Die drei Prinzipien Göttlichen Wesens

(Text von Jacob Böhme 1619, deutsche Überarbeitung 2021)

6. Kapitel - Die Unterscheidung im dritten Prinzip

Von der Unterscheidung in der Schöpfung im dritten Prinzip.

6.1. Wenn man nun die Unterscheidung und den Ausgang im dritten Prinzip dieser Welt untersucht, wie der Sternenhimmel aufgegangen sei und wie jeder Stern eine besondere Eigenschaft und Gestalt in sich habe (weil in jedem ein besonderes Zentrum bemerkt wird, so daß ein jeder beständig und ein Meister von sich ist, und ein jeder in der Matrix dieser Welt herrscht, qualifiziert und nach seiner Art gebiert), und sehen danach die Sonne an, die ihr König, Herz und Leben ist (ohne deren Licht und Kraft sie alle keine Wirkung erbrächten, sondern im harten und finsteren Tod stünden, so daß in dieser Welt alles ein Nichts wäre, nur eine grimmige und rauhe Herbigkeit), und sehen weiter die Elemente von Feuer, Luft und Wasser an, wie sie sich immerdar gebären, eines im anderen, und auch wie das Gestirn in ihnen wie in seinem Eigentum herrscht, und betrachten die Mutter, davon dieses vielfältige Wesen ausgeht, dann kommen wir auf die Unterscheidung und auf die ewige Mutter als Gebärerin aller Dinge.

6.2. Und wir haben das ja deutlich in uns selbst und an allen Dingen vor Augen, wenn wir nicht so toll, blind und eigensinnig wären und uns von einem Lehrbuben führen ließen, sondern uns an den Meister hielten, der da der Meister aller Meister ist. Denn wir sehen ja, daß alles aus der ewigen Mutter herrührt, wie diese in ihrer ewigen Geburt ist, und so hat sie auch diese Welt geboren, und so wird auch eine jede Kreatur geboren. Und wie diese in ihrem Ausgang in der Vervielfältigung ist, wo ein jeder Quell wieder ein Zentrum der Gebärerin und eine Unterscheidung in sich hat, die aber nicht völlig voneinander getrennt sind, so ist auch diese Welt aus der ewigen Mutter geboren, welche nun auch eine solche Gebärerin ist und von der ewigen Mutter nicht abgetrennt, sondern auf eine materielle Art entstanden ist und durch die Sonne ein anderes Licht und Leben bekommen hat, welches nicht der weise Meister selbst ist. Sondern der weise Meister, der Gott ist, der hält es, damit es in der ewigen Matrix stehe und doch nicht die ewige Weisheit selbst sei.

6.3. Denn, weil diese Geburt einen Anfang durch den Willen Gottes hat und dann wieder in seinen Äther (die Quintessenz) geht, so hat sie nicht die Kraft der (ganzheitlichen) Weisheit, sondern sie baut nach ihrer Art immer auf (und sammelt es an). Was sie trifft, das trifft sie, sei es böse, krumm, lahm oder gut, schön oder mächtig, sie gebiert Leben und tötet, gibt Macht und Stärke und zerbricht diese auch wieder, und alles ohne weitsichtige (ganzheitliche) Weisheit. Daran ist zu sehen, daß sie nicht die göttliche Vorsichtigkeit (Weitsicht) und Weisheit selber sei, wie die Heiden gedichtet und sich in ihre Macht (der Mutter Natur) vergafft haben.

6.4. Wenn wir nun ihren Grund sehen wollen, dann müssen wir nur die erste Mutter in ihrer Geburt anschauen, denn hier sehen und finden wir alles. Denn gleichwie die erste Mutter (wenn wir nachsinnen, wie sie im Ursprung ohne Licht sei) herb, finster, hart und kalt ist, und doch in der Ausgeburt zum Wassergeist wird, dann findest du, als die materielle Welt aufgegangen war, wie Gott am ersten Tag den Himmel und die Erde geschaffen hat.

6.5. So kommt nun der Himmel aus der herben Matrix, die im Paradiesischen der Wassergeist ist, und aus diesem Paradiesischen ist das Materielle geschaffen, wie Moses zu Recht schreibt: »Der Himmel sei aus der Mitte des Wassers gemacht. (1.Mose 1.6)« Danach wurden Erde und Steine sowie alle Metalle in derselben Stunde zugleich aus der Matrix geboren, als die Matrix dieser Welt noch finster gewesen war.

6.6. Denn als die Matrix bewegt wurde und Herr Luzifer im Feuer herrschen wollte, da hat sich die herbe finstere Matrix zusammengezogen, und das Ganze bewirkte die Ausgeburt, daraus Erde, Steine, Metalle, Schwefel und Salz entstanden. Damit ist das Reich des Fürsten Luzifer verschlossen worden, und er ist im inneren Zentrum geblieben und im Äußeren gefangen.

6.7. Daß aber in der Matrix solche Dinge gewirkt werden konnten, das gibt die Kraft, die in der Matrix ist. Denn ein Stein ist nichts als Wasser, Quecksilber, Salz und Schwefel, in dem ein Öl verborgen ist.

6.8. Damit hat die Geburt der Matrix eine solche Gestaltungsqualität in ihrem ewigen Wesen der Lebensgeburt. Denn erstlich ist sie herb, streng und hart, dadurch die Kälte entsteht. Dann zieht das Herbe an sich, schärft die Kälte und bewirkt in seinem Anziehen den bitteren Stachel, der sticht, kämpft und das harte Anziehen nicht erdulden kann. Er ängstigt sich wie in einer tollen Unsinnigkeit, fährt auf, wütet und gleicht einem Schwefelgeist.

6.9. In dieser Gestaltung werden nun im Grimm aus der wäßrigen herben Mutter die herbe bittere Erde, der Schwefel und das Salz geboren, noch bevor die Sonne in der vernünftigen Matrix entzündet wurde. Weil die Geburt in großen Ängsten steht und in der Geburt eine Abscheidung begehrt, so geschieht hier auch eine Abscheidung. Denn die Bitterkeit verträgt sich nicht mit dem Herben, obwohl sie doch Mutter und Sohn sind, wie ein (Ketten- oder Generations-) Glied im anderen. Und das muß so sein, sonst gäbe es nichts, denn es ist das ewige Band und des Lebens Ursprung.

6.10. Ferner, wenn nun die Bitterkeit so in der herben Mutter kämpft, aufsteigt und sich ängstigt, gerät sie ganz erschrecklich in einen schielenden (halbblinden) Blitz. Und in dieser Gestaltung wird in der Matrix das Quecksilber oder Gift geboren. Denn wenn die Matrix diesen Feuerblitz in ihrer finsteren und herben Gestalt erblickt, dann erschrickt sie und wird in ihrem harten und herben Naturrecht abgetötet. Und an dieser Stelle wird in der Matrix der Tod, das Gift, das Hinfallen und Zerbrechen geboren, aber auch das edle Leben im Quecksilber (der „lebendigen Reflexion“) und der Aufgang des dritten Prinzips.

6.11. Nun ferner, als der Feuerschreck in die herbe Mutter gekommen war und seine Mutter solcherart überwunden hatte, erschrak er selbst noch viel mehr, so daß er hier sein grimmiges Recht verlor, weil die Mutter einen anderen Quell bekommen hatte und aus dem Feuerschreck eine Hölle geworden war. Doch durch diesen (großen Schreck) in der stummen Matrix ist die Materie mitten im Schreck zu weicherer und lichterer vermengter Materie geworden, nämlich Gold, Silber, Kupfer, Zinn und Blei aus dem Licht-Schreck und alles weitere, je nachdem, wie an jedem Orte die Matrix im ringenden Zentrum stand.

6.12. Denn diese Geburt stand im ganzen Raum dieser Welt, soweit Luzifers Königreich ausgebreitet war, und darum sind an verschiedenen Orten auch verschiedene Erdreiche, Metalle und Wesen entstanden. Und man sieht auch vor Augen, wie alle Metalle vermengt sind, und das alles macht die Ausgeburt im Unendlichen (der Vielfalt), welches wir zwar erkennen und schauen, aber nicht erklären können noch dürfen, denn es verwirrt uns und gelangt dann in die Gottheit, die doch ohne Anfang und ewig ist. Darum sollte sich die Kreatur davor zurückhalten, sonst verliert sie Verstand und Sinne.

6.13. Nun weiter in der Erklärung: Als dann die Matrix auf diese Weise in der Geburt stand, so daß die Materie der Erde geboren wurde, da ist die Matrix (der Mutterleib der Natur) mit der Anzündung zu (fließendem) Wasser geworden. Doch verstehe recht, nicht ganz im Wesen, sondern gleichwie sich Erde, Steine und Metall geboren hatten, aber doch die Matrix (der Natur) geblieben sind, so geschah es auch dem Wasser in der Tötung und Überwindung, durch die diese materielle Welt begann. In dieser Bewegung ist hier die Kugel der Erde zusammengetrieben (bzw. -gezogen) worden und steht nun mitten im Kreis (der Sterne) wie ein Punkt von unten und oben.

6.14. Hier stand nun der Geist Gottes im Zentrum der paradiesischen Matrix und des paradiesischen Himmels, in seinem ewigen Sitz, und ist auch davon nicht gewichen, und schwebte auf dem materiellen Wasser mit dem Schöpfungswort und hat hier den Himmel formiert, der aus der Mitte der wäßrigen Matrix geschaffen wurde und in der Matrix die Wurzel der Finsternis vom Licht geschieden hat. In dieser Finsternis sind die Teufel geblieben, denn sie haben die Materie in der Matrix wie auch das neue Licht nicht begriffen, das in der Matrix aufgegangen war. Dabei war mit dieser Schöpfung und der Abscheidung die Länge eines Tages hingegangen, und durch Anfang und Ende, Morgen und Abend war der erste Tag geworden, wie Moses schreibt (in 1.Mose 1.5).

6.15. Warum wir aber vom „Himmel“ reden und dem Leser erklären, was Gott dort geschaffen hat, das liegt daran, weil Moses darüber schreibt: »Gott habe eine Feste zwischen die Wasser gemacht, und das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste geschieden, und die Feste Himmel genannt. (1.Mose 1.6)« Das ist wohl wahr, aber bisher nur schwer verstanden worden.

6.16. Nun siehe, der Himmel ist die ganze Tiefe, soweit sich der Äther (bzw. Raum) zur Geburt dieser Welt ausgebreitet hat. Und er ist die Matrix, aus der die Erde, Steine und materiellen Gewässer geboren sind. Nun hat Gott das materielle Wasser hier von der Matrix geschieden, und so sieht man hier eigentlich, wie das materielle Wasser wie tot erscheint oder den Tod in sich hat. Denn es konnte nicht in der schwebenden Mutter bleiben, sondern wurde auf die Erdkugel geschafft, und Gott hat es „Meer“ genannt, darunter in der Natursprache ein „Grünen im Tod“ oder ein „Leben in der Zerbrechlichkeit“ verstanden wird. Auch wenn dies manchem Leser nichts sagen wird. Das weiß ich wohl, aber lasse es mir auch genügen, dieweil der tierhafte Mensch dies zu wissen nicht wert ist, und ich hier die Perlen nicht gern vor die Säue werfen will. Bezüglich der Kinder Gottes, denen dieses allein gilt, wird sie der Geist Gottes wohl unterweisen und lehren.

6.17. So erschienen, als nun der Himmel von der Erde und dem dunklen Dunst nach der Zusammenziehung klargeworden war, in der Matrix des Himmels die drei Elemente Feuer, Luft und Wasser. Diese sind drei Dinge ineinander in einer Mutter, und die Mutter wird hier „Himmel“ genannt. Darum werde ich nun im Schreiben für das Wort „Matrix“ auch das Wort „Himmel“ gebrauchen, denn der Himmel ist die Matrix (der Mutterleib der Natur).

6.18. Er heißt „Himmel“ wegen der Abscheidung, weil die Quintessenz des Gestirns abgeschieden und in einen höheren Himmel gesetzt wurde, wo die Matrix mehr feurig ist (und dem Feuer-Element entspricht), als in der Natursprache eigentlich verstanden wird und auch vor Augen steht.

6.19. Dazu ist nun aber des Himmels Qualität, Geburt und Eigenschaft zu beschreiben. Weil die vier Elemente hier wie aus ihrer Mutter ausgehen und darin die Kraft aller Lebewesen dieser Welt steht, muß man den Ursprung der Elemente beschreiben, in welchem man erst recht versteht, was Himmel usw. ist.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter