Schutz- und Verteidigungsschriften (Apologien)

Diese Schriften geben uns einen weiteren Einblick in das Wesen von Jakob Böhme. Der weltliche Mensch wird darin vielleicht nur Polemik finden, um sich persönlich zu rechtfertigen. Aber darum geht es Böhme sicherlich nicht, denn er kennt im Inneren keine Zweifel mehr: „Wehre, Teufel, wie du willst! Es ist umsonst. Hier nimm Leib und Leben, aber mein englisches Königreich bei Christus und den heiligen Engeln kann mir niemand nehmen. (Richter §58)“ Es geht ihm also nicht darum, ein weltliches Ego gegen äußerliche Angriffe zu verteidigen, denn er hat sich schon längst als ein höheres ganzheitliches Wesen erkannt: „Deshalb habe ich eine Antwort gegeben, damit mancher sehend werde und vom Lästern gegen Gottes Gabe abgehe, und bezeuge hiermit vor Gott, daß ich aus keiner anderen Meinung geantwortet habe, als nur rein aus Nächstenliebe. (Richter, Beschluß)“

Inhaltsverzeichnis - »Apologien« (1621-1624)

Erste Schutzschrift gegen Balthasar Tilke (1621)
Zweite Schutzschrift gegen Balthasar Tilke (1621)
Bedenken über das Büchlein von Esaia Stiefel (1621)
Vom Irrtum der Sekten von Esaia Stiefel und Ezechiel Meth (1622)
Schutzrede gegen Gregor Richter (1624)
• • Schriftliche Verantwortung an den Ehrbaren Rat zu Görlitz
• • Biographie des Oberpfarrers Gregor Richter

Download als E-Book: AZW für Amazon-Kindle / EPUP für alle anderen EBook-Reader / PDF

Zum Wesen von Jakob Böhme und Gregor Richter erzählt uns Dr. Cornelius Weisner aus Breslau im Jahre 1651 auch folgende Geschichte:

Der Schwager Böhmes, ein junger Bäcker, habe einst vor Weihnachten, um Weizen für Striezel einzukaufen, von Gregor Richter einen Taler geborgt. Er habe ihm nach den Feiertagen das Geld samt einem Striezel wiedergebracht in der Hoffnung, daß Richter diesen für die 14 Tage als Zins anrechne. Der geizige Mann sei aber damit nicht zufrieden gewesen und habe ihn wegen des nicht bezahlten Zinses mit Gottes Zorn und greulichem Fluch bedroht, wodurch der junge Mann erschrocken und in tiefe Schwermut geraten sei. Jakob Böhme habe sich seiner angenommen und sei selbst zum Priester gegangen und habe ihn mit aller Bescheidenheit gebeten, seinem Schwager nicht mehr zu zürnen. Er selbst wolle den schuldigen Zins zahlen. Darauf sei Richter wütend aufgefahren und habe ihn einen Zerrfleck (Lederflicker) gescholten, er möge sich packen (und verschwinden). Dabei habe Richter schwülstig, breit und mächtig auf seinem Stuhl gesessen. Böhme sei demütig zur Tür gegangen und habe ihm ein „Gott behüte Euch“ zugerufen. Da sei der aufgeregte Mann noch mehr ergrimmt und habe ihm mit den Worten „Was willst Du mir, gottloser Bube, noch viel gute Nacht sagen? Was frage ich nach deinem Segen?“, einen Pantoffel nachgeworfen. Der liebe Mann aber habe ihm ohne jeglichen Zorn den Pantoffel zu seinen Füßen gestellt und gesagt: „Herr zürnet nicht! Ich tue Euch kein Leid, seid Gott befohlen!“ Und mit diesen Worten ging er davon… (zur ausführlichen Geschichte siehe Dr. Weisner: Wahrhaftiger Bericht (1651))

Dazu entstand (in einer Ausgabe von 1682) folgender Kupferstich von Joseph Mulder:

Jacob Böhme, Gregor Richter, 1686, Quelle: Wikipedia

In diesem Bild kann man gut erkennen, wie der Oberpfarrer auf seinem prachtvollen Stuhl und einem erhöhten Podest sitzt, mit seinem „Hintergrund“ der vielen dicken Bücher und ihrem Buchstabenwissen, das erfahrungsgemäß schnell zu Dogmen wird, wenn es nicht lebendig ist. Daneben steht auf dem Sims vermutlich ein Weinkrug mit Schale und Becher, was wohl den weltlichen Lebenswandel des Primarius andeuten soll. Dagegen erscheint der „Hintergrund“ von Jakob Böhme viel heller und freundlicher, der sich demütig verneigt, aber seinem Gegenüber fest in die Augen schaut. Durch die geöffnete Pforte kann man die lebendige Kirche im hellen Licht Gottes und der Natur sehen. Doch wenn diese Pforte geschlossen ist, dann dringt dieses Licht nur noch durch die vergitterten und bemalten Scheiben „über der Pforte“ herein. Damit wird auch ein prinzipielles Problem angesprochen, das dem Christentum im Laufe der vielen Jahrhunderte sicherlich nicht viel Heilsames gebracht hat…

Verwendete Quellen zur Schutzschrift gegen Balthasar Tilke

Erste Apologia wider Balthasar Tilken, 1675
Zweite Apologia wider Balthasar Tilken, 1676
Theosophia revelata, Band 2, 1715
Jakob Bohme's Sämmtliche Werke, Band 7, 1847

Verwendete Quellen zum Bedenken über Esaia Stiefel

Bedenken über Esaia Stiefels Büchlein, 1639
Bedenken über Esaia Stiefels Büchlein und Apologia, 1682
Anti-Stiefelius I und II, 1715
Anti-Stiefelius I und II, 1730
Anti-Stiefelius I und II, 1847

Verwendete Quellen zur Schutzrede gegen Gregor Richter:

Apologia oder Schutz Rede zu gebührlichen Verantwortung, 1675
Theosophia revelata, Band 2, 1715
Jakob Bohme's Sämmtliche Werke, Band 7, 1847

Veröffentlichung: 11.12.2022 / 3. Advent