Vom dreifachen Leben des Menschen

(Text von Jacob Böhme 1620, deutsche Überarbeitung 2021)

3. Kapitel - Die sechste Gestaltung der Natur

Von der sechsten Gestaltung der Natur (dem Schall), und auch eine Anweisung zur göttlichen Erkenntnis.

3.1. Wenn wir nun die holdselige Liebegeburt erforschen wollen, wie sich die gebäre und woher sie entspringe, so müssen wir das Zentrum inniglich ergründen und uns die sechste Gestaltung der Natur vornehmen, nämlich das Quecksilber (der „lebendigen Reflexion“), in dem der Schall geboren wird. Dann werden wir in der Liebegeburt den Ton, Klang und Gesang finden, dazu die fünf Sinne als das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen, darin dann das Leben verstanden wird, auch das Leid und die Qual, sowie Freude und Liebe, die Begierde des Guten und auch die Begierde des Bösen. Obwohl in sich selbst in der Natur nichts Verwerfliches ist, so muß doch beides (im Spiel der Gegensätze) sein, sonst wäre Gott nicht offenbar, und so wäre alles ein stilles Nichts. Und so ist das ganze Wesen zusammen in dem einigen Gott. Niemand hat ihm etwas gemacht oder geboren, nur er allein in seinem ewigen Willen, der er selber ist, macht die Gebärerin.

3.2. Er allein ist der ewige Anfang und enthält das Zentrum zur Gebärerin, das die ewige Mutter der Gebärerin des Wesens aller Wesen hervorbringt, denn Gott hat keinen Anfang, und es gibt nichts Vorhergehendes als ihn. Aber sein Wort hat einen ewigen unergründlichen Anfang in ihm und ein ewig unergründliches Ende, das doch nicht „Ende“, sondern richtigerweise „Person“ genannt wird, nämlich das Herz (und der Sohn) des Vaters, denn er wird in dem ewigen Zentrum geboren, nicht als eine Gestaltung des Zentrums, die zum Zentrum gehört, sondern wie ein Gewächs eines anderen (zweiten) Zentrums aus dem ersten Ewigen.

3.3. Darum ist er des Ersten Sohn, und ist zu Recht die Flamme der Liebe und der Glanz des Vaters im ewigen Willen, und ist die andere Mutter der Gebärerin, nämlich die englische Welt, die in sich selbst ein Prinzip ist und Gottes Barmherzigkeit genannt wird. Aus diesem Zentrum geht die Jungfrau der ewigen Weisheit Gottes aus, durch welche Gott diese Welt als das dritte Prinzip aus dem ersten Prinzip zusammen mit allen Wesen und Kreaturen erschaffen hat.

3.4. So wollen wir den Leser treulich ermahnt haben, daß er unseren Sinn nicht in der Weisheit dieser Welt suche, sondern im Licht der ewigen Natur, dahin wir ihn dann auch gewiesen haben wollen, nämlich in die neue Wiedergeburt, in das Leben Christi, sonst sind wir ihm stumm und unverständlich. Und ohne diese möge er diese Schriften wohl unbemeistert (bzw. unkritisiert) lassen, oder er wird die Speise des ersten Zentrums essen, und sein Spott wird ihn im Feuer seines eigenen Lebens nagen.

3.5. Denn wir wollen ihm das Licht gern gönnen, um dessentwillen diese Hand die tiefen Geheimnisse so aufgeschrieben hat, nicht zum eigenen Vorteil, den es darin hat, sondern wegen der Lilie und der englischen Welt.

3.6. Hier erkenne nur das Wesentliche, und du wirst sehen, was du seit dem schweren Fall Adams nicht gesehen hast. Und bedenke nur dabei, was solches bedeutet und hiermit erscheint. Tritt nicht in die Fußstapfen der stolzen Pharisäer, die Christus kreuzigten und am Licht blind blieben, sonst geht es dir genauso.

3.7. Siehe auch nicht auf die Hand dieser Feder, denn sie vermag nichts, sondern auf das Zentrum, aus dem das Licht scheint. Es scheint nicht allein aus dieser Hand, sondern in der ganzen Welt, wie ein aufgetanes Siegel im ewigen Zentrum, und es kann ein jeder zugreifen. Es ist nicht nur außerhalb von ihm, sondern in ihm, und es heißt nur aufzuschließen und mit Jesus Christus zu grünen, und eine Blume aus dieser Welt in die englische Welt zu zeugen, davon wir hier reden wollen, um euch das ewige Wesen zu zeigen.

3.8. Wir haben euch oben die Geburt der vier Gestaltungen der ewigen Natur aufgezeigt und dabei angedeutet, wie sie aus dem ewigen unwandelbaren Willen der ewigen Freiheit Gottes geboren werden. Dann haben wir euch angedeutet, wie die ewige Freiheit jenseits der Natur eine stille lichte Wonne ist, jedoch ohne Glanz; und auch, wie sich die ewige lichte Freiheit in der herben harten Strenge schärft, so daß sie wie ein Feuerblitz erscheint, weil sie dann die Finsternis zersprengt und der Strenge die Macht nimmt, so daß sie wegen der schrecklichen Schärfe den verzehrenden Feuerglanz bekommt; und auch wie dann die herbe Matrix zu einer ängstlichen Gebärerin wird; und wie sie ohnmächtig wird, weil ihr der Blitz die Macht nimmt, und sie darum wesentlich wird, und der Blitz seine wesentliche Gestalt in der Angst empfängt, nämlich den (entzündbaren) Schwefel-Geist, der des Blitzes Leib wird, aus dem er dann brennt und scheint.

3.9. Und dann, wie das Rad der Essenzen mit dem Blitz der herben Überwindung gehalten wird, und das Zentrum wie ein Kreuz-Rad besteht, und alles im Schall der Essenzen wie ein Gewächs steht, weil das Rad zwar treibt, aber über sich geht. Darum steigt auch die Qual des Feuers über sich, denn alle Gestaltungen der Natur eilen dem Feuer nach, und das Feuer flieht von ihnen, denn es will frei sein, weil es aus der ewigen Freiheit entspringt, und kann es aber nicht, denn die Natur hält es durch seine Schärfe, die in der Natur besteht.

3.10. Und dann haben wir euch angedeutet, wie der Schreck des Feuers die herbe Matrix in ihrem strengen Recht abtötet, so daß sie überwunden wird und zurücksinkt, daher das Gewicht der Natur kommt und die Materie aller Wesen. Und dann, wie sich der Blitz in der Überwindung erblickt, weil er dann in der Sanftmut so sehr erschrickt, daß er sein feuriges Recht verliert und hell wird, welches der Schein seines Lichtes ist, aus dem der Glanz entsteht. Und auch, wie die ewige Freiheit der Stille den Glanz als ihr Eigentum fängt, und darin der erste Wille entsprechend seinem Begehren erfüllt wird, was er im Ursprung mit seinem Begehren wollte.

3.11. Wenn nun das erste Begehren mit den geborenen Essenzen so mit dem Glanz des Lichtes erfüllt wird, dann stehen alle Essenzen, die das Licht gefangen haben, im ersten begehrenden Willen, und der Wille wird hierin triumphierend und freudenreich, so daß das Kind des Lichtes in ihm geboren wird. Und hier geht das zweite Zentrum in der Freude auf, wo die Liebe das Feuer des Zentrums ist. Und das Liebe-Begehren des ersten Willens zieht die Freude an sich, und das Licht scheint aus der Freude, und so bleibt diese teure heilige Geburt auf dem Kreuz, denn da geht das Rad der Essenzen im Kreuz und die Freude aus der Feuerquelle steigt über sich, aber das Zentrum hält sie.

3.12. So geht hier der neugeborene Wille mit Kraft und Wunder aus und bestätigt den ersten Willen der Freiheit des Vaters mit dem Zentrum der Liebegeburt des Sohnes. Denn diese Geburt ist des Vaters Herz oder Wort, das er aus seinen Essenzen spricht, und der Ausgang der Liebe ist der Geist des Wortes, der die Essenzen formt, und zusammen sind sie die Dreizahl in einem Wesen (der Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Geist).

3.13. Wenn aber nun das Zentrum im Wort durch die Kraft des Lichtes aus der Liebe aufgeht, dann empfängt eine Gestaltung die andere mit ganz freundlicher Begierde, denn der erste Wille ist begehrend und macht das Zentrum, wie vorn vom Grimm erklärt wurde. So ist es auch in der Liebe, aber anstatt des Widerwillens ist in allem ein reiner Geschmack und ein Gernhaben.

3.14. Denn wenn das Rad der Essenzen im Schall geht, dann wird die sechste Gestaltung geboren. Denn die Herbigkeit behält zwar in der Schärfe der Liebe ihre harte strenge Macht, aber ganz sanft. Und so macht die sechste Gestaltung Stimmen, Ton und Klang, so daß eine Essenz die andere im Schall hört und mit des Rades Essenzen im Infizieren schmeckt, im Begehren der Liebe riecht, mit dem Durchbrechen des Qual-Quelles fühlt und im Licht sieht. Und so entsteht eine lebendige Gestaltung des Geistes, der durch alle Gestaltungen als ein Leben ausgeht und die Beweglichkeit der Sinne in den Essenzen ist, welche die Sinne machen.

3.15. In dieser Weise geht das wahre und überschwengliche Liebe-Begehren im ersten Willen auf, der Vater heißt. Denn im Zentrum des Sohnes wird der Glanz aus der Schärfe des Vaters geboren, der ein ganz freundliches Begehren ist, nämlich um den Grimm in die Liebe zu verwandeln. Denn wenn des Vaters Essenzen die Sanftmut im Licht kosten, dann werden sie alle rege, und dann ist ein reines Liebe-Begehren, Wohlschmecken, Sanfttun und Freundlichsein, und für diese Gestaltung ist „Quecksilber“ das rechte Wort, das im finsteren Zentrum eine giftige Qual und Angst ist, aber in der Kraft des Lichtes ein Freudenquell, der Stimme, Ton und Klang gibt, und zwar wie eine (verständliche) Rede und nicht wie der Klang im Feuer im ersten Zentrum.

3.16. Also, mein liebes Gemüt, verstehe uns recht, wenn du dieses liest, was wir mit dieser Beschreibung meinen. Wir meinen nicht zwei Götter, die gegeneinander stehen, sondern nur einen, in einer Dreizahl seines Wesens, und in seiner ewigen Geburt.

3.17. In dem Wort „Ternarius“ („Dreizahl“ bzw. „Dreifaltigkeit“) versteht man in der Natursprache zu Recht die göttliche Geburt in sechs Gestaltungen in der Natur, welche sechs Siegel Gottes sind.

3.18. Wenn ich aber „Ternarius Sanctus“ sage (Heilige Dreizahl bzw. Dreifaltigkeit), dann habe ich darin die Dreizahl in sieben Gestaltungen, denn die englische (heilige) Welt wird mit begriffen, die in der siebenten Gestaltung der Geburt besteht. Nicht nach der lateinischen Sprache, sondern nach der Natursprache, von der alle Dinge ihren Namen empfangen haben, welche unsere Philosophen von der Schule des dritten Prinzips dieser Welt nicht verstehen.

3.19. Denn wenn ich von Gottes Grimm und Zorn rede, dann meine ich nicht ein (greifbares) Wesen, das außerhalb von Gott ist. Ich meine auch nicht, daß es die lautere Gottheit sei, die ohne Wandel und in Ewigkeit nur gut ist. Und es ist auch nicht die Natur, sondern das Wort wird aus der Natur des Vaters geboren wie ein anderes Gewächs, das in der Natur nicht ergriffen wird. Darum ist es auch eine andere Person, und wird doch aus der ersten geboren. Das heißt, der erste Wille, der jenseits der Natur ist, der ist zwar von der Natur frei, aber die Natur wird in seinem Begehren geboren.

3.20. So ist nun der andere (zweite) Wille, der aus dem ersten Willen aus der Natur als ein eigenes Zentrum ausgeht, auch von der Natur frei, denn er wohnt im ersten Willen, der „Vater“ heißt, in der lichten Ewigkeit, und ist der lichten Ewigkeit Glanz, Kraft, Stärke und Wesen. Denn sonst wäre kein Wesen darin, sondern eine stille lichte Wonne ohne Wandel und Wesen.

3.21. Denn weil dieses ewige Wesen offenbar sein wollte, so mußte es einen Willen schöpfen, der begehrend ist. Weil aber nichts zu begehren war, als nur das kräftige Wort, und auch dieses in der stillen Ewigkeit nicht war, so mußten die sieben Gestaltungen der ewigen Natur geboren werden, welche die sieben Siegel des göttlichen Sohnes sind, wie die Offenbarung des Johannes bezeugt. Und daraus ist seit Ewigkeit das kräftige Wort geboren worden, das der stillen Ewigkeit Kraft, Herz und Leben ist, sowie seine Weisheit.

3.22. Und weil es aus den sieben Siegeln oder Gestaltungen der Natur geboren wurde, so ist es auch der Schöpfer und Macher aller Dinge aus dem Wesen der Natur. Denn es ist sonst nichts, das die Natur bewältigen kann, als das kräftige Wort im Licht. Das allein kann den Grimm überwinden, denn nur das hat den Schlüssel, um aufzuschließen, die sieben Siegel der grimmigen Natur des Vaters zu brechen und das Buch des Lebens aufzutun, und zwar von dem, der auf dem ewigen Thron sitzt. Dazu lies Offenbarung 5, das ist genau richtig. Denn wenn es (das göttliche Licht) den Grimm erblickt, dann ist es eine Zersprengung der Finsternis, die der grimmigen Angst die Gewalt nimmt und zu Recht „Gottes Barmherzigkeit“ heißt.

3.23. Denn „Barm“ ist das Licht-Erblicken im Zentrum aus der lichten Ewigkeit, wo der Blick die strenge, herbe und harte Kälte und bittere Angst fängt und mit dem Blick erschreckt, und dann die grimmige Gewalt nimmt und in das Sanfte verwandelt. „Herz“ ist der Blitz, der die vier Gestaltungen gefangen hat, weil sie vom Blick der Ewigkeit geschärft (und getrennt) wurden, und nunmehr die vier Gestaltungen in sich hat. Der schwebt nun im Zentrum auf dem Kreuz und macht ein zweites Zentrum in sich selbst. „Ig“ ist des Blitzes Verwandlung in das Licht des Glanzes, darin die fünfte und sechste Gestaltung geboren wird, nämlich die Liebe und Freude, wo dann das Vermögen der ganzen Natur verinnerlicht steht. So wäre die Natur ohne diese zwei Gestaltungen ein grimmiger harter Tod. Doch das Licht macht die Liebe und auch das Begehren der sechsten Gestaltung, darin dann das Leben mit dem Verstand steht. „Keit“ ist der ewige Eingang und die Erhöhung über die Natur der vier Gestaltungen (zu einer „Ganzheit“), und ein ewiges Innewohnen der stillen Ewigkeit, und eine Erfüllung des ersten Willens, der „Vater“ heißt.

3.24. Also heißt die andere (zweite) Geburt „Gottes Sohn, Gottes Wort, Gottes Wunder, Gottes Kraft, Gottes Liebe und Gottes Leben“, und ist selbst das Wesen, das da alle Wesen offenbart.

3.25. Ach, du liebes suchendes Gemüt, ich würde es dir gern in dein Herz schreiben, wenn ich nur könnte! Siehe, es ist alles nur ein Gott. Du fragst aber, woher das Böse kommt? Dazu findest du in dieser hohen Beschreibung eine Erkenntnis. Denn du siehst in allen Kreaturen Bosheit und Gift, und dann auch Liebe und Begierde. So bedenke nur, wie die Natur so ein ernsthaftes Wesen ist.

3.26. Aber gleichwie das Herz Gottes den strengen Vater in seiner Natur besänftigt und freundlich macht, so wirkt auch das Licht der Sonne in dieser Welt auf alle Dinge, welches alles aus der ewigen Natur seinen Ursprung hat.

3.27. Denn wenn die Strenge im ewigen Willen nicht erbosen würde, dann wäre keine Natur, und es würde auch ewig kein Herz und keine Kraft Gottes geboren, sondern es wäre eine ewige Stille. Weil aber die Ewigkeit das Leben begehrt, so kann es nicht anders geboren werden. Und wenn es dann so geboren wird, dann ist es ewiglich das Liebste. Darum kann und mag die ernstliche strenge Geburt in Ewigkeit nicht aufhören, wegen des Lebens, das der Geist Gottes ist.

3.28. Darum siehe dich und alle Kreaturen an, und betrachte dich, wie auch Himmel und Hölle im Zorn und Grimm Gottes, da findest du es so und gar nicht anders. Obwohl wir hier eine englische Zunge bräuchten und du ein englisches Licht im Gemüt, dann könnten wir einander wohl verstehen, denn diese Welt begreift es nicht.

Von den sieben Siegeln der Offenbarung, die offenbare Pforte des Wesens aller Wesen

3.29. Mein lieber Leser, wenn du die hohen Geheimnisse verstehen willst, dann mußt du nicht erst eine Akademie vor deine Nase setzen und eine Brille brauchen, um die Bücher vieler Meister zu lesen, denn sie sind nicht allein in den hohen Schulen zu suchen, zu finden und zu ergründen. Das ist alles ein Land ohne göttliche (bzw. ganzheitliche) Vernunft, was der Verstand in der Kunst dieser Welt sucht. Denn sie finden nicht mehr als diese Welt, und das auch nur halb, und gehen immer nur im Suchen, und finden schließlich den überheblichen Stolz und die Heuchelei, indem sie weltliche Weisheit finden.

3.30. Suche nur das Wort und Herz Gottes, das Mensch geworden ist, nämlich in der Krippe beim Ochsen im Stall in der finsteren Nacht. Wenn du das findest, dann findest du Christus als das Wort im Vater mitsamt dem Vater, Sohn und Heiligen Geist, und dazu die ewige Natur, auch die englische Welt und das Paradies. Du findest auch deinen blinden (gedanklichen) Verstand, der dich so lange taumelnd wie einen Betrunkenen geführt hat. Du mußt dir dein Gemüt nicht mit hohem Sinnen (und Denken) zerbrechen, denn mit hohem Sinnen und Dichten findest du den Grund nicht. Übereigne nur dein Gemüt und das Sinnen mit allem Verstand in die Liebe und Barmherzigkeit Gottes, damit du im Zentrum deines Lebens aus dem Wort und Herz Gottes geboren werdest, so daß Sein Licht im Licht deines Lebens scheine und du Eins mit Ihm bist.

3.31. Denn Jesus Christus, der Sohn Gottes und das ewige Wort im Vater, ist der Glanz und die Kraft der lichten Ewigkeit, die in dir als Mensch geboren werden muß, wenn du Gott erkennen willst. Sonst bist du im finsteren Stall und gehst nur suchend und tappend, und suchst immer Christus zur Rechten Gottes und meinst, er sei weit entfernt. Dann willst du dein Gemüt über die Sterne schwingen und dort Gott suchen, wie dich die Sophisten (Verkäufer von Wissenschaft) lehren, die Gott weit entfernt in einen Himmel malen.

3.32. Aber wie der Teufel in seinem Feuerquell über das Herz Gottes fliegen will, und doch nur in den vier Gestaltungen der ewigen Natur in der Finsternis bleibt, so geht es auch dem blinden Verstand, der im Finsteren sitzt und Gott in der Finsternis sucht. Willst du ihn finden, dann suche ihn in seiner Quelle, die überall ist, denn alles ist voll Gott, und er scheint in der Finsternis. So ist Gott auch in deinem finsteren Herzen, aber in einem anderen Prinzip. Da klopfe an, dann wird dir aufgetan.

3.33. Der Heilige Geist Gottes ist der Schlüssel im Zentrum. Gehe aus der Begierde des Fleisches heraus in eine wahrhaft ernste Buße, und setze deinen Willen mit Verstand und allen Sinnen allein in die Barmherzigkeit Gottes, dann wird das Wort Gottes als sein liebes Herz in dir eine Gestalt bekommen. Dann stehst du vor der Krippe, wo Jesus geboren wurde. Hier neige dich zu dem Kindlein und opfere ihm dein Herz, dann wird Christus in dir geboren werden.

3.34. Dann mußt du zuerst in den Jordan (sinngemäß „der herabkommende Fluß“), wo dich der Heilige Geist taufen wird. Damit steht dir der Himmel offen, und der Heilige Geist schwebt über dir. Aber du mußt (trotzdem) in die Wüste und vom Teufel versucht werden. Verstehe es recht! Der Teufel wird sich an dir versuchen, und dich oft in die Wüsten der Welt führen, und in dein fleischliches Herz vor deine Seele treten, um es fest zu verriegeln. Hier gehört wahrer Ernst dazu, um das Zentrum des Teufels zu zersprengen. Du wirst oft Christus nicht mehr sehen, denn der Teufel wird ihn dir verleugnen, daß er nie in dir Mensch geworden sei. Denn so stehst du als ein Licht im Zentrum von der Finsternis umgeben, und bist ein Gewächs im Leben Gottes aus der finsteren strengen Natur.

3.35. Darum besinne dich, dann siehe und stehe fest, wie Christus selbst! Handle nicht wie Adam, der sich vom Geist dieser Welt gelüsten ließ und uns in die fleischliche Finsternis führte.

3.36. Du mußt mit Christus verfolgt, verspottet und verhöhnt werden, wenn du in den Wundern Gottes schweben willst. Und wenn du in ihm bleibst, dann bleibt er in dir. So kannst du suchen, was du willst, du findest alles, was dein Begehren ist. Auf andere Weise suchst du vergebens in der Gottheit. Und wenn du auch das Höchste erlangst, so findest du doch nur diese Welt. Das sei dir zur Warnung gesagt, wenn du suchen, finden und erkennen willst, was im folgenden von den sieben Siegeln Gottes und des Lamms geschrieben steht.

3.37. Weil wir dem Leser schwer verständlich sein könnten, aber dem aus Gott Geborenen gar leicht, und auch unser Vorhaben kein anderes ist, als dem Blinden den Weg (dahin) zu weisen, siehe, so wollen wir euch die Johannes-Offenbarung mit den sieben Geistern und sieben Siegeln Gottes zeigen, welches die Offenbarung Jesu Christi ist, in der sich die ganze Gottheit der Menschheit offenbart hat und neben dieser Person auch das Wesen der Dreizahl in der Heiligen Dreifaltigkeit (Ternario Sancto) der Menschheit angedeutet wurde, darin man die Gottheit nicht allein in der Dreifaltigkeit (Ternario) sieht, sondern auch in der englischen Welt.

3.38. Damit sollen den aus Gott Geborenen hier wahrlich die Augen geöffnet werden. Es mache sich nur niemand selber blind, denn die Zeit kommt und ist schon da, daß die sieben Siegel aufgebrochen sind, und das Buch von dem aufgetan wurde, der auf dem Thron sitzt. Diese hat das Lamm vom Haus Israel aufgebrochen, das erwürgt wurde, aber ewig lebt.

3.39. Und wenn es auch so ist, daß die Offenbarung bis dahin versiegelt geblieben und von keinem Menschen im Grunde verstanden worden war, so soll doch niemand annehmen und denken, daß dies in menschlicher Macht stand. Denn es ist die Offenbarung Gottes und hat sieben Siegel, welche versiegelt waren, bis der Zorn Gottes vollendet wurde. Und das sind die sieben Geister Gottes des Vaters, wie vorn in diesem Buch von den Gestaltungen der Geburt der ewigen Natur Gottes erklärt wurde.

3.40. So ist nun diese Welt mit allen Wesen und auch den Menschen aus der ewigen Natur als eine Ausgeburt geschaffen worden, das heißt, aus den sieben Geistern der ewigen Natur. Und Gott hat diese Welt aus keiner anderen Ursache erschaffen, als daß er in seiner ewigen Weisheit die Wunder offenbaren will, die in der ewigen Natur sind, damit sie zum Wesen kommen sollen und zu seiner Freude, Ehre und Herrlichkeit im Licht erscheinen, nicht nur in dieser Zeit der Verborgenheit, sondern auch nach dieser Zeit.

3.41. Denn diese Zeit gleicht einem Acker, der das siebente Siegel der ewigen Natur ist, darin sich die sechs Siegel mit ihren Kräften und Wundern eröffnen und ihren Grimm ausschütten. Daraus wurde dann in dieser Welt die (gedanklich-sinnliche) Weisheit der Natur mit Stimmen, Donner und Streit geboren und gefunden, in denen man immer das Herz Gottes gesucht hat, aber die Wunder gefunden, aus denen Streit und Zwänge ausgegangen sind, so daß sich dann jeweils ein Siegel nach dem anderen geöffnet hat, aber dem menschlichen Verstand als den Kräften der Siegel (die das Buch des Lebens versiegelt haben) unverständlich war.

3.42. Denn als die Menschen nach der Zeit der Apostel von der wahren Liebe und Demut zu Gott abwichen und ihre eigene Weisheit suchten, und aus Christi Reich ein Reich der Macht, Pracht und Herrlichkeit dieser Welt machten, da entzog sich ihnen der Leuchter. Das heißt, sie gingen in die Natur des Vaters ein, in die sieben Siegel Gottes, und verließen die sieben goldenen Leuchter der sieben Siegel des Herzens Gottes, welche die sieben Siegel des Lammes sind, die hell aus der Natur des Vaters leuchteten. Denn sie waren in der Hand des göttlichen Sohnes, der da Mensch geworden war, wie du dann am Bild in der Offenbarung siehst, daß der Mensch Jesus Christus, Gottes Sohn, sieben Sterne in seiner Hand hat und zwischen sieben goldenen Leuchtern steht. (Offb. 1.12)

3.43. Die sieben Sterne sind die sieben Geister Gottes des Vaters, welche verborgene Siegel sind, wie ich euch vorn berichtet habe, wie jeweils eine Gestaltung aus der anderen geboren wird, und wie eine jede Gestaltung ohne die andere nicht wäre, und wie sich jeweils ein Siegel nach dem anderen auftut, und sie die sieben Donner haben, welche der Rede versiegelt sind, denn sie sind im Zentrum des Geistes. Aber die sieben Siegel sind im (erkennbaren) Wesen, denn durch die Menschheit Christi sind sie offenbar geworden. Darum zeigt sie der Geist Gottes in Gestalt von sieben goldenen Leuchten, die im Vater aus dem Zentrum des Sohnes leuchten.

Holzschnitt von Albrecht Dürer zur Johannes-Offenbarung um 1498
(Holzschnitt von Albrecht Dürer zur Johannes-Offenbarung um 1498)

3.44. Denn da seht ihr ein gläsernes Meer (Offb. 4.6) vor dem Thron des Alten, der Gott der Vater ist. Und das Meer ist das siebente Siegel, aber aufgetan und nicht versiegelt, denn darin steht die englische Welt. Aber die sechs Siegel sind die Geburt der ewigen Natur, die im ersten Willen des Vaters geboren wurde, und daraus das Herz oder Wort Gottes seit Ewigkeit immer geboren wird, als ein eigenes Zentrum, nämlich im Zentrum der sieben Geister Gottes. Und obwohl es so ist, daß auch das siebente Siegel im Vater ist und zum Zentrum gehört, so wird es doch durch das Wort zum Wesen gebracht, denn darin steht die englische Welt.

3.45. Darum wisse, mein lieber Leser, daß alles, was von Gott geschrieben oder geredet wird, nur Geist ist, denn Gott ist Geist. Er wäre aber in sich nicht offenbar, doch die siebente Gestalt macht ihn offenbar, und darin ist die Schöpfung der englischen Welt ergangen, denn sie heißt „Heilige Dreifaltigkeit“, denn die Dreizahl ist uns begreiflich. Aber das Wort macht das gläserne Meer, darunter die Begreiflichkeit verstanden wird, und das wird euch in der bildlichen Symbolik der Offenbarung richtig vorgestellt.

3.46. Denn ihr seht das Bild mitten unter sieben Leuchtern stehen, welche die sieben Geister der Gottheit sind, und in der rechten Hand hat es sieben Sterne, die auch sieben Geister der Gottheit im Zentrum des Vaters sind, welches das Wort in seiner Macht hat, indem es die Grimmigkeit und Vergänglichkeit in eine sanfte Wonne in das gläserne Meer (des Himmels) stellt, wo das göttliche Licht des Wortes scheint, das heißt, aus dem Wort. Und die sieben Geister Gottes stehen dann in brennender Gestalt im Zentrum des Wortes wie sieben Fackeln. Und damit wurde euch die Gottheit im Bild der Offenbarung dargestellt.

3.47. So wird euch auch ferner zu verstehen gegeben, wie vorn erklärt, daß das Wort oder Herz des Vaters in seinen sieben leuchtenden Geistern im Vater ist, nämlich im Zentrum des Vaters als sein Herz, und es die sieben Sterne als die sieben Gestaltungen der ewigen Natur unter seiner Gewalt hat, denn darum führt sie das Bild in der Hand.

3.48. Weil aber alle Dinge, die zum Wesen kommen sollen, aus der Natur des Vaters entstehen müssen, und wir auch wissen, wie solches auch Moses bezeugte, daß Gott der Vater alle Dinge durch das Schöpfungswort (Verbum Fiat) gemacht habe, nämlich durch das Wort (der „Information“) ausgesprochen, und daß das Sprechen in der Schöpfung stand, und die Schöpfung die herbe Matrix (Gebärmutter) im ersten Willen des Vaters ist, in der die Natur empfangen und gehalten wird, welche der Geist formt, der aus dem Quecksilber (der „lebendigen Reflexion“) geboren wurde und der Geist Gottes ist.

3.49. Weil nun alle Geschöpfe im Vater stehen, und er darum auch „Vater“ heißt, als der Vater aller Wesen, aber wir Menschen als seine Kinder mit Adam aus der Kraft des siebenten Geistes des Wortes abgewichen sind, nämlich mit unserer Imagination in die Ausgeburt des Vaters in den Geist dieser Welt, der uns mit verderblichem Fleisch und Blut bekleidet und in sich gefangenhält, deshalb sind wir nun in der Kraft der sieben Sterne oder der sieben Geister der Natur des Vaters, die ihre Wunder in uns zum Licht (des Bewußtseins) bringt. Denn wir sind das Ebenbild der Gottheit, in dem der Geist Gottes seine Wunder eröffnet. Und so laßt euch wahrhaft beschieden (und gesagt) sein: Gott der Vater hat uns in Christus wiedergeboren, damit wir mit unserer Imagination wieder in das Wort eingehen sollen, nämlich in das Zentrum seines lichtflammenden Herzens, so daß der Heilige Geist mit Kräften, Wundern und Taten wieder aus uns herausginge, wie bei den Aposteln Christi zu sehen.

3.50. Weil wir uns aber von den sieben strengen Geistern der Natur des Vaters aus seinem Zentrum haben halten lassen und nicht mit unserem Immanuel („Gott sei mit uns“) aus unserem klugen Verstand in das Leben Christi eingedrungen sind, so daß das Wort in uns Mensch geworden wäre, deshalb haben auch alle sechs Geister der grimmigen Natur ihre Macht und Wunder in uns gezeigt und uns in Babel (der Gedankengebäude) irre gehenlassen, so daß wir also nicht in der Liebe des Wortes im Leben Christi wandelten, sondern in unserem Eigendünkel, in einem erdichteten und heuchlerischen Wesen von Gottes Willen. So sind wir nicht in Christi Geist gewandelt, sondern in überheblichem Stolz, dazu die Sucher in der Natur des Vaters solche Künste erfunden und die einfältige Demut mit Füßen getreten haben.

3.51. Weil sie dann in ihrem Dünkel vom Herzen Gottes abgewichen sind und so ein irdisches Himmelreich zu ihrer Wollust erbaut haben, deshalb haben zu Recht auch alle sechs Geister der Grimmigkeit ihre Macht unter ihnen bewirkt.

3.52. Denn obwohl das Herz Gottes aus seinem Zentrum durch einen Geist ausposaunt und die Menschen zur Umkehr gerufen hat, so hat ihnen doch ihr sanftes Fleisch allzeit lieber gefallen und sie sind dem Teufel mehr gefolgt, der allezeit aus des Vaters Zorn dagegen posaunte und Krieg und Blutvergießen anrichtete, davon die Offenbarung in Bildern berichtet. Und darum hat der Geist Gottes die Offenbarung wie einen hellen Spiegel gedeutet. Und so erkennt, was der Engel sagt: »Versiegle, was die sieben Donner geredet haben! (Offb. 10.4)«

3.53. Denn uns Menschen sollte die Stimme der sieben Donner aus den grimmigen Essenzen des Vaters eigentlich verborgen sein, wenn wir nicht selbst hinein imaginieren und diese in uns eröffnen würden, denn im Zentrum des Sohnes, in der sanften Liebe, sind sie nicht offenbar.

3.54. Weil aber das Wort oder Herz Gottes Mensch geworden ist und eine menschliche Seele an sich genommen hat, um uns aus dem grimmigen Gestirn der Natur in das gläserne Meer hineinzuführen, nämlich wieder in die englische Welt, in die Wunder der sieben goldenen Leuchter, aber wir in den sieben Siegeln des Vaters verborgen liegen, so mußte das Wort Gottes mit seiner angenommenen Menschheit in die grimmige Matrix in die Schärfe des Todes und Zorns eingehen, und dort hat der Mensch Christus die sieben Siegel in der menschlichen Seele aufgebrochen.

3.55. Denn das Wort oder Herz Gottes, das Mensch wurde, und die menschliche Seele, die ihm aus den sieben Geistern Gottes vom Quecksilber-Geist eingeblasen wurde, denn das ist der Geist der sieben Siegel, hat die grimmige Macht im Zentrum der Seele zerbrochen. (So heißt dieser Geist im Wort der „Heilige Geist“, vom Zentrum des Vaters der „Quecksilber-Geist“ aus den scharfen Essenzen vom Feuer-Rad, wie vorn erklärt, und in der Ausgeburt des Vaters durch die Sanftheit der Liebe im Wort in dieser Welt im dritten Zentrum heißt er „Luft“ (bzw. „Lebensatem“).)

3.56. Denn als die Seele Adams aus dem Wort in das dritte Zentrum ausging, nämlich in den Geist dieser Welt, da wurde das Zentrum der Seele ewiglich in die Matrix der Grimmigkeit, in die sieben Gestaltungen der grimmigen Natur des Vaters versiegelt, und es gab niemand, der da diese sieben Siegel hätte aufbrechen können, weder im gläsernen Meer des Himmels noch in dieser Welt. Es war überall nur der ewige Tod in der Seele, in der schrecklichen Angst und Finsternis.

3.57. Da ist die Barmherzigkeit aus des Vaters Herzen gekommen und in die menschliche Seele eingegangen, und hat die sieben Siegel der Grimmigkeit aufgebrochen und in der Seele das Licht angezündet, das den Tod und Zorn überwindet.

3.58. Dabei wurde die Seele nicht aus des Vaters Essenzen herausgerissen, so daß sie nicht mehr in den sieben Geistern der Natur wäre. Nein, das kann nicht sein, denn alles steht in den sieben Geistern der Natur des Vaters, sogar das Herz Gottes selbst. Nur die Siegel des Todes im Grimm wurden durch das Licht im Herzen Gottes im Zentrum der menschlichen Seele gebrochen und aufgetan.

3.59. Das verdanken wir Gott dem Vater in Jesus Christus, der da Mensch wurde und uns in sich zum Licht wiedergebar und vom finsteren Grimm-Qual-Quell im Eifer des Zorns in Ewigkeit erlöste.

3.60. Aber weil wir Menschen solche große Gnade des Lichtes nicht erkannten und es auch nicht achteten, sondern uns nach Adams Fleisch und der Lust dieser Welt gelüsten ließen, obwohl wir auch sahen, wie Gott im Menschen Christus und nach ihm durch seine Jünger und alle, die ihm mit Ernst anhingen, in der neuen Wiedergeburt große Wunder und Taten vollbrachte, sondern unseren Leuchter selber wegstießen und in Heuchelei, eigener Scheinheiligkeit und Tyrannei lebten und Christus verfolgten, deshalb ließ er uns auch versiegelt, so daß wir sein Licht nicht erkannten, sondern uns (weiterhin) selber Wege zu Gott suchten und durch unseren eigenwilligen Wahn zu Gott kommen wollten. Wir liebten das Reich dieser Welt mehr als Gottes Reich und trieben vor ihm nur Heuchelei, und unser Herz war fern von ihm. So mußten wir auch in der Natur des Vaters unter den Siegeln bleiben, bis der Quecksilber-Geist alle seine Wunder in uns zeigte.

3.61. Und so macht uns die Offenbarung klar und deutlich, wie der Quecksilber-Geist ein Siegel nach dem anderen aufgetan und alle Plagen und Greuel in uns ausgeschüttet hat, so daß nur Krieg, Streit und Bosheit, sowie List und Falschheit mit den Wundern und Kräften in uns eröffnet werden. Und wie er uns dann zu Recht als ein greuliches Tier gleich einem Drachen mit sieben Häuptern und zehn Hörnern darstellt, der auf seinen Häuptern sieben Kronen trägt, und unsere frömmliche Geistlichkeit sitzt oben auf dem Drachen, wohl fein geschmückt und gekrönt.

3.62. Darin magst du dich anschauen, du schöne Braut auf dem Drachen. Siehe doch nur, worauf du reitest! Ist das Christi Esel in Demut, oder ist es der Teufel aus dem Abgrund? Dein Tier ist deine eigenwillige Gewalt und Aufsteigen deiner tyrannischen Macht, die du dir in Christi Reich aufgebaut hast, indem du eine gottlose Tyrannei der Armen aufgerichtet hast und nur in Pracht und Hochmut lebst. Und dein geistiges Herz ist die schön glänzende Braut auf dem Tier.

3.63. Schau, ich muß es dir sagen: Besieh dich, du schöne Braut voll Greuel der Verwüstung, die du dich so schön dünkst. Siehe, was hast du aufgebaut? Große glänzende Steinhäuser (der Kirchen), und da gehst du hinein und treibst Heuchelei und Scheinheiligkeit. Du gibst Gott gute Worte, aber dein Herz hängt am Drachen. Du verschwendest die Fettigkeit (bzw. Fruchtbarkeit) der Erde, und deine Heuchler müssen vor dem Tier und Drachen deiner tyrannischen Gewalt niederfallen und dich anbeten. Sie müssen deine Hure auf deinem Tier anbeten, oder dein Drache ermordet sie. Was du festsetzt, das soll göttlich heißen.

3.64. Oh, wie schön bist du dargestellt! Besieh dich nur, es ist Zeit! Siehst du nicht, wie dich der Engel mitsamt dem Drachen in den Abgrund wirft, in den Schwefelpfuhl? Oder kennst du dich noch nicht?

3.65. Weißt du nicht, daß wir in Christus durch Gott wiedergeboren werden müssen und im Leben Jesu Christi wandeln? Weißt du nicht, daß das Wort Mensch geworden ist? Wir müssen in Christus neu geboren werden, so daß die Seele Christi Glied sei. Aus einem Leib, der Christus ist, müssen wir alle geboren werden, denn anders können wir die sieben Leuchter Gottes in uns nicht schauen.

3.66. Was heuchelst du dir so viel durch Scheinheiligkeit? Was ergreifst du göttliche Gewalt in deine Scheinheiligkeit? Du hast sie nicht. Du hast nur die Gewalt des Drachens, deines antichristlichen Abgotts. Willst du göttliche Gewalt haben, dann mußt du im Leben Christi in Gott sein. Dann empfängst du göttliche Gewalt, um in denen zu wirken, die ihr Herz zu Christus in Gott erheben. Hier hast du den Schlüssel des Himmelreichs der englischen Welt.

3.67. Deine Gesetze, Konzilien und Beschlüsse, sowie dein eigenwilliger Wahn sind Betrug, denn der Geist Christi in Gott läßt sich an kein Gesetz binden. Alles, was du von eigener Gewalt im Himmel lehrst, die du dir selber zumißt, das ist ohne die neue Wiedergeburt in Christus alles falsch (illusorisch) und erlogen, und deine Kraft gehört dem Drachen.

3.68. Kein Mensch hat eine Gewalt in Gott, es sei denn, er ist aus Gott in Jesus Christus wiedergeboren. Nur dann kann er dem hingebungsvollen Herzen, das sich in Jesus Christus zu Gott neigt, durch seine Stimme und sein Wort, die aus Gott schallen, die sieben Siegel aufschließen und in das begehrende Gemüt posaunen.

3.69. Darum siehe und beschaue dich in der Offenbarung in den Bildern, in denen du auf dem Drachen reitest! Wie schön reitest du auf Erden, wie der Drache, der alte Teufel, in den sieben Siegeln, der in seiner Feuersmacht immer über das Herz Gottes reiten will, und bleibt doch in den sieben Siegeln im finsteren Abgrund der Ewigkeit, im Ursprung der Natur, in der strengen Matrix versiegelt.

3.70. So auch du: Obwohl die Siegel in der menschlichen Seele im Tod Christi aufgebrochen wurden, so hat dich doch Gottes Zorn mit dem Geist dieser Welt versiegelt und führt dich so, daß er alle seine Wunder an dir hervorbringe.

3.71. Siehe, du stolze Hure auf dem Tier, was hast du gesucht seit der Zeit der Apostel, die im Leben Christi wandelten und nicht nach der Lust des grimmigen Geistes im Entstehen der Natur, wie du? Besiehe dein prächtiges Reich, das du in der Welt aufgerichtet hast, in dem man von Gott weichen mußte und deine Gesetze ehren und anbeten.

3.72. Christus betet seinen Vater an, und seine menschliche Seele drang in das Wort des Vaters (Verbum Domini), in die sieben goldenen Leuchter, die der brennende Liebegeist des göttlichen Herzens im Vater in der stillen Ewigkeit sind. Damit wirkte Christus hier auf Erden in des Vaters Qual-Quelle große Wunder, denn er öffnete die Siegel der Verborgenheit und trieb die unreinen Geister aus der grimmigen Qual-Quelle der Seele, und schallte mit seinem Wort im Zentrum der armen gefangenen Seelen, so daß sich alle Siegel bewegten und ins Leben Christi zu Gott eindrangen. Dort konnte der Teufel nicht mehr wohnen, denn er ist ein Geist der Finsternis, wie wir ihn im folgenden noch aufzeigen wollen.

3.73. Aber du willst das Reich Christi und die Gewalt Christi mit Scheinheiligkeit und Betrug erobern. Wo sind deine Wunder, wenn du göttliche Gesetze nur zu deinen weltlichen Ehren durch Betrug machst, damit du über Silber, Gold und die Seelen der Menschen herrschen kannst?

3.74. Oh du babelsche (und babylonische) Hure! Du bist es, von der die Propheten gesprochen haben, die in den verborgenen Siegeln die Wunder gedeutet haben, die in der ewigen Natur verborgen waren. In ihnen sind die Wunder ans Licht gekommen, aber du verwüstest den Baum des Lebens, darum mußt du in den Höllenpfuhl, der im Schwefel brennt. Und darum sagt der Geist in der Offenbarung: »Geht aus von ihr (der Hurenstadt Babylon), mein Volk, damit ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Qual (der Sünden). (Offb. 18.4)«

3.75. Weil du aus dir selber in der grimmigen Macht des Zorns Gottes gewachsen bist, und nur ein Fresser wurdest und alle Wunder Gottes im überheblichen Stolz zu deinen tierischen Ehren ergriffen hast, so sind auch die Siegel in dir versiegelt, bis der Zorn seine Macht an dir beweist und du dich selber frißt.

3.76. Denn du hast die Posaunen der Engel verachtet und jene verfolgt, die dir von Gott gesandt waren. Du achtest vor allem deinen Bauchgott und dessen Herrlichkeit, und läßt dir heucheln.

3.77. Die Braut des Tieres spricht: „Ich bin dein Gott, setze mich auf dich und reite wie du willst! Ich will ausrufen, daß die Fettigkeit der Erde dein sei. Und man soll dich mit mir anbeten, und Furcht und Schrecken sei dem, der uns verachtet. So reite auch ich über die geneigten Knie und über die Seelen der Menschen. Wo kann ein besseres Reich sein, als wir es haben?“

3.78. Aber der Quecksilber-Geist, der aus den sieben brennenden Fackeln ausgeht und der Geist der Braut Gottes ist, deutet in der Apokalypse: Wenn das siebente Siegel aufgeht, dann soll das Geheimnis des göttlichen Reiches vollendet werden.

3.79. »Denn das Lamm, das erwürgt wurde, nahm zur Zeit des siebenten Siegels das Buch aus der rechten Hand von dem, der auf dem Thron saß, und öffnete sein Siegel. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen vor dem Lamm nieder und sprachen: Du hast das Buch aufgetan und seine Siegel gebrochen: Preis, Ehre und Lob sei Gott und dem Lamm, das würdig war, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu brechen. Und die Hure wurde mit dem Drachen in den feurigen Pfuhl geworfen. (Offb. 5.7)« Verstehst du dies nicht, dann bist du unter dem Siegel.

3.80. Siehe, wenn das siebente Siegel geöffnet ist, dann weidet der Erzhirte seine Schafe selbst auf seiner grünen Aue, führt sie zum frischen Wasser, erquickt (und belebt) ihre Seelen und führt sie auf seinem rechten Weg. Denn er ist ein guter Hirte, und die Schafe folgen ihm, und er gibt ihnen das ewige Leben.

3.81. In dieser Zeit zerbricht Babel, die große Stadt auf Erden in den Wundern, und aus ihr gehen alle Seelen der Menschen heraus, die im gläsernen Meer (des Himmels) ins Buch des Lebens geschrieben sind, nämlich alle die aus Gott geboren wurden. Und bei den Menschen ist eine Hütte Gottes, denn der sie verführt hat, wird versiegelt, und das Licht vertreibt ihn.

3.82. Darum erkennt es, ihr Schlafenden, und wacht auf, denn der Tag bricht an! Es ist höchste Zeit, damit euch nicht der Zorn in Babel ergreife! Es steht ein großer Ernst bevor. So laßt ab vom Gezanke um den Kelch Christi, denn ihr werdet vor Gott als Narren befunden. Es liegt nicht an euren Beschlüssen, daß ihr euch zusammenrottet und beschließt: „So wollen wir glauben, so wollen wir es haben, und so kann die Kirche Gottes erhalten werden.“ Und die andere Partei spricht dagegen, und ihr nennt euch gegenseitig Ketzer und führt so den blinden Laien mit eurem Teufelszank durch euren überheblichen Stolz gefangen. Ihr bindet die wahrhafte Vernunft an eure Kunst, und wer nicht studiert hat, der darf von den Geheimnissen Gottes nichts wissen.

3.83. Oh ihr stolzen blinden Menschen, wie laßt ihr euch vom Dünkel ohne Gottes Geist verführen! Wie wollt ihr am Gerichtstag Gottes mit euren verwirrten Schäflein bestehen, die ihr so in Blindheit geführt habt? Ihr habt sie mit Lästerung vollgeladen, und seid nur in Scheinheiligkeit, Geiz, Hochmut und falscher Lehre auf dem Drachen geritten. Ihr habt von außen geglänzt, aber inwendig seid ihr voll des Teufels gewesen.

3.84. Wo ist euer apostolisches Herz? Wenn ihr Christus habt, warum zankt ihr dann um ihn und läßt auch den Laien zanken, der noch nicht weiß, was er tut. So fiedelt er auf eurer Geige und gibt eher das Leben auf, als daß er vom Irrtum ab und ins Leben Christi einginge.

3.85. Oh du einfältige Heiligkeit, warum nimmst du nicht Christus als deinen treuen Hirten zum Hirten an und läßt die Wölfe fahren? Du mußt um Christi Reich nicht zanken. Die Wölfe haben (in Wahrheit) keine Gewalt, dir dasselbe zu nehmen oder zu geben. Und du mußt auch nicht fragen, wo Christus ist. Ist er im Abendmahl, oder in der Taufe, oder ist er im Gehör des Predigtamtes, auf das man heutzutage so hart dringt?

3.86. Schau nur zu und neige dein Herz, die Sinne und das Gemüt zu Christus, so daß Christus in dir geboren wird. Dann hast du Christus mit Taufe, Sakrament und Heiligen Geist an allen Orten, denn du hast ihn im Gehör des (göttlichen bzw. ganzheitlichen) Wortes.

3.87. Die Bunde und Testamente Christi, wenn sie lange ohne Glauben gebraucht werden, sind nur verborgene Siegel. Wenn du aber in Christus geboren wirst, dann sind sie die aufgetanen Siegel in deinem Herzen und deiner Seele. Dann ist alles dein, denn Christus ist in dir, und du bist in ihm, und wie Christus im Vater ist, so bist auch du in Christus im Vater. Und wie der Heilige Geist in Christus aus dem Vater ausgeht, so auch in dir, und so ist das Wort des Lebens immer in dir. Was suchst du denn zu deiner Seligkeit? Wenn du von Gott lehren hörst, dann lehrt auch der Geist aus deinem Herzen, und so ist eine Liebe, ein Christus, ein Gott und eine Seligkeit an allen Orten. Wo du bist, ist die Himmelspforte. Denn sie ist nicht allein im Steinhaufen der Kirche, wo man im Stolz glänzt, sondern wo bußfertige reuige Menschen beieinander sind, die mit Begierde nach Gottes Barmherzigkeit trachten und gern von der Liebe und von den Wundern Gottes reden.

3.88. Höre, du blinde Babel, wie sollte der Heilige Geist in deinem Wort kräftig wirken, wenn du vor der Gemeinde Gottes stehst und deine Vorfahren wegen ihrer Blindheit in ihrem aufgetanen Siegel verachtest, während du selber eine böse und falsche Natter bist und nur Aufruhr, Streit und Schmach lehrst? Du gießt nicht den Heiligen Geist in deine Zuhörer, wie du dich rühmst, sondern den Geist des Streites, und lehrst ihnen Verachtung und nicht die Liebe. Was weiß der Laie von den Toten vor tausend Jahren? Sie sind doch in Gottes Gericht und nicht in deiner Gewalt, und so richtest du manchen, der in der Welt der Engel ist. Wie könnte dann in deinem falschen Richten der Heilige Geist im Herzen der Menschen predigen? Dann predigst du nicht Christi Geist, sondern des Teufels Geist in ihre Herzen, so daß sie an deinen Phantasiegeschichten hängen und das teure Wort Christi fahrenlassen.

3.89. Siehe die Geschichte der Apostel an (Apg. 2.1), als sie ganz einmütig mit der Begierde nach dem Reich Gottes beieinander waren und von den großen Wundern und Taten Gottes redeten, und von seiner Liebe zu den Menschen, wie sich die Erde unter ihnen bewegt hat, und daß auch der Heilige Geist aus großer Freude das irdische Zentrum bewegte. Hätten sie aber gesessen und nur die Pharisäer ausgeeckt, sie verspottet und verachtet und ein höhnisches Spiel mit ihnen getrieben, dann wäre der Heilige Geist nicht so kräftig unter ihnen gewesen.

3.90. Darum öffnet eure Augen ihr Kinder Gottes und geht in den Tempel Christi, und hängt nicht am Tempel der Scheinheiligkeit, an den Heuchlern und Mördern! Nicht verbiete ich darum die steinernen Kirchen, sondern ich lehre den Tempel Christi an allen Orten. In der Kirche wird nur die größte Pracht getrieben.

3.91. Wenn du aber in den Tempel Christi eingehen willst, dann mußt du ein demütiges, zerschlagenes und zerbrochenes Herz mitbringen, das sich nach Gottes Reich sehnt. Es darf nicht in der Heuchelei stehen, wo man sich mit den Gebärden heilig und andächtig zeigt, aber die arme Seele ohne den Tempel Christi in den sieben Geistern der Finsternis läßt, weil nur der Mund ein Christ ist, aber das Herz im Zweifel und wohl auch nur in der Wollust des Fleisches steht.

3.92. Oh ihr blinden Sophisten, was habe ich mit euch zu tun, daß ich über eure Wunder schreiben muß? Habe ich doch nicht euren Weg gesucht, sondern das Herz Gottes, um mich in Christus zu verbergen. Ich wollte nur mit der Jungfrau der Offenbarung, die auf dem Mond steht (Offb. 12.1-6), vor dem Drachen in die Wüste fliehen, und muß nun selber den Drachen aufzeigen. Oh Herr, du tust, was du willst, und deine Wege sind reine Wunder!


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