Aurora oder Morgenröte im Aufgang

(Text von Jacob Böhme von 1612, deutsche Überarbeitung 2021)

21. Kapitel - Vom dritten Schöpfungstag

Von der Bedeutung des dritten Tages der Schöpfung.

21.1. Obwohl der Geist in den Schriften von Moses die tiefsten Geheimnisse im Buchstaben verborgen gehalten hat, so ist doch alles ganz ordentlich beschrieben, so daß an der Ordnung kein Mangel ist.

21.2. Denn als Gott durch das Wort Himmel und Erde geschaffen hatte, das Licht von der Finsternis schied und jedem Ding seinen Wohnsitz gab, da begann sogleich jedes seine Geburt und Qualifizierung.

21.3. Am ersten Tag hat Gott den verdorbenen Salpeter, der in der Anzündung seines Zorns entstanden ist, zusammengetrieben oder durch den starken Geist geschaffen, denn das Wort „schuf“ heißt hier eine Zusammentreibung.

21.4. In dieser Zusammentreibung des verdorbenen Zorn-Salpeters wurde auch König Luzifer als ein ohnmächtiger Fürst mitsamt seinen Engeln in die Hölle des Zorn-Salpeters getrieben, in das Reich, das der Raum zwischen der Naturgöttin des Mondes und der toten Erde ist, wo die äußerliche halbtote Begreiflichkeit geboren wird.

21.5. Als dies geschehen war, wurde die Tiefe hell, und so hat sich mit dem verborgenen Himmel das Licht von der Finsternis geschieden. Dabei hat sich die Kugel der Erde im großen Rad der Natur einmal umgedreht, und damit war die Zeit einer Umdrehung oder eines Tages vergangen, der 24 Stunden enthält.

21.6. Die zweite Tageslänge (am zweiten Tag) begann die scharfe Unterscheidung, und so wurde die unbegreifliche Kluft zwischen dem Zorn (der Finsternis) und der Liebe des Lichtes geschaffen, und König Luzifer wurde im Haus der Finsternis fest verriegelt und zum endlichen Gericht festgehalten.

21.7. So wurde auch das Wasser des Lebens vom Wasser des Todes geschieden, jedoch so gestaltet, daß es in dieser Zeit der Welt wie Leib und Seele aneinanderhängt, aber keines das andere begreift. Sondern der Himmel, der aus dem Mittel (der Mitte bzw. dem Wesen) des Wassers gemacht worden war, ist eine Kluft zwischen ihnen, so daß das begreifliche Wasser ein Tod und das unbegreifliche das Leben sei.

21.8. So regiert nun der unbegreifliche Geist, der Gott ist, überall in dieser Welt und erfüllt alles. Und der Begreifliche hängt an ihm und wohnt in der Finsternis und kann den Unbegreiflichen weder sehen, hören, riechen noch fühlen, sondern sieht nur seine Werke und ist ein Zerstörer derselben.

21.9. Als nun Gott den Teufel durch den Abschluß des Himmels in die Finsternis gebunden hatte, welcher Himmel überall an allen Enden ist, da begann Er wieder seine wunderliche Geburt im siebenten Naturgeist und gebar sich alles wieder, wie er es seit Ewigkeit getan hat. Denn so schreibt Moses: »Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Kraut und Gras, das sich besame, und fruchtbare Bäume, damit ein jegliches nach seiner Art Frucht trage und seinen eigenen Samen bei sich selbst auf der Erde habe. Und so geschah es, und die Erde lies aufgehen Gras und Kraut, das sich besamte, ein jegliches nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte trugen und ihren eigenen Samen bei sich hatten, ein jeglicher nach seiner Art. Und Gott sah, daß es gut war. Da wurde aus Abend und Morgen der dritte Tag. (1.Mose 1.11)«

21.10. Dies ist zwar ganz richtig und wesentlich beschrieben, aber der wahre Grund steckt im Wort verborgen und wurde vom Menschen niemals verstanden. Denn der Mensch hat seit der Zeit des Falls niemals die innerliche Geburt begreifen können, wie da die himmlische Geburt sei, sondern sein Verstand wurde in der äußerlichen Begreiflichkeit gefangengelegt und konnte nicht durch den Himmel hindurchdringen und die innerliche Geburt Gottes schauen, die überall ist, auch in der verdorbenen Erde.

21.11. Aber du solltest hier nicht denken, daß Gott etwas Neues gemacht habe, das vorher noch nicht gewesen war. Denn wenn das so wäre, dann wäre ein anderer Gott geworden, welches doch nicht möglich ist.

21.12. Denn außer diesem Einigen Gott ist nichts. Sogar die Pforte der Hölle ist nicht außerhalb von diesem Einigen Gott. Nur eine Unterscheidung ist zwischen der Liebe im Licht und dem angezündeten Zorn in der Finsternis entstanden, und so kann eines das andere nicht begreifen, aber sie hängen aneinander wie ein Leib.

21.13. Der Salpeter, aus dem die Erde geworden ist, war seit Ewigkeit gewesen und entstand im siebenten Quellgeist, welcher der Naturgeist ist, und die anderen sechs haben den siebenten immer geboren, und sie sind damit umschlossen oder wie im Leib ihrer Mutter gefangengelegt, und damit sind sie die Kraft und das Leben des siebenten Geistes, in gleicher Weise wie die siderische (natürlich-körperliche) Geburt im Fleisch.

21.14. Als aber König Luzifer in dieser Geburt den Zorn erregt hatte und mit seinem Hochmut das Gift und den Tod hineinbrachte, dadurch haben sich in der zornigen Geburt, in der Grimmigkeit oder dem Stachel des Todes, solche Erde und Steine geboren.

21.15. Darauf folgte nun die Ausstoßung, denn die Gottheit konnte eine solche Geburt in der Liebe und im Licht Gottes nicht leiden, sondern der verdorbene Salpeter mußte auf einen Klumpen zusammengetrieben werden und mit ihm Herr Luzifer. So verlosch sogleich das eingeborene Licht im verdorbenen Salpeter, und zwischen dem Zorn und der Liebe wurde der Abschluß des Himmels geschaffen, damit sich nicht noch mehr solcher Salpeter gebäre, und damit der Himmel den Zorn in der äußerlichen natürlichen Geburt in der Finsternis gefangenhielte und eine ewige Entscheidung zwischen ihnen sei.

21.16. Nachdem dies in zwei Tagen vollendet war, ging am dritten Tag das Licht in der Finsternis auf, und die Finsternis samt ihrem Fürsten konnte es nicht begreifen. Denn da kamen aus der Erde Gras, Kraut und Bäume hervor, und dazu steht nun geschrieben: »Ein jegliches nach seiner Art.«

21.17. In diesem Wort steckt der Kern der ewigen Geburt verborgen, aber kann mit Fleisch und Blut nicht ergriffen werden. Sondern der Heilige Geist muß durch die seelische Geburt die siderische im Menschen anzünden (und erleuchten), sonst ist er darin blind und versteht nichts als von Erde und Steinen, sowie von Gras, Kraut und hölzernen Bäumen. Hier steht nun geschrieben: »Gott sprach: Die Erde lasse Gras und Kraut und fruchtbare Bäume aufgehen!«

21.18. Hier erkenne: Das Wort „sprach“ ist ein ewiges Wort und war schon vor den Zeiten des Zorns seit Ewigkeit in diesem Salpeter gewesen als er noch in himmlischer Form und Leben stand, und er ist auch in seinem Zentrum nie ganz gestorben, sondern nur in der (äußerlichen) Begreiflichkeit.

21.19. Als aber das Licht in der äußerlichen Begreiflichkeit oder im Tod wieder aufging, da stand das ewige Wort in voller Geburt und gebar durch und aus dem Tod das Leben, und so brachte nun der verdorbene Salpeter wieder Früchte hervor.

21.20. Weil aber das ewige Wort mit der Verderbnis im Zorn inqualieren mußte, so wurden die Leiber der Früchte gut- und bösartig. Denn die äußerliche Geburt der Früchte mußte aus der Erde werden, die im Tod steht. Und so mußte auch aus der siderischen Geburt, die in Liebe und Zorn steht, der Geist oder das Leben werden.

21.21. Denn darin stand die Geburt der Natur in der Zeit der Anzündung, denn sie wurde solcherart in die Erde mit hineinverkörpert und mußte auch in solcher Geburt wieder aufgehen. Denn es steht geschrieben: »Die tote Erde soll Gras, Kraut und Bäume aufgehen lassen, ein jegliches nach seiner Art.«

21.22. Das heißt, nach Art und Qualität, wie es seit Ewigkeit in himmlischer Qualität, Art und Form gewesen ist. Und das heißt „seine eigene Art“, die im Mutterleib empfangen wird und aus Naturrecht sein ist, wie sein eigenes Leben.

21.23. So hat auch die Erde kein fremdes (oder anderes) Leben hervorbracht, als das, was seit Ewigkeit in ihr gewesen ist. Gleichwie sie vor der Zeit des Zorns himmlische Früchte hervorgebracht hat, die einen heiligen, reinen und himmlischen Leib hatten und eine Speise der Engel waren, so brachte sie jetzt Früchte nach ihrer begreiflichen, harten, bösen, zornigen, giftigen und halbtoten Art hervor, denn wie die Mutter wurde, so wurden auch die Kinder.

21.24. Doch die Früchte der Erde sind darum nicht ganz im Zorn Gottes, denn das hineinverkörperte Wort, das unsterblich und unverderblich ist und seit Ewigkeit im Salpeter der Erde gewesen war, das grünte wieder im Leib des Todes und brachte Früchte aus dem abgestorbenen Leib der Erde. Aber die Erde hat das Wort nicht ergriffen, sondern das Wort die Erde.

21.25. Und wie nun die ganze Erde mitsamt dem Wort war, so war auch die Frucht. Das Wort aber blieb im Zentrum des Himmels verborgen, der auch an dieser Stätte ist, und ließ die Geburt der sieben Quellgeister aus der äußerlichen, verdorbenen und toten (Gestaltung) den Leib formieren. Und es blieb als das Wort und Herz Gottes in seinem himmlischen Wohnsitz auf dem Thron der Majestät sitzen und erfüllte die siderische und auch tote Geburt, aber ihnen als das heilige Leben ganz unbegreiflich.

21.26. Doch du solltest nicht denken, daß darum die äußerliche tote Geburt der Erde ein solches Leben durch das aufgegangene Wort bekommen habe, daß sie kein Tod mehr sei und daß in ihrer Frucht kein Tod mehr ist. Nein, das kann ewig nicht sein, denn was in Gott einmal tot ist, das ist tot und wird in seiner eigenen Gewalt ewig nicht wieder lebendig. Sondern das Wort, das mit der siderischen Geburt im Teil der Liebe inqualiert, das gebiert durch die siderische Geburt durch den Tod (hindurch) das Leben.

21.27. Denn du siehst ja, wie alle Früchte der Erde, die sie aus sich gebiert, verfaulen müssen und damit auch ein Tod sind.

21.28. Daß aber die Früchte einen anderen Leib bekommen als die Erde, der da viel kräftiger, schöner, wohlschmeckender und wohlriechender ist, das geschieht, weil die siderische Geburt vom Wort die Kraft nimmt und einen anderen Leib formt, der nun halb im Tod und halb im Leben steht und zwischen dem Zorn Gottes und der Liebe verborgen wirkt.

21.29. Daß aber die Früchte vom Leib viel lieblicher, süßer, milder und wohlschmeckender sind, das ist (bzw. bedeutet) die dritte Geburt aus der Erde, durch die die Erde am Ende dieser Zeit gereinigt und wieder in ihr ursprüngliches Reich gesetzt werden wird. Aber der Zorn wird im Tod bleiben.

Die freudenreiche Pforte der Menschen

21.30. Siehe, so spricht der Geist im Wort, der da das Herz der Erde ist und in seinem Himmel im hellen Blitze des Lebens aufgeht, mit dem mein Geist in seiner Erkenntnis inqualiert (wechselwirkt) und durch den ich diese Worte schreibe: Der Mensch ist aus dem Samen der Erde, aus einer zusammenverkörperten Masse gemacht, aber nicht aus dem Zorn, sondern aus der Geburt der Erde als ein König oder Herz der Erde, und stand in der siderischen Geburt im Teil der Liebe, doch der Zorn hing ihm an. Den sollte er aus sich gebären (und heilen), wie die Bitterkeit des Baumes die (süße) Frucht aus sich gebiert.

21.31. Doch das tat er nicht, sondern griff aus der Liebe zurück in den Zorn und ließ sich nach seiner toten Mutter gelüsten, davon zu essen, an ihrer Brust zu säugen und auf ihrem Stamm zu stehen.

21.32. Wie er nun rang, so gelang es ihm auch, und er hat sich mit seiner äußerlichen Geburt in den Tod seiner Mutter gebracht, und mit seinem Leben aus der Liebe in den Teil der zornigen siderischen Geburt.

21.33. Da steht er nun zwischen Himmel und Hölle im Reich des Teufels von Angesicht zu Angesicht, so daß der Teufel stets gegen ihn kämpft und streitet, um ihn entweder aus seinem Land in die Erde zu verbannen oder aus ihm ein Kind des Zorns in der Hölle zu machen.

21.34. Was ist nun seine Hoffnung? Siehe, du blinder Heide, siehe, du Schriftverzerrer und -dehner, öffne weit deine Augen und schäme (bzw. scheue) dich nicht vor dieser Einfalt, denn Gott liegt im Zentrum verborgen und ist noch viel einfältiger, aber du siehst ihn nicht.

21.35. Siehe, dein Geist oder deine Seele wird aus deiner siderischen Geburt geboren und ist die dritte Geburt in dir, ähnlich wie der Apfel auf dem Baum die dritte Geburt von der Erde ist, aber sein Gewächs nicht in der Erde hat, sondern über der Erde. Wenn er nun ein Geist wie deine Seele wäre, dann würde er sich wohl nicht mehr von der Erde binden lassen, um zu verderben.

21.36. Das sollst du aber wissen, daß der Apfel auf seinem Stamm gleicherweise mit seiner innersten Geburt mit dem Wort Gottes inqualiert, durch dessen Kraft er aus der Erde gewachsen ist. Weil aber der Zorn in seiner leiblichen Mutter ist, kann sie ihn nicht aus der begreiflichen Geburt setzen (bzw. erlösen), sondern er muß mit seinem Leib in der Begreiflichkeit im Tod bleiben.

21.37. Aber in seiner Kraft, in der sein Leben steht und durch die er mit dem Wort Gottes inqualiert, wird er am Jüngsten Tag in seiner Mutter durch die Kraft des Wortes wieder in sein himmlisches Reich gesetzt und von der zornigen und toten Begreiflichkeit geschieden werden. Dann wird er im Himmel dieser Welt in himmlischer Form aufgehen und eine Frucht der Menschen in jenem Leben sein. (Das heißt: Die Kraft des Prinzips, daraus der Apfel und Alles wächst, soll in der Erneuerung der Welt im Paradies wieder mit den Wundern ergrünen.)

21.38. Weil du aber aus dem Samen der Erde durch das Wort gemacht bist, aber deinen Leib wieder zurück in die Mutter gesetzt hast, so ist dein Leib auch ein begreiflich toter Leib geworden, wie deine Mutter ist. Und dein Leib hat nun die gleiche Hoffnung wie seine Mutter, die Erde, daß er am Jüngsten Tag durch die Kraft des Wortes wieder in sein ursprüngliches Reich gesetzt werden wird.

21.39. Weil aber deine siderische Geburt hier auf Erden im Zorn steht und mit der Liebe im Wort inqualiert, gleichwie die Frucht auf dem Baum (denn die Kraft der Frucht inqualiert mit dem Wort), so steht deine Hoffnung in Gott.

21.40. Denn die siderische Geburt steht in Liebe und Zorn, und davon kann sie sich in dieser Zeit nicht trennen, nämlich wegen der äußerlichen Geburt im Fleisch, die im Tod steht.

21.41. Denn das tote Fleisch hat die siderische Geburt umfangen, und so ist des Menschen Fleisch wie ein totes Aas, solange es noch im Mutterleib ist und von der Hölle und Gottes Zorn umfangen wird.

21.42. Nun gebiert aber die siderische Geburt die seelische als die dritte, die im Wort steht, und in der das Wort im Zentrum hineinverkörpert wurde und verborgen in seinem Himmel liegt.

21.43. Denn weil du deine Vernunft hast und nicht wie der Apfel auf dem Baum bist, sondern zu einem Engel und Gottes Ebenbild anstelle des verstoßenen Teufels geschaffen wurdest und weißt, wie du mit deiner siderischen Geburt im Teil der Liebe mit dem Wort Gottes inqualieren kannst, so kannst du deine seelische Geburt im Zentrum in das Wort im Himmel setzen und kannst mit deiner Seele mit lebendigem Leib in dieser toten Begreiflichkeit mit Gott im Himmel herrschen.

21.44. Denn das Wort ist in deinem Herzen und inqualiert mit der Seele wie ein (ganzheitliches) Wesen. Und wenn deine Seele in der Liebe steht, dann ist es auch ein (ganzheitliches) Wesen, und du kannst sagen, daß du nach deiner Seele im Himmel sitzt und lebst und mit Gott herrschst.

21.45. Denn die Seele, die das Wort ergreift, hat eine offene Pforte im Himmel und kann von nichts gehalten werden. Und so sieht sie auch der Teufel nicht, denn sie ist nicht mehr in seinem Land.

21.46. Weil aber deine siderische Geburt mit dem einen Teil im Zorn, und das Fleisch durch den Zorn im Tod steht, so sieht dir der Teufel im Teil des Zorns stets bis in dein Herz hinein. Und wenn du ihm Raum läßt, dann reißt er dir auch den Teil der siderischen Geburt, der in der Liebe steht, aus dem Wort.

21.47. Dann wird dein Herz ein finsteres Tal, und wenn du nicht gleich wieder zur Geburt des Lichtes arbeitest, dann zündet er dir das Zornfeuer darin an. Damit wird deine Seele aus dem Wort ausgestoßen und inqualiert mit dem Zorn Gottes, und du bist danach ein Teufel und kein Engel, und kannst mit deiner seelischen Geburt nicht mehr die Pforte des Himmels erreichen.

21.48. Wenn du aber gegen den Teufel kämpfst und die Pforte der Liebe in deiner siderischen Geburt offenhältst und damit dem Leib nach von hinnen fährst, dann bleibt deine Seele im Wort dem Teufel ganz verborgen und herrscht mit Gott bis an den Tag der Wiederbringung von allem, was verlorenging.

21.49. Wenn du aber mit deiner siderischen Geburt im Zorn stehst, wenn du dem Leib nach von hinnen fährst, und deine Seele nicht in das Wort gefaßt ist, dann erreichst du die Pforte des Himmels ewig nicht. Sondern wo du deinen Samen, das heißt, deine Seele hineingesät hast, in diesem Teil wird auch der Leib auferstehen.

Die Pforte der Kraft

21.50. Daß sich aber Leib und Seele am Tag der Auferstehung wieder zusammenfinden werden, siehst du hier an der Geburt der Erde. Denn der Schöpfer sprach: »Die Erde lasse aufgehen Gras, Kraut und fruchtbare Bäume, ein jegliches nach seiner Art! Da ging ein jegliches nach seiner Art auf und grünte.« Und wie es vor der Zeit des Zorns einen himmlischen Leib hatte, so bekam es nun entsprechend seiner Mutter einen irdischen.

21.51. Hier ist aber zu bedenken, wie auch im großen Aufruhr des Teufels alles ins Wort eingefaßt gewesen war, so daß alles in seinem eigenen Wesen nach seiner Kraft und Art aufgegangen ist, als wäre es nie zerstört, sondern nur verändert worden.

21.52. Ist es nun in der Zeit geschehen, da solches Morden und Rauben gewesen war, so wird es am Jüngsten Tag um so mehr geschehen, wenn sich die Erde im angezündeten Zornfeuer entscheiden und wieder lebendig werden wird. Dann wird sie ja freilich ins Wort der Liebe eingefaßt sein, wie sie in diesem Wort auch hier ihre Frucht von Gras, Kraut und Bäumen geboren hat, sowie allerlei Erz von Silber und Gold.

21.53. Weil aber die siderische Geburt der Erde in der Liebe steht und die äußerliche im Tod, so wird auch ein jedes in seinem Wohnsitz bleiben und sich zwischen Leben und Tod entscheiden.

21.54. Doch wo wollte nun die Seele des Menschen am Tag der Wiedergeburt lieber sein, als in ihrem Vater, das heißt, in dem Leib, der sie geboren hat? (Oder in dem Licht-Geist, der sie gezeugt hat?)

21.55. Aber weil die Seele in dieser Zeit, während der Leib im Tod gewesen war, im Wort verborgen (und bewahrt) geblieben ist und dieses Wort auch die Erde in der siderischen Geburt in der Liebe hält, so inqualiert sie auch dem Leib nach durch das Wort während der Zeit ihrer Verborgenheit mit ihrer Mutter in der siderischen Geburt der Erde. Und so wurden Leib und Seele im Wort nie voneinander geschieden, sondern leben zugleich in Gott.

21.56. Und wenn der tierische Leib auch verfaulen muß, so lebt doch seine Kraft, und aus seiner Kraft wachsen derweil in seiner Mutter schöne Röslein und Blümlein. Auch wenn er im Feuer verbrannt wäre, denn steht doch seine Kraft in den vier Elementen im Wort. So inqualiert die Seele (auch weiterhin) mit ihm (dem Leib), denn die Seele ist im Himmel und dieser Himmel ist überall, auch mitten in der Erde.

21.57. Oh Mensch, in diesem Spiegel besiehe dich derweil. Bei der Schöpfung des Menschen wirst du es noch ausführlicher zu lesen finden. Dies setze ich dir nur hierher, damit du die Kraft der Schöpfung besser verstehen kannst und übst, dich immer besser in diesen Geist zu schicken und seine Sprache zu erlernen.

Die offene Pforte der Erde

21.58. Nun könnte einer fragen: „Aus was für Materie oder Kraft sind denn Gras, Kraut und Bäume hervorgegangen? Welche Substanz und Angelegenheit haben diese Geschöpfe?“ Der Einfältige spricht: „Gott hat alles aus Nichts gemacht.“ Er kennt aber diesen Gott nicht und weiß nicht, was er ist. Wenn er die Erde ansieht mitsamt der Tiefe über der Erde, dann denkt er, das ist nicht Gott oder da ist nicht Gott. Er bildet sich immer ein, Gott wohne allein über dem blauen Himmel der Sterne und regiere in dieser Welt nur mit einem Geist, der von ihm ausgehe, aber sein Körper sei nicht hier auf der Erde und in der Erde gegenwärtig.

21.59. Solche Meinungen habe ich in den Büchern und Schriften der Doktoren gelesen, und darum sind auch so vielerlei Meinungen und Streitigkeiten unter den Gelehrten entstanden.

21.60. Weil mir aber Gott in seiner großen Liebe die Pforte seines Wesens eröffnet und an den Bund denkt, den er mit uns Menschen hat, so will ich alle Pforten Gottes ganz treulich und ernstlich nach meinen Gaben eröffnen und aufschließen, soweit es mir Gott zuläßt.

21.61. Das sei nicht so zu verstehen, daß ich dieser Dinge völlig mächtig bin, sondern nur soviel ich begreifen kann. Denn das Wesen Gottes ist wie ein Rad, in dem viele Räder quer, über und unter sich ineinander gemacht sind und sich immerfort miteinander umdrehen, so daß man zwar das Rad sieht, aber sich zuhöchst darüber wundert und es auf einmal in seiner Umdrehung weder erlernen noch begreifen kann. Sondern je mehr man das Rad ansieht, je mehr erlernt man seine Gestaltung, und je mehr man lernt, je größere Lust hat man an dem Rad, denn man sieht immer wieder etwas Wunderliches, und so kann sich ein Mensch nicht satt sehen und lernen.

21.62. So geht es auch mir, und was ich von diesem großen Geheimnis an einem Ort nicht genug beschreibe, das wirst du an einem anderen finden. Und was ich in diesem Buch wegen der Länge und meiner Unbegreiflichkeit nicht beschreiben kann, das sollst du in den anderen nachfolgenden finden.

21.63. Denn dieses Buch ist das erste Gewächs dieses Zweigleins, das da in seiner Mutter grünt, gleichwie einem Kind, das da gehen lernt und nicht gleich schnell laufen kann.

21.64. Denn obwohl der Geist das Rad sieht und seine Gestalt an jedem Ort begreifen will, so kann er es doch wegen der Umdrehung des Rades nicht genug. Wenn aber etwas wiederkommt, so daß er seine erste gefaßte Gestalt wiedersieht, dann lernt er immer etwas mehr und wird dem Rad immer geneigter und liebt es.

21.65. Nun erkenne: Die Erde hat die gleichen Qualitäten und Quellgeister wie die Tiefe (des Raumes) über der Erde oder wie die Himmel, und so gehört alles miteinander zusammen zu einem Leib. Und der ganze Gott ist dieser einzige Leib. Daß du ihn aber nicht ganzheitlich siehst und erkennst, das liegt an der Sünde, mit der du in diesem göttlichen großen Leib im toten Fleisch verschlossen liegst. Damit ist dir die Kraft der Gottheit verborgen, gleichwie das Mark in den Knochen dem Fleisch verborgen ist. Wenn du aber im Geist durch den Tod des Fleisches hindurchbrichst, dann siehst du den verborgenen Gott. Gleichwie das Mark in den Knochen durchbricht und dem Fleisch Kraft und Stärke gibt, aber das Fleisch das Mark nicht ergreifen kann, sondern nur seine Kraft, so kannst auch du die verborgene Gottheit im Fleisch nicht sehen, sondern empfängst nur ihre Kraft und erkennst darin, daß Gott in dir wohnt.

21.66. Denn das tote Fleisch gehört nicht in die Geburt des Lebens, so daß es das Leben des Lichtes eigentümlich empfange, sondern das Leben des Lichtes in Gott geht im toten Fleisch auf und gebiert sich aus dem toten Fleisch einen anderen himmlischen und lebendigen Leib, der das Licht erkennt und versteht.

21.67. Denn dieser (irdische) Leib ist nur eine Hülse, daraus der neue Leib wächst, wie es mit dem Weizenkorn in der Erde geschieht. Die Hülse aber wird nicht wieder auferstehen und lebendig werden, wie es auch am Weizen (mit der Spreu) nicht geschieht, sondern wird ewig im Tod und in der Hölle bleiben.

21.68. Darum trägt der Mensch hier auf Erden das ewige Wohnhaus des Teufels in seinem Leib mit sich. Du magst wohl damit glänzen, du schöne Göttin, und magst den Teufel derweil in die neue Geburt zu Gast einladen. Es wird dir viel Nutzen schaffen, doch schau zu, daß du nicht einen neuen Teufel gebierst, der in seinem eigenen Hause bleibt!

21.69. Schau das Geheimnis der Erde an, wie sie gebiert, und so mußt auch du gebären. Die Erde ist nicht der Leib, der herauswächst, sondern sie ist die Mutter dieses Leibes, wie auch dein Fleisch nicht der Geist ist, sondern das Fleisch ist die Mutter des Geistes.

21.70. Nun aber steht in beiden, in der Erde und auch in deinem Fleisch das Licht der klaren Gottheit verborgen und bricht hindurch und gebiert sich einen Leib nach entsprechender Art, dem Menschen nach seinem Leib und der Erde nach ihrem Leib. Denn wie die Mutter ist, so wird auch das Kind. Das Kind des Menschen ist die Seele, die durch die siderische Geburt aus dem Fleisch geboren wird. Und die Kinder der Erde sind Gras, Kraut, Bäume, Silber, Gold und allerlei Erze.

21.71. Nun fragst du vielleicht: „Wie soll ich mich denn in die Geburt der Erde schicken, so daß ich etwas verstehe?“ Siehe, die Geburt der Erde steht in ihrer Geburt in gleicher Weise wie die ganze Gottheit, und da ist gar kein Unterschied als nur die Verderbnis im Zorn, darin die Begreiflichkeit steht. Das allein ist der Unterschied zwischen Gott und der Erde und damit auch der Tod.

21.72. Du sollst wissen, daß alle sieben Geister Gottes in der Erde sind und wie im Himmel gebären, denn die Erde ist in Gott, und Gott ist nie gestorben, sondern nur die äußerste Geburt ist tot, in welcher der Zorn (potentiell) ruht, und die König Luzifer zu einem Haus des Todes und der Finsternis als ein ewiges Gefängnis vorbehalten ist.

Von den sieben Geistern Gottes und ihrer Wirkung in der Erde

21.73. Zuerst ist der herbe Geist, der in der siderischen Geburt der sieben Quellgeister in der Erde durch Anzündung der oberen Geburt über der Erde eine Masse zusammenzieht und diese mit seiner scharfen Kälte vertrocknet. Gleichwie er das Wasser zusammenzieht und Eis daraus macht, so zieht er auch das Wasser in der Erde zusammen und macht eine trockene Masse daraus.

21.74. Danach kommt der bittere Geist, der im Feuerblitz entsteht, wie auch in der Materie oder Masse. Der kann es nicht leiden (bzw. ertragen), daß er im Vertrockneten gefangen sei, sondern er reibt sich mit dem herben Geist in der vertrockneten Masse, bis er das Feuer anzündet. Wenn das geschieht, dann erschrickt der bittere Geist und bekommt sein Leben.

21.75. Hier verinnerliche es richtig: In der Erde kannst du außer den Kräutern oder Metallen nichts spüren noch finden als Herb, Bitter und Wasser. Nun ist aber das Wasser darin süß und den anderen zweien ganz zuwider.

21.76. So ist es auch dünn, und die anderen beiden sind hart, rauh und bitter, und so steht immer eines gegen das andere, so daß es ein stetiges Würgen, Kämpfen und Ringen gibt. Aber im Würgen dieser Drei steht noch nicht das Leben, sondern sie sind ein finsteres Tal, und sind drei Wesen, die sich niemals miteinander vertragen, denn es ist ein ewiges Würgen (und Wirken) unter ihnen.

21.77. Und davon hat die Beweglichkeit ihren Ursprung, aber auch Gottes Zorn, der im Verborgenen ruht. Und daraus entstand dann auch der Ursprung des Teufels, des Todes und der Hölle, wie du weiter vorn beim Fall des Teufels lesen kannst.

Die Tiefe im Zentrum der Geburt

21.78. Wenn sich nun die drei Qualitäten als Herb, Bitter und Süß so miteinander reiben, dann wird die herbe Qualität vorherrschend, denn sie ist die stärkste und zieht mit Gewalt die süße zusammen. Denn die süße ist sanft und ausdehnend wegen ihrer Weichheit und muß sich gefangengeben.

21.79. Wenn das geschieht, dann wird die bittere im Leib des süßen Wassers mit gefangen und mit eingetrocknet. Dann sind Herb, Süß und Bitter ineinander und würgen sich so streng in der vertrocknenden Masse, bis die Masse ganz trocken wird, denn die herbe Qualität zieht es immer trockener zusammen.

21.80. Wenn sich aber das süße Wasser nicht mehr wehren kann, dann steigt die Angst in ihm auf, gleichwie im Menschen, wenn er stirbt, weil sich der Geist vom Leib scheidet und sich der Leib dem Tod gefangengibt. So gibt sich auch das Wasser gefangen.

21.81. Und in diesem Angst-Aufsteigen gebiert sich eine Angst-Hitze, durch die ein Schweiß hervordringt, wie bei einem sterbenden Menschen. Und dieser Schweiß inqualiert mit der herben und bitteren Qualität, denn es ist ihr Sohn, den sie aus dem süßen Wasser geboren haben, als sie dieses ermordet und zu Tode gebracht hatten.

21.82. Wenn das nun geschieht, dann erfreuen sich die herbe und bittere Qualität am Sohn, das heißt, im Schweiß, und ein jeder gibt ihm seine Kraft und Leben, und sie füttern ihn fett wie ein hungriges Ferkel, so daß sie ihn bald großziehen. Denn die herbe Qualität, wie auch die bittere, ziehen immerfort den Saft aus der Erde und füllen ihn in den jungen Sohn.

21.83. Der Leib aber, der aus dem süßen Wasser zuerst zusammengezogen wurde, der bleibt abgestorben. Und so hat nun der Schweiß des Leibes, der mit der herben und bitteren Qualität inqualiert, das Haus inne und breitet sich dort aus und wird groß, fett und geil.

21.84. So können auch die zwei Qualitäten, nämlich die herbe und bittere, ihren Streit und Widerwillen nicht lassen, sondern ringen stets miteinander. Denn wie die herbe stark ist, so ist die bittere geschwind.

21.85. Wenn nun die herbe Qualität nach der bitteren greift, dann springt die bittere beiseite und nimmt des Sohnes Saft mit. Dann dringt ihr die herbe überall nach und will sie gefangennehmen, und so reißt dann die bittere im Leib aus und dehnt sich soweit sie kann.

21.86. Wenn dann der Leib zu eng wird, so daß sie ihn nicht mehr ausdehnen kann, und der bittere Streit zu groß, dann muß sich die bittere gefangengeben. Und doch kann die herbe die bittere nicht ermorden, sondern hält sie nur gefangen. Oder der Streit in ihnen wird so groß, daß die bittere schließlich aus dem Leib ausbricht und den Leib ihres Sohnes mitnimmt.

21.87. Dies ist nun das Wachstum und die Zusammenverkörperung oder Leibwerdung einer Wurzel, wie sie in der Erde entsteht.

21.88. Nun fragst du: „Wie kann in dieser Geburt Gott sein?“ Siehe, das ist die Geburt der Natur. Wenn nun in diesen drei Qualitäten von Herb, Bitter und Süß nicht das angezündete Zornfeuer wäre, dann könntest du wohl sehen, wo Gott wäre.

21.89. Nun ist aber das Zornfeuer in allen dreien, denn die Herbe ist viel zu kalt und zieht den Leib viel zu hart zusammen, entsprechend ist die Süße viel zu dick und finster, welche die herbe bald ergreift, gefangenhält und zu sehr vertrocknet, und die Bittere ist viel zu stachlig, mörderisch und wütend, und so können sie sich in dieser Sache nicht einig werden.

21.90. Wenn die herbe Qualität nicht so hart im kalten Feuer angezündet wäre, das Wasser nicht so dick und die bittere nicht so erheblich und mörderisch, dann könnten sie das Feuer anzünden, davon das Licht entstünde, und aus dem Licht die Liebe, und aus dem Feuerblitz der Ton. Dann würdest du wohl sehen, ob da nicht ein himmlischer Leib sein könnte, in dem das Licht Gottes scheinen würde.

21.91. Weil aber die herbe Qualität zu kalt ist und das Wasser zu sehr vertrocknet, so nimmt sie das hitzige Feuer in ihrer Kälte gefangen und ermordet den Leib des süßen Wassers. Und so nimmt sie auch die bittere gefangen und vertrocknet sie mit.

21.92. In dieser Vertrocknung wird nun das Fett im süßen Wasser getötet, in dem sich das Feuer anzündet, und so wird aus diesem Fett ein herber und bitterer Geist. Denn wenn das Fett im süßen Wasser abstirbt, dann verwandelt es sich in einen Angstschweiß, in dem die herbe und bittere Qualität inqualieren.

21.93. Das ist aber nicht so gemeint, daß das Wasser ganz abstirbt. Nein, das kann nicht sein, sondern der herbe Geist nimmt die Süßigkeit oder des Wassers Fettigkeit in seinem kalten Feuer gefangen und inqualiert damit und gebraucht es zu seinem Geist.

21.94. Denn sein Geist ist ganz erstarrt und im Tod, und so gebraucht er nun das Wasser zu seinem Leben, zieht ihm seine Fettigkeit heraus und nimmt ihm seine Macht.

21.95. Dann wird aus dem Wasser ein Angstschweiß, der zwischen Tod und Leben steht, und so kann sich das Feuer der Hitze nicht (zum Licht) anzünden. Denn das Fett wird im kalten Feuer gefangen und der ganze Leib bleibt ein finsteres Tal, steht in einer ängstlichen Geburt und kann das Leben nicht ergreifen.

21.96. Denn das Leben, das im Licht steht, kann sich im harten, bitteren und herben Leib nicht erheben, denn es ist im kalten Feuer gefangen, aber nicht ganz abgestorben.

21.97. Du kannst auch sehen, daß dies alles wahrhaftig ist: Nimm eine Wurzel, die der Hitze Qualität ist, und lege sie in warmes Wasser, oder nimm sie in den Mund und mache sie warm und feucht, dann wirst du bald ihr Leben sehen, ob sie operieren und wirken wird. Weil ihr aber die Hitze fehlt, so ist sie im Tod gefangen und bleibt kalt wie eine andere Wurzel oder Holz.

21.98. So siehst du wohl, daß der Leib der Wurzel tot ist, denn wenn die Kraft aus der Wurzel (herausgegangen) ist, dann ist der Leib ein totes Aas und kann nichts bewirken. Das geschieht nun, weil der herbe und bittere Geist den Leib des Wassers getötet und die Fettigkeit zu sich gezogen haben, um ihren eigenen Geist im toten Leib aufzuziehen.

21.99. Ansonsten, wenn das süße Wasser seine Fettigkeit in eigener Gewalt behalten könnte und sich der herbe und bittere Geist im süßen Wasser fein sanft miteinander reiben würden, dann zündeten sie das Fett im süßen Wasser an. Dann würde sich im Wasser sogleich das Licht gebären und die herbe und bittere Qualität erleuchten.

21.100. Davon würden sie ihr wahres Leben bekommen, sich am Licht begnügen lassen und sich darin hoch erfreuen. Von dieser lebendigen Freude ginge die Liebe auf, und im Blitzfeuer würde sich durch das Aufsteigen der bitteren Qualität in der herben der Ton erheben. Wenn das geschähe, dann wäre es eine himmlische Frucht, wie sie im Himmel aufgeht.

21.101. So sollst du wissen, daß die Erde alle sieben Quellgeister hat, denn durch die Anzündung des Teufels sind die Geister des Lebens mit in den Tod hineinverkörpert und gleichsam gefangen worden, aber nicht ermordet.

21.102. Die ersten drei, nämlich Herb, Süß und Bitter, gehören zur Bildung des Körpers, und darin steht die Beweglichkeit und der Leib. Diese haben nun die Begreiflichkeit und sind die Geburt der äußerlichen Natur.

21.103. Die weiteren drei, nämlich Hitze, Liebe und Ton, stehen in der Unbegreiflichkeit und werden aus den ersten dreien geboren. Und das ist nun die innerliche Geburt, mit der die Gottheit inqualiert.

21.104. Wenn nun die ersten drei nicht im Tod erstarrt wären, so daß sie die Hitze (zum Licht des göttlichen Bewußtseins) anzünden könnten, dann würdest du bald einen lichten und himmlischen Leib sehen, und würdest wohl sehen, wo Gott wäre.

21.105. Weil aber die ersten drei Qualitäten der Erde im Tod erstarrt sind, so bleiben sie auch ein Tod und können ihr Leben nicht ins Licht erheben, sondern bleiben ein finsteres Tal, in dem Gottes Zorn, der Tod und die Hölle stehen, sowie auch das ewige Gefängnis und die Qual des Teufels.

21.106. Doch diese drei Qualitäten von der äußerlichen Geburt, in der das Zornfeuer steht, sind nicht bis auf die innerste Geburt verworfen, sondern nur der äußerlich begreifbare Leib, und darin ist die äußerliche höllische Qual.

21.107. Hier siehst du nun abermals, wie das Reich Gottes und das Reich der Hölle aneinanderhängen wie ein Leib, und doch eines das andere nicht begreifen kann. Denn die andere Geburt, nämlich durch Hitze, Licht, Liebe und Schall, ist in der äußersten verborgen und macht die äußerliche beweglich, so daß sich die äußerliche zusammenrafft und einen Leib gebiert.

21.108. Obwohl nun der Leib in der äußerlichen Begreiflichkeit steht, so wird er doch nach der Art der inneren Geburt formiert, denn in der inneren Geburt steht das Wort, und das Wort ist der Schall, der im Feuerblitz im Licht durch die bittere und herbe Qualität aufgeht.

21.109. Weil aber der Schall des göttlichen Wortes durch den herben und bitteren Tod aufgehen und im halbtoten Wasser einen Leib gebären muß, so wird dieser Leib auch bös- und gutartig, tot und lebendig, denn er muß den Saft der Grimmigkeit und den Leib des Todes bald an sich ziehen und in solchem Leib und Kraft stehen, wie die Erde, seine Mutter.

21.110. Daß aber das Leben unter und in dem Tod der Erde verborgen liege, sowie auch in den Kindern der Erde, will ich nun beweisen.

21.111. Siehe, der Mensch wird siech und krank, und wenn ihm nicht geholfen wird, dann fällt er sogar in den Tod, wie durch ein bitteres und herbes Kraut, das aus der Erde wächst, oder wie durch ein bösartig tödliches Wasser mit mancherlei Kraut der Erde, oder wie durch ein bösartiges (verdorbenes) Fleisch oder Ekel desselben.

21.112. Wenn nun aber ein kluger Arzt kommt und vom Kranken erforscht, wovon ihm der Schaden entstanden ist, und nimmt diese Ursache der Krankheit, sei es Fleisch, Kraut oder Wasser, und destilliert oder brennt es zu Pulver, je nachdem, wie die wirkende Materie ist, und brennt ihr den äußerlichen Geist ab, der im Tod steht, dann bleibt danach im Wasser oder Pulver die siderische Geburt in ihrem Wohnsitz, wo Leben und Tod miteinander ringen, und beide sind erheblich (bzw. heilsam), denn der tote Leib ist weg.

21.113. Wenn du nun unter dieses Wasser oder Pulver noch einen guten Theriak oder dergleichen Dinge (als Schmerzmittel) mischst, die das Aufsteigen und die Macht des Grimmes in der siderischen Geburt gefangenhalten, und gibst es dem Kranken in einem leicht warmen Getränk, sei es Bier oder Wein, dann operiert (und wirkt) die innerste oder verborgene Geburt des Dinges, das dem Menschen die Krankheit durch seine äußerliche tote Geburt zugefügt hat.

21.114. Denn wenn es in die warme Feuchtigkeit getan wird, dann wird das Leben in dem Ding aufsteigend und wollte sich gern erheben und im Licht anzünden. Das kann es aber wegen des Grimmes nicht, der ihm in der siderischen Geburt entgegensteht.

21.115. Aber soviel kann es, daß es dem Menschen die Krankheit nimmt, denn das siderische Leben geht durch den Tod auf und nimmt dem Stachel des Todes seine Gewalt. Wenn es nun siegt, dann wird der Mensch wieder gesund. (Diese Beschreibung erinnert an homöopathische Heilmittel, wie sie heute noch verwendet werden.)

21.116. So siehst du, wie die Kraft des Wortes und ewigen Lebens in der Erde und ihren Kindern im Zentrum im Tod verborgen liegt und durch den Tod grünt, dem Tod unbegreiflich, und ängstigt sich (und strebt) immer zur Geburt des Lichtes, aber kann doch nicht blühen, bis der Tod von ihr geschieden wird.

21.117. Es hat aber in seinem Wohnsitz sein Leben, und das kann ihm nicht genommen werden. Aber in der äußerlichen Geburt hängt ihm der Tod an, sowie auch der Zorn im Tod, denn der Zorn ist des Todes und Teufels Leben (bzw. Wirken), und im Zorn steht auch das körperliche Wesen oder die Leiblichkeit der Teufel, denn diese tote Geburt ist ihr ewiges Wohnhaus.

Die Tiefe im Kreis der Geburt

21.118. Nun könnte einer fragen: „Welche Substanz und Angelegenheit hat es, daß die siderische (natürlich-körperliche) Geburt der Erde ihr Qualifizieren und Gebären (der Pflanzen) einen Tag eher angefangen hat als die siderische (Geburt der Sterne und Planeten am 4. Schöpfungstag) in der Tiefe über der Erde? Zumal doch das Feuer in der Tiefe über der Erde viel schärfer und entzündlicher ist als das Feuer in der Erde. Und auch die Erde muß von dem Feuer in der Tiefe über der Erde angezündet werden, wenn sie Frucht gebären soll.“ Siehe, du verständiger Geist, mit dir redet der (sehende) Geist und nicht mit dem toten Geist des Fleisches. Öffne weit die Tür deiner siderischen Geburt und erhebe den Teil der siderischen Geburt ins Licht, und laß den anderen Teil im Zorn stehen, und schau auch zu, daß deine ganze seelische Geburt mit dem Licht inqualiere.

21.119. Wenn du dann in solcher Form stehst, dann bist du wie Himmel und Erde oder wie die ganze Gottheit mit allen Geburten in dieser Welt. Falls du nicht so bist, dann bist du hier noch blind, auch wenn du der klügste Doktor wärst, der in der Welt gefunden werden kann.

21.120. Dann erhebe deinen Geist und erkenne: Durch deine astrologische Kunst, tiefes Sinnen und Zirkelmessen kannst du es auch nicht ergreifen. Es muß nur in dir geboren werden, sonst begreift es weder Gunst noch Kunst.

21.121. Sollen dir die Augen des Geistes offenstehen, dann mußt du so gebären, sonst ist deine Begreiflichkeit eine Närrin und es geschieht dir, als wenn dir ein Maler die Gottheit auf einen Grabstein malt und sagt, er habe es richtig gemalt, sie sei genau so. So geschieht es dem Glaubenden und dem Maler, einem wie dem anderen, aber sie sehen doch alle beide nichts als Stein und Farbe, und so führt ein Blinder den anderen. Wahrlich, du mußt hier nicht mit Tieren, sondern mit Göttern kämpfen.

21.122. Nun erkenne: Als sich die ganze Gottheit in dieser Welt zur Schöpfung bewegte, da bewegte sich nicht nur ein Teil und der andere ruhte, sondern es stand alles zugleich in der Beweglichkeit, die ganze Tiefe, soweit wie Herr Luzifer ein König gewesen war und soweit wie sein Königreich reichte und soweit wie der Salpeter im Zornfeuer angezündet war.

21.123. Die Bewegung der drei Geburten währte sechs Tages- und Nachtlängen, in denen alle sieben Geister Gottes in voller bewegender Geburt standen, sowie auch das Herz der Geister, und in dieser Zeit drehte sich der Salpeter der Erde sechsmal im großen Rad herum. Dieses Rad sind die sieben Quellgeister Gottes, und in jeder Umdrehung wurde ein besonderes Geschöpf entsprechend den innerlichen Quellgeistern geboren.

21.124. Denn der erste Quellgeist ist die herbe, kalte, scharfe und harte Geburt. Und der gehört zum ersten Tag. In der siderischen Geburt nennen es die Astrologen die saturnalische (dem Saturn zugehörig, siehe Kapitel 26), die am ersten Tag verrichtet worden war.

21.125. Denn da war die harte, derbe und scharfe Erde mit den Steinen entstanden, und sie wurden zusammenverkörpert. Dazu wurde auch die starke Feste des Himmels geboren, die das Herz der sieben Geister ist, das in der harten Schärfe verborgen stand.

21.126. Den zweiten Tag ordnen die Astrologen der Sonne zu. Er gehört aber dem Jupiter, um astrologisch zu reden, denn am zweiten Tag ist das Licht aus dem Herzen der sieben Quellgeister durch die harte Qualität des Himmels durchgebrochen und hat eine Besänftigung im harten Wasser des Himmels bewirkt, und so ist das Licht in der Sanftmut scheinend geworden.

21.127. Da haben sich die Sanftmut und das harte Wasser voneinander geschieden, und das Harte ist in seinem harten Wohnsitz als ein harter Tod geblieben, und das Sanfte ist in der Kraft des Lichtes durch das Harte hindurchgebrochen.

21.128. Und das ist nun das Wasser des Lebens, das im Licht Gottes aus dem harten Tod geboren wird. Und so ist das Licht Gottes im süßen Wasser des Himmels durch den herben und harten finsteren Tod hindurchgebrochen, und so wurde der Himmel aus dem Mittel des Wassers gemacht.

21.129. Die harte Feste ist die herbe Qualität, und die weiche Feste ist das Wasser, in dem das Licht des Lebens aufgeht, das die Klarheit des göttlichen Sohnes ist.

21.130. Und in solcher Form geht auch die Erkenntnis und das Licht des Lebens im Menschen auf, und in solcher Form, Geburt und Aufgehen steht das ganze Licht Gottes in dieser Welt.

21.131. Der dritte Tag wird zurecht dem Mars zugeeignet, weil dieser bitter ist und ein wütender und bewegender Geist. So hat sich in der dritten Umdrehung der Erde die bittere Qualität mit der herben gerieben.

21.132. Verstehe dieses Hohe richtig: Als das Licht im süßen Wasser durch den herben Geist hindurchgedrungen war, ist der Feuerblitz oder Schreck des Lichtes, das sich im Wasser angezündet hat, in der herben und harten toten Qualität aufgegangen und hat alles rege (und beweglich) gemacht, und davon ist die Beweglichkeit entstanden.

21.133. Nun rede ich hier nicht allein vom Himmel über der Erde, sondern diese Regung und Geburt ist zugleich in der Erde und überall gewesen.

21.134. Denn wie die himmlischen Früchte vor der Zeit des Zorns nur in dieser Regung der Quellgeister aufgegangen sind und auch durch ihre Regung wieder vergingen oder sich verändert haben, so sind sie auch am dritten Tag der Schöpfungsgeburt durch die Regung des Feuerblitzes in der herben Qualität der Erde aufgegangen.

21.135. Doch obwohl die ganze Gottheit im Zentrum der Erde verborgen ist, so hat doch die Erde keine himmlischen Früchte gebären können, weil der herbe Geist den harten Riegel des Todes vorgeschoben hat, so daß das Herz der Gottheit in allen Geburten in ihrem sanften und lichten Himmel verborgen blieb.

21.136. Denn die äußerliche Geburt ist die Natur, und ihr gebührt es nicht, daß sie zurück in das Herz Gottes greife. Sie kann es auch nicht, sondern ist der Leib, in dem sich die Quellgeister gebären und durch ihre Geburt mit ihrer Frucht zeigen und auswirken.

21.137. Darum hat die Erde am dritten Tag zu grünen angefangen, als die Quellgeister im Schreck des Wortes oder Feuerblitz standen.


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