Von der Gnadenwahl

(Text von Jacob Böhme, am 8. Februar 1623 vollendet, deutsche Überarbeitung 2021)

10. Kapitel - Kurze Zusammenfassung der Schrift

Kurze Zusammenfassung der Schriftstellen, die den Verstand irritieren, und wie sie zu verstehen sind.

10.1. Die Epistel an die Römer, vor allem das 9. und 11. Kapitel, irritieren den Verstand und sind den Gottlosen ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses, aber den Heiligen ein Licht des Lebens. Denn hier steht: »Sie sind nicht alle Israeliten, die von Israel sind, auch nicht alle, die von Abrahams Samen sind, sind darum auch Kinder Gottes. Sondern „in Isaak soll dir der Same genannt sein“. Denn das sind keine Kinder Gottes, die nach dem Fleisch Kinder sind, sondern die Kinder der Verheißung werden als Samen gerechnet. Und das ist ein Wort der Verheißung, wenn er spricht: „Um diese Zeit will ich kommen, und Sara soll einen Sohn haben.“ (Röm. 9.6

10.2. Erklärung: Der Verstand versteht es so, als würde die Verheißung in diesem Samen von Abraham beginnen. Wir aber sehen, daß die Verheißung im Paradies begonnen hat und sich hier bei Abraham in eine Figur nach dem Reich der Natur in Ismael und nach dem Reich der Gnade in Isaak formte, als in ein Bild des Zukünftigen, wie auch bei Kain und Abel.

10.3. Das Reich der Natur war im Menschen im ursprünglichen Vorsatz zum Menschenbild im Zorn ergriffen worden. Und das konnte nicht mehr Gottes Kinder und wahren Samen Gottes gebären, sondern Kinder des Zorns und des verdorbenen Fleisches. Darum sagte Paulus, daß nicht alle Kinder und Samen von Abraham Kinder Gottes werden, sondern nur jene, die aus der Verheißung neugeboren werden, nämlich aus dem im Paradies einverleibten Wort, das Gott in Abraham erneuerte, als er sein Bildnis aus der Verheißung darstellen wollte.

10.4. Denn ein jeder Mensch, der da selig werden soll, in dem muß das Wort der Verheißung von der Gnade ein Sein und Wesen werden, was nicht allen im Mutterleib geschieht wie bei Isaak, sondern in der Buße und Bekehrung, wie Gott durch Jesaja sagt: »Wenn eure Sünden auch blutrot wären, wenn ihr euch bekehrt, sollen sie schneeweiß wie Wolle werden. (Jes. 1.18)« Das geschieht, wenn sich im Reich der Natur das Reich der Gnade offenbart. Das heißt, recht wie zu Abraham gesagt wurde: »Das ist der Bund: Um diese Zeit will ich kommen, und so soll Sara einen Sohn haben… (1.Mose 18.10 / Röm. 9.9

10.5. Das bedeutet, wenn der arme Sünder nun Buße tut, dann kommt Gott in Christi Geist und gebiert einen neuen Sohn aus Christi Fleisch und Blut in ihm. Und das heißt, die Seele ergreift in sich Christus im Glauben und in der Hoffnung und prägt die Hoffnung in ein Wesen ein, in dem das verheißene Wort lebendig wird. Hier beginnt die Schwängerung der neuen Menschheit durch Christus. Das ist dann ein wahrer Glaubens-Same, aus dem Gottes Kinder geboren werden, wie der Tau aus der Morgenröte. Dann hängt ihnen der alte Adam nur noch äußerlich an, wie dem Abraham, Isaak und Jakob, welche nach dem äußeren Menschen auch sterblich und sündig waren, aber in ihnen war der Tempel Gottes des innerlichen Menschen geheiligt, wie auch in uns.

10.6. Ferner: »Aber nicht nur bei ihr, sondern auch bei Rebekka war es so, als sie von unserem Stammvater Isaak schwanger war. Denn als die beiden Kinder noch nicht geboren waren und noch nichts Gutes oder Böses getan hatten - damit sollte der Vorsatz Gottes bekräftigt werden, daß seine Wahl nicht vom Verdienst der Werke abhängig ist, sondern aus Gnade des Berufers - wurde zu ihr gesagt: „Der Größere (Ältere) soll dem Kleineren (Jüngeren) dienen!“, wie denn geschrieben steht: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehaßt. (Röm. 9.10)« — Erklärung: Hier liegt nun der Verstand blind, und es ist eben wie zuvor ausführlich erklärt. Denn das war Gottes Vorsatz, den er Adam nach dem Fall schenkte. Der erste Vorsatz ist der natürliche erste Adam. Der war der Größere (Ältere) als das erste Bild Gottes im Vorsatz der göttlichen Erfahrung aus dem sprechenden Wort der Unterschiedlichkeit der Kräfte. Aber in ihm war die Gnade nicht offenbar, viel weniger die große Liebe und Demut in Jesu.

10.7. Darum kam Gott mit dem anderen (zweiten) Vorsatz, der in der Gnade verborgen lag, und gab ihn in das erste Bild hinein und offenbarte die Gnade durch das erste Bild, und tötete das erste Leben in der Gnade, und erhob das Leben der Gnade im ersten Vorsatz über den Vorsatz des größeren Bildes als des ersten natürlichen.

10.8. Darum sagt der Text in Mose zu Rebekka »Der Größere (Ältere) soll dem Kleineren (Jüngeren) dienen. (1.Mose 25.23)«, damit der Vorsatz in der Gnadenoffenbarung bestünde. »Denn Esau im größeren ersten Bild Adams habe ich gehaßt, weil er ein eigener Herr sein und in Böse und Gut leben und die Gnade nicht erkennen wollte. Aber Jakob in meinem rechten göttlichen Vorsatz, den ich aus meinem göttlichen Willen der Gnade von Ewigkeit geboren habe, den habe ich geliebt und ihn zum Herrn über die Natur gesetzt.« Darum sagte Christus, »ihm wäre alle Gewalt gegeben worden (Matth. 28.18)«, denn er war der Kleinere, nämlich aus Gottes Demut und Liebe, und die setzte Gott über das Reich seines Zorns, damit das Reich seines Zorns im Kleineren, nämlich in Gottes Gnade, Gott diene und offenbar werde.

10.9. Und darum wurde Ismael auch äußerlich das Erbe entzogen, um anzudeuten, daß Gott das Erbe dem Menschen gegeben hätte, der aus der Gnade geboren wäre. In diesem Hassen irrt nun der Verstand und versteht den Grund nicht, wie oben erklärt.

10.10. Ferner: »Was wollen wir denn hier sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei fern! Denn er spricht zu Mose: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.“ So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Denn die Schrift sagt zum Pharao: „Eben darum habe ich dich erweckt, daß ich an dir meine Macht erzeige, auf daß mein Name verkündigt werde in allen Landen.“ So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will. (Röm. 9.14)« — Erklärung: Auch hier liegt der Verstand gar tot und ohne göttliches Licht, wie geschrieben steht: »Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geheimnis Gottes. Es ist ihm eine Torheit… (1.Kor. 2.14)«

10.11. So verteidigt St. Paulus Gott und sagt, daß er recht tue oder richte, indem er sich erbarmt, wessen er will. Und das ist eben auch der Grund, denn er will keinen in seinem Erbarmen als nur diesen, der aus seinem Vorsatz der Gnade aus Christo geboren wird. Dieser armen gefangenen Seele erbarmt er sich. Das heißt, wenn die Seele das Wort der Verheißung ergreift und faßt wie Abraham, dann wird ihr diese Fassung des neuen Gnaden-Wesens zur Gerechtigkeit gerechnet, wie Abraham geschah, zu dem auch geschrieben steht: »Abraham glaubte Gott, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. (Röm. 4.3)«

10.12. Denn Glauben heißt Nehmen und Einfassen, nämlich das Wort der Verheißung in sich fassen, so daß es wesentlich wird. Dann geht das Erbarmen darin auf, denn der Kleinere, welcher anfänglich nur ein Wort der Kraft ist, der wird dann so groß, daß er den Großen als die feurige Seele der ewigen Natur an Gottes ersten ewigen Vorsatz überwältigt.

10.13. Daß aber geschrieben steht »Er erbarmt sich, wessen er will, und verstockt, wen er will«, das versteht man in den zwei Vorsätzen: 1.) In Christo ist der Göttliche, und so erbarmt Er sich derer, denn Christus ist sein Wollen zum Erbarmen. Es ist sonst kein anderes Wollen in Gott zum Erbarmen, als nur das Einige, das er in Christo offenbart hat.

10.14. Denn das erste göttliche Wollen in Adams erstem Bildnis, als er in Unschuld war, ist im Menschen verblichen, wie ein Licht der Kerze erlischt. Dieses Wohl-Wollen ist verloren, nicht in Gott, sondern im Menschen. Und aus diesem Wohl-Wollen, welches Wollen der Name „Jehova“ ist, hat sich das Wollen der Liebe und Gnade im Namen „Jesu“ in Adam nach dem (Sünden-) Fall durch das Einsprechen vom Schlangentreter (Christus) eröffnet. Denn mit diesem neuen Wohl-Wollen im Namen „Jesu“ gab Gott das Wohl-Wollen im Menschen seinem Sohn Jesus, wie auch Christus sagte: »Vater (das heißt, du großer Gott oder Jehova im Feuer und Licht), die Menschen waren dein, und du hast sie mir gegeben, und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Joh. 17.6)«

10.15. 2.) Das andere (zweite) Wollen ist im Vorsatz des ersten Grundes des Gottes Jehova, weil der Anteil des Lichtes in Adam verblich. So wurde die feurige Eigenschaft in diesem Wollen als der zornige Gott offenbar. Dieser will nun nach seiner Eigenschaft alles verzehren und in die Finsternis setzen.

10.16. So redet nun hier der Geist in Mose vom Wollen Gottes nach Liebe und Zorn aus beiden Vorsätzen, nämlich aus der ersten Gerechtigkeit, darin Gott den Adam erschuf, und dann aus dem Vorsatz Christi aus der Gnade, nämlich: »Wessen ich mich erbarme in der Liebe und wen ich darin ergreife, dessen erbarme ich mich, und wen ich in meinem Zorn mit der Todsünde befleckt finde und im Sündenquell eines falschen Lebens mit dem Willen einer Distel und des Teufels, den verstocke ich in meinem Vorsatz des Eifers.« Denn Er kennt sie wohl, wozu ein jeder dient.

10.17. Deshalb soll man hier niemals behaupten, daß in Gottes Vorsatz, soweit er „Gott“ heißt, ein Wille zur Verstockung von außen in den Menschen fahre, sondern im eigenen Grund des Menschen ist im Vorsatz der Gerechtigkeit Gottes der Quell und Ursprung zur Verstockung. Denn es ist das Wollen des Zorns, darin er verstockt, wen er will. Denn die gesamte Kreatur des Menschen in Gottes Zorn ist dieses Wollen zur Verstockung, denn sie will nur die Eitelkeit und die verstockt sie auch.

10.18. So liegt es nun nicht am Wollen, wenn der Gottlose selig werden will, auch nicht am Werk seiner Hände, sondern an Gottes Erbarmen, daß er umkehre und aus dem falschen Willen als ein Kind und aus dem Erbarmen in der Gnade neugeboren werde. Wenn es am Wollen der eigenen Natur läge, dann könnte auch die in Adam verdorbene Natur zur Kindschaft kommen. Aber nein, sie muß des eigenen Willens absterben und aus dem Willen der Gnade neugeboren werden, so daß die Gnade Christi in Gottes Willen offenbar werde. Allein darin liegt das Erbarmen und Wohlwollen. Das bedeutet es nun: »Wen er in Liebe und Zorn will…« Den Gottlosen will er im Zorn, und den Heiligen in der Gnade, einen jeden aus und in seinem Grund.

10.19. Auch das versteht recht: »Zum Pharao wurde gesagt: „Darum habe ich dich erweckt und verstockt, daß ich meinen Namen allen Ländern kundmache.“ (Röm. 9.17)« Der Pharao war nicht aus der Gnade als aus dem Gnaden-Wollen geboren, sondern aus dem Zorn-Wollen. Und weil Gott seinen Namen kundmachen wollte, wie er ein Herr sei und wie seine Gnade über den Zorn herrsche, so erweckte er den Zorn im verstockten Pharao und ergriff ihn im Vorsatz seines Zorns in ihm, und hielt ihn, so daß er die Werke Gottes nicht sehen konnte, denn er war an Gott blind, bis Gott die Gestaltungen seines Grimms in der Turba Magna (der großen Verwirrung) sehen ließ.

10.20. Daß aber diesmal das Maß der Missetaten der Ägypter voll gewesen war, das deutet die Schrift an, wenn sie sagt, daß Israel den Ägyptern vierhundert Jahre dienen müssen, und danach wollte Gott dieses Volk richten, denn das Maß ihrer Missetaten zur Verstockung sei noch nicht voll. (1.Mose 15.13) Aber beim Pharao war es nun voll und die Verstockung bei ihm vorhanden, darum gebrauchte ihn der Vorsatz Gottes im Zorn zum Werkzeug. Denn die Ägypter hatten die Plagen erweckt, und so mußten sie auch zur herrlichen Offenbarung göttlicher Gnade über Gottes Kinder dienen, so daß Gott an den Gottlosen seinen Zorn und an seinen Kindern die Gnade sehen ließe.

10.21. Denn die Zeit Pharaos war die Zeit eines Zieles, weil alle Dinge in Ziel, Zeit, Maß und Gewicht liegen. (Weis. 11.21)

10.22. Der vermeintliche Vorsatz von außen (der Vorherbestimmung) wird allein schon im Text von St. Paulus gewaltig zu Boden geworfen, wenn der Verstand meint, Gott erwähle sich etwa ein besonderes Volk mit besonderem Namen, wie die Sekten in ihrem Streit solcherart wüten und in ihrem Namen selig und vor anderen Völkern berufene Kinder sein wollen.

10.23. Denn St. Paulus sagt: »Welche er berufen hat, nämlich uns, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden. Wie er denn auch durch Hosea spricht: „Ich will das mein Volk nennen, das nicht mein Volk war, und meine Liebe, die nicht meine Liebe war. Und es soll geschehen: An dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde „Ihr seid nicht mein Volk“, sollen sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.“ (Röm. 9.24)« — Erklärung: Hierin sehen wir eindrucksvoll die ursprüngliche Berufung im Paradies durch das eingesprochene Gnadenwort, das von Einem auf Alle dringt.

10.24. Denn die Heiden waren nicht aus Abrahams Samen, mit dem Gott einen Bund machte. Doch auch in ihnen lag der erste Bund des in Gnade eingesprochenen Wortes als ein Grund. Darum sagt St. Paulus, daß Gott nicht allein die Juden in ihrem Bund, sondern auch die Heiden im Bund Christi berufen und erwählt habe, und das Volk seine Liebe genannt hat, das ihn nicht kannte und äußerlich in Unkenntnis nicht sein Volk war. Aber der Vorsatz der Gnade, der sich im Paradies nach dem Fall durch das Einsprechen einverleibt hatte, der lag auch in ihnen. Und nach diesem nannte sie Gott seine Liebe, welches einverleibte Wort er in ihnen durch den Geist Christi erweckte, als diese Gnadenstimme eine Seele angenommen hatte, so daß ihre Seele, die in der Finsternis verschlossen lag, die einverleibte Gnadenstimme in der Stimme Christi hörte, nämlich durch ein Erwecken eines neuen Einsprechens, und die (reine) Liebe in der Seele entzündet wurde. So schaut Gott nicht nur auf das Wissen der Menschen und erwählt sich damit aus seinem Vorsatz ein Volk zur Kindschaft, das vor anderen Völkern von seinem Namen zu reden wisse, sondern Gott schaut nach seinem Vorsatz, den er im Paradies aufgerichtet und seit Ewigkeit im überbildlichen Bild des Menschen hatte, auf den ersten Grund zur Menschheit, wo der Mensch im Namen „Jesu“ in göttlicher Weisheit ohne Kreatur in magischer (geistiger) innerer Bildung gesehen wird. Diese innere Bildung nach dem inneren Grund ist auch in den Heiden gewesen, weil eine Bildung auf alle ging, ausgenommen die Kinder des Zorns, in denen sich diese innere Bildung im Zorn gebildet hat. Aber diese Einbildung des Zorns geht nicht über ganze Völker, sondern über die Distel-Kinder, die im Vorsatz des Zorns von ihren angeerbten und bewirkten Sünden ergriffen wurden.

10.25. Wie dann auch zu Elia gesprochen wurde, als er zu Gott sagte: »Israel ist ganz von dir abgewichen, und ich allein bin übriggeblieben, und nun trachten sie mir nach dem Leben.« Darauf antwortete Gott: »Ich habe mir noch weitere siebentausend übrigbleibenlassen, die ihre Knie vor dem Baal nicht gebeugt haben. (1.Kön. 19.18)« Das sind diejenigen, die zwar äußerlich mit den Heiden liefen und unter den falschen Juden wohnten, aber ihr Herz war doch auf den wahren Gott gerichtet, und sie eiferten in Blindheit und Unverstand wie Saulus, bis sich die Gnade in Saulus erweckte, so daß er sehend wurde.

10.26. Denn Saulus meinte, er täte dem wahren Gott einen Dienst damit, wenn er diejenigen vertilgte, die das göttliche Gesetz in einen anderen Schein wandeln wollten, den er nicht kannte. Er eiferte im Gesetz Gottes aus dem Grunde seines Herzens, um Gott damit zu gefallen. Das tat er aber nicht aus dem Vorsatz göttlichen Zorns, so daß dieser ihn ergriffen und in das Leben der Finsternis versetzt hätte, oder daß ihn Gott als einen ganz im Tode Verstockten aus einem besonderen Vorsatz durch besondere Wahl betrachtet habe. Nein, er war auch einer unter den Siebentausend, in denen der Bund der Gnade vom wahren Samen Abrahams und der Verheißung im Paradies verinnerlicht lag. Aber der Weg zu dieser Gnade war ihm noch nicht offenbar. Er eiferte im Gesetz der Gerechtigkeit und forderte das, was er selber nicht tun konnte. Aber die verborgene Gnade in ihm konnte es tun, die sich in seinem Eifer offenbarte und ihn zum Werkzeug des Zeugnisses von der Gnade gebrauchte.

10.27. Darum ist es eine Blindheit und Unwissenheit, wenn ein Volk sagt: „Wir haben Christi Lehre, Gott läßt bei uns Christus predigen und bei jenem Volke nicht. Darum hat uns Gott aus seinem Vorsatz (der Vorherbestimmung) zu Kindern der Gnade erwählt. Und wenn wir auch im Leben nicht besser sind als jene, so hat er uns doch in seinem Vorsatz erwählt und in Christus unsere bewirkten und angeerbten Sünden gebüßt, so daß wir uns dessen nun trösten dürfen und dies als ein Gnadengeschenk annehmen. Denn unsere Werke gelten nichts vor Gott, sondern nur die Wahl seines Vorsatzes, so daß er den Gottlosen in seinem Vorsatz gerecht macht, weil er mit dem Vorsatz seines Willens den Gottlosen aus der Hölle zieht und selig macht.“

10.28. Höre, du blinde (Hure) Babylon, von Christis Purpurmantel bedeckt wie eine Hure von einem (Ehren-) Kranz, die voll Lust der Hurerei steckt und sich doch Jungfrau nennt: Was ist die Wahl und die Gnade, derer du dich tröstest und diesen Mantel der Gnade über deine Hurerei und Laster aller Bosheit deckst? Wo steht das in der Schrift, daß eine Hure durch Herrenbriefe und Gnadengeschenke zur Jungfrau werde? Welcher Kaiser kann durch seine Gunst und sein Wohlwollen eine Geschändete zur Jungfrau machen? Und wenn das auch geschieht, wo bleibt die Jungfrau im Herzen und in der Keuschheit? Gott fordert die Tiefe des Herzens und sagt: »Es soll nicht ein einziger Punkt seines Gesetzes der Gerechtigkeit vergehen, bis alles erfüllt werde. (Matth. 5.18)« Womit willst du die Gerechtigkeit erfüllen, wenn du ohne göttliches Wesen in dir bist?

10.29. Sprichst du: Christus hat sie (die Gerechtigkeit) einmal für mich erfüllt und dem Gesetz Genüge getan. — Antwort: Das ist wohl wahr, aber was geht das dich an, wenn du nicht in Christus bist und wandelst? Bist du nicht in Christo in der wirklichen Gnade, dann hast du keinen Anteil an ihm, denn er sagte: »Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. (Luk. 11.23)«

10.30. Es gilt keine zugerechnete Gnade von außen, sondern eine eingeborene kindliche aus Christi Fleisch und Blut, die das Verdienst Christi in sich anzieht (bzw. verwirklicht). Nicht der Mensch, der von Mann und Weib aus der verdorbenen Natur geboren wurde, erlangt die Gnade der Kindschaft, so daß er sich trösten und sagen dürfte: „Christus hat es getan. Er spricht mich von der Sünde los, und ich darf es nun glauben, daß es geschehen sei.“ Nein, das weiß auch der Teufel und der Verdammte, der sich dieser zugerechneten Gerechtigkeit und Gnade tröstet. Aber was hilft ihm das, wenn er doch verdammt wird? »Denn nicht alle, die da sagen „Herr, Herr!“, sollen in das Himmelreich eingehen, sondern die den Willen meines Vaters im Himmel tun«, sagt Christus (in Matth. 7.21).

10.31. Was ist aber dieser Wille, den sie tun müssen, damit sie zur Kindschaft kommen? Dazu sagt Christus: »Die da umkehren und werden wie die Kinder (Matth. 18.3)«, und »werden aus Wasser und Geist in Gott geboren. (Joh. 3.5)« Diese sind es, denn Christus ist der Wille Gottes, und die denselben tun wollen, die müssen aus Christus geboren werden, aus seinem Fleisch und Blut und aus dem Wort, das Mensch ward, das den Tod und die Sünde in der Menschheit tilgte und in Liebe verwandelte. Diese sind es, die das Verdienst Christi in der Seele anziehen (bzw. verwirklichen) und nach dem inneren einverleibten Gnadengrund der lebendige Christus werden, als eine wahre Rebe an seinem Weinstock.

10.32. Nicht durch Trost mit einem angenommenen fremden Schein, sondern wahrhaft selbständige und wesentliche Kinder Christi, in denen der eingesprochene Gnadenbund mit Wesen erfüllt wird, wenn die Seele von Christi Fleisch und Blut ißt und lebt. Und dies nicht von außen, sondern in sich selbst, wo Christus immerdar zur feurigen Seele in Gottes Gerechtigkeit spricht: »Nimm und iß mein Fleisch und trinke mein Blut, so bleibst du in mir und ich in dir. (Joh. 6.56)«

10.33. Die feurige Erfahrung der Seele nach dem inneren ewigen Grund der wahren Gerechtigkeit Gottes in seinem Vorsatz zur Kreatur der Seele muß sich in Christi Fleisch und Blut in ein Wesen hineinführen, aber nicht durch fremden Schein, sondern durch den, den Gott in Adam nach dem Fall offenbarte und in Christus mit Menschheit erfüllte (bzw. verwirklichte), als Gott Mensch und Mensch Gott wurde. So soll es nun auch in seinen Gliedern geschehen, die aus derselben Wurzel entsprießen, in denen Christus im einverleibten Gnadenbund lebendig wird und die Seele und Menschheit an sich nimmt.

10.34. So liegt es nun nicht allein am äußerlichen (gedanklichen) Wissen, so daß ich weiß, daß ich einen gnädigen Gott in Christus habe, der die Sünde der Menschheit getilgt hat, sondern es liegt daran: 1.) Daß es auch in mir geschehe, daß Christus, der vom Tode auferstanden ist, auch in mir auferstehe und über die Sünde in mir herrsche. 2.) Daß er auch die Sünde als die Natur in ihrem bösartigen Willen in mir töte, so daß in Christo dieser Wille auch in mir gekreuzigt und getötet werde. 3.) Und daß ein neuer Wille aus der Natur in Christi Geist, Leben und Willen in mir auferstehe, welcher Gott wolle, in ihm lebe und gehorsam sei und das Gesetz erfülle, das heißt, der sich durch Gehorsam (dem Hören der göttlichen Stimme) ins Gesetz hineinergibt und dieses mit dem göttlichen Liebe-Willen erfüllt, so daß das Gesetz in seiner Gerechtigkeit der Liebe-Begierde untertan werde und sich auch in der Liebe mit erfreue.

10.35. Dann verschwindet der Zorn Gottes von der Seele, und sie wird im Liebe-Geist vom Leiden erlöst und lebt in Gott. Dazu gehört nun ernste Buße, in der die arme Seele ihren Rachen, nämlich den Feuermund, in Gottes Vorsatz des Zorns aufsperrt und sich in der einverleibten Gnade die Verheißung Christi erfaßt, die besagt, daß er den Heiligen Geist denen geben will, die ihn darum bitten (Luk. 11.13). Diese angebotene Gnade muß als ein lebendig sprechendes Wort im inneren Grund der ersten, in Adam eingesprochenen Gnadenstimme durch die Seele erfaßt werden, nämlich durch das Zentrum der Natur und durch die göttliche Erfahrung des Ungrundes, so daß es ein Vorsatz zur Buße und zur Umkehrung des Greuel-Willens werde. In diesem Vorsatz gebiert der Geist Christi im ersten Grunde der einverleibten Gnade, die vermöge der Heiligen Schrift von Einem auf Alle dringt, ein neues Leben. In diesem neuen Leben vergeht und stirbt der Wille zur Sünde, und ein wahrhafter Ast wächst aus dem Baum Christi, wo nun die Sünde nur noch im sterblichen (äußerlich vergänglichen) Fleisch herrscht. Denn dieser neue Zweig ist in Christo durch den Zorn Gottes im Vorsatz des Zorns durch den ewigen Tod zum Leben der Gnade hindurchgedrungen, wie auch Christus sagt: »Wer an mich glaubt, der wird nimmermehr sterben, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen. (Joh. 5.24)«

10.36. So ist nun der Glaube nicht etwas Äußerliches, so daß man behaupten dürfte: „Uns gehört die Gnadenwahl, weil Christus gelehrt und bekannt wird. Er hat uns vor anderen Völkern auserwählt, so daß wir seine Stimme hören. Auch wenn wir bösartig sind, so hat er uns doch unsere Sünde in seinem Vorsatz vergeben und in Christi Verdienst getötet. Wir dürfen uns nun dessen annehmen und trösten, denn es wird uns von außen zugerechnet und als eine Gnade geschenkt.“

10.37. Nein, nein, das gilt nicht. Christus selbst ist die zugerechnete Gnade und das Geschenk samt Verdienst. Wer Ihn in sich hat und wer in seinem inneren Grund Er selbst ist, der ist ein Christ und ist mit Christus gekreuzigt und gestorben und lebt in seiner Auferstehung. Dem ist die Gnade in Christi Geist und Leben zugerechnet, denn er darf sich nicht nur wie Er ans Kreuz hängenlassen, sondern zieht Christus in seinem ganzen Verdienst an. Er zieht den gekreuzigten und auferstandenen Christus in sich an und nimmt nun sein Joch auf sich. Aber das heißt nicht nur Wissen und Trösten, denn Christus wohnt nicht im Leib der Bosheit.

10.38. Soll Christus in dir auferstehen, dann muß der Wille des Todes und Teufels in dir sterben. Denn Christus hat den Tod zerbrochen, die Hölle zerstört und ist zum Herrn über Tod und Hölle geworden. Wo er in einem Menschen einzieht, da muß Tod und Hölle im inneren Grund der Seele allumfassend zerbrechen und weichen. Er zerstört das Reich des Teufels in der Seele und gebiert sie als Kind Gottes zu seinem Tempel, gibt ihr seinen Willen und tötet den Willen der verdorbenen Natur. Das heißt, er verwandelt ihn in das wahre (überbildliche) Bild Gottes, denn es steht geschrieben: »Christus ist uns zur Gerechtigkeit gemacht worden durch sein Blut. (1.Kor. 1.30)« Will nun ein Mensch diese Gerechtigkeit haben, so muß er Sein Blut trinken, so daß es ihn rechtfertige. Denn die Rechtfertigung geschieht im Blut Christi im Menschen, in der Seele selbst, und nicht durch äußerlichen, zugerechneten oder fremden Schein.

10.39. Nur das ist kein zugerechneter und fremder Schein, der uns, die wir an Sünde tot sind, im Blut Christi in der Gnade gegeben wird. Dann gibt uns Gott dieses Gnadengeschenk in uns selbst zu einem neuen Leben, das die Sünde und den Tod tötet und uns als Kinder der Gnade vor Gott stellt. Denn Christus erfüllt mit seinem Blut der Liebe in uns Gottes Gerechtigkeit im Zorn und wandelt den Zorn in göttliche Freude.

10.40. Wenn sich nun ein Mensch nicht in göttlichem Willen oder gar herzlicher Begierde zum Wollen befindet, so daß er gern Buße tun, Gott gehorsamen sein und Christus anziehen wollte, der behaupte nicht, daß er ein wahrer Christ sei. Solches Mundgeschwätz hilft alles nichts, wenn man mit der Zunge Christus als Gottes Sohn bekennt und sich seiner Gnade tröstet, aber die Schlange mit ihrem Giftwillen zu Stolz, Geiz, Neid und Bosheit im Herzen behält, um weitere Übel zu tun. Ein solcher Mensch kreuzigt nur Christus und spottet seiner Verdienste, denn mit der Zunge bekennt er ihn, aber mit dem Gift der Schlange im Herzen bewirft er ihn mit Kot und Steinen. Er tut nichts anderes als die Teufel, die Christus (erst) als die Kraft Gottes anerkannten, wenn er sie aus den Besessenen heraustrieb.

10.41. Denn nicht die, die Christus nur mit dem Mund bekennen, sind darum Kinder Gottes, sondern die den Willen seines Vaters tun, der im Himmel ist, und zwar in Christus selbst. Denn Christus ist der gute Wille des Vaters, den niemand tun kann, er sei denn in Christo und tue ihn in Christi Geist und Leben.

10.42. Denn nicht alle, die von Abraham kommen, sind Gottes Kinder, sondern nur die Kinder des verheißenen Samens, die aus diesem neugeboren wurden, die sind (wahre) Kinder, die aus dem Blut Christi neugeboren werden, des ersten Grundes im Blut Christi, die in der Gnade und Liebe Gottes ersterben und auferstehen als ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott lebt, und denen nur die Sünde im tierischen sterblichen Fleisch mit einer Lust anhängt, über die der neue Mensch in Christo herrscht und diese zähmt und des Fleisches Willen verwirft. Wer aber nach dem Willen des Fleisches (bzw. Körpers) lebt und tut, der ist lebendig tot, und sein Mundbekennen hilft ihm nichts.

10.43. Denn das Mundbekennen ohne den inneren wesentlichen Grund Christi ist in Wirklichkeit der Antichrist, der da Christus bekennt, aber mit seiner Kraft verleugnet und sich selbst (eigenwillig) an Christi Stelle gesetzt hat. Das eine sagt er und ein anderes will und tut er. Darum spricht der Prophet Hosea, daß der Herr etwas seine Liebe nennt, was nicht seine Liebe war (Hos. 2.25), nämlich diese, welche Christus im Namen und Wesen nicht kennen und von seiner Offenbarung in der Menschheit nichts wissen, aber mit der Seele in ihren innerlichen Grund gehen, wo die Gnade im Paradies mit dem Einsprechen einverleibt wurde, und die Gnade in Gottes Erbarmen ergreifen. Das heißt, die das Evangelium weder hören noch haben, aber an den Einigen Gott glauben und sich in allen Kräften in ihn hineingeben und gern Gott erkennen und lieben wollen. Wüßten sie nur, was sie tun sollten, dann eiferten sie auch mit ganzem Herzen nach der Gerechtigkeit. Und diese sind äußerlich nicht Gottes Liebe, weil sie Christus in seiner geoffenbarten Stimme weder hören noch kennen. Aber nach dem innerlichen Grund sind sie in die Liebe der Gnade eingewurzelt, nämlich im paradiesischen Grund in das einverleibte Wort. Diese, so sagt Gott, wollte er zu seinem Abendmahl herbeiführen, denn sie waren seine Liebe. Und eben darum, weil sie in der Kraft das Werk des Gesetzes bezeugen und daß die Liebe der göttlichen Gnade in ihr Herz geschrieben sei, so sind sie sich selbst ein Gesetz (Röm. 2.14). Dieses Gesetz hat Christus in seiner Gnade einst durch sein Blut erfüllt und dringt nun von Einem auf Alle, nämlich auf alle, die aus der einverleibten Gnade im Willen-Geist geboren werden.

10.44. Denn obwohl der Text sagt »Wer nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes glaubt, der ist schon gerichtet. (Joh. 3.18)«, so kann man doch nicht behaupten, daß diese zuvor Genannten nicht an ihn glauben. Wenn auch ihr äußerlicher Mensch nicht an ihn glaubt noch ihn bekennt - denn sie wissen ja nicht, daß Gottes Sohn Mensch geworden ist - aber dieser, ihr innerer einverleibter Grund des eingesprochenen Wortes der Gnade, in welchem sie sich mit der Seele verkörpert haben, der glaubt in ihnen bis zum Tag der Offenbarung Jesu Christi, an dem er sein Reich offenbaren will.

10.45. Denn auch die Väter der Juden kannten Christus nicht im Fleisch (als Mensch verkörpert), sondern im Vorbild als in der einverleibten Gnade, welche sich in Gestalt des Bundes in ihrem Gesetz offenbarte, und sie zogen Christus nicht im Fleisch an, bis er sich im Fleisch offenbarte. Denn im ersten einverleibten Bund und Wort zogen sie ihn nur in der (geistigen) Kraft an. Als aber Christus diesen Bund mit der Menschheit erfüllte und das Gesetz des Zorns in der Sünde mit seinem Blut erfüllte und die Sünde in ihnen tötete, welche die Menschheit aufgehalten hatte, da zogen sie Christus auch im Fleisch an. Alle, die an ihn in seinem Bund geglaubt hatten, das heißt, welche den Bund in der Kraft als im Geiste angezogen hatten, in denen wurde der Bund mit himmlischem Wesen erfüllt. Und sogar in denen, die nach dem äußeren Leib schon lange verwest waren, aber deren Seele im Bund der Kraft lebte. Alle diese zogen Christus in seiner Auferstehung in sich an, und viele standen mit ihm nach seiner Auferstehung vom Tode in seinem Leib auf und ließen sich zu Jerusalem zu einem Zeugnis sehen, daß sie in Christo auferstanden waren und Christus im Fleisch angezogen hatten, der ihren Glauben in der Menschheit erfüllt hat.

10.46. Darum wird dir gesagt, du blinde Christenheit mit deinem Mundgeschwätz, daß du ohne Christus im Fleisch soweit und noch viel weiter von Christus entfernt bist, als die frommen Heiden, Türken und andere Völker, welche zwar Christus nicht kennen, aber auf den innerlichen ersten Grund zugehen.

10.47. Denn außer Christus hat der Mensch keinen Gott, denn Gott Jehova hat der Menschheit Christus gegeben, als den Namen und die Kraft Jesu, die sich aus Jehova offenbart. Wenn sich nun ein Fremdling Gott Jehova nähert und sich ihm hingibt, der empfängt Christus von Gott Jehova. Denn Christus sagte auch: »Vater - das ist Jehova - ich habe derer keinen verloren, die du mir gegeben hast.« Das heißt, Gott Jehova wird im bekehrten Sünder in der Seele offenbar. Und dieser Offenbarung gibt sich der einverleibte Gnadenbund zum Eigentum, der mit seiner Einnehmung der Seele offenbar werden soll, wenn Gott der Menschheit das Verborgene am Tag der Wiederkunft des Fleisches und der Auferstehung von den Toten offenbaren wird.

10.48. Darum wird dir, du Titel- und Maulchristenheit, im Eifer Gottes gesagt, daß du in deinem Mundgeschwätz ohne Christi Geist, Fleisch und Blut in dir ebenso heidnisch, türkisch und fremd vor Gott bist, als wie du von ihnen behauptest. Deine vermeintliche Wahl zur besonderen Annehmung der Kindschaft ohne der neuen (geistig-göttlichen) Geburt ist dein Strick und Fall. Der Zorn Gottes macht deinen falschen Weg, den du gehst, zum Fallstrick deiner Verwirrung und führt dich in deinem äußerlichen Schmuck in die Grube des Todes und der Hölle, so daß deine Kinder im Herzen nichts als Mörder, Geizige, Hurer, Diebe, Neidige, Bösartige, Meineidige, Treulose, Störrige, der Wahrheit Widerstrebende und überheblich Stolze sind, die im Sinn des Teufels nach Macht, Ehre und Gewalt stehen, um die Bedürftigen zu unterdrücken und zu treten. Äußerlich strahlen sie mit Heuchelei und decken die Gnade Christi über ihre Falschheit. Deine Wahl und dein Vorsatz, oh Gott, soll ihrer Schalkheit Decke sein, obwohl du dir doch nichts als Christus in den Gliedern, die aus ihm geboren sind, erwählt hast und nur Christus die Gnadenwahl selbst ist. Aber deine Gerechtigkeit in deinem Eifer, oh Gott, findet sie in deinem Grimm, und darum geht es so übel zu.

10.49. Oh tiefgründige Gnade Gottes, erwecke dich doch noch in uns armen, verwirrten und blinden Kindern und zerstöre den Thron des Antichrists und des Teufels, den er in Heuchelei aufgebaut hat, und laß uns doch einst dein Antlitz sehen. Oh Gott, die Zeit deiner Heimsuchung ist ja da, aber wer kennt deinen Arm vor der großen Eitelkeit des Antichrists in seinem aufgebauten Reich?! Zerstöre du ihn, oh Herr, und nimm ihm seine Macht, auf daß dein Kind Jesus allen Zungen und Völkern offenbar werde und wir von des Antichrists Macht, Stolz und Geiz erlöst werden. Halleluja! Von Aufgang bis Mitternacht zischt der Herr mit seiner Kraft und Macht, wer will das wehren? Halleluja! In alle Länder sieht sein Auge der Liebe, und seine Wahrheit bleibt ewiglich. Halleluja! Wir sind erlöst vom Joch des Treibers, und das soll niemand mehr aufbauen, denn der Herr hat es in seinen Wundern beschlossen. Halleluja!

Verwendete Quellen zur deutschen Überarbeitung

Von der Genaden-Wahl oder dem Willen Gottes über die Menschen, Jacob Böhme, 1682
De electione gratiae von der Gnaden-Wahl, Jacob Böhme, 1730
Jakob Böhmes sämmliche Werke, Band 4, Johann Umbrosius Barth, 1842


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