Vom dreifachen Leben des Menschen

(Text von Jacob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2021)

13. Kapitel - Die hochwürdigen Testamente

Von Christi hochwürdigen Testamenten und dem schönen Perlenkränzlein des edlen hochteuren Steins der Weisen im großen ganzheitlichen Geheimnis (Mysterii Magni und Lapidis Philososphorum), um den die antichristliche Kirche tanzt, und den sie immer sucht, aber nicht an richtiger Stelle und auf wahrem Grund.

13.1. In diesem Stein liegt verborgen, was Gott und die Ewigkeit, sowie Himmel, Sterne und Elemente haben und vermögen. Es ist kein besserer noch kostbarerer seit Ewigkeit je gewesen, als eben dieser, und der wird dem Menschen von Gott angeboten und geschenkt. Es kann ihn ein jeder haben, wer nur will. Er ist in einfältiger Gestalt, aber hat die Kraft der ganzen Gottheit in sich. Und Christus spricht: »Ich habe das Wasser des ewigen Lebens. Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke es umsonst. Es wird ihm in einen Brunnen des ewigen Lebens quellen, und wer davon trinkt, den wird nimmermehr dürsten. (Joh. 4.14)«

13.2. Christus bietet uns sein Fleisch zu einer Speise an, und sein Blut zu einem Trank. Wir sollen sein Fleisch essen und sein Blut trinken, so will er in uns bleiben, und wir sollen in ihm bleiben. Wo er ist, da sollen auch wir sein, sowohl hier als auch dort, denn er will alle Tage bis an das Ende der Welt bei uns sein. Er will uns als seine Kinder nicht verwaisen lassen. Wie ein Vater für seine Kinder sorgt, so sorgt er auch für uns. Und wenn auch ein Vater sein Kind verließe, so will er uns doch nimmermehr verlassen, denn er hat uns in seine durchstochenen Hände gezeichnet und in seine geöffnete Seite genommen, daraus Blut und Wasser floß. Dem sollen wir glauben und vertrauen, wie uns sein teures Wort zugesagt hat, denn er ist der Mund der Wahrheit und kann nicht lügen.

13.3. Oh werte Christenheit, hier öffne dein Gemüt und laß dich vom Verstand, der außerhalb Gottes ist, nicht beirren. Bedenke dies wohl! Wir wollen euch den wahren Grund und Zweck zeigen, ohne Tand und Meinungen. Wir wollen es euch ganz rein ohne Flecken und Makel darstellen, und nur das zeigen, was Christus ist. Wir wollen keinen Tand, von Menschen erdichtet, dahinein führen, um jemandes Meinung zu gefallen. Wir wollen es auch nicht von der Welt Ausstreichen nehmen, wie sie das auslegen. Wir wollen reden, was uns aus dem Mund Christi darüber offenbart ist, was seine Testamente im Wesen sind. Denn dieses Wesen ist das Kleinod, der edle Stein, um den die Kirche zu Babel tanzt und darum sie Krieg und Verfolgung anrichtet. Wie viele Schmäh- und Schandbücher sind darüber bereits geschrieben worden! Doch das ist das Kleinod der wahren christlichen Gemeinde. Als es die römische Kirche verlor, da wurde ein Babel (mit himmelstrebenden Gedanken-Konstrukten) aus ihr und der Geist Gottes wich von ihr. Da wandten sich die mächtigsten Länder gegen Morgen, Mittag und Abend (Osten, Süden und Westen) von ihr ab, denn das sagte ihnen die Offenbarung: „Wirst du nicht in meiner Liebe bleiben, dann werde ich zu dir kommen und deinen Leuchter wegstoßen.“ Und so geschah es.

13.4. Europa behielt den Namen vom Kleinod, und Asien die Farbe, aber die Tugend blieb beiden versiegelt, denn sie waren beide davon weggegangen und gingen nur im Finsteren tappend dahin. Sie wurden fett, stolz und prächtig, und wollten des Kleinods Herren sein. Sie suchten damit Menschentage, große Ehre und Herrlichkeit. Sie bauten sich ein glänzendes irdisches Reich darauf, wie das an der römischen Babel zu sehen ist. Und das taten sie als Scheinheilige, weil sie von der Gemeinde geehrt und in großen Würden sein wollten. Was ihnen Paulus und die Apostel hinterließen, nämlich daß die Gemeinde in Andacht und in der Liebe bleiben sollte, und die Ältesten, welche wohl vorstehen, zweifacher Ehre wert waren, das erzwangen sie für sich selber in eigener Macht, und man mußte es ihnen tun, auch wenn sie es nicht wert waren. Und obwohl sie nach den Geboten kein anderes Schwert gebrauchen durften, so machten sie sich doch ein falsches Schwert in Form des Banns. Und das sollte die Andacht ihrer Heiligkeit sein, damit sie ja nicht Blutrichter wären, wie auch die Pharisäer, welche Christus an Pilatus überantworteten. So handeln auch sie. Sie sind andächtig im Schein, aber ihr Herz ist ein Teufel. Sie hetzen die Obrigkeit über ihren Teufelsbann, und die müssen ihre Nach-Richter sein und das vollstrecken, was ihr Teufelsherz beschlossen hat.

13.5. Oh ihr teuren Fürsten, öffnet eure Augen! Euer Amt, wenn ihr es recht führt, ist doch in der Natur gegründet, aber ihr Tand nicht. Werdet nicht ihre Nach-Richter! Seht mit euren Augen, denn ihr sollt und müßt an jenem (Jüngsten) Tag Rechenschaft über euer Amt geben. Laßt euch nicht ohne Augen (blind) führen. Ihr sollt selbst sehen, denn ihr seid das rechtmäßige Haupt der Gemeinde, und euch werden Christi Schäflein anvertraut. Die Priester sind nur die Ältesten in der Gemeinde. Wenn sie recht und wohl vorstehen und der Gemeinde mit guter Lehre, Leben und Beispiel vorangehen, dann soll man sie als die Ältesten in der Gemeinde Christi ehren. Doch sie sind nicht die Herren über die Gemeinde, sondern die Diener der Gemeinde. Sie sollen den Geist Christi haben und die Gemeinde segnen. Und die Gemeinde soll sich mit ihnen in eine Liebe und einen Willen begeben und so miteinander beten, singen und von Gottes Liebe und Wundern reden, so daß es ein Geist und ein Herz in einem Willen sei, damit dem Schwachen mit des Starken Gebet und Glauben geholfen werde.

13.6. Die Gemeinde soll ihre Ohren zur Rede der Ältesten wenden, die stark im Geist sind, und sie sollen mit Begierde das Wort des Geistes annehmen. Die Ältesten sollen sanftmütig lehren und mit der Gemeinde umgehen, wie mit ihren Kindern, und sie fein züchtig in Lehren und Strafen mit Ermahnen unterweisen. Sie sollen keine spitzfindigen Herzen in die Gemeinde bringen oder Lästerungen gegen die Kinder der Schwachen ausschütten, auf daß das Blöde nicht furchtbar werde. Wer aber die Gemeinde Christi verachtet und vom christlichen Weg abweicht, den sollen sie im privaten warnen und ermahnen. Will er nicht, dann haben sie des Geistes Bann, so daß sie ihn in die Hölle in Gottes Zorn binden und der Satan sein Herz brenne, bis er umkehre. Denn die Gemeinde hat eine große Gewalt in Christus. Sie hat den Schlüssel, um auf- und zuzuschließen. Aber wie vorn beschrieben: Die Gewalt hat nicht der Priester allein. Nein, er hat sie nicht allein, denn er ist nur ein Diener der Gemeinde. Der Allerkleinste, wenn er gläubig ist, hat so viel Gewalt im Bann wie der Allergrößte, denn wir sind alle Glieder am Leib Christi, und wenn ihn der Kleinste aus der Gemeinde durch den Bann ausschließt, soweit er wirklich schuldig ist, dann ist er in der Gemeinde Bann. Doch wenn ihm unrecht geschieht, dann ist der im Bann, der ihm Unrecht tut und ihn belügt.

13.7. Darum seht zu, ihr Ältesten, was ihr tut! Lästert nicht der Gemeinde Christi, die Christus mit seinem Blut teuer erkauft hat, sonst seid ihr auch selbst im Bann und außerhalb der Gemeinde Christi. Forscht und seht, bevor ihr richtet, wessen Geistes Kind er ist, den ihr richtet! Prüft seinen Geist zuvor, denn mancher eifert mit Unverstand, den unterrichtet und nehmt auf. Ihr wißt nicht, was der Geist Gottes einem jeden gibt, denn er hat viele Gaben. Richtet alles auf dem Weg der Liebe! Pocht nicht, seid nicht wild und störrig, sondern unterrichtet den Unwissenden in Demut, damit er auch seine Lust in die Gemeinde setze. Denn solche sind auch die Apostel Christi gewesen, eure Vorfahren. Und so haben sie gelehrt, und die Gemeinde mit guten Beispielen, Lehren und Leben unterwiesen.

13.8. Wenn sie (die ersten Christen) zusammengekommen waren und des Herrn Wunder verkündigt haben und so mit einem inbrünstigen Geist beieinander saßen, da teilten sie auch entsprechend der Ermahnung das letztes Abendmahl des Herrn aus, wie er es ihnen befohlen hatte. Sie haben das Brot genommen und gebrochen, und es gegessen und dadurch und hiermit den Tod des Herrn verkündigt. Desgleichen haben sie den Kelch genommen und daraus getrunken und sein Blutvergießen verkündigt, und einer sagte zum anderen: „Nimm hin und iß den Leib des Herrn, der uns am Stamm des Kreuzes gegeben worden ist.“ Desgleichen taten sie auch mit dem Kelch, nahmen ihn in ihre Hand und tranken daraus. Denn der Oberste der Gemeinde begann damit und sprach zum nächsten: „Nimm hin den Kelch und trinke das Blut Christi unseres Herrn, das er am Stamm des Kreuzes für uns zur Vergebung der Sünden vergossen hat.“ So verkündigte er seinen Tod und sein Blutvergießen, bis er zum Gericht wiederkommt und uns zu sich führt.

13.9. Dieses, ihr lieben Christen, war der wahre apostolische Brauch gewesen, und auch das letzte Abendmahl Christi war so gewesen. Denn als Christus seine Jünger unterwiesen und belehrt hatte, da begann er nach dem Abendessen, als sie das Osterlamm gegessen hatten, das wahre Osterlammessen, und gab ihnen das Osterlamm zu essen, von dem das erste nur ein Bild und Schatten war. Denn er gab ihnen seinen himmlischen Leib zu essen und sein himmlisches Blut zu trinken, welches er in Marias Mutterleib in die ewige unanfängliche himmlische Jungfrau Gottes, in die reine züchtige, ohne Makel und Wesenheit, hineingeführt und aus seiner Mutter, der irdischen Maria, angenommen hatte.

13.10. Das solltest du hoch (geistig) verstehen: Er gab seinen Jüngern nicht das irdische Wesen, welches an Christi Leib nur anhing und darin er den Tod erlitten hatte, nämlich den äußeren Leib, welcher verspottet, angespien, gegeißelt und getötet wurde, und mit dem er ihnen das sterbliche Fleisch gegeben hätte. Sondern er gab ihnen seinen heiligen Leib, sein heiliges Fleisch, welches in dem sterblichen Wesen mit am Stamm des Kreuzes hing, und auch sein heiliges Blut, welches unter dem sterblichen mit vergossen wurde, und zwar als ein unsterbliches Fleisch und Blut, das die Jünger in ihren Leib empfingen, und das der Seele als ein neuer Leib aus Christi Leib angezogen wurde. Damit wurden die Jünger Christi fähig und waren Glieder an seinem Leib. Du solltest darunter nicht verstehen, daß die Jünger Christi ein Stück vom äußerlichen irdischen Leib Christi bekommen und in ihren Mund genommen haben, und mit den äußerlichen irdischen Zähnen gekaut und zerbissen und in den Bauch verschlungen hatten. Nein, dies weist das aus, daß er bei ihnen am Tisch saß und sich nicht am äußeren Leib zerriß.

13.11. Gleichwie die Gottheit das Bild in ihren Willen gefaßt hat, welches Gott in seine Jungfrau seiner Wunder und seiner Weisheit erschuf, und das Fleisch und Blut mit der ewigen Tinktur (in der die Seele lebt, als das ewige Feuer, welches in die Gottheit nach der Wesenheit der Majestät greift und sich davon besänftigt, füllt und stärkt) aus Maria in die Jungfrau und die Heilige Dreifaltigkeit hineinführte, indem sich das Wort dahinein begab, als ein Leben in der Tinktur der Ewigkeit, so wurde aus diesem Fleisch (das aus der Tinktur dieses Seelenfeuers quoll) sein Geist, Leben und Kraft. Denn der Geist war im Wort, und das Wort war die Kraft, und aus der Kraft schien das Licht der Majestät, und so hing ihm das Reich mit der Kraft dieser Welt an, auch als sein Eigentum, das aus der Jungfrau seiner Wunder und Weisheit aus dem ewigen Zentrum der Natur ausgeboren worden war. Und auch Maria stand darin mit der äußerlichen Kraft und ihrem Leben, mit dem äußerlichen Fleisch und Blut. Auf solche Weise hat auch Christus, Gottes wahrer Sohn und unser Bruder, seinen Jüngern seinen Leib und sein Blut zu essen und zu trinken gegeben.

13.12. Gleichwie Gott in seiner himmlischen Jungfrau, daraus die himmlische Wesenheit ersehen wird, und in der Tinktur des Feuers ein (greifbares) Wesen bekommt, das ein Wesen ist (das Gott mit dem Wort und Herzen durch Einfassung der Tinktur aus Marias Blut, in der die Seele wohnte, mit dem Schöpfungswort als mit der ewigen herben Matrix faßte und miteinander nach menschlicher Art und Weise zu Fleisch und Blut werden ließ), so versteht, wie sich die ewige Wesenheit mit der Weisheit als der ewigen Jungfrauenschaft in die verdorbene Tinktur und Matrix Marias hineinbegeben hat, darin das verheißene Wort war, welches sich als ewige Wesenheit in die verdorbene Tinktur mit hineingab und so ein neuer Mensch wurde, der der irdischen Natur fremd und unbekannt war.

13.13. So hat sich dieser neue Leib Christi, das heißt, der innere Christus, den der äußere sterbliche Mensch verdeckte, unter dem Brot und Wein wie unter einem irdischen Wesen in die Seelentinktur der Apostel hineinbegeben und ist in den Aposteln in der Seelentinktur Mensch geworden. Und das ist der neue Leib, den uns Christus vom Himmel gebracht hat.

13.14. Wenn wir uns ihm ganz in seinen Willen in Gehorsam ergeben und mit unserem alten Willen aus uns ausgehen in seinen Willen, und in die Gemeinde Christi kommen und sein Fleisch und Blut mit allen seinen Wohltaten begehren, dann gibt er uns diesen Leib und dieses Blut zu essen und zu trinken, und dies empfängt der innere Mensch aus Gott geboren. Denn dieser Leib Christi ist allwesend und allgegenwärtig und enthält das andere (zweite) Prinzip. Denn wenn du sagen wolltest, Christus speist die Seele mit Geist ohne Leib, das ist nicht wahr, denn der Heilige Geist macht kein Prinzip, sondern die ewige Wesenheit, in welcher der Heilige Geist wohnt und dort in eine Form der vieltausend unzählbaren Essenzen ausgeht. Dieses Ausgegangene ist die Jungfrau der reinen Zucht als die ewige Weisheit, in welcher alle Wunder dieser Welt seit Ewigkeit gesehen worden sind.

13.15. Versteht uns recht und teuer! Dieselbe Wesenheit, darin die Jungfrau Gottes steht, hatte Adam an sich, denn der Geist dieser Welt war ihm dahinein gegeben und eingeblasen worden. Aber die (vielfältigen) Essenzen waren ein Paradies und grünten durch das (ganzheitliche) Element, welches die (greifbare) Wesenheit enthielt, aber diese Wesenheit fing der Geist dieser Welt in Adam in sich, in seine Gewalt. Ursprünglich hatte die himmlische Wesenheit die Gewalt, und danach, als sich Adam mit seiner Luft in die irdische zurückwandte, da bekam sie die irdische. Und das ist es, warum unsere verdorbene himmlische Wesenheit irdisch geworden ist. Darum mußte Gott mit der himmlischen Wesenheit wieder in uns Mensch werden. Und in der himmlischen und der irdischen Jungfrau ist Gott Mensch geworden und hat unseren Seelen wieder die himmlische Wesenheit angezogen, nämlich seinen himmlischen Leib. Doch unser irdischer muß verwesen, während der himmlische ewig bestehenbleibt.

13.16. Nun ist es nicht minder, wir sind gefangene arme Sünder mit dem alten Adam, in welchem der Teufel einen Zutritt hat, und gehen oft aus dem schönen Bildnis heraus, das heißt, die Seele wendet ihren Willen oft in den äußeren Menschen. Deshalb hat uns Gott die Testamente gestiftet, daß wenn wir uns wieder zu ihm wenden, dann gibt er unseren Seelen wieder das neue Kleid als den himmlischen Leib, und er erneuert und speist es. Und wer Christi Leib einmal bekommt, von dem weicht er nicht mehr, es sei denn, er verdirbt ihn wie Adam, so daß er vom alten Adam verdeckt wird. Dazu (mit dem neuen Leib) tritt er in das Mysterium (der Ganzheit), aber der Seele ist es wohl möglich, wieder herauszugehen, und darum soll sie sich nie sicher sein, sondern immer wachsam.

13.17. Also wißt: Christus hat seinen Jüngern seinen wahrhaftigen, allwesentlichen, ewigen und göttlichen Leib zu essen gegeben, und sein Blut zu trinken, daraus der Heilige Geist ausgeht. Und der innere Mund, der das empfing, war der begehrende Wille ihrer Seelen. Denn die Seele des Menschen hungert und dürstet immer von dem schweren Fall nach solchem (himmlischen) Fleisch und Blut. Und sie nahm es als Gottes Kleid an, denn die Seele ist Geist und bedarf einem Leib. Und damit bekommt sie einen Leib, und zwar einen neuen ewigen und unzerbrechlichen Leib in dem alten adamischen.

13.18. So wißt auch: Das Brot, das Christus seinen Jüngern gab, das nahm der äußere Mund und gab es dem Bauch. Aber das Wort, als Christus sprach »Eßt, das ist mein Leib!“, dieses Wort war aus Christi ewigem Leib und hatte himmlisches Fleisch und Blut an sich. Das nahm die Seele als einen neuen Leib an sich. So waren auf einmal zwei Reiche in der Hand Christi, nämlich ein himmlisches und ein irdisches. Aber du sollst wissen, daß sich das himmlische vom irdischen nicht fassen oder forttragen läßt. Denn der himmlische Mensch, als der himmlische Leib Christi, der in dem äußeren Christus war, der erfüllte zugleich auf einmal und in Ewigkeit die englische Welt als das andere (zweite) Prinzip Gottes, so daß außer diesem (ganzheitlichen) leiblichen Wesen kein Gott erkannt wird. Denn die Kraft der Gottheit hat sich darin offenbart, und doch bleibt auch das äußere Bild bestehen, so daß man im Himmel die menschliche Kreatur in der Gestalt, wie er hier auf Erden war, faßbar und begreifbar bestehend sieht. Doch du siehst nichts mehr an ihm, als die Majestät der Klarheit des Glanzes, welche die ganze Welt erfüllt. Und wo nun die Majestät ist, da ist Christi Wesenheit, denn das Herz und Wort Gottes hat sich in die Wesenheit einvermählt. Wie du nun denkst, daß das Wort überall ist, so ist auch die Wesenheit des Wortes ein Leib, doch ohne Bildung, denn nur die Kreatur hat eine Bildung.

13.19. Siehe, ich gebe dir ein Gleichnis: Alle Dinge sind aus dem Wasser geschaffen, und in dem Wasser war alle Kraft. Denn du findest, daß alles Wasser hat, auch wenn es ein Stein ist. Und so ist es Wasser, sei es Fleisch oder was es wolle, aber darin ist der Sulphur (Seelenkörper) mit der Kraft der Natur, welche die Wesenheit formt. Nun siehe, in der ganzen Tiefe ist nichts als Wasser, Luft und Feuer, und aus diesen dreien wird das greifbare Wesen, wie der Leib oder die Erde. Dann siehst du ja wohl, daß das die einige (alles erleuchtende und erwärmende) Sonne verursacht, die auch die Kraft und Majestät in diesem elementischen Wesen ist. So gehört auch alles der Sonne, und alles begehrt nach der Sonne, und die Sonne gibt mit ihrer Kraft das Regiment.

13.20. So siehe und denke im Gleichnis: Gott ist die ewige Sonne im anderen (zweiten) Prinzip, das heißt, das Herz, der Glanz, die Kraft und Majestät. Und die Elemente von Feuer, Wasser und Erde sind Gott der Vater, sozusagen im Gleichnis. Nun steht hier die Sonne auch wie ein Körper, was sie dann auch ist, und das bedeutet die Kreatur Christi (als Sohn des Vaters). Und das ganze Wesen der vier Elemente bedeutet die Wesenheit der Kreatur, darin der Sonne Glanz leuchtet. Die Sonne bedeutet das Wort und die Majestät, und die vier Elemente bedeuten die Kraft des Leibes und den Vater, aus dem der Sohn leuchtet.

13.21. Also wisse, im Himmel ist überall des Vaters Kraft, und in der Kraft ist das Wort, und das Wort hat Wesenheit, und das gehört alles auch zu der Person Christi. Denn Christus steht in seinem Vater, bildlich wie die Sonne in den Elementen. Wenn sich Gott (vollkommen) eröffnen wollte, dann wäre die ganze Welt nur eine Sonne, denn die Tiefe (des Raumes) würde den Glanz der Sonne sehen. Wo kein solches Wesen wie die Sonne in der Tiefe wäre, da empfinge sie nicht das Licht. Und so begehrt sie nur Ihresgleichen. Ähnlich ist es auch im Himmel.

13.22. Der Sohn ist überall im Vater und ist auch Mensch geworden. Die ganze heilige Dreizahl ohne Ende und Wesen hat sich in einem (ganzheitlichen) Bild im Wesen offenbart, und das ist Christus, und wir sind seine Glieder. So sind wir Götter, wenn wir in ihm bleiben, denn er ist der Brunnen und unser Licht, und wir sind seine Sterne. Er gibt uns seinen Leib und seine Kraft sowie seinen Glanz zum Licht. So speist er uns auf Erden, auch hier im Abendmahl und wo immer wir es begehren, mit der Kraft seines Leibes und mit dem Geist aus der Kraft, denn dieser ist der Kraftgeist und das Leben. So empfangen wir die ganze Dreizahl. Die Wesenheit, das heißt, der Leib Christi, hat den Sulphur (den Seelenkörper), und das ist der Vater. Sulphur ist des Vaters Eigenschaft, und diese Wesenheit ist der Leib Christi. Und der Sulphur hat die Kraft, und in der Kraft ist das Licht (bzw. Bewußtsein) des Lebens als eine andere (zweite) Person. Und aus der Kraft im Licht kommt der Geruch und Geist der Kraft, aber ist der Kraft nicht faßbar oder haltbar, und kommt doch aus der Kraft, und das ist der Heilige Geist Gottes.

13.23. So versteht uns aber richtig: Wir empfangen im Abendmahl keine andere Kreatur mit einer neuen Seele. Nein, sondern wir empfangen Christi Leib, der den Himmel erfüllt, an unsere Seele, die bereits eine ewige Kreatur ist. Die Seele ißt Christi Fleisch und trinkt sein Blut, das den Himmel erfüllt, und aus diesem, welches die Seele annimmt und ißt, wächst ihr ein Leib, und in diesem Leib ist sie in Gottes Hand und kann am Ende der Welt mit diesem Leib durch das Feuer des göttlichen Zorns gehen, ohne es erfahren zu müssen. Denn wie dieses Feuer Christus in der Dreizahl nicht ergreifen kann, so auch uns nicht, denn das Feuer empfängt von Gottes und unserer Sanftmut die (besänftigende) Sanftmut, und wird in uns in ein Aufsteigen des liebevollen Begehrens verwandelt, so daß unser Feuer und Brennen in uns ein reines Liebe-Begehren ist. Denn es wird zu einem Glanz der Majestät, und so sind wir in Gott und Gottes Kinder, Halleluja, Halleluja, Halleluja!

13.24. Und so hat es auch seine Bewandtnis mit der Taufe der Kinder, weil die Seele in zwei Dingen steht, wie in Feuer und Wasser, denn das Blut hat zwei Gestaltungen, nämlich Sulphur und Wasser. Der Sulphur gibt die Tinktur des Lebens, denn er gibt Licht, das ein Brennen aus dem Phur (dem Körperlichen) ist, und das ist Leben. Das Phur ist Feuer, und das Sul (das Seelische) ist Licht, und aus dem Licht kommt die (besänftigende) Sanftmut, die das Phur wieder an sich zieht und damit seinen feurigen Grimm löscht. Und das Anziehen macht die Sanftmut wesentlich, das ist Wasser, und Mercurius (Quecksilber, lebendiges Silber bzw. bewußte Reflexion) macht darin das große Leben, als ein Leben im Wasser, und der Mond am Himmel brütet es aus, so daß es zu einem Liquor wird und zu Blut, darin das Zentrum der Natur mit den sieben Gestaltungen ist.

13.25. Nun seht: Wenn der Samen zum Kind gesät wird, dann wird die Tinktur des Feuers als des Mannes Tinktur in die Venus-Tinktur (des Wassers) gesät, daraus ein zweifaches Leben entsteht, nämlich ein Feuer-Seelen-Leben und in der Venus ein Wasser-Geist-Leben. Diese wachsen miteinander auf und werden ein Mensch. Und so sind nun beide Tinkturen in Adam verdorben worden. Die Tinktur der Seele fing der ewige Zorn Gottes, darin der Teufel war, und die Tinktur des (verkörpernden) Geistes fing der Geist dieser großen Welt. Und beide würden (völlig) vom Teufel gefangen, wenn sich nicht das Wort des Vaters, das schließlich Fleisch wurde, ins Mittel (bzw. in ihre Mitte) gesetzt hätte.

13.26. Darum hat Gott durch Christus zwei Testamente aufgerichtet: Eines für die kleinen Kinder im Heiligen Geist, der das Amt treibt und das Oberamt in der Taufe führt, und durch seine Kraft im Wasser der Seele ein Wasser des Lebens macht. Und dann eines für die alten armen Sünder, die es im Wort des Lebens verstehen, nämlich im Fleisch und Blut, darin das Wort als das Herz Gottes das Oberamt führt und uns mit seinem Leib speist und mit seinem Blut tränkt. Das Testament mit Fleisch und Blut steht der Tinktur des Feuer-Lebens als der Seele zu, und das Testament des Wassers steht dem Geist-Leben als der anderen Tinktur zu, und doch ist es nur ein Mensch. Denn der Teufel trieb vor Christi Geburt große Schalkheit mit den Menschen, indem er sie geistig besaß. Aber hier wurde ihm das Handwerk gelegt, denn Christus richtet den Kindern ein Bad der Wiedergeburt im Heiligen Geist zu, denn ein Kind hat noch keinen Glauben, und mancher lernt auch so wenig vom Glauben, daß doch so ein Testament den armen unvernünftigen Menschen erhalten könnte. Dabei tauft nicht allein der Heilige Geist, er führt nur das Oberamt und nimmt die Kraft von der Dreizahl, und damit tauft er. Wenn der Täufer spricht „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…“, dann faßt sich der Heilige Geist in der Dreizahl und tauft im Wasser der Seele und im Wasser des Lebens, das im Blut der Tinktur ist und vom (verkörpernden) Geistleben gehalten wird, als das andere Zentrum der Natur. So empfängt der Seelengeist des Heiligen Geistes Kraft und Amt, und hierin liegt das große ganzheitliche Geheimnis (Mysterium Magnum). Ihr lieben Brüder zu Babel, tanzt doch nicht von außen so um das Geheimnis!

13.27. Geht hinein, oder ihr seid nicht Christi Diener! Könnt ihr das nicht begreifen, dann bleibt doch im Glauben am Wort. Wenn ihr aber sprecht, Christi Testamente sind nur Zeichen und nicht Wesen, dann seid ihr der Antichrist und verleugnet die Gottheit, und seid des Amtes nicht fähig. Ihr könnt kein Kind taufen, sondern die Gemeinde Christi tauft es, die den Glauben hat. Ein Schäfer oder Schweinehirt tauft in seiner Einfalt besser (der da einfältig glaubt, daß es das große Geheimnis sei, daß die Heilige Dreifaltigkeit taufe und er nur ein Diener ist, der das äußere Werk betreibe), als eben ihr, ihr großen Schulgelehrten und -Meister, die ihr obenan sitzt. Laßt es euch sagen: Es kommt einer danach, der euch mit dem Feuer des Zorns taufen wird, weil ihr seine Kraft verleugnet. Ihr habt einen schweren Bissen an Christi Testamenten. Werdet ihr nicht von euren Ratschlägen abgehen und in den Tempel Jesu Christi eingehen, dann müßt ihr ganz ausgeworfen werden. Von euch gab es in alten Zeiten viele, denn ihr zeugt euch selber und nicht das Amt Christi. Doch ihr seid in Deutschland weniger geworden, denn wenn ihr tausend wart, sind es heute kaum noch hundert. Werdet ihr nicht ablassen von Menschenklugheit und Tand, dann wird euch Gott verwerfen, so daß, wo ihr jetzt hundert seid, nicht mehr als zehn sein werden. Wacht auf von eurem Schlaf, damit ihr nicht hinunter ins Verderben fahrt, in den Abgrund! Ihr sagt, wir scherzen über euch! Aber es ist nicht ohne Grund, denn es scherzt einer über euch, den wir kennen und der es uns zeigt. Er wird bald aufwachen. Seid also nicht so sicher und denkt darüber nach, denn kein Mensch nimmt ihm etwas, das er nicht freiwillig gibt, und es wird auch nichts vergebens gesagt.

13.28. Oh du liebe werte Christenheit, erkennt es doch und sagt nicht: „Wird uns unser Lehrer nicht richtig führen, dann ist es seine Schuld!“ Nein, es gilt euch, denn es kostet Leib und Seele. Die werte Christenheit ist aus allen apostolischen Orden oder Tugenden in Menschensatzungen hineingeführt worden, und so wurde aus Christi Reich ein Prachtreich in Scheinheiligkeit bei der Taufe und zum Abendmahl gemacht, und man hat Zeremonien dazugesetzt. Oh, hätte man doch den wahren Glauben und Verstand behalten, und hätte den Menschen den Weg Gottes in der neuen Wiedergeburt gezeigt! Hätte man ihnen das klare Angesicht Gottes gezeigt, dann wären sie von den Sünden abgegangen in ein göttliches Leben. Aber dein Geiz, oh du Hure, hat alles verblendet! Wenn mir meine Augen von Gott nicht geöffnet wären, wie könnte ich dich erkannt haben?! Ich würde dich wohl immer noch anbeten.

13.29. Aber die ganze Welt wird dich suchen und endlich finden. Dann soll Europa eine Krone sein, Asien der Mann und Afrika das Land, und ein einfältiger Hirte soll uns weiden.

13.30. Verstündest du das, dann würdest du in dich gehen und dich suchen. Aber du wirst blind sein, bis du bezahlt wirst. Wie du Leid eingeschenkt hast, so mußt du die Qual austrinken, denn du hast dessen zu viel gemacht und bist ein wilder Baum, der abgebrochen werden soll. Es ist kein Rat (und keine Hilfe), dein eigener Zorn wirft dich zu Boden. Denn du bist gewogen und zu leicht (geistig zu leicht und körperlich zu schwer) befunden worden, sagt der Geist der großen Wunder.

Die Magie aus den großen Wundern

13.31. Jedes Ding, das aus einem Anfang wächst, das hat Anfang und Ende, und wächst nicht höher, als das Ding in seiner Zahl hat, daraus es gewachsen ist. Was aber noch in einer einzigen Zahl ist, das ist unzerbrechlich, denn es ist nur eins und nicht mehr. Es ist nichts in ihm, das es zerbreche, denn kein Ding, das nur eins ist, feindet sich selber an. Wenn aber (unterschiedliche) Dinge in einem sind, dann ist schon Widerwertigkeit und Streit. Aber eines streitet nicht gegen sich selbst, sondern zieht sich in sich und aus sich und bleibt eins. Denn wenn es auch mehr in sich sucht, dann findet es doch nicht mehr, und so kann es niemals mit sich selbst uneins werden, denn es ist ein Ding. Wo das hingeht, so geht es in einem Willen. Denn wo zwei Willen sind, da ist Trennung, denn einer will öfters in sich und der andere aus sich, und wenn das Ding dann einen Leib hat, dann ist das Regiment in diesem Leib uneins. Und wenn dann eines mit Anfeindung in das andere geht, dann ist der Widerwille (der in das andere geht und darin wohnt) die dritte Zahl. Und diese dritte Zahl ist ein vermischtes Wesen aus den ersten beiden, und ist wieder alle beide und will ein eigenes sein, und hat doch auch zwei Willen in sich von den ersten beiden, von denen einer nach rechts und der andere nach links will. So steigt das Ding von zweien in viele auf, und jedes hat einen eigenen Willen. Und wenn es nun in einem Körper ist, dann ist es mit sich selber uneinig, denn es hat viele Willen und bedarf einen Richter, der da entscheide und die Willen im Zwang halte. Wenn aber die Willen stark werden und sich vom Richter nicht bändigen lassen wollen, sondern darüber hinausfahren, dann werden aus einem Regiment zwei. Denn das Ausgefahrene richtet sich selber nach seinem Willen und feindet das erste an, weil es nicht in seinem Willen ist. Und so entsteht ein Streit, weil eines das andere zu dämpfen begehrt, und sich allein in einem Wesen erheben will. Und wenn es das nicht dämpfen kann, wie heftig es auch dagegen streitet, dann wächst ein jedes in sich selber bis in seine höchste Zahl, und es ist immer im Streit gegen das andere. Und wenn es dann kommt, daß es in seine höchste Zahl gewachsen ist, so daß es nicht weiterkann, dann geht es in sich selber und schaut sich an, warum es nicht mehr wachsen kann. So sieht es das Ende der Zahl und setzt seinen Willen in das Ende der Zahl und will das Ziel zerbrechen. Und in diesem Willen, den es in das Ende der Zahl setzt, um es zu zerbrechen, wird der Prophet geboren. Und dieser ist sein eigener Prophet und weissagt von den Irrungen im Willen, wie daß derselbe nicht mehr vor sich weitergehen kann, und auch von der Zerbrechung. Denn er wird in der höchsten Zahl in der Krone am Ende des Ziels geboren und spricht von der Verwirrung in seinem Reich, wie es sich beenden wird und was die Ursachen sind, daß es nicht aus seiner eigenen Zahl schreiten kann. Und dann weissagt er von einem neuen Reich, das aus der Zerbrechung wieder geboren werden soll, denn er ist der Mund dieses Reiches und zeigt den Widerwillen auf, wie daß das Reich in einem einigen Willen gewachsen war und aus eigener Begierde aus sich selbst in viele Willen ausgegangen ist. Und er deckt des Reiches überheblichen Stolz, seinen (egoistischen) Geiz und (persönlichen) Neid auf, obwohl das Reich nur eine einige Wurzel hatte, daraus es gewachsen war. So zeigt er die bösartigen Zweige auf, die aus der Wurzel gewachsen sind, die des Reiches Irrungen und Verwirrungen wurden, welche den alten Baum schwächen und ihm seine Kraft und Saft nehmen, so daß er verwesen muß. Und dann zeigt er auch die Falschheit der Zweige auf, die dem Baum die Kraft genommen haben, und ihn nur zu Boden drücken: Sie sagen, sie seien ein neuer Baum und ein gutes Reich, und prangen, als wären sie fremde Gäste mit großer Klugheit und Frömmigkeit, und sind doch aus dem alten Baum gewachsen, sind seine Kinder und fressen also ihren eigenen Vater. So sagt der Prophet, daß sie Wölfe und keine Kinder sind, welche gekommen sind, um zu morden und aufzufressen und sich an des alten Baumes Stelle zu regen, welche ihren überheblichen Stolz auch bis an ihr Ziel treiben, um dann wieder von ihren Kindern gefressen zu werden. Dieser ist ihr eigener Prophet (der ganzheitlichen Vernunft), der auf ihrer Krone gewachsen ist, denn er zeigt die Bosheit der Wurzel auf, aus welcher der erste Baum gewachsen war: Er zeigt das Gift auf, mit dem die Wurzel vergiftet wurde, so daß aus einem einigen Willen viele (gegensätzliche) Willen gewachsen sind, aus denen der Streit und die Bosheit entstanden.

13.32. Wenn nun die Verwirrung in einem Ding (oder auch Menschen) mit aufgewachsen ist, welche aus einem viele macht, so daß sich die Vielfalt selber anfeindet, dann zerbricht die Verwirrung auch diese Vielfalt. Denn der erste Wille zu einem Ding begehrt nur dasselbe einzige Ding, das sein Leib und seine Wonne ist, aber die Vielfalt in einem Ding bewirkt eine Anfeindung, denn eines will immer über das andere aufsteigen, und so will es das andere nicht leiden. Daher kommen Neid und Falschheit, aus denen Zorn und Streit wachsen, so daß eines das andere zerbrechen und niederwerfen will. Und wenn es auch so ist, daß der erste Wille ihr Richter ist, so ist doch die Verwirrung in allen beiden mit aufgewachsen, die den Gehorsam zerstört, so daß ein jedes einen eigenen Weg gehen will und sich nicht richten lassen will, sondern sich selber zieht und den Vater mit allen Kindern verachtet, die doch seine Brüder und Schwestern sind, und sagt, er allein sei der Baum mit der Kraft, obwohl er doch ein abtrünniger, eigenwilliger, stolzer und falscher Mörder ist, der sich gegen den ersten Willen als die Wurzel stellt. Und wenn es dann kommt, daß der Vater seine bösen ungehorsamen Kinder sieht, dann sucht er das Heil, wie er das Zerbrochene heilen könnte, und gießt Öl in die Wunden. Aber es zeigt sich, daß ihnen das Öl ein Gift ist, denn sie haben ihren Willen von dem ersten Willen abgewandt, nämlich von der Wurzel, daraus das Öl quillt, und die Verwirrung hat ihnen ein anderes Öl in ihren Willen geboren, so daß diesem Reich kein Rat zum Heil ist. Es kann sich als ein bösartiges Reich nur in sich und mit sich selber auffressen (und verbrennen). Jedoch wächst es in seine höchste Zahl, nämlich in die Tausend bis ans Ende, denn die Krone hat die Tausendzahl. Doch dann ist kein Rat mehr, es sei denn, daß es wieder ganzheitlich mit sich selbst eins wird, und wieder in den ersten einigen Willen eingeht und sich ihm in Gehorsam gebe, und wieder ein Ding werde. Dann beginnt es wieder zu zählen, und am Anfang ist es gut, solange es im Wenigen bleibt, denn was Raum hat, das quetscht sich nicht gern selber zusammen. Was aber eingefaßt und eingesperrt wird, das will immer über sein Ziel hinaus und läßt sich dünken, seines Nachbars Wohnung sei auch sein, und will immer den Ring, das Band und das Ende zerbrechen. Und obwohl es so ist, daß aus einem Ding ein anderes wächst, wenn es aber dem ersten Willen, daraus es ursprünglich gewachsen ist, nicht gemäß ist, dann ist es doch nicht sein wahrer Sohn, sondern es ist ein wilder Zweig, der gegen die Mutter steht, und den die Mutter nicht liebt, denn er wächst in seiner Bosheit (der Gegensätzlichkeit). Darum nimmt ihn die Mutter nicht wieder in ihren ersten einigen Willen, damit er ewig bestehe, sondern läßt ihn hinlaufen bis an sein Ende.

13.33. Wenn aber die Mutter sieht, daß so alle ihre Kinder von ihr abtrünnig werden und sie verlassen und gleichsam fremd werden, dann tritt sie in Traurigkeit und hofft auf Besserung, die aber nicht kommt. Daraufhin sucht sie selber die Verwirrung, denn sie erregt ihren Willen wieder in sich und sucht die Gebärerin, und da findet sie ein neues Kind im Lilienzweig und übergibt die abtrünnigen Kinder der Verwirrung, so daß sie sich selber auffressen und ermorden. Auch gießt sie ihre eigene Verwirrung und ihr Gift über sie aus, nur damit sie weggeräumt werden, und sie ihren jungen Sohn aufziehen kann, der in ihrem Haus bleibe und an dem sie Freude haben kann.

13.34. Damit wird dir gesagt, du großer und breiter Baum, der du am Anfang nur ein Zweiglein warst: Du wurdest nur in einem einigen Willen geschaffen, und alle deine Zweige sollten deinen Willen haben. Aber der Teufel mißgönnte dir das und streute Gift in deinen Willen, daraus die Verwirrung wuchs. Und damit hast du alle deine Kinder und Zweige verdorben, so daß in jedem Zweiglein die Verwirrung mit aufgewachsen ist. Du gerietest in überheblichen Stolz und gingst aus dem ersten einigen Willen aus, den dir Gott gab, in die großen Wunder der großen Verwirrung hinein. Und darin haben sich alle deine Kinder vergafft und dich verlassen.

13.35. Darum spricht die Mutter der Gebärerin: „Ich habe Angst, denn ich hatte mir ein Bäumlein gezeugt und wollte seine guten Früchte essen, aber er hat viele wilde Früchte getragen, die ich nicht essen mag. So will ich gebären und mir in meinem Alter noch einen jungen Sohn zeugen (lassen), der in meinem Haus bleibe und meinen Willen tue, auf daß ich doch Freude habe, obwohl mich alle meine Kinder verlassen haben. Ich will mich mit meinem jungen Sohn trösten, und er soll in meinem Haus bleiben, solange ich lebe. Der Satan soll ihn nicht richten. Ich will ihm ein Kinderkleid anziehen, denn er soll kindisch und ganz einfältig bei mir wohnen. Siehe, aus der ersten Wurzel will ich ihn zeugen (lassen), und will die Verwirrung zerbrechen, denn ihre Zahl ist in der Krone vollendet.

13.36. Was sucht ihr so viel, ihr wilden Zweige? Ihr sagt, wir sind über die Mutter (hinausgewachsen), denn wir haben Klugheit und Kunst. Doch wozu wünscht die Mutter eure Klugheit und Kunst? Sie will Gehorsam haben, und sie begehrt weder Kunst noch Klugheit, denn sie ist ganz einfältig und zählt nur Eins. Wollt ihr der Mutter gefallen, dann müßt ihr aus der Vielfalt wieder in die Einheit gehen, nicht durch Kunst und Klugheit, sondern aus euch selber und eurer überheblich stolzen Verwirrung heraus in die einfältige Demut hinein. Ihr müßt den Glanz der eigenen Klugheit aus der Verwirrung verlassen und wie Kinder werden, sonst seid ihr eurer ersten Mutter keine angenehmen Kinder, sondern gehört der Verwirrung, die euch aufnimmt. Dann seht zu, wo ihr bleibt, wenn Gott das Verborgene der Menschheit richten wird, wenn alles durch das Feuer seines Zorns gehen wird! Das sagt der Geist der großen Wunder. (Das große Ziel ist also die seelisch-geistige Einheit in der körperlich-natürliche Vielfalt, darin sich die Wunder Gottes offenbaren.)

13.37. Mutter Eva sprach als sie das erste Kind gebar: „Ich habe den Mann (gefunden und empfangen), den Herrn, der soll es tun. Er soll der Schlange den Kopf zertreten und das Reich besitzen.“ Aber es war Kain, ein Mörder. Und so sagst du auch heute noch: „Wir haben den Herrn gefunden, so wollen wir nun das Reich besitzen, denn wir haben die wahre Lehre gefunden. So wollen wir also lehren, dann sind wir Gottes Kinder.“ Aber höre, du hast wohl die Lehre gefunden, aber du bist Kain, und du meinst nur das Reich, und nicht die Kraft Abels im Opfer. Du willst nur in Fleischeslust bleiben und behältst nur die Hülse vom Wort Gottes, die keine Kraft hat. Denn du behältst die Historien und streitest darum, verwüstest dein Land und deine Leute, aber die Kraft verleugnest du. Du sprichst „Wir sind nahe am Reich Gottes!“, doch du bist noch nie ferner davon gewesen, und das wird dein Ende bezeugen. Was hilft dir dein Wissen? Der Teufel weiß das auch, was du weißt, er tut es aber nicht. So auch du, und darum bleibt euch beiden das Reich Gottes verborgen. Dein Wissen ist dein Strick, der dich fängt (und bindet). Wärst du einfältig, dann wärst du nicht so stolz. Was weiß der Einfältige von der falschen List und Betrug, wenn er es nicht von der Klugheit der Verwirrten lernte?

13.38. Du sagst: „Wir tragen Gottes Willen und lehren ihn.“ Bist du nicht Kain, der Abel alle Tage ermordet? Schau dich nur recht an, du bist es ja. Abel liegt vor deinen Füßen und fleht zu dir, aber du bist das bösartige Tier, das Abel mit Füßen tritt. Denn du reitest über die gebeugten Knie und achtest den Einfältigen wie Staub, und verzehrst doch seinen Schweiß und füllst dich mit Betrug (und Illusion) ohne Grund. Wie kannst du dann sagen: „Hier ist die Kirche Christi!“ Oh, du bist Babel, eine Stadt der Hurerei und Falschheit. Du kennst Gottes Willen, aber tust nur deinen eigenen Willen, und sprichst sogar: „Wir sind von Babel ausgegangen, und wir haben die wahre Lehre bei uns.“ Ja, hättest du den Geist der Gerechtigkeit und Wahrheit und ließest dich am Wenigen genügen, dann gäbe dir die Mutter immer genug, und du hättest keinen Mangel. Aber deine Pracht und dein Hochmut vertraut nicht Gott, und darum verläßt du dich nur auf deinen (egoistischen) Geiz, und willst nur allein das Fette der Erde in dich fressen. Und das nimmst du mit Gewalt und nicht mit Recht. Das Recht, das du führst, hat dein falsches geiziges Herz erdichtet, und so lebst du nur in Trug (und Illusion). Du beredest und betrügst dich selber zu deinem eigenen Schaden. Wärst du wirklich klug, dann sähest du auf dein Ende und was nach diesem folgt. Aber du blendest dich mit überheblichem Stolz und sagst noch: „Hier ist die goldene Zeit, und viele wollten gern gesehen haben, was wir sehen, und hören, was wir hören, aber haben es nicht gesehen oder gehört.“ Ja, höre nur, denn es wird auch ein Zeugnis über dich sein, und dein Urteil um so schwerer machen. Du bist damit nicht besser, sondern schlimmer geworden. Darum wisse, was dir verkündigt worden ist, das ist dein eigener Prophet gewesen, der hat dich aus deinem überheblichen Stolz wieder zurück in die Mutter der Demut gerufen. Aber du bist nur schlimmer geworden, und hast das Schwert des Geistes zerbrochen, damit du tun kannst, was du willst. So hat er (der Heilige Geist) dich verlassen und der Verwirrung übergeben, die dich auffressen soll, wie in den alten Zeiten Israel geschehen war. Es hilft kein Ratschlag mehr, deine Bünde sind alle nichtig. Weil du dich auf deinen körperlichen Arm verläßt, so ist auch Gott von dir gewichen und läßt dich machen, damit du dich selber frißt (und zerstörst).

13.39. Oder auch: Was nimmst du den Bund Gottes in deinen Mund, wenn du doch die Zügelung haßt und nur deinen Geiz suchst? Meinst du, Gott sei so ein falscher Heuchler und Lügner, wie du es bist? Lasse nur ab von deinem Geschrei, du bist Gott nicht angenehm, solange du nicht umkehrst und von der Falschheit abgehst. Es geht dir jetzt, wie es die Verwirrung treibt, und die hat ihr Ergötzen daran, daß sie so den Zorn Gottes erfüllt, damit er auffresse, was in seinem Reich gewachsen ist. Aber du bist blind daran und siehst es nicht. Was geizt du so viel? Sehe nur voraus! Siehst du nicht, wie sich die edle Tinktur erhoben hat. Sie wird bald ihre Blüte geben, und dann könntest du Silber und Gold genug haben.

13.40. Aber was soll man noch sagen? Du hast dich schlafend gehurt, und fährst eher lebendig in den Abgrund, als daß du die Hure fahrenläßt. Darum soll es dir auch ergehen, wie es dir dein eigener Prophet bezeugt, der dich schon lange mit seiner Posaune gerufen hat. Du wartest nur auf das Schwert des Feuers, das dich zerschneiden wird. Oder meinst du, wir sind verwirrt, wenn wir so reden? Jawohl, aus dir sind wir geboren, aber wir verkünden und verstehen die Klage unserer Mutter, die ihre Kinder bestraft, denn sie zeigt den Grimm in der Verwirrung an, der bis in den grimmigen Zorn Gottes gewachsen ist. Wir reden, was uns gegeben ist und wir im Eifer des Herrn erkennen. Was haben wir mit Babel zu tun? Wir reden mit uns selbst und mit den Gliedern unseres Leibes, und mit denen, die da in den Vorhöfen Gottes wohnen, und mit denen, die jetzt mit uns traurig sind, aber deren Traurigkeit in Freude verwandelt werden soll.


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