Von der Gnadenwahl

(Text von Jacob Böhme, am 8. Februar 1623 vollendet, deutsche Überarbeitung 2021)

8. Kapitel - Verständnis der Heiligen Schrift

Von den Sprüchen der Heiligen Schrift, wie diese gegeneinanderstehen und wie man sie verstehen soll, und vom Baum des Lebens und der Erkenntnis des Guten und Bösen.

8.1. Wir wollen nun die hohen Geheimnisse für die Schwachen in einem (symbolischen) Bild vorstellen, um nachzusinnen, wie die Kinder Gottes und auch die Kinder der Verderbnis aus ihrem Ursprung geboren werden und die Zeit ihres Lebens auf Erden verbringen.

8.2. Betrachtet einen Baum, der aus seinem Wesen und Samen wächst. In diesem Samen liegt die Tinktur des Wachstums samt dem Wesen des Körpers als das Holz, in dem alle vier Elemente samt dem Gestirn (des Geistes Kraft) als auch der Sonne Kraft verkörpert sind.

8.3. Der Same fällt in die Erde, und die nimmt ihn an, denn sie ist auch ein Wesen des Gestirns und der Elemente. Und das Gestirn und die Elemente sind ein Wesen des Welt-Geistes (Spiritus Mundi). Und der Welt-Geist ist aus dem Mysterium Magnum (dem großen Unbekannten bzw. Ungeformten), und ist das geformte ausgesprochene Wort Gottes aus dem ewigen Sprechen. Und im ewigen Sprechen wird die Unterschiedlichkeit bezüglich Liebe und Zorn wie auch von Licht und Feuer verstanden.

8.4. Das Unterschiedliche aus dem Sprechen ist die ewige Natur. Und das Sprechen in sich selbst ist Gottes Wort, und das entsteht aus der Kraft der Weisheit. Und die Weisheit ist das Ausgehauchte der Dreiheit als Gottes Findlichkeit (Bewußtheit), darin sich der Ungrund im Grund findet. Und die Findlichkeit ist der Einige ewige Wille. Der führt sich in sich selbst in eine Erfahrung (Scienz) zur Gebärung der Gottheit, welche er selbst ist. Also erkennen wir, wie sich das Innerliche in ein Äußerliches ausgegossen hat. Und wie nun das Innerliche seine Gebärung und Wirkung hat, so hat es auch das Äußerliche.

8.5. Es werden vor allem drei Prinzipien in dieser allwesenden (allgegenwärtigen) Gebärung verstanden, darin auch dreierlei Leben sind, die doch ineinander wie Eins sind. Nur daß ein jedes in seiner Eigenschaft allein sich selbst offenbar ist und den anderen nicht. Wenn aber diese dreierlei Leben zugleich in Einem ineinander offenbar sind, so daß eines das andere in sich sieht und begreift, dann ist es göttlich, denn es steht in der ganzheitlichen Ausgeglichenheit.

8.6. Das erste Leben ist das feurige als das natürliche Leben. Das zweite ist das lichtvolle als das gebende (erkennende) Leben, und das dritte ist das schallende als das fühlende und wirkende Leben. Das feurige gibt die Unterschiedlichkeit, das lichtvolle gibt Sein und Wesenheit, und das schallende gibt Kraft und Willen, nämlich im Wesen ein Wachstum und im Leben des Feuers und Lichtes einen Verstand der Sinnlichkeit.

8.7. Das erste Prinzip ist das feurige Leben und die erste Offenbarung Gottes, darin die Natur verstanden wird. Das zweite Prinzip ist das Licht, darin das heilige Leben der Vernunft samt dem Ursprung des Wesens verstanden und „Gottes Reich“ genannt wird. Das dritte Prinzip kommt aus der Kraft des Wesens und hat seinen Anfang in der Kraft des Feuers und Lichtes, nämlich aus dem feurigen Aushauchen von Feuer und Licht in eine Form. Das ist das Mysterium Magnum, darin alles liegt, und diese Form ist doch kein Bild sondern ein Wesen (Ens). Das ist auch der Welt-Geist (Spiritus Mundi), den das feurige Leben in der hungrigen Erfahrung faßt und in die Unterschiedlichkeit der wirkenden Kräfte hineinführt und sich darin in eine Form führt. Das heißt, das Feuer-Leben faßt das gegebene Wesen des Lichtes und zieht sich darin in eine Form auf, wie man das in einem Samen sieht und auch in den vier Elementen, die alle nur ein Körper des Welt-Geistes aus dem Mysterium Magnum sind.

8.8. So können wir nun gut verstehen, wie das Mysterium Magnum (das große Unbekannte bzw. Ungestaltete) zum Bösen und Guten in jedem Ding liegt, das als Mysterium in sich selbst gut ist und kein Bösartiges darin gespürt wird. Aber in seiner Auswicklung, indem es sich in Unterschiedlichkeit hineinführt, da wird es eine Gegensätzlichkeit der Eigenschaften, weil eine die andere überwältigt und aus der Gemeinschaft (bzw. Ganzheit) herausdrängt. Darin können wir die großen Geheimnisse Gottes verstehen, wie es die ganze Schöpfung betrifft.

8.9. So betrachtet auch einen Samen für einen Baum, wie oben angedeutet. Darin liegt das Mysterium Magnum nach des Samens Eigenschaft, denn es liegt der ganze Baum samt Wurzel und Frucht darin, und es ist doch keines davon offenbar, solange es nur ein Same ist. Sobald er aber in seine Mutter in die Erde eingesät wird, so wird er offenbar und beginnt, in der feurigen Erfahrung auszutreiben. Nun könnte die Erde das Wesen im Kern des Samens nicht entzünden, darin sich die drei Grundqualitäten (Salz, Schwefel und Quecksilber) offenbaren, wenn die Sonne mit dem Licht sie nicht zuvor entzünden würde. Denn diese drei Grundqualitäten liegen in der Erde im kalten Feuer verschlossen. Wenn aber die Sonne sie entzündet, dann wickelt sich das hitzige Feuer aus, daraus das Licht der Natur entsteht. Das heißt, es wickelt sich auch darin aus, und in diese Auswicklung wird der Samen eingenommen. Die Kraft der Erde empfängt sozusagen im Samen ihren lieben Sohn, der durch sie geboren wird, und nimmt ihn mit Freude an, denn er ist nach dem Wesen sogar edler als seine Mutter.

8.10. So können wir nun den Grund der Erde betrachten: Wenn die drei Grundqualitäten an einem Ort, wohin der Same gesät wird, in ihrem wirkenden Wesen dem Samen in seiner Qualität ähnlich sind, dann nehmen sie den Samen wie einen lieben Sohn mit Freude an. So gibt sich wiederum auch das Wesen des Samens mit großer Begierde in seine Mutter Erde, denn es findet seine rechte Mutter, aus deren Eigenschaft es geboren worden ist. Also findet auch das Wesen der Erde einen recht lieben Sohn am Wesen des Samens, und so erfreut sich eines des anderen und das Wachstum beginnt.

8.11. Ist aber das Wesen der Erde an diesem Ort dem Wesen des Samens nicht gleich, dann nimmt ihn die Erde wohl an, aber nur wie einen Stiefsohn. Sie führt ihre Freude und Begierde nicht hinein, sondern läßt den Stiefsohn stehen. Er versucht sich zwar das Wesen seiner rechten Mutter herauszusaugen, das an diesem Orte sehr tief verborgen (bzw. verdeckt) ist, doch wegen diese Verborgenheit verwest mancher Samen, ehe er die rechte Mutter seiner Eigenschaft erreichen kann. Und wenn er versucht, das ungleiche Wesen anzunehmen, dann steht er doch in großer Gefahr, ehe er sich in das fremde Wesen mit seinem Wesen hineinverwandeln kann, und wird nie so ein guter starker Baum, als wenn er in seine rechte Mutter eingesät worden wäre. Denn das widerwärtige Wesen ist ihm doch immerdar zuwider, und so stehen die Wesen im Streit, davon der Baum oft bucklig und krumm wird und auch nur wenige und meist schlechte Früchte trägt. Und wenn ihn noch äußerlich eine bösartige Konstellation trifft, dann kann er schnell verdorren und sterben. Denn wenn sich das Wesen der Erde mit dieser widerwärtigen (gegensätzlichen) Konstellation verbindet und sie annimmt, dann erfreut sich die Erde an der Eigenschaft dieser Konstellation, weil sie in dieser Eigenschaft gleichen Willens sind und nach ihrer Konjunktion einen eigenen Sohn gebären wollen. So wird der Baum alsbald vom Wesen der Erde verlassen und verdirbt oder bringt schlechte, wenige oder gar keine Früchte.

8.12. Wenn wir nun das Wachstum dieses Baumes betrachten, dann finden wir endlich den verborgenen Grund aller Heimlichkeit. Denn zuerst nimmt er das Wesen der Stiefmutter an und gibt sein Wesen der Stiefmutter, die zwar das Wesen des Samens auch annimmt, aber nicht in solcher Freude, als wenn es ein gleiches Wesen wäre. Sie zieht wohl das Wesen des Samens an sich, darin die Wurzel entsteht, aber bald erscheint Widerwillen in den drei Grundqualitäten der Mutter, so daß die Wurzel knorplig und bucklig wird.

8.13. In diesem Streit entzündet sich nun das Feuer im Wesen des Samens durch der Sonne Gewalt, und in diesem Entzünden wird das Mysterium Magnum (das große Unbekannte bzw. Ungestaltete) im Geist der Welt offenbar. Diesen ergreift das Wesen der Sonne und erfreut sich in ihm, denn der Sonne Kraft wird darin wesentlich und zieht das Wesen des Samens aus der Wurzel zu sich in die Höhe, damit sich darin eine Frucht gebären kann.

8.14. Die Sonne gibt sich mit ihrer Kraft ohne Unterschied dahinein. Denn sie liebt eine jede Frucht und alle Gewächse und entzieht sich Keinem. Sie will nichts anderes, als in einem jeden Kraut, oder was es auch sei, eine gute Frucht aufzuziehen. Sie nimmt alle an, bösartig oder gut, und gibt ihnen ihren Liebes-Willen. Anders kann sie nicht wirken, denn sie ist kein anderes Wesen, als was sie in sich selbst ist.

8.15. Aber wir müssen es auch recht betrachten, wie sie dem Bösartigen ein Gift und dem Gutartigen ein Gutes ist, denn in ihrer Kraft entsteht die wachsende Seele, und in ihrer Gewalt verdirbt sie auch. Das versteht so: Sind die Gestaltungen der Natur in den drei Grundqualitäten in der Wurzel des Baumes mit der Mutter Erde in gleichem Willen, dann gibt die Erde der Wurzel mit großer Begierde ihre Kraft und ihren Saft. Da erfreut sich die Kraft der Sonne darin und eilt zum Wachstum. Sind aber Erde und Wurzel einander widerwärtig, dann wird der Erde Kraft und Saft der Wurzel vorenthalten. Wenn dann die Sonne mit ihren Lichtstrahlen die Wurzel und den Baum entzünden will, dann entzünden sich darin die drei Grundqualitäten von Salz, Schwefel und Quecksilber in ihrer Bosheit (Widerwärtigkeit bzw. Feindlichkeit) und verbrennen das (fruchtbare) Wesen der Sonne und vertrocknen das Wasser (den Lebenssaft), und so verdorren der Stamm oder die Äste. Wenn aber die drei Grundqualitäten den Saft der Erde haben können, dann bleiben sie in der Ausgeglichenheit und erwecken sich nicht im Streit, sondern harmonieren mit den Lichtstrahlen der Sonne. Ähnliches (Ungleichgewicht) können wir auch im Mysterium des Welt-Geistes (Spiritus Mundi) sehen, wenn sich die feurige Eigenschaft emporwindet, so daß sie die Sonne entzünden kann und eine dörrende Hitze entsteht, die Kraut und Gras niederdrückt.

8.16. Mehr noch sehen wir in dieser Symbolik, wie es im Wachstum der Äste zugeht. Wenn der Stamm aufgeht, dann geht der Streit in der Natur mit auf, denn wenn die Natur in ihrer Ausgeglichenheit angezündet (entfacht) wird, dann steht sie ohne Unterlaß in der Unterschiedlichkeit der Sonnenkraft und will immer die Bosheit (Widerwärtigkeit bzw. Feindlichkeit) der drei Grundqualitäten von sich werfen (bzw. überwinden), und sie eilen auch selber in eigenem Willen. Durch dieses Trennen und Voneinandergehen treiben nun die Zweige aus dem Stamm. Im Winter schließt sie die Kälte in ihrem Streit ein, und wenn der Frühling kommt, so daß sie nun die Hitze erreichen können, dann treten sie wieder in den Streit. Daraufhin treibt sich der Streit wieder in den Ästen und Zweigen aus, wie man dann an jedem Baum sein jährliches Wachstum sieht.

8.17. So wollen wir nun auch den inneren Grund am Austreiben der Äste betrachten. Denn wir sehen, daß ein Ast groß wächst und Frucht trägt, und ein anderer verdorrt. Das verstehen wir nun in der Unterschiedlichkeit der Natur durch den Welt-Geist, wenn sich die jeweiligen Eigenschaften in eine Eigenheit im Wesen des Baumes fassen und die Gleichheit (bzw. Ausgeglichenheit) verlassen wollen. Welche Eigenheit nun in ihrem Stolz über andere in der Macht des Feuers aus der Gleichheit austreibt und nicht im Willen der Sonne in der Ausgeglichenheit stehenbleiben will, wie sie diese in sich aufzieht, diese (Eigenheit) erstickt, wenn sie aus dem Stamm ausgetrieben ist. Denn diese Erfahrung in dieser Eigenschaft hat sich in eigenen Willen hineingeführt und will in überheblichem Stolz eher austreiben als die anderen in der Gleichheit, und hat doch nicht genug Kraft dazu. Wenn dann von außen eine starke Konstellation des Gestirns in diese überstolzen Zweige eindringt und sie angreift und prüft, ob sie aus der Gleichheit sind, dann werden sie vergiftet und verdorren, denn sie sind abtrünnige Zweige. Und so dorrt sie auch die Hitze der Sonne im Geist der Welt aus.

8.18. Die anderen Äste aber kommen aus der Ausgeglichenheit und aus der gewaltigen Ausziehung der Sonne, wenn sich die Sonne in den Eigenschaften erfreut und die Eigenschaften ausgleicht und sich in ihnen auszieht (zum Wachstum). Diese Äste zieht die Sonne in ihrer Kraft groß, denn die Eigenschaften stehen in ihrem Willen. Mehr noch sehen wir, wie sich die Eigenschaften der Natur in den Ästen, wenn sie auswachsen, von den äußerlichen Zufällen verderben, wie vom Gestirn oder von unreiner Luft, falls es die Sonne mit ihren Strahlen nicht verhindern kann, so daß sie höckerig, krumm und bucklig werden, und auch mancher Ast dadurch vertrocknet und verdorrt abgeworfen wird.

8.19. Und wie es nun mit der Entstehung und dem Wachstum des Baumes zugeht, so geht es auch mit der Entstehung und dem Wachstum des Menschen zu. Auch wenn der Mensch in der Eigenschaft der Natur und des Lichtes höher als die Gewächse der Erde ist, so steht es doch alles in einer Ordnung, denn es kommt aus einem Grund, nämlich durch das ausgesprochene Wort Gottes, darin das göttliche Sprechen im Mysterium Magnum mitwirkt. Nur daß der Mensch in seinem körperlichen Wesen einen Grad höher als die Erde und ihre Frucht ist, und mit der Seele noch höher als der Welt-Geist (Spiritus Mundi) ist. Aber sonst entspringt alles aus einem Grund und unterscheidet sich dann voneinander und faßt sich in besondere Anfänge in der Schöpfung.

8.20. Gottes einziger Vorsatz ist sein ewigsprechendes Wort, daß er durch die Weisheit aus seiner Kraft in der Erfahrung der Unterschiedlichkeit zu seiner Offenbarung ausspricht. Er hat keinen anderen Vorsatz in sich, und es kann auch nicht sein, daß er noch mehr Vorsätze habe. Denn wenn das so wäre, dann müßte etwas vor ihm sein, an dem er Ursache zu einem Vorsatz (einer Vorherbestimmung) nähme.

8.21. So ist nun das Sprechen seiner Kraft zu seiner Selbst-Offenbarung der einzige göttliche Vorsatz, aber kein anfänglicher (verursachender), sondern ein gebärender (auswirkender) Vorsatz. Und des Wortes Vorsatz ist die Erfahrung der Unterschiedlichkeit und Förmlichkeit der Einigen göttlichen Kraft. Diese Unterschiedlichkeit und Förmlichkeit hat der Einige Gott in seiner Dreiheit von Ewigkeit in einen Anfang (bzw. in ein Werden) durch das Wort ausgesprochen, nämlich in ein Wesen aller Eigenschaften der Unterschiedlichkeit, in dem alle Unterschiede miteinander verbunden liegen. Und dieses Ausgesprochene ist das Mysterium Magnum (das große Unbekannte) und der wahrlich einzige Vorsatz des Wortes.

8.22. Das Wort begehrt nichts mehr als nur Seine heilige Kraft durch die Unterschiedlichkeit zu offenbaren, denn im Wort wird die Gottheit in der Unterschiedlichkeit durch das Feuer und Licht offenbar. Also sind diese zwei, nämlich das Wort und das Mysterium Magnum, ineinander wie Leib und Seele. Denn das Mysterium Magnum ist die Wesenheit des Wortes, darin und damit der unsichtbare Gott in seiner Dreiheit offenbar ist und von Ewigkeit in Ewigkeit offenbar wird. Denn wessen das Wort in Kraft und Schall ist, dessen ist das Mysterium Magnum ein Wesen, nämlich das ewige wesentliche Wort Gottes.

8.23. So versteht uns nun recht: Das geistig schallende Wort ist die göttliche Vernunft (oder universale Intelligenz), die sich durch das Mysterium Magnum als durch das ewige Wesen des Wortes in eine Förmlichkeit als in einen Anfang, eine Zeit und Unterschiedlichkeit ausgesprochen hat. Was im Mysterium Magnum in einem wirkenden (bzw. ursächlichen) Wesen liegt, das hat der ewigsprechende Geist offenbar gemacht, damit es ein wallendes, fassendes und gebärendes Leben sei. Und das ist nun der Geist der äußeren Welt, und sein Weben ist das kreatürliche Leben, sein Wesen sind die vier Elemente, und die Erfahrung der Unterschiedlichkeit im Welt-Geist ist das Gestirn (oder auch die Welt der unterscheidenden Gedanken), darin das wachsende Leben steht.

8.24. Dieses ewige Mysterium Magnum hat sich im Anfang seiner Unterschiedlichkeit durch das Aussprechen des Wortes der Gottheit als das subtile (geistige und gedankliche) Wesen vom groben und geronnenen (materiellen) Wesen unterschieden. Das subtile Wesen ist das Gestirn als eine Quintessenz, und das grobe und geronnene Wesen ist die Verkörperung, wie Erde, Steine und Metalle. Die Verkörperung ist geschehen, damit im Geist der Welt eine Lauterkeit als ein scheinbares sinnliches Leben sein könne. So hat die Verkörperung auch zweierlei Eigenschaften, nämlich eine subtile aus der Kraft des Lichtes im Wort, und eine grobe nach der Erfassung der Finsternis im Ursprung zum Feuer. Unter der groben Eigenschaft wird die Erde verstanden, und unter der subtilen die Kraft im Wesen der Erde, aus der durch Unterscheidung die Kräuter, Bäume und Metalle wachsen. Auch kommt alles Fleisch aus dem subtilen Wesen der Erde. Denn alles, was allein aus der Zeit entstanden ist und im Leben des Welt-Geistes steht, hat seinen Körper aus dem Wesen der subtilen Erde.

8.25. Dieser Welt-Geist mit dem Gestirn seiner Erfahrung und mit dem subtilen Körper des Feuers, des Wassers und der Luft samt seiner Verfestigung der Erde und was alles darin ist, der ist nun das ausgesprochene Leben und Wesen aus dem inneren ewigen Mysterium als aus dem inneren wesentlichen Wort Gottes. Und dieses ewige Wort Gottes wirkt und wohnt in heiliger Kraft im inneren Grund und hat sich im Anfang dieser Welt durch das innere (ursächliche) Mysterium in ein äußeres (wirkliches) Mysterium ausgesprochen. Und aus diesem äußeren Mysterium ist die ganze Schöpfung der äußeren Welt entstanden, und ist darin beschlossen wie im Leib einer Mutter, darin sich das ewige Wort mit der Erfahrung der Unterschiedlichkeit aus den Kräften in ein gestaltetes Leben hineingeführt hat.

Mysterium Magnum - Jacob Böhme
(Eine mögliche symbolische Deutung der sieben natürlichen Eigenschaften)

8.26. So ist nun dieses äußere Mysterium des geformten Wortes mit seinem gebärenden Leben in ein Rad gleich einem Uhrwerk eingeschlossen, in dem die Eigenschaften um ihre jeweilige Vorherrschaft ringen. Manchmal ist die erste oben, manchmal die zweite, dritte, vierte, fünfte, sechste oder siebente, wie es dann auch mit den sieben (natürlichen Grund-) Eigenschaften und ihren Wirkungen zu verstehen ist. Denn manchmal siegt der Geist im Feuer, davon die Hitze entsteht, manchmal im Wasser, davon es regnet, manchmal in der Luft, davon es stürmt, manchmal in der Irdischkeit, daraus die Kälte entsteht. Was eine Eigenschaft aufbaut, das zerbricht die andere. Eine Eigenschaft gibt, die andere behindert das Geben, so daß es verdirbt. Die eine gibt gutes Wesen und Willen, die andere gibt Bösartiges hinein und behindert das Gute, damit eines im anderen offenbar werde.

8.27. In dieses äußerliche Mysterium der Eigenschaften, in dem die Unterschiedlichkeit des ausgesprochenen Wortes verstanden wird, hat nun Gott das Licht der Natur aus dem Mysterium Magnum durch und aus Kraft des ewigen Lichtes eingesprochen, so daß auch im bösartigen Wesen ein guter Grund liegt, nämlich eine gute Kraft aus dem heiligen Wort, und daß es also kein Böses ohne ein Gutes gibt.

8.28. Darüber hinaus hat Gott auch die Sonne zu einem wirkenden Leben in die Eigenschaften der äußeren Welt hineingegeben, damit sich alle Dinge darin fassen und in einen Ausgleich der Gegensätze führen, darin sie wachsen und Frucht tragen können. Doch obwohl nun das Licht der Natur aus göttlicher Kraft in allen Dingen mitwirkt und auch die Sonne von außen in alle lebendigen und wachsenden Dinge scheint und drängt, ist trotzdem die feurige Eigenschaft im Grimm so stark, daß sich die Eigenschaften aus der Gewalt der Finsternis hartnäckig einprägen, so daß viele Geschöpfe und Gewächse in der Bosheit leben müssen. Denn der Hunger in der finsteren (unerleuchteten bzw. unwissenden) Einprägung ist so stark, daß er alle Kreaturen in seiner Gewalt hält.

8.29. Dieses wirkende Wesen in den Eigenschaften mit Licht und Finsternis, darin wir die ganze Schöpfung verstehen können, ist nun der einzige Vorsatz Gottes im Wort, damit Er nämlich Leben und Kreaturen gebäre und das ausgesprochene Wort in Bildlichkeit hineinführe, so daß jede Kraft in der Erfahrung der Unterschiedlichkeit in einem Leben und Bild stehe, beides nach der Eigenschaft der Licht-Kraft des heiligen Wortes und nach den Eigenschaften der Feuer-Kraft. Das Licht aber ist allen Dingen zu einer Ausgeglichenheit gegeben. Nicht daß das Licht allein das Wesen von außen bescheine, sondern es ist für alle Wesen mitwirkend, in allem, was da lebt und wächst.

8.30. Darum sollte keine Kreatur über ihren Schöpfer klagen, daß er sie zum Bösen erschaffen habe. Alleine der Grimm in der Natur verstockt ein Geschöpf und verhindert des Lichtes Kraft. Zum anderen verhindert es der Fluch, so daß die heilige Tinktur des heiligen Grundes des sprechenden Wortes im ewigen Licht wegen der Eitelkeit des Teufels, der Menschen und anderer Kreaturen in sich wieder vergangen ist und sich nur allein dem gibt, der sich in ein Bild der Licht-Kraft hineinführt und nicht mit der Erfahrung wirken will, die sich im Grimm der Finsternis ergibt. Denn das Problem ist, daß sonst die Finsternis die heilige Kraft ergreift und in ihre Bosheit führt. So heißt es auch nach der Schrift: »Bei den Verkehrten bist du verkehrt, und bei den Heiligen bist du heilig. (Psalm 18.26)« Wie es die Sonne erleiden muß, daß die Distel ihr gutes Wesen in ihre stachlige Eigenheit verschlingt und zu ihren Stacheln gebraucht, so will sich (aber) die höchste Tinktur in das Falsche (Illusorische) der Erfahrung nicht hineingeben, weil sich der ewige unergründliche Wille in ein Bild der finsteren Welt Eigenschaft verwandelt.

8.31. Der zweite Vorsatz Gottes im aussprechenden Wort Gottes, mit dem sich Gott durch das Mysterium Magnum offenbaren will, ist der hochteure heilige Name „Jesus“. Nachdem sich der Mensch von Gott in die Kreatur gewandt hatte, da hatte er Gottes Stimme verloren. Und diese sprach ihm Gott voller Gnade in des Weibes Samen mit dem verinnerlichten Namen „Jesus“ wieder ein, nämlich mit dem zweiten Vorsatz aus dem göttlichen Grund.

8.32. Der erste Vorsatz mit der Natur und Kreatur kommt aus der Eigenschaft des Vaters. Der zweite Vorsatz, die Natur und Kreatur vom Fluch und der Leiderfahrung zu erlösen, ist der Name „Jesus“ als die höchste Tinktur der göttlichen Kraft, um diese durch das geformte und ausgesprochene Wort in der Eigenschaft des Guten zu offenbaren, das im Bösen gefangengehalten wird.

8.33. Diesen Namen „Jesus“ hat Gott als Vorsatz seiner Liebe in die Mutter aller Menschen eingesprochen und als lebendige Kraft in einen ewigen Bund einverleibt und diesen Bund mit der Einführung des göttlichen Wesens in der menschlichen Eigenschaft erfüllt. Wie sie nun alle den Fluch und die Verderbnis (der Sünde) mit zur Welt bringen, darin sie alle Kinder des Zorns Gottes und unter dem Fluch beschlossen sind, so bringen sie auch alle den Gnadenbund im einverleibten Jesus mit zur Welt. Diesen Bund hat Gott in Christo mit dem Siegel der Kindertaufe bestätigt, und bei den Alten mit der Beschneidung der Vorhaut.

8.34. So wisset nun, daß Gott durch sein Wort keinen anderen Vorsatz als Grund der Schöpfung offenbart hat, als die Natur der Unterschiedlichkeit, darin die Vorsätze zur Bosheit entstehen, weil sich die Erfahrung des ursächlichen Willens in der feurigen Unterschiedlichkeit im ersten Teil in die Licht-Kraft hineinführt, im zweiten Teil in die feurige Eigenschaft der Leiderfahrung und im dritten Teil in die Phantasie nach Feuer, Licht und Finsternis als in die Eigenheit des Stolzes, wie es Luzifer und Adam getan haben. Was aber in der Kraft des Lichtes entschieden wird, das ist gut, und was in ganzheitlicher Ausgeglichenheit in feuriger Entscheidung stehenbleibt, mit dem vereinigt sich die höchste Tinktur der Kräfte. Den anderen aber in der Unterschiedlichkeit, mit denen vereinigt sich die Tinktur der Sonne und des Welt-Geistes.

8.35. Auf diesem Grund wollen wir euch das (oben erwähnte) Gleichnis mit dem Baum im Menschen und von seiner Pflanzung zum Guten und Bösen vorstellen und erklären, was der Vorsatz Gottes, sowie der Zug des Vaters im Guten und Bösen und auch die Wahl über die Menschen sei, und es danach mit den Sprüchen der Schrift vergleichen.

8.36. Der Mensch ist durch den Vorsatz des ewigen und zeitlichen Wesens Anfang aus dem sprechenden und ausgesprochenen Wort in ein Bild hineingeführt worden, in dem das sprechende Wort der Unterschiedlichkeit selbst verinnerlicht liegt. Denn er ist nach dem äußeren Leib ein Wesen der vier Elemente, und nach dem äußeren Leben ein Wesen des Welt-Geistes (Spiritus Mundi). Nach dem inneren Leib ist er ein Wesen des ewigen Wortes von Gott als des höchsten Mysteriums der wesentlichen Kräfte Gottes. Nach dem inneren Geist besteht er aber in zwei Eigenschaften. Zuerst besteht die kreatürliche Seele aus der Natur des Vaters als aus der ewigen Unterscheidung des göttlichen Wortes im Licht und der Finsternis. Diese Eigenschaft bekommt die kreatürliche Seele aus dem Grund des ewigen Willens. Die zweite Eigenschaft ist die wahre göttliche in der Kraft des Lichtes, und das ist Christus, in dem der Name „Jesus“ offenbar geworden ist. Und diese ist der wahre ewige Vorsatz Gottes vor der Welt Grund, in dem die Seele noch keine Kreatur, sondern nur ein Wesen im Mysterium Magnum (dem großen Ungestalteten) war.

8.37. Diese zweite Eigenschaft war dem Menschen im Anfang vor der Sünde in Jehova offenbar. Als sich aber die Seele davon abtrennte und in die Schöpfung hineinwandte, da verstummte die kreatürliche Seele an Gott. Hier tat sich nun der Vorsatz im heiligen Jesus als ein Gnadengeschenk hervor und trat in das Licht des Lebens. Dieses Gnadengeschenk ist nun nicht der kreatürlichen Seele Eigenheit. Sie hat es nicht als Naturrecht und bekommt es auch ewiglich nicht als Naturrecht, sondern es steht in der Seele in einem eigenen Zentrum und ruft die Seele und bietet sich ihr an, sich in ihr zu offenbaren.

8.38. Die Seele soll von der Bildlichkeit der irdischen Kreaturen stillstehen und kein irdisches Wesen in ihr Feuer-Leben hineinführen, daraus ein falsches (illusorisches) Licht entsteht. So will sich dieser göttliche Vorsatz in der höchsten Tinktur aus dem heiligen Liebe-Feuer mit dem heiligen Licht offenbaren, ähnlich wie ein Feuer das Eisen durchglüht, so daß das Eisen lauter Feuer zu sein scheint. So wandelt auch das Liebe-Feuer dieses Vorsatzes des Gnadengeschenks die Seele in seine Eigenschaft. Und doch behält die Seele ihre Natur, gleichwie das Eisen im Feuer seine Natur behält.

8.39. Ein jedes Kind, das aus Mannes- und Weibessamen geboren wurde, hat dieses Gnadengeschenk in seinem inneren Grund im Licht des Lebens entgegenstehen. Es bietet sich einer jeden Seele an und streckt seine Begierde während des ganzen Menschenlebens gegen die Seele aus und ruft zu ihr: „Komm her zu mir und gehe von der irdischen Bildlichkeit im Grimm und von der Phantasie ab!“

8.40. Dagegen steht aber auch zum Zweiten in einer jeden Seele, sobald ihr Leben beginnt, der grimmig erweckte Zorn Gottes im Wesen der Unterschiedlichkeit (bzw. Gegensätzlichkeit), in der auch das hineingeführte Schlangengift mit der Begierde des Teufels liegt.

8.41. Zum Dritten steht ein jeder Same des Leibes nach der äußeren Welt in der Gewalt des Welt-Geistes in der (gegebenen) Konstellation, weil während dieser Zeit das große Uhrwerk in der Gestaltung steht (und wirkt). Eine solche Gestaltung gibt ihm auch der Welt-Geist in die Eigenschaft des äußeren Lebens, und ein solches Tierwesen formt es ihm in die äußere Lebenseigenschaft ein. Denn der Geist der äußeren Welt aus den Elementen kann nichts anderes geben als ein Tierwesen. Und dieses Tierwesen entsteht, weil im Menschen die ganze Schöpfung liegt und er sich im (Sünden-) Fall aus der ganzheitlichen Ausgeglichenheit in irdische Begierde und Bildlichkeit hineingeführt hat, so daß in ihm der Welt-Geist mit seiner Unterschiedlichkeit (bzw. Gegensätzlichkeit) offenbar geworden ist.

8.42. Und so unterscheidet er sich nun noch immer in jedem Lebensanfang eines Kindes in eine solche Gestaltung. Wie das Gestirn in seinem Rad (bzw. Uhrwerk) gerade steht, ein solches Bild formt er aus dem Stoff der Erde mit den vier Elementen in die Eigenschaft, davon mancher Mensch aus dem Mutterleib nach dem äußeren Menschen das Wesen bösartig giftiger Schlangen, der Wölfe, Hunde, Kröten, schlimmen Füchse, stolzen Löwen, unflätigen Säuen oder stolzen Pfauen, aber auch der mutigen Rossen oder anderer guter und zahmer Tiere hat, je nachdem, wie die Gestaltung im Welt-Geist ist. Also gibt diese Konstellation aus dem äußeren Vorsatz des geformten Wortes auch manchem guten Verstand und gute Sinne, dazu Ehre und weltliches Glück, und manchem Elend, Unglück, Torheit, Bosheit, Schalkheit, bösen Willen und dazu Laster, so daß auch mancher Mensch, wenn er nicht das irdische eingepflanzte Tierwesen immerdar tötet und den bösartigen Willen mit dem göttlichen Gnadengeschenk bricht, dem Henker in die Hände kommt.

8.43. Nun siehe, Mensch, das bringt dir der äußere Vorsatz des geformten und ausgesprochenen Wortes, in dem Böses und Gutes liegt, weil sich die Erfahrung des Samens zum Anfang des Lebens in die Eigenschaft abscheidet. Und hierin liegt nun der Zug aus des Vaters Eigenschaft zum Bösen oder Guten. Und in was für ein Wesen das Leben sich konstelliert hat, entsprechend zieht sich die Konstellation in Seinesgleichen. Es will immerdar gleiches bei und in gleichem wohnen, wie ein frommer Mann gern bei Frommen wohnt und ein Spötter bei Spöttern, ein Dieb bei Dieben, und ein Fresser, Säufer, Spieler, Hurer und dergleichen auch bei seinesgleichen. Dahin zieht ihn seine Natur durch die Eigenschaft des göttlichen Zorns. So kommen auch die wirklichen Sünden der Eltern mit in die Eigenschaft, denn ein jedes Kind wird aus dem Samen der Eltern geboren. Wie nun die Eltern sind, so ist auch das Kind. Jedoch wird es oft durch die Konstellation gewaltsam gewandelt und in ihre Macht gezwungen, wenn sie stark genug ist.

8.44. Nun siehe: Das ist der Zug des äußeren Lebens, dazu Gott spricht: »Wen ich verstocke, den verstocke ich.« Also wird der äußere Mensch verstockt, und auch fromm oder sinnlich zur Demut oder zum Stolz gezogen. Das ist nun Gottes Vorsatz nach seinem Zorn, den der Mensch in sich erweckt hat. Denn er ist das äußere gebärende Wort Gottes, dadurch Gott mit der äußeren Kreatur wirkt, wie er sie in seinem Uhrwerk ergreift, in diesem Uhrwerk, mit dem er auch seine Herrlichkeit offenbart, beides nach Feuer und Licht, nach Verstand und Torheit, auf daß eines im anderen offenbar und erkannt werde, was gut sei.

8.45. Nun ist aber dieses Uhrwerk des ausgesprochenen Wortes nicht Gott selber. Es ist nur ein Bildnis nach ihm, nämlich das äußere wesentliche Wort, darin er die Schöpfung beschlossen und daraus geschaffen hat. Denn aus rein göttlicher Eigenschaft kann keine Kreatur kommen, weil sie keinen Grund noch Anfang hat. So kann sie sich in keinem anderen Anfang formen als durch das Wort der Kräfte, durch die Unterschiedlichkeit und aus der Unterschiedlichkeit des Sprechens, und dafür muß sich das Sprechen in die Natur hineinführen, sonst würde das Wort nicht offenbar.

8.46. Die innere Eigenschaft der Seele liegt nun in der ersten geschaffenen Konstellation, im ewigen anfänglichen Grund. Diese wird nicht in die äußere tierische Konstellation mitgebildet. Denn diese seelische Erfahrung hat einerlei Form wie ein magischer Feuer-Quell und scheidet sich erst im Leben von selbst in die Gestaltung des Leibes. Darin liegt nun der Grund der ewigen Natur und ist zum Guten und Bösen fähig, denn es ist die Ursache zum Feuer und Licht. Aber er liegt hart und schwer in den Sünden gefangen, denn hier liegen die Erbsünden im Zentrum der Natur, und da hat der Teufel seinen Sitz bekommen. Oder anders gesagt, hier liegen nun die vererbten Sünden von Eltern und Großeltern wie ein böses Gift, davon Gott spricht, »er wollte sie an den Kindern strafen bis ins dritte und vierte Glied. (2.Mose 20.5)« Doch hierin liegen auch der Eltern Wohltaten und Gottes Segen, die so auf die Kinder übergehen. Diese Eigenschaften konstellieren sich nun auch in eine Gestaltung nach ihrer Art, und damit gestaltet sich die Seele entweder in ein Bild der Engel oder der Teufel.

8.47. Und hier liegt nun der schwere Grund, wo die Wahl Gottes sieht, was da für ein Engel werden wird. Jedoch ist kein Beschluß darüber gemacht, denn das Gnadengeschenk steht im inneren Grund und gehört der inneren Erfahrung des Ungrundes der Seele als dem Willen des ewigen Vaters. Hier bittet Christus für die arme gefangene Seele, wie die Schrift sagt. Denn die Seele liegt an den Banden von Gottes Zorn und ist in ihren Sünden verstockt. Hier zieht sich das Leben durch den Tod und prüft, ob irgendein gutes Fünklein darin sei, das der göttlichen Kraft fähig ist, und so wird es gezogen. Denn Christus will offenbar sein, und so will auch der Grimm der Natur offenbar sein. So stehen nun diese beiden Vorsätze im geformten Wort im Streit um den Menschen als um das Bild Gottes. Das Reich der Gnade im Licht will dieses (Bild) besitzen und sich in ihm offenbaren. Und so will es auch das Reich der Natur im Grimm des Feuers in der natürlichen Unterschiedlichkeit haben und sich in ihm offenbaren. Und diese Beiden liegen im geformten Wort als die Eigenschaft des Vaters im Grimm und die Eigenschaft der Liebe des Sohnes im Licht.

8.48. So erinnert euch nun an das angedeutete Gleichnis vom Baum: Das Weib ist der Acker, und der Mann ist der Samen zum menschlichen Baum, der gesät wird. — Da spricht nun der Verstand: Gott fügt sie zusammen, wie er sie haben will. — Antwort: Ja, richtig, aber durch seinen Vorsatz, den er im Wort durch das große Uhrwerk der Natur in ein Regiment gefaßt hat. Die Konstellationen im Uhrwerk ziehen sie zusammen, aber die meisten werden durch eigenen Willen zusammengezogen, weil sich der menschliche Wille, der aus dem ewigen Grund ist, selbst konstelliert, so daß dann die äußere Konstellation gebrochen wird.

8.49. Das sehen wir daran, wie sich die Reichen mit den Reichen konstellieren, oder die Adligen mit den Adligen. Wenn die Konstellation des Welt-Geistes nicht gebrochen werden könnte, dann würde manche arme Dienstmagd mit einem Edelmann verheiratet, die äußerlich im Welt-Geist miteinander konstellieren. Aber die selbstgemachte menschlich-seelische Konstellation aus dem hohen Grund ist mächtiger als die Konstellation im Welt-Geist. Deshalb geht es oft und meistens nach der (inneren) Konstellation der Seele, welche die äußere Welt in der Macht und Hoheit übertrifft. Gleichwie es am Sämann liegt, wohin er seinen Samen sät, auch wenn ein anderer Acker besser und fähiger wäre.

8.50. Wenn aber die Seele ihren Willen Gott ergibt und sich nicht selber in diesen Orden (bzw. diese Ordnung) konstelliert, sondern sich dem Vorsatz Gottes anbefiehlt, dann wird die männliche und weibliche Tinktur ins Wort eingefaßt und in der rechten göttlichen Ordnung nach der Seele im Mysterium Magnum und nach dem Leib im Welt-Geist (Spiritus Mundi) konstelliert. Damit wird eine Liebe nach der wahren Gleichheit seiner Eigenschaft in ihm erweckt. Und wenn dann der Mensch derselben folgt und nicht mehr nach Reichtum, Adel, Schönheit und wohlgefälliger Geschicklichkeit schaut, dann bekommt seine eigene Konstellation, die er von Natur aus hat, die rechte wahre Gleichheit, und wird ein Acker, der dem Samen gleich und angenehm ist. Dann erhebt sich nicht so leicht und bald ein Streit in der Frucht, denn sie stehen miteinander in der Gleichheit. Und hier kann sich die innere und äußere Sonne besser in der Frucht mit konstellieren.

8.51. Aber wie es in der Welt geht, das sieht man daran, was die Natur zusammenführt und bindet, wenn sich oft zwei junge Leute in höchster Liebe konstellieren, welches aus dem großen Vorsatz der wahren Konstellation im Welt-Geist im geformten Wort geschieht. Doch das brechen dann die Eltern und Freunde wegen der Armut oder auch der Hoheit. So spricht auch Gott zu Noah: »Die Menschen wollen sich durch meinen Geist nicht ziehen lassen und nehmen zur Ehe und beschlafen die Töchter der Menschen, je nachdem, wie schön sie sind (1.Mose 6.2, reich und edel, welches alles doch Menschenwerk ist. Daher kommen dann aus ihnen Mächtige und Tyrannen, denen Gott die Sintflut seines Zorns in ihre gemachte Konstellation entgegensetzt und ihren eigenen Willen verstockt. Und so werden auch manche Leute wegen Hoheit oder Reichtum zusammengezwungen und gekuppelt, die danach einander feindlich werden und ihr Leben lang im Gemüt den Tod und die Trennung wünschen.

8.52. Diese sollen nun ihre Tinkturen im Samen in eine Konjunktion zum menschlichen Leben eines Kindes ineinander führen. Das Weib ist dann der Acker und der Mann sät den Samen. Wenn nun die zwei Tinkturen ineinander eingehen und sich in eine wandeln sollen als in den weiblich-männlichen Samen, mit dem sich das Wesen in eine freudenreiche Gleichheit hineinführen soll, dann sind sie (doch oft) einander ungleich im Willen, und der Acker empfängt mit dem Samen einen Stiefsohn. Er muß ja den Samen annehmen, denn er drängt sich herein und zieht das Wesen aus dem Acker in sich. Aber der Acker gibt ihm nicht seinen guten Willen, und so muß das Wesen des Samens seine Gleichheit erst im weiblichen Samen suchen. Diese liegt ihm aber in der Konstellation zu tief verschlossen und er kann sie schwerlich erreichen, daraus dann Unfruchtbarkeit und der Natur Abneigung entstehen. Und wenn es nun auch geschieht, daß der Samen in die weibliche Tinktur des Ackers eingewurzelt wird, so ist ihm doch die äußere Konstellation im Welt-Geist in der wahren Ordnung des geformten ausgesprochenen Wortes gram. Denn es steht nicht in der Gestaltung des Freudenreichs im großen Uhrwerk der Natur, sondern führt alsbald seine Feindstrahlen aus der Turba Magna (der großen Verwirrung) mit in die Gestaltung der Kreatur, dadurch manche Frucht verdirbt, ehe sie das Leben bekommt.

8.53. Was nun hier für eine Wirkung im Zentrum der Natur zum Leben sein solle, gebe ich dem Verstand zum Nachsinnen, und auch wie sich die Natur in ihrer Widerwärtigkeit verstockt. Was für ein seelisches Feuer sie in sich erwecke und gebäre, ist wohl zu ersinnen, davon die Schrift sagt, Gottes Zorn verstocke sie, daß sie nicht zum wahren heiligen Licht kommen. Denn wie die Eigenschaft des seelischen Feuers ist, ein solches Licht entsteht auch daraus, und in diesem seelischen Licht steht nun das Leben. Darum sagt die Schrift: »Bei den Heiligen bist du heilig, und bei den Verkehrten bist du verkehrt. (Psalm 18.26)« Wie das Volk ist, einen solchen Gott hat es auch.

8.54. Das Licht der Natur, darin sich die Stimme Gottes im Paradies in des Weibes Samen wieder einverleibt hat, in welchem Christus empfangen und geboren ist, das steht nun in dem innerlichen Grund und soll sich durch das entfachte Seelenfeuer offenbaren und mit in die Kreatur eingehen und wirken. Die Seele soll nun dem Geist Christi stillstehen, so daß er in ihr wirken könne. Aber sie, die seelische Eigenschaft, darin das Seelenfeuer brennt und lebend wird, ist im Grimm des Streits (der weltlichen Gegensätze).

8.55. Hier ist nun der Zug im Zorn, wie auch der Zug Christi durch das Licht der Natur. Und so heißt es zu Recht: Wo sich die Erfahrung des unergründlichen Willens aus dem Grund der ewigen Natur in der seelischen Eigenschaft hinwendet und zum Knecht in Gehorsam gibt, dessen Knecht ist sie, entweder dem Zorn Gottes im Grimm der ewigen Natur oder dem Leben Christi in der Gnade, wie auch St. Paulus sagt (in Röm. 6.16).

8.56. Da spricht nun der Verstand: Das Wesen der Seele kann nicht anders, denn sie muß erleiden, was Gott mit ihr tut. Dazu ist sie noch verdorben und zum Grimm geneigt. — Antwort: Ja, sie kann in ihrer Eigenheit nicht anders. Aber Christus, als er die seelische Eigenschaft annahm, hat den Grimm und die Verwirrung des falschen Willens mit der Liebe zersprengt und seine Liebe in das kreatürliche Wort hineingeführt und dem seelischen Wesen zur Gehilfin gegeben. Es liegt nun bloß an dem, welche Eigenschaft die andere übertrifft, entweder die lichtfeurige oder die zornfeurige, Gottes Liebe oder sein Zorn. Denn das Wesen zur Seele hat noch keine (wahrhafte) Vernunft, aber aus dem unergründlichen ewigen Willen hat es den Grund des Willens zur Gebärung der Stätte Gottes, wo der unergründliche Wille des Vaters den Sohn als die Kraft (zur ganzheitlichen Vernunft) gebiert.

8.57. In diesem unergründlichen Willen steht das Wesen der Seele und will von ihm Gott haben. Es soll göttliche Kraft gebären, doch weil es das nach seinem (Sünden-) Fall nicht in eigenem Vermögen tun kann, so hat er ihm das Reich seiner Gnade einverleibt und im Namen „Jesu“ offenbart. Wenn sich nun der seelische unergründliche Wille dem Geist Christi im innerlichen Grund vereint, dann ergreift ihn Christus und zieht ihn zu sich. Allda entsteht das Können, denn das Wesen des Zorns ist mit der einverleibten Stimme göttlicher Liebe zerbrochen, und der Geist Christi durchdringt nun das Licht der Natur in der seelischen Eigenschaft und wirkt in ihr, wie das Licht der Natur in der Erde im Samen zum Baum wirkt und sich hineindrängt, so daß der Same einwurzeln kann.

8.58. Und dieses Eindringen des Geistes Christi in das Wesen der Seele ist die göttliche Berufung, davon die Schrift sagt: »Viele sind berufen usw.« Denn so werden sie im seelischen Grund berufen, ehe die Seele das Leben hat.

8.59. Frage: Warum sagt aber die Schrift »viele« und nicht »alle«? — Antwort: Christus steht allen bereit und ruft sie alle, denn die Schrift sag: »Gott will, daß allen Menschen geholfen werde. (1.Tim. 2.4)« Aber sie sind nicht alle des Rufs fähig, denn manches Wesen ist mehr teuflisch als menschlich, weil es der Zorn überwältigt und verstockt hat.

8.60. Hier scheint nun das Licht in sich selbst in der Finsternis, aber das finstere Wesen der Seele hat es nicht begriffen. An diesem seelischen Wesen geht nun der Ruf vorüber, denn die seelische Eigenschaft ist in der Finsternis ergriffen. Das Licht durchdringt sie wohl, es findet aber kein Wesen der Liebe darin, in dem es sich entzünden könnte. Darum bleibt das Wesen der kreatürlichen Seele getrennt von Gott in sich selbst wohnend, und auch Christus bleibt in sich selbst wohnend, und sie sind doch einander so nahe. Aber ein Prinzip scheidet sie, wie die große Kluft zwischen dem reichen Mann und dem armen Lazarus (Luk. 16.20), denn sie stehen gegeneinander wie Leben und Tod.

8.61. An diesen wird nun verstanden, daß Gott seinen Zorn kundtue und sie verstocke, aber nicht aus einem fremden oder göttlichen Willen oder Vorsatz, sondern deshalb, weil er sein Wort in die Natur und Unterschiedlichkeit hineingeführt hat. Nicht der heilige Wille Gottes entzieht sich ihnen, so daß sie verstockt bleiben müssen, wie der Verstand hier irrt. Denn er ist in ihnen und wollte sie gern haben und sich in ihnen offenbaren als im Bild Gottes. Aber der Grimm im Zentrum der Natur, wo sich der Wille des Ungrundes in die Finsternis scheidet, hat sie ergriffen und die aufgetane Pforte der göttlichen Liebe mit den Greueltaten der angeerbten Sünden verschüttet.

8.62. Wozu die gegensätzliche Konstellation der Ungleichheit hilft, weil Mann und Weib (bzw. Geist und Natur) in ihrer beider Willen gegeneinander nur Haß, Fluch und Todesangst zueinander säen. Sie fassen ihre Lebenstinktur in feindlichen Willen und kommen nur in Vermischung ihres Samens in tierischer Lust zusammen. Kein Wille ist dem anderen treu, sie denken nur an Gift und Tod, fluchen einander alle Stunden und leben beieinander wie Hunde und Katzen. Wie nun ihr Leben und steter Wille ist, so ist auch ihre seelische Tinktur im Samen. Darum sagt Christus: »Ein schlechter Baum kann keine guten Früchte tragen. (Matth. 7.18)« Denn in ihrer Tinktur des Samens ist schon die Verstockung. Was kann nun Gott dafür, daß sie eine Distel pflanzen?

8.63. Sprichst du nun: Was kann aber das Kind dafür? — Antwort: Das Kind und die Eltern sind ein Baum, und das Kind ist ein Ast am selben Baum. Darum höre, Verstand: Wann verändert die Sonne einen Ast am sauren Baum, so daß er süß wird? Soll denn Gott wegen einer Distel gegen den Vorsatz seines ausgesprochenen Wortes und Willens handeln? Bedarf doch auch das Reich der Finsternis der Kreaturen, und sie alle sind Gott nütze. »Der Gottlose ist Gott ein guter Geruch zum Tode, und der Heilige ein guter Geruch zum Leben. (2.Kor. 2.15)«

8.64. Darum entsteht der Wille zum Verderben im kreatürlichen Wesen, und der Wille zum heiligen Leben entsteht aus Gott in Christus. Und diese beiden sind ineinander wie ein Wesen, aber werden in zwei Prinzipien verstanden. Weil sie beide in den Kreaturen wirken, so werden die Kreaturen auch von beiden gezogen. Wenn aber Christus keine Stätte seiner Ruhe finden kann, dann besitzt der Teufel die Stätte, wo Christus wirken sollte.

8.65. Und hier sagt nun Christus: »Wenige sind auserwählt… (Matth. 20.16)« Warum? Viele haben noch ein Fünklein des guten Wesens in sich, darin Christus wirkt und sie ohne Unterlaß warnt und ruft. Aber das falsche (illusorische) Wesen ist so groß und stark, zieht eine Menge bösartiger Einfälle von außen an sich, verdunkelt das Bild Gottes, tötet das gute Wesen und den guten Willen und kreuzigt das Bild Christi, das Christus in seinem Durchbrechen mit seinem Blut besprengt und mit seinem Tod erlöst hat. Das kreuzigt er in sich mit der Sünde, und tötet Christus in seinem Glied (denn alle Menschen sind Glieder von Christus).

8.66. Und wenn dann der Hausvater kommt, um zur Hochzeit des Lammes seine eingeladenen Gäste zu besehen, dann sieht er, daß dieses erlöste Bild Christi, das zur Hochzeit eingeladen ist, kein hochzeitliches Kleid trägt. So befiehlt er seinem Zornknecht, diesen Gast an Christi Stätte die Hände und Füße im Wesen des (weltlichen) Lebens zu binden und ihn in die Finsternis hinauszuwerfen, wo Heulen und Zähneklappern ist, wie Christus im Evangelium sagt (in Matth. 22.12).

8.67. Dieser bösartige Hochzeitsgast, auch wenn er sich Christis Namens rühmt (und „Christ“ nennt), wird nicht zum ewigen Abendmahl des Lammes auserwählt, sondern nur diejenigen, deren Seele Christus anziehen und den Willen der Sünde im Fleisch kreuzigen und immerdar töten.

8.68. Darum sagt Christus: »Wenige sind auserwählt.« Denn nur diese werden zu Kindern Gottes in Christo erwählt, welche der Stimme Christi in sich gehorchen und in ihrem guten Fünklein auf die Stimme des Bräutigams hören, wenn Christus in ihnen spricht: »Kehre um, tue Buße, tritt in den Weinberg Christi!« Und wenn sie das annehmen, hören und tun, und nicht darauf warten, bis Gott den falschen Willen überfällt und mit Gewalt zerbricht und selig macht, wie der Verstand die Sprüche von der Gnadenwahl so irrig annimmt, allen Gleichnissen in den Worten Christi zuwider.

8.69. Denn Christus sprach zu seinen Jüngern, als er ihnen seinen Leib zur Speise darbot: »Nehmt und eßt, nehmt und trinkt, denn das ist mein Fleisch und Blut. (Matth. 26.26)« Er hieß die Seele zugreifen und nehmen. So geschieht es auch im inneren Grund, wenn er sich der Seele im Lebenslicht anbietet und spricht: »Komm zu mir, ich will dich erquicken. Nimm mich an, öffne nur deine Begierde für mich und tue die Tür deines Willens auf, dann will ich bei dir einziehen.«

8.70. Er steht vor der Tür des Seelen-Wesens und klopft an, und welche Seele ihm auftut, bei der zieht er ein und hält das Abendmahl mit ihr (Offb. 3.20). Sein Rufen und Anklopfen ist sein Ziehen und Wollen. Doch die Seele hat auch ein ewiges Wollen und einen unergründlichen Willen.

8.71. Zusammengefaßt: Die Seele ist des ewigen Vaters natürlicher Feuer-Wille, und Christus ist des ewigen Lichtes Liebe-Wille, und diese stehen ineinander. Christus begehrt, sich in diese seelische Kreatur zu bilden, und dagegen begehrt der Feuer-Wille, sich in seiner Eigenheit (Ichheit) zu bilden. Welcher nun siegt, darin steht die Bildung. Dieser Streit der Bildung beginnt dann im Samen mit der Bildung der Kreaturen in der Ungleichheit von Samen und Acker, wo mancher Zweig in der Widerwärtigkeit und Feindlichkeit der Tinkturen alsbald zu einer wilden Distel wird. Doch auch diesem Distelkind entzieht sich das Licht der Natur nicht, darin Christus im inneren Grund wohnt, bis sich der Wille der Seele in seinem Naturlicht mit dem Gift des Zorns selbst verdunkelt.

8.72. Gleichwie sich der Streit in der Wurzel des Baumes in einem widerwärtigen Acker von selbst entzündet, davon der Trieb aus der Wurzel verderben kann, noch ehe er aufwächst; und wie nun die Sonne dem Trieb des Baumes mit ihrem Licht und ihrer Kraft zu Hilfe kommt, sobald er aus der Wurzel aussprießt, so kommt auch Christus der Seele, sobald sie in den Mutterleib kommt, wegen der bösen Zufälle von außen zu Hilfe und hat ein Bad der Wiedergeburt mit der Taufe in seinen Bund gesetzt. Darin strahlt er die kleinen Kinder mit der ewigen Sonne an und wirkt dadurch in sie und gießt sich ihnen in seinem Bund ein, soweit das seelische Wesen zu dieser angebotenen Gnade fähig ist.

8.73. Wenn dann später der Verstand in der Seele erwacht, dann zieht und ruft er sie durch sein offenbartes und gelehrtes Wort aus dem Mund der Kinder Gottes, und bietet sich der Seele während des ganzen äußeren Lebens an, und schallt alle Tage und Stunden mit seinem Wort und Kraft in sie, ob sie ihm von der tierischen Bildung stillstehen wolle, damit er sie neu gebären könne.

8.74. Gleichwie sich die Kraft der Sonne im Wesen des Holzes im Baum mit aufzieht (und aufwächst) und die Eigenschaften der gegensätzlichen Natur ausgleicht, so wendet sich auch Christus mit seiner Kraft aus dem inneren Grund ohne Unterlaß in die Seele und gleicht die Lebensgestaltungen aus, damit sie sich nicht in Widerwillen und Feindschaft trennen und von der Gleichheit (der Ausgeglichenheit) in falsche (illusorische) Lust ausgehen, durch welche die Eigenschaft der Seele den Giftquall (Quell der Qual) in sich hineinführt.

8.75. Und wie der Stamm mit seinen Ästen am Baum durch den innerlichen Streit der Natur und die äußerlichen Einfälle der Konstellationen bucklig und krumm wird, so führt sie auch die Seele durch die innerliche Widerwärtigkeit der Ungleichheit der Naturen von Vater und Mutter und dann durch die äußeren Einfälle von der Welt Bosheit in eine unförmige (mißgestaltete) Figur vor Gott.

8.76. Weil dann das Hochzeitskleid der Taufe in eine tierische Larve (Maske) verwandelt wird, geht auch die Wahl (zur geistigen Hochzeit an ihr) vorüber, solange die Seele dieses bucklige Larvenbildnis an sich hat.

8.77. Diese Larve (persönliche Maske) behindert das Wesen Christi, so daß es keine Frucht zum Lob Gottes wirken kann. Denn der Teufel sät stets seine Begierde in diese Larve, so daß falsche junge Zweige mit falschem und abtrünnigem Willen daraus wachsen, welche sich mit egoistischem Stolz in des Teufels Willen hineinführen und von der Demut abtrennen, wie die jungen Zweige aus der Ganzheit des Baumes ausbrechen und eigene Bäume sein wollen. Und wenn sie dann ausgebrochen sind, dann stehen sie als Teile des Baumes in der Konstellation der Welt. Und dann prüft sie die Konstellation des Gestirns mit spitzfindigen Menschen und führt sie aus einem Vorwitz in den andern. Dadurch dringt der überhebliche Stolz ein, und damit auch Geiz, Neid, Zorn, Lüge, Trug und alles, was in der Welt regiert. So will der junge stolze Zweig in Künsten aufsteigen und verbrennt sich in allen Dingen. Obwohl die göttliche Sonne darin scheint und dem abtrünnigen Zweig zu Hilfe kommen will, doch wenn das feurige Leben solches empfindet, dann schwingt es sich in die Höhe wie Luzifer, maßt sich selber Klugheit und Vernunft an und verachtet alles Geringe. Daher kommen dann die verstandesweisen (gedanklich-klugen) Leute, die voller Stolz und selbstgefälliger Lust stecken, doch verbrennen sich nur im Licht, das in ihnen aus Gnade scheint, und gebrauchen es zur Fleischeslust. Dann muß Christus die Decke ihrer Schalkheit sein (um ihre Sünden zu vertuschen).

8.78. Dies sind alles falsche Zweige, über welche die Wahl zur Erntezeit vorübergeht, obwohl sie in Christi Geist berufen waren. Er hat sich ihnen eingegeben, mit ihnen gewirkt und ihren Verstand erleuchtet. Aber sie sind nicht aus Christi Geist geboren worden, sondern in der Welt Wollust. Sie haben Christus nur mit Füßen getreten und ihm nie gedient. Christus ist ihnen hungrig, durstig, krank, gefangen, nackt und elend gewesen, und sie haben ihm nie gedient (Matth. 25.35). Sein Name hat zwar in ihrem Munde geschwebt, aber ihre Seele hat sich stets in eigene Lust der Welt und des Teufels hineingewandt, und sie haben Christus stehenlassen und das Licht zu ihrer Bosheit gehalten (und verwendet).

8.79. Diese haben sich aus dem Stamm der ganzheitlichen Ausgeglichenheit herausgewandt, und sind nicht in der wahren Sonne Christi aufgewachsen und aus Gott geboren worden, sondern im eigenen Willen ihrer Natur. Darum sind ihre Früchte auch nur Menschen-Tand (hübsche und nutzlose Dinge). Auch wenn sie in der Welt hohe Leute werden, viele Künste und Sprachen lernen, so ist doch alles aus der Eitelkeit der Natur geboren, und alle ihre Werke sind vor Gott wie ein beflecktes und besudeltes Tuch.

8.80. Die Seele aber, die in einem guten Acker ihren Ursprung nimmt, wo die Eltern ihren Willen in Gott setzen und in rechtem Liebesbund stehen, nämlich in ihrer wahren Konstellation, und ihre Hoffnung in Gott setzen, weil Christus in ihnen wirkt, lebt und ist, aus der entspringen Ströme lebendigen Wassers, wie Christus sagt. Und obgleich nun die Verderbnis durch Adam in ihrem Körper ist und auch öfters eine böse Konstellation den Körper befällt, wie aus einem Sündenquell der Qual, so bleibt doch Christus im innerlichen Grund der Seele in ihnen.

8.81. So wird nun die Seele von der Seele geboren und der Körper vom Samen des Körpers. Wenn nun auch der äußerliche Same irdisch und bösartig ist und in einer solchen Konstellation vergiftet wird, so besitzt doch Christus den seelischen Grund im innerlichen Zentrum, und das Wesen Christi ist und bleibt im Wesen der Seele, und die Seele wird im Wesen Christi empfangen und geboren.

8.82. Hier sagt nun Christus: »Wer aus Gott geboren ist, der hört Gottes Wort. (Joh. 8.47)« Und zu den stolzen Pharisäern sagte er: »Darum hört ihr nicht, denn ihr seid nicht aus Gott.« Das heißt, auch wenn sie sein Wort und Gesetz im Mund führten, so war doch ihre Seele nicht im göttlichen Wesen geboren. Auch wenn sie das Licht der Natur hatten, so schien es doch aus einem fremden Feuer, in dem Christus wohl hindurchschien, aber sie waren seiner nicht (zur Erkenntnis und Verwirklichung) fähig, denn ihr Grund war falsch (illusorisch).

8.83. So wird ein guter Same auch wohl bisweilen in einen bösartigen Acker gesät, doch noch ist der Grund des Samens gut. Wenn aber ein falscher Samen in einen bösartigen Acker gesät wird, dann wächst daraus die Gleichheit ihres Wesens. Doch wie nun ein guter Same öfters in einem bösartigen Acker stehen muß und doch Frucht trägt, wenn er von den äußeren Einfällen nicht verdorben wurde, so wird öfters ein Glaubenssame von der einen Tinktur entweder zum Mann oder zum Weib gesät. Und das jeweils andere (Geschlecht) sät sein Gift (der sinnlichen Begierde) hinein, dadurch der äußere Mensch wild und zum Argen geneigt wird. Aber der inwendige Grund ist immer noch gut. Und wenn er dann etwas Böses tut, dann bereut er es bald und begibt sich in Buße und Entsagung.

8.84. Mancher wird aber auch so vom Anteil des Sündenquells vergiftet, daß er eine bösartige Neigung zum Stehlen, Rauben und Morden in sich hat, oder auch zur Unzucht, Verleumdung usw. Aber der andere Anteil von Christis Wesen zieht ihn immerdar davon ab. Und wenn er auch in seiner Schwachheit durch des Teufels Eingriffe fehlgeht, so kommt ihm, wenn er nicht in Sünde und Tod liegenbleibt, immer noch das göttliche Wesen zur Hilfe, wie den Übeltätern am Kreuz, Maria Magdalena und anderen großen Sündern oft widerfahren ist.

8.85. Denn es gibt wohl auch keinen Menschen, der im Körper keinen Sündenquell aus der Begierde seines tierischen Fleisches hätte. Und wie nun ein Baum im Streit und Widerwillen aufwachsen muß, weil öfters Unwillen auf ihn fällt, bald Hitze, bald Kälte, bald drückt ihn der Wind zum Bruch und bald fällt ein Gift vom Gestirn auf ihn. Dennoch wächst er in der Sonne Kraft und in seinem innerlichen Licht-Wesen der Natur und trägt gute Früchte, die nicht den Geschmack der Erde haben, sondern die edle Tinktur hat sich in wohlschmeckender Art verkörpert. So ist es auch mit dem Menschen zu verstehen.

8.86. Denn das göttliche Wesen, das geistig ist, kann nicht anders offenbar werden, als durch den Streit der Natur. Es sät sich mit in das seelische Wesen der ewigen Natur und gibt sich in den Streit der Unterschiedlichkeit des Feuers, wo es dann sein Licht empfängt und sich aus dem Feuer in Kraft und Eigenschaften der Liebe-Begierde herausführt. Im Feuer der Seele empfängt es Eigenschaften und Willen. Denn in Gott ist es Einig und nur ein Einiger Wille, der zwar die ewige Gutheit ist, aber so ist er sich nicht selbst offenbar. Aber in der feurigen Unterschiedlichkeit der Seele wird er sich offenbar, so daß die eine Kraft in vielen Kräften der wirkenden Tugenden in Form und Bildung hervorgehen, gleichwie der Baum im Streit mit seinen Ästen und Früchten offenbar wird, so daß man sieht, was im Mysterium (dem Ungestalteten) des Samens zum Baum angelegt ist.

8.87. Und darum besteht die göttliche Kraft der Seele im Menschen, daß sie darin mit aufwachse und ihre Tugend in der feurigen Unterschiedlichkeit offenbaren kann, wo Böses und Gutes untereinander (wechsel-) wirkt. Also treibt der Geist Gottes in Christo im Guten aus und wirkt zur Frucht als zur göttlichen Förmlichkeit (bzw. Ganzheitlichkeit). Dieses soll oder kann nun nicht geschehen, wenn sich das seelische Feuer nicht vom göttlichen Wesen ernährt, und aus dieser Feuer-Nahrung eine wahre Kraft im Licht der Natur ausgeht.

8.88. Das Feuer der Seele muß ein gutes Holz haben, soll es ein gar kräftiges Licht geben, denn aus dem Seelenfeuer wird Gottes Geist in seiner Kraft in der Natur der Seele schiedlich und offenbar (erkennbar), gleichwie das Licht aus dem Feuer und die Luft (bzw. der Wind) aus dem Feuer und Licht offenbar werden und aus der Luft ein subtiles Wässerlein ausgeht, das nach seinem Ausgehen wesentlich (fruchtbar) wird, davon das Licht die Kraft zu seiner Speise wieder in sich zieht. Darum sagte Christus: »Wer nicht ißt das Fleisch des Menschensohns und trinkt sein Blut, der hat kein Leben in sich. (Joh. 6.53)«

8.89. Gleichwie der Baum weder wachsen noch Frucht tragen könnte ohne das Licht der Natur, das die hereindringende Sonne lebendig macht, und wie das Licht der Natur und auch die Kraft der Sonne im Baum nicht offenbar und wirkend werden können ohne die feurige Erfahrung, nämlich den feurigen Grund der Natur, der die Seele des Baumes ist.

8.90. In gleicher Weise kann auch Christus im Menschen nicht offenbar werden, auch wenn er in ihm ist und ihn zieht und ruft und in die Seele dringt, solange sich die Seele in ihrer feurigen Eigenschaft nicht vom göttlichen Wesen ernährt. Doch das fällt dem Feuer des überheblichen Stolzes überaus schwer, daß es vom Wasserquell des Liebe-Lebens und der Sanftmut essen soll. Es äße lieber vom Schwefel und Quecksilber als von seiner Gleichheit. Wenn es aber davon ißt, dann wird der Geist der Liebe und Demut als das göttliche Wesen feurig, und greift die Feuerwurzel aus den drei Grundqualitäten von Salz, Schwefel und Quecksilber an, und wandelt sie in sich, gleichwie eine Tinktur auf ein glühendes Eisen fällt und das Eisen in Gold verwandelt. So wird auch hier das seelische Zentrum aus des Vaters Feuernatur in ein Liebe-Feuer gewandelt, und in diesem Liebe-Feuer wird Christus offenbar und in der Seele geboren. Dann geht aus dem Seelenfeuer der wahre göttliche Luft-Geist aus Feuer und Licht hervor und führt von selbst sein geistiges Wasser aus dem Licht heraus, das nun wesentlich wird, davon sich die Kraft des Lichtes ernährt und in der Liebe-Begierde in ein heiliges Wesen hineinführt, nämlich in eine geistige Körperlichkeit, darin die Heilige Dreifaltigkeit wohnt, und die als Wesen der wahre Tempel des Heiligen Geistes ist, ja Gott in seiner Offenbarung selbst.

8.91. Und das ist es, davon Christus sprach, »er wollte uns vom Wasser des ewigen Lebens geben, das uns in einen Quellbrunnen des ewigen Lebens quellen werde. (Joh. 4.14)« Und das geschieht nun, wenn die Seele sein Wort annimmt, das Er selbst ist. Dann gießt Er seine wesentliche Kraft, die Er in unserer Menschheit offenbar gemacht hat, in sie ein. Das ist ihre Tinktur, die ihre Feindlichkeit der feurigen Eigenschaft in ein Liebe-Feuer wandelt. Denn hier steht Christus in der abgestorbenen seelischen Eigenschaft (der Ichheit) vom Tode auf, und hier wird die Seele ein Glied an Christi Leib und zieht Christus an sich, ja sie wird nach der Liebe Eigenschaft ganz in Christus gepflanzt. Darum sagt Christus: »Wer mein Fleisch ißt und trinkt mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm. (Joh. 6.56)« So geschieht das. Und er sagt auch: »Wir wollen zu euch kommen und Wohnung in euch machen. (Joh. 14.23)« Das heißt, der ganzheitliche Gott wird in dieser neuen Geburt in Christo in der Seele offenbar und wirkt gute göttliche Früchte.

8.92. Gleichwie die Kraft der Sonne im Baum offenbar wird und im Wesen des Schwefel-Geistes im Quecksilber das Licht anzündet, wie in der Eigenschaft des Baum-Harzes, darin der Baum wächst und Frucht trägt, so wird auch Gott in seinem geformten ausgesprochenen Wort (nämlich im Menschen, in den er seine höchste Liebe-Tinktur im Namen „Jesu“ hineingeführt hat) offenbar und tingiert (vereint) die feurige Seele als den geistigen Schwefel und Quecksilber, so daß darin das Licht der ewigen Natur offenbar und scheinend (bzw. erkennbar) wird. Darin (in dieser Erkenntnis) wird nun Christus in seinem geformten Wort wie ein herrlich göttlicher Baum geboren, der dann in das Bild Gottes wächst und viele gute göttliche Früchte trägt.

8.93. Dann spricht dieser Mensch aus Gott Gottes Wort. Das sind dann die göttlichen Früchte, wenn Gottes geformtes Wort, nämlich die kreatürliche Seele, den Quellbrunnen göttlichen Sprechens aus sich ausspricht, und das Wort Gottes aus sich ausspricht und in seinem Aussprechen gebiert, gleichwie der Einige Gott sein Wort aus sich ausspricht und immerdar gebiert, und das Sprechen doch in ihm bleibt, weil das Sprechen und das Ausgesprochene identisch ist.

8.94. Wenn auch diesem Menschen die verdorbene (sündhafte) Art im Fleisch der irdischen tierischen Eigenschaft anhängt und ihn feindlich in der Seele angreift, das schadet ihm nicht. Denn die Seele hat nun in Christo die grimmige, verdorbene und feurige Eigenschaft überwunden, und Christus zertritt in der Seele der giftigen Schlange im irdischen Fleisch stets den Kopf, und wirkt durch das Fleisch und zieht sich im Fleisch in einen neuen Leib, in ähnlicher Art, wie im groben Stein das kostbare Gold liegt und wächst und die Grobheit dazu wirksam helfen muß, auch wenn sie dem Gold nicht gleicht. So muß auch der irdische Leib helfen, in sich Christus zu gebären, auch wenn er nicht Christus ist, in Ewigkeit nicht Christus werden kann und im Reich Gottes nutzlos ist. Dennoch muß er ein hilfreiches Werkzeug sein, auch wenn er anderen falschen Willen und Begierde hat und eine Räuberburg des Teufels ist, und auch Gott ihn nicht zu seinem Werkzeug benötigt. Davon sagte Christus, »er wäre sein Joch«, nämlich unser irdischer Leib, den er uns tragen hilft, der ist sein Joch in uns. Das soll die heilige Seele in Geduld auf sich nehmen und alles äußerliche Unglück, auch des Fleisches Anfechtung vom Teufel und der Welt Bosheit, über sich ergehen lassen, und sich unter die Kreuz-Geburt Christi unter sein Joch beugen und in Geduld fassen. So soll er in Trübsal mit dem edlen Perlen-Bäumlein Christi unter allen bösen Wesen aufwachsen und nach dem wahren Gewächs nur gute, heilige und himmlische Früchte wirken und gebären, welche nicht aus dieser Welt von den vier Elementen nach dem Welt-Geist von außen kommen, sondern wie Paulus sagt: »Unser Wandel ist im Himmel. (Phil. 3.20)« Oder auch: »Ich habe euch von der Welt berufen, daß ihr seid, wo ich bin, und darum haßt euch die Welt, weil sie weder mich noch euch oder meinen Vater erkennt. Aber seid getrost, in mir habt ihr Frieden, aber in der Welt habt ihr Angst. (Joh. 16.33)« Das heißt, in mir, im innerlichen Grund der neuen Geburt, habt ihr Frieden in Gott. Aber im äußeren Fleisch, in der Welt, habt ihr Angst. »Doch ich will wieder zu euch kommen und euch zu mir nehmen, wo ich bin«, sagt Christus. Das heißt, er will wiederkommen zu dem Menschen, der aus dem Stoff der Erde geschaffen wurde, und will ihn wieder an sich selbst als an den neuen geistigen Menschen annehmen und ewig bewahren. Aber er soll zuvor die Vergänglichkeit der Erde und der Schlange Wesen samt dem eingebildeten Tier und alle bewirkte Falschheit (bzw. Illusion) ablegen. Dann will er wieder zu ihm kommen und den Leib Adams vom Tode auferwecken und an sich nehmen und ihm alle seine Tränen abwischen und in Freude verwandeln. (Joh. 14.3)

8.95. Dieses ist, mein lieber Leser, der wahre Grund der neuen Wiedergeburt, und nicht auf dem anderen Weg, wie der Verstand meint, daß wir nämlich von außen angenommene Gnadenkinder sind, oder daß wir durch einen göttlichen Vorsatz von der Sünde freigesprochen werden. Nein, es muß neugeboren sein aus diesem obengenannten Wasser und dem Heiligen Geist.

8.96. Die Seele muß aus ihrem eigenen Willen im Zuge Christi umkehren und ihren begehrenden Willen in die Begierde Christi führen, die mächtig für ihn und in ihm mit der Begierde in ihn eindringt, und den feurigen Rachen aufsperren (bzw. weit öffnen), nämlich vom geistigen Schwefel-Wurm im Quecksilber des Geist-Lebens. Dann dringt Christi Geist in das Wesen der Seele ein, und das heißt Glauben und Annehmen (bzw. Verwirklichung), nicht nur Wissen, Trösten, Kitzeln und Christis Mantel äußerlich um sich hängen und immer nur von Gnade reden und in der Bosheit des Teufels Gnadenkinder sein wollen. Sondern man muß im Geist Christi wie ein Kind an seiner Mutter Brust werden, das nur der Mutter Brüste zu saugen begehrt und nichts mehr, denn allein in Christi Wesen wächst der wahre neue Mensch.

8.97. Wenn aber der Verstand sagt „Wir werden erst in der Auferstehung neugeboren und im Fleisch Christus anziehen.“, dann ist das Babel (Gedankenkonstruktion) und kein Verstand der Worte Christi.

8.98. Der Leib aus der Erde soll Christus erst in der Auferstehung wesenhaft anziehen. Dann muß die Seele Christus in seinem himmlischen Fleisch anziehen. Und dieser neue Leib muß der Seele in Christus gegeben werden, nicht von Mannesblut noch vom Fleisch, sondern aus dem Wort und göttlichem Wesen in das Verblichene vom göttlichen Wesen, das in Adam verdorben und an Gottes Wirkung stumm und unfühlbar (bzw. unerkennbar) wurde. Darin muß Christus neu geboren und ein Gott-Mensch, und der Mensch ein Mensch-Gott werden.

8.99. Also, liebe Brüder, versteht es nun recht, wenn Christus nur zu einem Teil der göttliche Vorsatz und Gnadenwille ist. Wer aus diesem geboren wird und ihn anzieht, der ist in Christo vorgesehen und ein Gnadenkind. Im anderen Teil ist der Vorsatz Gottes der feurige Wille der Seele aus dem Zentrum der ewigen Natur, wo sich Licht und Finsternis scheiden. Hier geht ein Teil ins Zentrum der Finsternis, nämlich als der grobe und phantasierende Schwefel, aber der subtile und reine geht ins Licht. Wohin sich nun die Erfahrung des unergründlichen Willens zur Natur scheidet, darin wird er eine Kreatur, entweder im Licht oder in der Finsternis.

8.100. Der Vorsatz Gottes kommt durchaus aus dem seelischen Grund. Denn der innere Grund der Seele ist die göttliche Natur zum ewigsprechenden Wort, und diese ist weder gut noch böse. Aber in der Unterschiedlichkeit des Feuers als im entzündeten Leben der Seele, da scheidet sich dieser Wille entweder in Gottes Zorn- oder in Gottes Liebe-Feuer. Und das geschieht nicht anders als durch die Eigenschaft, die das seelische Wesen in sich selber ist. Sie ist selber ihr Grund zum Bösen oder Guten, denn sie ist das Zentrum Gottes, wo Gottes Liebe und Zorn in einem Grund unausgewickelt (unentfaltet) liegen.

8.101. Also ist das der Vorsatz Gottes, daß er sich durch das ausgesprochene geformte Wort, dessen die Seele im Sprechen der Unterschiedlichkeit ein Wesen ist, offenbaren will. Hierin verstockt sich die Grobheit in den angeerbten und auch in den wirklich eingefaßten Greueltaten selber.

8.102. Denn es ist sonst kein anderer Wille Gottes im Wesen dieser Welt als nur der, der aus dem ewigen Grund in Feuer und Licht wie auch in der Finsternis offenbar wird. Die Seele wird in sich selbst zum Gnadenkind erwählt, wenn sie aus Christo geboren wird, aus dem göttlichen Wesen, das der Einige Vorsatz göttlicher Gnade ist, aus dem Gottes Gnade in der Seele offenbar wird. Und sie wird auch in sich selbst zur Verdammnis erwählt aus dem Grund ihres Eigenwesens, das ein falsches (illusorisches) Wesen ist, in dem kein (wahres) Licht geboren werden kann.

8.103. Gottes Vorsatz zur Verstockung ist in ihrem, der Seele, eigenem Wesen als der unergründliche Wille zur Natur. Er offenbart sich in jedem Wesen, je nachdem, wie die Eigenschaft des Wesens ist, so daß wir dann denken, daß er sich mit seiner Einfassung der Grobheit in die finstere Welt oder Hölle gefaßt und geschieden hat. Denn der Wille, der in der Hölle ist, und der Wille, der im Himmel offenbar ist, ist jenseits der Offenbarung im innerlichen Grund nur ein Wille. Denn erst im Aussprechen des Wortes geschieht die Unterscheidung. So sind doch Himmel und Hölle ineinander wie Tag und Nacht. Und die Hölle ist ein Grund des Himmels, denn Gottes Zorn-Feuer ist ein Grund seiner Liebe, nämlich des Lichtes.

8.104. Darum, liebe Brüder, werdet doch sehend! Zankt nicht mehr um den Willen Gottes! Wir selber sind Gottes Wille zum Bösen und Guten. Was in uns offenbar wird, das sind wir, entweder Himmel oder Hölle. Und unsere eigene Hölle in uns verstockt uns, nämlich die entsprechende Eigenschaft. Und unser eigener Himmel in uns macht uns auch selig, wenn er offenbar werden kann. Es ist alles ein Tand (interessantes, aber nutzloses Zeug), worüber man bisher so lange Zeit gezankt hat. Christus ist gefunden worden! Dafür sei ihm ewig Lob und Dank, auch Macht, Ehre und Reichtum samt aller Gewalt im Himmel und auf Erden! (Matth. 28.18)

Verwendete Quellen zur deutschen Überarbeitung

Von der Genaden-Wahl oder dem Willen Gottes über die Menschen, Jacob Böhme, 1682
De electione gratiae von der Gnaden-Wahl, Jacob Böhme, 1730
Jakob Böhmes sämmliche Werke, Band 4, Johann Umbrosius Barth, 1842


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