Die drei Prinzipien Göttlichen Wesens

(Text von Jacob Böhme 1619, deutsche Überarbeitung 2021)

10. Kapitel - Die Erschaffung des Menschen

Von der Erschaffung des Menschen und seiner Seele, und vom Einblasen Gottes. - Die liebreiche Pforte.

10.1. Ich habe die Schriften vieler Meister in der Hoffnung durchsucht, die Perle vom Grund des Menschen zu finden. Ich habe sie aber nicht finden können, nach der sich meine Seele sehnte. Ich habe gar viele gegensätzliche Meinungen gefunden und sogar manche, die mir das Suchen verbieten. Ich verstehe aber nicht, mit welchem Grund oder Verstand, als würde ein Blinder dem Sehenden die Augen nicht gönnen. Mit all diesem ist meine Seele innerlich sehr unruhig geworden und hat sich wie ein Weib vor der Geburt gefürchtet, da doch nichts gefunden wurde, bis ich den Worten Christi nachging, der da spricht: »Ihr müßt von Neuem geboren werden, wollt ihr das Reich Gottes sehen. (Joh. 3.7)« Welches mir erst mein Herz versperrte und ich dachte, es könnte in dieser Welt nicht geschehen, sondern nur durch meinen Abschied von dieser Welt. So daß sich meine Seele zuerst vor der Geburt fürchtete. Aber weil sie gern die Perle geschmeckt hätte, ging sie diesen Weg um so ernsthafter zur Geburt, bis ihr endlich ein Kleinod (geboren) wurde. Nach demselben Weg will ich nun schreiben, mir zur Erinnerung und dem Suchenden zu einem Licht, denn Christus spricht: »Niemand zündet ein Licht an und stellt es unter eine Bank oder einen Scheffel, sondern setzt es auf einen Tisch, auf daß alle, die im Gemach sind, dadurch sehen. (Matth. 5.15)« Und dafür gibt er dem Suchenden die Perle, damit er dem Armen zu seiner Heilung raten soll, wie er solches selbst gar ernstlich geboten hat.

10.2. Zwar schreibt Moses »Gott machte den Menschen aus einem Erdenkloß usw. (1.Mose 2.7)«, und das ist die Meinung vieler, und ich hätte es auch nicht gewußt, wie das zu verstehen wäre, und hätte es aus dem Buch von Moses nicht erlernt, auch nicht aus den Glossen, die darüber geschrieben wurden. Und so wäre auch mir die Decke vor meinen Augen geblieben, und das in großem Kummer. Als ich aber die Perle fand, sah ich Moses ins Angesicht und fand, daß er wahrhaft geschrieben hatte, aber ich hatte es nicht wahrhaft verstanden.

10.3. Denn so sprach auch Gott nach dem Fall zu Adam und Eva: »Du bist Erde und sollst wieder Erde werden. (1.Mose 3.19)« Und wenn ich nicht den Limbus (göttlichen Samen) betrachtet hätte, aus dem die Erde geworden ist, dann wäre ich so verblendet geblieben. Doch dieser zeigt mir nun den Grund, was Adam vor dem Fall und nach dem Fall gewesen war.

10.4. Denn weder solche Erde noch solches Fleisch, wie wir jetzt tragen, besteht im Licht Gottes. Darum sprach auch Christus: »Niemand fährt gen Himmel als des Menschen Sohn, der vom Himmel gekommen ist und der im Himmel ist. (Joh. 3.13)« So war unser Fleisch vor dem Fall himmlisch aus dem himmlischen Limbus. Als aber der Ungehorsam kam, sich in einem anderen Zentrum zu gebären, nämlich in die Lust dieser Welt, da wurde es irdisch. Denn mit dem irdischen Apfelbiß im Garten Eden fing das irdische Reich an, und alsobald fing die Mutter der großen Welt mit ihrer Macht die kleine Welt und machte aus der Seele das Tierhafte im Ansehen und auch im Wesen.

10.5. Wäre nun die (göttliche) Seele nicht im Inneren gewesen, dann wäre Adam wohl ein unvernünftiges Tier geblieben. Weil aber die Seele aus dem Limbus Gottes vom Heiligen Geist in Adam geblasen worden war, so mußte nun die Barmherzigkeit, als das Herz Gottes, wieder ihr Bestes tun, um aus dem himmlischen Limbus das Zentrum wiederzubringen, und mußte selbst Fleisch werden und in der Seele durch das Schöpfungswort den neuen Menschen gebären, der im alten verborgen ist. Denn der alte gehört nun in die Vergänglichkeit und geht in seinen Äther ein, und der neue bleibt ewiglich.

Wie nun solches zugegangen sei, folgt ein gründlicher Bericht. Darin kannst du dem alten und neuen Menschen ins Herz sehen, wenn du aus Gott wiedergeboren bist und die Perle hast. Wenn nicht, dann siehst du hier vielleicht etwas vom alten Adam, aber den neuen wirst du nicht schauen.

10.6. Die äußere Decke von Moses muß weg, und du mußt Moses ins Angesicht sehen, willst du den neuen Menschen erkennen. Doch ohne die Perle (den Samen Gottes) bringst du diese nicht weg und erkennst Adam nicht vor seinem Fall. Denn Adam hat nach seinem Fall den ersten Menschen selber nicht mehr gekannt, und darum schämte er sich seiner tierhaften Gestalt und versteckte sich hinter den Bäumen im Garten. Denn er sah sich an, wie er eine tierische Gestalt bekommen hatte, und so bekam er auch bald tierische Organe zu seiner Fortpflanzung, die ihm das Schöpfungswort im dritten Prinzip durch den Geist der großen Welt schuf.

10.7. Es sollte niemand wähnen, daß der Mensch schon vor seinem Fall tierische Organe zur Fortpflanzung hatte, sondern himmlische, und auch keine Gedärme, denn solcher Gestank und Quell (der Verwesung), die ein Mensch im Leib trägt, gehören nicht in die Heilige Dreifaltigkeit und ins Paradies, sondern in die Erde, und diese muß wieder in ihrem Äther vergehen. Der Mensch aber war unsterblich geschaffen, und dazu heilig, gleich den Engeln. Auch wenn er wohl aus dem Limbus gemacht war, so war er doch rein. - So folgt nun ferner, wie er sei und woraus er gemacht worden sei.

10.8. Siehe, als Gott das dritte Prinzip nach dem Fall der Teufel erschaffen hatte, weil diese aus ihrer Herrlichkeit fielen, denn sie waren Engel gewesen und standen nun im Reich dieser Welt, da wollte er dennoch, daß sein Wille und Vorsatz erfüllt werde, und wollte dem Reich dieser Welt wieder ein englisches Heer geben, das ewig bestünde. Und als er nun die Kreaturen geschaffen hatte, deren Schatten entsprechend der Veränderung der Welt ewig bleiben sollten, da war noch keine Kreatur gefunden, die sich hier an ihnen hätte erfreuen können, auch war noch keine Kreatur erfunden, welche die Tiere in dieser Welt pflegen würde. »Darum sprach Gott: „Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, das da herrsche über alle Tiere und Kreaturen auf Erden.“ Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, ja zum Bilde Gottes schuf er ihn. (1.Mose 1.26)«

10.9. Nun fragt es sich, was ist Gottes Bild? Schau nur und betrachte die Gottheit, dann kommst du drauf: Denn Gott ist kein tierischer Mensch, aber der Mensch sollte ein Bild und auch ein Gleichnis Gottes sein, in dem Gott wohne. Nun ist Gott ein Geist, und in ihm sind alle drei Prinzipien, und ein solches Bild wollte er machen, das alle drei Prinzipien an sich hätte, und das wäre wahrhaft ein Gleichnis Gottes. Und er „schuf ihn“: Darin versteht man Moses recht, daß ihn Gott geschaffen habe und nicht aus einem Klumpen Erde gemacht.

10.10. Der Limbus (himmlische Samen) aber, aus dem er ihn schuf, ist der Erde Matrix, aus der auch die Erde geboren wurde. Die Materie aber, daraus er ihn schuf, war eine Masse, eine Quintessenz aus Sternen und Elementen, die alsbald irdisch wurde, als der Mensch das irdische Zentrum erweckte und seit dieser Stunde in die Erde und Zerbrechlichkeit gehört.

10.11. Nun kam aber die Masse aus der himmlischen Matrix, welche die Wurzel der Ausgeburt oder des Irdischen ist. Und dieses himmlische Zentrum sollte beständig bleiben, und das irdische sollte nicht erweckt werden. Denn in solcher Kraft war er ein Herr über die Sterne und Elemente, und so hätten ihn alle Kreaturen (als Herrn) geachtet, und er wäre unzerbrechlich gewesen. Er hatte aller Kreaturen Kraft und Eigenschaft in sich, denn seine Kraft war aus der Kraft der (ganzheitlichen) Vernunft. So mußte er auch alle drei Prinzipien haben, sollte er Gottes Gleichnis sein: 1.) die Quelle der Finsternis, 2.) die Quelle des Lichtes, und 3.) auch die Quelle dieser Welt. Aber er sollte nicht in allen drei Quellen leben und sich qualifizieren, sondern nur in einer, nämlich in der paradiesischen, in der sein Leben aufging.

10.12. Daß dem nun nachweislich und gewiß so sei, dazu steht geschrieben: »Und Gott blies ihm den lebendigen Odem ein, da wurde der Mensch eine lebendige Seele.« Alle anderen Kreaturen, die aus dem vergänglichen Samen durch das Schöpfungswort hervorgegangen waren, denen hatte der Wille im Schöpfungswort in ihrem Zentrum den Geist erweckt. Und so ging der Geist jeder Kreatur aus ihrer eigenen Essenz und Eigenschaft hervor und inqualiert (wechselwirkt und verstrickt sich) danach mit dem Geist der großen Welt, der Sterne und Elemente. Aber das sollte im Menschen nicht sein: Sein Geist sollte nicht mit dem Geist der Sterne und Elemente inqualieren. In seinem Wesen sollten die zwei Prinzipien (das 1. und 3.) stillstehen, nämlich die Finsternis und der Geist der Luft (bzw. elementischen Welt). Darum blies er ihm den lebendigen Odem ein, das heißt, Gottes Odem, und das ist der paradiesische Odem oder Geist, der Heilige Geist. Dieser sollte im Zentrum der Seele der Odem der Seele sein, und dieser Geist, der aus dem Limbus oder der Quintessenz ausging und von der Art der Sterne ist, sollte über die Quintessenz dieser Welt mächtig sein (und herrschen). Denn der Mensch war in Einem Wesen und war auch nur ein Mensch (als Menschheit), den Gott so erschuf. Und so hätte er ewig leben können, selbst wenn Gott die Sterne wieder in ihren Äther (Raum) zurückgebracht und auch die Matrix der Elemente mitsamt den Elementen in das Nichts (ins Ungestaltete) gezogen hätte, dann wäre doch der Mensch geblieben. Dazu hatte er das paradiesische Zentrum in sich und hätte es in sich aus seinem Willen wieder gebären und das Zentrum erwecken können, und so ein englisches Heer ins Paradies gebären, ohne Not und Angst und auch ohne Zerreißung (bzw. Abtrennung). Und ein solcher Mensch mußte er sein, wenn er im Paradies bleiben und unverrückt ewig sein sollte. Denn das Paradies ist heilig, und so mußte auch der Mensch heilig sein, denn in der Heiligkeit steht die göttliche Kraft und das Paradies.

Die tiefe Pforte der Seele

10.13. Die Seele des Menschen, die ihm Gott eingeblasen hat, ist aus dem ewigen Vater. Doch vernimm es recht! Darunter ist eine Unterscheidung aus seinem unwandelbaren Willen zu verstehen, aus dem er seinen Sohn und sein Herz seit Ewigkeit gebiert, nämlich aus dem göttlichen Zentrum, daraus das Schöpfungswort ausgeht, das da erschafft und alle Wesen der ewigen Geburt in sich hat. Nur die Geburt des Sohnes Gottes (das Zentrum, das der Sohn Gottes selbst ist) hat sie (die Unterscheidung) nicht, denn dieses Zentrum ist der Natur Ende (bzw. Ziel) und nicht kreatürlich. Es ist das höchste Zentrum der feuerflammenden Liebe und Barmherzigkeit Gottes, nämlich der Vollkommenheit. Aus diesem Zentrum geht keine Kreatur hervor, sondern es erstrahlt in der Kreatur, vor allem in den Engeln und Seelen der heiligen Menschen. Denn aus diesem Zentrum kommt der Heilige Geist und auch die Allmächtigkeit, die im Vater den ewigen Willen schöpft.

10.14. So steht nun die Seele in zwei Pforten und berührt zwei Prinzipien, nämlich (1.) die ewige Finsternis und (2.) das ewige Licht des göttlichen Sohnes, wie dann Gott der Vater auch selbst so ist. Wie nun Gott der Vater seinen unwandelbaren Willen ewig behält, um sein Herz und seinen Sohn zu gebären, so behält auch der Engel in der Seele seinen unwandelbaren Willen im Herzen Gottes, und so ist er im Himmel und Paradies und genießt die unaussprechliche Freude Gottes des Vaters, die er in seinem Sohn hat. Und er hört die unaussprechlichen Worte des Herzens Gottes und erfreut sich der ewigen und auch geschaffenen Bildnisse, die nicht nur im Wesen, sondern auch figürlich (gestaltet) sind.

10.15. Da ernährt sich die Seele von einem jeglichen Wort Gottes, denn es ist die Speise ihres Lebens, und sie singt den Lobgesang des Paradieses von der holdseligen Frucht, die im Paradies in der göttlichen Kraft aus dem göttlichen Limbus (Samen) wächst, welche des Leibes Speise ist. Denn der Leib ißt vom Limbus, daraus er ist, und die Seele von Gott und seinem Wort, aus dem sie ist.

10.16. Kann mir das nicht Freude und Wonne sein? Kann hier nicht überall Lieblichkeit sein, mit den vieltausenderlei Arten der Engel Himmelsbrot zu essen und sich in ihrer Gemeinschaft zu freuen? Was könnte noch genannt werden, das lieblicher sei? Wo keine Furcht ist, kein Zorn, kein Tod und keine Traurigkeit, wo alles mit einer Stimme spricht: »Heil, Kraft, Stärke und Macht sei unserem Gott! (Offb. 19.1)« Und das Getön geht in Ewigkeit auf, und so geht mit ihm die göttliche Kraft des Paradieses auf und ist ein reines Wachsen im göttlichen Zentrum der Gewächse im Paradies. Und das ist der Ort, wo St. Paulus unaussprechliche Worte gehört hat, die niemand aussprechen kann (2.Kor. 12.4). Ein solcher Mensch war Adam vor seinem Fall, und damit du nicht zweifelst, ob es wirklich gewiß und wahrhaftig so sei, so betrachte doch die Umstände:

10.17. Als Gott Adam so geschaffen hatte, da war er also in der Wonne im Paradies und war ein verklärter Mensch, gar schön und voller Erkenntnis. Da brachte Gott alle Tiere zu ihm, wie zu einem großen Herrn in der Welt, damit er sie ansehe und einem jeden nach seiner Essenz und Kraft Namen gebe, wie sein Geist in ihm gestaltet war. Und Adam erkannte alles, was in jeder Kreatur war, und gab einem jeglichen einen Namen nach der Qualifizierung seines Geistes. Gleichwie Gott allen Dingen ins Herz sehen kann, so konnte das Adam auch, daran ja seine Vollkommenheit wohl zu spüren gewesen ist.

10.18. Dann wären Adam und alle Menschen auf dem Erdboden gegangen, wie er dann ging, nämlich ganz bloß, denn sein Kleid war die Klarheit in der Kraft Gottes, und keine Hitze oder Kälte hatte ihn berührt, sein Sehen war Tag und Nacht beständig mit geöffneten Augen, ohne zu zwinkern, in ihm war kein Schlaf und in seinem Gemüt keine Dunkelheit, denn in seinen Augen war die göttliche Kraft, und er war ganzheitlich und vollkommen. Er hatte den Limbus (Samen) und auch die Matrix (Gebärmutter) in sich und war weder Mann noch Weib, gleichwie wir in der Auferstehung sein werden, obwohl die Erkenntnis der (äußeren) Zeichen der Gestaltungen bleibt, aber der Limbus und die Matrix nicht mehr entscheidend sind, wie in dieser Welt.

10.19. So sollte der Mensch auf Erden wohnen, solange sie bestünde, die Tiere pflegen und seine Wonne und Freude an allem haben. Er sollte aber keine irdische Frucht essen, darin die Vergänglichkeit steht. Zwar konnte er von der Frucht essen, aber nur im Mund und nicht in den Leib, denn er hatte noch keine Gedärme und kein so hartes und finsteres Fleisch. Alles war vollkommen, denn es wuchs ihm die paradiesische Frucht, die erst verging, als er aus dem Paradies ging. Da verfluchte Gott die Erde, und der himmlische Limbus wurde ihm mitsamt der Frucht entzogen, und so verlor er Paradies, Gott und Himmelreich. Denn die Erde war nicht so bösartig vor der Sünde, als das Paradies auf Erden war.

10.20. Wenn Adam in der Unschuld geblieben wäre, dann hätte er in allen Früchten Paradiesfrüchte gegessen, denn sein Essen war himmlisch, und sein Trinken kam aus der himmlischen Wasser-Mutter vom Quell des ewigen Lebens. Die Ausgeburt berührte ihn nicht, und das Element der Luft benötigte er nicht auf solche Art. Zwar holte er Odem von der Luft, aber er empfing seinen Odem vom Geist der Unvergänglichkeit, denn er inqualierte nicht mit dem Geist dieser Welt (und verstrickte sich darin), sondern sein Geist herrschte kräftig über den Geist dieser Welt, über Sterne, Sonne und Mond und auch über die Elemente.

10.21. Das könnte mir ein Adam sein! Und so war er ein rechtes und wahrhaftig Gleichnis und Bild Gottes. In seinem Fleisch hatte er nicht solche harten (grobstofflichen) Beine, und wenn es auch Beine waren, so bestanden sie nur aus Stärke und solcher Kraft. So war auch sein Blut nicht aus der Tinktur der wäßrigen Matrix, sondern aus der himmlischen. In Summa, es war alles himmlisch, wie wir im Tag der Auferstehung erscheinen werden. Denn der Vorsatz Gottes besteht: Das erste (ursprüngliche und ganzheitliche) Bild muß wiederkommen und im Paradies bleiben. Und weil es nicht in anderer Gestalt geschehen und wiedergebracht werden konnte, so setzte Gott der Vater sein Herz und seinen Sohn dafür ein. Denn sein ewiger Wille ist unwandelbar (reine Wahrheit) und muß bestehen (und erfüllt werden).

10.22. »Und als Gott den Menschen geschaffen hatte, baute er einen Garten in Eden gegen Morgen, setzte ihn hinein und ließ allerlei Frucht wachsen, lustig anzusehen, und allerlei Bäume, davon gut zu essen war, und den Baum des Lebens mitten im Garten, und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen… Und als Gott den Menschen in den Garten setzte, gebot er ihm und sprach: „Du sollst essen von allerlei Bäumen im Garten, aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen, denn welches Tags du davon ißt, wirst du des Todes sterben.“ (1.Mose 2.8-17)« Hier liegt nun die Decke von Moses, und man braucht scharfe Augen, um Moses ins Angesicht zu sehen. Doch Gott hat es Moses nicht ohne Ursache so geheimnisvoll schreiben lassen.

10.23. Denn was wäre Gott an einem Apfelbiß gelegen gewesen, um eine so schöne Kreatur zu verderben, vergibt er doch größere Sünde und hat den Menschen so geliebt, daß er seinen einzigen Sohn nicht verschont hat, sondern Mensch werden ließ und in den Tod gab. Konnte er denn diese kleine Sünde nicht vergeben? Und warum ließ er es überhaupt zu, daß der Mensch von der Frucht aß, wenn er doch allwissend ist? Warum ließ er den Baum der Erkenntnis des Bösen und Guten erst wachsen?

10.24. So richtet nun der (gedankliche) Verstand: „Hätte Gott nicht gewollt, Adam hätte nicht so gegessen, und er hätte auch kein besonderes Gebot über diesen Baum gesetzt. Deshalb muß er ihn ja zum Anstoß geschaffen haben.“ Also richtet ein Teil. Der andere Verstand will es besser machen, denn er ist etwas weiser, aber nicht viel, und spricht: „Gott hat den Menschen versucht, ob er in seinem Gehorsam leben wolle, und als er im Ungehorsam gefunden wurde, habe Gott so einen mächtigen Zorn auf ihn geworfen und ihn zum Tode verflucht. Und sein Zorn könne nicht gelöscht werden, er kann also nur versöhnt werden.“ Dieser Verstand macht aus Gott nur eine Unbarmherzigkeit, gleich einem bösen Menschen in dieser Welt, der dann versöhnt wird, wenn er sich irgendwann genug gerächt hat, und hat noch keine Wissenschaft (bzw. Weisheit) von Gott und Paradies.

10.25. Oh liebe Seele! Es ist gar ein Schweres, davon sich wohl der Himmel entfärben könnte. In diesem Versuchen ist wirklich ein Großes in Moses verborgen, das die unerleuchtete Seele nicht versteht. Es ging Gott nicht um einen Apfel- oder Birnenbiß, um eine derart schöne Kreatur so zu bestrafen. Die Strafe rührte nicht von seiner Hand, sondern vom Geist der großen Welt im dritten Prinzip. Gott meinte es wirklich barmherzig mit dem Menschen, und darum verschonte er sein Herz nicht und ließ es Mensch werden, um den Menschen wieder zu helfen. Du solltest nicht so (nach dem Verstand) denken. Gott ist die Liebe und das Gute. In ihm ist kein zorniger Gedanke, wenn sich der Mensch nur selber nicht gestraft hätte, wie du an passender Stelle noch lesen wirst.

Die geheime Pforte von der Versuchung des Menschen

10.26. Weil es an dieser Stelle so viele Fragen gibt (denn des Menschen Gemüt forscht wieder nach seinem Vaterland, aus dem es gewandert ist, und begehrt wieder heim zur ewigen Ruhe), und mir in meiner Erkenntnis solches zugelassen wurde, so will ich den tiefen Grund vom Fall darlegen, wo man Moses in die Augen sehen kann. Und bist du aus Gott geboren, dann wird es dir wohl begreiflich sein, denn kein unerleuchtetes Gemüt begreift den Zweck. Denn das Gemüt muß im selben Haus sein, wenn es erkennen will, was im Haus ist. Denn vom Hörensagen und nicht Selbersehen bleibt immer ein Zweifel, ob die Dinge wirklich wahr sind, die man sagen hört. Was aber das Auge sieht und das Gemüt erkennt, das glaubt man vollkommen, weil es (direkt) begriffen wurde.

10.27. Der Verstand fragt, warum der Mensch versucht werden mußte, wenn ihn Gott doch vollkommen geschaffen hat? Und weil Gott allwissend ist, legt der Verstand die Schuld immer auf Gott. Solches machen auch die Teufel, und dann spricht der Verstand: Wäre der Baum des Guten und Bösen nicht gewachsen, dann wäre Adam nicht gefallen.

10.28. Lieber Verstand, wenn du nicht mehr (wahrhaft) erkennen kannst, dann schließe deine Augen fest zu und forsche nicht, sondern bleibe unter der Geduld in der Hoffnung und laß nur Gott walten, sonst fällst du in größte Unruhe, und der Teufel führt dich in Verzweiflung, der auch immer behauptet, Gott habe das Böse gewollt und er wolle nicht alle Menschen selig haben, darum habe er den Zorn-Baum geschaffen.

10.29. Liebes Gemüt, halte dich von solchem Sinnen zurück, sonst machst du aus dem holdseligen und lieblichen Gott einen unbarmherzigen mit einem feindlichen Willen! Laß mit solchen Gedanken von Gott ab und betrachte dich selbst, was du bist. In dir selbst wirst du den Baum der Versuchung finden und auch den Willen dazu, daß er wachsen konnte. Ja, die Quelle zum Gewächs steckt in dir und nicht in Gott. Wenn wir von der reinen Gottheit reden wollen, die sich im zweiten Prinzip durch das Herz Gottes offenbart, dann ist es so und nicht anders.

10.30. Wenn wir aber über den Ursprung des ersten Prinzips sinnieren, dann finden wir die Art des Baumes und auch des Willens zum Baum. Hier finden wir den Abgrund der Hölle und des Zorns, ja, wir finden sogar den Willen der Hölle und des Zorns, und wir finden auch den Willen aller Teufel und den neidischen Willen aller Kreaturen dieser Welt, durch den sich alles anfeindet, beneidet, beißt und schlägt. Mein lieber Verstand, hier will ich dir den Baum der Versuchung zeigen, und dann kannst du Moses ins Angesicht sehen. Nur halte dein Gemüt wach, so daß du es begreifst.

10.31. Ich habe es dir in diesem Buch schon oft zu verstehen gegeben, was das Wesen aller Wesen sei. Weil es aber an dieser Stelle von höchster Not ist, den Grund zu erkennen, so will ich dir alles ganz weitläufig und gründlich (noch einmal) darlegen, so daß du solches an dir selber erkennen kannst. Ja, in allen sollst du dies erkennen und an allem, was da nur ist. Was du auch immer ansiehst oder ersinnen magst, das soll alles ein Zeuge dafür sein. Ich kann Himmel und Erde wie auch Sonne, Sterne und Elemente als Zeugen anführen, und nicht mit bloßen Worten und Versprechen, sondern ganz mächtig in ihrer Kraft und Wesen soll es dir dargelegt werden. Dann hast du keine Kraft mehr in deinem Leib, die dich nicht überzeugen wird. Du darfst dir nur nicht dein Gemüt vom Lügengeist der alten Schlange verdunkeln lassen, der darin ein Tausendkünstler ist.

10.32. Wenn er sieht, daß er dem Menschen nicht mit Zweifeln an Gottes Barmherzigkeit beikommen kann, dann macht er ihn gar leichtsinnig, so daß er unachtsam wird, und das macht ihm sein Gemüt so schläfrig (und blind), daß er sich leichtfertig betrachtet, als wäre es alles unwichtig, und wie es auch sei, er solle sich damit sein Herz nicht zerbrechen und nur die Pfaffen forschen lassen, denn die können es verantworten. So fährt das Gemüt leichtsinnig dahin, wie ein Windwirbel oder Wasserstrom. Davon spricht auch Christus und sagt: »Der Teufel reißt das Wort von ihren Herzen, damit sie es nicht fassen, glauben und selig würden, und daß es nicht zur Wurzel kommt. (Matth. 13.19)«

10.33. Die Perle (der göttliche Samen) könnte sonst wachsen und die Lilie grünen. Dann würde der Teufel offenbar werden und jedermann vor ihm fliehen, und er stünde in großem Spott. Das hat er seit Beginn der Welt so getrieben. Doch wie heftig er sich auch wehrt, es wird ihm trotzdem eine Lilie in seinem vermeintlichen Reich wachsen, deren Duft ins Paradies Gottes reicht, denn gegen all sein Wüten und Toben zeugt der Geist.

10.34. Siehe, du Menschenkind, wenn du zu dieser Erkenntnis nahe und leicht kommen willst, dann nimm nur dein Gemüt zu deiner Betrachtung, und dort findest du alles innerlich. Du erkennst, daß daraus Freude und Leid, Lachen und Weinen, Hoffnung und Zweifel, Haß und Liebe, Lust zu einem Ding und auch die Feindlichkeit desselben hervorgeht. Du findest darin Zorn und Bosheit und auch Liebe, Sanftmut und Wohltun.

10.35. Nun fragt es sich: Kann denn das Gemüt nicht in einem Willen der reinen Liebe stehen, wie Gott selbst? Darin stecken Zweck und Grund und auch die Erkenntnis. Siehe, wenn nur dieser einzige Wille in einem Wesen wäre, dann hätte das Gemüt auch nur eine einzige Qualität, die den Willen so gäbe, und es wäre ein unbewegliches Ding, das immer still läge und ferner nichts täte, als immer ein Ding sein. In ihm wäre keine Freude, auch keine Erkenntnis, keine Kunst, keine Wissenschaft von der Vielfalt und auch keine Weisheit (von der Einheit). Wenn aber dagegen diese Qualität (der Liebe) in Ewigkeit gar nicht wäre, dann wäre alles ein Nichts, und es wäre kein Gemüt, noch ein Wille zu etwas, denn es wäre nur das Einige.

10.36. So kann man nun nicht sagen, daß der ganze Gott mit allen drei Prinzipien in Einem Willen und Wesen sei. Es gibt Unterscheidung, weshalb auch das erste und dritte Prinzip nicht Gott genannt wird, und sie sind auch nicht Gott, aber sind doch sein Wesen, aus dem Gottes Licht und Herz seit Ewigkeit immerfort ausgeboren werden, und sie sind Ein Wesen wie Leib und Seele (Körper und Geist) im Menschen.

10.37. Wenn nun das ewige Gemüt nicht wäre, aus dem der ewige Wille hervorgeht, dann wäre kein Gott. Weil aber das ewige Gemüt da ist, gebiert es den ewigen Willen, und der ewige Wille gebiert das ewige Herz Gottes, und das Herz das Licht, und das Licht die Kraft, und die Kraft den Geist, und das ist der allmächtige Gott, der in einem unwandelbaren Willen ist. Denn wenn das Gemüt nicht mehr den Willen gebären würde, dann würde auch der Wille nicht das Herz gebären, und alles wäre ein Nichts. Weil aber nun das Gemüt den Willen gebiert, und der Wille das Herz, und das Herz das Licht, und das Licht die Kraft, und die Kraft den Geist, so gebiert der Geist nun wiederum das Gemüt, denn er hat die Kraft, und die Kraft ist das Herz, und das alles ist ein unauflösliches Band (von Ursache und Wirkung).

10.38. Die Tiefe: Nun siehe, das Gemüt ist in der Finsternis und faßt seinen Willen zum Licht, um es zu gebären. Sonst wäre kein Wille und auch keine Geburt. Dieses Gemüt steht in der Ängstlichkeit und im Sehnen, und das Sehnen ist der Wille, und der Wille faßt die Kraft, und die Kraft erfüllt das Gemüt. Also steht das Reich Gottes in der Kraft, die (1.) Gott der Vater ist, und das Licht macht die Kraft sehnend zum Willen, und das ist (2.) Gott der Sohn, denn in der Kraft wird das Licht seit Ewigkeit immerfort geboren, und im Licht geht aus der Kraft (3.) der Heilige Geist hervor, und dieser gebiert im finsteren Gemüt wiederum den Willen des ewigen Wesens.

10.39. Nun siehe, liebe Seele, das ist die Gottheit. Die hält in sich das zweite oder mittlere Prinzip, und darum ist Gott allein gut, die Liebe und das Licht und die Kraft. Nun erkenne, daß in Gott keine solche ewige Weisheit und Wissenschaft wäre, wenn das Gemüt nicht in der Finsternis stünde. Denn darin steht die Angst im Willen zur Geburt, und die Angst ist die Gestaltungsqualität, und die Gestaltungsqualität wird zur Vielheit und bewirkt das Gemüt, und das Gemüt bewirkt wiederum die Vielheit (die Vielfalt in der Einheit).

10.40. Nun siehe dich um, liebe Seele, in dir selbst und in allen Dingen, was findest du darin? Du findest nichts als die Angst, und in der Angst die Gestaltungsqualität, und in der Gestaltungsqualität das Gemüt, und im Gemüt den Willen zum Wachsen und Gebären, und im Willen die Kraft, und in der Kraft das Licht, und im Licht seine Fortpflanzung oder den forttreibenden Geist. Der bewirkt wiederum einen Willen, um einen Zweig aus dem Baum zu gebären, wie er selber ist. Und das nenne ich in meinem Buch das Zentrum, wo der geborene Wille zu einem Wesen geworden ist und nun wiederum ein solches Wesen gebiert. Denn so besteht die Mutter der Gebärerin.

10.41. So hat nun die Angst in sich das erste Prinzip habhaft (ergriffen). Weil sie aber in der Finsternis steht, so ist sie ein anderes Wesen als das Wesen im Licht, wo nur reine Liebe und Sanftmut sind und keine Qual erblickt wird. Und die Qualität, die im Licht-Zentrum geboren wird, ist nun keine Gestaltungsqualität mehr, sondern die ewige Wissenschaft (bzw. reine Erkenntnis) und Weisheit, die vor dem Licht der Angst ist. Diese Weisheit und Wissenschaft kommt nun immerfort dem gefaßten Willen in der Angst zu Hilfe und bewirkt in ihm wieder das Zentrum zur Geburt, so daß sich in der Gestaltungsqualität wieder das Gewächs gebiert, nämlich die Kraft, und aus der Kraft das Feuer, und aus dem Feuer der Geist. Und der Geist bewirkt im Feuer wiederum die Kraft, so daß es ein unauflösliches Band (von Ursache und Wirkung) ist. Und aus diesem Gemüt, das in der Finsternis steht, hat Gott die Engel geboren, die wie Feuerflammen sind, aber vom Licht Gottes durchleuchtet. Denn in diesem Gemüt kann und will ein Geist geboren werden, und sonst nirgendwo. Denn nur für sich im Herzen und Licht Gottes kann keiner geboren werden, denn das ist das Ende (bzw. Ziel) der Natur und hat keine Gestaltungsqualität. Darum wird auch nichts mehr daraus, sondern es (das göttliche Licht bzw. reine Bewußtsein) bleibt unwandelbar in Ewigkeit, und es scheint in das Gemüt der Qualität der Finsternis, und die Finsternis kann es nicht erfassen.

10.42. So ist nur im ängstlichen Gemüt der Finsternis die unaussprechliche Qual, davon der Begriff „Qualität“ als eine Quelle von vielen Qualen kommt. Und aus diesen vielen Qualen in einer Qual entspringt die Viel-Wissenschaft, daß viel (Unterschiedliches) sei. Aber der Geist Gottes aus dem Licht kommt jeder Wissenschaft zu Hilfe und bewirkt in jeder Wissenschaft, die den Quell in der Gestaltungsqualität schafft, durch sein freundliches Liebe-Infizieren wieder ein Zentrum, und in dem Zentrum gebiert sich wieder ein Quell, wie ein Zweig aus dem Baum. Und hier geht wieder ein Gemüt in der Ängstlichkeit auf, und der Liebe-Geist macht mit seinem Liebe-Infizieren alles wesentlich, jeden Gedanken und jeden Willen. Denn der Wille im Zentrum steigt so hoch, daß er das Feuer gebiert, und im Feuer wird Substanz und Wesenheit geboren.

10.43. Denn das Feuer ist sein Geist und das Ende (bzw. Ziel) für den Willen im finsteren Gemüt. So kann in der Ängstlichkeit nichts Höheres geboren werden als das Feuer, denn es ist das Ende der Natur und gebiert wiederum die Ängstlichkeit und die Qual, wie das vor Augen steht. Nun hat das finstere ängstliche Gemüt nicht nur eine einzige Substanz als ein Wesen in sich, sonst könnte es keine Gestaltungsqualität gebären, sondern viele, obwohl es in Wahrheit doch nur ein Wesen ist und nicht viele Wesen.

10.44. Du liebe Seele, mit dir spricht der hohe Geist. Gib dein Gemüt her, und ich will es dir zeigen! Siehe, was faßt deinen Willen, oder worin steht dein Leben? Sagst du im Wasser und Fleisch? Nein, es steht in der Wärme des Feuers. Wenn die Wärme nicht wäre, dann würde der Leib erstarren und das Wasser gefrieren. So entsteht nun das Gemüt mit dem Leben im Feuer.

10.45. Was ist aber nun das Feuer? Es ist zuerst die Finsternis, die Verhärtung, die ewige Kälte und die Dürre, und da ist nichts als ein ewiger Hunger. Wie entsteht nun das Feuer? Liebe Seele! Hier kommt der Geist Gottes als das ewige Licht dem Hunger zu Hilfe. Denn der Hunger entsteht vom Licht, weil sich die göttliche Kraft in der Finsternis spiegelt, und so wird die Finsternis begierig nach dem Licht, und die Begierlichkeit ist der Wille.

10.46. Nun kann der Wille mit seiner Begierde in dieser Dürre (bzw. Härte) das Licht nicht erreichen, und darin besteht die Angst im Willen nach dem Licht, und die Angst ist anziehend, und im Anziehen ist das Leiden, und das Leiden macht die Angst noch größer, so daß die Angst in der Herbigkeit noch viel mehr anzieht. Und dieses Anziehen im Leiden ist der bittere Stachel oder die Bitterkeit vom Leiden, und die Angst greift nach dem Stachel mit dem Anziehen und kann ihn doch nicht fassen, denn er wehrt sich. Und je mehr die Angst anzieht, desto mehr wütet (und kämpft) der Stachel.

10.47. So sind nun Angst, Bitterkeit und Leiden im Stachel gleich einem Schwefelgeist, und alle Geister in der Natur sind ein Schwefel, und das ängstigt sich gegeneinander, bis ihm das Licht Gottes zu Hilfe kommt. Dann wird es ein Blitz, und da ist auch sein Ende, denn höher kann es in der Angst nicht steigen, und das ist das Feuer, das mit dem Blitz in der Seele und auch im Gemüt scheinend wird. Denn die Seele erreicht nun die Kraft des Lichtes, das sie in Sanftmut versetzt. In dieser Welt ist es das brennende Feuer, und in der Hölle ist es unmaterialistisch, denn dort ist es das ewige Feuer, das in der Gestaltungsqualität brennt.

10.48. Nun, du liebe Seele, hier siehst du im Spiegel, wie Gott so nahe und selbst das Herz aller Dinge ist und allem Kraft und Leben gibt. Hier hat es Luzifer verschüttet und ist so überheblich stolz geworden. Denn als dieser Schwefelgeist im Willen des göttlichen Gemüts geschaffen wurde, wollte er über das Ende der Natur hinaus und das Feuer über die Sanftmut hinausführen. Und sollte ihm auch alles im Feuer brennen, er wollte (unbedingt) Herr sein. So haben sich die Feuerfunken im Schwefelgeist zu sehr erhoben, und so sind dem Schöpfer, als dem Geist im Schöpfungswort, diese Geister nicht zu Engeln geraten. Obwohl er ihm im ersten Gemüt, als das Zentrum zu den Geistern aufgeschlossen wurde, zu Hilfe kam und wie die anderen Engel erblickte (im Bewußtsein reflektierte), so haben sie doch (als sie nun ihr Zentrum zur Wiedergeburt ihres Gemüts aufschließen und den Willen der Engel gebären sollten) einen feurigen Willen geboren.

10.49. Der erste Wille, daraus sie geschaffen wurden, der war Gottes, und der machte sie gut. Aber der andere Wille, den sie im Gehorsam aus ihrem eigenen Zentrum in Sanftmut gebären sollten, der wurde böse. So wurde der Vater wegen des Kindes aus der Kraft Gottes gestoßen und verdarb das englische Reich, und er blieb im Feuerquell, weil das bösartige Kind ihres Gemüts sich von der Sanftmut abwendete. Also bekamen sie (die Teufel), was sie haben wollten. Denn das Gemüt ist Gott und Schöpfer des Willens, und das ist in der ewigen Natur frei, und was es sich gebiert, das hat es.

10.50. Nun fragst du: Warum kam ihm nicht die Liebe Gottes wieder zu Hilfe? Nein, lieber Verstand! Ihr Gemüt hatte sich bis zum Ende (bzw. Ziel) der Natur erhoben und wollte (überheblich stolz) über das Licht Gottes hinaus. So wurde ihr Gemüt ein angezündeter Feuerquell im Grimm, der die Sanftmut Gottes nicht mehr hereinläßt, so daß der Schwefelgeist ewig brennt. Also ist er ein Feind Gottes, und dem kann nicht geholfen werden. Denn das Zentrum ist im Blitz brennend und sein Wille ist, noch über die Sanftmut Gottes hinauszufahren. Er kann auch keinen anderen Willen schöpfen, denn sein Quell hat das Ende der Natur im Feuer erreicht und bleibt ein unverlöschlicher Feuerquell. Das Herz Gottes in der Sanftmut und das Prinzip Gottes sind vor ihm fest verschlossen, und das in Ewigkeit.

10.51. In Summa: Gott will keinen Feuer-Geist im Paradies haben. Sie müssen im ersten Prinzip in der ewigen Finsternis bleiben. Wären sie geblieben, wie sie Gott erschuf, als sie die Sanftmut anblickte, und hätten das Zentrum ihres Gemüts in die Sanftmut gesetzt, dann hätte sie das Licht Gottes ewig durchleuchtet, und sie hätten vom Wort des Herrn gegessen und wären mit der Wurzel ihres Ursprungs im ersten Prinzip geblieben, wie Gott der Vater selbst, und mit dem Willen im Gemüt im zweiten Prinzip. Also hätten sie paradiesischen Quell und englischen Willen gehabt und wären freundlich im Limbus des Himmels und in Gottes Liebe gewesen.


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