Gründlicher Bericht vom irdischen und himmlischen Mysterium (Mysterium Pansophicum)

(Text von Jakob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2022)

Gründlicher Bericht vom irdischen und vom himmlischen Mysterium und wie diese ineinander stehen, und wie im Irdischen das Himmlische offenbart werde, in neun Texten verfaßt.

Darin ihr nun Babel, die große Stadt auf Erden (der Konstrukte, die den Himmel erreichen sollen), mit ihrer Gewalt und ihren Wundern sehen werdet, und warum Babel geboren wurde und woraus, so daß der Antichrist bloßstehen soll. Eine ganz wunderliche Offenbarung, aus der höchsten Verborgenheit (Arcanum) genommen, darin ganz offenbar stehen soll, was die Verwirrung aller Wesen ist. Geschrieben für die Kinder Gottes, die durch eine solche Warnung aus dem brennenden Babel fliehen und aus der Verwirrung zu Kindern Gottes geboren werden sollen.

Alles ganz ernstlich und treulich gegeben aus der Erkenntnis des großen Mysteriums von Jacob Böhme am 8. Mai im Jahr 1620.

Der Erste Text

1.1. Der Ungrund (das „Grundlose“) ist ein ewiges Nichts, aber macht einen ewigen Anfang, als eine Sucht (bzw. Suche), denn das Nichts ist eine Sucht nach Etwas. Und weil doch auch nichts ist, das etwas gebe, deshalb ist die Sucht selbst das Geben dessen, das dann auch nichts ist als bloß eine begehrende Sucht. Und das ist der ewige Ursprung der Magie, die in sich etwas macht, wo nichts ist. Sie macht aus nichts etwas, und das nur in sich selbst, obwohl doch diese Sucht auch ein Nichts ist, also nur ein bloßer Wille. Er hat nichts, und da ist auch nichts, das ihm etwas gebe, und er hat auch keine Stätte, wo er sich finde oder hinlege.

Der Zweite Text

2.1. Weil nun also eine Sucht im Nichts ist, so macht sie in sich selbst den Willen zu Etwas, und dieser Wille ist ein Geist, wie ein Gedanke, der aus der Sucht kommt und der Sucht Sucher ist, denn er findet seine Mutter als die Sucht. Jetzt ist dieser Wille wie ein Magier in seiner Mutter, denn er hat im Nichts etwas gefunden, nämlich seine Mutter, und weil er nun seine Mutter gefunden hat, so hat er jetzt eine Stätte seiner Wohnung.

2.2. Und darin versteht, wie der Wille ein Geist ist und ein anderes als die begehrende Sucht. Denn der Wille ist ein unempfindliches und unerkennbares Leben, aber die Sucht wird vom Willen gefunden, und dann wird im Wollen ein Wesen. Damit wird erkannt, daß die Sucht eine Magie ist, und der Wille ein Magier, und daß der Wille größer als seine Mutter ist, die ihn gibt. Denn er ist der Herr in der Mutter, und so wird die Mutter als stumm erkannt, und der Wille als ein Leben ohne Ursprung, obwohl doch die Sucht eine Ursache des Willens ist, aber ohne Erkenntnis und Vernunft, und der Wille ist die Vernunft der Sucht.

2.3. So geben wir euch kurzgefaßt die Natur und den Geist der Natur zu erkennen, was seit Ewigkeit ohne Ursprung gewesen ist, und finden so, daß der Wille als der Geist keine Stätte seiner Ruhe habe. Aber die Sucht ist ihre eigene Stätte, und der Wille ist ein Band daran, und wird doch auch nicht ergriffen.

Der Dritte Text

3.1. Weil nun also der ewige Wille von der Sucht frei ist, aber die Sucht nicht frei vom Willen, denn der Wille herrscht über die Sucht, so erkennen wir den Willen als eine ewige Allmacht. Denn er hat nicht seinesgleichen, und die Sucht ist zwar ein Bewegen vom Ziehen oder Begehren, aber ohne Vernunft, und hat ein Leben, aber ohne Verständnis.

3.2. Jetzt regiert der Wille das Leben der Sucht, und tut damit, was er will. Und wenn er etwas tut, dann wird es doch nicht erkannt, bis sich dieses Wesen durch den Willen offenbart, so daß es ein Wesen im Leben des Willens wird. Dann wird erkannt, was der Wille gemacht hat.

3.3. Und so erkennen wir den ewigen Willen-Geist als Gott, und das regende Leben der Sucht als Natur. Denn es ist nichts vorher, und beides ist ohne Anfang, und jeweils eines ist eine Ursache des anderen und damit ein ewiges Band.

3.4. Und so ist der Willen-Geist ein ewiges Wissen des Ungrundes, und das Leben der Sucht ein ewiges Wesen des Willens.

Der Vierte Text

4.1. Wenn nun also die Sucht ein Begehren ist, und dieses Begehren ein Leben ist, dann geht dieses begehrende Leben in der Sucht vor sich und ist immer von der Sucht schwanger.

4.2. Und das Begehren ist ein strenges Anziehen und hat doch nichts (als sich selber) als die Ewigkeit ohne Grund, und zieht es magisch an, als sein Begehren selber zu einer Substanz.

4.3. Denn der Wille nimmt jetzt, wo Nichts ist. So ist er ein Herr und Besitzer, aber selbst kein Wesen, und herrscht doch im Wesen, und das Wesen macht ihn begehrend, nämlich nach dem Wesen. Und wenn er dann in sich begehrend wird, dann ist er magisch und schwängert sich selbst, und zwar mit Geist ohne Wesen, denn er ist im Ursprung nur Geist. So macht er in seiner Imagination auch nur Geist und wird des Geistes schwanger, nämlich von der ewigen Weisheit des Ungrundes in der Allmacht des Lebens, aber ohne Wesen.

4.4. Und wenn er dann schwanger ist, dann geht das Gebären in sich und wohnt in sich selbst. Denn diese Schwängerung kann nicht die Essenz eines anderen Lebens fassen und kann auch nicht deren Behälter sein. Deshalb muß die Schwängerung in sich gehen und sein eigener Behälter sein, als ein Sohn im ewigen Geist.

4.5. Und weil diese Schwängerung kein Wesen hat, so ist es eine Stimme oder ein Schall als ein Wort des Geistes und bleibt in der Vernunft des Geistes, denn es hat sonst keinen Sitz, als nur in der Vernunft des Geistes.

4.6. Und doch ist ein Wille in diesem Wort, der da in ein Wesen ausgehen will, und dieser Wille ist das Leben des ursprünglichen Willens, der aus der Schwängerung wie aus dem Mund des Willens in das Leben der Magie geht, nämlich in die Natur, und das unvernünftige Leben der Magie eröffnet, so daß es ein Mysterium ist, darin essentiell eine Vernunft liegt. Und so bekommt es einen essentiellen Geist, weil jede Essenz eine Verborgenheit (Arcanum) oder ein Mysterium eines ganzen Wesens ist und also im Begriff wie ein unergründliches Wunder der Ewigkeit ist, darin viele Leben ohne Zahl geboren werden, und es ist doch zusammen alles nur ein Wesen.

4.7. Und der dreifältige Geist ohne Wesen ist sein Meister und Besitzer, obwohl er doch das Naturwesen nicht besitzt, denn er wohnt in sich selbst.

4.8. Das Wort ist sein Zentrum oder Sitz und steht in der Mitte wie ein Herz, und der Geist des Wortes, der im ersten ewigen Willen entsteht, eröffnet die Wunder des essentiellen Lebens, so daß es zwei Mysterien gibt, eines im geistigen und eines im essentiellen Leben. So wird das Geistleben als Gott erkannt und auch zu Recht so genannt, und das essentielle Leben als Naturleben, welches keine Vernunft hätte, wenn nicht der Geist oder das Geistleben danach begehrend wäre. In welchem Begehren das göttliche Wesen, als das ewige Wort und Herz Gottes, seit Ewigkeit und in Ewigkeit immerzu geboren wird, von dem der begehrende Wille ewig als sein Geist in das Naturleben ausgeht und darin das Mysterium aus den Essenzen und in den Essenzen eröffnet, so daß es auch zwei Leben gibt, und auch zwei Wesen, aus und in einem einigen, ewigen und unergründlichen Ursprung.

4.9. Und so erkennen wir, was Gott und Natur sind, wie alle beide seit Ewigkeit ohne jeglichen Grund und Anfang bestehen, denn es ist ein immer- und ewigwährender Anfang. Es fängt selbst immerzu seit Ewigkeit und in Ewigkeit an, darin keine Zahl ist, denn es ist der Ungrund.

Der Fünfte Text

5.1. Wenn nun seit Ewigkeit zwei Wesen sind, dann können wir nicht sagen, daß eines neben dem anderen stehe und sich fasse, so daß eines das andere ergreife. Und wir können auch nicht sagen, daß eines außerhalb des anderen stehe und eine Trennung sei. Nein, sondern wir erkennen, daß das Geistleben in sich hinein gewandt steht, und das Naturleben aus sich heraus und vor sich gewandt steht.

5.2. So daß wir es dann zusammen einem runden Kugelrad vergleichen, das nach allen Seiten geht, wie das Rad in Hesekiel andeutet (Hes. 1.15).


Kupferstich des Ezechiel aus dem Iconum Biblicarum des Matthäus Merian (1593-1650)
Zur Beschreibung siehe auch Aurora ab §13.68.

5.3. Und so ist das Geistleben eine ganzheitliche Fülle des Naturlebens, und wird doch vom Naturleben nicht begriffen. Und das sind zwei Prinzipien in einem ewigen Ursprung, von denen jedes sein Mysterium und seine Wirkung hat. Denn das Naturleben wirkt bis zum Feuer, und das Geistleben bis zum Licht der Glorie und Herrlichkeit. So daß wir dann im Feuer den Grimm der Verzehrung der Wesenheit der Natur verstehen, und im Licht die Gebärung des Wassers, das dem Feuer die Gewalt nimmt, wie bereits in den „Vierzig Fragen von der Seele“ erklärt wurde.

5.4. Und so ist uns eine ewige Wesenheit der Natur erkenntlich, gleich dem Wasser und Feuer, welche gleichsam ineinander vermengt stehen, so daß es dann eine lichtblaue (hellblaue) Farbe ergibt, oder gleich dem Blitz des Feuers, darin es dann eine Gestalt hat wie ein Rubin (Rubinrot) mit Kristallen in ein Wesen (1676: Wasser) gemengt ist, oder wie Gelb, Weiß, Rot und Blau (als Sonnenlicht) in ein dunkles Wasser gemengt, darin es wie Blau in Grün ist. Davon hat doch jedes seinen Glanz und scheint, und das Wasser wehrt damit nur seinem Feuer, damit da kein Verzehren ist, sondern ein ewiges Wesen in zwei Mysterien ineinander besteht und doch den Unterschied zweier Prinzipien als zweierlei Leben hat.

5.5. Und so verstehen wir darin das Wesen aller Wesen, und dann, daß es ein magisches Wesen ist, darin sich ein Wille im essentiellen Leben selbst schöpfen kann, und damit in eine Geburt treten und im großen Mysterium eine Quelle erwecken kann, besonders im Ursprung des Feuers, die zuvor nicht offenbar war, sondern im Mysterium wie ein Glanz in der Vielfalt der Farben verborgen lag. Wie wir dessen auch einen Spiegel an den Teufeln und an aller Bosheit haben und so erkennen, wovon alle bösen und guten Dinge entstehen, nämlich von der Imagination in das große Mysterium, darin sich ein wunderlich essentielles Leben von selbst gebiert.

5.6. Dazu haben wir eine genügende Erkenntnis an den Kreaturen dieser Welt, wie hier das göttliche Leben das Naturleben einmal erregt und erweckt hat und wie darin so wunderliche Kreaturen aus dem essentiellen Mysterium geboren wurden. Darin versteht man dann, wie jede Essenz zu einem Mysterium geworden ist, als zu einem Leben, und man versteht auch weiter, wie damit im großen Mysterium eine magische Sucht ist, so daß die Sucht jeglicher Essenzen wieder einen Spiegel macht, um sich im Spiegel zu sehen und zu erkennen.

5.7. Und weil die Sucht es dann ergreift, das heißt, den Spiegel, und in seine Imagination führt und empfindet, daß es nicht seines Lebens ist, so daß dann die Widerwärtigkeit (bzw. Gegensätzlichkeit) entsteht und der Ekel, daß die Sucht den Spiegel wegwerfen will, aber es doch nicht kann, so sucht jetzt die Sucht das Ziel des Anfangs und geht aus dem Spiegel heraus. Damit wird der Spiegel zerbrochen, und die Zerbrechung ist eine Verwirrung (Turba) als ein Sterben des gefaßten Lebens.

5.8. Und so ist uns hocherkenntlich, daß die Imagination der ewigen Natur die Verwirrung mit der Sucht im Mysterium hat, aber unaufweckbar. Es sei denn, die Kreatur als ein Spiegel der Ewigkeit weckt es selber auf, nämlich den Grimm, der in der Ewigkeit im Mysterium verborgen liegt.

5.9. Und wir sehen hier, wie sich die ewige Natur einmal mit der Schöpfung der Welt bewegt hat, so daß der Grimm mit erregt worden ist und sich auch in Kreaturen offenbart hat. Wie man viele bösartige Tiere, Kräuter und Bäume sowie Würmer findet, wie Kröten und Schlangen und dergleichen. Daran trägt die ewige Natur einen Ekel, doch die Bosheit und das Gift wird allein in seiner (bzw. ihrer) Essenz genährt.

5.10. Und deshalb sucht auch die ewige Natur das Ziel (bzw. Ende) der Bosheit und will diese verlassen. Dazu fällt sie dann in die Verwirrung, als in das Sterben, und es ist doch kein Sterben, sondern ein Ausspeien in das Mysterium, darin die Bosheit mit ihrem Leben gesondert stehen soll, nämlich in einer Finsternis. Denn die Natur verläßt sie und überschattet sie, so daß sie in sich selber wie ein böses, giftiges und grimmiges Mysterium steht und selber seine eigene Magie ist, nämlich eine Sucht der giftigen Angst.

Der Sechste Text

6.1. Wenn wir uns so entsinnen und erkennen, dann finden wir die Widerwärtigkeit (bzw. Gegensätzlichkeit) aller Wesen, darin jeweils eines des anderen Ekel ist und das andere anfeindet.

6.2. Ein jeder Wille begehrt eine Reinheit ohne Verwirrung in den anderen Wesen, aber hat doch selber die Verwirrung in sich, und ist auch ein Ekel für andere. Damit erhebt sich die Macht des Größeren über das Kleinere und hält es im Zwang, wenn es nicht entflieht. Ansonsten herrscht das Starke über das Schwache, und so läuft auch das Schwache, sucht das Ziel (bzw. Ende) des Treibers und will den Zwang los sein. Und so wird von allen Kreaturen das Ziel (bzw. Ende) gesucht, das im Mysterium verborgen steht.

6.3. Und damit und daher entsteht alle Gewalt dieser Welt, daß jeweils eines über das andere herrschen will. Aber das war am Anfang nicht vom höchsten Gut geboten und geordnet worden, sondern es ist aus der Verwirrung gewachsen, darin es danach die Natur als ihr Wesen erkannt hat, das aus ihr geboren wurde, und hat diesem Gesetze gegeben, um sich im gefaßten Regiment weiter zu gebären. Darin dann diese Geburt bis zum königlichen Recht aufgestiegen ist, und hat weiter so den Abgrund als Eines gesucht, bis es eine Monarchie wurde, wie ein Kaisertum. Und wie es noch im Steigen ist und Eines sein will, und nicht Vieles, auch wenn es in Vielem ist, so will doch auch der erste Quell, aus dem alles geboren ist, über alles herrschen und ein alleiniger Herr über alle Regimente sein.

6.4. Und weil diese Sucht im Anfang ein einziges Regiment gewesen war, aber sich in der Zeit nach den Essenzen in viele geteilt hat, so sucht die Vielheit wieder das Eine, und das wird gewiß in der sechsten Zahl der Krone geboren, nämlich im sechstausendsten Jahr in der Bildung, nicht am Ende, sondern in der Stunde des Tages, wenn die Schöpfung der Wunder vollendet worden ist.

(Nach den Angaben in „Die drei Prinzipien“ unter §18.35 berechnete man den Anfang der Schöpfung 3970 Jahre vor Christi Geburt. Entsprechend würden im Jahr 2030 die 6000 Jahre der sechs Schöpfungstage vollendet werden. Siehe auch „Vierzig Fragen von der Seele“ unter $1.82.)

6.5. Das heißt, weil die Wunder der Verwirrung am Ende stehen, wird ein Herr geboren, der die ganze Welt regiert, aber mit vielen Ämtern.

6.6. Und dann wird die selbergewachsene Obrigkeit und der Treiber gesucht (und erkannt) werden, denn das Kleinere, das unten gelegen war, ist mit ans Ziel gelaufen. Und jetzt scheidet sich ein jedes, denn es ist am Ziel, und da gibt es kein Aufhalten oder Widerrufen.

6.7. So wird auch die Verwirrung als der Grimm aller Kreaturen gesucht. Denn er ist mit dem Ekel der Kreaturen auch ans Ziel gelaufen und wird jetzt offenbar, nämlich am Ziel mitten in der Kronenzahl im sechstausendsten Jahr, ein wenig darüber, aber nicht darunter.

6.8. Nämlich an diesem Tag zur Stunde, wenn die Schöpfung im Mysterium vollbracht (und vollendet) ist und in das Mysterium (als ein Spiegel der Ewigkeit) in die Wunder gesetzt wird.

6.9. Das ist am sechsten Tag über Mittag, dann steht das Mysterium mit den Wundern offen und wird gesehen und erkannt. Wenn dann die Reinheit die Verwirrung eine Zeitlang austreiben wird, bis der Anfang in das Ende tritt, danach ist das Mysterium ein Wunder in Bildungen.

Der Siebente Text

7.1. Wenn nun im Mysterium der ewigen Natur ein solches Geheimnis (Arcanum) liegt, davon alle gut- und bösartigen Kreaturen geboren und erschaffen worden sind, dann erkennen wir es als ein magisches Wesen, darin jeweils eine Magie die andere durch Lust erweckt und in das Wesen gebracht hat, so daß sich alles Dingliche selbst erhöht und in die höchste Gewalt (bzw. „Macht“) geführt hat. Denn der Geist Gottes ist kein Macher in der Natur, sondern ein Eröffner und Sucher des Guten.

7.2. So hat sich auch das Böse wie durch magische Sucht immer selbst im Mysterium mit gesucht und gefunden und ist ohne Gottes Vorsatz mit eröffnet worden. Denn der Grimm ist eine Strengheit und herrscht über das Albere (bzw. Unwissende).

7.3. So ist alles aus seinem eigenen Baum ohne Vorbedacht gewachsen. Denn der erste Eröffner, also Gott, hat die Bosheit nicht zum Regiment geordnet, sondern Vernunft und Klugheit (Witze) sollten die Wunder eröffnen und eine Führerin des Lebens sein. Und so begegnet uns hier das große Geheimnis, das seit Ewigkeit im Mysterium liegt, nämlich das Mysterium mit seinen Farben, welches vier sind. Und die fünfte ist nicht dem Mysterium der Natur eigentümlich, sondern dem Mysterium der Gottheit, welche Farbe im Mysterium der Natur als ein lebendes Licht leuchtet.

7.4. Und die Farben, darin alles liegt, sind (1.) Blau, (2.) Rot, (3.) Grün und (4.) Gelb, und die fünfte als Weiß (als Anwesenheit von allem Licht in Ausgeglichenheit) gehört zu Gott, und hat doch auch ihren Glanz in der Natur. Aber sie ist die fünfte Essenz, ein reines unbeflecktes Kind, wie an Gold und Silber zu ersinnen ist, sowie an einem weißen hellen Kristall-Stein, der auch im Feuer besteht.

7.5. Denn das Feuer ist aller Farben Prüfung, darin dann keine besteht außer die weiße, weil sie ein Glanz von Gottes Majestät ist. (Die schwarze Farbe (als Abwesenheit des Lichtes) gehört nicht in das Mysterium, sondern ist die Decke der Finsternis, darin alles verborgen liegt.)

(„Sieh den Regenbogen! Nur wenn der Himmel weint, erblickst du die Farben im Licht.“ Tao-Shan)

7.6. Auch finden wir hierin den Baum der Zungen, also der Sprachen, mit vier Alphabeten. Das erste (nach der Farbe Blau) wird mit den Charakteren (Buchstaben) des Mysteriums bezeichnet, darin die Natursprache liegt, die in allen Sprachen die Wurzel ist. Doch es wird in der Ausgeburt der Vielfalt und der vielen Sprachen nicht erkannt, sondern nur von ihren eigenen Kindern, deren Verständnis das Mysterium selbst gibt, denn es ist ein Wunder Gottes.

7.7. Und das zweite Alphabet (nach der Farbe Rot) ist das hebräische, welches das Mysterium eröffnet und den Baum mit den Ästen und Zweigen nennt.

7.8. Das dritte (nach der Farbe Grün) ist das griechische, welches den Baum mit der Frucht und aller Zierde nennt, welches erst recht die Klugheit (Witze) ausspricht.

7.9. Das vierte (nach der Farbe Gelb) ist das lateinische, mit dem sich viele Völker und Zungen behelfen, welches den Baum mit seiner Kraft und Tugend ausspricht.

7.10. Und das fünfte (nach der Farbe Weiß) ist Gottes Geist, welcher der Eröffner aller Alphabete ist. Aber dieses Alphabet kann kein Mensch erlernen, wenn es sich nicht von selbst im Menschen-Geist eröffnet.

7.11. So entstehen diese Alphabete von den Farben des großen Mysteriums und teilen sich weiter in insgesamt 77 Sprachen, davon wir doch nur fünf als Hauptsprachen erkennen und 72 als die Wunder, darin Babel verstanden wird, wie der Mund eines verwirrten Wesens, weil der Verstand seinen Führer verlassen hat und allein gehen und in das Mysterium steigen wollte.

7.12. Wie solches bei den Kindern Nimrods am Turm zu Babel zu erkennen ist, als sie von Gottes Gehorsam in den eigenen Verstand gefallen waren. Damit hatten sie ihren Führer verloren und verwirrten den Verstand, so daß sie ihre eigene Sprache nicht begriffen.

7.13. So wuchsen viele Sprachen, nämlich 72 aus der verwirrten Babel, und eine jegliche ging in sich selber ein und suchte Klugheit, eine jegliche in ihrem eigenen Verstand und Bosheit. Denn sie hatten Gott verlassen und wurden Heiden, und Gott ließ sie in ihren Wundern gehen, denn sie wollten Ihm nicht anhängen, sondern ein eigenes Gewächs sein. Und ihr eigener Verstand, der doch mit allen Farben vermischt war, sollte regieren.

7.14. Jetzt war die Verwirrung geboren, so daß sie nicht eines Sinnes waren (und die geistige Einheit verlorenging), denn ein jeder wollte aus seiner Farbe leben, und es waren doch nicht die rechten (wahren) Hauptfarben, sondern nur ihre bösartig ausgebrüteten Kinder, die sich im Verstand selber ausbrüteten. Und sie liefen ohne den rechten (wahren) Führer, der alles in Eine Zunge geschaffen und nicht mehr als eine (ganzheitliche) eröffnet hatte, nämlich einen Baum mit Ästen und Kraft samt der Frucht.

7.15. Denn die vier Alphabete liegen in Einem Baum und gehen auseinander (und verzweigen sich). Aber die Vielfalt der Sprachen müssen sich mit deren Charakteren (den Buchstaben der vier Alphabete) als Hausgenossen behelfen, und wollen doch auch eigene sein und sprießen alle gegen den (ganzheitlichen) Baum.

Der Achte Text

8.1. So sehen wir jetzt den Ursprung zweierlei Religionen, daraus Babel als eine Abgöttin geboren wurde, und das an den Heiden und Juden.

8.2. Denn in beiden ist Babel, und es sind zwei Geschlechter in einem: Eines, das aus seinem Verstand (als aus dem Naturleben und Naturgeist) vor sich geht und sich selber zu erhöhen versucht. Das macht sich einen Weg in seinem Wesen, denn sein Wille kommt aus seiner eigenen Sucht und sucht seine Magie als eine große Zahl zu seinem Regiment, eine Vielheit, und geht gewöhnlich aus sich (in das Äußere) und vor sich hin. Doch sein Wille bleibt in seiner Vielheit und ist seiner Vielheit Gott und Führer.

8.3. Und wenn ihm der freie Wille Gottes entgegentritt und ihn straft, dann heuchelt der Abgott doch nur dem freien Willen, als dem Geist Gottes, mit dem Mund und ehrt seinen eigenen Willen in der Zahl der Vielheit. Denn dieser Wille ist aus seinem Schatz und aus seiner Magie geboren. Er begreift den freien Willen Gottes nicht, und darum ist er aus Fleisch und Blut aus seiner eigenen Natur geboren und ist ein Kind dieser Welt und hält seinen Schatz für seine Liebe. So ist er jetzt ein Heuchler und eine verwirrte Babel. Denn die Zahlen der Vielheit verwirren ihn als seine eigene Magie, so daß er aus einer Zahl in viele ausgeht. Jetzt ist diese Vielheit eine verwirrte Babel, und sein heuchlerischer Mund, mit welchem er dem Geist der Einheit (1676: Ewigkeit) gute Worte gibt und viel gelobt, ist ein Antichrist und Lügner. Denn er redet anders als er handelt, sein Herz ist eine Sucht, und der Geist seines Herzens hat sich in die Sucht hineingewendet.

8.4. So ist der Magier der Vielheit jetzt ein stolzer, überheblicher, geiziger und boshafter Fresser und ein Geist aus der begehrenden Vielheit, und ist ein falscher Abgott. Er hängt nicht dem freien Willen der Natur an, der da die Macht der Wunder in seiner Gewalt hat, und hat keine Vernunft im Göttlichen Mysterium, denn sein Wille ist nicht in diesem Geist. Wenn aber sein Wille in die Freiheit gewendet wäre, dann eröffnete der Geist Gottes sein magisches Mysterium, und seine Wunder und Werke stünden mit seinem Willen in Gott.

8.5. Weil sie aber nun aus sich herausgehen, so sucht der Anfang das Ende, und das Mittel ist die Verwirrung. Denn es steht nicht im freien Willen Gottes, sondern es wächst aus sich selber und erhöht sich wie ein stolzer Baum.

8.6. Und weil nun Gott nur einig im Willen ist, und auch in der ewigen Begierde als in der ewigen Magie einig ist, so daß sich die Sucht der ewigen Magie also nur in den ewigen Willen ergibt und darin sein Leben schöpft, so ist der Wille aus der Ausgeburt wie ein Abtrünniger oder eine meineidige Hure. Denn er ist eine Gebärerin der Falschheit und hängt nicht am freien Willen.

8.7. Und so verstehen wir hier eine Trennung von Gott und wie Luzifer für all dessen eine Ursache ist, der die Magie der Natur falschsüchtig gemacht hat. Und so werden darin zwei ewige Leben geboren, eines in Gottes Willen, und das andere im Willen des Teufels und Grimms, und das ist Babel mit dem Antichrist auf Erden.

8.8. Denn alles, was aus Gottes Willen in einen eigenen Willen herausgeht, das gehört in Babel (den eigenwilligen Konstrukten, die den Himmel erreichen wollen, aber in Verwirrung enden), und das seht ihr an den Juden und Heiden sowie an allen Völkern.

8.9. Die Heiden blieben in ihrer eigenen Magie stehen. Die aber aus der Sucht der Verderbnis heraus und in das Licht der Natur eingingen, weil sie Gott (bzw. das Licht Gottes) nicht kannten, aber in Reinheit lebten, die waren des freien Willens Kinder, und in denen hat der Geist der Freiheit große Wunder in ihrem Mysterium eröffnet, wie es an ihrer hinterlassenen Weisheit zu sehen ist.

8.10. Die andern aber, die nur in ihrem eigenen magischen Willen durch Fleisch und Blut lebten, denen ertrank ihr Wille in der Verwirrung, und die Verwirrung quoll in ihrem Willen auf und gab ihnen einen Geist nach den Essenzen der Geizigkeit und Grimmigkeit, und die suchten nur die Zahl der Vielheit als Herrschaften und Königreiche.

8.11. Und wenn die Verwirrung vor Gewalt nicht weiterkonnte, da ergrimmte sie und fing Streit und Krieg an, und daher entstand der Krieg, nämlich aus überheblichem Stolz und dem Geiz der Vielheit, und gehört mit seiner Zahl in das Mysterium des Grimms.

8.12. Desgleichen waren auch die Juden: Gott offenbarte sich ihnen, aber sie hingen auch zwei Willen an, nämlich ein Teil dem Gebot mit ihrem Willen in Gottes Willen gerichtet, wie die Erzväter und alle frommen Hoffer Israels. Und die andern taten mit den Händen (oder Heiden) das Werk des Gesetzes und hingen mit ihrem Willen an ihrer vergifteten Magie, also am Geiz, und suchten nur ihre Zahlen der Vielheit. Ihr Mund war ein Jude und das Herz eine Babel-Hure, also ein Heuchler und Antichrist mit guten Worten, aber falschem geizigem Herzen.

8.13. Und so setzte sich in der Christenheit und bei allen Völkern die Babel-Hure mit dem Antichrist fest, so daß in einem Volk zugleich zwei Reiche wohnen, aber sich im inneren Geist nicht mischen lassen, so daß sie Eins würden, gleichwie Ton und Eisen sich nicht mischen. Sie vermischen sich wohl nach der Körperlichkeit, aber ihre Geister sind zwei Geschlechter, wie der Prophet Daniel sagt (Dan. 2.43).

8.14. Darum, wer den Antichrist erkennen will, der suche ihn nur so, und er findet ihn in allen Häusern. Aber der ärgste ist die gekrönte Hure mit ihren Paten, die sie aus der Taufe der Hurerei hebt, damit sie auch in der Zahl der Vielheit leben können. Das sind die Schreier, die aus dem einigen Willen Gottes in viele Willen führen, nur damit sie die Zahl der Vielheit erben und irdische Bäuche mästen.

8.15. Und der andere Teil mit dem freien Willens Gottes geht mit seinem magischen Willen aus, und zwar aus sich selber in die Freiheit, als in den einigen unbegreiflichen Willen Gottes. Die stehen in der magischen Bildung rücklings gewandt (bzw. umgekehrt). Ihr Leben sucht Brot und geht vor sich, aber ihr Wille ist nicht im Brot, sondern geht aus sich heraus, aus der Sucht, in Gott. Und so leben sie mit dem Willen in Gott, in Einer Zahl, und diese sind die Kinder der ewigen rechten (richtigen bzw. heilsamen) Magie. Denn Gottes Geist wohnt in ihrem Willen und eröffnet ihnen die ewigen Wunder Gottes, und ihr Lebensgeist eröffnet die Wunder dieser Welt.

8.16. Und diese sind von Babel und dem Antichrist frei, auch wenn sie ihm im Schoß säßen. Denn das rechte (wahrhafte) Bildnis Gottes steht im Willen-Geist, der aus dem Seelen-Geist geboren wird.

Der Neunte Text

9.1. Wenn nun also zwei Magien ineinander sind, dann sind es auch zwei Magien, die sie führen, als zwei Geister: Einer ist Gottes Geist mit der Liebe der Einigkeit, und der andere ist der Verstandesgeist, dahinein sich der Teufel flicht. Nun kann sich der Mensch nicht besser probieren (bzw. prüfen), als daß er mit Ernst erkenne, wozu ihn seine Begierde und Lust treibt, denn diesen Geist hat er zu einem Führer und dessen Kind ist er auch. So hat er doch nun die Macht, daß er diesen Willen brechen und ändern kann, denn er ist magisch und hat die Gewalt.

9.2. Aber es muß Ernst sein, denn er muß den Sternengeist zähmen, der in ihm herrscht. Dazu gehört ein nüchternes stilles Leben mit stetiger Einwerfung (bzw. Hingabe) in Gottes Willen. Denn den Sternen-Qual-Quell zu bändigen vollbringt weder Weisheit (bzw. Wissenschaft) noch Kunst, sondern eine Mäßigkeit des Lebens, mit steter Ausgehung aus den Einflüssen. Denn die Elemente schmeißen ihm immerzu die Sternen-Sucht in den Willen. Darum ist es kein Leichtes, ein Kind Gottes zu werden. Es gehört große Arbeit mit viel Mühe und Leiden dazu.

9.3. So darf sich doch auch der Antichrist ein „Kind Gottes“ nennen. Aber Christus sagt: »Sie werden nicht alle in das Himmelreich kommen, die da sagen: „Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben und Taten getan?“ Doch er sagt ihnen: „Geht weg von mir, ihr stinkenden Böcke, ich kenne euch nicht.“ (Matth. 7.22)« Das heißt: „Ihr habt es aus der falschen Magie getan und seid nie in meinem Geist und Willen erkannt worden. Ihr seid in eurer geistigen Bildung Böcke, Tyrannen, Geizhälse, Hochmütige und Wollüstige. Ihr habt meinen Namen auf eurer Zunge geführt, aber euer Herz der Wollust und des Fleisches Sucht aufgeopfert, und seid in der Verwirrung geboren. Ihr müßt durch das Feuer bewährt werden, dann kommt jedem Reich seine Frucht anheim.“

9.4. Darum, du schöne Welt, besiehe dich in diesen Schriften, die dir der ewige Grund vorgestellt hat, und denke ihm so tiefer und weiter nach, oder du wirst in deiner Verwirrung erhascht (bzw. erfaßt) werden, darin du mit deinem Wesen durch das Feuer Gottes gehen sollst. Und jedes Werk, das ohne Gottes Willen ist, soll im Feuer bleiben.

9.5. Was aber in Gottes Willen geboren ist, das soll zu Gottes Ehre und Wundertat bestehen, und dem Menschenbild zur ewigen Freude.

9.6. Nun bedenke, was du tust! Denn Babel steht schon in Flammen und brennt an. Da gibt es kein Löschen mehr, und auch keine Arznei: Sie ist als bösartig erkannt worden, und ihr Reich geht zu Ende. Halleluja!


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