Vom dreifachen Leben des Menschen

(Text von Jacob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2021)

8. Kapitel - Das jenseitige Leben

Daß außer diesem irdischen Leben noch ein anderes Leben in uns ist.

8.1. Wie nun in der Tiefe dieser Welt an allen Enden ein Leben und geistiges Regiment ist, so daß alle Kreaturen wie in einem Leib eingeschlossen sind, der ihnen Leben, Nahrung, Wissen und Kunst in allen Gattungen gibt, wie in Menschen, Tieren, Vögeln, Fischen, Würmen, Blumen und Kräutern, einem jeglichen nach der Art seiner Essenzen, so besteht auch noch ein (höheres) Leben in dieser Welt und außerhalb dieser Welt in der Ewigkeit, welches der Geist dieser Welt nicht begreift. Und das hat alle Eigenschaften dieser Welt in sich, aber nicht in solchen entzündeten Essenzen, denn es hat kein Feuer, obwohl es doch ein mächtiges Feuer ist, aber es brennt in anderer Qualität als im Begehren. Es ist sanft und lind, ohne Leid, und es verzehrt auch nichts, sondern sein Geist ist Liebe und Freude, sein Feuer macht Majestät und Glanz, und das ist seit Ewigkeit immer gewesen. Es hat keinen Grund, denn es hat zwar sein Wachsen und Blühen, aber nicht aus solcher Erde, und ist doch Erde, welche ich in meinem ganzen Buch die (ganzheitliche) „Wesenheit“ nenne. Denn es ist der ewige Leib, ohne einen einzigen Mangel. Es gibt weder Not, noch Jammer oder Elend darin. Man weiß nichts davon, und so wird auch kein Tod, Teufel oder Zorn darin erkannt, sondern das alles steht in der Finsternis im ersten Prinzip verborgen.

8.2. Und diese Welt, das heißt, die englische Welt, nennen wir Ternarium Sanctum (Heilige Dreizahl oder Dreifaltigkeit), und das ganz zu Recht. Obgleich die lateinische Sprache nur die Dreizahl damit versteht, so begreift es doch die Natursprache zusammen als einen (ganzheitlichen) Leib. Denn gleichwie das Prinzip dieser Welt alles zusammen nur ein Leib ist, so ist auch Gott mit Himmelreich, Engel, Mensch und Paradies und allen himmlisch-göttlichen Wesen und Eigenschaften alles nur Ein Leib, der zusammen „Gott, Majestät und Ewigkeit“ heißt. Denn die Majestät ist das Licht dieses Leibes, und der Heilige Geist ist seine Luft und Lebensgeist. Aber die Kreaturen haben ihren eigenen Lebensgeist aus sich selber, denn ein jeder Engel und Mensch ist gleichsam der ganze Gott.

8.3. Denn er hat auch die Dreizahl in sich, und auch der Heilige Geist geht in ihm aus, wie ihr es am Gleichnis eines glühenden Eisens seht: Das Eisen bedeutet die Kreatur, das Feuer darin bedeutet die Gottheit, die Hitze des Eisens den eigenen Geist der Kreatur, und die Luft* aus der Hitze, die keine Qual-Qualität hat, bedeutet den Heiligen Geist. (*Vermutlich ist hier der Wind gemeint, weil ohne Feuer auch keine Luft aus einer Verbrennung entstehen kann: »Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeglicher, der aus dem Geist geboren ist. ,Joh. 3.8.«)

8.4. So geben wir euch diese hohen Dinge in großer Einfalt genug zu erkennen: Will nun jemand blind sein, dem helfe Gott! Und so können wir euch mit wahrhaftem Grund darstellen, was der Mensch vor dem Fall gewesen war, was er durch den Fall geworden ist, was er in der neuen Wiedergeburt wieder werde und was er nach diesem Leben sein wird. Denn wir wissen, was er im Tod und im Leben ist, und wir wissen auch, was er in der Hölle ist. Und solches nicht aus unserer Klugheit, die größer als bei allen anderen Lebendigen wäre, sondern im Schoß der Mutter und im Geist der Mutter. Ich selber bin tot und wie ein nichts. Wenn ich also rede und schreibe, dann schreibe ich nicht aus mir selber, sondern aus der Mutter, aus ihrem Wissen und Sehen, obwohl ich doch wie alle Menschen in Angst, Mühe und Arbeit lebe, in Furcht und Schrecken, sowie in Anfechtungen wie alle Menschen, denn auch ich habe Adams Pelz an und lebe in der Hoffnung Israels.

8.5. So wisset nun: Nach diesem Bericht ist unser Vater Adam im Paradies im Leib Gottes gewesen und in den Leib dieser Welt ausgegangen, in das Regiment der Sterne und Elemente. Die haben nun den Leib und auch den Geist gefangen, bis auf die arme Seele, die nun in der Wurzel dieser Welt zwischen Himmel und Hölle ist. Die Hölle und der Zorn haben sie an die Finsternis und Zorn-Qual hart gebunden, wie an eine feste Kette, und diese heißt das „Zentrum der Natur“. Aber Gott ist ihr wieder zu Hilfe gekommen und Mensch geworden, und hat die menschliche Seele wieder in seinen himmlischen Leib genommen und in Christus wieder fest an sich angebunden. Also steht die Seele entweder in der Mitte, oder unten im höllischen Feuer, oder oben in Gott im Himmel: Wo sie nun ihren Willen hineinschwingt und sich hineinergibt, dort ist sie und dessen Knecht ist sie, und aus der Hölle ist kein Zurückrufen.

8.6. Oh du große Hure zu Babel, hast du nun göttliche Gewalt, dann hilf dir selbst und uns! Hier besiehe dich mit deinen Träumen. Kannst du es, dann reiß die Kette entzwei, nämlich das Zentrum der Natur! Doch es heißt, ihr müßt neugeboren werden, denn das göttliche Feuer muß in euch entzündet werden, gleichwie ein Eisen glüht, dann greift es der Bauer mit seinen Händen wohl nicht an, und so auch der Teufel die Seele nicht, denn er verbrennt sich daran. Denn er hat die Finsternis, und wenn er ans Licht käme, dann müßten wohl seine grimmigen, neidischen und bösen Stücke gesehen werden. Aber er schämt sich dessen und verkriecht sich in die Finsternis, wie Adam und Eva hinter die Bäume. Denn dieser Bissen schmeckt ihm nicht, und er riecht solches Feuer nicht gern, denn es ist sein Gift. Wüßte er nur ein Bißchen oder ein Fünklein von solchem Feuer in seinem ganzen Haus, er würde es nicht leiden und liefe selber heraus, wie er dann auch vom Menschen fliehen muß, wenn das Feuer Gottes mit der neuen Geburt in ihn kommt. Oh, wie zaghaft und matt wird er, wenn die Seele beginnt, sein Schloß zu stürmen! Hunderttausend Listen erdenkt er sich, damit er die Seele vom Sturm abhalte. Oh, wie er schmeichelt und der Seele Zucker aufstreut, und ihr große Heiligkeit zumißt, als habe sie göttliche Gewalt, und sie sei kein Sünder mehr, bis er sie auf die Zinnen des Tempels bringen kann, so daß sie sich (stolz) erhebt. Oh, wie schürt er dazu! Welche guten Gesellen führt er ihr zu, bis die guten Gesellen anfangen, mit eigener Heiligkeit und Macht zu spielen, wie die antichristliche Kirche zu Babel nun lange getan hat. In dieser Zeit hat der Teufel Frieden, denn niemand stürmt ihm die Hölle, und er bekommt gute fette Braten, die man zu St. Petrus mit guten Geleitbriefen schickt. Wenn nun Petrus im Abgrund wäre, dann würde er sie wohl lesen. Ist er aber nicht da, dann liest sie der große Fürst Luzifer selber, und dem dienen sie wohl auch.

8.7. Ihr lieben Kinder, seht doch nur, in welchem Elend wir gefangenliegen und in welcher Herberge wir daheim sind! Denn wir sind vom Geist dieser Welt gefangen, er ist unser Leben, er nährt und führt uns, und er regiert uns in Mark und Bein, in Blut und Fleisch. Er hat unser Fleisch irdisch gemacht, so daß wir im Tod gefangenliegen, und wir schwimmen im Wasser bis zum Mund, oder wie der Prophet David sagt: »Das Wasser geht mir bis an die Seele. Große Stiere haben mich umgeben, und ich wohne unter Nattern und Drachen. (Psalm 69.2 und Psalm 22.13)«

8.8. Ach du jämmerliches und elend mühsames Leben, wie bist du so tot! Schwimmst du doch nur im Wasser in einer Handvoll Blut, und stolzierst auch so! Was sind nun deine Schönheit, deine Pracht, deine Ehre und dein Gut? Betrachte dich doch nur, suche dich und finde dich! Dann gehe aus diesem gefährlichen Leben von den Nattern und Schlangen in ein ewiges Leben. Das hast du doch in voller Gewalt. Wer anders lehrt und redet, der redet aus dem Teufel, der nicht zugestehen will, daß der Mensch die Macht habe, Gottes Kind zu werden. Obwohl doch die Schrift sagt, »daß Gott den Menschen in Christus die Macht gegeben hat, Gottes Kinder zu werden. (Joh. 1.12) Und Gott will, daß allen Menschen geholfen werde. (1.Tim. 2.4) Und du bist nicht ein Gott, der das Böse will oder dem gottloses Wesen gefällt. (Psalm 5.5 Oder wie Hesekiel sagt: »So wahr ich lebe, ich begehre nicht den Tod des armen Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe. (Hes. 18.23)«

8.9. Denn es ist kein anderer Wille in Gott, als selig zu machen, was verloren ist, und darum soll kein Mensch verzagen. Denn wenn sich der Seelengeist wahrhaft erhebt, dann ist er stärker als Gott und überwindet Gott. Denn auch der Zorn gehört Gott und ist seine größte Macht, und die überwindet er. Er ist stärker als der Hölle Abgrund, und kann Berge versetzen ohne Sturm, nur mit seinem Willen.

8.10. Denn durch den Willen hat Gott Himmel und Erde geschaffen. Und ein so mächtiger Wille ist auch in der Seele verborgen, aber schwimmt nun dort im Elend, in großer Ohnmacht, im Sinken des Todes gebunden, und läßt sich wie eine arme gefangene Kreatur aus einem Schlamm in den anderen verführen. Heute führt sie der Teufel in diesen Pfuhl, morgen in einen anderen, und sie sieht wie ein beflecktes Tuch aus, voller Unreinheit. Alle Sterne schütten ihr Gift in ihren Leib und besudeln die arme Seele. Sie muß sich auch von allen Tieren besudeln lassen, denn ihr Leib ißt das Fleisch der Tiere, und damit wird die arme Seele bekleidet.

8.11. Weißt du, warum Gott den Juden etliches Fleisch (bestimmter Tiere) verbot? Zünde ihr Fettes an und betrachte ihre Eigenschaft, dann siehst (und riechst) du es! Die arme Seele ist wie ein Feuer, das da brennt, und wenn nun eine solche Eigenschaft in das Feuer der Seele kommt, was meinst du, ob Gott darin wohnen werde? Darum lehrt uns Christus und sagt: »Seid nüchtern und mäßig im Essen und Trinken! Wacht und betet, denn euer Widersacher der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann. (1.Petr. 5.8)«

8.12. So seht ihr, wie wir in einem dreifachen Leben stehen. Die Seele steht auf dem Abgrund zwischen zwei Prinzipien und ist an beide gebunden, und der Leib ist bloß in dieser Welt, denn der lebt vom Geist dieser Welt. Und darum sucht er auch nur Essen und Trinken, Macht und Ehre, denn er gehört in die Erde und fragt wenig nach der armen Seele, die aus der Ewigkeit ist. Deshalb sollen wir nun den Leib zähmen, ihm keinen Raum lassen, seine Begierde dämpfen und nicht erfüllen, was er will, sondern nur das Notdürftigste, damit er kein geiler Esel werde und den Teufel zur Herberge einlädt.

8.13. Die arme Seele soll wachen und beten, und stets ihren Willen in Gottes Willen setzen. Sie soll dem Leib nichts zulassen, sie habe sich denn zuvor Gott ergeben. Sie soll an all ihrer Macht keinen Gefallen haben, sondern sich nur rein in Gott werfen, als wäre sie ohnmächtig und vermöchte selber nichts, obwohl sie doch stark ist. Sie soll stets aus sich selber ausgehen, aus ihrem natürlichen Willen, und in Gottes Willen fallen, dann kann ihr der Teufel nichts anhaben.

8.14. Es tut dem Leib wohl schmerzlich weh, wenn sein begieriger Wille gebrochen wird, aber es hilft nichts: Ewig ist lang, aber der Leib hat nur eine kurze Zeit, dann fährt er heim in seine Mutter. Er weiß nicht, in welchem Augenblick der Tod kommt. Dann muß der Leib wieder fort in seine Mutter, und dann läßt er die arme Seele hinfahren, wohin sie kann. So ist er ein gar untreuer Nachbar für die Seele.

Die wahre offene Pforte

Wie sich ein Mensch suchen und selbst finden kann. Woher er seinen Anfang hat, und was er schließlich wieder wird.

8.15. Oh Mensch, betrachte dich, was du in deinem Anfang bist und was du in deinem Ende wieder wirst, dann kannst du gewiß finden, wo du daheim bist und in welcher Herberge du hier gefangenliegst. Auch kannst du finden, wie du zugleich ein Mensch und ein Tier bist, und du wirst den schweren Fall wohl sehen. Aber nur, wenn ein Fünklein aus Gottes Licht in dir ist, denn kein Tier begreift das, weil es nur aus dem Leben dieser Welt entsteht. Und darum erkennen wir, daß noch ein anderes Leben in uns ist, in dem wir den Grund dieser Welt erkennen. Denn wenn wir aus dem Leim und der Erde dieser Welt wären, dann wären wir Leim und Erde wie das Tierwesen, das keine Vernunft hat, und wir könnten nicht den Grund dieser Welt erkennen. Denn ein Topf kennt seinen Töpfer nicht, wie auch ein Werk seinen Meister nicht, und so erkennt auch das Tier seinen Meister nicht, und es hat auch keine Begierde nach ihm, denn es weiß nichts von ihm. Seine Begierde ist nur, sich zu füllen, zu ernähren und zu vermehren, wie das Zentrum der Natur in sich selber ist, das kein Verständnis eines höheren Wesens hat. Denn es hat nur seinen eigenen Geist, damit es lebt und wächst, und sich dann wieder verzehrt. Und das tut es das eine wie das andere Mal, denn ein solches Wesen ist das Band der Ewigkeit, das „Natur“ heißt.

8.16. So haben wir Menschen noch eine höhere Wissens- und Erkenntnisfähigkeit, denn wir können allen Dingen ins Herz schauen, wessen Wesen und Eigenschaft sie sind. Entsprechend haben wir auch noch ein anderes Sehnen und Begehren nach einem anderen Wesen und Leben, das nicht tierisch und vergänglich ist und auch keine elementisch-irdische Speise begehrt.

8.17. So erkennen wir nun, daß ein jedes Leben seine Mutter begehrt, daraus es entsteht und darin es besteht. Wie uns auch zu erkennen ist, daß ein jedes Leben das Beste begehrt, das in seinem Zentrum ist, nämlich das Herz oder Öl, in dem das Feuer brennt und das Leben offenbar steht, so daß es ein Leben ist.

8.18. Denn ein jedes Leben ist wie ein Feuer, und doch ist auch die Qual-Qualität des Feuers nicht das wahre Leben, sondern die Tinktur, die aus dem Feuer entsteht. Die ist eine liebliche Wonne und die Freiheit der Natur, denn die Natur steht in großer Angst und zwingt sich so hart im Begehren nach der Freiheit, bis sie diese erreicht. Und wenn sie diese erreicht, dann ist die Natur eine (trennende) Schärfe in der Freiheit, und will immerfort die Freiheit in sich fressen, damit sie ganz zu einer Freiheit werden könne. Aber kann es doch nicht, denn je mehr sie sich ergrimmt und nach der Freiheit erhebt, je größer wird die Tinktur der Freiheit. So bleibt die Natur ein Feuer, und die Freiheit ein Licht. Und was die Tinktur aufbaut, das verzehrt das Feuer, denn die Tinktur macht Wesenheit, aber ihr Zentrum ist sanft und ein Sinken, gleichwie das Feuer ein Aufsteigen ist.

8.19. Weil aber das Licht durch die Tinktur eine Wesenheit in seinem Sinken macht, so daß im Licht eine Wesenheit gleich dem Wasser entsteht, und doch kein Wasser ist, sondern entsprechender Geist mit entsprechender Qualität, so frißt das Feuer diese Wesenheit in sich, und davon erlischt (bzw. schwindet) sein Grimm und steigt in der Wesenheit auf und brennt wie ein Feuer im Öl. Und das ist das wirkliche natürliche Leben aller Kreaturen und heißt „Tinktur“ („Einfärbung“ oder „Auszug“, eine Art „Meer der Ursachen“).

8.20. Nun ist aber dieses Leben zerbrechlich, denn es beginnt und sieht nur in vier Gestaltungen, nämlich in Feuer, Luft, Wasser und der Wesenheit, welche der Leib ist. Und dazu erklären wir euch noch eines in diesem Tinktur-Leben, wie ihr das natürlich auch seht, das aus jedem Feuer eine Qualität ausgeht, nämlich die Luft, und das ist so gestaltet: Wenn das Feuer die Wesenheit mit Gewalt in sich frißt und anzieht, dann flieht die Wesenheit auch wieder mit Gewalt aus der Qualität des Feuers, denn sie ist so subtil, daß sie das Feuer nicht halten kann. Und so entsteht ein Anziehen und Wiederentfliehen, denn das Feuer will mit Gewalt das Fliehende wiederhaben, und so ist ein immerwährender Streit (bzw. Gegensatz im Leben).

8.21. So seht ihr es, und es ist ganz offenbar, wie das Lebensfeuer die Luft von sich läßt, denn sie will auch nicht in der Qualität des Feuers bleiben, sondern flieht mit Macht, aber des Feuers Qualität zieht sie immer wieder in sich. So wird das Feuer aufgeblasen (und angefacht), sonst würde es ersticken und finster werden. Aus diesen Ursachen greift es also nach der Wesenheit in Form der Luft, aber keine Qualität begehrt das Einschließen des Todes. Und nur das nennt man auch „Tod“, wenn das Leben eingeschlossen ist. Weiter gibt es keinen Tod, denn in der Ewigkeit war nie ein Tod gewesen und wird auch niemals einer sein. Sondern was man den ewigen Tod nennt, das ist eine Einschließung der Tinktur, wenn die Tinktur als eine Bildung weicht (und nicht mehr zum Wesen gebildet wird), dann bleibt das Zentrum als der Feuerquell in der Finsternis und quillt nur noch in der Grimmigkeit in sich selber. Er wollte zwar gern die Tinktur wieder erreichen, aber hat keine Macht dazu, denn die Tinktur ist allein die Macht, welche das Feuer aufbläst (und anfacht).

8.22. Hier besinnt euch der Hölle und des ewigen Todes, denn so ist er, und versteht, daß die Teufel die Tinktur der Sanftmut verloren haben, welche nun ein grimmiger Feuer-Qual-Quell ohne Wesenheit sind, denn sie haben keinen Leib. Und dann besinnt euch zum Zweiten des Wasserelements, wie ihr erkennt, daß es im Geist der Kreatur entsteht, also auch in der Tiefe der Welt, die auch ein Geist ist und ein solches Leben wie eine Kreatur hat. Und dann besinnt euch zum Dritten, wie es zweierlei Feuer gibt, ein hitziges und ein kaltes. Denn was die Hitze mit dem Anziehen tut, das tut auch die Kälte, die das Wasser zu Eis macht und sich einen fremden Leib aus der Wesenheit macht, der nicht sein ist.

8.23. Damit geben wir euch den Fall Luzifers hochteuer zu erkennen, welcher auf diese Weise auch ins Zentrum der Natur eingriff, in die herbe Matrix, und diese erweckte, so daß sie die Wesenheit zusammenzog, daraus Erde und Steine geworden sind. Fragst du nun, warum ließ Gott das zu? Luzifer war ein Fürst und Thron der Engel und wurde mit der ersten Schöpfung geschaffen, und weil er eine Ursache des dritten Prinzips war, also der Ausgeburt, so nannte ihn auch Christus einen „Fürsten dieser Welt“, denn er hatte einen freien Willen, wie wir Menschen.

8.24. Auch wir machen oft Werke, die gegen Gott und nur zu unserer eigenen Pracht und Ehre sind, wie man dann an den großen Schlössern und Häusern sieht. So wollte auch Luzifer wie ein Gott und Schöpfer sein, was noch alles hingegangen wäre, denn das war noch nicht sein Fall, sondern das war sein Fall, daß er die Matrix des Feuers erweckte und über die Sanftmut des Herzens Gottes herrschen wollte. Das ist nun seine Hölle, und Gott hat diese Hölle mit dem Himmel gefangen, nämlich mit der Matrix des Wassers. Denn das Reich dieser Welt sollte ihm im Feuer brennen, und so bewegte sich Gott zur Schöpfung und schuf, und so wurde Wasser, das seine grimmige Hölle gefangenhält. Und das ist die Ursache des Meeres und der großen unergründlichen Wasser, denn an diesen Enden stand die Matrix der Natur so hart im Feuer entzündet, und dazu geben wir euch folgendes Beispiel:

8.25. Seht Sodom und Gomorra an! Als deren Sünde groß wurde und der Teufel überall dort wohnte, und so auch dort ein Reich erhalten wollte, da ließ es Gott geschehen, daß der Fürst dieser Welt diese fünf Königreiche mit Feuer und Schwefel anzündete, in denen der Teufel zu wohnen vermeinte. Aber wie der Teufel glaubte, dort Herr zu sein und eine Wohnung zu haben, so gedachte Gott ihm seinen Hochmut zu brechen und ließ an diese Orte Wasser fließen und erniedrigte seine Pracht.

8.26. Und wir haben auch dessen ein herrliches Beispiel, wie Gott für seine Kinder sorgt, die ihm anhängen, denn als er den Grimm sah, führte er Lot aus Sodom. Und zum Zweiten habt ihr dafür ein großes Beispiel, wie er es seinen Kindern zuvor anzeigt, daß sie fliehen sollen, wenn Gottes Zorn entbrannt ist, wie er es Abraham und Lot anzeigte und sie fliehen hieß, und so hat er es seit Anfang der Welt getan. (1.Mose 19.1)

8.27. Denn die Propheten waren (und taten) nichts anderes, als daß sie Gottes Zorn ankündigten und die Kinder Gottes fliehen hießen, wie dies an Jerusalem und am jüdischen Volk genug zu sehen war und seit Anfang der Welt bei allen Völkern immer geschehen ist. Darum mache sich niemand blind, sondern bedenke nur eben, was solche Vorzeichen und Offenbarungen bedeuten, wie sie heute der Welt vorgestellt werden. Es ist die Zeit des Untergangs des Drachens mit der Hure zu Babel, die hinunter in den Abgrund soll. Wer nun nicht fliehen will, der sei zumindest gewarnt. Und wer ihr Malzeichen vor das Licht bringen wird, der wird dessen großen Spott und Schande haben. So reden wir, wie wir sollen.

8.28. Denn die Morgenröte bricht an, und die Sonne wird bald aufgehen. Halte es nicht für Unsinn, denn es ist beschlossen und in der Heiligen Dreifaltigkeit erkannt worden. Seht die Schrift-Offenbarung an, welche die Sophisten lieber aus der Bibel würfen. Aber ihr Verstand wird bald grünen, und dann stehen die Krämer des Tieres und der Hure in großer Schande, und niemand wird ihre Ware mehr kaufen.

8.29. Aber kein Schwert wird die Hure zerstören, sondern ihr eigener Mund erstickt sie, denn es sind nur Lästerungen und Lügen darin, obwohl sie doch erscheint, als wäre sie Gott. Darum sagen wir, es habe ein jeder Acht auf seine Sachen. Erhebt eure Häupter, wie Christus spricht, denn die Zeit eurer Erlösung ist nah. (Luk. 21.28) Ihr seid mit Wasser getauft, aber der mit dem Heiligen Geist oder auch dem Feuer seines Zorns taufen wird, ist schon auf dem Weg, deshalb verblendet euch nur nicht. (Joh. 1.26)

8.30. So versteht uns recht vom Leben des Menschen, wie wir es hier beschrieben haben. Dieses hier beschriebene Leben ist im Vieh (bzw. Tierwesen) einfach, denn es entsteht nur im Prinzip dieser Welt, in der Matrix der Natur, die überall ein solcher Geist und ein solches Leben in sich selber ist. Aber im Menschen ist es zweifach, denn der Mensch hat zwar auch das Leben dieses Prinzips in sich, doch begehrt noch ein anderes Leben, das da höher und besser ist als dieses. Wo nun ein Begehren ist, da ist auch eine Mutter, die das Begehren selbst ist. Denn kein Begehren kann sich selber machen, es muß aus seinem Willen entspringen, und der Wille aus der Tinktur, die das Leben des Willens ist.

8.31. Also wissen und ergründen wir, daß in der Tinktur des Prinzips dieser Welt, nämlich im Leben dieser Welt, noch eine andere Tinktur ist. Dessen haben wir eine Erkenntnis in uns selbst, denn wäre keine andere Tinktur, dann begehrte das Leben nicht mehr. Wir können aber auch nicht sagen, daß das äußerliche Leben etwas mehr begehrt, denn das begehrt nur seine Mutter, als das Prinzip dieser Welt. Denn es ist auch nur ein (entsprechender) Geist darin, weil kein Prinzip ein anderes begehrt.

8.32. Ein Prinzip ist ein eigenes Leben und hat sein Zentrum zur Natur, und darum nennen wir es „Prinzip“, weil ein ganzes Regiment darin ist, das in Ewigkeit nichts Höheres noch Weiteres begehrt, als nur das, was in seinem eigenen Zentrum geboren werden kann. Wie ihr dies am Himmel- und Höllenreich gut bedenken könnt, denn der Himmel begehrt nur göttliche Wesenheit, und die Hölle grimmige, mörderische, feurige, herbe, hochfliegende und hartgebärende, sowie alles, was des Zornes Eigenschaft im Feuer ist.

8.33. Wenn dennoch ein Begehren nach dem höchsten Gut und nach der Ewigkeit in uns ist, dann ist dieses Begehren aus dem ewigen und höchsten Willen, aus dem höchsten Wesen. Und sein Leben ist aus der höchsten Tinktur, denn wo ein Begehren ist, da ist ein Feuer, weil das Feuer Wesenheit begehrt, damit es etwas zu zehren hat, und kann doch selber keine Wesenheit machen, sondern es macht die Tinktur, und die Tinktur macht die Wesenheit, wie oben erklärt wurde.

8.34. Nun ist die Tinktur eine Kreatur, denn sie hat einen Körper, der aber nicht faßbar und auch keine Wesenheit ist. Und in der Tinktur ist Vernunft, denn sie ist ein Ringen mit dem Feuer und flieht vor dem Feuer, aber kann es auch nicht, denn das Feuer gebiert sie und zieht sie immer wieder in sich, und sie reißt immerfort mit der Wesenheit aus dem Feuer aus, und ist damit eine Gestaltung, wie der Mensch Atem holt (im Spiel von Ursache und Wirkung).

8.35. So geben wir euch nun recht zu erkennen: Ihr seht, wie die Tinktur (als Ursache) scheint, aber in dem Scheinen ist kein Bewegen, sondern ein stetiger Glanz, und doch ist im Glanz alle Kraft wie in der Tinktur, und ist eine ewige Stille, und damit ist die Tinktur das Bewegen (das Wirken) und auch das Leben. So versteht uns recht und hoch, denn es ist der tiefste Grund im Himmel. Das ist das andere Begehren im Menschen nach dem höchsten Gut der Seele, weil sie in der ewigen Mutter steht, denn ein jedes Begehren entsteht aus seiner Mutter. So ist dies ein Begehren der Ewigkeit, aber nicht der Ewigkeit selbst, sondern der Tinktur der Ewigkeit und der Majestät als dem Glanz in der stillen Wonne, wie jetzt beschrieben. Wenn nun ein Geist in seiner Mutter ist, dann begehrt er nicht heraus, er will auch nichts mehr, als nur das, was in der Mutter ist, was in seinem Zentrum ist. Nun finden wir aber und verstehen das in unserem Gemüt, daß die Seele aus dieser Mutter (heraus) will, darin sie jetzt steht, und nicht allein dieses, sie begehrt das Haus ihrer Mutter als ihre eigene Tinktur und die Majestät und die ewige Ruhe aus der Tinktur.

8.36. So finden und ergründen wir und haben es in wahrer Erkenntnis, daß die arme Seele im Geist und in der Tinktur dieser Welt wie in einer fremden Herberge gefangenliegt und nicht ihr Licht der Majestät hat. Denn hätte sie das, dann ruhte sie und begehrte nichts mehr. Und so finden wir auch, daß sie wie im Tod in großer Ohnmacht gefangenliegt, denn hätte sie ihre Tinktur, dann strahlte die Majestät in ihr, in der sie ein Kind Gottes ist.

8.37. So, sagen wir, wurde die arme Seele Adams vom Geist und Prinzip dieser Welt gefangen und hat die Tinktur dieser Welt in sich genommen, dadurch dann die Majestät und der Glanz Gottes in einem Prinzip stehengeblieben ist. Denn die Seele erregte ihren Willen mit dem Begehren in den Geist dieser Welt und ging selber dahinein. Deshalb schloß Gott den Himmel in der Seele zu, so daß sie seine Majestät nicht mehr erkannte. Da waren nun Jammer und großes Elend, als eine ewige Kreatur in einem anderen Prinzip gefangen zu sein, in einem anderen Zentrum.

8.38. Damit wurden der Seele die sieben Siegel vor dem Buch des ewigen Lebens geschlossen, denn das Zentrum ihres Lebens war zugeschlossen und im ewigen Tod gefangen, und sie konnte keine Gestaltung ihres Lebenszentrums mehr erregen. Sie lag in der Hölle wie ein Totengerippe, und der Drache hatte sie im Rachen, denn sie war im Haus des Elends. Und da war niemand, der noch helfen konnte, kein Engel, kein Thronfürst und keine Kreatur, und so konnte ihm (Adam) auch das Zentrum der Seele nicht mehr helfen, denn ihr Feuer (bzw. göttliches Licht) war erloschen. Der Geist dieser Welt hatte es in sich verschlungen, denn der Seele Willen war in diesen Geist eingegangen und hatte sich hineinvermählt. Er war nun in einer anderen Mutter, wie es auch heute noch ist. Wenn nun die Mutter dieser Welt zerbrochen wäre, wie sie dann (am Ende auch) zerbricht, dann wäre die Seele im ewigen Tod und muß in der Finsternis stehen. Und hier gab es keinen Rat (bzw. keine Hilfe) mehr, die schöne Kreatur war vom Reich der Hölle gefangen, und die triumphierte über sie.

Die hochteure Pforte

8.39. Hier war nun in der ganzen Gottheit kein Rat mehr, es sei denn, es würde das ewige Wort und Herz Gottes ein Mensch und ginge in das dritte Prinzip, in das menschliche Fleisch und Blut ein, und nähme eine Menschenseele an sich und ginge in den Tod zu der armen Seele, um dem Tod seine Gewalt zu nehmen, der die Seele gefangenhielt, und der Hölle ihren grimmigen Stachel, der in der armen Seele so stach. Damit könnte die arme Seele aus dem Tod und aus der Hölle in sich selbst wieder herausgeführt werden.

8.40. Und hier seht ihr: Nachdem das Wort Mensch geworden war, hat sich dieser Mensch an das Kreuz hängenlassen und ist am Kreuz in den Tod eingegangen, das heißt, der neue lebendige Mensch, der aus Gott geboren ist, ging in den Tod und Abgrund und zerbrach den Tod in der Seele und eröffnete das Zentrum der Seele, denn er brach alle sieben Siegel des Zentrums der Natur, so daß die Seele wieder eigenmächtig wurde, denn er zündete das göttliche Feuer in der Seele wieder an, so daß die Seele aus ihrem eigenen Feuer wieder die ewige Tinktur erreichte.

8.41. So kam sie wieder in ihre erste (ursprüngliche) Mutter, in Kraft und Majestät, und der alte Adam hing am Kreuz als ein Fluch und allen Teufeln zu Spott. Damit mochten sie nun tun, so viel sie konnten, wie sie auch bei den Sophisten und Antichristen, den Pharisäern, geschäftig waren. Da ließen die Teufel nun ihre anderen Listen sehen und verdeckten die Auferstehung durch die Diener des Drachens, den Pharisäern, die doch Gottes Diener sein wollten, aber dem Teufel in seinen Lügen dienten, wie es auch heute noch geschieht, wenn man den Tod und die Kraft Christi einschließt und verleugnet.

8.42. Dieses Kreuz-Hängen ist nichts anderes, als wie die Seele auf dem Kreuz im Zentrum der Natur aus dem Wort des Vaters entsteht, darin der Name der Dreizahl besteht. Hier hat sich das Wort des Vaters bewegt und ist in die Menschheit eingegangen, wie vorn von der Jungfrau beschrieben, und ist auf dem Kreuz in der ewigen und irdischen Jungfrau Mensch geworden, und hat den alten Menschen samt allen Teufeln und ihrem Hochmut auf dem Kreuz zur Schau getragen und den Tod am Kreuz erwürgt und ist durch ihn durchgebrochen. So hat es auch den adamischen Menschen mit Fleisch und Blut im Tod zur Schau getragen und von ihm alle Irdischkeit abgeworfen und mit Gewalt durch den Tod ins Leben gebracht. Damit ist er in Gott neugeboren und sitzt auf dem Regenbogen der Wesenheit mit den Farben der Ewigkeit in der Kraft der Majestät und ist ein Herr des Himmels und dieser Welt, sowie ein Richter der Hölle und eine Macht über den Tod.

8.43. Und damit habt ihr einen gerechten Grund, die ihr in Christus wiedergeboren werdet, daß gleichwie Christus seinen Leib, den er in seiner Mutter Maria himmlisch und irdisch empfing, wieder aus dem Tod führte, und nur die irdische Qualität als den Geist dieser Welt von sich warf, so müssen auch unsere Leiber in der Kraft der Seele, die in ihm ist, das heißt, in seinem allgegenwärtigen Wort und Herzen, am letzten Tag wieder hervorgehen und nur diese (irdische) Qualität des Geistes von sich werfen.

8.44. Denn in diesem ganz verdorbenen Leib steht keiner auf, sondern im Fleisch und Blut Christi. Aber der verdorbene Geist, der in der irdischen Matrix in ihrer Tinktur bleibt, soll am Ende der Tage vor Gottes Gericht erscheinen, und dann wird der Beschluß (Sentenz) und das Urteil vom Richter Christus gesprochen werden. Und nach diesem Spruch geht dann alles in seinen (jeweiligen) Äther, denn dies wird der Geist Gottes, der die Welt erschuf, vollstrecken.

8.45. Daß ich aber nicht gleich wieder falsche Deuter bekomme, die diesen Text verfälschen, wie mir der Geist zeigt, so sollst du wissen: Wenn die Seele im Wort und Geist Christi neugeboren wird, sogar noch in dieser Zeit, dann wird auch die erste Wesenheit, nämlich der innere Leib der Seele, den Adam im Paradies hatte, aus der ewigen Jungfrau neugeboren, in welcher er als Mensch geschaffen wurde, und bekommt das Fleisch Christi.

8.46. Dieser neue Leib, in dem die neugeborene Seele steht, der steckte im alten verdorbenen Fleisch (verborgen) und ist unbegreiflich und unsterblich. Und der alte Mensch, der vom Geist dieser Welt empfangen wurde, muß in der Erde verwesen, denn er geht in seine Mutter, die ihn dann am letzten Tag zeigen und darstellen muß. Aber nach dem Beschluß Christi geht er in den Äther und ist nur wie eine Bildung vor dem ewigen neuen Menschen, denn es folgen dem Menschen in dieser Bildung alle seine Werke nach.

8.47. Auch von jenen, die zur Stunde des letzten Gerichts noch (auf der Erde) leben, fällt der alte Mensch im Vergehen der Welt in den Äther hinein, denn es werden die Leiber aller Gottlosen in der Mutter dargestellt werden, nämlich im Geist dieser Welt, und so werden die Seelen ihren Beschluß hören. Dann vergehen mit der Mutter auch ihre Leiber und bestehen nur noch als eine Bildung, und ihre Werke folgen ihnen in den Abgrund nach.


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