- und Kraftwelt in sich selbst. Er macht sie selbst, so daß der Grimm mit allen Gestaltungen nur eine Ursache des Lebens ist (um sich selbst in großen Wundern zu finden). Er ist der Grund und Ungrund, die Freiheit und auch die Natur in Licht und Finsternis. Und der Mensch ist auch alles, wenn er sich nur selbst sucht und als Gott findet.

10.7. Unser ganzes Schreiben und Lehren langt nur dahin, wie wir uns selbst suchen, machen und endlich finden müssen, und wie wir gebären müssen, so daß wir ein Geist mit Gott sind, damit Gott in uns sei und wir in Gott, daß Gottes Liebegeist in uns das Wollen und auch das Tun sei, und daß wir der Angstqual entrinnen, daß wir uns in das wahre Gleichnis in drei Welten hineinführen, darin eine jede in ihrer Ordnung steht, und daß die Lichtwelt in uns der Herr sei und das Regiment führe, so daß die Angstwelt in der Lichtwelt verborgen bleibe, wie auch in Gott, und so nur eine Ursache des Lebens und des Geistes Wunder sei. Denn wenn wir die Lichtwelt nicht erreichen, dann ist die Angstwelt in uns das Oberregiment, und dann leben wir ewig in feindlicher Qual. Dieser Kampf währt, solange das irdische Leben währt, und dann geht es in den ewigen Äther (bzw. Raum des Bewußtseins) im Licht oder in die Finsternis ein. Daraus ist kein Erretten mehr, und davor warnt uns Gottes Geist und lehrt uns den richtigen Weg. Amen.

Beschluß

10.8. Gottliebender Leser, so wisse, daß ein Mensch das wahre Gleichnis Gottes ist, welches Gott höchst liebt und sich in diesem Gleichnis wie in seinem eigenen Wesen offenbart. Gott ist im Menschen das Mittel und das Mittelste, aber er wohnt nur in sich selbst, es sei denn, daß der Geist des Menschen ein (ganzheitlicher) Geist mit ihm werde. Dann offenbart er sich in der Menschheit als in Gemüt, Sinne und Begehren, so daß ihn das Gemüt fühlt, sonst ist er für uns in dieser Welt viel zu subtil zum Schauen. Nur die Sinne schauen Gott im Geist, das heißt, im Willen-Geist, denn der Wille schickt die Sinne in Gott, und Gott gibt sich den Sinnen ein und wird ein Wesen mit den Sinnen. Dann bringen die Sinne die Kraft Gottes dem Willen, und der Wille nimmt sie mit Freude an, aber mit Zittern, denn er erkennt sich unwürdig, weil er aus einer rauhen Herberge kommt, nämlich aus dem wankelhaftigen Gemüt. Darum nimmt er die Kraft im Niedersinken vor Gott an, und so wird aus seinem Triumpf eine sanfte Demut. Das ist Gottes wahres Wesen, und dieses gefaßte Wesen ist im Willen der himmlische Leib und heißt der „wahre und rechte Glaube“, den der Wille in Gottes Kraft angenommen hat. Der senkt sich in das Gemüt und wohnt im Feuer der Seele.

10.9. So ist das Bild Gottes ganz, und so sieht oder findet sich Gott in einem solchen Gleichnis. Deshalb sollen wir niemals von Gott denken, daß er ein fremdes Wesen sei. Nur den Gottlosen ist er ein fremdes Wesen, denn der Gottlose ergreift ihn nicht. Gott ist wohl in ihm, aber (nach seinem Liebe-Licht) nicht offenbar im Willen und Gemüt des Gottlosen. Es ist nur sein Grimm in ihm offenbar, und das Licht kann er nicht erreichen. Es ist zwar in ihm, aber es ist ihm nichts nütze, denn seine Essenz empfängt es nicht. Er scheut sich davor, und es ist nur seine Marter und Qual, denn er feindet es nur an, wie der Teufel die Sonne anfeindet und auch das Licht Gottes. Er wäre wohl mehr zufrieden, wenn er ewig in der Finsternis sein könnte und wüßte, daß Gott fern von ihm wäre, denn dann empfände er keine Schande und Spott in sich. Weil er aber weiß, daß ihm Gott so nahe ist und er ihn doch nicht ergreifen kann, so ist das seine große Plage, daß er sich selber anfeindet und sich einen ewigen Widerwillen mit Angst und Verzweiflung macht, weil er weiß, daß er Gottes Huld und Antlitz nicht ergreifen kann. Seine eigene Falschheit plagt ihn, aber er kann keinen Trost schöpfen, daß er zu Gnaden kommen könnte. Denn er berührt Gott nicht, sondern nur das Zentrum in der Angst im Grimm. So bleibt er im Tod und in der sterbenden Qual. Er kann nicht durchbrechen, denn es kommt ihm nichts zu Hilfe, daran er sich halten könnte, um sich in Gottes Reich zu gründen. Wenn er auch tausend Jahre in den Abgrund in die Tiefe führe, so ist er doch in der Finsternis ohne Gott, und Gott ist doch in ihm, aber es hilft ihm nichts. Er erkennt ihn auch nicht, er weiß nur von ihm und fühlt seinen Grimm.

10.10. Das versteht so: Wie ein Feuer in einem Stein ist, aber der Stein kennt und fühlt es nicht. Nur die grimmige Ursache zum Feuer fühlt er, die den herben Stein in einem Körper gefangenhält. So fühlt auch der Teufel nur die Ursache des Lichtes, und diese Ursache ist das Grimm-Zentrum, das ihn gefangenhält, und dem ist er gram, und er hat auch sonst nichts, das besser wäre. So ist er nichts als eine giftige grimmige Bosheit, eine sterbende Qual, und es ist doch kein Sterben, sondern ein verschmachtendes Gift, ein Hunger und Durst, aber keine Labung. Alles, was böse, neidig, herb und bitter ist, was der Demut entflieht, wie er es getan hat, das ist seine Stärke und seine feindliche Begierde, und was Gott anfeindet und vor Gott flieht oder flucht, das ist ihm dienlich. Was die Wahrheit in Lügen verkehrt, das ist sein Wille, auf dem er reitet und darin er gern wohnt. So ist auch der gottlose Mensch: Wenn er Gott verliert, dann ist er in der Angst und hat des Teufels Willen. Aber das wißt:

10.11. Gott hat in der menschlichen Seele des Todes Herbigkeit zerbrochen und ist in das Ziel eingegangen, darin der Tod zersprengt wird. Er hat das Ziel (bzw. den Tod) im Zentrum der Seele zersprengt und sein Licht vor das Lebenslicht des Menschen gesetzt. So wird ihm das Licht gegönnt, solange er unter der Kraft der Sonne lebt. Will er umkehren und in Gottes Licht eingehen, dann wird er angenommen. Es ist keine Wahl über ihn beschlossen. Aber wenn er das Sonnenleben verliert und nichts von Gottes Leben hat, dann ist es aus mit ihm, und dann ist und bleibt er ein Teufel. Aber Gott kennt die Seinen, und er weiß, welche sich zu ihm wenden werden. Über diese geht die Wahl, davon die Schrift spricht. Und über diese, die nicht wollen, geht die Verstockung oder Entziehung des Lichtes. Der Mensch hat doch beide Zentren in sich: Wenn er aber nur ein Teufel sein will, soll dann Gott die Perlen auf den Weg des Teufels werfen? Soll er seinen Geist in den gottlosen Willen gießen? Ja, aus dem Willen des Menschen muß Gottes Geist geboren werden. Er muß im Willen-Geist selbst Gott werden, oder er erlangt keine göttliche Wesenheit als die Weisheit.

10.12. Darum besinnt euch, ihr lieben Kinder, und geht zur rechten Tür ein: Es heißt nicht allein vergeben, sondern geboren werden, dann ist es vergeben. Das heißt, die Sünde ist dann wie eine Hülse, und der neue Mensch wächst heraus und wirft die Hülse weg. Das heißt „Gottes Vergebung“, denn Gott vergibt das Böse vom neuen Menschen weg. Er gibt es von ihm weg. Nicht wird es aus dem Körper weggeführt, sondern die Sünde wird in das Zentrum gegeben, nämlich zum Feuerholz, und muß so eine Ursache des Feuer-Prinzips sein, daraus das Licht scheint. Es muß dem heiligen Menschen zum Besten dienen, wie St. Paulus sagt: »Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen, auch die Sünde. (Röm. 8.28)«

10.13. Was sagen wir hier? Sollen wir sündigen, damit unser Heil geboren werde? Das sei fern! Wie sollte ich in das wieder eingehen wollen, dem ich abgestorben bin? Sollte ich aus dem Licht wieder in die Finsternis gehen?

10.14. Aber so muß es sein, daß die Heiligen Gottes nichts verlieren, und so muß ihnen alles dienen. Was den Sündern ein Stachel zum Tod ist, das ist den Heiligen eine Macht zum Leben.

10.15. Da spricht der äußere Verstand: „Dann muß ich ja sündigen, damit mein Heil groß werde.“ Wir wissen aber: Wer aus dem Licht ausgeht, der geht in die Finsternis. Der sehe eben zu, daß er nicht in der Finsternis bleibe, denn er sündigt vorsätzlich gegen den Heiligen Geist. Verirrt euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten! Aus seiner Liebe sind wir (nach unserem Fall) durch seine Eingehung in unser Fleisch wieder gerecht geworden. Wer aber vorsätzlich in die Sünde eingeht, der verachtet und verschmäht die Menschwerdung Christi und nimmt ein Schweres in sich. Er mag wohl zusehen, denn er wird schwerer wieder aus der vorsätzlichen Sünde herausgehen können als einer, dem der Weg Gottes noch nicht offenbart worden ist.

10.16. Darum ist es besser zu vermeiden, vor dem Übel zu fliehen und seine Augen vom Falschen abzuwenden, damit die Sinne nicht in das Falsche eingehen und danach solches dem Herzen bringen, davon die Lust entsteht, so daß die Begierde imaginiert und es ins Gemüt führt, dadurch das edle Bildnis zerstört und vor Gott ein Greuel wird.

10.17. So wollen wir den gottliebenden Leser und Hörer treulich aus unserer Gabe und tiefen Erkenntnis gewarnt haben. Wir haben euch den Weg der Wahrheit und des Lichtes ganz ernstlich und treulich dargestellt, und ermahnen euch alle christlich, dem nachzusinnen und fleißig zu lesen, denn es hat seine Frucht in sich. Halleluja, Amen!


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