Aurora oder Morgenröte im Aufgang

(Text von Jacob Böhme von 1612, deutsche Überarbeitung 2021)

2. Kapitel - Die Betrachtung des göttlichen Wesens

Eine Anleitung, wie man das göttliche und natürliche Wesen betrachten soll.

2.1. Dies alles, wie oben erzählt wurde, heißt darum „Qualität“, weil alles in der Tiefe (im Raum) über der Erde, auf der Erde und in der Erde ineinander qualifiziert (und wechselwirkt) wie ein einziges Wesen, und hat doch mancherlei Kraft und Wirkung, aber ist nur eine Mutter, daraus alles Dingliche herkommt und quillt. So sind alle Kreaturen aus diesen Qualitäten gemacht und hergekommen und leben darin wie in ihrer Mutter. Auch die Erde und Steine haben daraus ihr Herkommen, und alles, was aus der Erde wächst, das lebt und quillt aus der Kraft dieser Qualitäten. Das kann kein verständiger Mensch verneinen.

2.2. Und dieser zweifache Quell von Böse und Gut in allen Dingen, rührt in allem aus den Sternen her. Denn wie die Kreaturen auf der Erde in ihrer Qualität sind, so sind auch die Sterne. Und durch diesen zweifachen Quell hat alles seine große Beweglichkeit, Laufen, Rennen, Quellen, Treiben und Wachsen.

2.3. Denn die Sanftmut in der Natur ist (nur) eine stille Ruhe, aber die Grimmigkeit in allen Kräften macht alles beweglich, laufend und rennend, wie auch gebärend. Denn die treibenden Qualitäten bringen die Lust zum Guten und zum Bösen in alle Kreaturen, so daß sich alles untereinander begehrt und vermischt, zunimmt und abnimmt, schön wird und verdirbt, liebt und anfeindet.

2.4. So ist in allen Kreaturen dieser Welt ein guter und böser Wille und Quell, in Menschen, Tieren, Vögeln, Fischen und Würmern, wie auch in allem, was da besteht, in Gold, Silber, Zinn, Kupfer, Eisen, Stahl, Holz, Kraut, Laub und Gras, sowie in der Erde, in Steinen, im Wasser und in allem, was man erforschen kann.

2.5. Es gibt nichts in der Natur, in dem nicht Gutes und Böses ist. Es wallt und lebt alles in diesem zweifachen Trieb, es sei, was es wolle, ausgenommen die heiligen Engel und die grimmigen Teufel, denn diese sind entschieden, und so lebt, qualifiziert und herrscht ein jeglicher nur in seiner eigenen Qualität: Die heiligen Engel leben und qualifizieren im Licht in der guten Qualität, darin der Heilige Geist herrscht. Die Teufel leben und herrschen in der grimmigen Qualität, in der Qualität des Grimms und Zorns oder Verderbens.

2.6. Aber beide, böse und gute Engel sind aus den Qualitäten der Natur gemacht worden, aus der alle Dinge geworden sind, nur die Qualifizierung ist in ihnen unterschiedlich.

2.7. Die heiligen Engel leben in der Kraft der Sanftmut des Lichtes und des Freudenreichs, und die Teufel leben in der Kraft der aufsteigenden oder überheblichen Qual der Grimmigkeit, dem Erschrecken und der Finsternis, denn sie können das Licht nicht ergreifen. Und in diese Finsternis haben sie sich durch ihre (überheblich-stolze) Erhebung selber gestoßen, wie ich später über die Schöpfung noch beschreiben will.

2.8. Wenn du aber nicht glauben willst, daß in dieser Welt alles von den Sternen herrührt, dann will ich es dir beweisen. Falls du kein Klotz ohne Verstand bist, dann erkenne es wie folgt:

2.9. Erstlich betrachte die Sonne, denn sie ist das Herz oder der König aller Sterne und gibt allen Sternen (bzw. Planeten) ihr Licht vom Aufgang bis zum Untergang, und sie erleuchtet alles und erwärmt alles, was lebt und in ihrer Kraft wächst. Entsprechend steht auch die Freude aller Kreaturen in ihrer Kraft.

2.10. Wenn nun dieselbe weggenommen würde, dann würde es ganz finster und kalt, auch wüchse dann keine Frucht mehr, und so würden sich weder Menschen noch Tiere vermehren können, denn die Hitze würde verlöschen und der Samen in allen kalt und erstarrt.

Von der Qualität der Sonne und Sterne

2.11. Willst du ein Philosoph und Naturkundiger sein, um Gottes Wesen in der Natur zu erforschen, wie dies alles beschaffen sei, dann bitte Gott um seinen Heiligen Geist, damit er dich mit ihm erleuchten kann.

2.12. Denn in deinem Fleisch und Blut kannst du solches nicht ergreifen, auch wenn du es siehst, dann ist es nur ein Dunst oder Dünkel vor deinen Augen. Allein im Heiligen Geist, der in Gott und auch in der ganzen Natur ist, daraus alle Dinge geworden sind, kannst du bis in den ganzheitlichen Leib Gottes forschen, der die ganze Natur ist, wie auch bis in die Heilige Dreiheit. Denn der Heilige Geist geht von der Heiligen Dreiheit aus und herrscht im ganzheitlichen Leib Gottes, und das ist in der ganzen Natur.

2.13. Gleichwie der Geist eines Menschen im ganzen Leib in allen Adern herrscht und den ganzen Menschen erfüllt, so erfüllt auch der Heilige Geist die ganze Natur und ist das Herz der Natur und herrscht in den guten (heilsamen) Qualitäten in allen Dingen. Wenn du nun denselben in dir hast, so daß er deinen Geist erleuchtet und erfüllt, dann wirst du verstehen, was hier nachfolgend beschrieben ist. Wenn aber nicht, dann wird es dir wie den klugen Heiden gehen, die sich in die Schöpfung vergafften und es mit eigenem Verstand erforschen wollten. Sie standen in ihrem Dichten vor Gottes Antlitz, aber konnten es trotzdem nicht sehen und waren in der Erkenntnis Gottes stockblind. Wie auch die Kinder Israel in der Wüste das Angesicht Moses nicht sehen konnten, so daß er eine Decke vor seinem Angesicht tragen mußte, wenn er zum Volk trat (und in Sinnbildern sprach). So kam es, daß sie den wahren Gott und seinen Willen weder erkannten noch verstanden, der doch unter ihnen wandelte. Und darum war die Decke ein Zeichen und Sinnbild ihrer Blindheit und ihres Unverstandes. So wenig ein Werk seinen Meister erkennen kann, so wenig kann auch ein Mensch Gott, seinen Schöpfer, erkennen und begreifen, es sei denn, daß ihn der Heilige Geist erleuchtet, welches allein denen geschieht, die auf sich selber nicht vertrauen, sondern ihre Hoffnung und den Willen allein in Gott setzen und im Heiligen Geist wallen, denn sie sind Ein Geist mit Gott.

2.14. Wenn man dann die Sonne und Sterne mit ihrem Wesen und ihren Wirkungen und Qualitäten wahrhaft betrachten will, dann findet man darin wirklich das göttliche Wesen, nämlich daß die Kräfte der Sterne die Natur sind.

2.15. Wenn man den ganzen Lauf (Curriculum) und ganzen Umkreis der Sterne betrachtet, dann findet man bald, daß dies die Mutter aller Dinge oder die Natur sei, daraus alle Dinge geworden sind und darin alle Dinge stehen und leben, so daß sich dadurch alles bewegt und alle Dinge aus diesen Kräften gemacht sind und ewiglich darin bleiben. Und wenn sie auch am Ende dieser Zeit verwandelt werden, indem sich das Gute und Böse entscheiden wird, so werden doch die Engel und Menschen in der Kraft der Natur, aus der sie ihren ersten Anfang genommen haben, in Gott ewiglich bestehen.

2.16. Du mußt aber deinen Sinn hier im Geist erheben und betrachten, wie die ganze Natur mit allen Kräften, die in der Natur sind, dazu die Weite, Tiefe und Höhe, sowie Himmel und Erde und alles, was darin und über dem Himmel ist, der Leib Gottes sei und die Kräfte der Sterne die Quelladern im natürlichen Leib Gottes dieser Welt sind.

2.17. Du darfst aber nicht denken, daß im Wesen der Sterne die ganze triumphierende Heilige Dreifaltigkeit von Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist sei, in denen kein Böses ist. Sondern er (Gott) ist der lichtheilige und ewige Freudenquell, der unzertrennlich und unveränderlich ist, was keine Kreatur genug begreifen oder aussprechen kann, welcher über dem Reich der Sterne in sich selbst wohnt und ist, und dessen Tiefe keine Kreatur ermessen kann.

2.18. Aber das ist nicht so zu verstehen, daß er gar nicht im Reich der Sterne und in dieser Welt sei. Denn wenn man spricht: „Alles“ oder „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ oder „Alles in Allem“, dann verstehe hiermit den ganzheitlichen Gott. Nimm dir ein Gleichnis an einem Menschen, der nach dem Bild oder Gleichnis Gottes gemacht ist, wie in Mose geschrieben steht (1.Mose 1.27):

2.19. Das Inwendige oder Hohle (bzw. der Raum) im Leib eines Menschen bedeutet und ist die Tiefe zwischen den Sternen und der Erde. Der ganze Leib mit allem bedeutet Himmel und Erde. Das Fleisch bedeutet die Erde, und ist auch von der Erde. Das Blut bedeutet das Wasser, und ist auch vom Wasser. Der Odem (Lebensatem) bedeutet die Luft, und ist auch von der Luft. Die Blase, darin die Luft qualifiziert, bedeutet die Tiefe zwischen den Sternen und der Erde, darin Feuer, Luft und Wasser als Elemente qualifizieren, und so qualifizieren auch Wärme, Luft und Wasser in der Blase, wie in der Tiefe (im Raum) über der Erde. Die Adern bedeuten die Kraftgänge der Sterne, und sind auch die Kraftgänge der Sterne, denn die Sterne mit ihrer Kraft herrschen in den Adern und treiben den Menschen in seine Gestaltung. Die Eingeweide oder Gedärme bedeuten die Wirkung oder Verzehrung der Sterne, denn alles was aus ihrer Kraft entstanden ist und was sie selber geschaffen haben, das verzehren sie auch selber wieder, und so bleibt es in ihrer Kraft. Entsprechend sind auch die Gedärme die Verzehrer von allem, was der Mensch in seine Gedärme schiebt, nämlich alles, was aus der Kraft der Sterne gewachsen ist.

2.20. Das Herz im Menschen bedeutet die Hitze oder das Element Feuer, und es ist auch die Hitze, denn die Hitze im ganzen Leib hat im Herzen ihren Ursprung. Die Blase bedeutet das Element Luft, und die Luft herrscht auch darin. Die Leber bedeutet das Element Wasser, und ist auch das Wasser, denn aus der Leber kommt das Blut in den ganzen Leib und in alle Glieder, so daß die Leber die Mutter des Blutes ist.

2.21. Die Lunge bedeutet die Erde, und ist auch von dieser Qualität. (Diese etwas seltsame Zuordnung der natürlichen Elemente zu den menschlichen Organen stammt vermutlich aus der hippokratischen und aristotelischen Lehre der Elemente.)

2.22. Die Füße bedeuten nah und fern, denn in Gott sind Nah und Fern ein einziger Ort, aber der Mensch kann durch die Füße nah und fern gehen. Doch wo er auch immer ist, so ist er in der Natur weder nah noch fern, denn das ist in Gott Eins.

2.23. Die Hände bedeuten die Allmacht Gottes, denn gleichwie Gott in der Natur alles verändern und daraus machen kann, was er will, so kann auch der Mensch mit seinen Händen alles das, was aus der Natur gewachsen oder geworden ist, verändern und mit seinen Händen daraus machen, was er will. Er regiert mit den Händen das Werk und Wesen der ganzen Natur, und so bedeuten sie zurecht die Allmacht Gottes.

2.24. Nun erkenne hier weiter: Der ganze Leib bis zum Hals bedeutet und ist der runde Umkreis des Laufs der Sterne, sowohl auch die Tiefe (bzw. der Raum) zwischen den Sternen, wo die Planeten und Elemente regieren. Das Fleisch bedeutet die Erde, die erstarrt ist und keine Beweglichkeit mehr hat. So hat auch das Fleisch in sich selber keine Vernunft, Verständigkeit oder Beweglichkeit. Es wird allein von der Kraft der Sterne bewegt, die im Fleisch und den Adern regiert.

2.25. So könnte auch die Erde keine Frucht bringen, und es wüchse darin auch kein Metall, weder Gold, Silber, Kupfer oder Eisen, noch Stein, wenn die Sterne nicht darin wirkten. Es wüchse auch kein Gräslein daraus ohne Wirkung der Sterne. Das Haupt bedeutet den Himmel, denn das ist mit den Adern und Kraftgängen am Leib gewachsen, und so gehen alle Kräfte aus dem Haupt und Gehirn in den Leib und in die Quelladern des Fleisches.

2.26. Nun ist aber der Himmel ein lieblicher Freudensaal, in dem alle Kräfte sind, wie in der ganzen Natur, in den Sternen und Elementen, aber nicht so hart, treibend und quellend. Denn jede Kraft des Himmels hat nur eine Art oder Gestaltung der Kraft, nämlich eine helle und ganz sanft quellende, also nicht bös und gut gegeneinander, wie in den Sternen und Elementen, sondern lauter und rein. Der Himmel ist aus dem Mittel (bzw. der ausgeglichenen Mitte) des Wassers gemacht, aber nicht auf eine solche Weise qualifizierend, wie das Wasser in den Elementen, denn die Grimmigkeit ist nicht darin.

2.27. Doch nichts desto weniger gehört der Himmel zur Natur, denn aus dem Himmel haben die Sterne und Elemente ihren Ursprung und ihre Kraft. Denn der Himmel ist das Herz des Wassers. Gleichwie in allen Kreaturen und in allem, was hier in dieser Welt ist, das Wasser ihr Herz ist, so besteht nichts ohne Wasser, sei es mit oder ohne Fleisch, in den Gewächsen der Erde oder in Metallen und Steinen, denn in allen Dingen ist das Wasser der Kern und das Herz.

2.28. So ist auch der Himmel das Herz in der Natur, in dem alle Kräfte sind, wie in den Sternen und Elementen, und er ist eine weiche und sanfte Substanz aller Kräfte, gleichwie das Gehirn im Haupt des Menschen.

2.29. So zündet nun der Himmel mit seiner Kraft die Sterne und Elemente an, so daß sie quellen und treiben, und so wirkt auch das Haupt des Menschen wie der Himmel. Gleichwie im Himmel alle Kräfte sanft und lieblich sind, dazu freudenreich und qualifizierend, so sind auch im Haupt oder Gehirn des Menschen alle Kräfte sanft und freudenreich. Und gleichwie der Himmel einen Abschluß oder eine Festung über den Sternen hat, und doch alle Kräfte aus dem Himmel in die Sterne gehen, so hat auch das Gehirn einen Abschluß oder eine Festung vor dem Leib, und doch gehen alle Kräfte aus dem Gehirn in den Leib und in den ganzen Menschen.

2.30. Das Haupt hat auch die fünf Sinne in sich, nämlich das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Darin qualifizieren die Sterne und Elemente, und so entsteht darin der siderische Sternen- oder Naturgeist in den Menschen und Tieren, in denen dann Böses und Gutes quillt, denn sie sind ein Haus der Sterne. Und solche Kraft nehmen die Sterne vom Himmel, so daß sie im Fleisch einen lebendigen und bewegenden Geist in den Menschen und Tieren bewirken können. Wie also die Bewegung des Himmels die Sterne beweglich macht, so macht auch das Haupt den Leib beweglich.

2.31. Hier öffne nun die Augen deines Geistes und schau deinen Schöpfer! Denn hier steht nun die Frage, woher denn der Himmel solche Kraft hat oder nimmt, daß er solche Beweglichkeit in der Natur bewirken kann?

2.32. Hier mußt du nun über und ohne (bzw. durch) die Natur in die lichtheilige, triumphierende und göttliche Kraft sehen, in die unveränderliche (bzw. unvergängliche) Heilige Dreifaltigkeit, die ein triumphierendes, quellendes und bewegliches Wesen ist, und darin sind alle Kräfte wie in der Natur. Denn das ist die ewige Mutter der Natur, aus der Himmel, Erde, Sterne, Elemente, Engel, Teufel, Menschen, Tiere und alles geworden ist, und darin besteht auch alles.

2.33. Wenn man also Himmel und Erde, Sterne und Elemente und alles, was darin ist, und alles, was über allen Himmeln ist, nennt, dann nennt man damit den ganzen Gott, der sich in diesem oben erklärten Wesen durch seine Kraft, die von ihm ausgeht, so kreatürlich gemacht hat.

2.34. Aber Gott in seiner Dreifaltigkeit ist unveränderlich, denn alles, was da im Himmel und auf Erden und über der Erde ist, das hat seinen Quell und Ursprung von der Kraft, die von Gott ausgeht.

2.35. Nun darfst du aber nicht denken, daß darum in Gott Böses und Gutes quellt oder sei, sondern Gott ist selbst das Gute und hat auch den Namen von dem Guten, die triumphierende ewige Freude. Allein alle Kräfte gehen von ihm aus, die du in der Natur erforschen kannst und die in allen Dingen sind.

2.36. Nun könntest du sagen: „Es ist ja Böses und Gutes in der Natur. Und wenn nun alles von Gott kommt, dann muß ja das Böse auch von Gott kommen.“

2.37. Siehe, ein Mensch hat in sich eine Galle, das ist (zorniges) Gift, aber ohne Galle kann er nicht leben. Denn die Galle macht die siderischen Geister (die Sternen-Geister) beweglich, freudenreich, triumphierend und lachend, denn sie ist auch ein Quell der Freude. Wenn sie sich aber in einem Element entzündet, dann verdirbt sie den ganzen Menschen, denn der Zorn in den siderischen Geistern kommt von der Galle.

2.38. Das heißt, wenn sich die Galle erhebt und zum Herzen läuft, dann zündet sie das Element Feuer an, und das Feuer zündet die siderischen Geister an, die im Geblüt der Adern im Element Wasser regieren. Und dann zittert der ganze Leib vor Zorn und Gift der Galle. Den gleichen Quell hat aber auch die Freude, und sie besteht damit aus der gleichen Substanz wie der Zorn. Das heißt, wenn sich die Galle in der liebhabenden oder süßen Qualität entzündet, in dem, was dem Menschen lieb ist, dann zittert der ganze Leib vor Freude, in der manchmal auch die siderischen Geister angesteckt werden, wenn sich die Galle zu sehr erhebt und in der süßen Qualität entzündet.

2.39. Aber eine solche Substanz gibt es in Gott nicht, denn er hat kein Fleisch und Blut, sondern ist ein Geist, in dem alle Kräfte sind (Joh. 4.24), wie wir im Vaterunser beten: »Dein ist die Kraft! (Matth. 6.13)« Und wie auch Jesaias von ihm schreibt: »Er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, ewiger Vater und Friedensfürst. (Jes. 9.5)«

2.40. Zwar ist die bittere Qualität auch in Gott, aber nicht auf Art und Weise wie im Menschen die Galle, sondern als eine ewigwährende Kraft, ein erheblicher und triumphierender Freudenquell.

2.41. Und obwohl in Mose geschrieben steht »Ich bin ein zorniger und eifriger Gott. (2.Mose 20.5, 5.Mose 4.24, so bedeutet das nicht, daß sich Gott in sich selbst erzürnt oder daß ein Zornfeuer in der Heiligen Dreifaltigkeit aufgeht. Nein, das kann nicht sein, denn es steht: »Über die, die mich hassen, in dieser Kreatur geht das Zornfeuer auf.«

2.42. Denn wenn sich Gott in sich selbst erzürnen sollte, dann würde die ganze Natur verbrennen, welches einmal am Jüngsten Tag in der Natur, aber nicht in Gott geschehen wird. In Gott aber wird die triumphierende Freude brennen, wie es seit Ewigkeit nicht anders gewesen ist und auch nicht anders werden wird.

2.43. So macht nun die erhebende, quellende und triumphierende Freude in Gott den Himmel triumphierend und beweglich, und die Sterne und Elemente machen die Kreaturen beweglich.

2.44. Aus den Kräften Gottes ist der Himmel geworden, aus dem Himmel sind die Sterne geworden, aus den Sternen sind die Elemente geworden, und aus den Elementen ist die Erde mit ihren Kreaturen geworden. So nimmt alles seinen Anfang, bis auf die Engel und Teufel, die sind vor der Schöpfung des Himmels, der Sterne und der Erde aus derselben Kraft geworden, aus der Himmel, Sterne und Erde geworden sind.

2.45. Dieses war also eine kurze Einführung oder Anleitung, wie man das göttliche und natürliche Wesen betrachten kann. Im Weiteren will ich nun den wahren Grund und die Tiefe beschreiben, was Gott sei und wie im Wesen Gottes alles beschaffen ist.

2.46. Dies war zwar lange Zeit in der Welt zum Teil verborgen geblieben und der Mensch hat es mit seinem Verstand nicht (ganzheitlich) erfassen können, weil sich aber Gott in dieser letzten Zeit in der Einfalt offenbaren will, lasse ich seinen Antrieb und Willen walten, denn ich bin nur ein Fünklein. Amen.


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