Aurora oder Morgenröte im Aufgang

(Text von Jacob Böhme von 1612, deutsche Überarbeitung 2021)

4. Kapitel - Die Schöpfung der heiligen Engel

Von Erschaffung der heiligen Engel: Eine Anweisung oder offene Pforte des Himmels.

4.1. Die Gelehrten und fast alle Schriftsteller haben viel und große Bekümmernis, Nachforschen, Dichten und Trachten in der Natur gehabt, auch viel und mancherlei Meinung hervorgebracht, wann und wie oder woraus doch die heiligen Engel geschaffen wurden, oder auch, was der schreckliche Fall des Großfürsten Luzifer gewesen sei, oder wie er so ein böser und grimmiger Teufel geworden ist, und wo doch so ein böser Quell herrühre oder was ihn dazu getrieben habe.

4.2. Obwohl dieser Grund wie ein großes Geheimnis vor der Welt lange verborgen geblieben war und auch menschliches Fleisch und Blut solches nicht erfassen oder begreifen kann, so will sich doch der Gott, der diese Welt gemacht hat, jetzt am Ende offenbaren. Und so werden alle großen Geheimnisse offenbar werden, um anzuzeigen, daß der große Tag der Offenbarung und des endlichen Gerichts nun nahe und täglich zu erwarten sei, an dem wiedergebracht werden wird, was durch Adam verlorenging, und an dem sich in dieser Welt das Reich der Himmel und das Reich der Teufel scheiden (bzw. entscheiden) wird.

4.3. Dies alles, wie es beschaffen ist, will Gott in höchster Einfalt offenbaren, dem niemand widerstehen kann. Und so sollte ein jeder seine Augen emporheben, weil sich seine Erlösung naht, und nicht nach schändlichem Geiz, Stolz und üppigem Prassen und Prangen trachten und vermeinen, es sei hier das beste Leben, obwohl er doch in seinem Übermut mitten in der Hölle sitzt, um Luzifer zu hüten, welches er bald mit großen Schrecken, Angst und ewiger Verzweiflung unter Spott und Schande erkennen muß. Dessen hat man ein schreckliches Beispiel an solchen Teufeln, welche die schönsten Engel im Himmel waren, wie ich im Folgenden beschreiben und offenbaren will. Dazu lasse ich Gott walten, denn ich kann ihm nicht widerstehen.

Von der göttlichen Qualität

4.4. Wie du nun im dritten Kapitel gründlich von der Dreiheit im göttlichen Wesen vernommen hast, so will ich hier klar und deutlich deren Kraft und Wirkung aufzeigen, wie auch deren Qualitäten oder Qualifizierung im göttlichen Wesen, oder woraus eigentlich die Engel geschaffen sind oder was ihr körperliches Wesen und ihre Kraft sei.

4.5. Ich habe ja bereits erklärt, daß in Gott dem Vater alle Kraft sei, die kein Mensch mit seinen Sinnen erreichen kann. Allein an den Sternen und Elementen, sowohl an den Kreaturen im ganzen Geschöpf dieser Welt erkennt man das klar.

4.6. Alle Kraft ist in Gott dem Vater, und sie geht von ihm aus als Licht, Hitze, Kälte, Weich, Süß, Bitter, Sauer, Herb, Schall und was unmöglich zu reden oder zu begreifen ist. Sie alle sind in Gott dem Vater ineinander wie eine einzige Kraft, und doch bewegen sich alle Kräfte in ihrem Ausgang (bzw. ihrer Wirkung). Die Kräfte in Gott sind aber nicht auf eine solche Art und Weise qualifizierend, wie in der Natur in den Sternen und Elementen oder sonstigen Kreaturen.

4.7. Nein, so solltest du nicht denken, denn die Kräfte der unreinen Natur hat Herr Luzifer in seiner Erhebung so brennend, bitter, kalt, herb, sauer, finster und unrein gemacht. Aber im Vater sind alle Kräfte lind, weich und gleich dem Himmel ganz freudenreich, denn alle Kräfte triumphieren ineinander und ihr Schall steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit. Darin ist nichts als Liebe, Sanftmut, Barmherzigkeit und Freundlichkeit, eine so triumphierende und aufsteigende Freudenquelle, aus der alle Stimmen des himmlischen Freudenreichs ausgehen, was kein Mensch sagen und auch mit nichts vergleichbar ist. Wenn man es aber vergleichen will, dann kann man es nur mit der Seele des Menschen vergleichen, wenn diese vom Heiligen Geist entzündet (und erleuchtet) wird, dann ist sie ebenso freudenreich und triumphierend. Denn alle Kräfte steigen in ihr auf und triumphieren, so daß sie den tierischen Leib erheben, daß er zittert. Das ist ein wahrhafter Anblick der göttlichen Qualität, wie die Qualität in Gott ist, denn in Gott ist alles Geist.

4.8. Auch die Qualität des Wassers ist nicht auf solche wäßrige und qualifizierende Art und Weise in Gott wie in dieser Welt, sondern es ist ein Geist, ganz hell und dünn, in welcher der Heilige Geist aufsteigt, wie eine Kraft. Die bittere Qualität qualifiziert in der süßen und herb-sauren, und die Liebe steigt darin auf von Ewigkeit zu Ewigkeit. Denn die Liebe im Licht der Klarheit geht aus dem Herzen oder Sohn Gottes in alle Kräfte des Vaters, und der Heilige Geist wallt in Allem.

4.9. Und dies ist in der Tiefe des Vaters wie ein göttlicher Salpeter (Salniter, die göttliche Kraft zur Kristallisation), den ich notgedrungen mit der Erde vergleichen muß, die vor ihrer Verderbnis ein solcher Salpeter gewesen war, aber nicht so hart, kalt, bitter, sauer und finster, sondern gleich der Tiefe (des Raumes) oder dem Himmel, ganz hell und rein, darin alle Kräfte gut, schön und himmlisch gewesen waren. Aber Fürst Luzifer hat es so verdorben, wie noch folgen wird.

4.10. Dieser himmlische Salpeter der Kräfte ineinander gebiert himmlische freudenreiche Früchte und Farben durch allerlei Bäume und Stauden, an denen die schöne und liebliche Frucht des Lebens wächst. Und so gehen in diesen Kräften auch allerlei Blüten mit schönen himmlischen Farben und Düften auf. Auch ihr Geschmack ist vielfältig, ein jedes nach seiner Qualität und Art, ganz heilig, göttlich und freudenreich. Denn jede Qualität trägt ihre Frucht, wie auch in der verdorbenen Mordgrube im finsteren Tal der Erde allerlei irdische Bäume, Stauden, Blüten und Früchte aufgehen, dazu in der Erde schöne Gesteine, Silber und Gold: Das ist alles ein Abbild der himmlischen Gebärung.

4.11. Denn die Natur arbeitet mit höchstem Fleiß an der verdorbenen und toten Erde, damit sie himmlische Form und Art gebären könne, aber sie gebärt tote, finstere und harte Früchte, die nicht mehr als nur ein Abbild der himmlischen sind. Dazu sind sie ganz grimmig, bitter, sauer, herb, hitzig, kalt, hart und böse, und kaum ein guter Funke ist darin. Ihr Saft und Geist ist mit der höllischen Qualität vermischt, und ihr Geruch ist ein Gestank. So hat sie Herr Luzifer zugerichtet, wie ich noch klar beweisen will.

4.12. Wenn ich nun von (himmlischen) Bäumen, Stauden und Früchten schreibe, dann darfst du es nicht irdisch, gleich dieser Welt verstehen. Denn es ist nicht meine Meinung, daß im Himmel ein toter, harter Stein oder hölzerner Baum wachse, der in irdischer Qualität besteht. Nein, sondern ich meine es himmlisch und geistig, aber doch wahrhaftig und eigentlich so. Ich meine also nichts anderes, als wie ich es in Buchstaben setze.

4.13. In der göttlichen Pracht sind vornehmlich zwei Dinge zu betrachten: Erstlich der Salpeter oder die göttlichen Kräfte (zur Kristallisation), die eine bewegende, quellende Kraft sind. In dieser Kraft wächst hervor und gebärt sich die Frucht nach jeder Qualität und Art als himmlische Bäume und Stauden, die ohne Aufhören ihre Frucht tragen, schön blühen und in göttlicher Kraft so freudenreich wachsen, daß ich das nicht sagen oder beschreiben kann. Sondern ich stammle daran wie ein Kind, das da reden lernt, und kann es nicht richtig benennen, wie es der (sehende) Geist zu erkennen gibt.

4.14. Die zweite Gestaltung des Himmels in der göttlichen Pracht ist der Mercurius (das Quecksilber oder „lebendige Silber“) oder der Schall, gleichwie im Salpeter der Erde der Schall ist, daraus Gold, Silber, Kupfer, Eisen und dergleichen wachsen. Und daraus kann man allerlei Instrumente machen zum Schallen oder zur Freude, wie Glocken, Pfeifen und alles, was da schallt. So ist auch dieser Schall in allen Kreaturen auf Erden, denn sonst wäre alles still.

4.15. So werden nun durch diesen Schall (bzw. Echo oder reflektierendes Bewußtsein) im Himmel alle Kräfte bewegt, so daß alles freudenreich wächst und sich ganz zierlich gebiert. Wie nun die göttlichen Kräfte vielfältig und mancherlei sind, so ist auch der Schall oder Mercurius vielfältig und mancherlei. Wenn nun die Kräfte in Gott aufsteigen, dann regt eine die andere und sie wallen ineinander. So ist ein stetiges Vermischen, so daß daraus allerlei Farben ausgehen, und in diesen Farben wächst allerlei Frucht. Diese geht im Salpeter auf, und der Mercurius oder Schall vermengt sich damit und steigt in allen Kräften des Vaters auf, so daß ein Tönen und Schallen im himmlischen Freudenreich hervorgeht. Wenn du in dieser Welt viele tausenderlei Instrumente und Saitenspiel zusammenbrächtest und zögest sie alle aufs künstlerischste ineinander und hättest die allerbesten Meister dazu, die sie betrieben, dann wäre es doch nur wie ein Hundegebell gegenüber der göttlichen Musik, die durch den göttlichen Schall von Ewigkeit zu Ewigkeit hervorgeht.

4.16. Wenn du nun diese himmlische und göttliche Pracht und Herrlichkeit betrachten willst, wie sie sei und was für Gewächs, Lust oder Freude darin ist, dann schau mit Fleiß diese Welt an, was für Früchte und Gewächse aus dem Salpeter der Erde wachsen, von Bäumen, Stauden, Wurzeln und Blüten, wie Öl, Wein, Getreide und alles, was da ist und dein Herz nur erforschen kann: Das ist alles ein Abbild der himmlischen Pracht.

4.17. Denn die irdische und verdorbene Natur hat vom Anfang ihrer Schöpfung bis heute immer daran gearbeitet, daß sie himmlische Form hervorbringen könne, sowohl in der Erde als auch in Menschen und Tieren. Das sieht man auch daran, wie alle Jahre neue Künste hervorgehen, und das ging von Anfang an bis heute. Aber sie hat keine göttliche Kraft und Qualität hervorbringen können, und darum ist auch ihre Frucht halbtot, verdorben und unrein.

4.18. Du solltest aber nicht denken, daß in der göttlichen Pracht Tiere, Würmer oder Kreaturen im Fleisch hervorgehen wie in dieser Welt. Nein, sondern ich meine allein die wunderbare Proportion, Kraft und Geschicklichkeit in ihnen, darin die Natur mit höchstem Fleiß arbeitet, daß sie in ihrer Kraft himmlische Bildungen oder Formen hervorbringen könne, wie man auch an Menschen, Tieren, Vögeln und Würmern, sowie an den Gewächsen der Erde sieht, wie sich alles aufs künstlerischste gebärdet. Denn die Natur wäre gern die Eitelkeit los, so daß sie himmlische Form in heiliger Kraft gebären könnte.

4.19. Denn auch in der göttlichen Pracht gehen allerlei Gewächse von Bäumen, Stauden und allerlei Frucht hervor, und ein jedes trägt seine Frucht, aber nicht nach irdischer Qualität und Art, sondern in göttlicher Qualität, Form und Art.

4.20. Die Früchte sind kein totes, hartes, bitteres, saures und herbes Aas, das verfault und zu einem Gestank wird, wie in dieser Welt, sondern alles steht in heiliger und göttlicher Kraft. Denn ihre Zusammenfügung ist aus göttlicher Kraft, aus dem Salpeter und Mercurius der göttlichen Pracht, eine Speise der Heiligen Engel.

4.21. Wenn es der greuliche (Sünden-) Fall des Menschen nicht verdorben hätte, dann wäre er auch in dieser Welt auf eine solche Weise zu Gast gegangen und hätte von solchen Früchten gegessen, wie sie ihm im Paradies beiderlei vorgestellt wurden. Aber die infizierte Lust und Sucht des Teufels, der den Salpeter (als göttliche Kristallisationskraft) infiziert und verdorben hatte, daraus Adam gemacht wurde, brachte den Menschen in bösartige Lust, um von beiden Qualitäten des Bösen und Guten zu essen, davon ich später noch klarer schreiben und solches auch beweisen will.

Von der Erschaffung der Engel

4.22. Es zeigt und weist der (sehende) Geist hell und klar, daß vor der Erschaffung der Engel das göttliche Wesen mit seinem Aufsteigen und Qualifizieren seit Ewigkeit gewesen ist und in der Schöpfung der Engel auch geblieben war, wie es noch bis heute ist, und so wird es auch in Ewigkeit bleiben.

4.23. Das Reich oder der Ort und Raum dieser Welt samt dem kreatürlichen Himmel, den wir mit unseren Augen sehen, sowohl der Ort der Erde und das Reich der Sterne samt der Tiefe (des Raumes), war eine solche Form gewesen, wie es noch heute über den Himmeln in der göttlichen Pracht ist.

4.24. Aber es entstand durch die Erschaffung der Engel auch das Königreich des Großfürsten Luzifer, denn er hat mit seiner stolzen Erhebung (bzw. Überheblichkeit) in seinem Königreich die Qualitäten oder den göttlichen Salpeter, aus dem er gemacht war, angezündet und brennend gemacht.

4.25. Er vermeinte damit, über den Sohn Gottes höchst lichtvoll und qualifizierend zu werden, aber wurde ein Narr (ein Unwissender). Darum konnte dieses Reich in seiner (leidenschaftlich) brennenden Qualität in Gott nicht bestehen, so daß daraufhin die Schöpfung dieser Welt erfolgte. Aber am Ende wird diese Welt in von Gott bestimmter Zeit wieder in ihr ursprüngliches Reich gesetzt werden, wie es vor der Erschaffung der Engel war, und Herr Luzifer wird eine Höhle, Gruft oder Loch zu seiner ewigen Behausung darin bekommen und ewig in seiner angezündeten Qualität bleiben. Das wird eine ewige Schandwohnung sein, ein wüstes und finsteres Tal, und eine Höhle der Grimmigkeit.

4.26. Nun erkenne: Gott hat in seinem Wallen die heiligen Engel alle auf einmal geschaffen, nicht aus fremder Materie, sondern aus sich selbst, aus seiner Kraft und ewigen Weisheit. Manche Philosophen hatten die Meinung, daß Gott die Engel nur aus dem Licht gemacht habe. Aber sie irrten sich, denn sie sind nicht allein aus dem Licht gemacht, sondern aus allen Kräften Gottes.

4.27. Wie ich bereits dargestellt habe, sind in der Tiefe Gottes des Vaters besonders zwei Wesen zu erkennen: Erstlich die Kraft oder alle Kräfte von Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, die lieblich, wonniglich und vielfältig sind, aber doch alle ineinander wie eine einzige Kraft bestehen.

4.28. Gleichwie in der Luft die Kraft aller Sterne regiert, so auch in Gott. Und so zeigt sich auch in Gott jede Kraft mit ihrer Wirkung im Besonderen. Entsprechend ist der Schall in jeder Kraft, und der Schall ertönt nach der Qualität jeder Kraft, und darin besteht das ganze himmlische Freudenreich. Aus diesem göttlichen Salpeter und Mercurius sind auch alle Engel gemacht worden, das heißt, aus dem Leib der Natur.

4.29. Nun könntest du aber fragen: „Wie sind sie gemacht oder geboren? Und was ist das für eine Form?“ Ja, wenn ich eine Engelszunge hätte und du einen Engelsverstand, dann könnten wir wohl besser davon reden, aber so sieht es nur der Geist, und die Zunge kann es nicht ausdrücken, denn ich kenne keine anderen Worte als die Worte dieser Welt. Wenn aber der Heilige Geist in dir ist, dann wird es deine Seele wohl begreifen.

4.30. Siehe, die ganze Heilige Dreifaltigkeit hat mit ihrem Wallen ein körperliches Wesen oder Bild aus sich zusammengebildet, gleich einem kleinen Gott, aber nicht so hart ausgehend (und materiell schöpferisch) wie die ganze Heilige Dreiheit (Trinität), doch einigermaßen nach der Größe der Kreaturen.

4.31. In Gott ist kein Anfang noch Ende. Die Engel aber haben einen Anfang und ein Ende, aber nicht abmeßbar oder begreifbar, denn ein Engel kann mal groß und mal klein sein, und ihre geschwinde Veränderung geschieht so schnell, wie die Gedanken der Menschen. So sind alle Qualitäten und Kräfte in einem Engel wie in der ganzen Gottheit.

4.32. Du solltest dies aber recht verstehen: Sie sind aus dem Salpeter und Mercurius gemacht und zusammengebildet, das heißt, aus dem Ausgang (der schöpferischen Wirkung). Siehe ein Gleichnis: Aus der Sonne und den Sternen gehen die Elemente aus, und diese bewirken im Salpeter der Erde einen lebendigen Geist, aber die Sterne bleiben an ihrem Umkreis, und der Geist bekommt trotzdem die Qualität der Sterne.

4.33. Nun ist aber der Geist nach seiner Zusammenfügung etwas Besonderes und hat eine Substanz wie alle Sterne, und auch die Sterne sind und bleiben etwas Besonderes, und so ist ein jedes für sich frei. Aber nichts desto weniger herrscht die Qualität der Sterne im Geist, aber der Geist kann und mag sich in seinen Qualitäten erheben oder senken, oder mag unter den Einflüssen der Sterne leben, wie er will, denn er ist frei, weil er seine Qualitäten, die er in sich besitzt, zum Eigentum bekommen hat.

4.34. Auch wenn er sie anfänglich von den Sternen hat, so sind sie doch nun sein, gleichsam wie die Mutter den Samen in sich hat. Denn solange sie diesen besitzt, und solange es ein Samen ist, so gehört er der Mutter. Wenn aber ein Kind daraus wird, dann gehört er nicht mehr der Mutter, sondern ist des Kindes Eigentum. Und obwohl das Kind im Haus der Mutter lebt, und die Mutter es von ihrer Speise ernährt, und das Kind ohne die Mutter nicht leben könnte, so ist doch der Leib und der Geist, der aus dem Samen in der Mutter gezeugt wurde, sein Eigentum und behält sein körperlich Recht für sich.

4.35. In gleicher Weise haben auch die Engel eine Gestalt. Sie sind auch alle aus dem göttlichen Samen zusammengebildet worden, aber nun hat jeder von ihnen den Körper für sich. Und wenn sie auch in Gottes Haus leben und die Frucht ihrer Mutter essen, aus der sie geworden sind, so ist doch nun ihr Körper ihr Eigentum.

4.36. Aber die Qualität außerhalb von ihnen oder ihrem Körper, wie ihre Mutter, ist nicht ihr Eigentum. Gleichwie auch die Mutter nicht des Kindes Eigentum ist, und auch die Speise der Mutter nicht des Kindes Eigentum ist, sondern die Mutter gibt ihm diese aus Liebe, weil sie das Kind geboren hat.

4.37. So kann sie das Kind auch wohl aus ihrem Haus verstoßen, wenn es ihr nicht folgen will, und kann ihm ihre Speise entziehen, welches auch dem Fürstentum Luzifers so widerfahren ist.

4.38. Auf diese Weise kann Gott seine göttliche Kraft, die über den Engeln ist, wenn sie sich gegen ihn erheben, entziehen. Wenn das aber geschieht, dann muß ein Geist verschmachten und verderben, gleichsam als würde einem Menschen die Luft entzogen, die auch seine Mutter ist, so daß er sterben muß. Deshalb können auch die Engel ohne ihre Mutter (der Natur) nicht leben.


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